Wissen 66 Fehlgeburt Sieg dank Silicon Valley Weshalb die Gebärmutter Embryonen abstösst Der Einfluss der Tech-Firmen auf die US-Wahlen Gesundheit — 63 Spenden — 60/61 Gemüse – alles andere ist Beilage Würden Schweizer den Fleischkonsum reduzieren, sänken die Treibhausgasemissionen stark Hauptmerkmale, Mengen pro Woche Veganer Ovo- LactoVegetarier Ovo- LactoPescetarier Flexitarier Schweizer Durchschnitt Fleischreiche Ernährung Proteienreiche Ernährung Ernährung ohne Fleisch, Milchprodukte und Eier, ausschliesslich pflanzliches Protein aus Tofu, Hülsenfrüchten etc. Doppelt so viele Früchte und Gemüse wie der CH-Durchschnitt. 5000 6000 7000 8000 9000 10 000 11000 12 000 Treibhausgasemissionen, umgerechnet in Autokilometer pro Jahr Ernährung ohne Fleisch und Fisch, aber mit 21 Portionen Milchprodukten, 4 Eiern und wenig pflanzlichen Proteinen. 30% mehr Gemüse und 25% mehr Früchte als der CH-Durchschnitt. Ernährung ohne Fleisch, aber mit 270 gr Fisch, 21 Portionen Milchprodukten, 4 Eiern und wenig pflannzlichen Proteinen. 30% mehr Gemüse und 25% mehr Früchte als der CH-Durchschnitt. Ernährung mit wenig tierischem Eiweiss: 300 gr Fleisch, 70 gr Fisch, 21 Portionen Milchprodukte und 3 Eier. 20% mehr Gemüse und 10% mehr Früchte als der CH-Durchschnitt. 1 kg Fleisch, 21 Portionen Milchprodukte, 3,5 Eier. Wenig pflanzliche Proteine, 1,4 kg Gemüse und 0,8 kg Früchte. Ernährung mit sehr hohem Anteil an tierischem Eiweiss: 2 kg Fleisch, 5,5 Eier, 21 Portionen Milchprodukte. Halb so viel Gemüse wie der CH-Durchschnitt. Sieben Ernährungsstile und ihre Umweltbelastung Ernährung mit sehr hohem Anteil an tierischem Eiweiss: 1,5 kg Fleisch, 9 Eier, 30 Portionen Milchprodukte und Molkepulver. Halb so viel Gemüse wie der CH-Durchschnitt. Joachim Laukenmann Beim Stichwort «Umweltsünder» denken viele an qualmende Auspuffrohre, Kondensstreifen am Himmel oder an fossil beheizte Gebäude. Wenigen kommt das in den Sinn, was vor ihnen auf dem Teller landet. Dabei trägt die menschliche Ernährung rund 30 Prozent zur gesamten Umweltbelastung bei. Das entspricht in etwa der Umweltbelastung der Mobilität (12 Prozent) und des Wohnens (19 Prozent) zusammen. «Die Schweizer Bevölkerung weiss zu wenig darüber, welches die relevanten Umweltfaktoren sind», sagt Christoph Meili, Ökobilanzexperte beim WWF Schweiz. «Daher wollten wir erstmals für die Schweiz die Umweltbelastung verschiedener Ernährungsstile untersuchen.» Demnach machen Fleisch, Fisch, Milchprodukte und Eier rund die Hälfte der ernährungsbedingen Umweltschäden aus. «Der Verzehr von Pflanzen ist wesentlich umweltschonender und verursacht weniger Treibhausgasemissionen.» Um die Umweltfolgen der Ernährung in Relation zu setzen, vergleicht der WWF die Studienre- sultate mit Autokilometern. Wer zum Beispiel wie im Schweizer Durchschnitt rund ein Kilogramm Fleisch pro Woche verzehrt, verursacht im Jahr Treibhausgasemissionen, die umgerechnet 1800 Kilogramm CO2 entsprechen. Die gleiche Menge bläst ein durchschnittlicher Privatwagen in die Luft, der 9200 Kilometer zurücklegt. Ein Flexitarier, der sich vorwiegend vegetarisch ernährt und nur gelegentlich tierische Produkte zu sich nimmt, kommt auf jährliche Emissionen, die 7500 Autokilometern entsprechen, bei einem Veganer sind es 5600 Kilometer. Landnutzung und Pestizide sind ebenfalls relevant Eine einfache Rechnung zeigt: Würden alle Schweizer auf Fleisch, aber nicht auf Eier und Milch verzichten, sich also wie ein Ovo-Lacto-Vegetarier ernähren, würde das die Treibhausgasemissionen pro Kopf und Jahr um rund 450 Kilogramm senken. Das entspräche einer Reduktion der Treibhausgasemissionen im Privatverkehr um fast ein Viertel. Autor der Studie ist der Umweltingenieur Niels Jungbluth, Chef der Firma ESU-Services, die Bei der Produktion, dem Transport und der Lagerung von Nahrungsmitteln sowie bei der Futtermittelherstellung und der Tierhaltung werden Treibhausgase freigesetzt, die Umwelt und Klima belasten. Je nach Ernährungsstil schlägt das mehr oder weniger stark zu Buche. Die in der Studie berechnete Umweltbelastung lässt sich in Autokilometer umrechnen. SoZ Candrian; Quelle: Esu-services, WWF Das erlaubt einen Vergleich zwischen Ernährung und Mobilität. sich auf Ökobilanzen spezialisiert hat. «Erstmals haben wir in der Studie auch jenen Anteil der Nahrungsmittel berücksichtigt, der verloren geht», sagt Jungbluth. Denn rund ein Drittel der erzeugten Lebensmittel erreicht die Mägen der Schweizer nicht, trägt aber gleichwohl zur Umweltbelastung bei. Berechnet hat Jungbluth zum einen die sogenannten Umweltbelastungspunkte. Das ist eine sehr umfassende Ökobilanz, in die auch Aspekte wie die Landnutzung und der Einsatz von Pestiziden einfliessen. In einer zweiten Berechnung hat er die mit den Ernährungs­stilen assoziierten Treibhausgasemissionen aufsummiert. «Da diese Bilanzen jeweils andere Faktoren stärker gewichten, weichen die Resultate leicht voneinander ab», sagt Jungbluth. «Die Schlussfolgerungen beider Betrachtungswinkel gehen aber in die gleiche Richtung: Eine fleisch­ reiche Ernährung belastet die Umwelt fast doppelt so stark wie die vegetarischen Ernährungsstile.» Aus Sicht des Bundesamts für Umwelt (Bafu) ist die Studie «eine interessante Diskussionsgrund­ lage.» Als Kurzstudie konzipiert, würden aber zahlreiche Verein­ fachungen gemacht. «So wurden der Gesundheitsaspekt und die notwendige Kalorienzufuhr ausser Acht gelassen», sagt Ruth Freiermuth von der Abteilung Ökonomie und Umwelt­ beobachtung beim Bafu. «Dies verzerrt das Ergebnis zugunsten des Veganers.» Ab 600 Gramm Fleisch pro Woche wird es heikel In der Schweiz ernähren sich zwei bis drei Prozent der Bevölkerung vegetarisch, etwa ein Zehntel davon vegan. Bei veganer Ernährung erhöhen sich die Risiken für eine Mangelernährung. «Hier braucht es viel Wissen, damit man nichts falsch macht», sagt Meili vom WWF. «Wir fordern auch keine vegane Ernährung, sondern einen gesunden Umgang mit tierischen Produkten.» Schon die Ernährung als Flexitarier biete im Vergleich zu einem hohen Fleischkonsum erhebliche Vorteile für die Umwelt. Gemäss dem sechsten Schweizerischen Ernährungsbericht kann von den verschiedenen Formen des Vegetarismus die ovo-lacto-vegetarische Variante für gesunde Erwachsene als ausgewogene Ernährungsweise betrachtet werden. Meili betont, dass nicht nur der Veganismus, sondern auch der hohe Fleischkonsum der Schweizer mit Gesundheitsrisiken verknüpft sei. «Die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung sagt, dass es ab 600 Gramm Fleisch pro Woche aufwärts heikel wird für die Gesundheit.» Eine Ausnahme sind laut neuesten Studien ältere Personen. Um Muskelschwund entgegenzuwirken, sollten sie tendenziell mehr Milch, Eier und Fleisch verzehren. Trotz gewisser Einwände zeigt die Studie gemäss Bafu, dass bei der Ernährung ein wichtiges Potenzial zur Reduktion der Umwelt­ belastung besteht. «Neben einer Umstellung der Ernäh­rung gehört auch die Verringerung von Lebensmittelverschwendung dazu», sagt Freiermuth. «Dafür setzt sich das Bafu aktiv ein.» Ernährungsempfehlungen gebe das Bafu aber keine ab. «Mit der Studie wollen wir die Umweltbelastung der Ernährung nicht gegen andere Sektoren ausspielen», sagt Meili vom WWF. In jedem Sektor – Mobilität, ­Wohnen, Konsum und öffentliche Dienstleistung – müsse die Umweltbelastung sinken. Aber eben auch bei dem, was auf den Teller komme.