Kapitel 6: Materie, Atome und Moleküle 6.1 Die Phasen der Materie 6.2 Moleküle 6.3 Atome 6.4 Die Avogadro-Zahl 6.5 Die elektrische Ladung 6.6 Das Coulombsche-Gesetz: die elektrostatische Kraft 6.7 Das klassische Atom-Modell 6.1 Die Phasen der Materie (I) • Vor etwa 2500 Jahren im antiken Griechenland ! Man hatte bereits ein Wissen über die physikalischen Eigenschaften der verschiedensten Materialien. ! Man versuchte Ordnung in die Vielfalt der Materialien und ihrer Bearbeitungsmöglichkeiten zu bringen. ! Man wollte vereinheitlichende Prinzipien finden. ! Frage nach der inneren Struktur der Materie • Obwohl die Materie eine kontinuierliche Struktur zu haben scheint, setzt sie sich in Wirklichkeit aus Einheiten zusammen, welche sich zu regelmässigen Anordnungen gruppieren: ! Diese fundamentalen Grundbausteine werden als Atome bezeichnet. ! Man findet aber selten isolierte Atome. Atome bilden viel eher gebundene Systeme, sogenannte Moleküle. • Alle Körper (lebend wie tot) sind aus verschiedenen Gruppierungen solcher Grundbausteine aufgebaut. 6.1 Die Phasen der Materie (II) • Grob gesprochen erscheint Materie in drei physikalischen Zuständen oder Phasen (wir vernachlässigen das Plasma): ! Festkörper, ! Flüssigkeiten und ! Gase • Um die verschiedenen Anordnungen der Atome oder Moleküle in den verschieden Phasen zu illustrieren, werden wir die drei Phasen des Wassers diskutieren ! Eis ! Wasser ! Dampf 1. Phase: Festkörper (Eis) • Die Moleküle sind dicht gepackt. • Die Kräfte, die die Moleküle in festen Positionen halten, sind von etwa der gleichen Grössenordnung wie die Kräfte, die die Atome zusammenhalten ! Wegen diesen starken Kräften bleiben die Gestalt und das Volumen eines Festkörpers praktisch konstant. • Die dicht gepackten Moleküle werden sich nicht als isolierte Moleküle verhalten. • Regelmässigkeit der Anordnung der Moleküle = eine wichtige Eigenschaft von Festkörpern • Diese Periodizität konstituiert das Kristallgitter. 2. Phase: Flüssigkeit (Wasser) • Moleküle in Flüssigkeiten sind durch Abstände in der Grössenordnung der Moleküldimensionen voneinander getrennt und sie werden durch relativ starke Kräfte zusammengehalten ! Flüssigkeiten haben ein festes Volumen und eine geringe Kompressibilität. • Die Moleküle weisen eine grosse Beweglichkeit auf und können unabhängig voneinander umeinander gleiten ! Flüssigkeiten haben keine eigene Gestalt. 3. Phase: Gase (Dampf) • In Gasen ist die mittlere Entfernung zwischen Molekülen viel grösser als die Ausdehnung der Moleküle ! die zwischenmolekularen Kräfte sind viel schwächer als die Kräfte, welche die Atome in Molekülen zusammenhalten. • Die Moleküle behalten daher ihre Individualität. • Die Moleküle bewegen sich ständig durch den gesamten Raum, den das Gas einnimmt ! Gase diffundieren leicht. • Im Dampf ist der mittlere Abstand der Moleküle (bei Standardbedingungen) ungefähr 10-mal der Durchmesser der einzelnen Moleküle ! die Dichte des Dampfes ist ungefähr 103 Mal kleiner als die des Wassers. 6.2 Moleküle • Ein Molekül besteht aus mehreren Atomkernen und einer Gruppe von Elektronen. Die Elektronen bewegen sich um die Kerne in solcher Weise, dass eine stabile Anordnung entsteht. ! Wenn sich ein Molekül bildet, verlieren die Atome bis zu einem gewissen Grad ihre Identität. • Man kennt mehrere tausend verschiedene Arten von Molekülen. ! Einige enthalten nur wenige Atome (wie z.B. das Wassermolekül) ! Andere Moleküle können bis zu mehreren hundert Atomen enthalten, wie z.B. (1) die biologischen Moleküle (Proteine, Enzyme und Nukleinsäuren DNA und RNA) (2) einige Polymere (Polyäthylen oder Polyvinylchlorid PVC) • Geometrische Muster: Die Atomkerne in Molekülen sind in wohldefinierten geometrischen, regelmässigen Mustern angeordnet. Diese Muster sind für jedes Molekül charakteristisch. Geometrie des Wasser-Moleküls • Die drei Kerne liegen an den Eckpunkten eines Dreiecks. • Der Abstand zwischen dem Sauerstoffkern und den Wasserstoffkernen beträgt ungefähr 10–10 m = 1 Angström • Der Winkel zwischen den Wasserstoffkernen ist ungefähr 104.5°. Geometrie verschiedener Moleküle Biologische Moleküle • Moderne experimentelle Techniken (wie Röntgen- und Elektronenstrahlen oder Kernspinresonanz (NMR)) haben wertvolle Informationen über die Struktur von Molekülen geliefert (Interdisziplinarität Physik-Biologie-Informatik). ! Diese Messungen in Zusammenhang mit fortgeschrittenen Analysen mit Hilfe des Computers liefern völlständige drei-dimensionale Darstellungen der Moleküle. • Seit 1950 hat man auch viele biologische Moleküle studiert. Heutzutage findet sich der Bereich der Biophysik und der Molekularbiologie in starker Expansion. ! Die biologischen Moleküle zeigen eine grosse Komplexität . • Heutzutage hat sich das Gebiet sehr entwickelt, und man benutzt den Computer, um eine detaillierte graphische Darstellung der Moleküle zu gewinnen. Myoglobin-Molekül • Kendrew und Peritz (Nobel-Preis in Chemie, 1963): das MyoglobinMolekül wurde mit Hilfe von Röntgenstrahlen studiert. • Das Molekül enthält mehr als 2500 Atome. • Die häufigsten sind Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff, Stickstoff und ein Eisenatom. Ein Virus (http://www.mol.biol.ethz.ch) 6.3 Atome • Atome sind nicht elementar, sondern besitzen selbst eine innere Struktur: ! Atome können in sogenannte Elementarteilchen getrennt werden. ! Drei Arten von Elementarteilchen sind besonders wichtig: das Elektron, das Proton und das Neutron. • Experimentell beobachten wir: ! Elementarteilchen verhalten sich wie “kleine Körper” mit bestimmter Energie und bestimmtem Impuls. ! Die Elementarteilchen werden miteinander wechselwirken: während diesen Wechselwirkungen werden die Gesamtenergie und der Gesamtimpuls immer erhalten. • Die Elementarteilchen werden deshalb oft als “kleine Kugeln” dargestellt werden, die miteinander stossen, wie in einem Billardspiel. Protonen, Neutronen und Elektronen mp = (1,67262158 ± 0,00000013) ! 10 "27 kg • Massen: mn = (1,67492716 ± 0,00000013) ! 10 "27 kg me = (9,10938188 ± 0,00000072) ! 10 "31 kg • Protonen ! Neutronen = NUKLEONEN ! Nukleonmasse #27 mN ! 1,67 " 10 kg • Wieviele Nukleonen sind in einem Gramm enthalten? "3 1 g 10 kg 23 N= ! ! 6 # 10 mN 1,67 # 10 "27 kg • In gewöhnlicher Materie: Ne = N p ! Nn ! Die Nukleonen tragen den grössten Teil der Masse eines Körpers. Die Elektronen tragen weniger als ein Promille zur Masse bei. Das Elektronvolt (eV) • Eine praktische Einheit für die Energie der Teilchen, wenn wir Elementarteilchen wie Elektronen oder Protonen betrachten. ! Das Elektronvolt ist ein Mass der Energie. ! Die Umrechnung von Elektronenvolt in Joule ist die folgende 1 eV = 1,60217 ! 10 "19 J • Beispiel: Energie der Ruhemasse des Protons, Neutrons und Elektrons ( m p c = 1, 67 ! 10 2 "27 )( kg 3 ! 10 m / s 8 ) 2 = 1, 5 ! 10 "10 J 1, 5 ! 10 "10 6 = eV # 938 ! 10 eV = 938 MeV # 1 GeV "19 1, 602 ! 10 mp c 2 = 938,271998 ± 0,000038 MeV Genaue Messungen mn c 2 = m p c 2 + (1,2933318 ± 0,0000005 MeV ) me c 2 = 0,510998902 ± 0,000000021 MeV Das Atom und die Elemente • Zur Zeit kennen wir 114 Elemente, von denen 92 in der Natur vorkommen. • Jedes Atom ist charakterisiert durch: ! Z Protonen und ebenso viele Elektronen ! N Neutronen • Definitionen: ! Die Protonenzahl = Ordnungzahl Z A=Z+N ! Die Gesamtzahl der Protonen und Neutronen ist die Massenzahl A • Alle Atome mit der gleichen Ordnungszahl gehören zum gleichen chemischen Element • Im Jahr 1870 hat Mendelejev die Elemente im Periodensystem der Elemente klassifiziert. In diesem System wurden die Atome als Funktion ihrer Ordnungszahl und durch ihre chemischen Eigenschaften organisiert. Struktur der Atome • Ein Atom besteht aus einem elektrisch positiv geladenen Kern aus Nukleonen (Protonen, Neutronen) mit einer elektrisch negativ geladenen Elektronenhülle darum herum. • Typ. Durchmesser eines Kerns "15 dKern ! 1 fm = 10 m • Typ. Abstand der Elektronen vom Kern "10 rElektron ! 1 Å = 10 Kern m = 100000 fm Elektronen Struktur der Atome • Die Elektronen sind in Schalen um den Kern angeordnet, die umso mehr Elektronen aufnehmen können, je weiter aussen sie sich befinden. ! Z.B. enthält die erste Schale maximal 2 Elektronen, die zweite 8, die dritte 18 und die vierte 32, ... Anordnung der Elektronen um den Kern in einigen einfachen Atomen (Helium, Neon, Argon und Krypton) Elektronenhülle • Obwohl Elementarteilchen als “kleine Kugeln” dargestellt werden können, können die Elektronen um den Kern nicht mit Hilfe einer Bahn beschrieben werden! ! Eine Berechnung der “räumlichen Verteilung der Elektronen” muss mit Hilfe der sogenannten Quantenmechanik durchgeführt werden. • Da die Bahnen der Elektronen nicht wohldefiniert werden können, zeigen die dunklen Bereiche diejenigen Zonen an, die mit grosser Wahrscheinlichkeit mit Elektronen besetzt sind. Die richtige Berechnung der Elektronenkonfigurationen und die damit mögliche Deutung der chemischen Eigenschaften gehörten zu den grossen Erfolgen der Quantenmechanik. 1,5 Å Die Isotope • Atome mit der gleichen Ordnungszahl Z können verschiedene Massenzahl A besitzen. ! Isotope = Atome mit gleicher Ordnungszahl Z aber verschiedener Massenzahl A. • Zur Zeit kennt man mehr als 1300 verschiedene Isotope. Kerne der Isotope des Wasserstoffs: 6.4 Die Avogadro-Zahl • Materie besteht aus einer sehr grossen Zahl von Atomen oder Molekülen. Ein Gramm enthält !6x1023 Nukleonen. • Die Avogadro-Zahl = Anzahl der 12C Atome in genau 12g Kohlenstoff 12C 0,012kg N A = 6,02213665 ! 10 " 6m p + 6mn + 6me 23 • Eine praktische Einheit, um die Menge von Atomen oder Molekülen zu definieren: ! Stoffmenge = Anzahl der Mole = N n! NA Anzahl Atome oder Moleküle • 1 Mol einer beliebigen Substanz enthält NA (die Avogadro-Zahl) Atome oder Moleküle • Molare Masse m = Masse eines Mols einer Substanz M = nm Gesamtmasse der Substanz 6.5 Die elektrische Ladung • Elektronen, Protonen, Neutronen werden durch ihre physikalischen Eigenschaften unterschieden. • Sie werden durch zwei unabhängige und fundamentale Eigenschaften charakterisiert: ! Ruhemasse m0 und elektrische Ladung q • Die elektrische Ladung (wie die Ruhemasse) ist wirklich eine fundamentale Eigenschaft der Materie • Elementarteilchen, die elektrisch geladen sind, werden durch die elektromagnetische Wechselwirkung wechselwirken. • Diese Wechselwirkung ist sehr wichtig: ! Sie hält ein Atom zusammen ! Sie ist verantwortlich für die Bindung einzelner Atome in Molekülen und für die Wechselwirkungen zwischen den Molekülen. ! Die dichte Packung von Atomen in Festkörpern und die Wechselwirkungen zwischen den Molekülen von Flüssigkeiten sind von der elektrischen Wechselwirkung beherrscht ! die Phasen der Materie sind durch sie bestimmt. Die Ladungen der Elementarteilchen • Experimentell beobachten wir 1. Elektronen sind “elektrisch negativ geladen” " jedes Elektron besitzt eine negative elementare Ladung qe = !e 2. Protonen sind “elektrisch positiv geladen” " Das Proton hat genaue die gleiche Ladung wie das Elektron, aber mit entgegengesetztem Vorzeichen q p = +e 3. Neutronen sind “elektrisch ungeladen”, d.h. neutral qn = 0 Eigenschaft der Ladung (I) 1. Ladungquantisierung: ! Die gesamte Ladung eines beliebigen Körpers kommt immer nur als Vielfaches der Elementarladung “e” vor (die ist Ladung quantisiert) 2. Einheit der Ladung: ! Die SI-Einheit ist das Coulomb (C) : e ! 1,60217 " 10 ! Definition des Elektronvolts: #19 C 1 eV = (e) J = 1,60217 ! 10 "19 J ! d.h. das Elektronvolt entspricht einer Energie von e Joule. ! (Kap. 10: das Elektronvolt ist gleich der Energiezunahme, wenn ein Teilchen mit der Elementarladung e durch einen Potentialunterschied von 1 Volt beschleunigt wird). Eigenschaft der Ladung (II) 3. Addition der Ladung: ! Die Gesamtladung eines Körpers wird als die Summe der einzelnen Ladungen bestimmt ! Ein neutraler Körper hat eine verschwindende Gesamtladung. D.h., er besitzt eine gleiche Anzahl von positiven und negativen Ladungen ! Atome sind daher elektrisch neutral. ! In gewöhnlicher Materie: Anzahl von Protonen und Elektronen gleich ! die positiven und negativen Ladungen kompensieren sich und die gewöhnliche Materie ist elektrisch neutral. 4. Ladungserhaltung: ! Die Gesamtladung eines Systems wird immer erhalten. Wir kennen keine Ausnahme dafür. Wie im Fall der Impulserhaltung muss jede Reaktion, die in der Natur geschieht, die Gesamtladung erhalten ! Die Gesamtladung des Universums ist eine Konstante: elektrische Ladungen können nie erzeugt oder vernichtet werden. Eigenschaft der Ladung (III) • Leiter und Nichtleiter: ! Elektrische Leiter: Stoffe, in denen sich Elektronen frei bewegen können. Z.B. Metalle ! Nichtleitern: die Elektronen fest an die einzelnen Atome und deren nähere Umgebung gebunden. Z.B. Holz, Glas, ... • Elektrostatische Aufladung von Körpern ! Man kann (freie) Elektronen zu einem Körper bringen oder wegnehmen. • Anzahl von Elektronen > die der Protonen: der Körper ist negativ geladen. • Anzahl von Elektronen < die der Protonen: der Körper wird positiv geladen. ! Graphische Darstellung: Demonstrationsexperiment Das Elektroskop • Elektroskop = Apparat, mit welchem gemessen werden kann, ob ein Körper elektrisch geladen ist. • Bemerkung: Das Elektroskop unterscheidet das Vorzeichen der Ladung nicht, es zeigt nur, ob die Kugel geladen ist oder nicht Kugel wird geladen Gleichnamige Ladungen stossen sich ab Die zwei „Beine“ sind Leiter (metallisch) 6.6 Die elektrostatische Kraft • Die Kraft zwischen ruhenden elektrischen Ladungen: Experimente von Coulomb und anderen Forschern führten zum Coulombschen Gesetz ! Zwei Punktladungen q1 und q2, die sich im Abstand r voneinander befinden, üben eine Kraft aufeinander aus. Die Kraft wirkt entlang der Verbindungslinie zwischen q1 und q2, und ist umgekehrt proportional zum Quadrat des Abstandes r der Ladungen und proportional zu deren Produkt. • Demonstrationsexperiment: Coulombsches Gesetz mit Drehwaage ! Die Abstossung zwischen zwei geladenen Kugeln wird gemessen. ! Sie ist umgekehrt proportional zum Quadrat des Abstands der Kugeln. Das Coulombsche Gesetz Ruhende elektrische Ladungen: Gleichnamige Ladungen stossen sich ab, ungleichnamige ziehen sich an. q1q2 > 0 ! abstossend q1q2 < 0 ! anziehend Elektrostatische Kraft: ! ! q1q2 r12 F12 = K 2 r12 r12 K ist eine Konstante, die die benötigte Einheit besitzt, um das Produkt zweier Ladungen geteilt durch das Quadrat einer Länge in die Einheit der Kraft umzuwandeln Proton-Proton, Elektron-Elektron, Proton-Elekton Konstante K • Die Konstante K wird durch die Definition der Ladung bestimmt. • Heutzutage wird die Einheit der Ladung durch die Definition des Ampère definiert (Siehe Kap. 1.2). Das Coulomb wird nicht als fundamentale Einheit angenommen. • Aus der Definition des Ampère folgt: ! Das Coulomb ist die Ladung, welche eine gleiche Ladung in der Entfernung von 1 m im Vakuum mit einer Kraft von 10–7c2 Newton (wobei c die Lichtgeschwindigkeit in m/s ist) abstösst. 1[C]1[C ] !7 2 10 c [ N ] = K (1[m]) 2 K ! 10 "7 (3 # 10 ) 8 2 2 [ Nm ] [C ] 2 " Nm / C 2 K = 10 !7 c 2 ! 9 # 10 2 9 2 Nm / C 2 Dielektrizitätskonstante des Vakuums "0 • Die Konstante K wird als Funktion der sogenannten Dielektrizitätskonstante des Vakuums oder elektrische Feldkonstante "0 definiert (Die Bedeutung dieser Definition wird im Kap. 10 besser erklärt): 1 K= 4!" 0 ! ! 1 q1q2 r12 F12 = 4!" 0 r12 2 r12 • Die elektrische Feldkonstante "0 hat den Wert !0 " 8,854 # 10 $12 2 $1 C N m $2 Gravitation versus elektrostatische Kraft ! !G m1m2 r12 F12 = !G 2 r12 r12 G = 6,67 # 10–11 Nm2/kg2 proportional zum Produkt der Massen ! ! q1q2 r12 F12 = K 2 r12 r12 K ! 10 "7 c 2 ! 9 # 109 Nm 2 / C 2 proportional zum Produkt der Ladungen Gleichnamige Ladungen stossen sich ab, ungleichnamige ziehen sich an. Immer anziehend umgekehrt proportional zum Quadrat des Abstandes q1q2 > 0 ! q1q2 < 0 ! abstossend anziehend umgekehrt proportional zum Quadrat des Abstandes Gravitation versus elektrische Kraft • Im Vergleich zur Gravitationskraft ist die elektrische Kraft sehr stark. • Das Verhältnis der elektrischen Kraft zur Gravitationskraft für das Elektron und Proton ist (unabhängig vom Abstand, weil beide Kräfte proportional zu r–2 sind) 1 e2 Fe 4!"0 r 2 1 e2 = = me m p 4!" 0 G me m p FG G 2 r 9 $ 109 (1,602 $ 10%19 ) 2 39 # # 2 $ 10 6,67 $ 10%11 (9,10 $ 10%31)(1,67 $ 10 %27 ) Gravitation versus elektrische Kraft • Nur wenn ein Körper elektrisch neutral ist, ist seine Gravitationskraft wichtig. ! kein Gleichgewicht zwischen positiven und negativen Ladungen ! die elektrische Kraft ist immer viel grösser als die Gravitationskraft • Die elektrische Ladung des Elektrons und des Protons kompensieren sich exakt. Eine sehr wichtige Eigenschaft der Natur: damit sind Atome elektrisch neutral ! ! Die Bewegung makroskopischer Körper (wie z.B. der Mond, die Erde, die Planeten, die Galaxien oder ein frei fallender Ball in der Nähe der Erdoberfläche) ist von der Gravitation beherrscht, während die innere Struktur dieser Körper (z.B. ihre Phase (fest, flüssig, ...), ihre Härte, ihre Weichheit, usw...) von der elektrischen Kraft bestimmt wird. • Wegen der elektrischen Neutralität der gewöhnlichen Materie sind die Rollen der Gravitation und der elektrischen Kraft im Universum unterschiedlich. • Die Kompensation der Ladungen des Elektrons und des Protons ist ein Rätsel der modernen Physik. ! Wir kennen keine “Erklärung” dafür. ! Was man sucht, ist eine überprüfbare Theorie, die die Kompensation der Ladung des Elektrons und des Protons als eine Folge von grundlegenden Prinzipien erzwingt. Die elektrische potentielle Energie • Wir suchen nun die potentielle Energie der elektrischen Kraft. • Die potentielle Energie der Gravitationskraft (Kap. 4) mit dem Nullpunkt im Unendlichen • ! ! GMm r FG = ! 2 r r Mit einer ähnlichen Herleitung: die potentielle Energie der elektrischen Kraft ist ! F12 = • " ! GMm E pot (r ) = ! r G ! ! F = ! "E pot ! 1 q1q2 r12 4!" 0 r12 2 r12 # ! E pot (r ) = e 1 q1q2 4!" 0 r Wenn die zwei Ladungen unendlich weit voneinander entfernt sind, spüren die Ladungen einander nicht. In diesem Fall verschwindet ihre elektrische potentielle Energie. • Wenn sich die Ladungen nähern, kann die elektrische potentielle Energie abnehmen oder zunehmen. Die Situation hängt vom Vorzeichen des Produkts der Ladungen ab. 6.7 Das klassische Atom-Modell • Historisch dachte man, dass Atome Elektronen und Protonen enthalten. ! Die Gesamtbewegung dieser Elektronen und Protonen konnte aber nicht gelöst werden. Man brauchte ein Atom-Modell. • Atommodell von Thompson ! Die Atome werden als Kugeln mit einer gleichmässig verteilten positiven und negativen Ladung betrachtet. • Streuexperiment von Rutherford (1910): H. Geiger, E. Marsden und E. Rutherford führten eine Reihe von Streuexperimenten mit $Teilchen durch. ! Ein $-Teilchen ist ein schweres Teilchen (ungefähr 7400-mal die Masse des Elektrons). Es enthält zwei Protonen und zwei Neutronen. • Mit diesen Experimenten bewies Rutherford, dass ein Atom aus einem positiv geladenen Kern mit einer äusseren Elektronenhülle besteht. Rutherford Streuexperiment Ein paralleler Strahl von $Teilchen wurde senkrecht auf eine 0,4µm dünne Goldfolie gerichtet. Dabei fanden Stösse zwischen den $-Teilchen und den Gold-Atomen statt. Während des Stosses wurde Impuls zwischen den $-Teilchen und den Atomen übertragen Streuung des $-Teilchens • Experimentell beobachtete Rutherford, dass die meisten $-Teilchen in Vorwärtsrichtung gestreut wurden. Eine geringe Anzahl wurde nach rückwärts gestreut. Nach der Impulserhaltung (d.h. Teilchen =Kugeln) muss die Masse des Stosspartners viel grösser als die des $Teilchens sein. ! Rutherford stellte daraufhin sein Atommodell vor, bei dem ein positiv geladener massereicher Kern von einer fast masselosen Hülle von negativ geladenen Elektronen umgeben ist. Elektrische Abstossung im Kern • Protonen und Neutronen eines Atoms sind in seinem Kern konzentriert. Die elektrische Abstossung zwischen zwei Protonen im Kern ist viel grösser als ihre Anziehung aufgrund der Gravitationskraft: ! Eine zusätztliche Wechselwirkung, die sogenannte starke Wechselwirkung, hält Protonen im Kern zusammen, trotz ihrer elektrischen Abstossung. • Die starke Wechselwirkung wirkt zwischen Protonen und Neutronen, und hat eine kleine Reichweite (in der Grössenordnung des Kerndurchmessers). ! Wenn Protonen oder Neutronen sich in einem Abstand kleiner als einige Kerndurchmesser voneinander befinden, werden sie dank der starken Kraft zusammengebunden. Spektroskopie von isolierten Atomen • Ende des 19. Jahrhunderts: viele experimentelle Daten über die Linienspektren von isolierten Atomen und Molekülen. • Linienspektren = Charakteristika, mit denen man Atome oder Moleküle identifizieren kann. • Durch die Untersuchung der Linienspektren wird die Struktur der Atome aufgeklärt. • Die Spektren werden mit Hilfe eines Prismas analysiert. Das Prisma zerlegt das Licht in Farben (d.h. Frequenzen) Bildschirm Zunehmende Frequenz Frequenzen des sichtbaren Lichts • Licht einer bestimmten Farbe entspricht einer harmonischen elektromagnetischen Welle bestimmer Wellenlänge 1 " kc 2# c c Frequenz: ! = = = = = T 2# 2# $ 2# $ Zwei Arten von Spektren • Emissionspektrum: die Wellenlänge des vom Atom emittierten Lichtes. ! Das Atom muss angeregt werden (in der Praxis verwendet man ein heisses Gas) und das emittierte Licht wird analysiert (z.B. mit einem Prisma, das das Licht in Farben zerlegt). • Absorptionsspektrum: die Wellenlänge des vom Atom absorbierten Lichtes. ! Man verwendet weisses Licht und schickt es durch die Atome (in der Praxis durch Dampf) des gewählten Elements. Die Absorption erscheint als schwarze Linie (fehlendes Licht). Absorption von Natriumdampf • Demonstrationsexperiment: Zwei Kohlestäben mit einem mit Natriumkarbonat gefüllten Loch. ! Ein Lichtbogen wird mit Hilfe eines elektrischen Stromes erzeugt. ! Die Elektroden emittieren wegen ihrer hohen Temperatur ein quasikontinuierliches Spektrum. Gleichzeitig verdampft das Natrium. ! Die Natrium-Absorptions-Linie ist sichtbar Spektrum von atomarem Zink • Demonstrationsexperiment: Eine Messing- und eine Kohlelektrode werden verwendet, um einen Lichtbogen zu erzeugen. Wir beobachten die einzelnen Emissionslinien des Zinks. Spektrum des atomaren Wasserstoffs • Die Wellenlängen der Linien im Spektrum des atomaren Wasserstoffs waren schon seit langem bekannt. Das Wasserstoff-Atom ist das einfachste Atom zu beschreiben (Ein Proton und ein Elektron) • Die beobachteten Linien des atomaren Wasserstoffs: Wellenlänge % Balmer-Rydberg-Formel • Es gab eine sehr genaue empirische Formel, die zuerst 1885 von Balmer, einem Schweizer Lehrer an der Universität Basel, angegeben wurde. Die Formel wurde später von Rydberg verbessert: 1 1% # 1 = R$ 2 " 2 & ! m n R = Rydberg-Konstante c 1' $ 1 ! = = Rc & 2 # 2 ) %m " n ( Balmer " Rydberg " Formel R = 1,097 ! 10 7 m "1 Rc ! (1,097 " 107 m #1)( 3" 10 8 m / s) ! 3,29 " 10 15 Hz Für ein festes m liefert die Balmer-Rydberg-Formel eine Serie von Linien mit Wellenlängen , die sich nähern, wenn die Zahl n zunimmt. Für m=2: die Balmer-Serie 1 1& # 1 = R% 2 " 2 ( $m ! n ' n=5, 6, … n=4 n=3 Die Linien nähern sich , wenn die Zahl n zunimmt. Wellenlänge % Lyman- und Paschen-Serie Andere Linienspektren: die sogenannte Lyman-Serie und Paschen-Serie, die den Zahlen m=1 und m=3 entsprechen. Sie sind nicht sichtbar! m=3 m=1 Das Bohrsche Atom-Modell • Niels Bohr (1913): Die Theorie des einfachsten Atom-Systems (Wasserstoff-Atom mit Z=1, A=1) ! Weil die Form der elektrischen Kraft ähnlich derjenigen der Gravitationskraft ist, wird man mit Hilfe der klassischen Mechanik voraussagen, dass das Elektron sich um das Proton bewegt wie ein Planet um die Sonne. m p ! 2000me Annahme: das Proton befindet sich in Ruhe und das Elektron bewegt sich um das Proton Energie des Atoms (I) • Die Energie des Atoms ist E = Ekin + E pot,interne 1 !2 ! me ve + E pot,elektrische Kraft 2 • Die elektrische potentielle Energie (Proton und Elektron ziehen einander an) 2 ! ! 1 e r Fe = ! 4"#0 r 2 r $ 2 ! 1 e E e pot ( r ) = ! 4"#0 r Entfernung des Elektrons 2 1 !2 1 e E = mev e ! 2 4"# 0 r Energie des Atoms (II) • Annahme: Wasserstoff & symmetrisch & Bahn ist ein Kreis !2 ! mev e 1 e2 Fe = = r 4!" 0 r2 # !2 me v e = 1 e2 4!" 0 r 1 # 1 e2 & 1 e2 1 # 1 e2 & E(r) = % ) =) % 2 $ 4!" 0 r (' 4!" 0 r 2 $ 4!" 0 r (' • Diese Gleichung entspricht der Energie des Systems, wenn das Elektron sich auf einem Kreis mit Radius r um das Proton bewegt 1 $ 1 e2 ' E(r) = ! & ) 2 % 4"# 0 r ( • Da die Energie einen negativen Wert besitzt, ist das Elektron-ProtonSystem “gebunden”. Das Elektron wird ständig um das Proton kreisen. • Beschreiben diese Ergebnisse die Eigenschaften des Wasserstoffatoms? Nicht genau. Wie können die Linienspektren erklärt werden? Geniale Postulate von Niels Bohr (1913) 1. Postulat der stationären Zustände: Bohr nahm an, dass das Wasserstoffatom in einer Anzahl von stationären Zuständen bestimmter Energie existieren kann. Diese Annahme ist in grossem Widerspruch zur klassischen Mechanik. 2. Postulat der Frequenz: Bohr postulierte, dass das Wasserstoffatom Licht (Strahlung) nur emittieren oder absorbieren kann, wenn das Atom von einem stationären Zustand in einen anderen übergeht. Dabei ist die Frequenz des Lichts zur Differenz der Energien dieser beiden Zustände proportional. Zustandsübergang • Geht ein Atom von einem Anfangszustand mit der Energie En in einen Endzustand mit der (niedrigeren) Energie Em über, so ist die Frequenz des emittierten Lichts gleich 1 ! = (E n " E m ) h wobei h die sogenannte Plancksche Konstante ist, die eine Energie in eine Frequenz umwandelt (die Einheit der Konstante ist ein Produkt von Energie und Zeit, d.h. J.s) Energie des Wasserstoff-Atoms • Im Vergleich mit der empirischen Balmer-Rydberg-Formel 1 1% # 1 ! = (E n " E m ) = Rc $ 2 " 2 & h m n En hcR " 1$ = Rc# ! 2 % & E n ' ! 2 h n n n=1,2,3,.. • Die Energie der Elektronenbewegung im Atom ist quantisiert. ! Im Rahmen der klassischen Mechanik sind den möglichen Werten für die Energie des Elektrons in einem Atom keine Grenzen gesetzt. ! Im Gegensatz dazu zeigen die Linienspektren, dass die Energie eines Elektrons in einem Atom auf bestimmte Werte beschränkt ist! Für den Fall des Wasserstoffatoms findet man experimentell, dass die Energie des Elektrons von der folgenden Form ist: 13, 6 eV En = ! n = 1, 2, 3,... 2 n hcR ! 13, 6 eV ! 2,177 " 10 #18 J Damit ist der Wert der Planckschen Konstante gleich 2,177 " 10#18 J 2,177 " 10 #18 J h! ! cR ( 3" 10 8 m / s)(1,097 " 107 m #1 ) ! 6,63" 10 #34 Js Erlaubte Energieniveaus des Wasserstoffatoms Werte der Energie der stationären Zustände: 13, 6 eV En = ! n2 n = 1, 2, 3,... Der Übergang zwischen zwei erlaubten Werten der Energie erzeugt Licht mit bestimmten Frequenzen, die den bekannten Serien entsprechen ultraviolett sichtbar infrarot 1 ! = (E n " E m ) h Weitere Erklärung von Bohr • Niels Bohr behauptete, dass seine Postulate erzwingen, dass die möglichen Werte des Drehimpulses des Elektrons durch den folgenden Ausdruck gegeben sind: nh L = rp = rm ev ! = n! 2" wobei n = 1,2,3,... ! die folgende Konstante ist h #34 != = 1, 05045 " 10 Js 2! • Der Drehimpuls eines Elektrons in einem Atom ist auf bestimmte Werte beschränkt! Energie des Elektrons 2 2 1 e m e 2 2 2 2 2 e L = r m v = r m = r • Weil e e e 4!" 0 r 4!" 0 gilt • Mit 1 $ 1 e2 ' 1 me e 4 1 E(r) = ! & )=! 2 % 4"# 0 r ( 2 (4"# 0 )2 L2 L ! n! n = 1,2,3,... 4 die Energie hcR En ! " 2 n 1 mee 1 En = ! 2 2 2 2 (4"# 0 ) n ! En n 2 me e 4 1 R=! = 2 3 hc 4" ( 4"# 0 ) ! c Radius der Elektron-Bahnen • Es gilt: 4!"0 L2 # 4!" 0 ! 2 & 2 2 r= = n ) a n %$ m e 2 (' 0 mee 2 e 4!" 0 ! %11 a0 = # 5,292 $ 10 m 2 mee 2 wobei Der Bohrsche Radius • Der Radius r = a0n2 darf nicht zu genau genommen werden. Man sollte ihn nur als einen Hinweis auf die Grössenordnung des Bereichs werten, in welchem das Elektron mit grösster Wahrscheinlichkeit gefunden wird. 4!"0 L2 # 4!" 0 ! 2 & 2 2 r= = n ) a n %$ m e 2 (' 0 mee 2 e hcR En = ! 2 n c 1 = " = ( En # E m ) ! h s diu Ra Das Elektron ändert “seinen Index” von n zu m, verliert Energie und ändert seinen Radius. Es emittiert Licht bestimmter Frequenz, die durch die Energiedifferenz bestimmt wird. Zustand eines Elektrons im Atom • Zusammenfassend werden der Radius, der Drehimpuls und die Energie des Elektrons vollständig durch eine Zahl n bestimmt. D.h., der Zustand des Elektrons wird durch n bestimmt. + # 4!" ! 2 & 2 2 0 -r = % n ) a n 0 - $ me e 2 (' nh = n! ,L = 2! # 1 m e4 & 1 e -E n = * % 2 2( 2 2 n $ (4!" 0 ) ! ' . n = 1,2,3,... Die Zahl n wird als Hauptquantenzahl bezeichnet. Wir werden später sehen, dass es zusätzliche Quantenzahlen gibt, die den Zustand des Elektrons definieren.