13 Scheue Schwimmkünstlerinnen 1 Sie gehört zu unseren bekanntesten und häufigsten Schlangen, und dennoch wissen wir kaum etwas über die Ringelnatter. Ringelnattern sind scheu und ziehen sich meistens zurück, bevor wir sie entdecken. Zudem fühlen sie sich an vegetationsreichen, sumpfigen Ufern von Weihern und Seen am wohlsten - Gebiete, in denen sie nur schwer zu beobachten sind. Im Frühling aber kann man in der Nähe vieler Gewässer das Schauspiel einer Schlangenhochzeit erleben. Ein Dutzend oder mehr Nattern sind auf einem sonnigen Weg versammelt. Oft ist es nur ein Weibchen, das von etlichen liebeshungrigen Männchen bedrängt wird. Diese benehmen sich so ungestüm, dass es mehrere Stunden dauern kann, bis es einem der Freier gelingt, sich so an die Seite oder auf den Rücken eines Weibchens zu legen, dass die Paarung möglich wird. Die Tiere sind beim Paarungsspiel völlig mit sich selbst beschäftigt und kümmern sich kaum um ihre Umgebung. Rund drei Monate nach der Paarung legt das Weibchen seine Eier meist gegen die dreissig, gelegentlich sogar hundert, und zwar am liebsten in verrottendes Pflanzenmaterial, wo durch die Gärung Wärme entsteht. "Mensch und Tier"; Beobachter 11/93 13 Scheue Schwimmkünstlerinnen 2 An besonders günstigen Stellen legen manchmal Dutzende von Schlangen ihre Eier ab. Im Spänelager einer Sägerei hat man schon über 3500 Ringelnattereier gefunden. 60 bis 75 Tage nach der Ablage schlüpfen die durchschnittlich 18 Zentimeter langen Jungen. Sie sind sofort völlig selbstständig selbstständig), (auch: schwimmen, tauchen und machen bald schon erfolgreich Jagd auf kleine Tiere, vor allem auf Kaulquappen und junge Frösche. Auch später bilden Frösche und Molche die Hauptnahrung dieser Wassernattern. Sogar Kröten verschlingen sie, ungeachtet des Hautgiftes, das Lurche ausscheiden. Feuersalamander werden aber gemieden. Seltener stehen kleine Fische auf dem Speisezettel. Bei uns werden die Weibchen über einen Meter, in Südeuropa sogar bis zwei Meter lang. Männchen sind etwas kleiner. Die Färbung ist grau, oft auch mit einem Stich ins Grünliche oder Bräunliche, mit schwarzen Flecken oder ohne Zeichnung. Typisches Erkennungsmerkmal ist der helle, halbmondförmige Fleck an den Halsseiten. Die Wassernattern sind zwar noch nicht direkt gefährdet, doch ihre Bestände haben durch die Trockenlegung von Fluchtgebieten und den zunehmenden Freizeitsportbetrieb an unseren Seen abgenommen. "Mensch und Tier"; Beobachter 11/93