TC1 – Grundlagen der Theoretischen Chemie Irene Burghardt ([email protected]) Praktikumsbetreuung: Sarah Römer ([email protected]) Matthias Ruckenbauer ([email protected]) Jan von Cosel, Peter Eberhardt, Nabil Bellakbil (HiWis) ([email protected], [email protected], [email protected]) Vorlesung: Mo 10h-12h, Do9h-10h Übungen: Do 8h-9h 1 Web site: http://www.theochem.uni-frankfurt.de/TC1 Anfang des 20. Jahrhunderts . . . . . . Eine Reihe von Experimenten zeigen überraschende Resultate: • Elektronen verhalten sich manchmal wie Wellen • Licht verhält sich in gewissen Experimenten, als bestände es aus Teilchen (“Lichtquanten” oder “Photonen”) • Elektronen scheinen sich gleichzeitig in verschiedenen Zuständen befinden zu können (“Schrödinger cat states”) • Die Energie von Atomen und Molekülen scheint i. Allg. in diskreten “Quanten” vorzuliegen 2 Doppelspaltexperiment • Beobachtung eines Interferenzpatterns für Elektronen – analog zu Lichtwellen 3 Doppelspaltexperiment: : Teilchen oder Wellen? • wenn der untere (obere) Schlitz der Blende geschlossen ist: Intensitätsverteilung P1 (P2) • wenn beide Schlitze offen sind: Intensitätsverteilung P12 6= P1 + P2 4 Interferenzeffekte: charakteristisch für Wellen z.B. Interferenz zweier ebener Wellen: φ(x, t) = φ1(x, t) + φ2(x, t) = A1 ei(k1x−ω1t) + A2 ei(k2x−ω2t) Intensität is proportional zum Betragsquadrat |φ(x, t)|2 : |φ(x, t)|2 = |φ1(x, t) + φ2(x, t)|2 = |A1 ei(k1x−ω1t) + A2 ei(k2x−ω2t)|2 = |A1|2 + |A2|2 + Interferenzterme 5 Interferenzeffekte – Forts. |φ(x, t)|2 = (A1 ei(k1x−ω1t) + A2 ei(k2x−ω2t)) ×(A∗1 e−i(k1x−ω1t) + A∗2 e−i(k2x−ω2t) = A∗1 A1 + A∗2 A2 +A∗1 A2ei((k1−k2)x−(ω1−ω2)t) + A∗2 A1ei((k2−k1)x−(ω2−ω1)t) • Interferenzterme rufen Peak “zwischen” den beiden Schlitzen der Blende hervor Notiz: • die obige Diskussion kann zunächst im Rahmen der klassischen Physik geführt werden! 6 Background – klassische Wellen • klassische Wellengleichung: φ̈(x, t) = k2φ00(x, t) • ebene Welle: φ(x, t) = A ei(kx−ωt) = A (cos(kx − ωt) + i sin(kx − ωt)) 7 Stehende Wellen • z.B. schwingende Saite • Wellengleichung (stationär): d2u(x)/dx2 + k2u(x) = 0 • diskrete Lösungen wg. Randbedingungen: kn = 2πn/λ • Energie ist “quantisiert” 8 Quantenteilchen = Wellen und Teilchen λ = h/p Dualismus Welle (λ)-Teilchen(p) Louis de Broglie • h = 6.6 · 10−34 J s Plancksches Wirkungsquantum • Wellenlänge ∝ 1/Impuls • Davisson-Germer Experiment (1927): Elektronendiffraktion • Doppelspaltexperiment • De Broglie (1924): Teilchen haben Welleneigenschaften (ebenso wie Wellen Teilcheneigenschaften haben, s. photoelektrischer Effekt) 9 Beispiel: de-Broglie Deutung einer “Elektronenwelle” i(kx−ωt) φ(x, t) = A e i( 2λπ x−ωt) = Ae i( 2πp h x−ωt) = Ae p i(h̄ x−ωt) = Ae • ein Elektron, das durch eine ebene Welle beschrieben wird, hätte also einen wohldefinierten (“scharfen”) Impuls p = h̄k, wobei k = 2π/λ die Wellenzahl ist • Notiz: pφ = (h̄/i)(∂φ/∂x) • allerdings ist das Elektron räumlich maximal delokalisiert (Beispiel der Unschärferelation) 10 Wellenpakete Wellenpakete lassen sich als Überlagerungen ebener Wellen darstellen: φ(x, t) = X Ak e p i( h̄k x−ωk t) k • das Wellenpaket hat weder einen scharfen Impuls noch einen scharfen Ort • allerdings ist es “kompakt” und weniger delokalisiert als eine ebene Welle 11 Die Schrödingergleichung ih̄ ∂Ψ ∂t = ĤΨ ĤΨ = EΨ Schrödinger-Gleichung (1926) • die Energie ist quantisiert, nicht kontinuierlich • Ĥ = Hamilton-Operator • E = Eigenwert Erwin Schrödinger, Nobelpreis 1933 • Ψ = Wellenfunktion 12 Schrödinger’s Konzept: Wellenfunktion • vollständige Information über den Zustand des quantenmechanischen “Systems” (z.B. Teilchen im Kasten, Atom, Molekül) • abstrakte (darstellungsfreie) Schreibweise: |Ψi ist ein “Zustandsvektor”, der in einem komplexen Funktionenraum (Hilbertraum) definiert ist • physikalische Bedeutung: Ψ ist das grundlegende Objekt der Schrödingerschen “Wellenmechanik”. Ψ beschreibt Teilchen, die auch Wellencharakter haben (z.B. Elektronen) bzw. Wellen, die auch Teilchencharakter haben (z.B. Licht/Photonen). R∞ ∗ Wellenfunktion ist normierbar, dx Ψ (x)Ψ(x) = 1; die −∞ Normierung reflektiert, dass das Teilchen sich zu jeder Zeit “irgendwo im Raum” befindet • die • das Betragsquadrat der Wellenfunktion |Ψ(x)|2 = Ψ∗(x)Ψ(x) gibt die Aufenthaltswahrscheinlichkeit des Quantenteilchens am Ort x an. 13 Operatoren • dienen dazu, die Eigenschaften des durch ψ beschriebenen Zustands “abzufragen”: Ort, Impuls, Energie, . . . • der Operator Ô ist eine Vorschrift (Multiplikation, Differentiation, etc.), die “nach rechts” auf die Wellenfunktion wirkt: – Ort: x̂ψ(x) = xψ(x) – Impuls: p̂ψ(x) = (h̄/i)(dψ(x)/dx) – kinetische Energie: T̂ ψ(x) = (p̂2/2m)ψ(x) = (−h̄2/2m)(d2ψ(x)/dx2) – potentielle Energie: V̂ (x̂)ψ(x) = V (x)ψ(x) z.B. V (x) = 1/2kx2 (harmonisches Potential), V (x) = q1q2/x (Coulombpotential) – Gesamtenergie: Ĥψ(x) = (T̂ + V̂ )ψ(x) (Hamilton-Operator) 14 Eigenfunktionen • Eine Funktion ψ ist Eigenfunktion eines Operators Ô, wenn sie folgender Eigenwertgleichung genügt: Ôψ = ωψ wobei ω eine Zahl ist, die als Eigenwert bezeichnet wird. (Im Falle hermitischer Operatoren sind die Eigenwerte reell.) Beispiele: (a) eax ist Eigenfunktion (d/dx)eax = a eax. des Differentialoperators d/dx, da 2 (b) eax ist keine Eigenfunktion des Operators d/dx, da 2 2 (d/dx)eax = 2a(xeax ) – i.e., eine Zahl mit einer anderen Funktion multipliziert. 15 Physikalische Bedeutung der Eigenwerte die Eigenwerte sind messbar: wenn z.B. Impuls oder Energie durch eine geeignete Messapparatur gemessen werden, und das System sich in einem Eigenzustand ψn befindet, wird der dazugehörige Eigenwert ωn gemessen. 16 Erwartungswerte wenn sich das System nicht in einem Eigenzustand befindet, können wir nur “Erwartungswerte” = Mittelwerte bestimmen: R dx ψ ∗Ôψ hÔi = R dx ψ ∗ψ • wenn ψ = ψn Eigenfunktion des Operators Ô mit Eigenwert ωn ist, erhalten wir: hÔi = ωn • wenn ψ keine Eigenfunktion des Operators Ô ist, ergibt eine Entwicklung in Eigenfunktionen {ψn}: ψ = X c n ψn n hÔi = X n c∗ncnωn ≡ X n Pn ωn 17 Erwartungswerte, Forts. Pn = Wahrscheinlichkeit, mit der der Eigenwert ωn gemessen wird |ψi = c1|0i + c2|1i P1 = c∗1 c1, P2 = c∗2 c2 • eine einzelne Messung liefert den zu |0i oder |1i gehörigen Eigenwert • bei wiederholten Messungen werden die Eigenwerte mit den jeweiligen Wahrscheinlichkeiten P1 vs. P2 gemessen 18 Unschärferelation • Wenn zwei Operatoren keine gemeinsamen Eigenfunktionen haben, kommutieren sie nicht, d.h. ihre Wirkung auf die Wellenfunktion hängt von der Reihenfolge ab: [Â, B̂] = ÂB̂ − B̂ Â 6= 0 • Für diesen Fall lässt sich zeigen: δA δB ≥ 12 |hCi| p wobei δA = hA2i − hAi2 = Standardabweichung und Ĉ = [Â, B̂]/i • Spezialfall: Ort/Impuls können nicht gleichzeitig festgelegt werden: δx δp ≥ 12 h̄ 19