Teicoplanin - Ambulante parenterale Antibiotikatherapie

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JATROS
Infektiologie 1 I 2008
Teicoplanin
Ambulante parenterale
Antibiotikatherapie
Die hohe Proteinbindung und lange Halbwertszeit von Teicoplanin ermöglichen in bestimmten Indikationen
eine parenterale antimikrobielle Behandlung mit Therapieintervallen von 48 Stunden. Über Indikationen,
Voraussetzungen und Möglichkeiten der ambulanten parenteralen Antibiotikatherapie, kurz APAT genannt,
informiert Univ.-Prof. Dr. Florian Thalhammer in einem Interview mit der Jatros Infektiologie.
Teicoplanin gehört zur Gruppe der
Glykopeptide. Bei welchen Erregern
bzw. Krankheitsbildern kommen diese Substanzen zum Einsatz?
F. Thalhammer: Das Einsatzgebiet von
Teicoplanin sind Infektionen mit Methicillin-resistenten Staphylokokken sowie
Enterokokken. Es besteht keine Aktivität
gegen Gram-negative Erreger wie beispielsweise den Enterobakterien. Somit
sind die klassischen Indikationen Endokarditiden, Osteomyelitiden, Protheseninfektionen und Spondylodiszitiden.
Was sind die speziellen Eigenschaften
von Teicoplanin?
F. Thalhammer: Teicoplanin, Handelsname Targocid®, zeichnet sich durch eine hohe Proteinbindung sowie eine sehr
lange Halbwertszeit von 70 bis 100
Stunden aus. Diese lange Halbwertszeit
erlaubt nach einer Aufsättigung über
drei Tage eine intermittierende Teicoplaninverabreichung dreimal pro Woche.
Welche Möglichkeiten ergeben sich dadurch?
F. Thalhammer: Teicoplanin
ist damit für eine ambulante
parenterale Antibiotikatherapie, kurz APAT genannt,
prädestiniert und hat hier
zweifelsohne auch seinen
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Stellenwert, selbst bei MeAllgemeinzustand, bei dethicillin-sensiblen Staphynen zwar eine Indikation
lokokkeninfektionen.
zur parenteralen BehandAPAT bedeutet, dass die
lung besteht, die Art der
Patienten eine intravenöse
Infektion aber keine oder
(oder intramuskuläre) Annur zu Therapiebeginn eitibiotikatherapie erhalten,
ne stationäre Aufnahme
ohne dass hierfür eine staerfordert. Der Patient, der
tionäre Krankenhausaufim Rahmen eines APATnahme erfolgt. In Amerika
Regimes behandelt wird,
wurde diese Form der anti- F. Thalhammer, Wien
muss klinisch stabil und
mikrobiellen Therapie erstmental dafür geeignet sein.
mals 1974 beschrieben. Heute ist sie ein Er muss ein stabiles soziales Umfeld hafixer Bestandteil im amerikanischen Ge- ben und es muss gewährleistet sein, dass
sundheitssystem. Auch in Österreich die Ambulanztermine konsequent einzeigt die Erfahrung, dass die ambulante gehalten werden. Selbstverständlich
parenterale Antibiotikatherapie von den muss der Patient selbst mit der ambuPatienten gut akzeptiert und von mün- lanten Therapie einverstanden sein.
digen Patienten sogar zunehmend gefor- Prinzipiell zu beachten ist, dass die
dert wird.
APAT nicht dazu gedacht ist, eine perorale Therapieoption durch eine intraWas sind die Voraussetzungen für eivenöse Antibiotikatherapie zu ersetzen
ne ambulante Therapie?
(Tab.).
F. Thalhammer: Die APAT ist eine
Therapieoption für Patienten mit gutem
Bedingungen für eine APAT
In welchen Abständen und in welcher Dosierung wird Teicoplanin bei
ambulanter Gabe verabreicht?
• Einverständnis des Patienten
• Compliance gegeben
• Stabiles soziales Umfeld
• Follow-up gesichert
Tab.: Bedingungen, die für die Durchführung einer APAT erfüllt sein müssen
F. Thalhammer: Zu Beginn
eines Teicoplanin-APAT-Regimes muss der Patient über
drei Tage mit täglich 12mg/
kg Körpergewicht im Sinne
einer Loadingdose aufgespiegelt werden. Anschließend
universimed.com
| interview
erfolgt die Umstellung auf ein Therapieschema mit 15mg/kg Körpergewicht
dreimal pro Woche, üblicherweise montags, mittwochs und freitags. Im weiteren Verlauf wird die Dosierung individuell an die gemessenen Talspiegel angepasst.
F. Thalhammer: Für ein APAT-Regime
sprechen mehrere Gründe – erstens die
höhere Lebensqualität für den Patienten,
zweitens der Wegfall der Nebenwirkung
„Krankenhaus“ und drittens ist ambulant billiger als stationär – zumindest
theoretisch.
Wie ist die Verträglichkeit
von Teicoplanin?
F. Thalhammer: Teicoplanin ist
primär eine gut verträgliche
Substanz und ist im Vergleich
zu Vancomycin wesentlich besser nierenverträglich sowie weniger ototoxisch.
mialer Infektionen, der Selektionsdruck
für Keime wird vermindert und die Resistenzentwicklung verlangsamt. Als
Einsparungspotenziale sind nicht nur
die verminderten Krankenhauskosten zu
nennen, die mit der Infektion selbst assoziiert sind, sondern auch das Wegfallen von „Ritualkosten“ wie beispielsweise EKG, Thorax-Röntgen, Lues-Serologie und ähnlichen Untersuchungen, die bei
jeder stationären Aufnahme
routinemäßig anfallen.
Wie ist die Dosierung von
Teicoplanin auf Intensivstationen im Vergleich zur APAT?
Welches Therapiemonitoring
ist erforderlich? Ist dieses je
nach Erkrankung unterschiedlich, etwa bei Patienten mit
Osteomyelitis oder Endokarditis? Wonach richtet sich die
Therapiedauer?
Gram-positive Erreger
F. Thalhammer: Bei allen Patienten muss der Talspiegel wöchentlich einmal bestimmt werden, dieser soll im Zielbereich von 25–30 mg/l
liegen. Der Spiegel hängt nicht von der
Art der Infektion ab, unterliegt jedoch
individuellen Schwankungen. Die Therapiedauer beträgt sowohl bei Osteomyelitis wie auch bei der Endokarditis oder
Spondylodiszitis durchschnittlich sechs
Wochen. Je nach Klinik, Laborparametern oder auch Befunden der Bildgebung
kann die Behandlungsdauer individuell
abweichen.
Wo liegen die großen Vorteile der
APAT?
Was die Lebensqualität betrifft, so
ermöglicht die APAT den Patienten
den Verbleib im vertrauten Umfeld,
was vor allem bei älteren Menschen
zu einer Reduktion psychosozialer
„Begleitnebenwirkungen“ führt.
Erwerbstätigen Patienten bleiben
zudem längere Fehlzeiten erspart.
Die Berufsausübung ist trotz Krankheit weiterhin ganz oder teilweise
möglich.
F. Thalhammer: Bezüglich des
Dosierungsregimes besteht zwischen ambulant und stationär
kein Unterschied, jedoch wird
bei Intensivpatienten mit Nierenersatztherapie die Dosierung
engmaschiger zu kontrollieren
sein, da Teicoplanin durch Hämodialyse bzw. Hämofiltration
effektiv eliminiert wird. Umgekehrt ist zu bedenken, dass niedrige Serumproteinkonzentrationen, wie sie bei
kritisch kranken Patienten nicht selten
sind, zu höheren Medikamentenspiegeln führen können.
Wir danken für das Gespräch!
L
F. Thalhammer: Seitens des Krankenhauses reduziert das Wegfallen einer stationären Aufnahme das Risiko nosoko-
Das Interview führte
Dr. Anita Kreilhuber
Fazit – APAT mit Teicoplanin
• Die ambulante parenterale Antibiotikatherapie ermöglicht es, Kosten zu sparen,
Fehlzeiten am Arbeitsplatz zu reduzieren und das Risiko für nosokomiale Infektionen zu vermindern.
• Die Substanz Teicoplanin ist aufgrund der langen Halbwertszeit und der guten
Verträglichkeit für den ambulanten Einsatz ausgezeichnet geeignet.
• Die Infusion erfolgt dreimal pro Woche (Mo, Mi, Fr).
• Die klassischen Therapieindikationen sind Endokarditiden, Osteomyelitiden,
Protheseninfektionen und Spondylodiszitiden.
• Die APAT wird von Patientenseite gut akzeptiert und von mündigen Patienten
sogar zunehmend gefordert.
Unser Interviewpartner:
Univ.-Prof. Dr. Florian Thalhammer
Leiter der interdisziplinären
Osteomyelitis- und Wundambulanz,
Leiter der Borreliose- sowie der
Pyelonephritis-Ambulanz,
Medizinische Universitätsklinik I
Klinische Abteilung für Infektionen und
Tropenmedizin,
AKH Wien
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