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Teilchenbeschleuniger
Technologien & Konzepte
Daniel Schell
04.11.2011
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Parameter eines Teilchenbeschleunigers
Zu den Parametern, die ein Teilchenbeschleuniger besitzt, ist unteranderem die Strahlintensität
zu erwähnen, die angibt, wieviele Teilchen pro Zeiteinheit ein gewissen Punkt durchlaufen. Die
dazugehörige Einheit ist Ampère, welche in der Elektrodynamik Ladungen pro Zeiteinheit wiederspiegelt. Ein daraus resultierender wichtiger Parameter ist die Luminosität L mit der Einheit
cm−2 s−1 . Sie ist das Produkt aus der Anzahl der Targetteilchen pro Quadratzentimeter und der
Anzahl der Strahlteilchen pro Sekunde. Je höher die Luminosität, desto mehr Kollisionen sind zu
erwarten. Daher definiert man die Reaktionsrate auch über das Produkt der Luminosität und
des Wirkungsquerschnitts.
Die Strahlqualität kann mit der Emmitanz πx beschrieben werden.
πx = π∆x∆x0 [mm mrad]
(1)
Mit ∆x, welche die Unschärfe in transversaler Richtung (also die Dicke des Strahls) beschreibt
und ∆x0 die Unschärfe im Winkel (also die Abweichung zur Ideallinie).
Die Emmitanz beschreibt die Unschärfe in jeweils einer transversalen Richtung (x und y). Je
kleiner die Emittanz, desto höher die Strahlqualität. Neben der örtlichen Unschärfe gibt es zudem
noch die relative Impulsunschärfe δ = ∆p/p.
Ein letzter, sehr häufiger Begriff ist das Tastverhältnis oder duty factor, welcher das Verhältnis
zwischen der Länge eines Pulses zur Periodenzeit der Pulsung beschreibt. Bei einem CW-Strahl
(continuoius wave) beträgt dieser 100%. Bei einem Snychrotron lediglich 1 - 10 %.
2
Elektrostatische Beschleuniger
Elektrostatische Beschleuniger stellen die Urform eines Teilchenbeschleunigers dar. Ihr Aufbau ist
im Grunde identisch. Dieser besteht aus einem Strahlrohr in dem ein Hockvakuum herrscht, das
das Teilchen beschleunigt und dem Hochspannungsgenerator, der die Spannung für das beschleunigende elektrische Feld liefert. Letztendlich liegen die bedeutenden Unterschiede bei dem Generator. Das Strahlrohr ist so aufgebaut, dass die anliegende Spannung über eine Wiederstandskette stufenweiße abnimmt, damit ein homogenes beschleunigendes E-Feld entstehen kann. Hierfür
sitzen in regelemäßigen Abständen Elektroden in Form einer Lochblende im Beschleunigerrohr,
die über die Wiederstandskette auf fallendem Potential liegen. Die Kreisform der Elektroden hat
den positiven Effekt fokussierend zu wirken. Dennoch wird die Beschleunigungsspannung nur einmal durchlaufen, was den größten Nachteil an elektrostatischen Beschleunigern darstellt, da so die
Teilchenenergie stark begrenzt ist.
2.1
Cockcroft-Walton Beschleuniger / Dynamitron
Über eine Kaskade (eine Kette von Dioden und Kondensatoren) wird die Spannung eines Wechselsstroms bis theoretisch 1,5 MV gebracht. Danach kommt es zur kalten Gasentladung und die
1
Spannung sinkt wieder. Diese Gasentladung tritt jedoch auch schon bei 700 kV auf, weshalb 1,5
MV meist nicht erreicht werden. Große Krümmungsradien der Bauteile verbessert zudem die Spannungsfestigkeit, weshalb diese Generatoren sehr groß sind. Das Dynamitron hat ein ähnliches Funktionsprinzip. Hier wird jedoch nicht direkt eine Wechselspannung an der Kaskade angelegt, sondern
über Elektroden erzeugt, die durch Influenz aufgeladen werden. Dafür wird ein Schwingkreis um
die Elektroden aufgebaut welcher die benötigte wechselnde Polarität liefert. Dadurch kann man
die Kaskade und alle weiteren Bauteile unter Schutzatmosphäre betreiben, was zu einer Spannungsfestigkeit bis 4 MV führt.
2.2
(Tandem-)Van de Graaff- / Pelletron und Laddertron-Beschleuniger
Hier werden die Ladungsträger, welche über eine Spitze auf ein vulkanisiertes Band aufgetragen werden, mechanisch auf die Elektrode befördert. Auch hier ist die Spannung wie zuvor begrenzt. Der Unterschied liegt jedoch darin, dass die Elektrode kontinuierlich aufgeladen wird, da
hier keine Wechselspannung angelegt werden muss. Um Reibungs- und Abnutzungseffekte zu vermeiden, nutzt man heute anstelle des Bandes häufig Ketten mit Metallkugeln (Pelletron) oder
Metallbändern (Laddertron), welche durch Influenz aufgeladen werden und diese Ladung an die
Elektrode abgeben. Um das Problem der lediglich einmaligen Beschleunigung zu umgehen, hat
man den Tandem-Van de Graaff-Beschleuniger entwickelt. Hier werden zuerst negative Ionen zur
Elektrode hinbeschleunigt, wo sie auf einen Stripper treffen, der den Ionen Elektronen entzieht,
und danach als postive Ionen nochmals davon wegbeschleunigt werden.
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Linearbeschleuniger / Wideröestruktur
Das Problem der einmaligen Beschleunigung kann mit dem Prinzip des Linearbeschleunigers (kurz
LINAC) umgangen werden. Die Struktur ähnelt der, eines Beschleunigerrohres, jedoch werden die
Lochblenden-Artigen Elektroden nun mit Wechselspannung und somit auch mit der vollen Beschleunigungsspannung betrieben. Das Teilchen muss aber so synchronisiert werden, dass es immer dann
in das E-Feld trifft, wenn es eine beschleunigende Wirkung besitzt. Während dem Wechsel der
Polarisation sollte es keine Kraft erfahren. Daher baut man die Elektroden nun Zylinderförmig,
da innerhalb eines Zylinders auf dem eine Spannung anliegt, kein Feld vorliegt. Diese Zylinder
nennt man Driftröhren. Diese Röhren werden immer länger, da die Wechselspannung mit konstanter Frequenz betrieben wird, die Geschwindigkeit der Teilchen jedoch zunimmt. Teilchen die
nicht synchron laufen, werden nun entweder weiter gebremst oder weiter beschleunigt, dies führt
zu einer Phasenfokussierung und zur Entstehung von Teilchenpaketen (Bunches). Ein Nachteil
dieser Struktur ist die insgesamt defokussierende Wirkung in transversaler Richtung. Um dies zu
korregieren, werden Quadrupole genutzt, die auf Grund ihres Feldgradienten in einer transversalen Richtung fokussierend wirken. Die Anordnung zweier Quadrupole hintereinander, die unterschiedliche Polarisiation besitzen führt zu einer Fokussierung in beiden transversalen Richtungen.
Diese Form der Linearbeschleunigers nennt man auch Wideröe-Struktur, welche die Urform des
Linearbeschleunigers darstellt.
3.1
Radio Frequency Quadrupole
Um die fokussierende Wirkung der Quadrupole und die beschleunigende Wirkung der WideröeStruktur zu vereinen, hat man den Radio Frequency Quadrupole, kurz RFQ, entwickelt, welcher
wie ein Quadrupol vier Elektroden besitzt, die jedoch in z-Richtung, also Strahlrichtung eine
Sinusförmige Struktur aufweisen, welche zu einem Feldgradienten führt, der in positiver z-Richtung
zeigt und somit beschleunigend wirkt. Diese Struktur wird heute noch häufig als Vorbeschleuniger
verwendet, da sie wie erwähnt beschleunigende und fokussierende Eigenschaften besitzt und zudem
Teilchenpakete (Bunches) erzeugt.
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3.2
Cavities
Der heute am häufigsten genutzte Linearbeschleuniger besteht aus sogannenten Cavities. Diese
bestehen aus einem supraleitenden Material in Form eines Holhleiters mit Abschluss und Driftröhren
im Inneren. Darin wird eine stehende TM-Welle erzeugt, die eine longitudinale Komponente der
E-Feldes besitzt, die auf das Teilchen beschleunigend wirkt. Diese Cavities können nun hintereinander gebaut werden und so entstehen die sogannenten Cavity-Zellen.
3.3
Wellenleiter
Eine besondere Stellung haben Elektron als zu beschleunigende Teilchen. Auf Grund ihres sehr
geringen Gewichts von 511 keV
c2 sind sie in der Lage sehr schnell Geschwindigkeiten nahe der
Lichtgeschwindigkeit zu erreichen. Diese zwei Faktoren erlauben es dem Elektron auf Wellenbergen von EM-Wellen zu reiten“. So werden sie wie ein Surfer von einem Wellenberg beschle”
unigt, dessen Geschwindigkeit jedoch unterhalb der Lichtgeschwindigkeit liegen muss. Phasengeschwindigkeiten sind in der Regel jedoch oberhalb der Lichtgeschwindigkeit, weshalb in den
Wellenleitern sogannente Irisblenden eingebracht werden, die die Phasengeschwindigkeit unter die
Lichtgeschwindigkeit bringt.
4
Kreisbeschleuniger
Will man Teilchen auf sehr hohe Energien im Bereich von einigen TeV bringen so müssen diese
die Beschleunigungsspannung sehr oft durchlaufen um Energie zu gewinnen. Hierfür kann man die
elektrostatischen Beschleuniger von vornherein ausschließen. Aber selbst die Linearbeschleuniger
müssten eine enorme Länge aufweisen, damit sie solche Energien erreichen könnten. Hier spielt
vorallem der Kostenfaktor eine wesentliche Rolle. Um Diesen zu umgehen werden die Teilchen, die
eine Beschleunigungsstrecke durchlaufen haben mit Hilfe eines Magnetfeldes auf eine Kreisbahn
gezwungen, um so wieder an den Ursprung der Beschleunigungsstrecke zu gelangen um erneut
beschleunigt zu werden.
4.1
Zyklotron
Das Zyklotron gilt als das bekanntestes Beispiel eines Kreisbeschleunigers. Zwei D-förmige hohle
Elektroden werden so angeordnet, dass sich ihre lange Seite mit einem gewissen Abstand gegenüberliegen.
Zudem werden die Elektroden mit Wechselspannung betrieben, damit ein wechselndes E-Feld zwischen den Elektroden entstehen kann. Diese Apparatur wird von einem inhomogenen Magnetfeld
durchflossen, welches Teilchen auf die gewünschte Kreisbahn zwingt. Die Inhomogenität führt zu
einer axialen Bahnstabilität, welche in den Berechnungen aus dem Unterricht meistens nicht betrachtet wurde. Das zu beschleunigende Teilchen befindet sich entweder im feldfreien Hohlraum der
Elektrode oder zwischen ihnen um dort beschleunigt zu werden. Um nicht abgeremst zu werden,
muss die Wechselspannung an den Elektroden mit dem Teilchen synchronisiert werden. Bei einem
klassischen Zyklotron wird die Wechselspannung und das Magnetfeld jedoch fest eingestellt und
zuvor so berechnet, damit das Teilchen synchronisiert ist.
qυB =
γmυ 2
r
→ω=
q
B
γm
(2)
Das Problem eines klassischen Zyklotrons liegt darin, dass man allgemein γ = 1 setzt. Bei
hohen Energien kommt es jedoch zur relativistischen Massenzunahme (m(υ)) und das Teilchen
gerät aus der Phase. Betreibt man das Zyklotron so, dass sich die Frequenz mit zunehmender
Energie ändert, so kann man nur ein Teilchenpaket in Phase halten, was zu einem sehr niedrigen
duty factor führt (ca. 1%). Zudem wird die Teilchenenergie von dem Ausmaß der Elektroden und
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die Stärke des Magnetfeldes beschränkt, da es bei zu großen Bahnradien keinen geschlossenen
Umlauf mehr durchführen kann.
4.2
Betatron
Ein weiterer Kreisbeschleuniger, der sich jedoch auf Elektronen beschränkt, ist das Betatron. Hier
werden Elektronen in eine runde Vakuumröhre gebracht, die wiederrum von einem inhomogenen Magnetfeld durchflossen wird, damit sich das Elektron auf einer Kreisbahn bewegt. Um die
Teilchen zu beschleunigen, wird kein konstantes, sonder ein zeitlich veränderliches Magnetfeld
erzeugt. Nach dem Induktionsgesetz der Maxwellgleichungen entsteht dadurch ein E-Feld, was zur
Beschleunigung der Elektronen führt.
∂B
(3)
∂t
Da das Magnetfeld kontinuierlich ab- und zunimmt variieren die Bahnradien stark. Es kommt
zur Oszillation um die Sollbahn, welche allgemein Betatronschwingung genannt wird.
∇×E=−
4.3
Mikrotron
Eine Weiterentwicklung des Zyklotrons stellt das Mikrotron dar, welches ebenfalls wie alle Kreisbeschleuniger ein Magnetfeld besitzt, welches die Teilchen auf die Kreisbahn zwingt. Die Beschleunigung wird aber nur an einer Stelle mittels eines Hochfrequenz-Resonators (HF-Resonator oder
Cavity) durchgeführt. Die Teilchen werden also mittels des Magnetfeldes immer wieder an den
Anfang der Beschleunigungsstrecke gebracht. Damit der Eintreffwinkel nicht zu groß ist, und das
Teilchen somit verloren gehen würde, muss das Magnetfeld relativ schwach sein, was wiederrum
die Energien der Teilchen, auf Grund der Ausmaße des Mikrotrons auf 20-25 MeV beschränkt.
4.4
Racetrack-Mikrotron
Um das Problem der großen Bahnradien zu umgehen, musste man stärkere Magnetfelder zum
Einsatz bringen. Hierfür hat man das Mikrotron in der Mitte geteilt um so zwei separate Bereiche zu erhalten, die mit einem Magnetfeld durchflossen werden. Die Strecke zwischen den beiden
Bereichen ist feldfrei, damit das Teilchen gerade Strecken zurücklegen kann. Zur Beschleunigung
können nun wieder Cavities oder andere beliebige Linearbeschleuniger genutzt werden, da der
Abstand der beiden Umlenkbereiche theoretisch beliebig groß gewählt werden kann. Das beschleunigte Teilchen, das in den ersten Umlenkbereich trifft, wird dort um 180◦ gedreht und verläuft
danach im feldfreien Bereich parallel zur Beschleunigungsstrecke. Auf der anderen Seite trifft es
auf den zweiten Umlenkbereich und wird dort um weitere 180◦ gedreht. Danach durchläuft es
wieder den Linearbeschleuniger und das Spiel beginnt von vorne. Da das Teilchen auf jeden Fall
mit einem Winkel von 0◦ in den Linearbeschleuniger trifft, können die Magnetfelder im Umlenkbereich beleibig hoch gewählt werden. Dadurch wiederrum können Teilchen auf sehr hohe
Energien gebracht werden. Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass zudem fokussierende Elemente,
wie Quadrupole im feldfreien Bereich eingebracht werden können, welche die Strahlqualität weiter
verbessern können.
4.5
Synchrotron
Wenn man die Abfolge des Racetrack-Mikrotron (fokussierendes Element, Ablenkmagnet) mehrmals
wiederholt und damit einen Kreis bildet, erhält man den heute geläufigsten Kreisbeschleuniger:
Das Synchrotron. Dabei ist die Anzahl an HF-Beschleuniger im Ring variabel. Neben der bekannten Betatronschwingung kommt es im Synchrotron zudem zur Synchrotronschwingung, welche
eine Schwingung innerhalt des Teilchenpakets beschreibt. Theoretisch lassen sich mit einem Synchrotron beliebig hohe Teilchenenergien erzeugen. Die Begrenzung liegt hier aber auch in der
Stärke der Ablenkmagnete. Jedoch gilt: Je höhere die Anzahl der Ablenkmagnete, desto geringer ist
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die benötigte Ablenkung pro Einheit. Anders wie beim Racetrack-Mikrotron muss die Ablenkung
somit keine 180◦ betragen, sondern nur einen Bruchteil davon. Das heißt, man kann deutlich höhere
Teilchenenergien bei gleicher Magnetfeldstärke erreichen, aber dafür nimmt das Synchrotron teils
enorme Ausmaße an. Zudem kommt es vor allem bei sehr leichten Teilchen (vor allem Elektronen) zu einem Energieverlust durch Synchrotronstrahlung. Diese entsteht, wenn Teilchen auf eine
Kreisbahn gezwungen werden. Je höher die Energie und leichter das Teilchen, desto höher die
abgestrahlte Synchrotronstrahlung.
4.6
Collider
Ein Collider ist im Prinzip ein Synchrotron, das jedoch aus 2 Ringen besteht, in denen jeweils
ein Teilchen beschleunigt wird. Entweder schneiden sich die beiden Ringe an zwei Punkten, an
denen eine Kollision erzwungen wird, oder die beiden Teilchen laufen entgegengesetzt in einem
Ring, der jedoch anstatt mit einem Rohr, mit einer Twinröhre ausgestattet ist, in dem die Teilchen
beschleunigt werden. Dies ist vorallem bei Collidern mit Teilchen und Antiteilchen der Fall, da
diese eben genau entgegengesetzt beschleunigt werden.
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Quelle
Frank Hinterberger: Physik der Teilchenbeschleuniger und Ionenoptik, Springer-Verlag, 2008
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