Der Wille des Patienten ist entscheidend Informationsabend: „Ernährung und Flüssigkeitsgabe am Lebensende“ Wenn sich an einem schönen Frühlingsabend mehr als fünfzig Menschen für ein Thema interessieren, das mit dem Lebensende zusammenhängt, ist dies wohl der beste Beleg für seine Aktualität. Der Elisabeth-Hospiz-Verein hatte als Referenten für diesem Abend Dr. Thomas Binsack gewonnen, den ärztlichen Leiter des Johannes-Hospiz Barmherzige Brüder in München. Aufgrund seiner Erfahrung verstand er es, seinen Zuhörern die Problematik mit fachlicher Kompetenz und menschlichem Einfühlungsvermögen nahe zu bringen. Einleitend stellte Dr. Binsack die beiden Einrichtungen Palliativstation und Hospiz vor, „zwei Knoten im Versorgungsnetz für sterbende Menschen“: Die Palliativstation hat die Aufgabe, Schmerzen und andere quälende Symptome – z.B. Atemnot, Übelkeit, Erbrechen – zu lindern und die Patienten möglichst wieder in die gewohnte Umgebung zu entlassen. Das Hospiz hingegen ist die letzte Möglichkeit, wenn die Versorgung zuhause oder auch im Pflegeheim nicht mehr möglich ist. Beide Einrichtungen stehen also zur Verfügung, wenn eine Krankheit so weit fortgeschritten ist, dass sie nicht mehr geheilt, sondern nur noch gelindert werden kann. In dieser Phase, also am Lebensende, stellt sich häufig die Frage nach künstlicher Ernährung in ihren verschiedenen Formen, wenn der Patient nicht mehr essen kann oder Essen und Trinken ablehnt. Dr. Binsack betonte, dass künstliche Ernährung, vor allem die so genannte PEG – Sonde, bei manchen Erkrankungen Leben retten kann. Anders sei es jedoch am Lebensende und wenn es nicht dem Willen des Patienten entspricht. „Wer will die künstliche Ernährung?“ so die Frage des Referenten. Meist seien es die Angehörigen, manchmal auch Pflegekräfte, die die Situation schwer ertragen können. Unerlässlich ist in dieser Situation das Gespräch: Das Gespräch mit dem Patienten, um die Ursache für die Appetitlosigkeit herauszufinden und, wenn möglich, zu lindern, zum Beispiel chronische Erkrankung und Schmerzen, aber auch Trauer, Einsamkeit, Demenz. Ebenso wichtig ist das Gespräch mit den Angehörigen: Sie sollen ermutigt werden, dem Kranken immer wieder etwas anzubieten: Das Lieblingsgericht, kleine Portionen, hübsch angerichtet. Sie sollen aber nicht gekränkt sein, wenn auch das liebevollste Essen abgelehnt wird. Vor allem brauchen sie keine Angst haben oder sich vorwerfen lassen, dass sie den Patienten verhungern lassen. „Wer keinen Hunger hat, verhungert nicht“. In schwierigen Situationen, so Dr. Binsack, gibt es gute Erfahrungen mit einem Runden Tisch mit allen Beteiligten, möglichst auch mit dem Patienten selbst, um für den Einzelfall die richtige Lösung zu finden. Viele sterbende Menschen verweigern nicht nur das Essen, sondern auch das Trinken. Gesunde Menschen, so Dr. Binsack, können sich kaum vorstellen, dass man tagelang kaum etwas trinkt und doch keinen Durst empfindet. Am Lebensende kann dies jedoch der Fall sein, ja manchmal nimmt der Körper die Flüssigkeit gar nicht mehr auf und sie belastet ihn mehr als sie nützt. Dennoch empfahl der Referent, dem Patienten immer wieder kleine Schlucke anzubieten, oft wird auch Eis gerne angenommen, in England hat er sogar Chips aus gefrorenem Sherry erlebt! Wichtig ist in dieser Phase eine gute Lippen- und Mundpflege, die vor Austrocknung schützt. Mundpflege kann zugleich für die Angehörigen ein Zeichen liebevoller Zuwendung sein, die ein sterbender Mensch besonders benötigt. Nach einer lebhaften Diskussion gab Dr. Binsack den Anwesenden ein Fazit mit: „Wir sind dankbar für den medizinischen Fortschritt, aber wir müssen uns fragen, wann er dem Patienten hilft.“