Klinisches „Ethik-Komitee“ und „ethisches Konsil“ im Krankenhaus

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Pfr. Prof. Dr. Ulrich Eibach, Bonn
Klinisches „Ethik-Komitee“ und „ethisches Konsil“ im
Krankenhaus – Empfehlungen zur Einrichtung und Arbeitsweise*
* Erarbeitet unter beratender Mitwirkung der „Arbeitsgemeinschaft für Medizinische Ethik
im Krankenhaus“ des Konvents der Krankenhauseelsorger/innen der „Evangelischen Kirche
im Rheinland“ und von Prof. Dr. S. Ewig / Chefarzt Bochum, PD Dr. med. Th. Heinemann /
Bonn, Prof. Dr. E. Klaschik / Chefarzt Bonn, E. Püllen / Dipl. Pflegelehrerin Bonn, Prof. Dr.
K. Zwirner / Ärztlicher Direktor i.R. Saarbrücken, u.a.
Die Forderung nach Einrichtung von „Klinischen Ethik-Komitees“ (= KEK) und „ethischen
Konsilen“(eK) ist ein Symptom der ethischen Verunsicherung in der Medizin, die nicht nur
durch die zunehmenden Möglichkeiten der Medizin, Leben in ethisch fraglicher Weise zu
manipulieren und zu verlängern, und die wachsende Komplexität und Differenzierung in der
Medizin, sondern ebenso auch durch die Pluralisierung der Lebens- und Wertvorstellungen in
der Gesellschaft bedingt ist. Der Wertewandel in der Gesellschaft brachte es vor allem mit
sich, dass die Selbstbestimmung (Autonomie) des Menschen immer mehr als grundlegender
ethischer Wert betrachtet wird. Dieser Entwicklung ist auch das Medizinrecht zunehmend
gefolgt, so dass nicht mehr das Wohlergehen der Patienten und der Lebensschutz, sondern
immer mehr der Wille der Patienten zur obersten Richtschnur medizinischen und pflegerischen Handelns erklärt wurden. Dies führte in den beiden letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts zusammen mit der wachsenden Verfügungsmacht der Medizin über das Leben zu
einer Verunsicherung der bis dahin noch paternalistisch ausgerichteten ärztlichen Ethik. Mit
der Einrichtung von KEK und eK verbindet man daher nicht selten die Vorstellung, dass sie
die durch den medizinischen Fortschritt und den Wertewandel in der Gesellschaft aufgeworfenen ethischen Probleme besser – vor allem im Sinne der Patienten - zu lösen vermögen als
bisherige Entscheidungsstrukturen in der Medizin und dass durch sie die vielfältig bedingten
ethischen Verunsicherungen wirksam behoben werden können. Ehe man mit der Einrichtung
solcher Gremien derartige Erwartungen verbindet, muss aber gefragt werden, ob sie derartiges leisten und in welchen Situationen sie überhaupt hilfreich sein können. Erst dann kann
entschieden und geklärt werden, wie solche Gremien etabliert werden, welche Gestalt sie haben und nach welchen ethischen Kriterien sie arbeiten sollen.
I. Warum ein KEK bzw. ein eK? Welche Erwartungen richten sich an sie?
Für die Einrichtung solcher „ethischer Gremien“ werden insbesondere folgende Gesichtspunkte ins Feld geführt:
1. Die technischen Möglichkeiten der Medizin, ins Leben von Menschen einzugreifen – und
zwar in heilsamer wie bedenklicher Weise – werden immer größer. Insbesondere die zunehmenden Möglichkeiten, Leben zu verlängern, sind in ihrem Gewinn für die Patienten oft
schwierig zu bewerten, vor allem wenn ihr Einsatz in einer Situation erfolgen soll, in der die
Gesamt-Prognose eines Patienten sowohl hinsichtlich der Lebenserwartung wie erst recht der
„Lebensqualität“ schlecht ist. Ferner ist zu beachten, dass es immer mehr Subdisziplinen in
der Medizin gibt. Bei den wachsenden technischen Fortschritten der „Manipulation“ des
Lebens und den zunehmenden medizinischen Differenzierungen ist ein Facharzt allein oft
nicht mehr in der Lage, immer schwierigere sach- und patientengerechte Entscheidungen zu
fällen Die individuelle eigene ethische „Intuition“ eines Arztes reicht daher zur ethischen
Urteilsbildung über eine patientengerechte und ethisch begründbare Behandlung oft nicht
mehr aus. Erst recht ist auch der „mündige“ Patient mit einer Entscheidung über die Art der
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Behandlung, insbesondere in Krisensituationen, meist völlig überfordert. Daher kann es
sinnvoll sein, die Findung der Entscheidung über die Behandlung auf mehrere Schultern zu
verteilen und den Patienten entsprechend zu beraten oder – wenn er nicht mehr selbst entscheidungsfähig ist und nicht mehr zustimmen kann – ihn entsprechend zu behandeln.
Auch wenn diese Beschreibung der Situation zutrifft, stellen sich Fragen wie die, ob diese
Umstände als Legitimation für die Einrichtung eines KEK bzw. eK ausreichen, ob die Erfahrungsverbreiterung bei medizinischen Entscheidungen überhaupt eine gewichtige Rolle spielt,
ob bei Einrichtung derartiger Gremien wirklich interdisziplinäre Entscheidungen gefällt werden. Sicher ist die Erfahrungsbasis eines Facharztes heute geringer als früher. Er sieht weniger
Patienten und – als Folge der zunehmenden Spezialisierung – immer weniger umfassende
Krankheitsbilder. Bei den kurzen Liegezeiten geht die Übersicht über Krankheitsverläufe
ebenso verloren wie die Kenntnis der Patienten. Aber bedarf es, um diese Mängel aufzuheben,
einer interdisziplinären Zusammenarbeit oder gar spezieller ethischer Gremien? Und kann ein
eK oder ein KEK diese strukturellen Mängel im technisch und ökonomisch immer rationeller
organisierten Medizinbetrieb – insbesondere in Krankenhäusern – kompensieren? Voraussetzung für jede ethische Urteilsbildung ist eine umfassende Kenntnis der Patienten und eine
klare Beschreibung der medizinischen Sachlage gemäß dem aktuellen Kenntnisstand der Medizin mit einer möglichst klaren Unterscheidung zwischen gesicherten und nicht gesicherten
medizinischen Daten. Es ist kaum denkbar, dass eK und KEK die dahingehenden strukturellen Defizite im Krankenhaus wirksam ausgleichen können.
2. Nicht nur der medizinische Fortschritt, sondern auch der Pluralismus der Lebens- und
Wertvorstellungen in der Gesellschaft führt zur ethischen Verunsicherung, nicht zuletzt in
dem, was eine dem Willen der Patienten entsprechende medizinische und pflegerische Behandlung ist. Mit dem eK und dem KEK wird daher nicht zuletzt die Erwartung verbunden,
dass sie die Patienten vor einer ihrem Willen nicht entsprechenden Behandlung schützen können. Was und wie kann ein eK oder ein KEK dazu beitragen?
Durch ein aus verschiedenen Personen bestehendes eK oder KEK wird die Bandbreite
der „moralischen Intuitionen“ und Gesichtspunkte verbreitert, insbesondere wenn unterschiedliche Berufsgruppen (z.B. auch Pflegekräfte und Seelsorger/innen) in ein eK und ein
KEK einbezogen werden. Bis vor etwa 20 Jahren wurde in der hierarchisch organisierten Medizin nur „paternalistisch“, also allein von den leitenden Chef- und Oberärzten entschieden.
Man behauptete und tut das teils heute noch, dass die „Verbreiterung moralischer Intuitionen“
und „kollektive“ Entscheidungen notwendig zur Auflösung individueller medizinischer und
moralischer Verantwortung führen würde. Berechtigt bleibt die Frage, ob der Zuwachs an
Komplexität in medizinischen Entscheidungen durch eine Erweiterung „moralischer Intuitionen“ gelöst werden kann. Deshalb ist aber nicht die Einrichtung derartiger Gremien selbst
abzulehnen, zumal sie letztlich nur eine beratende Funktion wahrnehmen, keine für den verantwortlichen Arzt ethisch und insbesondere juristisch verbindliche Entscheidung fällen und
erst recht keinem Patienten eine ihrer Entscheidung entsprechende Behandlung aufnötigen
können.
Freilich ist klar zu unterscheiden, ob die Komplexität ein medizinisches oder ein ethisches
Problem ist. Wenn sie ein medizinisches und organisatorisches Problem ist, dann kann auch
ein eK sie letztlich nicht klären. Festzuhalten ist auf jeden Fall, dass es heute – im Unterschied zur Zeit, als Entscheidungen rein „paternalistisch“ gefällt wurden – nicht nur eine Begründungspflicht von medizinischen und ethischen Entscheidungen gegenüber den Patienten,
sondern auch gegenüber ärztlichen und pflegerischen Mitarbeitern wie auch gegenüber den
Angehörigen der Patienten gibt, wenigstens, wenn der Patient nur bedingt entscheidungsfähig
ist. Dazu bedarf es der Kommunikation miteinander, aber nicht unbedingt spezieller ethischer
Gremien. Defizite in der Kommunikation könnten z.B. in der gemeinsamen Visite von Ärzten
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und Pflegekräften ausgeglichen werden. Um derartige Defizite in der Kommunikation und
Organisation auszugleichen, bedarf es also nicht der Einrichtung ethischer Gremien, sondern
der sinnvollen „Wiederbelebung“ von vorhandenen, aber nicht mehr sinnvoll ausgefüllten
Kommunikationsstrukturen wie z.B. der gemeinsamen Visite von Ärzten und Pflegekräften
und anderer Besprechungen. Hier könnten und sollten auch ethische Fragen besprochen und
geklärt werden.
3. Insbesondere wichtig ist in dieser Hinsicht das Gespräch zwischen Ärzten und Pflegekräften. Die paternalistische Entscheidungsstruktur in der Medizin ging davon aus, dass der behandelnde Facharzt bzw. Chefarzt allein die Entscheidungen über die Behandlung fällt und sie
allein zu verantworten hat. Danach sind die anderen Ärzte und insbesondere die Pflegenden
nur ausführende Organe von deren Entscheidungen. Dies ist jedoch nur die „halbe Wahrheit“. Befragungen bei Pflegekräften ergaben, dass ca. 80% der Pflegekräfte die größte Belastung in ihrem Beruf dann gegeben sahen, wenn sie Behandlungen, die sie auf ärztliche Anordnung auszuführen hatten, als medizinisch, pflegerisch und menschlich-ethisch fraglich
ansahen (vgl. Bärbel Hempel, Berufliche Zufriedenheit, Belastungsfaktoren im Umgang mit
Sterben und Tod, in: Magazin für Funktionsdienste und Fachweiterbildung, Heft 17/2001).
Daher kommt das Gefühl schnell auf, dass Pflege oft „menschenunwürdig“ geschieht. Hinzu
kommt, dass Angehörige sich mit ihren Sorgen, Bedenken und Fragen in erster Linie an Pflegekräfte wenden. Sie bringen diese damit als bloß „ausführende Organe“ von Entscheidungen
anderer, die sie oft nicht mit zu tragen vermögen, in eine in vieler Hinsicht belastende Situation. Auf diesem Hintergrund ist es verständlich, dass Pflegekräfte sich durch ein eK eine
„Entlastung“ und mehr Mitspracherecht bei Entscheidungen erhoffen. Dies ist eine berechtigte und ethisch gut begründbare Erwartung, die aber nicht selten in erster Linie aus einem
Mangel an Kommunikation unter den Berufsgruppen resultiert.
Zu bedenken ist, dass ein eK und ein KEK besonderen Situationen vorbehalten sein und
eindeutig ethische Fragestellungen verfolgen soll. Ein eK soll vor allem zu Entscheidungen
kommen, die dem Wohlergehen von Patienten dienen, und nicht primär das Ziel verfolgen,
einer Berufsgruppe mehr Mitsprachemöglichkeiten einzuräumen. Allerdings kann ein größeres Mitspracherecht der Pflegenden gerade diesem Wohlergehen der Patienten dienen. Unbestritten können die Pflegekräfte ein Wissen einbringen, das für ethische Entscheidungen
zum Wohlergehen des Patienten wesentlich und unverzichtbar ist. Aufgabe der Pflegenden ist
es nicht zuletzt, die Befindlichkeit der Patienten zu ermitteln. Viele Ärzte verzichten aber bei
Entscheidungen über Einleitung, Fortsetzung oder Abbruch medizinischer Maßnahmen darauf, diese Befindlichkeit und das entsprechende Wissen der Pflegenden bei ihren Entscheidungen zur Kenntnis zu nehmen und zu berücksichtigen. Die Frage ist aber, ob dieses
„Kommunikationsdefizit“ und die dahinterstehenden strukturellen Probleme (z.B. Hierarchie
in der Medizin, mangelnde Achtung der Pflegeberufe, Zeitmangel usw.) durch die Einrichtung von eK und KEK behoben werden können und sollen. Zur nötigen Verbesserung der
Kommunikation unter allen an der Behandlung und Pflege beteiligten Personen bedarf es an
sich keines eK und KEK. Zu fragen ist auch, ob ein eK oder ein KEK geeignete Instrumente
sind, um die Rolle der Pflegekräfte bei Entscheidungen über medizinische und daraus resultierende pflegerische Behandlungen „aufzuwerten“, und ob dies nur durch die Einrichtung derartiger ethischer Gremien erreicht werden kann. Dazu bedarf es vor allem anderer „struktureller“ und „rechtlicher“, die Rolle der Pflegekräfte aufwertender Veränderungen.
Die ethischen Probleme in der Medizin lassen sich aber allein durch eine Verbesserung der
Kommunikation zwischen an der Behandlung beteiligten Berufsgruppen und mit den Patienten und ihren Angehörigen nicht lösen. Aber Kommunikation und Einübung in Kommunikation sind Voraussetzungen für das Gelingen von Entscheidungen zum Wohle der Patienten.
Die Alltagskommunikation reicht aber für ein eK und ein KEK nicht aus, auch nicht die
Kommunikation bei einer klinischen Visite. Hier finden heute meist kaum noch gemeinsam
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getragene ethische Entscheidungen statt. Die Struktur der Visiten sieht derart ausgerichtete
Gespräche kaum noch vor. „Ratlosigkeit“, als häufige Voraussetzung eines eK, hat in der
Struktur der Visite, wie des Krankenhauses überhaupt, kaum noch Platz. Die Pflegenden sind
bei der Visite und auch bei anderen gemeinsamen Besprechungen - nach den Patienten –
meist in der schwächsten Position. Es ist allerdings möglich, dass sich diese Strukturen im
Vollzug von eK ändern lassen. Dazu ist es nötig, dass ein eK klaren Regeln – auch der Kommunikation – folgt. Die wesentlichste Regel ist dabei, dass jeder Teilnehmer gleiches Rederecht und Recht auf Gehör hat und dass alle Teilnehmer bereit sind, die Meinung anderer zu
hören und bei ihrer Entscheidung zu berücksichtigen. Werden solche Gesprächsregeln nicht
beachtet und kommt es nicht zu einer durchsichtigen Urteilsbildung und Entscheidung, so
verleitet das dazu, dass Entscheidungen von den juristisch verantwortlichen Fachärzten ohne
Rücksicht auf das, was im eK oder dem KEK gesagt wurde, gefällt werden.
Die „Hierarchie“ in der ärztlichen Verantwortung kann aus ethischen, fachlichen und juristischen Gründen letztlich nicht durch ein eK bzw. KEK ersetzt werden. Der behandelnde Facharzt trägt ethisch und juristisch die Verantwortung für die Entscheidungen, die Grundlage der
medizinischen Behandlungen sind. Deshalb kann ein eK bzw. ein KEK nur eine beratende
Funktion wahrnehmen, und können seine Entscheidungen nur Empfehlungen sein, die allerdings sehr ernst genommen werden sollten. Wenn der juristisch verantwortliche Facharzt
dann dennoch Entscheidungen fällt, die vom eindeutigen Mehrheitsvotum in einem eK oder
KEK abweichen, sollte er verpflichtet sein, seine abweichende Entscheidung den Mitgliedern
dieser Gremien verständlich zu begründen.
4. Ein eK und ein KEK sind also nur bedingt kollektive Entscheidungsträger. Sie sollen allerdings doch so etwas wie eine „korporative Identität“ widerspiegeln, die die Ebene individueller Entscheidungen, insbesondere derjenigen Entscheidungen, die von anderen nicht mitvollzogen werden können, übersteigt und die Entscheidungen auf eine breitere Basis stellt, so
dass sie von möglichst vielen, an ihren Folgen Beteiligten nachvollziehbar sind und möglichst
geteilt werden können. Die Tatsache allein, dass man derartige Gremien mit ethischer Zielsetzung bildet, gibt aber noch keine Auskunft darüber, nach welchen ethischen Kriterien in einem eK und einem KEK verfahren und entschieden werden soll und wer befugt ist, derartige
ethische Kriterien und Leitlinien des Entscheidens festzulegen und damit auch andere, insbesondere widersprechende ethische Gesichtspunkte abzulehnen.
Diese Frage stellt sich insbesondere im Blick auf Krankenhäuser, deren Träger nicht zu
weltanschaulicher Neutralität verpflichtet sind, die vielmehr eine bestimmte „Weltanschauung“ vertreten. Hierzu gehören die Krankenhäuser in kirchlicher Trägerschaft. Dürfen sie von
ihrer „Weltanschauung“, ihrem christlichen Glauben geprägte ethische Leitlinien aufstellen,
die zugleich für das ethische Entscheiden im KEK und in eK verbindlichen Charakter haben?
Dagegen können Einwände geltend gemacht werden wie die, dass die Patienten von ganz anderen weltanschaulichen Vorgaben herkommen können, dass man Entscheidungen über ihr
Leben daher nicht von christlichen Vorgaben abhängig machen dürfe, oder dass Ärzte und
Pflegekräfte in ihrem Handeln primär dem ärztlichen und pflegerischen „Berufsethos“, Standesrecht und der allgemeinen Rechtsordnung und nicht einer speziellen christlichen Ethik
verpflichtet sind. Derartige Anfragen führen in schwer lösbare grundlegende Fragen wie die,
ob es eine allgemeinverbindliche Ethik geben kann und muss, die von allen „weltanschaulichen“ Vorgaben frei ist. Doch worauf gründet eine derartige Ethik?
Sicher muss man derartige Fragen bedenken, wenn Krankenhäuser in kirchlicher Trägerschaft auf der Grundlage des christlichen Glaubens Leitlinien entwickeln, die zugleich Orientierung für die Entscheidungen in KEK und eK geben. Letztlich können ohne derartige allgemeine Leitlinien und nur auf der Basis der geltenden und auch für Krankenhäuser in christlicher Trägerschaft verbindlichen Rechtsordnung diese ethischen Gremien kaum zu sinnvollen
Entscheidungen kommen. Die Rechtsordnung schließt einen ethischen „Sonderweg“ für Ein-
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richtungen in kirchlicher Trägerschaft ja nicht aus, sofern damit nicht gegen geltendes Recht
verstoßen wird. Aber es bedarf natürlich vor Einrichtung von ethischen Gremien und in ihrer
Arbeit immer der Klärung, wie sich die christlich geprägten Leitlinien zu anderen ethischen
Auffassungen, zum ärztlichen und pflegerischen Standesethos und zur Rechtsordnung verhalten.
5. Die einleitenden Überlegungen führen zu der Erkenntnis, dass der Wunsch nach Einrichtung von ethischen Gremien (eK und KEK) zunächst einmal Ausdruck der Feststellung nicht
nur ethischer, sondern auch kommunikativer und struktureller Defizite im Krankenhaus ist.
Wenn ihre Einrichtung nicht eine „Alibi-Funktion“ haben soll, die es geradezu verhindert,
dass entsprechende vorethische Defizite im Krankenhausalltag aufgedeckt und behoben werden, dann bedarf es zunächst der Verbesserung der strukturellen Defizite und nicht der Verschleierung dieser Defizite durch die Einrichtung derartiger Gremien, vielleicht sogar nur mit
einer nach außen wirkenden Absicht („Image-Pflege“). Die Einrichtung derartiger Gremien
an sich garantiert jedenfalls nicht, dass die ethische Dimension in der Praxis der Medizin ein
größeres Gewicht bekommt, wenigstens so lange nicht, wie das Anliegen, das mit der Einrichtung derartiger Gremien verbunden ist, nicht von allen Entscheidungsträgern und möglichst
vielen Mitarbeitern im Krankenhaus bejaht und gefördert wird.
II. Einrichtung und Durchführung eines „ethischen Konsils“ (eK) und eines
„klinischen Ethik-Komitees“ (KEK)
1. Zur Unterscheidung eines „eK“ vom „KEK“
Wir sind von der Unterscheidung zwischen einem „eK“ und einem „KEK“ im Krankenhaus
ausgegangen. Diese Unterscheidung erweist sich als sinnvoll. Ein eK ist überwiegend eine auf
konkrete und für eine bestimmte Station oder Abteilung typische Fälle bezogene ethische Beratung unter Personen, die mit der Behandlung eines Patienten befasst sind, über dessen weitere Behandlung Unklarheit besteht. Dabei steht meist eine ganze bestimmte, ethisch schon
definierte Fragestellung im Vordergrund. Das ethische Problem muss daher meist nicht erst
herausgearbeitet werden. Typisches Beispiel ist eine Intensivstation, in der ein eK stattfindet,
um eine Klärung der weiteren Behandlungsstrategie herbeizuführen, insbesondere um zu klären, ob man bei einer infausten Prognose eine Behandlungsänderung bzw. – begrenzung vornehmen soll, die das Sterben eines Menschen zulässt. Eine typische Situation auf einer geriatrischen Station stellt sich, wenn die natürliche orale Ernährung nicht mehr ausreichend möglich ist und daher eine künstliche Ernährung, z.B. durch eine PEG-Sonde, zur Diskussion
steht. Anleitungen (Formulare) zur ethischen Urteilsbildung bei eK orientieren sich oft an
solchen typischen Situationen.
Die Aufgabenbereiche eines KEK sind viel weiter zu fassen. Entsprechend anders ist seine Zusammensetzung (vgl. 3.2). Es hat übergreifende ethische Leitlinien zu erarbeiten, kann
aber auch bei Einzelfallentscheidungen beratend tätig werden. Grundsätzlich können alle im
Krankenhaus auftretenden ethischen Probleme im KEK besprochen werden (vgl. Nr. 3.3).
Sowohl im eK wie im KEK müssen auch juristische Fragen bedacht werden. Nach derzeitigen Rechtslage haben beide Gremien keine letztentscheidende Befugnis. Die liegt, sofern es
sich um Fragen der medizinischen Behandlung handelt, beim verantwortlichen Facharzt und
in anderen Fragen bei den zuständigen Leitungsgremien des Krankenhauses.
Ein eK und ein KEK stellen weder einen Ersatz für Supervision auf Stationen noch geeignete Gremium dar, bei rein zwischenmenschlichen und sonstigen arbeitsorganisatorischen
Konflikten tätig zu werden. Sie sollten ausschließlich der Klärung und Bearbeitung ethischer
Fragen dienen.
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2. Zur Einrichtung, Zusammensetzung und Arbeitsweise eines „ethischen Konsils“ (eK)
2.1. Zur Einrichtung eines eK
Die Chance für ein Funktionieren eines eK ist nur gegeben, wenn die leitenden Ärzte und die
Oberärzte für diese Form einer „ethischen Beratung“ offen sind. Letztendlich kann ein mit
Kompetenzen ausgestattetes eK nur mit ausdrücklicher Zustimmung des leitenden Arztes einer Abteilung etabliert werden. Deshalb empfiehlt es sich, mit der Einrichtung eK in den Abteilungen zu beginnen, in denen die leitenden Ärzte dafür offen sind. Allerdings kann der Träger des Krankenhauses deutlich machen, dass er an der Einrichtung von eK interessiert ist,
ihre Einrichtung so anstoßen und unterstützen. So werden auch die leitenden Ärzte herausgefordert, die Einrichtung eines eK zu fördern, die dieser Form ethischer Beratung reserviert
oder ablehnend gegenüberstehen. Eine Initiative zur Einrichtung eK kann und sollte auch von
den Pflegekräften ausgehen.
Die Einrichtung eines eK ist auf allen Stationen sinnvoll, auf denen Menschen in kritischen
Lebenssituationen behandelt werden, insbesondere wenn sie nicht mehr hinreichend selbst
entscheidungsfähig sind, also nicht nur auf Intensivstationen, sondern z.B. auch in der Onkologie, Psychiatrie, Geriatrie. Auch auf solchen „allgemeinen“ Stationen stellen sich Fragen
wie die nach der Behandlungsbegrenzung bei chronisch kranken Menschen. Sinnvoll ist es,
hier schon im Vorfeld akuter lebensbedrohlicher Krisen Entscheidungen wie die zu fällen, ob
eine Intensivtherapie überhaupt noch eingeleitet werden soll. Solche Klärungen im Vorfeld
sind wichtig, damit im Krisenfall nicht „blind agiert“ und der Tod nicht sinnlos bekämpft
wird. In vielen Fällen kann im Vorfeld – oft auch gemeinsam mit den Patienten und /oder
seinen Angehörigen - geklärt werden, wie weit man in der Behandlung gehen will.
2.2. Zur Zusammensetzung und Arbeitsweise
Ein eK setzt sich in der Regel aus Mitarbeitern der an der Behandlung beteiligten Berufsgruppen zusammen. Außenstehende können und sollten immer wieder beratend hinzugezogen
werden. Dies ist unter anderem sinnvoll, damit in einem eK sich nicht zu schnell nicht mehr
hinterfragte Entscheidungsmuster herausbilden. Diskutiert werden kann, ob die Leitung (bzw.
Moderation) vom zuständigen Chef- bzw. Oberarzt der Station wahrgenommen wird oder ob
sie möglichst einem „Außenstehenden“ übertragen werden sollte. In Frage käme z.B. ein an
der Behandlung nicht direkt beteiligter und in die Hierarchie der Abteilung nicht direkt eingebundener Facharzt aus den betroffenen Disziplinen oder auch einer anderen Disziplin, der
aber dennoch über hinreichende Kompetenz in dem Fachgebiet verfügt. Es dürfte aber oft
schwierig sein, einen „externen“ Facharzt für diese Aufgabe zu gewinnen. Wenn letzteres
nicht möglich ist, sollte möglichst ein stationsexterner Arzt beteiligt sein. Sofern ein KEK im
Krankenhaus besteht, könnten auch in den anliegenden medizinischen und ethischen Fragen
kompetente Mitglieder aus diesem Gremium die Moderation übernehmen. Grundsätzlich sollten die am eK Beteiligten den Moderator aber selbst bestimmen.
Die Moderation sollte möglichst nur derjenige übernehmen, der über Kompetenz in der
Gesprächsführung und in ethischen Fragen (ethischer Urteilsbildung) verfügt. Er sollte in der
Lage sein, das Gespräch nach ethischen Gesichtspunkten zu strukturieren (vgl. Anhang, Anleitung zur ethischen Urteilsbildung ...) und darauf achten, dass medizinisch-sachliche, seelische und ethische Gesichtspunkte gleichgewichtig betrachtet und in die Entscheidung einbezogen werden und dass die maßgeblichen ethischen und standesethischen Grundsätze (z.B.
Grundsätze der Bundesärztekammer zur ärztlichen Sterbebegleitung) und rechtlichen Bestimmungen bei der Urteilsbildung hinreichend berücksichtigt werden .
Wenn ein KEK im Krankenhaus besteht, sollte wenigstens ein in den anliegenden medizinischen und vor allem ethischen Fragen kompetentes Mitglied zur Beratung hinzugezogen
werden. Gegebenfalls kann ein eK weiteren externen Rat einholen (z.B. eines Juristen). Die
Initiative zur Einberufung eines eK kann von allen an der Behandlung und der Betreuung der
Patienten beteiligten Personen sowie – sofern möglich - dem Patienten selbst wie auch seinen
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Angehörigen oder seinem Bevollmächtigten bzw. Betreuer ausgehen. Der „Moderator“ entscheidet über die Einberufung eines eK.
2.3. Zur Beteiligung eines Seelsorgers am eK
Die Beteiligung eines Seelsorgers am eK ist sinnvoll, sofern er über hinreichende Kompetenz
verfügt, insbesondere in ethischen Fragen, und wenn ihm der Patient und /oder seine Angehörigen aus der seelsorgerlichen Begleitung bekannt sind, denn dann kann er zur Ermittlung des
Patientenwillens und einer ihm entsprechenden Behandlung wichtige Informationen einbringen. Auch sofern bei nicht mehr entscheidungsfähigen Patienten ausdrückliche Gespräche zur
Ermittlung des „mutmaßlichen“ Patientenwillens mit den Angehörigen nötig sind, kann er in
diesen Gesprächen eine wichtige Aufgabe übernehmen. Ist die Beteiligung des Seelsorgers
am eK nicht die Regel, so sollten Pflegekräfte und Ärzte die Angehörigen fragen, ob der Seelsorger am eK beteiligt sein soll. Wenn dies von Angehörigen gewünscht wird, ist er ebenso
einzuladen, wie wenn an der Behandlung beteiligte Pflegekräfte und/oder Ärzte das wünschen.
Über eine Kenntnis des Patienten hinaus muss der Seelsorger fähig sein, auf dem Hintergrund medizinischer Sachdarstellungen strukturierte Anfragen zu stellen. Er sollte insbesondere darauf achten, dass der Patient als Person und nicht nur als Objekt der Behandlung thematisiert wird. Nicht zuletzt sollte er auf der Grundlage hinreichender ethischer Kenntnisse
dazu beitragen, dass die Beratung nach ethischen Gesichtspunkten strukturiert wird (vgl. Anhang „Anleitung zur ethischen Urteilsbildung ...). Denkbar ist es auch, dass ein Seelsorger die
Moderation übernimmt, wenn er über besondere Kompetenz in der Gesprächsführung und
ethischen Fragen verfügt. Er würde im eK gleichsam die Außenperspektive des „kompetenten Laien“ einbringen.
2.4. Entscheidungen: Konsens oder Mehrheitsentscheidung? – Dokumentation: Wie?
Offen bleibt, mit welcher Mehrheit Entscheidungen im eK gefällt werden müssen, um eine
wegweisende Aussage für den juristisch verantwortlichen Chef- bzw. Oberarzt zu haben, ob
solche Entscheidungen einstimmig oder nur mehrheitlich gefällt werden müssen. Beratungen
eines eK sollten möglichst, aber nicht notwendig zu einem Konsens führen. Ist dieser nicht
annähernd erreichbar, können Entscheidungen, sofern dies möglich ist, für eine begrenzte Zeit
aufgeschoben und dann eine neue Beratung angesetzt werden. Jedes einzelne Mitglied des eK
kann in dieser Zeit für sich den Fall nochmals eingehender und gegebenenfalls auch aufgrund
neuer Informationen bedenken. In solchen Fällen kann auch externer Rat eingeholt und können weitere entscheidungsrelevante Faktoren ermittelt werden.
Die Entscheidung des eK ist für den juristisch verantwortlichen behandelnden Facharzt
nicht verbindlich. Er ist frei, anders zu entscheiden, sollte aber verpflichtet sein, seine abweichende Entscheidung den Mitgliedern des eK hinreichend verständlich und durchsichtig
ethisch zu begründen. Das eK muss sich dann fragen, ob und inwieweit es die abweichende
Entscheidung des zuständigen Facharztes dann doch mittragen kann und will. Entscheidungen
eines eK (bzw. auch eines KEK) sind den anderen beteiligten Mitgliedern der jeweiligen Berufsgruppe durch den Vertreter der Berufsgruppe im eK so zur Kenntnis zu bringen, dass sie
sie nachvollziehen können.
Die Empfehlungen des eK sind nicht im Detail in den Krankenakten zu vermerken, sondern
nur als „Ergebnisprotokoll“. Es empfiehlt sich allerdings, dass der Moderator oder ein anderes
Mitglied ein Gedächtnisprotokoll über den Verlauf des Gesprächs, insbesondere die Punkte,
die für die Entscheidung wesentlich waren, und das Ergebnis der Abstimmung (ohne Namensnennung) anfertigt, damit bei kritischen Rückfragen darauf zurückgegriffen werden
kann.
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2.5. Zur Rolle der Angehörigen
Eine Beteiligung der Angehörigen am eK ist nicht möglich, jedoch sollten sie die Einberufung eines eK ebenso wie ein Patient selbst verlangen können. Angehörige sind also gegebenenfalls ausdrücklich auf das Bestehen eines eK und die Möglichkeit, sein Zusammentreten
zu beantragen, hinzuweisen. Die Anhörung von Angehörigen durch einen oder mehrere Vertreter des eK, die ihr Vertrauen haben (z.B. Arzt, Pflegekraft, Seelsorger), sollte gewährleistet
und die Regel sein, auch dann, wenn sie das eK nicht selbst beantragt haben. Man sollte sie
nicht zu einer eigenen Entscheidung drängen, sondern deutlich machen, dass die Entscheidung im eK unter Berücksichtigung ihrer Äußerungen gefällt wird.
3. Klinisches Ethik-Komitee (KEK): Zusammensetzung, Kompetenzen der Mitglieder, Aufgaben und Arbeitsweise
3.1. Zur Einrichtung
Ein KEK sollte keine Legitimationsinstanz für den Träger des Krankenhauses noch für bestimmte Interessengruppen sein, sondern primär eine die Arbeit des Krankenhauses ethisch
kritisch begleitende Funktion wahrnehmen. Juristisch ist ein KEK allerdings durch den Träger des Krankenhauses (Vorstand) einzusetzen und sind seine Mitglieder von ihm zu berufen.
An der Auswahl der Mitglieder sollten die im Krankenhaus tätigen und mit medizinischen
und pflegerischen Fragen befassten Berufsgruppen (vgl. 3.2) beteiligt sein. Die Berufung der
Mitglieder durch den Träger sollte möglichst auf Vorschlag der verschiedenen in Frage kommenden Berufsgruppen erfolgen. Diese müssen daher geeignete Verfahren zur Auswahl der
zu benennenden Personen finden. Für Pflegekräfte ist z.B. die Stationsleiterkonferenz ein geeignetes Gremium für die Auswahl. Eine Ernennung durch die Pflegedienstleitung wäre auch
möglich. Ärzte und andere Berufe müssten entsprechende, möglichst demokratische Formen
für die Benennung von Mitgliedern des KEK finden. Die Mitglieder des KEK wählen aus
ihrer Mitte den Vorsitzenden.
Ein KEK bedarf einer Satzung bzw. einer Geschäftsordnung, die von dem Gremium selbst
unter juristischer Beratung zu erarbeiten und vom Träger des Krankenhauses in Kraft zu setzen ist. Die folgenden Empfehlungen zur Struktur und Arbeitsweise eines KEK können auch
Anhalte für die Formulierung einer Satzung geben.
3.2. Zusammensetzung eines KEK und Kompetenz seiner Mitglieder
Entsprechend der im Vergleich zum eK viel weiter gefassten Aufgabenstellung (vgl. 3.4)
und der umfassenderen ethischen Perspektive eines KEK muss seine Zusammensetzung auch
anders sein. Repräsentiert sein sollten auf jeden Fall die im Krankenhaus mit Patienten und
mit ethischen Fragen befassten Berufsgruppen: Pflegekräfte, Ärzte, Psychologen / Sozialarbeiter, Seelsorger. Es sollten verschiedene hierarchische Ebenen aus den Berufsgruppen vertreten sein. Nicht ohne Probleme könnte die Berufung eines Vertreters der Verwaltung sein.
Je nach Gewicht dieses Vertreters im KEK besteht dann zu befürchten, dass angesichts des
wachsenden ökonomischen Drucks im Krankenhaus ethische Fragen, insbesondere sozialethischer Art (vgl. Nr.3.4), nach ökonomischen Kriterien entschieden oder doch von ihnen dominiert werden. Andererseits erscheint es wichtig, dass die Verwaltung in ein KEK eingebunden
ist, einmal, damit ihre - auch die ökonomischen - Gesichtspunkte bedacht werden, und zum
anderen, weil sie in vielen Fällen für die Umsetzung der Ergebnisse eines KEK Sorge zu tragen hat. Es ist aber besonders darauf zu achten, dass ethische Überlegungen nicht von ökonomischen Gesichtspunkten beherrscht werden. Denkbar ist auch, einen Vertreter der Verwaltung nur bei Bedarf einzubeziehen. Weil viele Fragen ethischer Art nur unter Bezugnahme
auf Rechtsvorschriften zu klären sind, sollte ein Vertreter mit entsprechender juristischer
Kompetenz vertreten sein, entweder als ständiges Mitglied, oder er sollte bei Bedarf hinzugezogen werden.
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Die Größe eines KEK sollte 12 feste Mitglieder möglichst nicht übersteigen. Die Berufung
der Mitglieder sollte auf vier Jahre erfolgen. Eine Wiederwahl sollte möglich sein. Es sollten
zu besonderen Fragen Personen mit entsprechender Fachkompetenz sowie Personen aus den
Abteilungen, aus denen ethische Probleme behandelt werden, hinzugezogen werden können.
Neben den Vertretern der oben genannten Berufsgruppen sollte der Patientenfürsprecher berufen werden. Bei Spezialkliniken müssen die Besonderheiten in diesen Kliniken bei der Zusammensetzung des KEK berücksichtigt werden. So könnten in psychiatrischen Kliniken ein
Vertreter der Kranken (z.B. aus Selbsthilfegruppen) und in Kinderkliniken ein „Elternvertreter“ Mitglied im KEK sein. In der Regel könnte sich ein KEK folgendermaßen zusammensetzen: leitende Pflegekraft, stationsleitende Pflegekraft, Pflegekraft (alle aus verschiedenen Fachabteilungen), leitender Arzt, Oberarzt, Stationsarzt (alle verschiedene Fachrichtungen), Lehrer der Krankenpflegeschule, Vertreter der Verwaltung, Sozialarbeiter/bzw.
Psychologe, Jurist, Seelsorger, Patientenfürsprecher, Vorsitzender.
Der Vorsitz im KK sollte von einem Arzt wahrgenommen werden, der von den berufenen
Mitgliedern des KEK ausgewählt bzw. ausdrücklich bejaht wird. Es ist darauf zu achten, dass
der Vorsitzende eine möglichst unabhängige Position gegenüber dem Träger des Krankenhauses und der Krankenhausleitung (kaufmännische, ärztliche, pflegerische Leitung) hat und dass
er durch die Mitglieder des KEK selbst, wenigstens aber nur mit ihrer ausdrücklichen Zustimmung bestimmt wird. Medizinischer Sachverstand ist ebenso nötig, wie Grundkenntnisse
in ethischer Urteilsbildung und die Fähigkeit zu einer guten Gesprächsleitung. Er hat dafür zu
sorgen, dass alle Mitglieder des KEK ein gleichberechtigtes Rederecht erhalten und mit Gehör
ihrer Beiträge rechnen können. Nicht zuletzt hat er darüber zu entscheiden, welche an das
KEK herangetragenen Fragen ethischer Art sind und ob sie daraufhin zur Beratung zugelassen werden.
Mehr als beim eK muss und sollte auf die „ allgemeine“ menschliche und fachliche Kompetenz der zu berufenden Mitglieder geachtet werden. Eine spezifische wissensmäßige „ethische Kompetenz“ sollte aber – außer bei der / dem Vorsitzenden - nicht zur Voraussetzung
einer Berufung gemacht werden, vielmehr sollte diese durch gemeinsame Schulungen und
Arbeit des KEK erarbeitet werden (z.B. durch Fallbesprechungen aus der Literatur, durch
Vermittlung von Kenntnissen über standesethische Richtlinien, allgemeine medizinethische
Erkenntnisse, Rechtsvorschriften usw.). Damit sich im KEK im Laufe der Zeit nicht unhinterfragte Entscheidungsmuster unter Ausblendung wichtiger Fragen herausbilden, ist es sinnvoll,
immer wieder auch externe Berater einzubeziehen und geeignete Fortbildungen durchzuführen.
3.3. Zur Rolle und Aufgabe des Krankenhausseelsorgers im KEK
Der Krankenhausseelsorger ist im KEK nicht nur als Seelsorger gefragt, der seine Kenntnisse
über Patienten und seine seelsorgerlichen Erfahrungen einbringt, sondern vor allem auch hinsichtlich seiner Kompetenz in ethischen Fragen. Eine umfassende Kenntnis der im Krankenhaus und der Medizin überhaupt relevanten ethischen Fragen darf und muss von ihm erwartet
werden. Er sollte in erster Linie die Sicht der christlichen Ethik einbringen und sie in ihrer
Relevanz für ethische Fragen im Krankenhaus entfalten können, sollte aber auch mit anderen
ethischen, insbesondere philosophisch-ethischen Theorien und mit den standesethischen Verpflichtungen und Richtlinien der Ärzte und Pflegekräfte vertraut sein, sollte sie mit den christlich-ethischen Sichtweisen in Beziehung bringen und sie in kompetenter Weise in die Beratungen einbringen können. Er sollte insbesondere einen Beitrag leisten können, die Beratungen im KEK nach ethischen Gesichtspunkten zu strukturieren (vgl. Anhang: „Anleitung zur
ethischen Urteilsbildung im Krankenhaus“). Nicht zuletzt sollte er seine im Vergleich zu den
Ärzten und Pflegekräften andere Wahrnehmung der Patientenwirklichkeit und auch der gesamten Wirklichkeit eines Krankenhauses in ihrer ethischen Bedeutung entfalten.
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3.4. Zu den Aufgaben eines KEK
Die Aufgabenstellung eines KEK reicht weiter als die eines eK, das sich hauptsächlich mit
konkreten Einzelfallentscheidungen in aktuell anliegenden Situationen befasst. Es kann ethische Leitbilder und Leitlinien für das gesamte Krankenhaus erstellen, Richtlinien in ethischen
Fragen erarbeiten, die für das gesamte Krankenhaus von Bedeutung sind (z.B. Umgang mit
Patientenverfügungen), und für häufig wiederkehrende Behandlungsentscheidungen (typische
Entscheidungssituationen wie der Verzicht auf kurative Behandlungen) in verschiedenen Abteilungen wie auch für grundsätzliche ethische Orientierungen in speziellen ethischen Fragen
einzelner Abteilungen (Gynäkologie: Umgang mit Schwangerschaftsabbruch, Pränataldiagnostik, Totgeburten, Frühgeburten u.a.; Neonatologie: Behandlung von frühstgeborenen und
schwer behinderten Kindern; Geriatrie: z.B. Richtlinien zum Legen von PEG-Sonden; Psychiatrie: Umgang mit umstrittenen Behandlungsmethoden wie z.B. Elektro-Krampf-Therapie,
mit „Freiheitsberaubung“). Es sollte ethisch und rechtlich relevante Informationen für das
gesamte Krankenhaus und einzelne Abteilungen bearbeiten, sie für das Krankenhaus (z.B.
gemäß den eigenen ethischen Leitlinien) konkretisieren und zur Kenntnis bringen, so z.B. die
„Grundsätze der Bundesärztekammer zur ärztlichen Sterbebegleitung“, die Empfehlungen
zum Umgang mit Patientenverfügungen, die verschiedenen Verlautbarungen zum Bereich der
pränatalen und perinatalen Medizin. Das KEK hat vor allem die Aufgabe, die von ihm erarbeiteten ethischen Orientierungen in geeigneter Weise bekannt zu machen, in die Aus- und
Fortbildung einzubringen und im Krankenhaus geeignete Fortbildungen in ethischer Urteilsbildung anzustoßen und durchzuführen.
Ein KEK kann aufgrund seiner Zusammensetzung (vgl. Nr. 3.4) und Aufgabenstellung die
Aufgaben eines eK in der Regel nur bedingt erfüllen. Insofern ersetzt ein KEK nicht die Einrichtung von eK, die oft sehr schnell zu einer Entscheidung kommen müssen. Es hat aber die
Aufgabe, die Einrichtung von eK im Krankenhaus vorzubereiten, die dafür nötigen Grundlagen(z.B. durch Fortbildung, ethische Leitlinien) zu legen und hat beratend beim Aufbau von
eK mitzuwirken, kann aber auch – als gesamtes Gremium oder durch einzelne Mitglieder auf Anfrage für ein eK eine beratende Funktion übernehmen. Wenn in einem Krankenhaus
sowohl ein KEK wie auch gesonderte eK eingerichtet sind, ist es, um beide ethische Gremien
zu verzahnen und die Arbeit des KEK in die der eK einzubringen, sinnvoll, dass zu einem eK
in den jeweiligen medizinischen und ethischen Fragen kompetente Mitglieder des KEK beratend hinzugezogen werden (siehe zu 2.2).
Eine derartige beratende Aufgabe des KEK ist gegenüber Gremien, die hinsichtlich einer
Entscheidung nicht unter großem Zeitdruck stehen, am ehesten möglich. Entsprechend liegen
die ethischen Fragestellungen, die ein KEK zu behandeln hat, oft nicht von vorn herein fest;
sie müssen nicht selten erst ebenso erarbeitet werden wie die Basis, auf der sie ethisch beantwortet werden können und müssen (vgl. Anhang „Anleitung zur ethischen Urteilsbildung im
Krankenhaus“). Daraus ergibt sich, dass die Zusammensetzung der Mitglieder eines KEK sich
wesentlich von der Zusammensetzung eines eK unterscheidet. Es sollte deshalb ein Gremium
mit fester Mitgliederzahl sein.
Zu den Aufgaben eines KEK können sicher auch Fragen sozialethischer Art gehören, wie
Fragen der Prioritätensetzung im Krankenhaus angesichts begrenzter finanzieller Ressourcen,
ungleicher Krankenkassenleistungen, das Spannungsfeld zwischen humanitären und ökonomischen Zielsetzungen. Dabei muss der Bezug der Fragestellung auf Aufgaben des eigenen
Krankenhauses bzw. die Krankenhäuser eines Trägerverbands aber leitend sein. Gesundheitspolitische Fragestellungen allgemeiner Art müssen primär unter dem Gesichtspunkt ihrer Bedeutung für das eigene Krankenhaus bedacht werden. Ein KEK hat also Entscheidungen
struktureller Art, nicht zuletzt auch solche, die ökonomisch bedingt sind, durch ethische Überlegungen zu begleiten.
Ein KEK sollte in der Regel auf Anfrage und beratend, kann aber auch von sich aus tätig
werden. Sitzungen in regelmäßigen Abständen (etwa einmal monatlich) sind neben Sitzungen,
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in denen aktuelle und schnell zu entscheidende Fragen behandelt werden, zu empfehlen.
Grundsätzlich sollte das KEK von allen Mitarbeitern des Hauses, aber auch von Patienten,
ihren Angehörigen, Bevollmächtigten und Betreuern angerufen werden können. Es sollte also
auch so etwas wie eine „Appellationsinstanz“ sein. Die Klärung zwischenmenschlicher, arbeitsrechtlicher, organisatorischer und anderer struktureller und sonstiger Konflikte und Mängel gehört allerdings nicht zu den genuinen Aufgaben eines KEK (vgl. Nr. I). Sofern diese
auch für das Krankenhaus bedeutsame ethische Probleme aufwerfen, kann allenfalls eine Stellungnahme des KEK eingeholt werden. Der Vorsitzende hat - gegebenenfalls unter Hinzuziehung anderer Mitglieder des KEK - zu entscheiden, ob die an das KEK gestellten Fragen im
genannten Sinne ethische Probleme sind und insofern aufgegriffen werden.
Ein KEK sollte in seinen Entscheidungen einen möglichst großen Konsens unter den Mitgliedern anstreben. Sollte es eindeutige „Mehrheits- und Minderheitsvoten“ im KEK geben,
so sind beide zu begründen und gegebenenfalls auch beide bekannt zu machen.
3.5. Zur Umsetzung der Entscheidungen und zur Arbeitsweise eines KEK
Es ist bei der jetzigen Entscheidungs- und Organisationsstruktur im Krankenhaus nicht
damit zu rechnen, dass ein KEK „von außen“ oft in Anspruch genommen wird, wenn in dem
Krankenhaus nicht gleichzeitig eine entsprechende intensive „ethische Bewusstseinsbildung“
durch Fortbildung usw. durchgeführt wird. Es sollte im Krankenhaus hinreichend bekannt
sein, dass man sich mit relevanten ethischen Fragestellungen an das KEK wenden kann und
sollte.
Die ethischen Empfehlungen des KEK, die für mehrere oder einzelne wichtige Abteilungen
des Krankenhauses von Bedeutung sind, sind allen Mitarbeitern des Krankenhauses bekannt
zu machen. Eine Nicht-Veröffentlichung sollte nur bei konkreten Entscheidungen in einzelnen
Fällen (wie z.B. beim eK) und, wenn einzelne Mitarbeiter dadurch persönlich berührt sind,
möglich sein. Der Träger des Krankenhauses hat daher die Pflicht, dafür sorgen, dass die von
einem KEK empfohlenen und erarbeiteten ethischen Leitlinien im Krankenhaus bekannt gemacht werden, und ihre Verbindlichkeit zu gewährleisten, damit die Art ihrer Beachtung nicht
ins Belieben der leitenden Ärzte, Oberärzte und Pflegekräfte gestellt wird. Bei der Anstellung
von leitenden Ärzten und Pflegekräften sollte auf das Vorhandensein eines KEK und die Relevanz seiner Entscheidungen auch für leitende Ärzte und Pflegekräfte eindeutig hingewiesen
und dies auch schriftlich im Anstellungsvertrag festgehalten werden. Folgt der Träger selbst
in den ihn betreffenden Beschlüssen des KEK diesen nicht, so hat er seine abweichende Position vor dem KEK und der betroffenen Öffentlichkeit des Krankenhauses zu begründen.
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Pfr. Prof. Dr. Ulrich Eibach
Anleitung zur ethischen Urteilsbildung in einem „ethischen Konsil“ und einem „klinischen Ethik-Komitee“
Die Anleitung differenziert nicht zwischen dem Gebrauch im „ethischen Konsil“ und im
„klinischen Ethik-Komitee“. Sie kann in beiden Gremien eine Orientierung für die Beratungen geben. Insbesondere für ein „ethisches Konsil“, bei dem die ethische Fragestellung oft
von vornherein ziemlich klar ist, ist es nicht notwendig, dass bei jeder Beratung alle Fragen
neu bedacht werden. Es genügt dann, dass bestimmte Fragen einmal vorab geklärt werden.
Das gilt insbesondere für die unter III angeführten Fragen. Für Beratungen im „EthikKomitee“ kann es aber notwendig sein, dass diese Fragen je nach Art des ethischen Problems
jedes Mal neu bedacht werden. Im folgenden Schema sind andere Anleitungen zur ethischen
Urteilsbildung wie die „Nimweger Methode für ethische Fallbesprechungen“, der „Bochumer
Arbeitsbogen zur medizinethischen Praxis“ u.a. berücksichtigt.
I. Analyse der Situation
1. Welche nicht ethischen Probleme wirft die Situation auf?
1.1.
Medizinische Gesichtspunkte
1.1.1. Welche Diagnose wird gestellt?
1.1.2. In welchem Zustand befindet sich der Mensch jetzt aus ärztlicher und pflegerischer
Sicht?
1.1.3. Welche Prognose kann gegeben werden?
1.1.4. Welche therapeutischen Maßnahmen sind in diesem Krankenhaus möglich, welche
in anderen Kliniken?
1.1.5. Wie sind die Erfolgsaussichten der möglichen Therapien einzuschätzen? Wird
der/die Patient/in von der Therapie „wie“ profitieren?
1.1.6. Welche Folgen hat ein Verzicht auf weitere kurative Therapien für den Patienten,
und welche palliativen Maßnahmen sind dann möglich und angezeigt?
1.1.7. Können Nutzen und Schaden für den Kranken in medizinisch-körperlicher wie
auch psychischer und psychosozialer Hinsicht abgeschätzt werden?
1.2.
Welche für die Behandlung des Menschen relevanten psychischen und sozialen Faktoren lassen sich ermitteln?
1.2.1. Wie sieht und beurteilt der kranke Mensch selbst seine Krankheit, seine Behandlungsaussichten und seine Lebensperspektiven? Hat er eigene Vorstellungen über
seine Behandlung? Inwieweit möchte er diese bei der Behandlung berücksichtigt
wissen? Oder möchte er entsprechende Entscheidungen anderen und – wenn ja –
wem überlassen?
1.2.2. Sind Lebensanschauungen (religiöse u.a.) und Wertüberzeugungen des kranken
Menschen bekannt, die für die Behandlung relevant sein können?
1.2.3. Wie stellt sich das soziale Umfeld des Kranken dar, und inwieweit ist es für die
Behandlung relevant?
1.2.4. Wie werden die Situation, die Lebensanschauungen und der Wille des Kranken in
Bezug auf die Behandlung von Angehörigen und Freunden und gegebenenfalls
einem Betreuer eingeschätzt?
1.3. Welche Bedeutung haben die unter 1.1. und 1.2. ermittelten Fakten und Erkenntnisse
für die medizinische und pflegerische Behandlung des Menschen?
2. Situationsanalyse unter ethischen Gesichtspunkten
2.1. Welche ethischen Fragen ergeben sich aus der Situationsanalyse?
2.2. Welche Personen sind durch die ethischen Probleme berührt (Patient/in,
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Angehörige, Ärztinnen/Ärzte, Pflegepersonal, Betreuer, u.a.)?
2.3. Die Lebensvorstellungen, ethischen Verpflichtungen und Gewissensüberzeugungen
welcher dieser Personen sind bei ethischen Entscheidungen in der jeweiligen
Situation in welcher Rangfolge zu berücksichtigen?
2.4. Welche allgemeinen ethischen Normen, Werte, Güter (auch ökonomischer Art) sind
in diesem Fall berührt?
2.5. Welche Regelungen der ärztlichen und pflegerischen Standesethik (Pflichten usw.)
und der Rechtsordnung sind berührt?
II. Welche Bedeutung haben die bekannten ethischen Verpflichtungen und
Werte für die ethische Urteilsbildung in dieser Situation?
1. Sind die erkennbar berührten ethischen Normen, Werte, Güter sowie die geltenden
standesethischen und rechtlichen Verpflichtungen geeignet, zu einer ethischen Klärung der Situation beizutragen?
2. In welchem Verhältnis stehen die für die Situation relevanten anerkannten ethischen
Verpflichtungen und Werte zueinander (Ergänzung, Konflikt, Widerspruch)?
3. Wie ist im Falle des Konflikts, der Konkurrenz, des Widerspruchs von ethischen Verpflichtungen und Werten zu verfahren?
Welche ethischen Verpflichtungen /Werte sind vorrangig, welche untergeordnet?
4. Welche Handlungsalternativen ergeben sich bei Berücksichtigung der für die Situation relevanten ethischen Verpflichtungen und Werte?
III. Zum Entscheidungsprozeß
1. Wer ist wann befugt und / oder verpflichtet, ethische Entscheidungen zu fällen?
2. Wer hat vorrangig das Recht, ethische Entscheidungen zu fällen?
3. Wie ist in dem Falle zu verfahren, dass die von der Entscheidung betroffenen und an
ihr beteiligten Personen unterschiedliche ethische Überzeugungen vertreten oder auch
nur, dass sie die anerkannten ethischen Grundsätze sehr unterschiedlich gewichten?
Sind die unterschiedlichen ethischen Urteile für andere durchsichtig begründbar?
4. Wurden alle ethisch relevanten Gesichtspunkte bei der Entscheidung berücksichtigt?
5. Muss es einen Konsens in der ethischen Urteilsbildung geben? Wenn ja, wie ist dieser bei unterschiedlichen ethischen Urteilsbildungen zu erreichen? Gibt es ethisch
vertretbare Handlungsalternativen, für die ein weitgehender Konsens erreichbar ist?
Kann eine externe Beratung (z.B. interdisziplinäre) weiterhelfen?
Wenn kein Konsens notwendig erachtet wird, wessen begründbares ethisches Urteil
muss dann vorrangig berücksichtigt werden?
6. Wie ist zu verfahren, wenn der klar erkennbare Wille der Patientin / des Patienten den
begründeten ethischen Überzeugungen der behandelnden Ärzte und Pflegekräfte und
der eindeutigen Mehrheit im ethischen Konsil eindeutig widerspricht?
IV. Überprüfung des ethischen Urteils
1. Ist die gefällte Entscheidung ethisch hirneichend begründbar, und steht sie in Übereinstimmung mit der Rechtsordnung?
2. Wird die gefällte Entscheidung den von ihr betroffenen Personen in ihrem sozialen
Umfeld längerfristig gerecht? Ist sie längerfristig praktikabel, auch ökonomisch?
3. Können auch Angehörige die Entscheidung mittragen? Wie ist in dem Falle zu verfahren, dass ein Konflikt zwischen der im „ethischen Konsil“ gefällten Entscheidung
und den Anschauungen der Angehörigen entsteht? Muss und – wenn ja - kann ein
Kompromiss gefunden werden?
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