Heilpflanzen gegen erhöhtes Cholesterin Ein erhöhter Cholesteringehalt sowie zu hohe Blutfettwerte können zu einer Verengung der Blutgefässe führen. Diese medizinisch als Arteriosklerose bezeichnete Erkrankung bildet eine wesentliche Ursache für erhöhten Blutdruck. Im schlimmsten Fall können dadurch ein Herzinfarkt oder eine Hirnblutung (Schlaganfall) ausgelöst werden. Zusätzlich zu einer gesunden Lebensweise und qualitätsbewussten rnährung können zahlreiche Pflanzen auf natürliche Weise mithelfen, erhöhtes Cholesterin und zu hohe Blutfettwerte zu vermeiden oder zu bekämpfen. Nachtkerzen- und Borretschöl:reich an ungesättigten Fettsäuren Das Öl aus den Samen der Nachtkerze und des Borretschs enthält einen sehr hohen Prozentsatz an ungesättigten Fettsäuren, insbesondere an Linolund GammaLinolensäure. Diese beiden mehrfach ungesättigten Fettsäuren sind für den Menschen lebensnotwendig (essenziell) und müssen regelmässig von aussen mit der Nahrung zugeführt werden, da sie im Körper nicht selbst hergestellt werden können. (Alle anderen Fette kann der Körper selbst aufbauen.) Linol- und Gamma-Linolensäure spielen für den Organismus eine sehr wichtige Rolle: Neben der Regulation der Cholesterin-Biosynthese greifen sie auch in die Hormonbildung ein. Ein Mangel kann die Ursache für prämenstruelle Beschwerden bei Frauen sein. Als Baustein von Prostaglandin E1 können Linol- und GammaLinolensäure bei Neurodermitis-Patienten ausserdem die Häufigkeit von akuten Schüben mit atopischem Ekzem reduzieren. Die Nachtkerze (lateinischer Name: Oenothera biennis) stammt ursprünglich aus Nordamerika und ist nach Europa eingeschleppt worden. Die Pflanze wird in die eigene Pflanzenfamilie der Nachtkerzengewächse (Oenotheraceae) eingeteilt, zu der auch die Weidenröschenarten sowie die Fuchsie gehören. Die Nachtkerze gedeiht bevorzugt auf öden Stellen, etwa entlang von Autobahnen oder auf Verkehrsinseln mitten in der Stadt. Von der Zweijährigen Pflanze sind im ersten Jahr nur eine grundständige Blattrosette mit elliptischlanzettlichen Blättern sichtbar. Erst im zweiten Jahr spriesst dann der bis 1.5 m hohe Blütenstand hervor. Vom Juni bis in den September hinein entwickeln sich jede Nacht daraus immer neue wunderschön gelb leuchtende Blüten, die nur eine Nacht blühen (deshalb der Name Nachtkerze) und von Nachtfaltern bestäubt werden. Die Samen, aus denen das Öl gewonnen wird, sind sehr zahlreich vorhanden; sie sind jedoch winzig klein und haben einen Durchmesser von höchstens 1–2 mm. 1 Der Borretsch (lateinischer Name Borago officinalis) aus der Pflanzenfamilie der Raublattgewächse (Borraginaeceae) ist sicher vielen Leserinnen und Lesern als Salat bekannt, der im Frühjahr speziell für Blutreinigungszwecke gesammelt wird. Weniger bekannt ist jedoch, dass alle oberirdischen Teile dieser Pflanze lebertoxische Pyrrolizidin-Alkaloide enthalten, die – über längere Zeit regelmässig eingenommen – Leberkrebs verursachen können. Borretschkraut sollte deshalb weder als Salat noch als Tee über längere Zeit regelmässig verwendet werden. Das aus den Samen gewonnene Öl ist hingegen alkaloidfrei und kann problemlos über längere Zeit zur Senkung des Cholesterinspiegels eingenommen werden. Artischocke:fördert die Ausscheidung von Cholesterin Seit längerer Zeit ist bekannt: Zubereitungen aus frischen oder getrockneten Artischockenblättern sowie in vermindertem Masse auch aus den (essbaren) Hüllblättern des Blütenstandes haben eine anregende Wirkung auf die Gallensekretion und fördern dadurch die Ausscheidung von übermässigem Cholesterin und Lipiden aus dem Blut. Gemäss neueren Forschungsergebnissen verhindern Extrakte aus den Artischockenblättern auch die Bildung von Cholesterin durch einen direkten Eingriff in die Biosynthese. Zusätzlich sollen die Wirkstoffe aus den Artischockenblättern – ähnlich wie bei der Mariendistel – die Bildung von neuen Leberzellen anregen und dadurch eine Regeneration der Leber bewirken. 2 Die Artischocke (lateinisch Scynarae scolymus ) gehört zur Pflanzenfamilie der Körbchenblütler (Asteraceae) und ist mit der Mariendistel (lateinisch: Carduus marianus) eng verwandt. Die Artischocke ist eine reine Kulturpflanze, die im Mittelmeergebiet und in Südamerika angebaut wird. Wildformen sind keine bekannt. Wie bereits erwähnt, sind die Blätter am wirkstoffreichsten. Um eine hohe Wirkstoffkonzentration zu erreichen, sollten die Blätter noch im vegetativen Stadium geerntet werden, dass heisst, kurz bevor sich der als Gemüse verwendete Blütenstand zu entwickeln beginnt. Den optimalen Zeitpunkt für die Ernte zu gewinnen, ist dabei nicht immer ganz einfach, da der Übergang von der vegetativen in generative Phase sehr schnell vor sich geht und man regelrecht zuschauen kann, wie der Blütenstängel von einem Tag auf den anderen aus der vegetativen Blattrosette herauswächst. Für die medizinische Wirkung spielen drei Wirkstoffgruppen eine dominierende Rolle: Phenolische Caffeoylsäurederivate (z. B. Chlorogensäure und Cynarin) werden vor allem für die Hemmung der Cholesterinbiosynthese verantwortlich gemacht. Sesquiterpenlacton-Bitterstoffe wie das Cynaropikrin erhöhen die Gallenbildung und fördern die Ausscheidung von überschüssigem Cholesterin aus dem Blut. Flavonoide vom Luteolin-Typ ihrerseits stimulieren die Bildung von neuen Leberzellen und bewirken dadurch eine Regeneration der Leber. Zubereitungen aus Artischockenblättern sind in Tabletten- oder Tropfenform in Apotheken und Drogerien erhältlich. Wie bereits erwähnt, kann in vermindertem Mass auch durch das Essen von Artischocken als Gemüse eine positive Wirkung erzielt werden. Als Bestandteil von Frühjahrskuren zur Blutreinigung ist zudem der Frischpflanzenpresssaft sehr beliebt. Maria Treben empfiehlt Ehrenpreis Maria Treben empfiehlt in ihren Büchern zur Senkung des Cholesterinspiegels Ehrenpreis. Die Wirkung des Ehrenpreises ist bis heute wenig erforscht. In der eigenen Praxis haben wir jedoch schon zahlreiche positive Erfahrungen mit Ehrenpreis bei zu hohen Blutfettwerten gemacht, und auf Grund der Inhaltsstoffe, die im Ehrenpreis vorkommen, ist eine Wirkung durchaus auch möglich: Die Iridoidglykoside Catalpol und Veronicosid sind Bitterstoffe, welche die Gallensekretion anregen und dadurch eine Ausscheidung von Cholesterin aus dem Blut anregen können. Zusätzlich kommen im Ehrenpreis auch Chlorogensäure sowie andere phenolische Kaffeesäurederivate vor, bei denen man – wie bereits bei der Artischocke gezeigt – eine hemmende Wirkung auf die Biosynthese von Cholesterin vermutet. Als Heilpflanze verwendet wird vor allem der Waldehrenpreis (lateinisch Veronica officinalis). Er kommt hauptsächlich in lichten Wäldern von ganz Europa sowie in Vorderasien und Nordamerika vor und lässt sich vom Ackerehrenpreis (lateinisch Veronica agrestis) – einem bei uns in Wiesen und Äckern weit verbreiteten Unkraut – 3 leicht unterscheiden: Der Waldehrenpreis wächst halb aufrecht und besitzt traubenartige Blütenstände, die aus den Achseln der Stängelblätter hervorspriessen. Der Ackerehrenpreis – im Volksmund wegen seinen hellblau leuchtenden Blüten auch als «Katzenäuglein» bezeichnet – kriecht über den Boden dahin; seine Blüten sitzen einzeln in den Achseln der Stängelblätter. Ehrenpreiskraut kann als Tee getrunken werden, wobei pro Tasse 1–2 Teelöffel voll getrocknetes Kraut benötigt werden. Erhältlich ist ausserdem die homöopathische Frischpflanzentinktur, von der 2–3-mal täglich 20–30 Tropfen in etwas Wasser vor dem Essen eingenommen werden. Tipps Durch das Beachten der folgenden Verhaltensregeln können Sie erhöhtes Cholesterin und zu hohe Blutfettwerte vermeiden: Rotes Fleisch und andere tierische Nahrungsmittel (Eier, Käse, Butter usw.) nur sparsam konsumieren. Dafür den Speisezettel 2–3-mal wöchentlich mit hellem Fleisch (Fisch und andere Meerestiere) bereichern. Für Salatsaucen usw. pflanzliche Öle verwenden mit einem hohen Anteil an mehrfach ungesättigten Fettsäuren wie Leinöl, Distelöl, Sonnenblumenöl, Sojaöl oder Maiskeimöl. Olivenöl und Erdnussöl weisen einen grossen Anteil an einfach ungesättigten oder gesättigten Fettsäuren auf; sie eignen sich vor allem zum Braten. Auf eine an Ballaststoffen reiche Ernährung achten. Speziell Pektin (Apfelpektin), Guar sowie Hafer- und Dinkelkleie vermögen Cholesterin an sich zu binden und fördern dadurch dessen Ausscheidung. Auf das Körpergewicht achten. Übergewichtige sind wesentlich häufiger von zu hohem Cholesteringehalt betroffen als Personen mit normalem Körpergewicht. Mässig, aber regelmässig Sport betreiben (z.B. in einer der vielen VGS-Gymnastik-Gruppen). Auf das Rauchen verzichten. Text: Dr. Andreas Lenherr Bilder: Dr. Hans Stüssi und Dr. Kurt Stüber Info Buchempfehlung: Edita Pospisil: GU Kompass Colesterin, 112 Seiten, Fr. 12.20, Best.-Nr. 7712553. 01 456 30 17 oder [email protected] Erschienen im «bisch zwäg», Januar 2002 4