Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin der Universität Würzburg Direktor: Prof.Dr.Chr.Reiners Kursus der Nuklearmedizin* H.Hänscheid, E.Werner, M.Laßmann, Chr.Reiners * http://www.uni-wuerzburg.de/nuklearmedizin/kursus/Kursus.htm 12/99 Kursus der Nuklearmedizin Seite 2 Kursus der Nuklearmedizin Seite 3 Einleitung Nuklearmedizin bedeutet die Anwendung offener radioaktiver Stoffe am Menschen in Diagnostik und Therapie. In der Diagnostik kommen dabei sogenannte Tracer zum Einsatz, bei denen im Austausch gegen stabile Atome radioaktive Nuklide chemisch an eine am Stoffwechsel teilnehmende Substanz gebunden sind. Kennzeichnend ist, daß sich durch das gleichartige chemische Verhalten verschiedener Isotope eines Elements die Tracer im Organismus wie die Ursprungssubstanzen verhalten und daß Organfunktionen und physiologische Gleichgewichte unbeeinflußt bleiben, weil nur geringste Stoffmengen benötigt werden. Die radioaktiven Stoffe werden außer nach biochemischen auch nach physikalischen Eigenschaften ausgewählt. Ein Teil der beim Zerfall emittierten Strahlung muß den Körper ungehindert verlassen und mit einem geeigneten Untersuchungsgerät nachgewiesen werden können; außerdem sollte die Strahlenexposition möglichst gering sein. Die Beobachtung der Verteilung des Tracers im Körper von außen erlaubt die Untersuchung von Organ- und Körperfunktionen auf physiologische, nichtinvasive Weise. Nuklearmedizinische Untersuchung Detektor Kamera Computer Applikation eines Tracers, Visualisierung und Quantifizierung der Tracerverteilung Grundlagen Atome besitzen einen Kern, der sich aus einer Anzahl Z positiv geladener Protonen (Z=Ordnungszahl) und N elektrisch neutraler Neutronen zusammensetzt und fast die gesamte Masse (Z+N=A=Massenzahl) des Atoms trägt, und eine Anzahl von Z Elektronen. Nuklide sind Atome mit definiertem Z und N. Das chemische Verhalten der Nuklide ist durch die Elektronenhülle bestimmt, die chemischen Elemente sind daher durch die Ordnungszahl Z definiert. Nuklide mit gleichem Z und verschiedenem N nennt man Isotope, 125 127 131 z.B. einige Isotope des Iods sind offizielle Schreibweise AZ X 123 53 I 53 I 53 I 53 I vereinfachte Schreibweise I-123 I-125 I-127 I-131 Nur etwa 250 Isotope der bekannten Elemente haben physikalisch stabile Kerne. Bei den Radionukliden führt das Verhältnis von A und Z bzw. die Anordnung von Protonen und Neutronen im Kern nicht zur Bildung eines auf Dauer beständigen Kerns und somit zum radioaktiven Zerfall unter Aussendung von Strahlung. Je instabiler das Nuklid ist, umso kürzer ist seine Halbwertzeit, das ist die Zeit, nach der die Hälfte der zu Beginn vorhandenen Kerne zerfallen sind. Häufig spricht man bei dem vor bzw. nach dem Zerfall vorhandenen Atom vom Mutter- bzw. Tochternuklid. In der Nuklearmedizin häufig benutzte Radionuklide: Nuklid HWZ Strahlung γ-Energie Verwendung γ Tc-99m 6h 140 keV Szintigraphie γ I-123 13,2 h 159 keV Szintigraphie γ I-125 60 d 30 keV In Vitro-Tests (Radioimmunoassays) I-131 8d γ, ß 364 keV Therapie γ Tl-201 73 h 72 keV Szintigraphie F-18 110 m ß+ 511 keV Positronenemissionstomographie (PET) O-15 2m ß+ 511 keV Positronenemissionstomographie (PET) Nur wenige Radionuklide kommen wie z.B. U-235, U-238 und K-40 aufgrund extrem langer Halbwertzeiten natürlich vor. Kurzlebige Nuklide werden mit Teilchenbeschleunigern oder Reaktoren produziert und dürfen nur von Befugten mit amtlicher Umgangsgenehmigung verwendet werden. Durch radioaktiven Zerfall entstandene Tochternuklide sind oftmals selbst instabil und somit Mutternuklid eines folgenden Zerfalls. Diese Eigenschaft kann in der Nuklearmedizin genutzt werden, um in einem Nuklidgenerator in der Praxis oder im Krankenhaus kurzlebige Radionuklide zu gewinnen. Die größte Bedeutung hat der Mo-99/Tc-99m Generator, in dem im Reaktor gewonnenes Mo-99 als Mutternuklid fest an Kursus der Nuklearmedizin Seite 4 eine Anionaustauschersäule gebunden ist und dort mit 2,8 d HWZ zu Tc-99 zerfällt. Dabei wird zu 88% das Isomer Tc-99m gebildet, dem heute aufgrund seiner Zerfallseigenschaften (reiner γ-Strahler, optimale γ-Energie, minimale Strahlenbelastung) in über zwei Drittel der Untersuchungen verwendeten Nuklid. Durch ein geeignetes Elutionsmittel (z.B. physiologische Kochsalzlösung) kann das Technetium ausgespült und für die radioaktive Markierung stoffwechselaktiver Substanzen, also der Produktion des Tracers benutzt werden. evakuierte Eluatflasche Bleiabschirmung Filter Generatorsäule mit Molybdän Elutionsmittel (NaCl-Lösung) Mo-Tc-Generator: Das Elutionsmittel wird aus dem belüfteten Vorratsbehälter durch die Säule in die Eluatflasche gesogen und spült das durch Mo-99-Zerfall erzeugte Tc-99m aus. Die Elutionsausbeute beträgt bis zu 95% der Mo-99Aktivität. Aktivität in GBq 8 6 Mo-99 4 Tc-99m 2 0 1 2 3 4 Zeit nach Kalibrationstermin in Tagen Verlauf von Mo-99- und Tc-99m Aktivität in einem Generator einer Nennaktivität von 8 GBq Mo-99 zum Kalibrationstermin bei täglicher Elution. Das zweite und für die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) aufgrund der kurzen Halbwertzeiten der dabei verwendeten Positronenstrahler (z.B. 2 min bei O-15) notwendige Verfahren der Produktion von Radionukliden in der nuklearmedizinischen Abteilung ist der Betrieb eines Teilchenbeschleunigers, in der Regel eines Zyklotrons. Dabei entstehen die Nuklide durch Beschuß geeigneter stabiler Kerne mit leichten Ionen (Protonen, Deuteronen, Alphateilchen) über Kernverschmelzung oder Teilchenaustauschreaktionen. Die Aktivität A einer bestimmten Menge eines Radionuklids wird in Bequerel angegeben: 1 Bq = 1 Zerfall/Sekunde (früher Curie Ci: 1 mCi = 37 MBq) Sie nimmt exponentiell mit der Zeit t ab: Zerfallsgesetz A(t) = A(0) * e(-t/τ) = A(0) * 2(-t/TP) τ = Lebensdauer mit TP = τ * ln2 Nach einer physikalischen Halbwertzeit TP sind durch radioaktiven Zerfall die Hälfte der zu Beginn vorhandenen Kerne zerfallen. An Patienten verabreichte Aktivitäten können auch biologisch, z.B. renal eleminiert werden. Unter der Annahme exponentiell abnehmender Konzentrationen bezeichnet man die Zeitspanne, nach der durch biologische Vorgänge nur noch die Hälfte der Substanzmenge in dem betrachteten Körperkompartiment vorhanden ist, als biologische Halbwertzeit TB. Physikalische und biologische Elimination gemeinsam führen zur Abnahme der Aktivität im Kompartiment mit der effektiven Halbwertzeit T = (TP* TB) / (TP+ TB). Radioaktive Strahlung ist energiereich und wirkt bei Wechselwirkung mit Atomen ionisierend, wobei Moleküle direkt oder über die Bildung freier Radikale aufgebrochen werden können, was zur Schädigung des Gewebes führen kann. Der Quotient aus der auf das Gewebe übertragenen Strahlenenergie E und der Masse M des Gewebes wird als Energiedosis D = E / M bezeichnet und hat die Einheit Gray (1 Gy = 1 Joule / kg). Die Energiezufuhr von 1 J/kg, die thermisch einer Erwärmung um nur 0,00025° entspricht, führt dabei pro Gramm Gewebe zu 1014 biologischen Mikrodefekten. Besonders kritisch sind dabei in der DNA erzeugte Schäden, die durch die körpereigenen Reparaturmechanismen korrigiert werden müssen. Die Reparatur kann z.B. bei Doppelstrangbruch aufgrund mehrerer Defekte unmöglich sein, wenn die genetische Information zerstört wurde. Die Wahrscheinlichkeit dafür steigt mit der Ionisierungsdichte der Strahlung. Stark proliferierendes Gewebe (hämopoetisches System, Darmschleimhaut, Keimzellen, Fötus) ist besonders strahlenempfindlich, da während der Zellteilung die Redundanz der Erbinformation phasenweise nicht gegeben und ein dann geschädigtes Gen nicht reparierbar ist und weil Fehler bei der Korrektur von Schäden in späteren Zellgenerationen zur Entartung führen können. Man unterscheidet Teilchenstrahlung wie z.B. Alphastrahlung (Heliumkerne) und ß- bzw. ß+-Strahlung (Elektronen bzw. Positronen) von elektromagnetischer Strahlung (γ-Strahlung, Röntgenstrahlung). Um der Kursus der Nuklearmedizin Seite 5 unterschiedlichen Ionisierungsdichte und damit biologischen Wirksamkeit verschiedener Strahlenarten Rechnung zu tragen wird die Strahlenbelastung durch die Äquivalentdosis H = q * D (Einheit Sievert 1 Sv = 1 J/kg) angegeben, in die außer der Energiedosis D ein von der Strahlenart abhängiger dimensionsloser Bewertungsfaktor q eingeht. In Masse (z.B. Gewebe) geben Teilchenstrahlen ihre Energie durch eine Vielzahl von Wechselwirkungen mit Atomen (Stöße mit Hüllenelektronen) ab, deren Dichte von der Energie, Größe und Ladung des stoßenden Ions abhängt. Teilchen der gleichen Art mit gleicher Energie legen in einer Masse etwa die gleiche Wegstrecke (Reichweite) zurück. Alphastrahlung hat eine hohe Ionisierungsdichte und verliert auf kurzem Weg (Reichweite < 0,1 mm) ihre gesamte Energie. Sie hat daher den hohen Bewertungsfaktor q = 20 und ist wegen ihrer hohen Radiotoxizität für die Anwendung am Menschen nicht geeignet. Die Ionisierungsdichte der ß-Strahlung ist weitaus geringer (Reichweite bis wenige cm), der Bewertungsfaktor beträgt q = 1. ß--Strahler werden vorwiegend für die Therapie z.B. benigner und maligner Schilddrüsenerkrankungen mit I-131 oder Schmerzbehandlung bei Knochenmetastasierung mit Y-90 oder Sr-89 eingesetzt. ß+-Strahler finden vorwiegend im Rahmen der Forschung unter Ausnutzung der Vernichtungsstrahlung ß++ß- => γ+γ (2 je 511 keV γ-Quanten) in der Diagnostik Anwendung. Die Quanten elektromagnetischer Strahlung (Photonen) legen mit einer Wahrscheinlichkeit eine Wegstrecke in Masse zurück, bevor sie mit einem Elektron wechselwirken. Die Zahl der unbeeinflußten Photonen und damit die Strahlungsintensität I(d) nimmt exponentiell mit der in der Masse zurückgelegten Wegstrecke d ab: Schwächungsgesetz I(d) = I(0) * e(-µ∗d) µ = linearer Schwächungskoeffizient. Die Photonen geben bei der Wechselwirkung entweder einen Teil ihrer Energie an das Elektron ab und setzen ihren Weg mit geringerer Energie fort (Comptoneffekt) oder werden unter Abgabe der gesamten Energie an das Elektron vernichtet (Photoeffekt). Bei Photonen hoher Energie (> 1 MeV) besteht zudem bei Anwesenheit eines Stoßpartners die Möglichkeit der Paarbildung, der spontanen Umwandlung des Quants in ein Elektron und ein Positron (γ => ß++ß-). Erst die durch die Wechselwirkungen erzeugte ß-Strahlung verteilt die Energie auf viele Mikroeffekte und erzeugt somit die eigentliche Strahlenwirkung. Aus diesem Grund hat Photonenstrahlung genau wie ß-Strahlung den Bewertungsfaktor q = 1. Eine Äquivalentdosis in einem Körperteil sagt jedoch noch nichts über das daraus resultierende Risiko für die Person aus. Selten ist der ganze Körper gleichförmig bestrahlt und es ist ein Unterschied, ob nur z.B. die Schilddrüse oder der Ganzkörper eine Äquivalentdosis von 1 Sv erhalten hat. Auch die unterschiedliche Strahlenempfindlichkeit verschiedener Organe ist zu berücksichtigen. Das Risiko durch eine Bestrahlung wird beschrieben durch die effektive Äquivalentdosis oder einfach effektive Dosis [Sv] als die Summe der Äquivalentdosen relevanter Organe jeweils multipliziert mit einem organspezifischen Wichtungsfaktor w (z.B. Keimdrüsen w = 0,20, Knochenmark w = 0,12, Schilddrüse w = 0,05). So werden nicht die Dosen sondern die Risikobeiträge der Organe addiert. Es entspricht z.B. eine Äquivalentdosis der Schilddrüse von 10 mSv einer effektiven Dosis von 0,5 mSv, birgt also das gleiche Strahlenrisiko wie eine Ganzkörperbestrahlung mit 0,5 mSv. Röntgendiagnostik CT Abdomen —> CT Thorax —> Kolonkontrasteinlauf —> mSv 20 Nuklearmedizinische Diagnostik <— Herz Tl-201 Chlorid <— Hirn Tc-99m HMPAO 10 Urogramm —> <— Leber Tc-99m HIDA 5 Magen-Dünndarm Passage —> natürlicher <— Herz Tc-99m Erythrozyten LWS 2 Ebenen —> Strahlen- <— Skelett Tc-99m Phosphonat Abdomen-Übersicht —> pegel <— Nieren Tc-99m MAG3 Becken-Übersicht —> 1 <— Lunge Tc-99m Mikrosphären BWS 2 Ebenen —> <— Schilddrüse Tc-99m Pertechnetat 0,5 <— Nieren Tc-99m DMSA <— Nieren I-123 Hippuran Schädel 2 Ebenen —> Thorax 2 Ebenen —> 0,1 <— <— Schillingtest Co-57 Vit. B12 Clearance Cr-51 EDTA Die Tabelle zeigt die Strahlenexposition (effektive Dosis) bei den häufigsten Untersuchungsverfahren in der Nuklearmedizin und der Röntgendiagnostik im Vergleich zur jährlichen Schwankungsbreite der natürlichen Strahlenbelastung (durch inkorporierte natürlich vorkommende Radionuklide wie K-40 und C-14, Einatmung des der Uranzerfallsreihe entstammenden radioaktiven Edelgases Radon, externe Bestrahlung durch Radionuklide in Erdreich und Baumaterialien und durch kosmische Höhenstrahlung). Kursus der Nuklearmedizin Seite 6 Von in Diagnostik und Therapie eingesetzten radioaktiv markierten Substanzen (Radiopharmaka) ist aus Gründen des Strahlenschutzes und der Qualitätserhaltung größtmögliche radiochemische Reinheit - die Aktivität muß in der gewünschten chemischen Verbindung vorliegen, um die gewünschte Verteilungsform zu garantieren - und Radionuklidreinheit - andere Nuklide dürfen nicht vorhanden sein - gefordert. Verschiedene Verteilungsformen (Tracerkinetik) sind z.B. aktiver Transport - der Tracer selbst ist stoffwechselaktiv (I-131 in der Schilddrüse, Tl-201 im Herz) und reichert sich unter Energieverbrauch an -, passiver Transport - der Tracer ist nicht stoffwechselaktiv und wandert passiv z.B. durch Konvektion (markierte Erythrozyten im Blutstrom) oder Diffusion (Tc-99m DTPA in Nierenkapillaren) -, Partikelfixation mechanische Ablagerung der Aktivität (Aerosole mit Tc-99m werden zur Lungenuntersuchung eingeatmet). Die Szintigraphie ist die Messung der Verteilung des Radiopharmakons im Körper durch Nachweis der emittierten Photonen. Man unterscheidet die planare Szintigraphie, bei der die Verteilung der Aktivität aus nur einer Blickrichtung gemessen wird, von der Tomographie, bei der mithilfe eines Computers aus vielen Messungen aus verschiedenen Blickrichtungen die Aktivitätsverteilung dreidimensional berechnet wird. Unter die planare Szintigraphie fallen Einzelaufnahmen statischer Aktivitätsverteilungen in Teil- oder Ganzkörper (z.B. Ganzkörperaufnahme des Skelettes 2 h p.i.) und die Sequenzszintigraphie, die Aufnahme mehrerer Bilder (Frames) nach einem festgelegten Zeitschema. Eine Sequenzszintigraphie, bei der am Computer in allen Aufnahmen gleich eine "region of interest" (ROI) über einen interessierenden Bereich gelegt und eine Zeit-Aktivitätskurve (Funktionskurve) erstellt wird, nennt man Funktionsszintigraphie. Bei der Tomographie bezeichnet man die in der Nuklearmedizin in der Regel verwendete Technik des Nachweises einzelner Photonen als SPECT (Single Photon Emission Computer Tomographie). Im Gegensatz dazu werden bei der PET (Positronen Emissions Tomograhie) die beiden 511 keV Photonen aus dem Positronenzerfall gleichzeitig nachgewiesen. Die Szintigraphie wird mit Gammakameras durchgeführt. In Relation zu normalen Kameras können Linse und Film mit Kollimator und Szintillationsdetektor verglichen werden. Verstärker -200V Anode (0V) -600V -400V Dynoden -800V -1000V -1200V e- Photomultiplier Das Szintillatorlicht löst Elektronen aus der Photokathode, die nach elektrischer Beschleunigung beim Aufprall auf die Dynoden weitere Elektronen freisetzen (Sekundärelektronenvervielfachung). Der Anodenstrom wird anschließend elektronisch verstärkt. Kamerakopf Ortsinformation Energieinf. Schilddrüse Kollimator Photokathode (-1400V) Lichtleiter Szintillator (NaI-Kristall) Der Kollimator besitzt eine Wabenstruktur aus Blei, die Photonen nur aus jeweils einer bestimmten Richtung (in der Regel nur senkrecht einfallend) passieren läßt, und wirkt dadurch abbildend. Im Szintillationsdetektor befindet sich ein Natriumiodidkristall (NaI). Proportional zum Energieverlust eines Photons im Kristall wird dort eine Anzahl positiver Ionen erzeugt, die bei Einfang freier Elektronen Lichtquanten emittieren. Die so erzeugten Lichtblitze werden durch mehrere Photokathoden mit Photomultipliern in elektrische Impulse umgewandelt, aus deren Verteilung und Höhe Auftreffort und Energieverlust des Photons ermittelt werden. Nachgeschaltete Kameraauswertesysteme digitalisieren die Szintigramme und ermöglichen deren Speicherung und quantitative Auswertung. Kursus der Nuklearmedizin Seite 7 Quantitative Schilddrüsenszintigraphie Indikationen - Klärung des Verdachts auf funktionelle Autonomie oder Morbus Basedow - Malignitätsabklärung tastbarer Knoten oder sonographisch nachweisbarer Raumforderungen - Nachweis und Lokalisation dystopen Schilddrüsengewebes - Untersuchung auf Restgewebe oder Lokalrezidiv beim differenzierten Schilddrüsenkarzinom Radiopharmakon Für die Szintigraphie der Schilddrüse wird heute fast ausschließlich Tc-99m Pertechnetat verwendet, das aufgrund des fast identischen Anionenvolumens von den Thyreozyten wie Iod aufgenommen wird (trapping). Für Iodisotope ergeben sich nur noch spezielle Indikationen, die auf der unterschiedlichen Biokinetik von Pertechnetat, das nicht weiter verstoffwechselt wird, und Iod beruhen (z.B. Nachweis dystopen Schilddrüsengewebes, Diagnostik der Iodfehlverwertung). Innerhalb der ersten 20-30 Minuten korreliert der Tc-99m Thyroidea-Uptake (TcTU) ausreichend genau mit der Iodidclearance der Schilddrüse. Untersuchungstechnik Untersuchungsgerät: Gammakamera mit hochauflösendem Kollimator Radiopharmakon: 20-80 MBq Tc-99m Pertechnetat Kameramessung: Messung der Spritze vor Injektion, Injektion, Messung der leeren Spritze p.i. Kontrolle der Injektionsstelle auf paravenöse Injektion Schilddrüsenmessung 15-25 min p.i. (Dauer 2-8 min) Auswertung: Konturnahe ROI über der Schilddrüse, Untergrund-ROI caudal Schilddrüsenimpulse - Untergrundimpulse TcTU (%) = 100 * Nettoimpulse der injizierten Aktivität Interpretation Beurteilt wird das Speicherungsmuster (mehr- (heiße) oder minderspeichernde (kalte) Areale) und der TcTU unter Berücksichtigung der Vorbehandlung, der klinischen Symptomatik, des sonographischen Befundes und der Laborwerte. Morbus Basedow (homogener, insgesamt erhöhter Uptake) „kalter Knoten“ (Karzinom, Zyste, Entzündung, Blutung) „heißer Knoten“ (autonomes Adenom) Bei der Bestimmung der Speicherung unter Basisbedingungen (TcTUbasal) findet sich eine breite Überlappung der Meßergebnisse von Patienten mit funktionell autonomer Struma, die u.U. mit einer hyperthyreoten Stoffwechsellage verbunden sein kann, mit den Meßwerten von Patienten mit euthyreoter Iodmangelstruma. Erst die Messung des TcTU unter exogener Suppression mit Schilddrüsenhormonen (TcTUsupp) erlaubt hier eine ausreichend sichere Differenzierung. Aus diesem Grunde ist im Rahmen der differentialdiagnostischen Klärung der funktionellen Autonomie häufig eine Szintigraphie unter Schilddrüsenhormonsuppression erforderlich. Referenzwerte des TcTU TcTUbasal TcTUsupp Normal große Schilddrüse, kein Jodmangel Normal große Schilddrüse, Jodmangel Jodmangelstruma (Jodavidität) Struma mit funktioneller Autonomie Morbus Basedow 0,5 - 2 % 1,5 - 5 % bis 15 % bis 20 % bis 40 % < 0,5 % <2% <2% 1 - 10 % 5 - 25 % Strahlenexposition: effektive Äquivalentdosis 0,6 mSv bei 50 MBq Tc-99m Pertechnetat Kursus der Nuklearmedizin Seite 8 Skelett-Szintigraphie Indikationen Untersuchung der regionalen Aktivität des Knochenstoffwechsels bei - Knochenmetastasen maligner Tumoren wie Mamma-Ca und Prostata-Ca - malignen Knochentumoren wie Ewing-Sarkom und Osteosarkom - benignen Knochentumoren wie Osteoidosteom - Osteomyelitis - Verlaufskontrolle nach Endoprothesenimplantation - Trauma - rheumatischen Erkrankungen - aseptischen Knochennekrosen wie Morbus Perthes Radiopharmakon Tc-99m-markierte Phosphonate wie Methylendiphosphonat (MDP) werden im Knochen in Abhängigkeit der Perfusion und der Intensität des regionalen Knochenstoffwechsels durch rasche Anlagerung an neugebildete Hydroxylapatitkristalle (Chemisorption) angereichert. Untersuchungstechnik Radiopharmakon: 10 MBq/kg Körpergewicht Tc-99m Methylendiphosphonat Hydrierung: ausreichende Flüssigkeitszufuhr (oral) zwischen Injektion und statischer Aufnahme der Knochenphase. Unmittelbar vor der Aufnahme Blase entleeren lassen. Messungen: Perfusionsphase*: Sequenzaufnahme während der Injektion bis etwa 3-5 min p.i. Weichteilphase*: Statische Aufnahmen 5-10 min p.i. (alt. Sequenz bis 10 min p.i.) Knochenphase : Aufnahmen (auch Ganzkörper) nach 2-4 h p.i. * Aufnahmen nur bei Bedarf (Dreiphasenskelettszintigraphie) Interpretation Das normale Szintigramm zeigt in der Knochenphase eine homogene, symmetrische Aktivitätsverteilung im gesamten Skelettsystem mit minimaler Weichteilanreicherung. Pathologische Prozesse werden als fokale Mehrspeicherung wie bei osteoblastischen Metastasen, fokale Minderspeicherungen wie bei osteolytischen Metastasen oder durch eine diffus veränderte Nuklidverteilung dargestellt. Januar 89 Juli 91 Januar 93 Juni 93 Abb.: Szintigraphischer Nachweis progredienter Metastasierung bei einem Patienten mit Prostata-Ca. Die Dreiphasenskelettszintigraphie erlaubt die Differenzierung hyperämisierender Prozesse (z.B. Osteomyelitis, primäre Knochentumore), die sich auch in Perfusions- und Weichteilphase darstellen, von den allein den Knochenstoffwechsel beeinflussenden Prozessen (z.B. Metastasen), die nur in der Knochenphase anreichern. Strahlenexposition: effektive Äquivalentdosis 3 mSv bei 500 MBq Tc-99m MDP Kursus der Nuklearmedizin Seite 9 Nierendiagnostik dynamisch (Radionuklidnephrographie RNG) Indikationen Untersuchung der renalen Partialfunktion nach i.v. Applikation ausschließlich glomerulär filtrierter oder zusätzlich tubulär sezernierter Radiopharmaka mit der Frage der intra- und postrenalen Funktion einschließlich der quantitativen Bestimmung der Nierenclearance (auch seitengetrennt) zur - Abklärung einer Nierenarterienstenose bei arterieller Hypertonie (als Captopril-RNG) - Diagnose und Verlaufskontrolle der Funktion (z.B. bei Chemotherapie mit nephrotoxischen Substanzen) - Perfusionskontrolle bei Transplantatniere - Abklärung von Harnabflußstörung und Reflux (als Diurese-RNG) und seltener bei Entzündungen, Dystopie, Dysplasie, Verschmelzungsniere, Wanderniere. Glomerulum 99mTc-DTPA (nur Radiopharmaka glomerulär filtriert, Extraktion ca.20%) Als Tracer kommen anhängig von der Indikation Tc-99m MAG3 (Mercaptoacetylglycylglycylglycin), I-123 Hippuran (Orthoiodhippursäure) oder Tc-99m distales TubulusDTPA (Diethylentriaminpentaessigsäure(acid)) zum proximales konvolut Einsatz. TubulusDie Voraussetzung zur Messung der glomerulären konvolut 99mTc-MAG3 Filtrationsrate (GFR) würde am besten das rein 123I Hippuran glomerulär filtrierte Inulin erfüllen. Das sich aufgrund (tubuläre Sekretion seiner Molekülgröße biokinetisch sehr ähnlich Extraktion 80-90%) verhaltende DTPA ist chemisch stabiler und leichter zu markieren. 99mTc-DMSA Substanzen wie Para-Amino-Hippursäure (PAH), die (85% Fixation im nach dem Verlassen des Glomerulums durch tubuläre Tubulusepithel) Sekretion nahezu vollständig aus dem Plasma eliminiert werden, eignen sich zur Messung des effektiven renalen Plasmaflusses (ERPF). Orthoiodhippursäure und das Tc-99m-markierbare MAG3 verhalten sich ähnlich Henle-Schleife (Extraktion beim Nierendurchgang ca. 80-90 %). Untersuchungstechnik Vorbereitung: Hydrierung des Patienten mit 10 ml Flüssigkeit pro kg KG Radiopharmakon: 25 MBq I-123 Hippuran oder: 200 MBq Tc-99m MAG3 oder: 200 MBq Tc-99m DTPA Messungen: Sequenzszintigraphie über ca. 30 min, Messung der Plasmaaktivität in einer oder mehreren zu festgelegten Zeiten entnommenen Blutproben Auswertung: Erstellung untergrundkorrigierter Funktionskurven mit je einer konturnahen ROI über jede Niere und einer ROI über dem Untergrund, Berechnung der Seitenanteile aus den Anstiegen nach initialer Perfusion, Berechnung der Nierenclearance aus den Plasmaaktivitäten Bemerkung: ggf. Wiederholung der Untersuchung nach Gabe von 25 mg Captopril (oral), bei Diurese-RNG 20 min p.i. Injektion von 0,5 mg/kg KG Furosemid (Lasix) Interpretation Für die Funktionskurven über den Nieren finden sich typische Verläufe mit drei Phasen: I II III Stauungstyp normale Niere Nephrektomietyp 0 5 10 15 Zeit p.i. [min] 25 0 5 10 15 Zeit p.i. [min] 25 Abb. links: Typische dreiphasige Funktionskurve der gesunden Niere, rechts: Vergleich mit pathologischen Kurven bei funktionsloser (Nephrektomietyp) und gestauter Niere (Stauungstyp). Kursus der Nuklearmedizin Phase I: Phase II: Phase III: Seite 10 Anflutungsphase (initiale Perfusion und Beginn der Akkumulation, bis ca 30 sek p.i.) Sekretionsphase (Sekretion in die Nierentubuli bei fortdauernder Akkumulation ) Exkretionsphase (ab ca. 3-5 min Abtransport überwiegt Akkumulation und Sekretion) Aus dem Anstieg der Kurven in Phase II werden die Seitenanteile der beiden Nieren an der Clearance berechnet, bei fehlendem Anstieg in Phase II ist die Niere funktionslos. Kein oder nur ein unzureichender Abfall in Phase III ist ein Hinweis auf eine Harntransportstörung, der eine urodynamisch wirksame Harnabflußstörung oder z.B. eine Aktivitätskumulation in einem ektatischen Nierenbecken zugrundeliegen kann. Der Klärung der DD dient die Diurese-RNG. Bei urodynamisch nicht relevanten Veränderungen kommt es nach Lasixgabe prompt zur forcierten Exkretion des Radiopharmakons. Bei Nierenarterienstenosen wird die Minderdurchblutung von Barorezeptoren in den afferenten Arteriolen des Glomerulums registriert und von der Niere mit einer vermehrten Reninausschüttung beantwortet, was zu einer Konstriktion der efferenten Gefäße und damit zur Steigerung des Blutdrucks im Glomerulum führt. Häufig wird dadurch ein hinreichender Filtrationsdruck mit einer im Normbereich liegenden GFR erreicht. Durch Gabe eines ACE (Angiotensin Converting Enzym) - Hemmers wie Captopril kann die Konstriktion des vas efferens verhindert werden. Bei der RNG mit DTPA mit und ohne ACE-Hemmer ergeben sich bei hämodynamisch wirksamer Nierenarterienstenose signifikante Änderungen der GFR des betroffenen Organs und bei einseitiger Erkrankung eine deutliche Verschiebung der Seitenanteile. Bei Verwendung von Hippuran oder MAG3 erfolgt unter ACE-Hemmung eine Abflachung der Funktionskurve in Phase III mit Verlängerung der Eliminationshalbwertzeit. Strahlenexposition: effektive Äquivalentdosis 0,3 mSv 1,5 mSv 1,0 mSv bei 25 MBq I-123 Hippuran bei 200 MBq Tc-99m MAG3 bei 200 MBq Tc-99m DTPA Nierendiagnostik statisch Indikationen Abbildung des funktionsfähigen Nierenparenchyms durch szintigraphischen Nachweis der Akkumulation markierter nierenaffiner Substanzen bei Hypoplasien, Dystopien, Schrumpfnieren, Wandernieren, Dysplasien, Verschmelzungsnieren, Narben, Entzündungen und raumfordernden Prozessen. Radiopharmakon Ein Radiopharmakon für die statische Nierenszintigraphie muß über längere Zeit in der Niere gespeichert und darf nur zu einem geringen Teil ins Nierenbeckenkelchsystem ausgeschieden werden. Deshalb kommen nierenaffine Substanzen zum Einsatz, die im proximalen oder distalen Tubulusepithel gestapelt werden. Von Tc-99m markierbaren Substanzen weist das DMSA (dimercaptosuccinic acid = Dimercaptobernsteinsäure) mit 85% die höchste Anreicherung in der Nierenrinde auf. Untersuchungstechnik Radiopharmakon: 40 MBq Tc-99m DMSA Messung: statisches Szintigramm ab etwa 2 h p.i. mit hochauflösendem Kollimator Auswertung: ggf. Bestimmung der seitengetrennten DMSA-Speicherung als Parameter der tubulären Funktion bzw. aktiven renalen Masse Interpretation Das Szintigramm ist eine Darstellung des funktionsfähigen Parenchyms. Es lassen sich Lage, Größe und Form der Nieren beurteilen sowie Bezirke verminderter bzw. fehlender Funktion abgrenzen. Die Anreicherung entspricht dem Anteil an der tubulären Clearance; es besteht eine sehr gute Korrelation zu den mit der RNG bestimmten Seitenverhältnissen. Strahlenexposition: posterior anterior Speicherdefekt im oberen Pol der linken Niere einer 7-Jährigen nach rezidivierenden hochfieberhaften Harnwegsinfekten (30 MBq Tc-99m DMSA). effektive Äquivalentdosis 0,3 mSv bei 40 MBq Tc-99m DMSA Kursus der Nuklearmedizin Seite 11 Myokardszintigraphie Indikationen Die Myokardszintigraphie hat drei Hauptindikationen in der Diagnostik der koronaren Herzkrankheit KHK, die für die weitere Therapie entscheidend sind. Die Therapie der KHK besteht entweder in der antianginösen Pharmakotherapie, durch die der Sauerstoffbedarf des Myokards auf das durch die Stenosen begrenzte Angebot reduziert wird, oder aber in der Verbesserung der Durchblutung durch Angioplastie bzw. Bypassoperation. Vor der Revaskularisierung steht in jedem Fall eine Herzkatheteruntersuchung zur Klärung der Koronarmorphologie. 1. Die klinische Verdachtsdiagnose einer KHK ist allein nicht zuverlässig genug, einen Patienten der Herzkatheteruntersuchung zuzuführen. Auch ein der Klinik widersprechendes Belastungs-EKG allein ist wegen der geringen Sensitivität (60-70 %) bei niedriger Spezifität (70-80 %) nicht in der Lage, eine Belastungsischämie zu beweisen oder auszuschließen. Bestätigt das Belastungs-EKG, das jedoch beim Schenkelblock nicht aussagekräftig ist, den klinischen Befund, so ist die Diagnose hinreichend gesichert. Ansonsten kann die quantitative Myokardszintigraphie in Ruhe und unter Belastung mit etwa je 90 % Sensitivität und Spezifität zur Abklärung der KHK eingesetzt werden. 2. Gelegentlich kann bei gesicherter KHK vor der Revaskularisation durch die Katheteruntersuchung nicht die hämodynamisch wirksame unter mehreren mittelgradigen Stenosen erkannt werden. Durch Darstellung der ischämischen Bezirke durch die Szintigraphie sind die therapiebedürftigen Stenosen identifizierbar. 3. Im chronisch ischämischen Myokard findet sich in bis zu 10 % der akinetischen und ca. 50 % der hypokinetischen Myokardsegmente autoptisch normales Myokardgewebe und die Kontraktilität normalisiert sich nach Revaskularisation. Die Myokardszintigraphie in Ruhe unter voller antianginöser Medikation ist zur Zeit das beste klinische Verfahren, diese vitalen Zonen dysfunktionellen Myokards (hibernating myocardium) zu identifizieren und von irreversibel geschädigtem Myokard (Myokardnarben) zu unterscheiden. Radiopharmaka Die Untersuchung kann mit Tl-201 oder mit Tc99m-markierten myokardaffinen Substanzen wie Methoxyisobutylisonitril (MIBI) durchgeführt werden. Das Kaliumanalog Thallium reichert sich ähnlich wie Kalium nach i.v. Injektion im Myokard (4-6 %) und anderer beanspruchter Muskulatur wahrscheinlich aktiv über das Na-K-ATPase-System sowie in einigen parenchymatösen Organen an. Das Thallium wird nicht fest in den Muskelzellen gebunden, wodurch es bei sinkender Konzentration im Blut zum Auswaschen der Aktivität aus dem Muskel kommt. Es wird ein dynamisches Gleichgewicht zwischen ständigem Ein- und Ausstrom angestrebt, das jedoch nur bei guter Durchblutung erreicht wird. Kurz nach der Applikation zeigen gut durchblutete Areale eine starke Anreicherung während ischämische Bezirke erst langsam Aktivität akkumulieren. Nach einigen Stunden ist die Blutkonzentration deutlich gefallen und ein Teil der Aktivität aus den gut durchbluteten Arealen ausgewaschen während die ischämischen Bezirke ihre Aktivität nur langsam wieder abgeben. Szintigraphisch kommt es durch diesen Effekt zu einer allmählichen Umverteilung im Anreicherungsmuster zugunsten minderdurchbluteter Areale, der sogenannten Redistribution. Auch MIBI, ein lipophiles Kation, das wegen seines großen negativen, transmembralen Potentials vorwiegend in die Mitochondrien eingelagert wird, reichert sich wie Thallium durchblutungsabhängig im Herzmuskel an, wird jedoch kaum ausgewaschen und zeigt daher keine Redistribution. Untersuchungstechnik Radiopharmakon: 74 MBq (bei Reinjektion + 37 MBq) 201-Tl Chlorid oder: 200 MBq (Ruhe) + 350 MBq (Belastung) Tc-99m MIBI Vorbereitung: Zum Nachweis einer Belastungsischämie darf der Patient nicht unter antianginöser Medikation stehen. Eine solche Therapie begrenzt die Herzarbeit und damit Sauerstoffbedarf und Durchblutung und verhindert den Nachweis von Ischämien. Zur Reduktion störender gastrointestinaler Anreicherung sollte der Patient nüchtern sein. Untersuchung: Zur Steigerung der Myokarddurchblutung wird der Patient körperlich so weit wie möglich belastet (Ergometer) oder medikamentös stimuliert (z.B. mit Dipyridamol oder Adenosin). mit Tl: Nach Injektion des Thalliums wird die Belastung 1-2 min fortgeführt, unmittelbar gefolgt von einer SPECT-Untersuchung. Nach ca. 3 h erfolgt eine weitere SPECT-Untersuchung in Ruhe (Redistribution). Nur zum Nachweis vitalen, chronisch ischämischen Gewebes folgt eine zweite Tl-Injektion in Ruhe unter voller antianginöser Therapie mit einer SPECTAufnahme 30 min p.i. (Reinjektion). Kursus der Nuklearmedizin mit MIBI: Auswertung: Seite 12 Es sind wegen fehlender Redistribution für die Untersuchung in Ruhe und unter Belastung getrennte Injektionen notwendig, zwischen denen zum Abklingen der Aktivität der ersten 24 h liegen sollten. Jeweils etwa 1 h nach Applikation erfolgt eine SPECT-Untersuchung des Herzens. Computertomographische Rekonstruktion der Schnittbilder des Herzens aus den SPECTDaten in drei Ebenen senkrecht zu den individuellen Herzachsen. Interpretation Im Szintigramm dominiert wegen seiner größeren Muskelmasse der linke Ventrikel. Kurze Achse Lange Achse Er stellt sich in den Transversalschnitten ringförmig, Szintigramme oben: BELASTUNG unten: RUHE in den Logitudinalschnitten hufeisenförmig dar. Beim gesunden Herz reichert sich die Aktivität sowohl in Ruhe als auch unter Belastung im gesamten Herzmuskel gut an. Irreversible Defekte wie Infarktnarben stellen sich in beiden Untersuchungen gleich minderspeichernd dar. Das vitale chronisch ischämische Myokard (hibernating myocardium) hat ein Speichermuster ähnlich der Narbe, füllt sich jedoch nach Reinjektion von Thallium ganz oder teilweise auf. Eine reversible Ischämie stellt sich durch die im Vergleich zum gesunden Myokard geringere Durchblutung besonders in der Belastungsuntersuchung minderspeichernd dar während in der Ruhe der Defekt weniger ausgeprägt erscheint oder ganz verschwindet. Insbesondere bei Mehrgefäßerkrankungen, bei denen aufgrund fehlender gesunder Vergleichsareale die Speicherungsmuster in Ruhe- und Belastungsuntersuchung homogen und damit unauffällig erscheinen, kann durch eine quantitative Sektorenanalyse von Speicherung und Washout die Treffsicherheit erhöht werden. Strahlenexposition effektive Äquivalentdosis 17 mSv bei 74 MBq Tl-201 Chlorid 4,5 mSv bei 550 MBq Tc-99m MIBI Herzbinnenraumszintigraphie / Radionuklidventrikulographie Indikationen Messung der globalen oder regionalen Ejektionsfraktion zur Ermittlung der Herzfunktion - nach Herzinfarkt, im Rahmen herzchirurgischer Eingriffe oder bei Kardiomyopathien als prognostischer Index und zur Erkennung von Störungen des Kontraktionsablaufes, - im Verlauf z.B. unter kardiotoxischer Zytostatikatherapie (z.B. mit Anthrazyklinen), - vor Lungentransplantation wegen einer irreversiblen Lungenerkrankung (meist idiopathische Lungenfibrose) zur Klärung einer belastungsinduzierten Schädigung des rechten Ventrikels und der daraus resultierenden Notwendigkeit einer kombinierten Herzlungentransplantation. Radiopharmaka Für die Darstellung der großen Bluträume des Herzens und der großen Gefäße müssen Substanzen benutzt werden, die längere Zeit intravasal bleiben wie z.B. Tc-99m Serumalbumin oder Tc-99m-markierte Erythrozyten. Meistens werden Erythrozyten in vivo zunächst durch Injektion von Zinn(II)-Chlorid mit Zinn markiert und nach ausreichender intravasaler Durchmischung Tc-99m Pertechnetat appliziert, wobei es in den Kursus der Nuklearmedizin Seite 13 Erythrozyten durch die positiven Zinnionen zur Reduktion der negativen TcO4-Ionen und zur irreversiblen Fixierung an das Hämoglobin kommt. Die Markierung kann bei etwas mehr Aufwand auch in vitro erfolgen. Bei guter Markierungsausbeute, in vivo ist über 80%, in vitro sogar 99% erreichbar, spiegelt die mit der Kamera gemessene Aktivitätsverteilung den regionalen Blutgehalt wieder und kann somit zur Volumetrie von Bluträumen genutzt werden. Untersuchungstechnik Radiopharmakon: 600 - 800 MBq Tc-99m Pertechnetat in <1 ml Flüssigkeit, (Bolusinjektion) Vorbereitung: Blockade der Schilddrüse des Patienten (Strahlenschutz), 20-30 min p.i. intravenöse Applikation inaktiver Sn2--Ionen (Sn(II)-Chlorid) Messung: Einstellung der Kamera auf LAO 30-45° Projektion (überlagerungsfreie Darstellung des linken Ventrikels) und Aufnahme einer "gated blood pool acquisition". EKG RV Kamera LV RV LV 2 von 16 Summenbildern 100 [%] EF=100 ∗ Computer SV [%] EDV 50 Enddiastolisches Volumen EDV Endsystolisches Volumen ESV Auswertung: Dabei werden EKG-gesteuert vom Herzzyklus (RR-Intervall) 16 zeitlich aufeinanderfolgende Bilder aufgenommen (wie bei einem Film). Für eine ausreichende Statistik werden ca. 500 Zyklen aufgenommen und die registrierten Impulse mithilfe des EKG-Triggers phasengerecht den 16 Bildern zugeordnet. Bei der First-Pass-Technik zur Untersuchung des rechten Ventrikels wird alternativ oder zusätzlich während der Applikation der erste Aktivitätsdurchgang durchs Herz mit einer 30sSequenz mit ca. 30 frames/s aufgenommen, wobei die Passage des Aktivitätsbolus vom rechten Vorhof in den Ventrikel zeitlich getrennt beobachtet werden kann. Definition der ROI über dem linken Ventrikel in den 16 Bildern und Erstellung der Zeitaktivitätskurve eines RR-Intervalls mit Korrektur des Untergrunds durch die Lunge. Berechnung der Ejektionsfraktion EF. Interpretation Der Ablauf des repräsentativen Herzzyklus kann auf dem Computerbildschirm wie in einem Film betrachtet werden. Störungen im Kontraktionsablauf wie Akinesien, Dyskinesien oder Hypokinesie bei Ischämien, Infarktnarben oder Aneurysmen sind dabei häufig schon visuell zu erkennen. Die Befunde lassen sich objektivieren durch die Analyse von Phase und Amplitude der Volumenkurven einzelner Sektoren des linken Ventrikels und Bildung der regionalen EF. Die EF des LV sollte in Ruhe mindestens 55% betragen. Außer bei alten Patienten sollte unter Belastung die EF um mindestens 5 Prozentpunkte steigen. Geringere Werte signalisieren eine Herzinsuffizienz. Bei Patienten unter Chemotherapie weist ein Abfall der EF um 5 Prozentpunkte im Verlauf auf eine beginnende Kardiomyopathie hin. Eine First-Pass-Untersuchung ermöglicht außer der überlagerungsfreien Darstellung des RV auch den Vergleich der Durchflüsse des pulmonalen und des großen Kreislaufs und damit die Untersuchung auf einen Shunt, einem Kurzschluß zwischen rechtem und linkem Herz. Strahlenexposition effektive Äquivalentdosis 4-5 mSv bei 700 MBq Tc-99m Erythrozyten Kursus der Nuklearmedizin Seite 14 Hirnszintigraphie Indikationen Demenzabklärung, Zerebrovaskuläre Erkrankungen, Epilepsie, Hirntoddiagnostik Radiopharmaka Mit szintigraphischen Methoden lassen sich auf nichtinvasive (funktionelle) Weise die Mikrozirkulation und verschiedene Stoffwechselvorgänge im Gehirn untersuchen. Auf diesem Gebiet liegt eines der Hauptanwendungsgebiete der Positronenemissionstomographie (PET), mit der sich u.a. der Glukosemetabolismus, die Proteinsynthese und der Neurorezeptorenstatus bei unterschiedlichen zerebralen Erkrankungen untersuchen läßt. Aufgrund des relativ hohen finanziellen und technischen Aufwands stehen bei der PET die Grundlagenforschung und klinische Forschung im Vordergrund. Eingang in die klinische Routine fanden die SPECT-fähigen Tracer I-123 Amphetamin und in jüngster Zeit Tc-99m HMPAO. Beide Radiotracer sind lipophil. Sie reichern sich nach Überqueren der Blut-Hirn-Schranke proportional dem regionalen zerebralen Blutfluß im Gehirn an und bleiben dort über längere Zeit fixiert. Untersuchungstechnik Radiopharmakon: 500-800 MBq Tc-99m HMPAO Vorbereitung: Der Patient liegt kurz vor und nach der Injektion in einem abgedunkelten Raum, um eine Aktivierung von Gehirnzentren z.B. durch optische und akustische Reize zu vermeiden. Messung: Die SPECT-Untersuchung erfolgt etwa eine Stunde p.i. Auf früheren Aufnahmen wäre der Anteil intravasaler Aktivität, die eher das zerebrale Blutvolumen als den zerebralen Blutfluß widerspiegeln würde, noch zu hoch. Auswertung: Erstellung von SPECT-Schnittbilder in transversaler, koronaler und sagittaler Ebene unter Verwendung eines Glättungsfilters durch Rückprojektion der Daten mit dem Computer. Interpretation Bei der Demenzabklärung bereitet die Differentialdiagnostik der Demenzformen nach klinischen Gesichtspunkten im Initialstadium häufig Schwierigkeiten. In der Praxis von Bedeutung ist die Abgrenzung der Demenz vom Alzheimertyp von der vaskulären Demenz (Multiinfarktdemenz, M.Binswanger) und von kognitiven Störungen im Rahmen einer depressiven Erkrankung, insbesondere bei betagten Patienten. Bei Alzheimer-Demenz liegt auf den Schnittbildern eine meist beidseitige Minderspeicherung parietooccipital vor, die ihre Ursache in einer kortikalen Atrophie, einer verminderten neuronalen Aktivität und daraus resultierender Minderperfusion in dieser Region hat. Für die vaskuläre Demenz sind multiple kleine kortikale Perfusionsdefekte typisch, während bei Patienten mit depressiver Erkrankung in der Regel eine unauffällige Hirnperfusion, gelegentlich eine verminderte frontale Speicherung nachweisbar ist. Abb.: SPECT-Schnittbilder des Gehirns, Reihe oben: unauffälliger Befund, Mitte: Morbus Alzheimer mit Perfusionsdefekten parietooccipital (∨), unten: aufgehobene Perfusion bei Hirntod. Kursus der Nuklearmedizin Seite 15 Die zerebrovaskulären Erkrankungen sind die Domäne der morphologischen Verfahren Computertomographie (CT) und Kernspintomographie (KST), deren Vorteil in der hohen Auflösung und guten morphologischen Differenzierung bei geringem Zeitaufwand liegt. Die Messung des regionalen zerebralen Blutflusses (rCBF) mittels Hirn-SPECT kann allerdings bei ausgewählten Fragestellungen Zusatzinformationen liefern: 1. Beim Hirninfarkt kommt es unmittelbar nach dem Infarkt zur Abnahme des rCBF (funktionelles Defizit), während im CT und KST erst Stunden bis Tage nach dem Infarkt ein struktureller Defekt sichtbar wird. Beginnend 5 Tage nach dem Infarkt bis etwa dem 20. Tag tritt im Randgebiet des Infarkts eine Luxusperfusion auf, bedingt durch eine Entkopplung von Perfusion und Metabolismus. Daraus resultiert eine deutliche Abnahme der Sensitivität der Hirn-SPECT in diesem Stadium, insbesondere bei weniger ausgedehnten Infarktarealen. 2. Durch Messung der zerebralen Perfusionsreserve, definiert als Steigerung des rCBF durch kurzzeitige Provokation ähnlich der Myokardszintigraphie unter Belastung, läßt sich die zerebrale Durchblutungssituation bei reversiblen und irreversiblen Durchblutungsstörungen erfassen. Von Interesse ist diese Untersuchung zur Abschätzung des Risikostatus hinsichtlich eines Hirninfarkts bei Patienten mit reversiblen Durchblutungsstörungen (der rasch abklingenden transitorischen ischämischen Attacke (TIA) und dem länger anhaltenden (> 24 h) prolongierten reversiblen ischämischen neurologischen Defizit (PRIND)) oder eines Reinfarkts. Wertvolle Entscheidungskriterien können sich auch bei der Frage einer chirurgischen Intervention ergeben. Die Provokation erfolgt in der Regel mit Kohlendioxid oder mit Acetazolamid (Diamox R), einem Carboanhydrasehemmer, der durch Vasodilatation zu einer ca. 30 %igen Steigerung des rCBF im Versorgungsgebiet unauffälliger cerebraler Gefäße führt. Im Gegensatz dazu ist die Reservekapazität im Versorgungsgebiet stenosierter cerebraler Gefäße typischerweise erschöpft. Die HMPAO-SPECT ist ein geeignetes Verfahren, um epileptische Foki bei Patienten mit medikamentenrefraktärer partieller Epilepsie zu lokalisieren. Bei diesen Patienten, bei denen nur die operative Behandlung zur Anfallsfreiheit führt, ist für das operative Management eine exakte präoperative Lokalisation unverzichtbar. Diese gelingt mittels EEG nicht immer in gewünschter Weise. Interiktal (in Anfallsfreiheit) zeigt sich in der HMPAO-SPECT im Bereich des Fokus (in der Regel im Temporallappen) eine umschriebene Hypoperfusion, iktal (im Anfall) eine Hyperperfusion. Aufgrund des niedrigeren Aufwandes wird trotz geringerer Sensitivität zunächst dem interiktalen Szintigramm der Vorzug gegeben. In der Hirntoddiagnostik kann der vollständige Funktionsausfall des Gehirns prinzipiell allein durch klinische Verlaufsuntersuchungen festgestellt werden. Apparative Zusatzverfahren können zum einen die klinischen Zeichen des Hirntodes bestätigen, zum anderen die ansonsten erforderliche Wartezeit verkürzen. Die Angiographie aller hirnversorgenden Arterien zum Nachweis des zerebralen Zirkulationsstillstandes wurde wegen der potentiellen Nebenwirkungen, wie z.B. allergischer Schock, Blutungen weitgehend verdrängt. Statt dessen haben sich neben dem EEG die transkranielle Dopplersonographie und die Tc-99m HMPAOSzintigraphie (Nachweis fehlender Hirnperfusion) etabliert. Die Szintigraphie wird im Gegensatz zum EEG nicht durch Medikamente und Stoffwechselstörungen beeinflußt und ist als apparatives Zusatzverfahren von der BÄK anerkannt. Strahlenexposition effektive Äquivalentdosis 7 mSv bei 800 MBq Tc-99m HMPAO Kursus der Nuklearmedizin Seite 16 Szintigraphie der Lunge Indikationen Perfusionsszintigraphie: Nachweis der Lungenembolie Ventilationsszintigraphie: DD der primären Perfusionsstörung bei Lungenembolie gegenüber der sekundären Perfusionsstörung bei obstruktiver Bronchialerkrankung. Radiopharmakon Die Untersuchung wird mit Tc-99m markierten Albumin-Mikropartikeln durchgeführt. Bei der Perfusionsszintigraphie wird die Substanz i.v. injiziert. Die Partikel (Ø 10-50 µm) verursachen in der Lungenendstrombahn Mikroembolien der Lungenkapillaren (Ø ca. 8 µm). Es werden so wenig Partikel verwendet, daß maximal jede 10000ste der ca. 3∗108 Kapillaren blockiert wird. Die Aktivitätsverteilung über der Lunge zeigt die perfundierten Anteile, embolisch bedingte Verschlüsse größerer Gefäße führen zu segmentalen Speicherausfällen. Bei der Ventilationsszintigraphie wird die Substanz als Aerosol inhaliert, wodurch es zur Anreicherung in den belüfteten Anteilen der Lunge kommt. Untersuchungstechnik Perfusionsszintigraphie Radiopharmakon: 100 MBq Tc-99m Albumin-Mikropartikel in homogener Suspension Injektion: keine Blutaspiration in die Spritze (sonst Bildung von Makroaggregaten) Messungen: unmittelbar p.i. 6 Kameraaufnahmen mit hochauflösendem Kollimator (anterior, posterior, rechts und links lateral, rechts und links schräg) Untersuchungstechnik Ventilationsszintigraphie Radiopharmakon: aus einer homogenen Suspension werden Tc-99m Albumin-Mikropartikel vernebelt (z.B. durch Ultraschall). Der Patient inhaliert möglichst in sitzender Stellung etwa 10 min lang das Aerosol (Tröpfchen max. 0,2 mm) und atmet dabei etwa 10 MBq Tc-99m ein. Messungen: unmittelbar nach Inh. 6 Kameraaufnahmen mit hochauflösendem Kollimator (anterior, posterior, rechts und links lateral, rechts und links schräg) Bemerkungen: die Inhalation erfolgt gegen leichten Widerstand und erfordert daher die Mithilfe des Patienten (bei Schwerkranken manchmal problematisch ) Interpretation Bei der Lungenembolie treten typische segmentale Speicherdefekte auf. Da diese auch durch Raumforderungen (z.B. Tumoren oder Metastasen) bedingt sein können, ist zur Beurteilung ein Röntgenthorax notwendig. Minderspeicherungen kommen zudem bei sekundären Perfusionsstörungen bei eingeschränkter Ventilation im Rahmen obstruktiver Bronchialerkrankungen vor (sog. alveolovaskulärer Reflex), weshalb ggf. zusätzlich eine Ventilationsszintigraphie erforderlich sein kann. posterior links schräg links lateral rechts schräg rechts lateral anterior Bei der akuten Lungenembolie ist im Gegensatz zur Obstruktion die Ventilation erhalten. Demzufolge ergibt sich bei der Embolie ein pathognomonisches "Mismatch" des Defekts in der Perfusion (obere Reihe, oberer rechter Lungenlappen) bei erhaltener Ventilation (untere Reihe), während sich bei Raumforderungen und/oder Obstruktion ein "Match" der Defekte in Perfusion und Ventilation zeigt. Strahlenexposition: effektive Äquivalentdosis 1 mSv bei 100 MBq Tc-99m Mikropartikel Kursus der Nuklearmedizin Seite 17 Radioiodtherapie gut- und bösartiger Schilddrüsenerkrankungen Grundlagen der Radioiodtherapie: Das für die Radioiodtherapie RIT verwendete Radionuklid I-131 wird oral (als Kapsel) verabreicht und rasch und vollständig im Dünndarm resorbiert. Wie das mit der Nahrung aufgenommene nicht radioaktive Iod wird es in der Schilddrüse konzentriert und verstoffwechselt. I-131 emittiert sowohl ß- als auch γ-Strahlung mit einer Halbwertzeit von 8 Tagen. Die therapeutische Wirkung wird fast ausschließlich durch die ß-Strahlen erzielt. Ihre mittlere Reichweite im Gewebe liegt bei 0,5 mm, sie verläßt den Körper also nicht. Die γ-Strahlen mit einer Energie von 360 keV können im Gegensatz dazu an der Körperoberfläche mit Gammakameras oder Detektoren registriert werden, was erst den Nachweis speichernden Gewebes ermöglicht. Indikationen: A. Gutartige Schilddrüsenerkrankungen 1.Immunthyreopathie vom Typ M.Basedow: Die Basedow-Hyperthyreose wird zunächst 1 Jahr lang thyreostatisch behandelt. Erst wenn es nach einem Auslaßversuch der Thyreostatika zu einer Rezidivhyperthyreose kommt, womit bei etwa 60 % der Patienten zu rechnen ist, wird eine definitive Therapie in Form der Operation oder RIT angestrebt. Aufgrund der eindeutig niedrigeren Nebenwirkungsrate der RIT stellt diese Therapieform das Verfahren der ersten Wahl dar. Nur bei sehr großen Strumen, bei Malignomverdacht oder bei Kontraindikation (Schwangerschaft) sollte der Operation der Vorzug gegeben werden. 2.Funktionelle Autonomie: Die funktionelle Autonomie ist nicht notwendigerweise mit einer Hyperthyreose vergesellschaftet, ist also nicht in jedem Fall behandlungsbedürftig. Wenn aber einmal eine Hyperthyreose aufgetreten ist, ist im Gegensatz zur Basedow-Erkrankung keine Spontanremission zu erwarten. Bei diesen Patienten hat also immer eine definitive Therapie wie oben angegeben zu erfolgen. Der besondere Vorteile der RIT im Vergleich zur Szintigramme vor Operation ist die selektive Anreicherung des I-131 in und 5 Monate nach RIT zur den funktionell autonomen Bezirken wodurch gesundes Ausschaltung Gewebe geschont und bei Patienten mit multifokaler einer funktionellen und disseminierter funktioneller Autonomie alle heißen Autonomie. Areale mit Sicherheit ausgeschaltet werden. Eine Indikation zur RIT kann aber auch bei (noch) euthyreoter Stoffwechsellage bestehen. Dies gilt insbesondere für ältere Patienten mit zusätzlich bestehenden tachykarden Rhythmusstörungen sowie für Patienten mit großem Autonomievolumen wegen der potentiellen Gefährdung durch Iod (Hyperthyreosegefahr!), z.B. durch iodhaltige Kontrastmittel und Pharmaka. B. Bösartige Schilddrüsenerkrankungen: Bei Patienten mit papillärem und follikulärem Schilddrüsenkarzinom ist die Thyreoidektomie beidseits die wichtigste und vordringliche Maßnahme. Beim pT1 Stadium (Tumordurchmesser < 1 cm) des papillären Karzinoms sind keine weitergehenden therapeutischen Maßnahmen erforderlich. Bei allen übrigen Stadien des papillären und allen follikulären Karzinomen wird der verbliebene Schilddrüsenrest routinemäßig durch Radioiod abladiert. Erst dies gewährleistet eine ausreichende Speicherung in Metastasen bzw. Rezidivtumoren, da sich das Iod erst nach der Elimination des normalem Schilddrüsengewebe in genügend hohem Maße in maligne transformierten Thyreozyten anreichert. Durch I-131 können Schilddrüsenmetastasen selektiv beseitigt werden. Bei medullären und anaplastischen Schilddrüsenkarzinomen spielt die RIT wegen fehlender Radioiodspeicherfähigkeit keine Rolle. Anreicherung Szintigramme nach 1., 2. und von I-131 4.Therapie bei einem Kind in den aus Weißrußland, bei dem im Metastasen Alter von 13 Jahren ein eines Schilddrüsenkarzinom hochdifferenzi infolge des Reaktorunglücks erten in Tschernobyl diagnostiziert Schilddrüsenwurde. karzinoms. Nach 4 Therapien mit jeweils 6 GBq I-131 ist die bei der 1.Therapie erkennbare ausgedehnte diffuse Metastasierung der Lunge verschwunden, es sind keine krankheitsbedingten 02/95 12/95 07/96 Anreicherungen mehr erkennbar. Kursus der Nuklearmedizin Seite 18 Durchführung: Vor der RIT benigner Schilddrüsenerkrankungen wird ambulant mit einer kleinen I-131-Aktivität (1 MBq) eine Speicherungsmessung durchgeführt. Aus der zu therapierenden Masse, die sonographisch ermittelt wird, läßt sich bei Kenntnis des Speicherungsverhaltens der Schilddrüse die zur Erreichung einer gewünschten Schilddrüsendosis benötigte Therapieaktivität berechnen. Bei Morbus Basedow wird eine Zieldosis von 200 Gy, bei Autonomie von 300 Gy angestrebt, da sich diese Werte empirisch als geeignet erwiesen haben. Die Durchführung der RIT erfolgt stationär in einer speziellen nuklearmedizinischen Therapiestation. Aus Strahlenschutzgründen darf der Patient erst entlassen werden, wenn die Ganzkörperaktivität den gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwert (250 MBq) erreicht hat und seit der Applikation mindestens 48 h vergangen sind. Typischerweise beträgt der stationäre Aufenthalt wenige Tage. Während dieser Zeit wird regelmäßig die gespeicherte Aktivität bestimmt und daraus die Therapiedosis berechnet. Bei Karzinompatienten werden im Anschluß an die Therapien Szintigramme zur Dokumentation der Speicherung von Restgewebe und Metastasen angefertigt. Nebenwirkungen und Risiken der Radioiodtherapie Allergische Reaktionen auf Radioiod treten selbst bei Patienten mit allergischer Disposition gegenüber Iod nicht auf, da sich die Iodmenge im Mikrogrammbereich bewegt. Bei den Nebenwirkungen und Risiken unterscheidet man zwischen Früh- und Späteffekten. Die in seltenen Fällen als frühe Nebenwirkung auftretende strahleninduzierte Entzündung der Schilddrüse ist präventiv oder therapeutisch medikamentös (z.B. Antiphlogistika) behandelbar. Zu den Spätkomplikationen bei der Karzinomtherapie gehört das Sicca-Syndrom als Folge der radiogenen Sialoadenitis. Durch reichlich Flüssigkeitszufuhr und Anregung des Speichelflusses (zum Beispiel durch saure Bonbons) kann diesem in der Mehrzahl der Fälle erfolgreich vorgebeugt werden. Eine nach Hyperthyreosetherapie auftretende Hypothyreose wird nach heutiger Auffassung nicht mehr als eigentliche Nebenwirkung, sondern eher als Therapieerfolg ähnlich der Hypothyreose nach Operation verstanden. Bei diesen Patienten muß eine lebenslange thyreosubstitutive Therapie mit Levothyroxin durchgeführt werden. Eine gefürchtete Spätkomplikation stellen potentielle karzinogene Effekte der RIT dar. Für die Behandlung der gutartigen Schilddrüsenerkrankungen konnte in einer Vielzahl von Studien kein gehäuftes Auftreten von Spätkarzinomen oder Leukämien festgestellt werden. Bei der vergleichsweise hochdosierten Karzinomtherapie ist allerdings eine erhöhte Inzidenz von Leukämien nachgewiesen worden. Diese treten bei etwa 1 Prozent der radioiodtherapierten Schilddrüsenkarzinompatienten durchschnittlich 5 Jahre nach RIT auf.