Wildgemüseanbau Eine neue Alternative? Nischenkulturen SBB Bozen, 18.03.2014 Cav. Heinrich Abraham Diplomkräuterfachmann Leifers Wildgemüse, essbare Wildpflanzen Als Wildgemüse werden essbare Wildpflanzen bezeichnet. Wildgemüse besitzen oft ein intensives Aroma und sind meistens reich an wertvollen Inhaltsstoffen. Besonders interessant kann es sein Wildgemüse anzubauen, da diese Pflanzen unter Kulturbedingungen sich oft viel üppiger entwickeln und noch reicher an Inhaltsstoffen sind. Auch aus Ethnobotanischer Sicht sind Wildgemüse sehr interessant. Viele Arten wurden früher bereits kultiviert und sind dann wieder in Vergessenheit geraten. Meerkohl (Crambe maritima) Der wild wachsende Meerkohl ist ein echtes Gourmetgemüse. Im Mittelalter wurden die zarten, mit Broccoli vergleichbaren Blattstiele gedünstet und gegessen. Es können laufend Blätter gepflückt werden oder man bleicht die jungen Triebe im Frühjahr durch abdecken. Die Pflanze kommt im Mittelmeerraum wild vor, sie lässt sich leicht kultivieren. Verwendung Gegessen werden die angetriebenen und gebleichten Blattstiele wenn sie ca. 20 cm lang sind, ebenso die knospigen Blütentriebe. Die gebleichten Triebe werden geerntet, bevor sich die Blätter entfalten. Die Sprossen müssen nicht unbedingt geschält werden. Sie werden genau wie Spargel mit einer Rahmsauce zubereitet. Junge Blätter können wie Kohl zubereitet und verwendet werden. Meerkohl Generative Kulturbeschreibung Ende Februar Anfang März werden die Samen im Gewächshaus ausgesät und in Anzuchtplatten pikiert Die Jungpflanzen werden ab Mitte bis Ende Mai auf 60x60 cm Abstand ausgepflanzt. Da Meerkohl eine ausdauernde Staude ist die bis zu 10 Jahre genutzt werden kann, sollte man sich einen Platz aussuchen, der andere Kulturen nicht behindert und geschützt liegt. Vegetative Kulturbeschreibung Meerkohl kann aber auch über WurzelSchnittlinge im Gewächshaus. vermehrt werden. Diese können vom bereits vorhandenen Pflanzen entnommen werden und dann aufrecht in Verehrungskisten mit Vermehrungserde gefüllt oder in Sand gesteckt. Anbau Die ersten 2 Jahre kann nicht geerntet werden, sondern die Pflanze muss sich erst vollständig entwickeln. Im Winter werden die Stauden mit einer Schicht Fichtenreisig, Stroh oder mit Vlies abgedeckt. Im Frühjahr des dritten Standjahres kann mit dem bleichen der Sprossen begonnen werden, sobald der Boden auftaut. Anbau Dazu werden die Pflanzen Anfang März mit Torf abgedeckt und schwarze Eimer oder Folien darüber gedeckt. Nach 3-4 Wochen sind die getriebenen und gebleichten Blattstiele ca. 20 cm lang und können nun geschnitten werden. Bis zu 3 mal pro Saison kann man von einer Pflanze schneiden. Danach sollte man die Pflanze sich erholen lassen. Kapuzinerbart (Plantago coronopus) In Italien ist diese Wildpflanze eine wichtige Zutat für die toskanischen Salate. Das niedrige Kraut ist zudem mit seinen gefiederten Blättern hübsch anzuschauen. Manchmal wird auch Salsola soda als "Kapuzinerbart- Barba del Frate- bezeichnet. Anbau Einjährige Pflanze. Liebt viel Sonne. Die üppig wachsenden Pflanzen brauchen einen Abstand von ca. 30 cm. Aussaat: im Gewächshaus, keimt bei ca 20 °C. Die Kräftige Jungpflanzen werden Ende April gepflanzt. Staunässe vermeiden. Guter Heinrich (Chenopodium bonus-henricus) "Guter Heinrich" ist eine heimische Wildpflanze die schon seit Jahrhunderten angebaut wird. Schon ab Februar können Blätter geerntet werden. Diese schmecken als Salat oder wie Spinat zubereitet und haben ein würziges, herb-kräftiges Aroma. Die Pflanze wuchs früher in jedem Hausgarten. Im Balkan sollen traditionell auch die nussartig schmeckenden Rhizomen verwendet werden. Die Blüten lassen sich ähnlich wie Brokkoli dünsten. Guter Heinrich Anbau In der Kultur ist der Gute Heinrich anspruchslos. Er bevorzugt stickstoffreiche , humose, feuchte Böden und gedeiht im kühlerem Klima besonders gut. Die Pflanzen werden 40 – 50 cm hoch. Die Aussaat erfolgt im Herbst oder auch im Frühjahr, wobei die Herbstaussaat oftmals kräftiger wird (Frostkeiner!). Die Pflänzchen werden pikiert, sobald sie vier bis fünf Blätter gebildet haben. Der Pflanzabstand sollte 40 x 60 cm betragen. Mehrjährige Pflanzen kann teilen und an einem neuen Standort wieder einpflanzen. Guter Heinrich Anbau in Tarcento Friaul Guter Heinrich im Anbau Ernte Vom Guten Heinrich werden die Blätter erst im zweiten Standjahr geerntet, um die Pflanzen nicht zu sehr zu schwächen. Die Erntezeit beginnt im Frühjahr und reicht bis zum Frosteintritt. Man erntet nur die jungen, frischen Blätter, denn ältere Blätter enthalten zunehmend mehr Oxalsäure und sollten deshalb nicht verzehrt werden. Die Blätter müssen unmittelbar nach der Ernte verarbeitet werden, da sie sehr schnell welken. Fertiger „Guter Heinrich-Spinat“ kann gut eingefroren werden. Brunnenkresse (Nasturtium officinale) Die Brunnenkresse wird und Wasserkresse genannt. Sie gehört Pflanzenart zur Familie der Kreuzblütler und wächst in fließenden Gewässern. Die Brunnenkresse ist vermutlich in Südosteuropa und West-Asien beheimatet. Bereits Alexander der Große und auch die Römern, später auch Napoleon, stärkten ihre Truppen mit der Salat- und Gewürzpflanze der Brunnenkresse. Brunnenkresse Den Höhepunkt der Verbreitung hatte sie im 14. Jahrhundert in Frankreich, wo sie in großen Kulturen angebaut wurde. Das frische Kraut, der Brunnenkresse enthält Senfölglycoside (Glucosinolate), ätherische Öle, Bitterstoffe und viel Vitamin C. Brunnenkresse Anbau Brunnenkresse kann man in jedem wasserdichten Gefäß, beispielsweise in einem mit Folie ausgekleideten Beet oder auch im Hausgarten, anbauen. Geeigneter wäre die Uferzone eines flachen Teiches. Auf jeden Fall braucht die Brunnenkresse sauerstoffreiches Wasser. Ist keine automatische Frischwasser-Zufuhr gegeben, muss alle zwei Tage das Wasser gewechselt werden. Anbau Ausgesät wird ab Mai in magerem, sandigem Boden. Dazu den Samen der Brunnenkresse breit würfig ausbringen, mit einem Brett andrücken und mit feinem Sand oder Kies bedecken. Für gleichbleibende Feuchtigkeit muss man auf jeden Fall sorgen, der Wasserspiegel soll bis knapp unter die ausgebrachten Samen reichen. Anbau Die Keimdauer beträgt bei Temperaturen um die 20°C, ein bis drei Wochen. Bis Ende Juli, Anfang August bilden sich kräftige Jungpflanzen, die im Abstand von 15 mal 15 Zentimetern in sandige Erde (pH-Wert 5,7 bis 7,2) gepflanzt werden. Der ideale Wasserstand sollte dann etwa zehn Zentimeter (knapp unter den Triebspitzen) betragen. Standort Der Standort im Halbschatten sein, volle Sonne verträgt die Brunnenkresse nicht. Die Ernte erfolgt ab September und den ganzen Winter (Brunnenkresse bleibt im Winter grün) über. Geerntet werden aber immer nur etwa 5 - 7 cm lange Triebspitzen. Man kann blühende Brunnenkresse allerdings ausblühen lassen und die Samen für die nächste Aussaat nutzen oder einfach die Pflanzen kräftig zurückschneiden. Das fördert das Wachstum und die Verzweigung der Brunnenkresse. Bärlauch (Alium ursinum) Bärlauch, der auch „Wilder Knoblauch“ genannt wird, ist eine Wildgemüse- und Würzpflanze und verwandt mit Knoblauch, Zwiebel und Schnittlauch. Der Geschmack und Geruch von Bärlauch erinnern also stark an Knoblauch. Zudem ist er auch noch gesund. Man sagt ihm eine antibakterielle und Blutdruck senkende Wirkung zu. Außerdem ist der Vitamin C Gehalt sehr hoch. Bärlauch Anbau Bärlauch kann durch Aussaat angebaut werden oder es werden die Zwiebeln gepflanzt. Die Zwiebeln sind leichter zu kultivieren. Sie treiben fast ganzjährig aus. Das Saatgut muss stratifiziert werden damit es keimt. Der Bärlauch ist ein Frostkeimer. Hat man Bärlauch einmal erfolgreich angepflanzt, vermehrt er sich von selbst. Solange man die Zwiebel in der Erde belässt und nur das Kraut erntet, vermehrt sich die Pflanze. Standort In der Natur wächst Bärlauch nur in nährstoffreichen und schattigen Lagen, oft in bewaldeten Gebieten und Auen. Dort tritt er massenhaft auf und bildet dichte Horste. Bärlauch bevorzugt halbschattigen Standort, am besten unter Laubbäumen oder Laub abwerfenden Sträuchern. Da sich Bärlauch im Sommer in den Boden zurückzieht, sollte man darauf achten, als Nachbarn Pflanzen auszuwählen, welche die Lücken überdecken, z.B. Farne, Astilben oder andere Schatten liebende Pflanzen. Boden -Substrat Bärlauch verträgt keine Staunässe. Feuchte Böden sind auf jeden Fall besser als trockene. Ideal sind Waldböden, darauf wächst Bärlauch sehr gut und bleibt vor allem auch gesund, und dies über viele Jahre hinweg. Ideal ist ein etwas feuchtes, kalkhaltiges, schweres und humoses Substrat (pH-Wert 6-6,5). Sandböden sind nicht geeignet. Auf keinen Fall saurer Boden Bärlauch mag jede Menge vermodernde Blätter auf den Pflanzen und drum herum. Aussaat Für die Aussaat gilt die Voraussetzung: frisches Saatgut! Aber auch dann gelingt es nicht immer, Bärlauch anzuziehen. Bei selbstgeerntetem Saatgut dauert es manchmal bis zu zwei Jahren, bis die Samen aufgehen. Die Aussaat erfolgt direkt im Freiland oder es werden Jungpflanzen herangezogen. Die Samen werden 1 cm mit Erde abgedeckt. Bester Zeitpunkt – Sommer oder Herbst Die Fläche muss unbedingt unkrautfrei sein. Im Frühjahr zeigen sich die ersten Pflanzen. Zwiebeln stecken Der Anbau kann auch durch Zwiebel erfolgen, diese werden ebenfalls in Gruppen gepflanzt oder in Reihen. Werden die Zwiebel sie früh genug in die Erde gesteckt, kann man im kommenden Frühjahr bereits schon die ersten Blättchen ernten. Die Zwiebeln werden mit einem Pflanzholz ganz einfach 8-10 cm tief in die Erde gesteckt. Zwiebeln stecken Die Spitze muss nach oben zeigen und mit 8 cm Erde bedeckt sein. Das Stecken der Zwiebeln ist ganzjährig möglich, außer natürlich bei Frost und bei gefrorenem Erdreich. Bärlauchzwiebel Ernte Nach drei bis vier Jahren hat sich der Bärlauch Anbau gut entwickelt , sodass er eine reiche Ernte verspricht. Zwar könnte man bereits in den Jahren zuvor vereinzelt ernten, aber der Ertrag ist gering und spärlich. Die Blätter werden im März – April geerntet, später vergilben sie und sind auch nicht mehr so schmackhaft. Geerntet wird, indem man mit einem scharfen Messer die Blätter von der Pflanze abtrennt. Alpen-Milchlattich (Cicerbita alpina) Der zur Familie der Korbblütler gehörende Alpen-Milchlattich ist eine krautige Pflanze, die mit ihrem unverzweigten Stängel 60 bis 140 cm hoch heranwächst. Sie wächst an halbschattigen, schattigen und feuchten Stellen im Wald über 1.600m Meereshöhe (im Bereich der Grünerle) Besonders schön sind die etwas an einer Wegwarte erinnernden hellblauen Blüten, die sich dem Betrachter in einer Rispe am Ende des Stängels präsentieren. Alpenmilchlattich Alpenmilchlattich „Der Alpen-Milchlattich“ ist eine sehr kostbare Wildgemüsepflanze, die in den alpinen Regionen Italiens zu Delikatessen zubereitet wird. Die Triebsprossen werden im Frühjahr gleich nach der Schneeschmelze gesammelt und in einem Essig-Ölgemisch eingelegt oder zu Risottogerichten verwendet. Ein Glas mit 100 g eingelegter Radicchio dell’orso (so heißt die Pflanze bei den Italienern) kostet zirka 35 Euro. Die Pflanze ist durch intensives Sammeln bedroht, so haben z.B. einige Regionen in Oberitalien Sammelbeschränkungen erlassen. Anbau In der Nachbarprovinz Trient und im Friaul laufen seit einigen Jahren Kulturversuche mit Cicerbita alpina. Der Anbauversuch ist soweit gut gelungen, dass dieser bereits von einigen Bergbauern übernommen wurde. Eine nicht einfache Kultur, denn bereits die Anzucht der Jungpflanzen (geringe Keimfähigkeit, Empfindlichkeit der Pflänzchen, Pilzerkrankung) bereitet Schwierigkeiten. Eine Jungpflanzenanzucht im Gewächshaus ist unbedingt erforderlich. Alpemilchlattich Anbau im Friaul Anbau Die Jungpflanzen werden Ende Mai an geeigneten Standorten ausgebracht über 1.200m (im Halbschatten und an einem feuchten Standort). Pflanzenabstand 40 x 80 cm Falls die Anbaufläche sich an einem sonnigen Standort befindet muss dieser mit Schattiernetzen überdacht werden. Alpenmilchlattich - Sprosse Ernte Die Ernte kann im 3. Anbaujahr erfolgen, erfolgt die ernte früher so werden die Pflanzen geschwächt. Nach 5, Jahren muss der Anbau erneuert werden, die Pflanzen bilden nur mehr vereinzelt Sprosse. Erträge: 30 -40 kg/Ar Sprossen Alpenmilchlattich Löwenzahn (Taraxcum officinale) Löwenzahn wird in vielen Ländern schon seit Generationen in dunklen Räumen angetrieben, um die gebleichten Blätter für Feinschmecker und Freunde des gesunden Geschmackes auf dem Gemüsemarkt anzubieten. Neuerdings gewinnt der Löwenzahnsalat im Rahmen des "Wildkräuter-Trends" wieder an Bedeutung. Gebleichter Löwenzahn Anbau und Treiberei Um gebleichte Löwenzahnblätter auf dem Markt anbieten zu können, werden zunächst Löwenzahn-Pfahlwurzeln, ähnlich wie beim Chicoree, angebaut. Im Frühjahr erfolgt dazu eine Direktsaat ins Freiland. Die Direktsaat erfolgt je nach Wetterlage und Bodenzustand auf gut vorbereiteten Feldern. Der Reihenabstand kann z.B. 25 cm betragen. In den Reihen bei Bedarf auf 15 cm vereinzelt. Für ein Ar benötigt man etwa 30 g Saatgut. Löwenzahnanbau Treiberei Die ausgereiften Pfahlwurzeln rodet man im Herbst und lagert sie in einem Kühllager. Zum Antreiben der Wurzeln werden sie in einem dunklen Raum in Treibkisten gestellt. In diesen Treibkisten stehen die Wurzeln einige Zentimeter tief in umlaufendem Wasser. Bei Temperaturen von ca. 18-22°C treiben die Rüben in den dunklen Treibraum aus und bilden innerhalb von etwa 2-3 Wochen die typischen gelben Löwenzahnblätter. Treiberei Durch den Lichtmangel wird in den Löwenzahn-Blättern kein Chlorophyll gebildet und die Blätter bleiben gelblich/weiß. Sorten Die Saatzuchtfirma Enza bietet für den Freilandanbau die Sorten: „Kultivierter vollherziger“ und „Nouvelle“ an. „Nouvelle“ eignet sich auch für die Treiberei. Löwenzahntreiberei Andere Wildgemüse Arten die angebaut werden Waldgeißbart Leimkraut Brennnessel Hopfen (weiße Triebe) Römischer Sauerampfer Rapunzel Klatschmohn (Blattrosette) Portulak Wilde Möhre Danke für Ihre Aufmerksamkeit