Fisch, frisch - Park Hotel Vitznau

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sonntagszeitung.ch | 2. August 2015
Kulinarik39
Fisch, frisch
Weisse Forellen sollte man mit Herz und Verstand zubereiten. Nenad Mlinarevic über
die Kunst, in der Küche nur das Nötigste zu tun
Seit 1981 züchtet die Familie Reichmuth in Sattel SZ mit grösster Sorgfalt
Fische. Die sogenannte Brüggli-Forelle ist ein wunderbares Produkt, das wir
in unserem Restaurant oft und gerne
verwenden. Weil wir keine importierten Meeresprodukte verarbeiten, sondern nur Schweizer Fische, ist deren
Qualität entscheidend. Diese Forellen
leben in frischem Bergquellwasser, und
wenn sie zu uns kommen, sind sie so
frisch, dass sie steif wie Brettchen sind.
Am besten legt man sie dann auf Eis in
den Kühlschrank. Am nächsten Tag
­lassen sich die weissen Forellen leicht
filetieren.
Die Forelle hat einen feinen Geschmack, deshalb braucht es nicht viel
dazu. Etwas Dill, Crème fraîche und
Gurken reichen vollauf. Mit Bitter­
stoffen oder Schärfe sollte man zurückhaltend sein, sie übertönen den Geschmack des Fisches. Was ihm dagegen
guttut, ist etwas Säure: Sie verstärkt den
Geschmack. Auch Sellerie, Rettich, Radieschen oder Apfel passen gut zur
Brüggli-Forelle. Sie sorgen für einen
knackigen Kontrast.
Roh, gebeizt, gebraten, pochiert, en
papillote (im Backpapier-Päckchen) –
dieser Fisch lässt sich vielseitig verwenden und zubereiten. Von mir aus kann
es auch Forelle blau sein. Die klassische
Zubereitungsart war während meiner
Lehre täglich gefragt. Damals hatten
wir ein Süsswasserbecken in der Küche.
Wenn ein Gast Forelle bestellt hatte,
wurde der Fisch à la minute herausgeholt, erlegt, ausgenommen und dem
Poissonnier (Fischkoch) übergeben, der
dann gleich mit der Zubereitung starten konnte.
Gebeizte Forelle
mit Crème
fraîche:
Spitzenkoch
Nenad
Mlinarevic bei
der Zubereitung
Fotos: Nico Schärer
Die kalte oder lauwarme
Brüggli-Forelle passt zur Jahreszeit
Das Beizen ist eine uralte Technik, die
in Skandinavien schon seit Jahrhunderten angewandt wird, um Fisch haltbar
zu machen. Dabei wird dem Fisch durch
das Einlegen in Salz und Zucker Wasser entzogen, er wird fester in der Struktur. Ausserdem wird der Geschmack intensiviert, was sich durch die Zugabe
von Gewürzen noch steigern lässt. Ein
­frischer Fisch hält gebeizt und dann
­vakuumiert problemlos zwei Wochen
im Kühlschrank. Das ist zum Beispiel
für Hobbyfischer eine gute Idee.
Im Sommer ziehe ich rohen oder gebeizten Fisch dem gebratenen vor. Kaltes und lauwarmes Essen passt einfach
besser zur Jahreszeit. In eine Beize gehört Salz und Zucker, das wir im Verhältnis 40:60 mischen. Wenn man die
Beize aromatisieren will, kann man
Pfefferkörner, Koriander- oder Fenchelsamen dazugeben. Ich möchte aber den
unverfälschten Geschmack der Forelle
erhalten, deshalb beizen wir ohne zusätzliche Aromen. Kleine Fische sollte
man nicht zu lange in der Beize liegen
lassen, sonst werden sie ledrig. Eine
Stunde Beiz-Zeit reicht deshalb für die
Brüggli-Forellenfilets.
Nach dem Beizen muss der Fisch unter kaltem Wasser abgespült werden.
Nun kann man ihn roh essen oder sanft
garen. Ideal ist eine Niedergarmethode im Dampf. Dafür die Forellenfilets
in eine Schüssel legen, straff mit Frischhaltefolie abdecken und im Steamer bei
48 Grad 15 bis 20 Minuten garen. Das
funktioniert auch in einem normalen
Backofen bei 50 Grad: den Fisch mit der
Haut nach oben wieder in eine Schüssel oder einen tiefen Teller legen, etwas
Raps- oder Olivenöl darübergiessen und
rund 15 bis 20 Minuten an der Wärme
ziehen lassen. Wenn die Forelle gar ist,
lässt sich die Haut einfach abziehen.
Oder, eine andere Art: Wir legen
zwei der relativ dünnen ­
Filets der
gebeizten Forelle aufeinander und
­
­rollen sie dann zu ­einem ­Zylinder zusammen. Das sieht auf dem Teller
Luftdicht und hitzebeständig bis 80 Grad
­ übscher aus, und ausserdem hat man
h
so mehr davon – buchstäblich. Nun
werden die Rollen sehr straff in Frischhaltefolie eingepackt, die Enden gut
­verknotet und das Ganze im Dampf
(wie oben) gegart. Danach kann man
den Fisch direkt servieren oder in etwas
Nussbutter – normale Butter geht natürlich auch – in einer beschichteten
Pfanne leicht anbraten.
Nussbutter ist übrigens sowieso eine
gute Methode, um Fleisch oder Fisch
ganz am Schluss noch das gewisse Etwas zu verleihen. Dafür nimmt man
Kochbutter und erhitzt sie unter Rühren bei mittlerer Temperatur so lange,
bis sie braun wird und die Molke sich
vom Fett trennt. Der Milchzucker karamellisiert, dadurch entsteht der nussige Geschmack, welcher der Beurre
noisette ihren Namen gibt. Hat man
die gewünschte Bräunungsstufe erreicht, die flüssige Butter durch ein
­Gazetuch abseihen und im Kühlschrank
aufbewahren. Gebeizte Forelle, etwas
Nussbutter – es braucht wenig für einen
feinen, frischen Frisch.
Die Frischhaltefolie ist eine unauffällige, aber äusserst
praktische Küchenhilfe. Sie ist nicht nur gut, um Gemüse, Obst,
Käse, Fleisch oder Fisch luftdicht im Kühlschrank aufzubewahren. Die Folie ist auch
bis zu rund 80 Grad hitzebeständig, spezielle ­Produkte halten auch höhere Temperaturen aus. So eignet sie sich ausgezeichnet, um etwas im Wasserbad oder im
Dampf zu garen, indem man es luftdicht verschliesst.
Nenad Mlinarevic ist Küchenchef
des Restaurant Focus im Parkhotel
Vitznau LU (2 Michelin-Sterne,
17 «Gault Millau»-Punkte).
Hier schreibt er monatlich über das
Kochen mit Schweizer Produkten
Gebeizte Forelle mit Crème fraîche und Dill-Vinaigrette
Forelle gebeizt
4 Forellenfilets (ohne Gräten, mit Haut),
120 g Kristallzucker, 80 g Speisesalz
Forellenfilets mit der Hautseite nach unten auf einen Teller legen. Mit der ZuckerSalz-Mischung bestreuen, mit Klarsichtfolie abdecken und in den Kühlschrank ­legen.
Nach einer Stunde unter kaltem Wasser abspülen und mit Haushaltspapier
­trockentupfen.
Dillöl
250 dl Rapsöl, 100 g Dillspitzen
Den Dill in kochendem Wasser 30 Sekunden blanchieren und sofort im Eiswasser
abschrecken und dann trockentupfen. Das Öl in einer Pfanne nur leicht erwärmen
(50 Grad), den Dill dazugeben und einige Minuten mit einem Stabmixer mixen. Durch
ein Haarsieb oder Gazetuch abseihen, kühl und dunkel lagern.
Fertigstellen
Forellenfilets von der Haut befreien und in dünne Streifen schneiden. Einen Becher
Crème fraîche mit Salz und frisch geriebenem Meerrettich würzen. Etwas Dillöl mit
Apfelessig abschmecken (je nach gewünschtem Säuregrad). Dazu passen frische
in Scheiben geschnittene Gurken und Forellenkaviar.
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