Kaum in der Luft, schon sortiert

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QUALITÄTSSICHERUNG / MESSTECHNIK
Bildverarbeitungs-System sortiert Schüttgut im freien Fall
Kaum in der Luft,
schon sortiert
Ein Bildverarbeitungs-System für das
Sortieren von Schüttgut im freien
Fall nutzt die Rechenleistung von
­FPGA-Bausteinen auf Bilderfassungskarten. Dabei verarbeiten diese die
Bildquelle: Stemmer Imaging
Ursprünglich hat Stemmer Imaging,
Puchheim, das Bildverarbeitungs­
system für eine Anwendung im Berg­
bau entwickelt, bei der ein etwa 2 m
breites Förderband Gesteinsbrocken
verschiedener Größen und Farben mit
­ ignale einer Zeilenkamera, die die
S
einzelnen Brocken und Körner erfasst.
Eine Steuereinheit aktiviert den Auswurf-Mechanismus, der die Teile nach
Merkmalen wie Farbe oder Größe
hoher Geschwindigkeit zur nächsten
Verarbeitungsstation transportiert. Die
Aufgabe bestand in dieser Anlage dar­
in, bestimmte Gesteine während des
Transports in sehr kurzer Zeit zu klas­
sifizieren, ihre geometrischen Merk­
sortiert. Die eingesetzte Technologie
eignet sich auch für den Einsatz in der
Kunststoff-verarbeitenden Industrie.
male und ihre Position auf dem Fließ­
band zu erkennen und die gefundenen
Objekte anschließend über Auswerfer
vom Förderband zu entfernen. Eine
erschwerende Randbedingung neben
der im Bergbau üblichen Staub- und
Schmutzentwicklung sowie den wech­
selnden Licht- und Temperaturverhält­
nissen war dabei unter anderem die
Tatsache, dass sich das dunkle Gestein
nur geringfügig von der dunklen Farbe
des Transportbandes abhob. Zudem
musste das System die gesuchten Ob­
jekte innerhalb kürzester Zeit erken­
nen, um den nachfolgenden Aus­
Das System erkennt die gesuchten Objekte innerhalb von 0,02 ms und sortiert
unerwünschte Objekte mit dem Ausschleuse-Mechanismus aus.
05 · 2014 · Plastverarbeiter
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Bildquelle: Stemmer Imaging
vorliegenden Spezifikationen an die
jeweilige Aufgabenstellung an. In die­
sem Fall integrierte das Unternehmen
alle Bildverarbeitungskomponenten
und übernahm Einbau sowie An­
schluss der Kamera.
Schnell wie der Blitz
Um den rauen Umgebungsbedingungen des Einsatzortes zu widerstehen, umgibt diese Zeilenkamera ein doppelwandiges Kameraschutzgehäuse mit Wasserkühlung und doppelter Frontscheibe.
Datenmengen von bis zu 276 MB/s im
Camera-Link-Medium-Modus.
Um den rauen Umgebungsbedin­
gungen des Einsatzortes zu widerste­
hen, umgibt diese Zeilenkamera ein
doppelwandiges Kameraschutzgehäu­
se mit Wasserkühlung. In dieser stabi­
len Verpackung ist sichergestellt, dass
die Kamera immer im geforderten
Temperaturbereich arbeitet und den
elektrisch leitenden Kohlestaub von
der Kamera fernhält. Um stets einen
freien Blick der Kamera auf das trans­
portierte Schüttgut zu gewährleisten,
hält ein Druckluftvorhang die Sicht­
scheibe des Gehäuses frei von Verun­
reinigungen.
Derartige Spezialgehäuse bezieht
Stemmer Imaging von externen Lie­
feranten und passt sie dann nach den
schleuse-Mechanismus rechtzeitig und
genau zu aktivieren. Was im Bergbau
unter harten Bedingungen zuverlässig
funktioniert, ist auch für Kunststoffverarbeitende Unternehmen eine Lö­
sung.
Die Aufgabe zur Gesteinssortierung
haben die Projektbeteiligten mithilfe
von Bildverarbeitungs-Komponenten
von Stemmer Imaging gelöst. Dessen
Experten untersuchten die optimale
Kombination der geeigneten Kompo­
nenten dabei vorab im Zuge einer
Machbarkeitsstudie. Zur Ausleuchtung
des Bildaufnahmebereichs wählten sie
eine 250 cm breite, wassergekühlte
Zeilenbeleuchtung des Typs Lux HD2500/WH des Herstellers Hema, die
eine Stromaufnahme von 40 A bei ei­
ner Spannung von 36 V und damit
eine Leistung von 1.440 W aufweist.
Daher erfordert der Betrieb dieses
­regelbaren Leuchtbalkens StarkstromNetzteile.
Die Bildaufnahme erfolgt durch ei­
ne 3CMOS-Farbzeilenkamera des Typs
LT400 CL-F mit 4.096 Bildpunkten des
dänischen Herstellers JAI. Sie ist mit
einer Camera-Link-Schnittstelle ausge­
stattet und überträgt die anfallenden
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Bildquelle: Stemmer Imaging
Kamera in
Sicherheitsverwahrung
In der beschriebenen Anwendung
nimmt die JAI-Kamera Farbzeilen­bilder
des Schüttguts auf und leitet die Bild­
daten an einen PC weiter, in dem ein
Frame Grabber des Typs Micro-Enable
IV-VD4-CL von Silicon Software für
die sofortige Verarbeitung der aufge­
nommenen Bilder und die Klassifizie­
rung der Objekte sorgt. Kernstück die­
ser Bilderfassungskarte ist ein FPGABaustein, der mit der Entwicklungsum­
gebung Visual-Applets 2.0 von Silicon
Software programmiert wurde. Diese
Plattform ermöglicht ein effizientes
Programmieren von FPGAs. Aufgrund
der optimierten Verarbeitungsroutinen
und der Nutzung der FPGA-Ressourcen
erreicht das System eine extrem schnel­
le Objektklassifizierung mit Erken­
nungszeiten von unter 0,02 ms.
Die Klassifizierung der Objekte in
der Bergbauanwendung umfasst dabei
Merkmale wie die Fläche und Farbe der
Objekte, ihren Schwerpunkt in x- und
y-Richtung, das umrandende Recht­
eck, ihren orthogonalen und diagona­
len Umfang sowie die Kompaktheit
der einzelnen Gesteinsbrocken. Die
Errechnung des Schwerpunkts ist er­
forderlich, um die genaue Lage der
Schlechtteile zu kennen und so das
nachfolgende Ausschleusen über die
Aktuatoren zu ermöglichen. Dabei
Eine 250 cm breite,
wassergekühlte
Zeilen­beleuchtung
mit einer Leistung
von 1.440 Watt übernimmt die Ausleuchtung.
Plastverarbeiter · 05 · 2014
QUALITÄTSSICHERUNG / MESSTECHNIK
muss das System die exakte Position,
den Zeitpunkt und die Dauer der Ein­
wirkung durch die Aktuatoren berech­
nen, um das erkannte fehlerhafte Teil
zuverlässig auszuschleusen. Für An­
wendungen in der Kunststoffindustrie
lassen sich die Fehlerkriterien je nach
Bedarf anpassen. Denkbar sind bei­
spielsweise Klassifizierungen nach Far­
be, Größe oder Verschmutzungsgrad.
In Bezug auf die Bildverarbeitung
umfasst das System zunächst die Auf­
nahme eines RGB-Kamerasignals mit
10 Bit je Ebene, das anschließend ei­
nem White-Balance-Abgleich unterzo­
gen wird. Diese Daten wandelt der
FPGA danach in den HSI-Farbraum,
um den Hintergrund und die Gutteile
in Punkto Farbe zu definieren. Es ent­
stehen so drei Ebenen: gut, unbekannt
und Hintergrund. Auf dieser Basis er­
folgt eine Bildsegmentierung mithilfe
einer Blob-Analyse, um so die gefun­
denen Objekte ihren Merkmalen ent­
sprechend zu klassifizieren.
Wird auf diese Weise ein fehlerhaf­
tes Element erkannt, steuert der Frame
Grabber nachfolgende I/O-Module an,
die die Aktuatoren zum Ausstoßen der
unerwünschten Teile veranlassen.
Software sortiert alles
Bildquelle: Silicon Software
„Für die gesamte Entwicklung dieses
Systems waren rund fünf Manntage
erforderlich“, schätzt Jörg Schmitz aus
dem technischen Vertrieb von Stem­
Bildquelle: JAI
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Eine Farbzeilenkamera mit 4.096 Bildpunkten nimmt die Bilder auf und überträgt die Daten
­mittels Camera-Link-Schnittstelle.
mer Imaging, der für die Planung des
Projekts verantwortlich war. Ein we­
sentlicher Teil bestand dabei in der
Programmierung des FPGAs mithilfe
von Visual-Applets 2. Hier profitierte
der Kunde von den Erfahrungen des
Unternehmens, das als erster Partner
von Silicon Software die Kriterien er­
füllte, um als Visual-Applets Design
Center (VADC) tätig zu sein.
Mit seinen Visual-Applets Compe­
tence Centern (VACC) und den darü­
ber hinaus gehenden VADCs hat Sili­
con Software ein zweistufiges Zertifi­
zierungssystem eingeführt. Damit
verbunden ist eine Qualitätsaussage,
die Anwendern hilft, für ihre VisualApplets-Projekte einen geeigneten
Partner zu finden. Ein VACC führt
Schulungen und Beratungen zu die­
sem FPGA-Programmierwerkzeug
durch. VADCs gehen noch einen
Schritt weiter: Sie lösen Bildverarbei­
tungs-Anforderungen per FPGA-Pro­
grammierung durch Visual-Applets,
was in der beschriebenen Anwendung
der Fall war. Für den Kunden war es
dabei zudem wichtig, dass er die vor­
bereiteten Source-Codes selbst weiter­
entwickeln kann, was im Design des
Systems berücksichtigt ist.
Das beschriebene System ist inzwi­
schen beim Endkunden installiert und
in Betrieb gegangen. Es ist jedoch
nicht auf Anwendungen im Bergbau
oder der Kunststoffindustrie limitiert:
Im Prinzip eignet sich diese Lösung für
alle Anwendungen, bei denen schnell
bewegtes Schüttgut klassifiziert und
sortiert beziehungsweise ausgestoßen
werden soll. Dazu zählen auch Appli­
kationen, bei denen andere Rohstoffe,
wie Kunststoff-Granulate oder Lebens­
mittel, sortiert werden sollen.
n
Der Frame Grabber verarbeitet die aufgenommenen
Bilder und klassifiziert die Objekte in unter 0,02 ms.
Autor
Peter Stiefenhöfer
ist Leiter Marketing & Öffentlichkeits­
arbeit bei Stemmer Imaging in Puchheim.
InfoDirect
672pv0514
www.plastverarbeiter.de
̕̕Link zum Unternehmen
̕̕Kontakt
Stemmer Imaging, Puchheim,
[email protected]
05 · 2014 · Plastverarbeiter
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