Kapitel 9 Thermodynamik 9.1 Hauptsätze der Thermodynamik Das zentrale Konzept der Thermodynamik ist die Existenz der Temperatur (der sogenannte “nullter” Hauptsatz der Thermodynamik). Wir betrachten z.B. zwei Körper A und B. Der Körper A erscheint uns heiss, und der Körper B erscheint uns kalt. Wir bringen A in Kontakt mit B. Nach einer gewissen Zeit erscheinen uns beide Körpern gleich warm. Beide Körper besitzen über ihre ganze Ausdehnung die gleiche Temperatur. Wir sagen, dass beide Körper sich im thermischen Gleichgewicht befinden. Vom makroskopischen Standpunkt aus stellt die Temperatur eine Grösse dar, die in verschiedenen Systemen schliesslich denselben Wert annimmt, wenn diese Systeme miteinander in Kontakt gebracht werden. Physik 405 Thermodynamik Vom mikroskopischen Standpunkt aus beschreibt die Temperatur die thermische Bewegung der Atome oder der Moleküle. Diese entspricht der inneren Energie U des Körpers, die die kinetische und die potentielle Energie aller Moleküle beinhaltet. Die innere Energie U wird als eine Zustandsfunktion des Körpers bezeichnet. Sie hängt vom Zustand des Körpers ab und wird durch den Druck, das Volumen, die Temperatur, usw... des Körpers charakterisiert: U = U ( p,V , T ,...) Die Thermodynamik beschreibt thermische Vorgänge, in denen ein Körper aufgrund seiner Wechselwirkung mit seiner Umgebung von einem thermischen Gleichgewichtszustand (Anfangszustand) in einen anderen (Endzustand) gelangt. Während des Vorganges kann sich die innere Energie U des Körpers ändern: U A = U ( pA ,VA , TA ,...) → U E = U ( pE ,VE , TE ,...) Wir bemerken, dass die Änderung der inneren Energie nur vom Anfangs- und Endzustand abhängt, und nicht von den Zwischenzuständen ∆U ≡ U E − U A Im Kap. 8.5 haben wir gesagt, dass sich wegen der Energieerhaltung die innere Energie U des Systems ändern muss, wenn wir einem Körper Energie zuführen. Die Wärme Q ist eine Form der Energie, die allein aufgrund eines Temperaturunterschiedes zwischen zwei Körpern ausgetauscht wird. 406 Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia Haupts tze der Thermodynamik Wenn wir einem Körper Wärme zuführen, wird sich seine innere Energie ändern. In gleicher Weise kann man dem Körper Energie durch mechanische Arbeit W zuführen. Experimente: Blei hämmern und die fallende Kugel: Wegen mechanischen Stössen wird sich die Temperatur eines Körpers erhöhen. Die mechanische Arbeit und die Wärmeenergie stellen nur verschiedene Formen der Energie dar (Äquivalenz zwischen mechanischer Arbeit und Wärme, Joule (1850)). Der erste Hauptsatz1 der Thermodynamik drückt die Äquivalenz und die Energieerhaltung aus. Er sagt: Die innere Energie U eines Körpers kann sowohl durch Zufuhr von Wärme als auch durch Leistung von mechanischer Arbeit verändert werden. Wird der Körper einer infinitesimal kleinen Zustandsänderung unterzogen, gilt dU = dQ + dW wobei dU die infinitesimale Änderung der inneren Energie U, dQ die zugeführte Wärme und dW die vom Körper geleistete Arbeit ist.2 1. Wurde in der Vorlesung als zweiter Haupsatz bezeichnet. 2. dU ist ein totales Differential der Zustandsfunktion U. W und Q sind keine Zustandsfunktionen. dW und dQ sind im mathematischen Sinn keine totalen Differentiale, sie stellen nur sehr kleine Grössen dar. Man bezeichnet sie häufig als δQ und δW. Physik 407 Thermodynamik 9.2 Mechanische Arbeit eines expandierenden Gases Wir beginnen mit einer idealisierten Anordnung, in der sich ein Gas bei einem Druck p in einem Behälter befindet. Der Behälter wird mit einem reibungsfrei beweglichen Kolben der Fläche A verschlossen. Siehe Abb. 1. Das Gas bewirkt eine nach aussen gerichtete Kraft F auf den Kolben, wobei F = pA Wegen dieser Kraft wird sich der Kolben in der Abb. 1 nach rechts bewegen. Das Gas expandiert. Die mechanische Arbeit, die benötigt wird, um den Kolben zu bewegen, wird vom Gas geleistet. dV = Adx pA dx Die vom Gas geleistete Arbeit während der Expansion dV. Der Druck des Gases ist als p bezeichnet. Figur 1. 408 Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia Die W rmekapazit ten CV und Cp Wenn der Kolben eine Verschiebung dx nach rechts ausführt, ist die vom Gas geleistete Arbeit gleich dW = − Fdx = −( pA) dx Beachte das negative Vorzeichen! Wir definieren die vom Gas geleistete Arbeit so, dass seine innere Energie U abnimmt, wenn das Gas expandiert. Bei einer Kompression des Gases ist dx negativ und dW positiv, d.h. seine innere Energie U erhöht sich. Nach dieser Expansion hat sich das Volumen des Gases vergrössert dV = Adx und wir finden dW = − pdV Diese Beziehung gilt für eine beliebige Expansion eines Gases. Wenn das Volumen eines Gases von V bis V+dV expandiert, ist die vom Gas geleistete Arbeit gleich pdV, unabhängig von der Form des Behälters. 9.3 Die Wärmekapazitäten CV und Cp Wir haben die Wärmekapazität C als C≡ dQ ⇔ dT CdT ≡ dQ definiert (Siehe Kap. 8.5.2). Physik 409 Thermodynamik Wird einem Gas bei konstantem Volumen eine Wärme dQV zugeführt, so tritt keine mechanische Volumenarbeit –pdV auf, d.h. dW = − pdV = 0 bei konstantem Volumen und die ganze Wärme dQV wird benutzt, um die Temperatur des Gases zu erhöhen. Es folgt, dass die Wärme dQV gleich der Änderung der inneren Energie U ist. dU = dQ + dW ⇒ dU = dQV Man schreibt dQV = dU = CV dT bei konstantem Volumen wobei dU die Änderung der inneren Energie U ist. Wenn wir dem Gas bei konstantem Druck Wärme zuführen, dehnt sich das Gas aus, und deshalb wird das Gas eine Arbeit –pdV leisten. Eine Konsequenz ist, dass nur ein Teil der zugeführten Energie zur Erhöhung der inneren Energie benutzt werden kann. Um dieselbe Temperaturerhöhung wie bei konstantem Volumen zu bewirken, muss bei konstantem Druck mehr Energie zugeführt werden, d.h. C p > CV Die Wärmekapazität bei konstantem Druck wird definiert als dQp = C p dT bei konstantem Druck 410 Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia Die W rmekapazit ten CV und Cp Wegen der Energieerhaltung muss die Erhöhung der inneren Energie dU gleich der Summe der zugeführten Wärmeenergie dQp und der vom Gas geleisteten mechanischen Arbeit dW sein dQp + dW = dU ⇒ ⇒ dQp − pdV = dU dQp = dU + pdV Es folgt, C p dT = CV dT + pdV Im Fall des idealen Gases erhalten wir pV = nRT ⇒ ( p + dp)(V + dV ) = nR(T + dT ) ⇒ pV + Vdp + pdV + dpdV = nR(T + dT ) ⇒ Vdp + pdV ≈ nRdT wobei wir dpdV als vernachlässigbar relativ zu Vdp und pdV betrachtet haben. Wenn dp=0, finden wir pdV ≈ nRdT und es folgt C p = CV + nR für ein ideales Gas Die gemessenen CV und Cp für einige Gase sind in Tabelle 1 aufgelistet. Wie vorausgesagt, ist deren Differenz ungefähr gleich der Gaskonstante R. Physik 411 Thermodynamik TABLE 1. Spefizische (pro Mol) Wärmekapazitäten (in J/mol/K) bei 25°C. Gas Cp (J/mol/K) Cv (J/mol/K) Cp-Cv (J/mol/K) He 20,79 12,52 8,27 Ne 20,79 12,68 8,11 Ar 20,79 12,45 8,34 N2 29,12 20,80 8,32 H2 28,82 20,44 8,38 O2 29,37 20,98 8,39 CO2 36,62 28,17 8,45 H2O 36,12 27,36 8,76 9.4 Thermische Prozesse des idealen Gases Wir betrachten nun die thermischen Prozesse von idealen Gasen. 9.4.1 Isobare Zustandsänderung Wir haben in Kap. 9.2 gesehen, dass ein expandierendes Gas die Arbeit W leistet dW = − pdV ⇒ W = − ∫ pdV Ve Va wobei Va und Ve die Anfangs- und Endvolumen des Gases sind. 412 Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia Thermische Prozesse des idealen Gases Bei isobaren Zustandsänderungen wird der Druck p konstant gehalten W = − p ∫ dV = − p(Ve − Va ) Ve Va bei konstantem Druck Beispiel: Wir betrachten den Vorgang des Siedens von Wasser. Bei einer Temperatur T=100°C und einem Druck p=1 atm wird Wasser von der flüssigen Phase in die gasförmige Phase übergehen. Bei p=1 atm werden aus 1 g Wasser (VF=1cm3) nach dem Verdampfen VD=1671 cm3 Dampf. Die spezifische (pro Masse, latente) Verdampfungswärme LV von Wasser bei diesem Druck ist 2260 J/g. Wärmeenergie für das Verdampfen von 1 g Wasser (Siehe Kap. 8.6) Q = LV M = 2260 J Die beim Ausdehnen von VF auf VD bei konstantem Druck geleistete Arbeit W = − p(Ve − Va ) = −(101, 3 × 10 3 Pa)(1671 − 1cm 3 ) = −170 J Diese Arbeit wird vom Wasser geleistet und ist deshalb negativ zu rechnen. Änderung der inneren Energie U: ∆U = Q + W = 2260 − 170 = 2090 J Physik 413 Thermodynamik Nur ein kleiner Teil der zugeführten Energie (nämlich 170J) wird in (äussere) mechanische Arbeit umgewandelt. Der grösste Teil (nämlich 2090 J) wird zur Erhöhung der inneren Energie benutzt. Diese Energie ist zur Trennung der Wassermoleküle voneinander nötig. 9.4.2 Isotherme Ausdehnung und Umwandlung von Wärme in mechanische Arbeit Wir haben in Kap. 9.1 ein Beispiel gesehen, in dem die Temperatur T eines Körpers durch eine Zufuhr von mechanischer Energie W erhöht wurde. Nun betrachten wir ein Beispiel, in dem eine Wärme Q mit einem Wirkungsgrad von 100% in mechanische Energie W umgewandelt wird. Wir betrachten die isotherme Expansion eines idealen Gases von einem Gasvolumen V1 zum V2. Die Temperatur T des Gases wird in einer isothermen Expansion konstant gehalten. Wenn T=Konst., ist für das ideale Gas pV=Konst., und der Druck p and das Volumen V ändern sich gleichzeitig während des gesamten Expansionsvorgangs. Die Geschwindigkeit der Expansion wird mit Hilfe der Kraft F kontrolliert, die auf den Kolben wirkt. Siehe Abb. 2. Wenn das Gas expandiert, leistet es eine mechanische Arbeit W auf den Kolben. Für eine kleine Expansion dV ist die vom idealen Gas geleistete Arbeit gleich dW = − pdV = − 414 Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia nRT dV V Thermische Prozesse des idealen Gases Diese Arbeit ist gleich der von der Bewegung des Kolbens geleisteten Arbeit. Würden wir dem Gas keine Wärme zuführen, käme die Energie von der inneren Energie des Gases. Die Abnahme der inneren Energie würde als Temperaturabnahme des Gases beobachtet. Temperatur T (Wärmereservoir) Q F V1 Temperatur T (Wärmereservoir) Q V2 F Isotherme Expansion eines Gases. Um die Temperatur des Gases während der Expansion konstant zu halten, muss Wärme zugeführt werden. Figur 2. Um die Temperatur des Gases während der Expansion konstant zu halten, müssen wir gleichzeitig Wärme zuführen. Da die innere Energie des idealen Gases nur von der Temperatur abhängt, folgt T = Konst. ⇒ U ≡ U (T ) = Konst. ⇒ dU = 0 Physik 415 Thermodynamik und mit der Energieerhaltung dU = dQ + dW = 0 ⇒ dQ = − dW Weil die Temperatur des Gases konstant ist, wird die gesamte zugeführte Wärme in mechanische Arbeit umgewandelt! Für die ganze isotherme Expansion ist die gesamte zugeführte Wärme Q gleich Q = ∫ dQ = − ∫ dW = −W = ∫ pdV = nRT ∫ V2 V2 V1 V1 V dV =nRT ln 2 V V1 Eine solche Expansion kann man mit Hilfe eines sogenannten pVDiagramms graphisch dargestellt werden. Siehe Abb. 3. Druck p1 T pV=Konst. p2 isotherm V1 V2 Volumen pV-Diagramm der isothermen Expansion. Der Betrag der geleisteten Arbeit ist gleich der getönten Fläche. Figur 3. 416 Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia Thermische Prozesse des idealen Gases Im pV-Diagramm entspricht jeder Punkt (x=V,y=p) der Ebene einem bestimmten Zustand des Gases. Im Fall des idealen Gases entspricht eine Kurve pV=Konst einer bestimmten Temperatur oder inneren Energie. Weil die geleistete Arbeit gleich W = − ∫ pdV Ve Va ist, ist in einem pV-Diagramm der Betrag der geleisteten Arbeit gleich der Fläche unter der Kurve. 9.4.3 Adiabatische Ausdehnung Während der adiabatischen Ausdehnung des Gases wird keine Wärme ausgetauscht Q≡0 adiabatisch Wir betrachten die Expansion eines idealen Gases, das sich in einem thermisch isolierten Behälter befindet. Weil das Gas keine Wärme aufnehmen oder abgeben kann, ist die geleistete Arbeit gleich der Abnahme der inneren Energie U: dU = dQ + dW ⇒ dU = dW ⇒ ∆U = ∫ dW = W Es folgt, dass die Temperatur des Gases während der adiabatischen Expansion abnimmt. Bei der adiabatischen Expansion wird die Wärmeenergie, die im Gas gespeichert ist, in mechanische Arbeit umgewandelt. Physik 417 Thermodynamik Wir nehmen an, dass die Anfangs- und Endtemperaturen gleich T1 und T2 sind. Siehe Abb. 4. Druck p1 T1 p2 adiabatisch V2 Volumen V1 Figur 4. T2 pV-Diagramm der adiabatischen Expansion des Gases. Bei der adiabatischen Expansion nimmt der Druck p stärker ab als bei der isothermen Expansion mit gleicher Volumenzunahme, weil die Temperatur T abnimmt und pV=nRT gilt. Nun bestimmen wir die pV-Kurve der adiabatischen Expansion. Es gilt dU = dQ + dW = 0 − pdV 418 Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia und dU = CV dT Thermische Prozesse des idealen Gases Mit der Zustandsgleichung des idealen Gases erhalten wir CV dT + pdV = CV dT + nRT dV = 0 V oder CV dV dT + nR =0 V T Im Kap. 9.3 haben wir gesehen, dass C p = CV + nR für ein ideales Gas und daher CV ( ) dV dT + C p − CV =0 V T Wir definieren den Koeffizient γ als das Verhältnis γ≡ Cp CV und damit ( ) C p − CV dV dT dT dV + = + (γ − 1) =0 T CV V T V Durch Integration erhalten wir ln T + (γ − 1) ln V = Konst. ⇒ Physik TV γ −1 = Konst. 419 Thermodynamik Mit pV=nRT finden wir noch pV γ −1 V = Konst. ⇒ nR pV γ = Konst. Die Koeffizienten γ für die Gase, die in Tabelle 4 in Kap. 8.7 aufgelistet sind, sind die folgenden: Helium He, Argon Ar γ=1,66; Stickstoff N2, Sauerstoff O2 γ=1,40; Kohlendioxid CO2 γ=1,28; Methan CH4 γ=1,29. Die adiabatische und isotherme Expansionen sind in Abb. 5 gezeigt. Die vom Gas geleistete Arbeit ist gleich der Fläche unter der Kurve im pV-Diagramm. In beiden Fällen sinkt der Druck p. Die während der adiabatischen Expansion geleistete Arbeit ist kleiner als die der isothermen Expansion (für gleiche Volumenänderungen). Das ist zu erwarten, weil bei der adiabatischen Expansion die mechanische Arbeit auf Kosten der inneren Energie geleistet wird, und bei der isothermen Expansion die zugeführte Wärme in mechanische Arbeit umgewandelt wird. 420 Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia Thermische Prozesse des idealen Gases Druck p1 p1V1 γ pV = Konstant (for γ = 1.667) pV = Konstant is o th e a di rm aba tisch p2 p3 Volumen V2 V1 Figur 5. Vergleich der isothermen und adiabatischen Expansion des idealen Gases. Experiment: Adiabatische Expansion von Gasen Gase werden in einem Volumen eingeschlossen und das Volumen wird periodisch durch die Bewegung eines Kolbens verändert. Die Temperatur T im Gas wird (mit einem Kupfer-Draht) gemessen. Wir betrachten verschiedene Gase: Ar, Luft und SF6 (SchwefelHexafluorid). Die Kompression und die Expansion des Gases erfolgt adiabatisch. Aus CV Physik dV dT + nR =0 V T 421 Thermodynamik folgt dT nR dV dV =− = −(γ − 1) T CV V V Die Amplitude der periodischen Temperaturbewegung ist zu γ–1 des Gases proportional. Im Kap. 8.7 haben wir mit Hilfe des Gleichverteilungssatzes gefunden CV = dU 1 = nf R 2 dT wobei f die Anzahl der Freiheitsgrade ist. Der γ-Koeffizient hängt von der Anzahl der Freiheitsgrade ab (γ − 1) = nR = CV nR 2 = 1 f nf R 2 Wir messen die folgenden Werte und vergleichen sie mit der Theorie. Siehe Tabelle 2. TABLE 2. Gemessene und vorausgesagte Werte der Grösse γ–1. Theorie CV Theorie CP=CV+R gemessen (γ−1)/(γ−1)Ar Ar 1 3/2R 5/2R 1,67 1 Luft 2/3≈0,66 5/2R 7/2R 1,40 0,6 SF6 1/5≈0,2 21/2R 23/2R 1,1 0,2 Wir diskutieren diese Werte. 422 Theorie (γ−1)/(γ−1)Ar Gas Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia Theorie γ W rmemaschine 1. 2. Luft: der gemessene Wert ist kompatibel mit f=5. Das Molekül schwingt nicht. Bei Zimmertemperatur sind die Freiheitsgrade der Schwingung praktisch eingefroren, wie beim H2-Molekül. Siehe Kap. 8.8.1 Abb. 10. Schwfel-Hexafluorid (SF6): Ein Molekül mit 7 Atomen besitzt im Prinzip (in der klassischen Beschreibung) f=3×7=21 Freiheitsgrade. 21 cV ≈ R 2 23 c p = cV + R ≈ R 2 ⇒ γ − 1 ≈ 0, 2 In Wirklichkeit haben wir gesehen, dass Schwingungsbewegungen zwei Freiheitsgrade besitzen (Siehe Kap. 8.8.1) und deshalb sollen wir sagen 21 cV > R 2 23 c p > R 2 ⇒ γ − 1 <≈ 0,1 Wir schliessen daraus, dass die Schwingungen des SchwefelHexafluorid-Moleküls bei Zimmertemperatur teilweise eingefroren sind. 9.5 Wärmemaschine Mit der Methode der isothermen Expansion (Siehe Kap. 9.4.2) des Gases wird Wärme in mechanische Arbeit umgewandelt. Q isotherm V = −W isotherm = nRT ln 2 V1 wobei V1 das Anfangs- und V2 das Endvolumen des Gases ist. Physik 423 Thermodynamik Eine Maschine, die Wärme in mechanische Arbeit umwandelt, heisst eine Wärmemaschine. In einer periodischen Wärmemaschine wird ein Zyklus durchgeführt und die Maschine operiert periodisch. Am Ende des Zykluses befindet sich die Maschine wieder im Ursprungszustand. Jede Maschine entählt eine Subtanz (das Arbeitsgas). In einer Wärmemaschine nimmt diese Substanz bei der höheren Temperatur TW die Wärme QW auf, verrichtet eine Arbeit W und gibt bei der tieferen Temperatur TK die Wärme QK ab. Eine Wärmepumpe ist eine Wärmemaschine mit umgekehrter Arbeitsrichtung: die Substanz nimmt bei der tieferen Temperatur TK eine Wärme QK auf, und gibt unter Ausnutzung der Arbeit W die Wärme QW an das wärmere Reservoir der Temperatur TW ab. Siehe Abb. 6. Wärmemaschine Wärmepumpe Wärmereservoir TW Wärmereservoir TW QW QK W Wärmereservoir TK Figur 6. 424 QW QK W Wärmereservoir TK Prinzip der Wärmemaschine und Wärmepumpe. Es gilt TW > TK. Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia W rmemaschine Beispiel: die Wärmemaschine von Stirling Stirling3 hat um 1816 eine periodische Maschine erfunden und gebaut. Das Arbeitsgas der Maschine ist Luft. Die Maschine operiert zwischen zwei Temperaturen. Zwei Kolben (der Verdrängerkolben V und der Arbeitskolben A) wird vom Schwungrad S bewegt. Siehe Abb. 7. Der Kolben V ist um eine Phasendifferenz von 90° gegenüber dem Kolben A verschoben. Dadurch wird die Luft periodisch zwischen dem “heissen” (TW) und dem “kalten” (TK) Teil der Maschine verschoben. Schwungrad Kalt Kalt Kolben A Kolben V Heiss Figur 7. Heiss Heiss Heiss Illustration des Zykluses der Wärmemaschine von Stirling. 3. R. Stirling (1790-1878). Er hat seine Maschine erfunden, wenn er 26 Jahre alt war. Physik 425 Thermodynamik In der Praxis können das kalte Wärmereservoir Kühlwasser und das heisse Wärmereservoir die Flamme eines Bunsenbrenners sein. Wir messen die Temperatur im unteren Teil des Gasbehälters. Sie beträgt ca. 400°C. Das Kühlwasser hat eine Temperatur von ca. 20°C. Bewegen wir das Schwungrad S im Gegenuhrzeigersinn, dann läuft die Maschine nicht. Bewegen wir das Schwungrad S im Uhrzeigersinn, dann beginnt die Maschine frei zu laufen. Die Laufgeschwindigkeit wird schliesslich durch Reibungsverluste begrenzt. Natürlich kann die Stirling-Maschine auch “umgekehrt” laufen. Wir ersetzen die Flamme durch flüssigen Stickstoff mit einer Temperatur von ca. –190°C. Siehe Abb. 8. Kalt Heiss Figur 8. 426 Heiss Kalt Kalt Die Stirling-Maschine kann auch umgekehrt laufen. Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia Die Entropie Wir halten nun die Maschine an und bewegen das Schwungrad mittels einem Griff. Wir leisten Arbeit von aussen und die Maschine wird als Wärmepumpe betrieben: sie entnimmt Wärme aus dem kälteren Reservoir, um sie an das wärmere abzugeben. 9.6 Die Entropie Im letzten Kapitel haben wir die thermische Energie von Atomen und Molekülen behandelt. Die thermische Energie der einzelnen Atome oder Moleküle ist nicht sehr gross (einer Temperatur von T=0°C entspricht z.B. eine Energie kT=3,77×10–21J pro Freiheitsgrad). Siehe Kap. 8.4.1. Jedoch ist die thermische Energie einer relativ grossen Menge von Stoff nicht vernachlässigbar. Wir stellen uns z.B. vor, dass wir die ganze thermische Energie aus 1 Mol Helium-Gas herausziehen könnten. ganze thermische Energie 3 3 von 1 Mol He - Gas bei ≈ N A kT = RT 2 2 Zimmertemperatur 3 × (8 J / mol / K ) × 1mol × ( 300K ) 2 ≈ 3600 J ≈ Ein Mol Helium enthält genug Energie, um ein Kilogramm auf eine Höhe von ≈360 m zu heben. Physik 427 Thermodynamik Gleichfalls können wir z.B. die gespeicherte Energie in Wasser bestimmen. Bei Zimmertemperatur ist die Wärmekapazität von Wasser ungefähr 75 J/mol/K (Siehe Kap. 8.5.3). Ein Mol Wasser enthält 18 g. Ein Kilogramm oder ein Liter Wasser entspricht ungefähr 55 Mol. Ein Schwimmbad der Länge 25m, der Breite 10m und der Tiefe 2m hat ein Volumen von 500 m3 oder 500’000 Liter. Die Wärmekapazität des Schwimmbads ist deshalb gleich (5 × 10 l) × (55mol / l) × (75J / mol / K ) = 2 × 10 J / K 5 9 oder 1 Giga-Joule pro Kelvin! Kann man diese grosse Menge thermischer Energie dem Schwimmbad entziehen? Wenn es so viel thermische Energie in unserer Umgebung gibt, warum brauchen wir Kohle- oder Kernkraftwerke? Warum können nicht Schiffe die thermische Energie von Seen nutzen, um sich zu bewegen? Die Antworten können mit Hilfe des Konzeptes der Entropie gefunden werden. 9.6.1 Der Carnotsche Kreisprozess Im Jahr 1824 hat Carnot4 Ideen zum Konzept der Entropie entwikkelt. Carnot wollte den Wirkungsgrad von Wärmemaschinen verbessern. 4. S. Carnot (1796-1832). 428 Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia Die Entropie Carnot hat gefunden, dass es eine (theoretische) Wärmemaschine gibt, deren Wirkungsgrad nur von der Temperatur der Wärmereservoirs abhängt und dass dieser Wirkungsgrad für gegebene Temperaturen der maximal mögliche ist. Um diesen Satz zu beweisen, hat Carnot eine idealisierte Wärmemaschine erfunden: die Carnotsche Wärmemaschine. Diese Maschine ist eine idealisierte Anordnung, bei der die isotherme und die adiabatische Expansion und Kompression eines idealen Gases benutzt werden. Der Zyklus der Maschine (der Carnotsche Kreisprozess) wird mit Hilfe eines reibungsfrei beweglichen Kolbens durchgeführt. Das pV-Diagramm des Prozesses ist in Abb. 9 gezeigt. Druck p1 p1V1T1 i s ot h Figur 9. Physik is o Ko therm nsio mp n ress e io n V4 V2 a V1 xp .E p3 ab p4V4T3 p2V2T1 a di p4 ion ns io n xpa ress e E omp er m adiab. K p2 p3V3T3 V3 Volumen Das pV-Diagramm des Carnotschen Kreisprozesses. 429 Thermodynamik Der Kreisprozess läuft so: 1. Schritt 1: Das Gas befindet sich zu Anfang in einem Gleichgewichtszustand, der durch p1,V1,T1 charakterisiert ist. Das Gas expandiert isotherm (und langsam) in den Zustand p2,V2,T1. Um seine Temperatur konstant zu halten, muss das Gas eine Wärme QW aus einem warmen Reservoir aufnehmen (QW>0). 2. Schritt 2: Das Gas wird abiabatisch weiter expandiert, bis es den Zustand p3,V3,T3 erreicht hat. Da keine Wärme ausgetauscht wird, fällt die Temperatur auf T3. 3. Schritt 3: Das Gas wird auf das kältere Wärmereservoir (T3<T1) mit der Temperatur T3 gestellt und auf das Volumen V4 komprimiert. Dabei gibt es die Wärme QK an das Reservoir ab (QK<0). 4. Schritt 4: Das Gas wird adiabatisch auf sein Anfangsvolumen V1 komprimiert. Die Temperatur steigt auf T1. In einem Zyklus kehrt die Maschine zum Anfangszustand p1,V1,T1 zurück. Es folgt, dass die innere Energie U zu Beginn und am Ende des Zykluses denselben Wert hat. Aus der Energieerhaltung folgt ∆U = U E − U A = 0 = Q + W = QK + QW + W Weil die geleistete Arbeit gleich W = − ∫ pdV ist, ist der Betrag der Nettoarbeit während des Kreisprozesses gleich der Fläche innerhalb der Kurvenzüge. Wir bemerken, dass die Arbeit mit einem negativen Vorzeichen definiert wurde (siehe Kap. 9.2), deshalb besitzt die Nettoarbeit einen 430 Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia Die Entropie negativen Wert (W<0). Ein negativer Wert entspricht einer vom Gas an seiner Umgebung geleisteten Arbeit, d.h. die Wärmemaschine leistet Arbeit an ihrer Umgebung. Aus der Energieerhaltung folgt, dass der Betrag der geleisteten Arbeit gleich dem Betrag der aufgenommenen Wärme QW minus der Betrag der abgegebenen Wärme QK ist −W = QK + QW ⇒ W = QW − QK wobei wir die folgenden Ergebnisse benutzt haben: 1) QW>0 (die Wärme wird vom warmen Reservoir abgeben und wird vom Gas aufgenommen). 2) QK<0 (die Wärme wird vom Gas an das kalte Reservoir abgegeben). Wir bemerken, dass die Maschine von Carnot, wie alle anderen Maschinen, die wir kennen, immer Wärme von einem warmen Reservoir aufnimmt, mechanische Arbeit leistet, und Wärme an die kältere Umgebung abgibt. Der Wirkungsgrad einer Wärmemaschine ist definiert als Verhältnis der geleisteten Arbeit und der zugeführten Wärme ε= Q − QK Q W = W = 1− K QW QW QW Er gibt an, wieviel Wärme QW vom warmen Reservoir aufgenommen werden muss, um die mechanische Arbeit W zu leisten. Wie erwartet ist der Wirkungsgrad einer Wärmemaschine, die die ganze Wärme QW in mechanische Arbeit W umwandelt, d.h. W=QW und QK=0, gleich 100%. Physik 431 Thermodynamik In einer ähnlichen Weise ist die Leistungzahl einer Wärmepumpe definiert als Verhältnis der vom kalten Reservoir entnommenen (und an das warme Reservoir abgegebenen) Wärme und der mechanischen Arbeit, die dem Gas zugeführt werden muss. cL = QK W Der Vorteil des Kreisprozesses von Carnot mit einem idealen Gas ist, dass wir die Wärme QH und QK bestimmen können. Während der isothermen Expansion (Schritt 1) ist die aufgenommene Wärme gleich der geleisteten Arbeit (siehe Kap. 9.4.2) QW = nRT1 ln(V2 / V1 ) Während der isothermen Kompression (Schritt 4) ist die abgegebene Wärme gleich QK = nRT3 ln(V4 / V3 ) (Bemerke, dass V3 > V4, so dass QK < 0) Das Verhältnis der Gleichungen gibt QW T1 ln(V2 / V1 ) = QK T3 ln(V4 / V3 ) Nun müssen wir das Verhältnis der Volumina während der adiabatischen Expansion und Kompression bestimmen. Wir bemerken, dass für den adiabatischen Prozess gilt p2V2γ = p3V3γ 432 und Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia p4V4γ = p1V1γ Die Entropie Schliesslich benutzen wir die Zustandsgleichung des idealen Gases pV=nRT p1 = RT1 / V1; p2 = RT1 / V2 ; p3 = RT3 / V3 ; p4 = RT3 / V4 und erhalten RT1 γ RT3 γ V V = V3 3 V2 2 γ −1 ⇒ TV = T3V3γ −1 1 2 und γ −1 = T3V4γ −1 TV 1 1 Wenn wir beide Gleichungen durcheinander dividieren, folgt V2 V1 γ −1 V = 3 V4 γ −1 ⇒ V2 V3 = V1 V4 Mit diesem Ergebnis ist das Verhältnis einfach gleich QW T1 ln(V2 / V1 ) T1 = = QK T3 ln(V4 / V3 ) T3 Der Wirkungsgrad der Wärmemaschine von Carnot ist dann gleich εCarnot = Q W T = 1− K = 1− 3 QW QW T1 Der Wirkungsgrad der idealisierten Wärmemaschine von Carnot hängt nur von den Temperaturen der Wärmereservoirs ab! Da T3<T1 folgt, dass der Wirkungsgrad immer kleiner als 100% ist. Physik 433 Thermodynamik 9.6.2 Wärmemaschine mit maximalem Wirkungsgrad Carnot entwickelte das Konzept einer reversiblen Wärmemaschine. Er wollte die folgende Frage beantworten: wie gross ist der maximale Wirkungsgrad einer Wärmemaschine? Er stellte das folgende Theorem auf Der Wirkungsgrad aller zwischen zwei Temperaturen reversibel arbeitenden Wärmemaschinen ist gleich gross, und alle irreversiblen Wärmemaschinen haben einen kleineren Wirkungsgrad. nicht-reversibler Reversible und nicht reversible Prozesse. Ein Prozess ist ein Prozess, der nicht in umgekehrter Richtung ablaufen kann, wie z.B. 1. 2. 3. 434 Das Schmelzen von Eis in Wasser. Ein Stück Eis wird in einer Tasse mit Wasser eingetauscht. Das Eis schmilzt. Die Temperatur des Wassers in der Tasse steigt. Der Prozess ist irreversibel. Es gibt nur eine Richtung für den Vorgang. Man beobachtet nie, dass das Wasser sich spontan abkühlt, um sich in Eis umzuwandeln. Der Prozess ist vom Energieerhaltungsstandpunkt in beide Richtungen erlaubt, wird aber nur in eine Richtung beobachtet. Wärmeleitung. Werden zwei gleiche Körper verschiedener Temperatur miteinander in Berührung gebracht, nehmen sie beide nach einer gewissen Zeit die gleiche Zwischentemperatur an. Der Prozess ist irreversibel. Man beobachtet nie, dass einer der Körper sich spontan abkühlt und der andere sich erwärmt, obwohl der Prozess vom Energieerhaltungsstandpunkt erlaubt ist. Freie Expansion eines Gases. Ein kleiner Behälter, der ein Gas (oder ein Parfum) enthält, wird geöffnet. Das Gas (das Parfum) expandiert im ganzen Zimmer. Der Prozess ist irreversibel. Man beobachtet nie, dass sich das Gas (das Parfum) nach einer gewissen Zeit spontan wieder im Behälter befindet. Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia Die Entropie Im Allgemeinen sind Prozesse, bei denen mechanische Energie aufgrund von Reibung (oder anderen dissipativen Effekten wie z.B. viskose Kräfte, usw.) in Wärme umgewandelt wird, nicht reversibel. Reversible Prozesse müssen quasistatisch ablaufen, d.h., das System muss sich immer im Gleichgewichtszustand befinden. Prozesse wie Explosionen sind nicht reversibel. Wärmemaschine. Die idealisierte Maschine von Carnot läuft reversibel. Reale Maschinen laufen irreversibel. Aus dem Theorem von Carnot folgt, dass eine reale Wärmemaschine nie einen höheren Wirkungsgrad als die Maschine von Carnot erreichen kann: ε reell ( irreversibel ) < εCarnot = 1 − T3 T1 Wäre der Wirkungsgrad einer Maschine gleich 100%, würde Wärme vom warmen Reservoir komplett in Arbeit umgewandelt. Das Theorem von Carnot sagt, dass eine solche Maschine nicht existieren kann. Der Wirkungsgrad einer (idealen, reversiblen) Wärmemaschine von Carnot erreicht 100% nur wenn T3 nach Null oder T1 nach unendlich geht ε irreversibel < εCarnot → 1 T1 → ∞ ⇔ T3 → 0 und deshalb kann ein Wirkungsgrad von 100% nicht erreicht werden. Thomson und Planck haben das so formuliert: es ist unmöglich, eine periodisch arbeitende Maschine zu bauen, die nichts anderes bewirkt, als durch Abkühlung eines Wärmereservoirs Wärme in mechanische Arbeit umzuwandeln. Physik 435 Thermodynamik Ein zweites kälteres Wärmereservoir wird immer gebraucht und der Wirkungsgrad einer Wärmemaschine hängt von den Temperaturen beider Wärmereservoirs ab. 9.6.3 Die Definition der Entropie Wir haben gesehen, dass bestimmte thermodynamische Prozesse irreversibel sind, d.h. sie laufen nur in einer Richtung ab. Mathematisch wird eine neue Zustandsfunktion, die Entropie S, eingeführt. Wie die innere Energie U ist die Entropie S eine Zustandsfunktion, die vom Zustand des Körpers abhängt. Sie wird durch den Druck, das Volumen, die Temperatur, usw... des Körpers charakterisiert: S = S ( p,V , T ,...) Wir unterscheiden die Entropie des Systems S und die seiner Umgebung SU S ≡ Entropie des Systems SU ≡ Entropie der Umgebung Wie im Fall der inneren Energie U interessiert uns die Änderung der Entropie ∆S = Änderung der Entropie des Systems ∆SU = Änderung der Entropie der Umgebung Eine infinitesimale Änderung der Entropie wird definiert als dS = 436 dQ T Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia Die Entropie wobei T die Temperatur und dQ die ausgetauschte Wärme ist. Einheit: ¨Entropie [S] = J/K Um die Änderung der Entropie bei einer Zustandsänderung von einem Zustand A zum Zustand E zu bestimmen, muss man die infinitesimalen Änderungen integrieren. Wie schon erwähnt ist die Entropie S, wie die innere Energie U, eine Zustandsfunktion. Ihre Änderung hängt nur von Anfangs- und Endzustand ab ∆S = SE − SA Da die infinitesimale Änderung der Entropie dS von der Temperatur T abhängt, muss sich in jedem Punkt der Integration das System im Gleichgewichtszustand befinden, da sonst keine Temperatur des Körpers definiert werden kann. Zusätzlich hängt die ausgetauschte Wärme dQ vom Weg vom Zustand A zum Zustand E ab! Aus diesem Grunde müssen wir einen bestimmten Weg von A bis E wählen, um dS=dQ/T zu integrieren. Wir betrachten den Kreisprozess von Carnot. Wir haben gesehen, dass für eine solche Maschine gilt (siehe Kap. 9.6.1) QW T1 = QK T3 2 4 1 1 QW QK ⇒ − = 0 ⇒ ∫ dQ + ∫ dQ = 0 T1 T3 T1 1 T3 3 Beachte, QK wird so definiert, dass QK <0. Physik 437 Thermodynamik Wir erhalten, 2 4 1 1 dQ + ∫ dQ = 0 ⇒ ∫ T1 1 T3 3 2 4 dQ dQ ∫ T +∫ T =0 ⇒ 1 3 dQ =0 T reversibel ∫ d.h. die Änderung der Entropie über einen geschlossenen reversiblen Weg ist gleich Null. Aus diesem Grund wird die gesamte Änderung der Entropie durch Integration über einen reversiblen Weg gewonnen ∆S = SE − SA = ∫12dS 3 E A =∫ E A dQ T über reversibeln Weg Über nicht-reversible Wege kann sich die Entropie ändern, auch wenn keine Wärme ausgetaucht wird, d.h. dQ=0! Die Entropieänderung hängt aber nur vom Anfangs- und Endzustand ab. Um diese Änderung zu berechnen, müssen wir zuerst einen reversiblen Prozess finden, der denselben Anfangs- und Endzustand verbindet, dann über diesen Weg die ausgetauschte Wärme bestimmen, um die obige Gleichung zu verwenden. 9.6.4 Eigenschaften der Entropie Die Entropie S ist eine Zustandsfunktion, die vom Zustand des Körpers abhängt. Die fundamentalen Eigenschaften der Entropie sind die folgenden: 1. 438 Die Entropie des Systems oder der Umgebung kann während eines thermodynamischen Prozesses zu- oder abnehmen. Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia Die Entropie 2. Die gesamte Entropie (System und Umgebung) kann nie abnehmen ∆( S + SU ) ≥ 0 Bei reversiblen Prozessen bleibt die gesamte Entropie (d.h. System und Umgebung) konstant. Bei nicht-reversiblen Prozessen nimmt sie zu! Wir betrachten z.B. die Entropie eines idealen Gases. Wir wissen, dass für ein ideales Gas gilt (Siehe Kap. 9.4.3) dQ = CV dT + nRT dV V Es folgt E E V T dV dQ dT ∆S = ∫ = ∫ CV + nR = CV ln E + nR ln E VA TA V T T A A Bei (reversibler) isothermer Expansion ist die Entropieänderung des idealen Gases gleich (TE=TA) ∆S = nR ln VE VA Für eine isotherme Expansion sind die vom Gas geleistete Arbeit und die zugeführte Wärme Q einander gleich (Siehe Kap. 9.4.2) V Q = −W = nRT ln E VA Die zugeführte Wärme kommt von einem Wärmereservoir (d.h. von der Umgebung des Gases) und wird benutzt, um die Temperatur des Gases während der Expansion konstant zu halten. Physik 439 Thermodynamik Weil vom Umgebungszustand die Wärme Q entzogen wird, erhalten wir ∆S = Q / T ∆SU = −Q / T ⇒ ∆S + ∆SU = 0 Wie erwartet ist bei reversiblen Prozessen die gesamte Entropie des Gases und seiner Umgebung konstant. Entwertung der Energie. Wenn wir als System und seine Umgebund das ganze Universum betrachten, dann sagen die Eigenschaften der Entropie, dass bei irreversiblen Prozessen die Entropie des Universums zunimmt. In solchen Prozessen wird eine Wärmemenge dQ = ∆( S + SU )T “entwertet”, weil diese Wärme einer Form von Energie entspricht, die nie mehr in mechanische Arbeit umgewandelt werden kann. Man kann sagen, dass die Entropie eine Richtung für die Zeit definiert. Das Universum entwickelt sich in diese Richtung. Nicht-reversible Prozesse geschehen und sie ändern das Universum in einer Weise, die nicht “ungeschehen gemacht” werden kann. 440 Physik I&II, WS 00/01-SS01, Prof. A. Rubbia