Schilddrüse und Schwangerschaft Wilhelm Krone Zentrum für Endokrinologie, Diabetologie und Präventivmedizin Universität zu Köln Physiologische Veränderungen in der Schwangerschaft und fetale Entwicklung Manifeste und subklinische Hypothyreose hCG-mediierte und Basedow-Hyperthyreose Physiologische Veränderungen in der Schwangerschaft • Erhöhte metabolische Anforderung • Erhöhtes Thyroxin(T4)-bindendes Globulin(TBG) • Erhöhte T4- und T3-Konzentrationen • Stimulation des TSH-Rezeptors durch humanes Choriongonadotropin (hCG) • Erniedrigte TSH-Konzentration • Jodbedarf um ca. 50 % erhöht: 250 µg/die Schilddrüse und fetale Entwicklung • SD-Hormonrezeptoren im fetalen Gehirn ab der 8. Woche nachweisbar • Produktion fetaler SDHormone ab der 10. Woche • Ausreichende Produktion wohl erst ab der Mitte der Schwangerschaft • Zuvor fetale Gehirnentwicklung wesentlich von maternalen SD-Hormonen abhängig Placenta-Schranke • TRH • TSH • fT4 • Jodid • TRAK • Thyreostatika Trimesterspezifische TSH-Normalwerte (µIU/ml) • 1. Trimester 0,1 – 2,5 • 2. Trimester 0,2 – 3,0 • 3. Trimester 0,3 – 3,0 Hypothyreose in der Schwangerschaft - Manifest (erhöhtes TSH, vermindertes fT4) - Subklinisch (erhöhtes TSH, normales fT4) Manifeste Hypothyreose in der Schwangerschaft assoziiert mit Komplikationen: •Präeklampsie und Schwangerschaftshypertonie •Plazentalösung •Frühgeburt (evt. <32. Woche) •Niedriges Geburtsgewicht •Erhöhte Sectiorate •Perinatale Morbidität und Letalität •Neuropsychologische und kognitive Störungen •Postpartale Blutungen Subklinische Hypothyreose in der Schwangerschaft Risiko für Komplikationen niedriger als bei manifester Hypothyreose, jedoch assoziiert mit: •Präeklampsie •Frühgeburt •Plazentalösung •Fehlgeburt •Evt. kognitive Störungen Diagnose der Hypothyreose in der Schwangerschaft • Erhöhtes TSH (Trimester-spezifisch) • fT4 und fT3 • Thyreoperoxidase(TPO)-Antikörper • Thyreoglobulin(TG)-Antikörper • Schilddrüsensonographie Therapie der Hypothyreose in der Schwangerschaft L-Thyroxin •Startdosis: bei manifester Hypothyreose: 1,6 µg/kg KG/die bei subklinischer Hypothyreose: 1,2 µg/kg KG/die •Therapieziel: Normalisierung des TSH auf Trimester-spezifische Referenzwerte bei hypothyreoten Pat. mit Kinderwunsch: TSH <2,5 mIU/ml bei hypothyreoten Pat., präkonzeptionell substituiert und euthyreot: Dosiserhöhung um 25 – 50 % Kontrollen des TSH bei Hypothyreose in der Schwangerschaft • alle 4 – 6 Wochen 1. Trimester • einmal 2. Trimester • einmal 3. Trimester • bis 6 Monate nach Entbindung Allgemeines oder individuelles TSH-Screening im 1. Trimester • • • • • • • • • Schwangere mit Symptomatik Jodmangelgebiet Eigen- oder Familienanamnese TPO-Antikörper Typ-1-Diabetes Vorzeitige oder Fehlgeburt Kopf- oder Halsbestrahlung Längerer unerfüllter Kinderwunsch Alter >30 Jahre Prävalenz der Hypothyreose in der Schwangerschaft • Schilddrüsen-Antikörper: 5 – 15 % • Latente Hypothyreose: 2 – 3% • Manifeste Hypothyreose: 0,3 – 0,5% Spontanabortraten bei maternaler Hypothyreose (n=150) Abalovich M et al., Thyroid (2002) 12:63 Frühgeburtenraten bei maternaler Hypothyreose (n=150) Abalovich M et al., Thyroid (2002) 12:63 Zusammenfassung (I) • Bei manifester und subklinischer Hypothyreose vor und während Schwangerschaft: L-Thyroxingabe wegen fetaler und maternaler Komplikationen • Ziel: TSH in trimesterspezifische Normalbereiche • Regelmäßige TSH-Kontrollen, um Dosis anzupassen • Bei TPO-AK-positiven euthyreoten Schwangeren ohne L-Thyroxintherapie: TSH-Kontrolle alle 4 Wochen in 1. Schwangerschaftshälfte • Wegen erhöhten Bedarfs Supplementierung mit 150 µg Iodid Hyperthyreose in der Schwangerschaft • Manifeste Hyperthyreose: – niedriges TSH, erhöhtes fT4 und/oder fT3 • Latente Hyperthyreose: – niedriges TSH, normales fT4 und fT3 • Differentialdiagnose: – M. Basedow: Struma, Ophthalmopathie, TRAK, Sonographie – hCG-mediierte Hyperthyreose: transient in der 1. Schwangerschaftshälfte, Symptomatik geringer als bei M. Basedow – andere Ursachen (selten) Komplikationen der manifesten Hyperthyreose in der Schwangerschaft • Spontanabort • Frühgeburt • Niedriges Geburtsgewicht • Intrauteriner Fruchttod • Präeklampsie • Herzinsuffizienz • Fetale Hypothyreose Komplikationen der latenten Hyperthyreose in der Schwangerschaft Keine Evidenz für negative Auswirkungen auf Schwangerschaft hCG und Schilddrüsenfunktion • hCG und TSH Glycoproteinhormone mit gemeinsamer α–Untereinheit und spezifischer β–Untereinheit • Große Homologie zwischen β-Untereinheit des hCG und TSH • hCG schwache Thyreoidea-stimulierende Aktivität (1 µU hCG = 0,0013 µU TSH) hCG und Schilddrüsenfunktion • hCG-Konzentration steigt rasch an mit Maximum 10. - 12. Woche • fT4 und fT3 steigen leicht an • TSH fällt entsprechend ab • 10 - 20 % temporär niedrig oder nicht messbare TSHKonzentration Therapie des Morbus Basedow • Ziel: Fetale und maternale Komplikationen minimieren • Serum fT4-Konzentration hochnormal • Niedrigst mögliche Medikamentendosis – Propyluracil (PTU) 1. Trimester – Thiamazol 2. und 3. Trimester Zusammenfassung (II) • hCG-mediierte Hyperthyreose nicht behandlungsbedürftig • Basedow-Hyperthyreose: wegen fetaler und maternaler Komplikationen Behandlung in einem Zentrum Wilhelm Krone Zentrum für Endokrinologie, Diabetologie und Präventivmedizin Universität zu Köln