Product: GVXX PubDate: 011 Zone: 1 Edition: 1 Page: X101 User: KAYSER Time: 10-29-2010 11:30 Color: Y C K M Special zur Veröffentlichung des bundesweit ersten Qualitätsstandard für Essen auf Rädern Product: GVXX PubDate: 011 Zone: 1 Edition: 1 Page: X102 User: KAYSER Time: 10-29-2010 11:30 Color: Y K C M SPECIAL Vorwort Ilse Aigner Foto: BMELV/BILDSCHÖN Liebe Leserinnen und Leser, Nahrung ist die Energiequelle für unseren Körper. Gerade für Seniorinnen und Senioren ist ein gesundes und nahrhaftes Essen wichtig. Ein Mittagessen von „Essen auf Rädern“ kann diese Versorgung auch im Alter sicherstellen. Es leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung der Gesundheit und zur Vorbeugung von Mangelernährung. Darüber hinaus können viele ältere Menschen mit Hilfe des täglichen Mittagsdienstes auch weiterhin in ihrer vertrauten Umgebung leben. Die Artikel in diesem Special zeigen wertvolle Beiträge zur täglichen Verpflegung von Seniorinnen und Senioren. Angebote wie „Auf Rädern zum Essen“ oder „offene Mittagstische“ in Senioreneinrichtungen fördern zudem die sozialen Kontakte. Die Zahl der Menschen, die kompetente Hilfe im Alter in Anspruch nehmen möchten, wird in Zukunft stetig weiter wachsen. Deshalb brauchen wir weitere Lösungen, um den Bedürfnissen dieser Zielgruppe zu entsprechen. Bei dieser Herausforderung möchte Sie mein Ministerium unterstützen. Daher hat die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. im Projekt „Fit im Alter – Gesund essen, besser leben“ gemeinsam mit Partnern aus Wissenschaft, Praxis und Politik den neuen „Qualitätsstandard für Essen auf Rädern“ entwickelt. Er ist somit ein konkretes Ergebnis des Nationalen Aktionsprogramms „IN FORM – Deutschlands Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung“. Ansprechende Speisen, ein gutes Beratungs- und Serviceangebot sowie die Verteilung, bei Bedarf auch mit zusätzlicher Hilfestellung, bilden dabei das Gerüst eines gelungenen „Essens auf Rädern“. Der vorliegende Standard bietet Orientierung für Hersteller, Servicekräfte und Verteiler und gibt praxisnahe Hilfen für alle Beteiligten. Die Erstellung eines genussvollen und vollwertigen Mahlzeitenangebots ist eine Gemeinschaftsaufgabe. Qualität kann nur „Hand in Hand“ geschehen. Mit dem Qualitätsstandard wollen wir gemeinsam die Ernährungssituation zu Hause lebender Seniorinnen und Senioren verbessern. Deshalb wünsche ich Ihnen allen bei der praktischen Umsetzung des neuen Qualitätsstandards viel Erfolg! Ihre Inhalt 2 Vorwort Bundesministerin Ilse Aigner 3 Management „Essen auf Rädern“: Gut versorgt statt abgespeist – Worauf es in der Praxis ankommt 6 Interview Dr. Cornelie Pfau, Stv. Leiterin des Institutes für Ernährungsverhalten am Max-Rubner-Institut, Karlsruhe: „Den Kunden ernst nehmen“ 8 Nachgefragt Was verbinden Sie mit „Essen auf Rädern“? Sieben Prominente antworten 10 Best Practice I Volkssolidarität Glauchau: Genuss auf Rädern 12 Best Practice II Altenheim Haus am Buchenhain, Mönchengladbach: Frische nach Wunsch 14 Qualitätsstandard Neue VerpflegungsMaßstäbe: Fakten & Basiswissen 16 Service Kompetenz aus erster Hand: Serviceseite des Projektes „Fit im Alter“ Impressum Der bundesweit erste „Qualitätsstandard für Essen auf Rädern“. Ein Special der Fachzeitschrift gv-praxis in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE), Bonn. Redaktion: Claudia Zilz, Ricarda Holtorf, Karolina Lechtanska, Katharina Goerg Grafik: Elke Baumstark, Johannes Kayser Verantwortlich: Burkart Schmid, Chefredakteur gv-praxis. Deutscher Fachverlag 251, 60326 Frankfurt am Main Kontakt: Fon +49.69.7595-1515, Fax -1507, www.cafe-future.net Ilse Aigner, Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz 2 Special 2010 Product: GVXX PubDate: 011 Zone: 1 Edition: 1 Page: X103 User: KAYSER Time: 10-29-2010 11:30 Color: M Y K C Management „Essen auf Rädern“ ermöglicht den Kunden ein selbstbestimmtes Leben in der gewohnten Umgebung. Gut versorgt statt abgespeist D er Markt für „Essen auf Rädern“ schlummert im Verborgenen und gerät nur selten ins Rampenlicht der Öffentlichkeit. Und wenn, fällt die Berichterstattung in der Regel ernüchternd aus. Dabei erfüllt der „rollende Menüservice“ eine wichtige soziale Funktion. Schließlich ziehen es immer mehr Menschen vor, so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden zu bleiben. Ohne „Essen auf Rädern“ wäre dies kaum möglich, wenn eigene Fitness und Mobilität nachlassen. Doch Speisenqualität und Service könnten besser sein, sind sich die Experten einig. Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) hat deshalb gemeinsam mit der DGE erstmals einen bundesweit einheitlichen „Qualitätsstandard für Essen auf Rädern“ auf den Weg gebracht. Die Gründe dafür sind vielfältig. Ein Blick zurück. Die Idee für den rollenden Menübringdienst entstand bereits in den 1940er Jahren in Großbritannien, um alte und pflegebedürftige Menschen zu unterstützen. In Deutschland fiel der Startschuss im Juli 1961. Damals bekamen die ersten 30 Berliner Rentner nach britischem Vorbild für 20 Pfennig von Kartoffelsuppe Der Service „Essen auf Rädern“ genießt in der Öffentlichkeit ein schlechtes Image, nicht ohne Grund, wie Tests beweisen. Die Bundesregierung geht jetzt in die Offensive und definiert erstmals einen einheitlichen „Qualitätsstandard für Essen auf Rädern“. bis Königsberger Klopsen alles per „Henkelmann“ ins Haus geliefert. Als erstes Unternehmen in Deutschland führte Apetito 1971 das als „Essen auf Rädern“ bekannt gewordene System ein. Eine reichhaltige Speisenkarte präsentierte Tiefkühlgerichte in Beutelform, die der Kunde nur noch zubereiten musste. Die Beutel wurden jeweils für zwei Tage in Styroporbehältern mit Trockeneis geliefert. Seitdem hat sich das Haustürgeschäft zu einem dreistelligen Millionenmarkt entwickelt, mit viel Potenzial nach oben. Denn für die kommenden beiden Jahrzehnte prognostiziert das Statistische Bundesamt einen rasanten Anstieg der Anzahl älterer Menschen. Waren 1960 rund 12 Prozent der Bevölkerung über 65 Jahre alt, so sind es heute gut 20 Prozent. Und im Jahr 2060, so die Berechungen der Demografen, wird schon gut jeder dritte Bundesbürger älter als 65 Jahre sein. Parallel wächst der Anteil der SingleFotos: Thomas Fedra, Claudia Zilz, © DGE Haushalte. „Essen auf Rädern“ avanciert vor diesem Hintergrund zum Wachstumsmarkt par excellence. „Obwohl die Bedeutung von ‚Essen auf Rädern’ immer weiter zunimmt, hat es deutschlandweit nie eine wissenschaftliche Untersuchung zum Thema gegeben“, sagt Ernährungsexpertin Prof. Ulrike Arens-Azevêdo von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg. Entsprechend spärlich stellt sich die aktuelle Datenlage dar. Bundesweit beliefern heute „Obwohl die Bedeutung von ‚Essen auf Rädern’ steigt, gibt es deutschlandweit keine Studie dazu.“ Prof. Ulrike Arens-Azevêdo rund 2.500 Menübringdienste von der Metzgerei bis zum Großanbieter schätzungsweise 320.000 Menschen. Das Durchschnittsalter der Kunden liegt bei 82 Jahren, davon sind etwa zwei Drittel weiblich. Standen vor Jahren oft nur Gerichte wie Pichelsteiner 2010 Special 3 Product: GVXX PubDate: 011 Zone: 1 Edition: 1 Page: X104 User: KAYSER Time: 10-29-2010 11:30 Color: K C M Y Management SPECIAL Gemüseeintopf und Hühnerfrikassee auf dem Speisenplan, können die Bezieher heute bei den meisten Anbietern aus einer Vielzahl von Menüvorschlägen wählen. Doch was bei den Seniorinnen und Senioren ins Haus kommt, lässt trotz aller Professionalisierung zum Teil immer noch zu wünschen übrig. „Die Panade dicker als das eigentliche Fischfilet“, „der Reis so hart wie Vogelfutter“ und „ein in Sauce ertränktes paniertes Schnitzel“, bei dem der Kundschaft der Appetit vergeht. Die O-Töne stammen allesamt aus einer Kundenbefragung der damaligen Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel (BfEL) in Karlsruhe, heute Max Rubner-Institut (MRI). Im Herbst 2004 führte die Forschungsanstalt im Rahmen des EU-Projektes „Ernährung im Alter“ eine Nutzerund Anbieterbefragung zum Thema Top 10 Kundenwünsche Rg. Kriterium sehr wichtig in Prozent 1 Geschmack 79,4 2 Gesunde, ausgewogene Speisen 73,2 3 Appetitliches Aussehen 64,5 4 Wochenspeisenplan 62,1 5 Tägl. Auswahlgerichte 61,5 6 Verschiedene Kostformen 58,8 7 Pünktliche Lieferung 58,5 8 Wahl Warm/Kalt/TK 57,5 9 Preis 56,9 Abstimmung Lieferzeiten 51,0 10 n = 369, Quelle: Verbraucherzentrale NRW, 2009 © gv-praxis-grafik „Essen auf Rädern“ durch. Insgesamt 28 Kunden und zehn Anbieter sowie sechs Experten aus Industrie, Wohlfahrtsverbänden und Politik wurden intensiv zum Angebot interviewt. Im Fokus: Produktqualität, Auslieferung sowie die Rahmenbedingungen von „Essen auf Rädern“. Die Ergebnisse indes fallen ernüchternd aus. Obwohl die Mehrheit der 4 gv-praxis | 11/2010 Statt Aluschalen wünschen sich viele Kunden Porzellangeschirr zum Essen. Kunden sich sehr dankbar über den Service äußert, hält sich die Zufriedenheit über das Essen in Grenzen. Die Seniorinnen und Senioren kritisierten vor allem die, so wörtlich, „schrecklichen“ Saucen, die „künstlich, merkwürdig oder zu scharf“ schmecken und das Fleisch ertränken. Wunsch und Wirklichkeit klaffen hier besonders weit auseinander. Die Kundschaft bemängelt zudem entschieden, wenn der Anbieter nie oder zu selten Salat zu den Mahlzeiten liefert. Befragte, die einen Beilagensalat erhalten, schätzen diesen sehr. Vor allem Frauen legen laut der Karlsruher Untersuchung großen Wert auf eine gesundheitsbewusste Ernährung. Gemüse findet sich dementsprechend viel zu selten im Angebot – und wenn, sind die Portionen zu klein oder die Offerten mit Erbsen und Möhren im Winter viel zu eintönig. Die Befragten beklagen sich zudem über verkochtes Gemüse sowie die Zubereitung in schweren, gebundenen Saucen, die zwar satt machen, aber nicht schmecken. Fleisch stehe viel zu oft auf dem Speisenplan und werde in zu großen Portionen angeboten. Fisch wünschen sich hingegen viele häufiger auf der Speisekarte. Kritikpunkt Service. Neben der Speisenqualität bemängeln viele der befragten Kunden auch den Service der rollenden Menübringdienste. Lauwarmes Essen aufgrund zu langer Warmhaltezeiten, unpünktliche Auslieferungen und schwer zu öffnende, fo- lienverschweißte Verpackungen machen den Seniorinnen und Senioren das Leben schwer. Und statt aus Aluschalen würde ein Großteil viel lieber vom Teller essen, da es den Vorstellungen einer richtigen Mahlzeit mehr entspricht. Fazit der Studie: Sowohl Speisenqualität – allen voran der Geschmack – als auch die Rahmenbedingungen bei der Auslieferung entsprechen nicht den Bedürfnissen der Zielgruppe. Bestätigt werden diese Ergebnisse durch eine Befragung der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen zu den Erwartungen und Wünschen an ambulante Essensanbieter. Angestoßen im Jahr 2008 beteiligten sich insDie Wünsche der Kunden müssen ernst genommen werden. gesamt 369 Kunden an der NRW-weiten Erhebung und formulierten klare Ansprüche an den rollenden Menüdienst: Das Essen soll schmecken, gesundheitsfördernd und ausgewogen sein und natürlich appetitlich aussehen. Dabei nimmt die Verwendung von frischen Zutaten und frischem Gemüse einen relativ hohen Stellenwert ein. Auch die Möglichkeit, vegetarische oder kalorienreduzierte Gerichte wählen zu können, steht für viele ganz oben auf der Liste. Zudem wünschen sich die Befragten mindestens eine Woche im Voraus den Speisenplan sowie eine pünktliche Liefe- Product: GVXX PubDate: 011 Zone: 1 Edition: 1 Page: X105 User: KAYSER Time: 10-29-2010 11:30 Color: M Y K C Management Die Kunden legen viel Wert auf eine pünktliche Lieferung des Essens. Ein guter Service ist genauso wichtig wie das Essen selbst. rung der Mahlzeiten. Das Stichwort: Die Mehrheit der Kunden legt großen Wert auf freundliche und zuverlässige Fahrer. So schmeckt das beste Essen nicht, wenn der Service unfreundlich ist. Nährstoffe im Visier. Dabei soll die wichtigste Mahlzeit des Tages den Seniorinnen und Senioren einen hohen Anteil, insgesamt ein Drittel der Nährstoffe für den Tag liefern. Doch wie steht es um die ernährungsphysiologische Qualität der Speisen? In der Karlsruher Studie stand für die befragten Anbieter eine bedarfsgerechte Versorgung der Kundschaft mit Nährstoffen inklusive Fett, Kohlenhydraten und Proteinen als Ziel an oberster Stelle. Doch in der Praxis bleiben Vitamine und Co häufig auf der Strecke, wie rechter Produktion, Lagerung, Verteilung und Aufbereitung in der Lage, den Kunden ein qualitativ hochwertiges Essen zu liefern. In der Praxis passieren dabei leider immer wieder Fehler, die bei entsprechendem Knowhow vermeidbar wären. Meilenstein Qualitätsstandard. Mit dem bundesweit ersten „Qualitätsstandard für Essen auf Rädern“ gibt das BMELV den Anbietern nun erstmals einen Leitfaden an die Hand, um das eigene Angebot auf den Prüfstand zu stellen und nachhaltig zu verbes- Die Gerichte sollen gut schmecken, attraktiv aussehen und abwechslungsreich sein. eine Untersuchung der Zeitschrift „Test“ im Jahre 2004 ergab. Was die Menüdienste den Seniorinnen und Senioren auftischten, war in der Regel zu fett, zu salzig und enthielt zu wenig Kohlenhydrate und Ballaststoffe. Mit dem Wochenspeisenplan kamen laut Magazin sogar (kleinere) Kalorienbomben auf den Teller. An Ballastund Mineralstoffen sowie Vitaminen mangelte es dagegen. Calcium beispielsweise war in keiner der untersuchten Mittagsmahlzeiten in ausreichender Menge vorhanden. Ähnlich die Ergebnisse bei Magnesium, Folsäure und Vitamin D. Zu einem annähernd gleichen Ergebnis kam Ende 2009 eine Untersuchung des Politmagazins „Plusminus“. Die von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) empfohlenen Werte wurden allesamt unterschritten. Die Ursachen sind komplex, liegen vielfach in unausgewogenen Speisenplänen und/oder zu langen Warmhaltezeiten. Ein Knackpunkt bei „Essen auf Rädern“, denn nach über drei Stunden Warmhaltezeit büßt auch das beste Menü an Geschmack, Aussehen und Inhaltstoffen ein. Aktuell werden deshalb neue Auslieferformen entwickelt, bei denen beispielsweise die Zubereitung bzw. Regenerierung der Menüs erst während der Fahrt erfolgt. Dabei sind sich die Experten einig: Ob frisch gekocht, Cook & Chill oder Tiefkühlkost – jedes System ist bei sach- und fachge- Das Essen ist oft zu fett, zu salzig und enthält zu wenig Kohlenhydrate und Ballaststoffe. sern. Erarbeitet von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. und einem Expertengremium ist der Standard ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu mehr Qualität beim Service „Essen auf Rädern“. Er berücksichtigt dabei nicht nur Speisenqualität und -auswahl, sondern geht genauso auf wichtige Rahmenbedingungen wie beispielsweise den Kundenservice, Speisenauslieferung und Beschwerdemanagement ein. Denn es geht bei „Essen auf Rädern“ um weit mehr als nur eine bedarfsgerechte Versorgung. Ein wichtiges Ziel ist und bleibt, die Eigenständigkeit der Seniorinnen und Senioren zu fördern und ihnen solange wie möglich ein selbstbestimmtes Leben in ihrer gewohnten Umgebung zu CZ ermöglichen. 11/2010 | gv-praxis 5 Product: GVXX PubDate: 011 Zone: 1 Edition: 1 Page: X106 User: KAYSER Time: 10-29-2010 11:30 Color: M Y K C SPECIAL Interview Dr. Cornelie Pfau gilt als Expertin für „Essen auf Rädern“. Als stellvertretende Leiterin des Institutes für Ernährungsverhalten am Max Rubner-Institut in Karlsruhe begleitete sie eine EU-Studie zum Thema „Ernährung im Alter“. Die Branchenkennerin über Image, Hürden und Chancen von „Essen auf Rädern“ und den neuen Qualitätsstandard. „Den Kunden ernst nehmen“ „Frische ist den Kunden sehr wichtig.“ 6 Frau Pfau, warum genießt der Service „Essen auf Rädern“ in der Öffentlichkeit so ein schlechtes Image? Dr. oec. Cornelie Pfau: Es liegt nicht nur am Essen selbst. Ein weiterer Aspekt ist sicherlich, dass die Kunden hochbetagt und im Schnitt über 80 Jahre alt sind. Für viele ältere Menschen kommt das Bestellen von „Essen auf Rädern“ einem Verlust ihrer Unabhängigkeit gleich. Ein älterer Mann hat in unserer Studie gesagt „Das kommt mir so schrecklich alt vor, wenn man sich das Essen bringen lassen muss.“ Und in unserer Gesellschaft sind Alter und Gebrechlichkeit nicht gerade positiv belegt. Also liegt es weniger an der Qualität des Essens? Pfau: Angebot und Qualität haben sich in den letzten Jahren deutlich verbessert. Dennoch gibt es einige Kritikpunkte, wie unsere Untersuchung gezeigt hat. Im Moment geht es darum, die Dienstleistung „Essen auf Rädern“ als Ganzes zu verbessern. Was sind denn die positiven Seiten? Pfau: Viele Menschen können dank des rollenden Menüdienstes viel länger in ihrer gewohnten Umgebung blei- gv-praxis | 11/2010 Foto: Claudia Zilz ben. Das ist für die Betroffenen ein Gewinn an Lebensqualität. Ein gutes Essen trägt zudem maßgeblich zum Wohlbefinden bei. Dies sind gute Argumente für einen Imagewandel. Schon jetzt sehen manche Kunden den Service als attraktive Dienstleistung, um andere Tätigkeiten beibehalten oder neuen nachgehen zu können. Die meisten Kunden sind also zufrieden mit dem Service? Pfau: Sie finden die Dienstleistung wichtig, ja, aber zufrieden sind sie deshalb noch lange nicht. Wenn Anbieter Zufriedenheitsmessungen durchführen, fragen sie oft nur die Dankbarkeit ab. Beide Begriffe werden häufig miteinander verwechselt. Ältere Menschen sind so dankbar über den Service, dass sie Kritik gar nicht oder nur indirekt äußern. In Ihrer Untersuchung haben die Senioren sehr wohl Kritik geäußert? Pfau: Ja, Geschmack, Speisenqualität, und Auswahl sowie die Rahmenbedingungen wie pünktliche Auslieferung oder die Temperatur entsprachen nicht immer den Vorstellungen der Kundschaft. Vor allem frische Produkte wie Salate, Gemüse und Obst fehlen vielen Kunden im Angebot. Dabei liegen ihnen frische und gesundheitsfördernde Speisen besonders am Herzen. Warum ist der Zielgruppe die Frische so wichtig? Pfau: Viele der älteren Menschen können nicht mehr selbst einkaufen und sind auf das angewiesen, was ihnen der Menüdienst bringt. Erhalte ich im Betriebsrestaurant keinen Salat, kann ich mir den immer noch abends zu Hause selber machen. Viele Senioren würden das auch gerne machen, sind aber nicht mehr in der Lage dazu. Ein ausgewogenes Angebot ist bei „Essen auf Rädern“ also besonders wichtig? Pfau: Ja, denn das Mittagessen nimmt in der Gesamtversorgung der Kunden eine herausragende Rolle ein. Die Anbieter tragen hier eine ganz andere Verantwortung als z. B. in der Betriebsgastronomie. Der Senior muss sich darauf verlassen können, dass das Angebot ernährungsphysiologisch ausgewogen und hygienisch unbedenklich ist. Was kennzeichnet überhaupt ein ausgewogenes Speisenangebot? Pfau: Vielseitigkeit und Abwechslung – sowohl was die Auswahl der Lebens- Product: GVXX PubDate: 011 Zone: 1 Edition: 1 Page: X107 User: KAYSER Time: 10-29-2010 11:36 Color: K C M Y Interview mittel angeht als auch den Speisenplan. Innerhalb von vier Wochen sollte es keine Wiederholungen geben. Optimal wäre ein Menüzyklus von fünf, besser noch sechs Wochen. Über eine feste Menüzusammenstellung sind viele Kunden auch nicht glücklich, warum? Pfau: Ja, das ist ein großes Thema. Wir sind heute sehr mobil und leben nicht mehr dort, wo wir aufgewachsen sind. Dennoch lieben die Menschen die Speisen und Essgewohnheiten aus ihrer Region. Ein Süddeutscher in Hamburg möchte statt Kartoffeln lieber Spätzle zu seinen Linsen haben, weil er es einfach so gewohnt ist. In der Untersuchung haben uns einige Kunden gesagt, dass sie die Mahlzeiten nach den Beilagen und nicht nach der Hauptkomponente auswählen. Viele Anbieter sagen, dass ihre Kunden am liebsten täglich Fleisch essen. Wie sind Ihre Erfahrungen? Pfau: Unsere Befragungen haben gezeigt, dass vor allem Frauen die Speisenpläne zu fleischlastig und die Fleischportionen zu groß finden. Die Mehrheit wünscht sich stattdessen eine breitere und attraktivere Auswahl an vegetarischen Gerichten sowie größere Gemüse- und Salatportionen. Was fordern Sie konkret von den Anbietern? Pfau: Menüdienste sollten sich tatsächlich mit den Wünschen und Bedürfnissen ihrer Kunden auseinander- setzen und Beschwerden ernst nehmen. Ein intensives Erstgespräch zu Hause halte ich für dringend erforderlich, um Vorlieben und Abneigungen, aber auch die Fähigkeiten des älteren Menschen zu erfassen. Dabei sollten die Gespräche regelmäßig wiederholt werden. Nur auf diesem Wege kann der Anbieter feststellen, ob der Kunde sich z. B. das Tiefkühl-Essen noch selbstständig in der Mikrowelle heiß machen kann oder eine Umstellung auf Warmverpflegung notwendig ist. Was sind die größten Hürden aus Anbietersicht? Pfau: Für viele liegt der Knackpunkt in den Abläufen der Auslieferung. Der neue „Qualitätsstandard für Essen auf Rädern“ empfiehlt eine Warmhaltedauer von maximal drei Stunden. Optimal wäre ein halbe Stunde. Das lässt sich in der Praxis jedoch kaum umsetzen. Auch spielt der Zeitpunkt der Auslieferung eine wichtige Rolle. Wird das Essen z. B. schon um 9.00 Uhr morgens ausgeliefert, um dann noch weitere drei Stunden beim Kunden zu stehen, läuft etwas falsch. Fakt bleibt: Auf dem mitunter langen Weg zum Kunden verlieren die Speisen an Geschmack, Aussehen und Inhaltstoffen. Lösen lässt sich dieses Problem bei der Warmauslieferung nur mittels kürzerer Touren, einer ausgefeilten Tourenplanung und modernster Technik. Gibt es weitere Knackpunkte? Pfau: Ja, Kommunikation und Infor- Cornelie Pfau Dr. oec. Cornelie Pfau ist stellvertretende Leiterin des Institutes für Ernährungsverhalten am Max Rubner-Institut (MRI), ehemals Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel, in Karlsruhe. Ihre Forschungsschwerpunkte sind die Gemeinschaftsverpflegung, Ernährungswissen, -einstellungen und -verhalten bestimmter Personengruppen wie Senioren oder Schulkinder. Von 2003 bis 2005 war sie verantwortlich für einen Teil des EU-Projektes „Ernährung im Alter“. Im Rahmen des Projektes wurden Kunden, Anbieter sowie Experten aus Industrie, Wohlfahrtsverbänden und Politik intensiv zum Angebot „Essen auf Rädern“ befragt. mation rund um die Dienstleistung „Essen auf Rädern“. Nur ein Beispiel aus unserer Untersuchung: Die Tochter hat für die Mutter Essen bestellt, als diese aus dem Krankenhaus kam. Niemand hat der Kundin später gesagt, als es ihr wieder besser ging, dass es neben der Warmverpflegung auch noch Tiefkühl-Essen gibt sowie andere Kostformen, die eher für sie geeignet sind. So etwas darf in der Praxis nicht passieren. Und wenn das Essen zu spät kommt … Pfau: … muss der Kunde darüber rechtzeitig informiert werden, damit er keine Angst haben muss, heute leer auszugehen. Als gesunder, junger Mensch kann man sich die Ängste der Älteren nicht vorstellen. Verlässlichkeit ist bei „Essen auf Rädern“ extrem wichtig und auch eine Frage der Kommunikation. Kann der aktuell entwickelte Qualitätsstandard den Akteuren helfen, das Angebot zu verbessern? Pfau: Sehr, denn in der Vergangenheit musste jeder das Rad neu erfinden. Der neue Qualitätsstandard ist eine hervorragende Basis, um das eigene Angebot inklusive dem Service auf den Prüfstand zu stellen. Das setzt allerdings voraus, dass die Hersteller und die Menüdienste eine gewisse Fähigkeit zur Selbstkritik beweisen. Das besondere am Standard: Anhand einer Checkliste kann der Anbieter sein Angebot Punkt für Punkt überprüfen und bei Bedarf verbessern. Ein toller Service. Welche Vorteile bringt der Standard dem Kunden? Pfau: Der Standard ist ein Meilenstein auf dem Weg zu einem qualitativ hochwertigen Angebot und sorgt für Transparenz im Markt. Der Kunde kann dann die verschiedenen Angebote vergleichen und das für ihn beste auswählen. Auch der Menüdienst profitiert von den Kriterien. Denn erfüllt er diese, kann er sich damit am Markt besser positionieren und abheben. Das Interview führte Claudia Zilz. „Der Knackpunkt liegt in der Auslieferung.“ 11/2010 | gv-praxis 7 Product: GVXX PubDate: 011 Zone: 1 Edition: 1 Page: X108 User: KAYSER Time: 10-29-2010 11:30 Color: C M Y K SPECIAL Nachgefragt … und was verbinden Sie mit Wir werden älter, jeder für sich und alle gemeinsam. Sieben Prominente über die „jungen Alten“, die Rolle der Ernährung und Assoziationen mit „Essen auf Rädern“. Die Fragen: Die „Alten“ werden immer jünger. Woran liegt das, und was glauben Sie, welchen Anteil hat die Ernährung daran? Nennen Sie uns einen positiven und einen negativen Gedanken zum Thema „Essen auf Rädern“. Auf welche Menüs möchten Sie im Alter auf keinen Fall verzichten? Renate Schmidt, ehemalige Bundesfamilienministerin: Die Zeiten haben sich rasant verändert. Viele Frauen und Männer sind heute über ihr 60. Lebensjahr hinaus berufstätig und stehen noch mitten im Leben. Das hält viele Menschen jung. Darüber hinaus ist die medizinische Versorgung deutlich besser geworden. Auch die Ernährung spielt eine wichtige Rolle. Ein Teil der Menschen ernährt sich heute gesundheitsbewusster denn je und macht aktiv etwas für die eigene Fitness. Bei allem sollten wir es jedoch nicht übertreiben und zu unserem Alter stehen. Mit „Essen auf Rädern“ assoziiere ich eine Mahlzeit, die ich noch nicht 8 gv-praxis | 11/2010 einmal geschenkt haben möchte. In vielen Fällen lässt das Essen sowohl geschmacklich als auch optisch zu wünschen übrig. Positiv ist hingegen die soziale Komponente von „Essen auf Rädern“. Für manche Menschen ist der Fahrer der einzige soziale Kontakt, den sie im Alltag noch haben. Für diese Menschen müssen Lösungen gefunden werden nach dem Motto: „Gemeinsam und nicht einsam essen“. Ich möchte im Alter auf nichts verzichten. Da ich sehr gerne koche, hoffe ich, dieser Leidenschaft noch bis ins hohe Alter nachgehen zu können. Prof. Dr. h.c. Eckart Witzigmann, (Jahrhundert-)Koch: Die Lebensmaxime ist denkbar simpel: Wer sich einen geruhsamen Alltag, Ärzte und eine gute, vollwertige Ernährung leisten kann – der hat das Zeug, steinalt zu werden und dennoch fit zu bleiben. Ein gutes Essen mit vielen Naturprodukten ist genauso wichtig wie eine rege geistige Tätigkeit. „Essen auf Rädern“ bietet für viele alte Menschen eine Möglichkeit, in ihrer gewohnten Umgebung bleiben zu können. Das Altersheim bleibt ihnen erspart. Schade ist nur, dass die Qualität der Speisen mitunter doch zu wünschen übrig lässt. Verzichten möchte ich auf nichts, was gesund und gut ist, wie ein frisch gepflückter, knackiger Apfel. Claudia Kleinert, TV-Moderatorin und Wetterfrau: Dass wir immer älter werden, liegt sicherlich zum einen an dem medizinischen Fortschritt. Zum anderen ernähren wir uns heute gesünder und vor allem bewusster als je zuvor. Ich denke, es kann positiv sein, nicht mehr kochen zu müssen und sich jeden Tag zu überlegen, was man einkauft und wie zubereitet. Gleichzeitig ist das vielleicht für viele der größte Nachteil, „es selbst nicht mehr zu können“. Da ich ein absoluter Pizza-Fan bin, werde ich das sicher auch im Alter noch sein und mir ab und zu leisten wollen. Und auf frisches Obst möchte ich niemals verzichten. Dr. Michael Spitzbart, Gesundheitsexperte, Redner und Autor: Die Antwort finden wir in der Menge an hochwertigen Proteinen, die in den letzten 100 Jahren kontinuierlich gestiegen ist. Die Men- „E schen den u „Es riesig Erken umse oft d Nega Verso die zw Ho Obst Alter was ic sehe: sen. F per u Betti rin u Ne unser it eiben bt ihs die doch chts, risch torin liegt edizien erund sein, und man eiche der nicht Product: GVXX PubDate: 011 Zone: 1 Edition: 1 Page: X109 User: KAYSER Color: C M Y K Nachgefragt „Essen auf Rädern“? des Alterns nicht wahrhaben wollen. Ich persönlich finde es aber gut, dass den Seniorinnen und Senioren heutzutage ein viel größerer Freiraum an Lebensmöglichkeiten zugestanden wird. Der Gesundheit und einer langen Lebenserwartung ist natürlich zuträglich, das wir in einer Wohlstandsgesellschaft leben, in der niemand hungern muss und Lebensmittel aller Art zur Verfügung stehen. Vorausgesetzt, es wird Maß gehalten! Wenn ein Mensch immobil wird und für ihn sowohl das Einkaufen als auch das Kochen immer beschwerlicher werden, ist es eine große Erleichterung, das Essen regelmäßig geliefert zu bekommen. Mir persönlich könnte aber bei dem Gedanken, genormte Essensportionen zu bekommen, auf deren Zubereitung ich keinen Einfluss habe, der Appetit vergehen. Auf keine Speisen! Ich hoffe auf das Glück, auch im Alter alles weiter essen zu können, was mir lieb und teuer ist. Vor allem Nudelgerichte in allen Variationen und frisch zubereitetes Gemüse sind mir wichtig. schen sind deshalb immer größer geworden und altern immer langsamer. „Essen auf Rädern“ bietet dann eine riesige Chance, wenn wir die neuesten Erkenntnisse der Ernährungsmedizin umsetzen. Dem Einzelnen fehlen hier oft das Wissen oder die Mittel dazu. Negativ wäre die lediglich häusliche Versorgung mit totgekochten Speisen, die zwar satt, aber alt und müde machen. Hochwertige Proteine, viel frisches Obst und Gemüse sollten besonders im Alter auf dem Speiseplan stehen. Und was ich oft bei meinen älteren Patienten sehe: Häufig wird das Trinken vergessen. Flüssigkeitsmangel raubt dem Körper und dem Gehirn unnötig Energie. Bettina Böttinger, WDR-Moderatorin und Produzentin: Negativ sehe ich, dass wir aufgrund unseres Jugendwahns das Phänomen Foto: WDR/Bettina Fürst-Fastré n bin, Alter isten möch- undor: der inen, ontiMen- Time: 10-29-2010 11:30 Alfons Schuhbeck, Sternekoch: Nach dem medizinischen Fortschritt nimmt die Ernährung den zweit- oder dritthöchsten Rang beim Altwerden ein. Das körperliche Fitbleiben und die gesunde Ernährung lassen sich nur schwer auseinanderhalten. Wer sich für seine Ernährung genauso interessiert wie für sein Motoröl oder Horoskop, der lebt auch länger. Mein Rezept als Mensch und Koch: frische Produkte, leichte Gerichte, viel Wasser. Ich finde es prima, dass es so etwas gibt und damit vielen geholfen wird. Schade ist, dass nicht mehr Menschen hilfsbereit sind. Wir sollten uns alle mehr zu Herzen nehmen, dass die aktuell in der Politik so viel besprochene „soziale Kälte“ da anfängt, wo wir aufhören, nett zueinander zu sein. Verzichten möchte ich auf keinen Fall auf alle Gerichte, die mir schmecken. Deshalb sage ich mir schon jetzt: Bleib fit, damit du genussfreudig bleiben kannst. Jürgen Fliege, TV-Pfarrer: Die Alten werden nicht jünger, sondern die Alten werden immer älter. Ernährung und Hygiene haben sicherlich ihren Anteil daran. Dabei wird nicht derjenige alt, der alles zur Verfügung hat, sondern der, der es regelmäßig hat. Gut ist, dass die wachsende Zahl an alleinlebenden Menschen dank „Essen auf Rädern“ nicht darauf angewiesen ist, immer nur Brot zu essen. Aber nur weil der Napf voll ist, bekommt kein Hund glänzendes Fell. Als schlecht empfinde ich, dass das Essen nicht mehr als soziales Erlebnis empfunden wird. Auf das jüngste Gericht. 11/2010 | gv-praxis 9 Product: GVXX PubDate: 011 Zone: 1 Edition: 1 Page: X110 User: KAYSER Time: 10-29-2010 11:30 Color: Y K C M SPECIAL Best Practice I „Zivis“ fahren auf 25 Touren das Essen für die Kunden aus. Voller Genuss auf Rädern Die Volkssolidarität (VS) im sächsischen Glauchau produziert rund 1.100 „Essen auf Rädern“ – und das 365 Tage im Jahr. Oberste Prinzipien der Versorgung sind der Einsatz gesundheitsfördernder Lebensmittel, eine schonende Verarbeitung und eine zügige Auslieferung. F ür manche ältere Menschen ist unser Zivi mit dem warmen Mittagsessen der einzige Kontakt, den sie am Tag haben.“ Heiko Genrich, Küchenleiter der modernen Zentralküche des VS-Kreisverbandes Glauchau/Hohenstein-Ernstthal e.V., weiß wovon er spricht. Nach mehr als 20 Jahren im Metier sind ihm die Wünsche seiner Kunden vertraut. Das ist aber nur die eine Seite der Medaille. „Es geht ja nicht nur darum, dass alle satt werden. Sie sollen vor allem darauf vertrauen können, dass sie von uns mit hochwertigen Speisen versorgt werden, die „Für manche ältere Menschen ist der Zivi mit dem warmen Mittagessen der einzige Kontakt.“ Heiko Genrich ihnen ein Maximum an notwendigen Inhaltstoffen liefern und damit eine gesunde Lebensführung erlauben”, sagt Thomas Kühn als Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des VSKreisverbandes. Die kulinarischen 10 gv-praxis | 11/2010 Fotos: Petra Mewes Vorlieben differieren und so gehört es zum Prinzip, täglich vier bis fünf Mittagsmenüs anzubieten: Hausmannskost Topf- und Pfannengerichte Tagesmenü Diabetiker- bzw. Leichte Vollkost Festschmaus Diese Auswahl gibt es seit 2005, als im Zuge der (freiwilligen) Zertifizierung der Zentralküche nach DIN ISO 9001:2000 die Speisenproduktion optimiert und neu definiert wurde. Genrich: „Im Vorfeld der Zertifizierung hatten wir den Gesprächskreis ‚Mahlzeitendienst‘ bei der VS gegründet.“ Die dabei gesammelten Erfahrungen konnte Genrich in diesem Jahr gut einsetzen – als Mitglied des Expertengremiums zur Entwicklung des „Qualitätsstandard für Essen auf Rädern“, der gemeinsam von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. und dem Bundesernährungsministerium ins Leben gerufen wurde. Die Prinzipien einer ausgewogenen Ernährung mit viel frischem Obst und Gemüse – bevorzugt aus der Region – und dem täglichen Angebot eines vegetarischen Menüs gehören in Glauchau längst zum Alltag. „Jedes Essen braucht zudem eine klare Beschreibung. Mit Kunst- oder Fantasienamen können unsere Senioren meist nichts anfangen“, erklärt Genrich. Um Vorbehalte abzubauen, werden vor allem bekannte Zutaten verwendet, die auch älteren Menschen vertraut sind. Und so stehen auf den wöchentlich aufgelegten Speisenplänen fleischlose Gerichte wie Kartoffel-Brokkoli-Auflauf, Hefeklö- Tagesangebot Blumenkohl-Eintopf mit Fleisch, Brot und Dessert Seelachs mit Möhrengemüse und Salzkartoffeln Gemischtes Gulasch mit Semmelknödel und Dessert Vegetarisches Schaschlik aus Maiskölbchen, Champignons und Paprika auf Tomatensauce, dazu Kartoffelpüree Schweine- und Rinderfiletspitzen mit Champignons und Spätzle (Festschmaus) ße m renei oder tersch Speis ben a frage ßerde Speis Zahl die ih durch Ergä chen pürie ten. dabei Vollk gaben facht chen dert d und Genr Okto Nach sis vo spezi porti weg-P dicht den V getre nente fen k dami verwe Product: GVXX PubDate: 011 Zone: 1 Edition: 1 Page: X111 User: KAYSER Time: 10-29-2010 11:30 Color: C M Y K Best Practice I n auf Volkssolidarität Glauchau as e evorm tägchen ängst t zuMit nnen nfanhalte annte teren o steegten e wie eklö- e u- Küchenleiter Heiko Genrich (l.) und Vorstandsmitglied Thomas Kühn ziehen an einem Strang. ße mit Obst und vegetarischer Möhreneintopf statt Grünkernbratlinge oder Tofu. Zur besseren optischen Unterscheidung werden die WochenSpeisenpläne in unterschiedlichen Farben ausgedruckt. Das erlaubt bei Rückfragen eine schnelle Orientierung. Außerdem, so Heiko Genrich, stehen die Speisenpläne auch im Internet. Die Zahl computerbegeisterter Senioren, die ihre Bestellung online abgeben, sei durchaus steigend. Ergänzend, führt der engagierte Küchenchef aus, werden alle Menüs auch püriert oder kleingeschnitten angeboten. Spezielle Kostformen sind nicht dabei, dafür stehen bei der Leichten Vollkost die entsprechenden BE-Angaben. „Diese Verfahrensweise vereinfacht die Produktion, denn das Kochen nach den Diätvorschriften erfordert das exakte Abwiegen aller Zutaten und Gewürze pro Portion“, erklärt Genrich dazu. Als Extra gibt es seit Oktober 2010 aufgrund steigender Nachfrage passierte Speisen auf der Basis von Convenienceprodukten eines spezialisierten Herstellers. Die Einzelportionen werden übrigens auf Einweg-Plasiktellern angerichtet und luftdicht verschweißt. „Das System hat den Vorteil, dass sich in den vollständig getrennten Kammern keine Komponenten vermischen und nichts auslaufen kann. Unsere Senioren kommen damit besser zurecht als mit den vorher verwendeten Aluschalen“, begründet Thomas Kühn die Umstellung. Zusätzlich zur Mittagesmahlzeit können die Seniorinnen und Senioren seit etwa fünf Jahren auch ihr Abendessen bestellen – als kleine oder große Portion. Davon Gebrauch machen aktuell 15 Kunden, die ihr Abendbrot in einer Kühlbox mittags mitausgeliefert bekommen. Zur Auswahl stehen fertig belegte Brote plus Salat oder einzelne Komponenten inklusive Wurst und Käse, die sich der Kunde dann selbst zubereitet. Da alle Mahlzeiten stets Obst bzw. Salat enthalten, kommen damit vor allem mobil eingeschränkte Menschen in den Genuss ausreichend frischer Komponenten. Ausgefeilte Logistik. Damit jeder der 1.100 Kunden pünktlich sein Essen erhält, ist ein ausgeklügeltes System notwendig, in dem alles wie am Schnürchen läuft und jeder seinen Platz hat. Die Produktion startet in der Zentralküche um 4.30 Uhr, das Portionieren am Speisenverteilband beginnt um 7.45 Uhr, die erste Tour verlässt um Fünf Menüs stehen täglich zur Auswahl. Träger Volkssolidarität Kreisverband Glauchau/Hohenstein-Ernstthal e. V. Gf-Vorstandsmitglied Thomas Kühn Küchenleiter Heiko Genrich Küchenmitarbeiter 12 Essen gesamt 2.000, davon 850 für Kindertagesstätten Essen auf Rädern 1.100 gesamt, Sa/So 700 Verpflegungssystem Mischküche/Heißauslieferung Verpackung Einweg-Plastikteller, luftdicht mit Folie verschweißt Preise Mittagessen: 3,05 bis 6,10 €, Abendessen: 2,45 bis 3,30 € Logistik 42 Fahrzeuge, 25 Touren Lieferradius 50 km 8.00 Uhr das Haus, die letzte um 12.00 Uhr. Zur VS gehören auch SeniorenBegegnungsstätten, Sozialstationen und Pflegeaußenstellen, wo die Mittagsmahlzeit gemeinsam gegessen werden kann. Dorthin werden zum Teil Gebinde oder Einzelportionen gelie„Unsere Kunden sollen darauf vertrauen, von uns mit hochwertigen Speisen versorgt zu werden.“ Thomas Kühn fert. Insgesamt sind 42 Lieferfahrzeuge auf 25 Touren unterwegs. „Wir müssen unbedingt pünktlich sein. Die älteren Leute warten oftmals schon mit dem Besteck auf dem Tisch darauf, dass ihr Zivi kommt“, weiß Genrich. Das Duo Genrich und Kühn kennt keinen Stillstand. „Sobald der ‚Qualitätsstandard für Essen auf Rädern’ steht, werden wir uns entsprechend zertifizieren lassen“, sagt Genrich. Sie sehen darin eine Herausforderung und ein Qualitätsmerkmal zugleich. Denn anders als bei der TÜV-Prüfung geht es dann nicht um die technischen Prozesse, sondern konkret um die Bewertung der Speisenqualität. Die beste Werbung für ein Haus! Petra Mewes 11/2010 | gv-praxis 11 Product: GVXX PubDate: 011 Zone: 1 Edition: 1 Page: X112 User: KAYSER Time: 10-29-2010 11:30 Color: Y K C M SPECIAL Best Practice II Fahrer Rolf Jansen kennt seine Kunden bestens. Frische nach Wunsch Frisch, regional und möglichst in Bio-Qualität – nach dieser Formel kocht das Ev. Altenheim „Haus am Buchenhain“ in Mönchengladbach täglich rund 250 Mahlzeiten, davon gut 30 für „Essen auf Rädern“. Serviert auf Porzellan-Geschirr, erfüllt die Küche den Kunden fast jeden Wunsch. R entner Peter M. steht schon an der Haustür und begrüßt Rolf Jansen mit einem fröhlichen „Hallo“. Anschließend wird das Essen überreicht und noch ein kurzer Plausch gehalten, bevor Jansen zum nächsten Kunden aufbricht. Seit vier Jahren fährt der 63-Jährige für das Ev. Altenheim Haus am Buchenhain „Essen auf Rädern“ Menü 1: Schnitzel mit Karaus. Die meisten seitoffeln und frischem Wirsing ner Kunden sind nur Menü 2: Sauerkrautauflauf, noch eingeschränkt alternativ Rohkostsalat mit mobil, ihnen bringt er Vollkornbrötchen das Essen direkt in die Dessert: Vanillepudding Küche und schaut noch einmal nach dem Rechten. Rolf Jansen kennt seine Kundschaft bestens und ist entsprechend alarmiert, wenn trotz mehrmaligen Klingelns die Tür verschlossen bleibt. In diesem Fall wird Rücksprache mit der Küche gehalten und sofort ein Angehöriger oder der Tagesangebot 12 gv-praxis | 11/2010 Fotos: Claudia Zilz Nachbar verständigt. „Es kann immer mal etwas Unvorhergesehenes passiert sein“, weiß Jansen aus Erfahrung. Für die alten Menschen ist er zu einer wichtigen Kontaktperson geworden, die sie nicht mehr missen möchten. „Früher“, erklärt Gerti Cremer, „haben wir Zivildienstleistende für das Ausliefern der Speisen eingesetzt.“ Ein fester Ansprechpartner habe sich jedoch als die bessere Lösung für die Kundschaft erwiesen. Die 58-Jährige leitet seit zehn Jahren die Küche des Ev. Altenheims Haus am Buchenheim, das in Trägerschaft des Vereins für Innere Mission Rheydt steht. In dieser Zeit hat sie immer wieder am Verpflegungskonzept gefeilt. Für mobile Senioren aus der Umgebung bietet die Küche zudem täglich einen offenen Mittagstisch an, heißt, die Senioren können zum Mittagessen ins Altenheim kommen. Im Schnitt nutzen 20 ältere Menschen diesen Service. Aus der Tüte kommt heute dabei nichts mehr. Stattdessen setzt die Küche auf eine frische Zubereitung der Speisen mit Produkten bevorzugt aus der Region und in Bio-Qualität. „Ob Kartoffelpüree, -puffer oder Eintopf – bei uns wird alles frisch produziert“, sagt die gelernte Hauswirtschaftsleiterin. Der Bio-Anteil liegt bei stolzen 35 Prozent, vor allem Gemüse, Obst, Brot sowie einige Trockenwaren wie Nudeln kommen aus ökologischer Herstellung in die Töpfe und sind auf dem Speisenplan extra gekennzeichnet. Seit 2004 ist die Einrichtung zudem biozertifiziert und produziert selbst ein Bio-Vollkornbrot für Frühstück und Abendessen der Senioren. Denn neben Bio legt die Küchenchefin sehr viel Wert auf Vollkornprodukte. Im Haus „Wir produzieren alles frisch.“ Gerti Cremer bereitet die Küche zum Beispiel täglich Frischkornbrei für die 178 Bewohner zu. „Neben dem Frischkornbrei setzten wir vor allem bei Brot und Brötchen, Grieß und Nudeln auf Vollkorn“, ergänzt Cremer. Generell stehen den Kunden von „Essen auf Rädern“ von Montag bis Samstag täglich zwei Menüs zur Auswahl: Vollkost und Leichte Vollkost bzw. ein vegetarisches Menü. Als Dessert offeriert die 14-köpfige Küchencrew täglich wechselnd frisches Obst, Joghurt Product: GVXX PubDate: 011 Zone: 1 Edition: 1 Page: X113 User: KAYSER Time: 10-29-2010 11:30 Color: K C M Y Best Practice II Haus am Buchenhain oder Pudding. Flexibilität wird dabei großgeschrieben. Wer beispielsweise zu den Königsberger Klopsen keinen Rote-Bete-Salat mag, kann stattdessen eine Beilage nach Wunsch bestellen wie z. B. Möhrengemüse oder einen frischen Salat mit Vollkornbrötchen. „Wir gehen sehr intensiv auf die Wünsche unserer Kunden ein“, erläutert Gerti Cremer die Philosophie des Hauses. Deshalb werden auch individuelle Extra-Wünsche wie Buttermilchsuppe mit getrockneten Pflaumen – von Zeit zu Zeit – erfüllt. Besonderes Bonbon: An Heiligabend serviert die Küchencrew die Wunschkost der Kunden. Sämtliche Gerichte sind bei Bedarf auch als pürierte Kost „in Form gebracht“ erhältlich. Zudem schneidet das Küchenpersonal Schnit„Wir gehen intensiv auf die Wünsche unserer Kunden ein.“ Gerti Cremer zel, Klopse oder Äpfel nach Absprache schon beim Portionieren klein. Statt auf Aluschalen setzt die Senioreneinrichtung seit eineinhalb Jahren bei „Essen auf Räder“ auf PorzellanGeschirr. Für die Küchenchefin eine Herzensangelegenheit. „Das Mittagessen ist für die alten Menschen der Höhepunkt des Tages und sollte angemessen zelebriert werden“, ist Gerti Cremer überzeugt. Das Auge isst schließlich mit. Früher wurde das Essen bereits einen Tag vorher gekocht, in Alu-Schalen abgefüllt und am nächsten Tag regeneriert und ausgefahren. „Das war für die Qualität der Speisen nicht immer gut“, weiß Gerti Cremer. Heute wird das Essen täglich frisch gekocht, ab 9.00 Uhr auf Porzellangeschirr angerichtet, in Thermoboxen verpackt und ab 10.00 Uhr in zwei Touren von Rolf Jansen ausgefahren. Der letzte Senior erhält sein Menü gegen 13.00 Uhr. Auf der Tour sammelt Rolf Jansen zudem die Thermoboxen samt Schmutzgeschirr vom Vortag wieder ein. „Das Mehrweg-System hat sich in der Praxis bewährt und schont die Umwelt“, sagt Gerti Cremer. Zu den Speisen-Rennern zählen die Klassiker wie Sauerbraten, Reibekuchen, Kartoffelsalat und Eintopf. Aber auch der Rohkostsalat mit Vollkornbrötchen hat viele Fans. O-Ton Cremer: „Das lieben die Senioren.“ Dabei folgt der Speisenplan keinem festgelegten Menüzyklus, sondern wird von Woche zu Woche je nach saisonalem Gemüse- und Obstangebot des regionalen Bio-Bauern kreiert. Jeden Mittwoch nimmt Fahrer Jansen die neuen Speisenpläne in doppelter Ausführung mit auf Tour, denn eine Kopie der Bestellung bleibt stets beim Kunden. Mit einigen Seniorinnen und Senioren füllt Jansen die Speisenpläne gemeinsam aus. Eine Hilfe, die die älteren Menschen gerne annehmen und sehr schätzen. Bis 9.00 Uhr morgens sind Um- oder Abbestellungen jederzeit möglich. Pro Menü zahlt die Kundschaft je nach Einkommen zwischen 1,70 € und 6,- €, der Restbetrag Ort Ev. Altenheim Haus am Buchenhain, Möchengladbach Träger Verein für Innere Mission Rheydt Küchenleiterin Gerti Cremer Mitarbeiter Küche 10 Vollzeit, 4 Teilzeit Bewohner 178 Essen gesamt bis 300, davon 50 für Kitas Essen auf Rädern 30 am Tag Verpflegungssystem Mischküche, Heißauslieferung Verpackung Porzellangeschirr, verpackt in Thermoboxen Logistik 1 Fahrzeug, 2 Touren Lieferradius 10 km wird von der Stadt getragen. Mit Neukunden und deren Angehörigen führt die Küchenchefin zunächst ein intensives Gespräch über Vor- und Abneigungen, besondere Medikationen und über Ansprechpartner, die im Ernstfall zu benachrichtigen sind. Dieses System hat sich in der Praxis mehr als bewährt. Fahrer Rolf Jansen dient der Küche dabei als wichtiges Sprachrohr zu den Kunden. Dabei gibt die positive Resonanz auf den rollenden Menüdienst dem Haus recht. Im Schnitt nutzt die Kundschaft den Service vier bis fünf Jahre. „Danach kommen sie zu uns“, sagt Gerti Cremer mit einem Schmunzeln. Mit einem attraktiven Angebot von „Essen auf Rädern“ könne sich das Haus letztendlich auch nach außen profilieren und Hemmschwellen abbauen, ist die Küchenchefin überzeugt. Eine Win-win-Situation für beide Seiten. CZ Das Essen wird auf Porzellangeschirr angerichtet (links). Küchenchefin Gerti Cremer feilt immer wieder am Konzept (rechts). 11/2010 | gv-praxis 13 PubDate: 011 Zone: 1 Edition: 1 Page: X114 SPECIAL Product: GVXX User: KAYSER Time: 10-29-2010 11:30 Color: K C M Y Der neue Qualitätsstandard soll das Angebot von „Essen auf Rädern“ nachhaltig verbessern. Neue Verpflegungs-Maßstäbe Der bundesweit erste „Qualitätsstandard für Essen auf Rädern“ definiert Kriterien für die Herstellung genussvoller und vollwertiger Mittagsmahlzeiten, den Service und die Verteilung der Speisen. Ein Meilenstein auf dem Weg zu einem hochwertigen Angebot. E ssen auf Rädern“ hat als „Meals on wheels“ seine Wurzeln im England der 40er Jahre. Erstmals im Verlauf der über 60-jährigen Geschichte werden in Deutschland jetzt Kriterien an die Verpflegung mit „Essen auf Rädern“ gestellt – im Rahmen eines bundesweiten Qualitätsstandards. Ziel des Qualitäts- standards ist es, mithilfe eines vollwertigen Verpflegungsangebots eine Verbesserung der Speisenqualität zu erreichen und damit die Erhaltung der Gesundheit sowie die Prävention von Mangelernährung zu unterstützen. Zur Qualität zählen dabei nicht nur das Essen selbst, sondern auch der Kundenservice rund um Auf einen Blick Erarbeitung des Qualitätsstandards durch die DGE als Teil des tionalen Aktionsplans „IN FORM Projektes „Fit im Alter – Gesund – Deutschlands Initiative für essen, besser leben.“ gemeinsam gesunde Ernährung und mehr mit Expertinnen und Experten Bewegung“. Das Projekt wird aus Wissenschaft, Praxis und gefördert durch das Bundes- Politik. ministerium für Ernährung, Land- Die Auslobung und Werbung aufgrund eines Beschlusses des gebunden an eine Zertifizierung Deutschen Bundestages. Weitere Informationen unter: „Fit im Alter – Gesund essen, gv-praxis | 11/2010 wirtschaft und Verbraucherschutz mit dem „Fit im Alter“-Logo ist durch die DGE. 14 besser leben.“ ist Teil des Na- Fotos: DGE, Claudia Zilz www.fitimalter-dge.de die Beratung und Bestellung sowie die Auslieferung der Speisen. Alle drei Bereiche sind wichtige Teile von „Essen auf Rädern“ und müssen den Bedürfnissen älterer Menschen angepasst sein. Wie ein genussvolles Verpflegungsangebot und ein kundenorientierter Service aussehen, hat die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) im Rahmen des Projekts „Fit im Alter – Gesund essen, besser leben.“ mithilfe von Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Praxis und Politik mit überprüfbaren Kriterien im „Qualitätsstandard für Essen auf Rädern“ festgelegt. In diesem sind die Anforderungen an Hersteller, Servicekräfte und Verteiler der Mahlzeiten zu folgenden Inhalten formuliert: Das Verpflegungsangebot, zu dem die Speisenplanung und -herstellung mit Zubereitung und Warmhaltezeiten zählen. Diese haben Einfluss auf die ernährungsphysiologische und auf d Rah auf R den Speis „Zum auch Die stimm tion und stelle dingu Im P H V w h v W b p ta g m s be owie Alle Teile üssen chen ungserter tsche e. V. s „Fit er leund raxis Krir Esesem rstelr der alten dem llung haltenfluss ische Product: GVXX PubDate: 011 Zone: 1 Edition: 1 Page: X115 User: KAYSER Time: 10-29-2010 11:30 Color: K C M Y Qualitätsstandard Die Experten der DGE haben gemeinsam mit Vertretern aus Wissenschaft, Praxis und Politik den bundesweit ersten „Qualitätsstandard für Essen auf Rädern“ entwickelt. und sensorische Qualität und damit auf die Akzeptanz der Speisen. Rahmenbedingungen für „Essen auf Rädern“, in denen Kriterien für den Service und die Verteilung der Speisen festgelegt werden. „Zum Qualitätsstandard zählt auch der Kundenservice.“ Die Einhaltung rechtlicher Bestimmungen, die Personalqualifikation der interdisziplinären Bereiche und die Koordination der Schnittstellen sind Inhalte der Rahmenbedingungen für die Verpflegung. Im Anhang werden Umsetzungs- beispiele für „Essen auf Rädern“ an sieben und fünf Wochentagen, sowie Angaben zur Verpflegung rund um die Mittagsmahlzeit gegeben. Kernelement des „Qualitätsstandard für Essen auf Rädern“ ist das Kapitel „Gestaltung der Verpflegung“, in dem definiert wird, wie ein optimales Angebot einer genussvollen und vollwertigen Verpflegung konkret aussehen soll. Der Hersteller erhält dazu Hilfestellungen wie: eine Lebensmitteltabelle, mit der das optimale Angebot auf Basis der Dreidimensionalen Lebensmittelpyramide und des Ernährungskreises der DGE dargestellt wird, Profil des Standards Herstellern, Servicekräften und Kriterien zur Herstellung, die Verteilern von „Essen auf Rädern“ Einfluss auf die ernährungsphysio- wird eine konkrete Umsetzungs- logische und sensorische Qualität hilfe für ein vollwertiges Mittags- der Speisen nehmen. verpflegungsangebot an sieben Wochentagen gegeben. Darstellung der optimalen Le- Nährstoffzufuhr auf Basis der D-A-CH-Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr für über 65-Jährige. bensmittelauswahl für die Ver- Darüber hinaus werden Rahmenbe- pflegung in einer Lebensmittel- dingungen für „Essen auf Rädern“, tabelle. die den Service und die Verteilung Speisenplanung mit Anforderun- betreffen, sowie Rahmenbedingun- gen für den minimalen und maxi- gen für die Verpflegung dargestellt. malen Einsatz von Lebensmitteln, Beispiele zur Umsetzung runden sowie die Speisenplangestaltung. den Standard ab. Anforderungen an die Speisenplanung, in der Mindest- und Höchstmengen für den Einsatz von Lebensmitteln an sieben Verpflegungstagen festgelegt werden, Kriterien zur Speisenherstellung, d. h. zur Zubereitung, wie zum Beispiel der Verwendung von frischen oder tiefgekühlten Kräutern und den Warmhaltezeiten, Angaben zu den D-A-CHReferenzwerten für die Nährstoffzufuhr über 65-Jähriger nach dem Drittelansatz für die Mittagsverpflegung. Damit legt der „Qualitätsstandard für Essen auf Rädern“ Maßstäbe fest, die eine gute Verpflegungsqualität zu Hause lebender älterer Menschen definieren und eine Grundlage für die kontinuierliche Verbesserung dieses Angebots für Hersteller, Servicekräfte und Verteiler darstellt. Ab sofort steht der neue „Qualitätsstandard für Essen auf Rädern“ als pdf-Dokument zum Herunterladen auf der Projekthomepage www.fitimalter-dge.de unter der Rubrik Qualitätsstandards zur Verfügung. Als Broschüre ist er gegen eine Versandkostenpauschale unter der Adresse www.dge-medienservice.de zu beziehen. Ricarda Holtorf Kompakt und praxisnah: der neue Standard. 11/2010 | gv-praxis 15 Product: GVXX PubDate: 011 Zone: 1 Edition: 1 Page: X116 User: KAYSER Time: 10-29-2010 11:30 Color: K C M Y SPECIAL Service Die Homepage „Fit im Alter“ bietet eine Fülle an Informationen. Fotos: DGE Kompetenz aus erster Hand Praxisnäher, mit wissenschaftlichem Update und in neuem Outfit präsentieren sich der Internetauftritt und die Broschüren des DGE-Projektes „Fit im Alter – Gesund essen, besser leben.“ Sie liefern viel Wissenswertes rund um die Ernährung im Alter. Die Broschüre „Essen und Trinken im Alter“ enthält praxisnahe Informationen zur Seniorenernährung. 16 Online Die Homepage www.fitimalter-dge.de präsentiert sich nicht nur farblich neu, sondern auch mit reduzierter Struktur. Neben der überarbeiteten Rubrik „Wissenswertes“, die wichtige Informationen zu Veränderungen im Alter und den daraus folgenden Auswirkungen auf die Ernährung bietet, wurde eine neue Rubrik mit Informationen zum „Qualitätsstandard für die Verpflegung in stationären Senioreneinrichtungen“ inklusive der Zertifizierung sowie zum „Qualitätsstandard für Essen auf Rädern“ aufgebaut. Zudem sind Praxis-Tipps ergänzt und Ernährungsempfehlungen unter Wissenswertes >Vollwertiger Genuss neu aufbereitet. Eine bedeutende Erweiterung der Internetseite stellt die Rezeptdatenbank dar. Abwechslungsreiche und nährwertberechnete Rezepte, die den Kriterien der Qualitätsstan- gv-praxis | 11/2010 Fotos: DGE dards entsprechen, können nach verschiedenen Stichworten wie Zutaten oder Mahlzeitenart gesucht werden. Die Internetseite wird zukünftig um Rubriken zu Themen wie Diabetes mellitus, Kau- und Schluckstörungen sowie Mangelernährung ergänzt. Damit unterstützt sie die Umsetzung der Qualitätsstandards für beide Bereiche. Medien Fachkräfte aus den Bereichen Pflege, Küche oder Hauswirtschaft ebenso wie Angehörige finden weitere Hilfestellungen in den handlichen „Fit im Alter“-Broschüren: Essen und Trinken im Alter Mangelernährung im Alter Trinken im Alter Essen und Trinken bei Demenz Kau- und Schluckstörungen im Alter Diabetes mellitus im Alter wie auch der Rezeptbroschüre „Genussvolle Rezepte bei Kau- und Schluckstörungen“, erscheinen aktuell in überarbeiteter Version. Sie sind auf den neuesten wissenschaftlichen Stand gebracht und das leserfreundliche Layout bietet zahlreiche praktische Tipps und Hinweise für den Alltag. Die Broschüren sind als Printversion über den Medienservice unter www.dge-medienservice.de (gegen Ein Baustein der Homepage ist die Rezeptdatenbank. eine Versandkostenpauschale) verfügbar oder auf der Internetseite unter >Service>Medien als pdf-Dokument zum Herunterladen eingestellt. Persönlich Die Mitarbeiterinnen von „Fit im Alter“ stehen den Verantwortlichen und Mitarbeitern von Senioreneinrichtungen sowie Anbietern von „Essen auf Rädern“ und ambulanten Pflegediensten für Fragen auch persönlich zur Verfügung. Die Kontaktdaten sind auf der Internetseite des DGE-Projektes „Fit im Alter“ zu finden. Karolina Lechtanska