Arch. Tierz., Dummerstorf 43 (2000) Sonderheft, 226 Aus der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, Abteilung ftlr Verhaltensbiologie, Badeslr. 9. D-48149 Münster GUDRUN HORNSCHUH, MELANIE KIRTZECK und NORBERT SACHSER Soziale Unterstützung bei weiblichen Hausmeerschweinchen (Social support in female guinea pigs) Bei verschiedenen Säugetierarten kann die Anwesenheit eines Bindungspartners die endokrinologische Streßreaktion dämpfen. Dieses Phänomen wird soziale Unterstützung genannt. Bei Hausmeerschweinchen bilden adulte Männchen langfristige soziale Bindungen zu individuellen Weibchen aus. Für adulte Männchen konnte bereits gezeigt werden, daß in einer akut belastenden Situation nur die Bindungspartnerin in der Lage ist, die Streßreaktion zu dämpfen (SACHSER et al., 1998). In dieser Untersuchung wurde überprüft, ob auch die Anwesenheit des männlichen Bindungspartners die Streßreaktion beim weiblichen Tier zu dämpfen vermag. Die Tiere entstammen drei Großgruppen bestehend aus jeweils acht adulten Männchen und zwölf adulten Weibchen sowie deren Nachwuchs (Gehegegröße ca. 6 m2, standardisierte Haltungsbedingungen). Durch Direktbeobachtung der Gruppen wurden für 14 Weibchen der männliche Bindungspartner ermittelt (Methoden: focal animal sampling continuous recording; 15 Stunden pro Weibchen). Am 18. ± 1 Tag ihrer zweiten Tragzeit wurde jedes dieser Weibchen aus der Heimatgruppe entnommen und einem sogenannten Reaktionstest unterzogen, indem es für vier Stunden in ein fremdes Gehege (Im2) gesetzt wurde. Dabei kamen sieben Weibchen jeweils zusammen mit einem vertrauten Männchen ihrer Heimatgruppe, zu dem aber keine Bindung bestand, in das fremde Gehege (Gruppe B), sieben Weibchen wurden zusammen mit ihrem Bindungspartner (Gruppe C) und acht weitere Weibchen allein getestet (Gruppe A). Direkt vor sowie ein, zwei und vier Stunden nach dem Test wurde den Weibchen Blut entnommen, um hieraus die Plasma-Cortisolkonzentrationen radioimmunologisch zu bestimmen. Während des vierstündigen Tests wurde das Verhalten der Tiere per Videokamera erfaßt und computergestützt ausgewertet. Die Weibchen zeigten während des Reaktionstests gegenüber ihrem Bindungspartner signifikant mehr Kontaktverhalten als gegenüber vertrauten Männchen (MannWhitney U-Test (zweiseitig), p<0.05) und wichen ihren Bindungspartnern signifikant seltener aus (p<0.05). Zwei Stunden nach Beginn des Reaktionstests zeigen die Weibchen aller drei Versuchsgruppen erhöhte Cortisolkonzentrationen: Die Anstiege der Cortisolkonzentrationen unterschieden sich jedoch zwischen den Gruppen A, B und C signifikant (H-Test: p<0.05). Den stärksten Anstieg zeigten Weibchen, die sich allein in der Testsituation befanden, den geringsten hatten dagegen diejenigen Weibchen, die zusammen mit ihrem Bindungspartner getestet wurden. Fazit: In einer akut belastenden Situation kann die Anwesenheit des männlichen Bindungspartners die endokrine Streßreaktion weiblicher Hausmeerschweinchen dämpF fen. Literatur SACHSER, N.; DÜRSCHLAG, M.; HIRZEL, D.: Social relationships and the management of stress. Psychoneuroendocrinol. 23 (1998), 891-904