Nuklearmedizin „Sehr viel schneller und wesentlich besser“ Mit dem Symposium „Aktuelle Trends in der Nuklearmedizin“ wurde am 6. Juni 2007 der langjährige Direktor der Klinik für Nuklearmedizin des UKJ, Prof. Dr. Dietmar Gottschild, in den Ruhestand verabschiedet. „Im Zentrum der Veranstaltung standen Fachvorträge zur Hybridbildgebung, zur Radioimmuntherapie und zur Nuklearkardiologie“, sagt Dr. Martin Freesmeyer. Der Nuklearmediziner und Radiologie ist seit dem 1. Mai 2007 Ärztlicher Leiter der Nuklearmedizin am Universitätsklinikum Jena. rät nur noch knapp 20 Minuten dauert. Das steigert den Komfort für die Patienten und eine bisher oft nötige ergänzende CTUntersuchung entfällt. „Die anatomische Zuordnung“, so Dr. Freesmeyer, „ist da- scheiden kann, ob sich dahinter wirklich ein bösartiger Befund verbirgt. „Hier ist die Positronenemissionstomografie die ideale Ergänzung, um den tumortypischen Stoffwechsel zu visualisieren und auch sehr kleinen Lymphknoten exakt zuordnen zu können.“ Am weitesten verbreitet ist die Darstellung des Glukosestoffwechsels, der unter anderem beim Lymphom, beim malignen Melanom und beim Bronchialkarzinom deutlich erhöht ist. Martin Freesmeyer verweist aber auch auf weitere hochspezifische PET-Marker, beispielsweise für die Hirntumorund Prostatakarzinomdiagnostik sowie für die Diagnostik neuroendokriner Tumoren, die die Jenaer Nuklearmediziner an ihrer Klinik teilweise selbst herstellen. „Technisch eine Evolution, medizinisch eine Revolution“ Exakter lokalisieren und klassifizieren Dr. Freesmeyer bedauert, dass die Positronenemissionstomografie in Deutschland eine andere EntwickInteressante technische Entwicklunlung als in den meisten westlichen gen auf dem Gebiet der HybridbildIndustriestaaten genommen hat, wo gebung stellte Diplom-Physiker Stedas Verfahren seit langem anerkannt fan Käpplinger vor, der früher in der Nuklearmedizin am Klinikum tätig Dr. Martin Freesmeyer, Ärztlicher Leiter der Nuklearmedizin am ist und bei den meisten Indikationen war und heute Produktmanager bei UKJ, ist Facharzt für Radiologie und für Nuklearmedizin. auch von den Krankenkassen bezahlt „Siemens Medical Solutions“ im Be- Er hat in Jena studiert und war an den Universitätsklinika Jena wird. „Auch weil man dort gegenund Halle tätig. Foto: Eichler über Methoden, die mit Strahlung reich Molecular Imaging ist. arbeiten, meist aufgeschlossener ist“, sagt rüber hinaus erheblich präziser als bei der „Die Hybridbildgebung mittels PET-CT Freesmeyer. In Deutschland bezahlen nur Bildfusion, der nachträglichen digitalen verbindet die morphologischen, also gedie privaten Kassen PET-Untersuchungen Kombination unabhängig voneinander staltlichen Informationen der Computerbei einer großen Anzahl von Tumoren, angefertigter PET- und CT-Aufnahmen, tomografie mit den Stoffwechselinformadie gesetzlichen halten sich nach wie vor wo es oft nicht leicht ist, exakt zu erkentionen der Positronenemissionstomograzurück. Immerhin: Seit April 2007 werden nen, zu welcher anatomischen Struktur fie. Mit diesen neuen, kombinierten Geräbei den ersten Indikationen, dem kleinein PET-Befund gehört, der auf einen Tuten erhalten wir sehr viel schneller qualizelligen Bronchialkarzinom und dessen mor hindeutet: Befindet er sich beitativ wesentlich bessere Aufnahmen als Rezidiv sowie beim solitären Lungenspielsweise noch in der Lunge oder doch mit der bisherigen Technik“, erläutert rundherd, auch von den gesetzlichen Kranbereits in der Thoraxwand?“ Martin Freesmeyer. Dabei werden zwei kenkassen die Kosten für eine PET-UnterMit dem PET-CT erhalten die Mediziner diagnostische Methoden in nur einem Unsuchung übernommen. „Die PET-CT-Hyeinen optimierten Datensatz, mit dem sie tersuchungsgang angewandt, was statt bis bridbildgebung, das machten die Vorträauch sehr kleine Tumoren ab fünf Millizu 90 Minuten am vorhandenen PET-Gege und Diskussionen auf unserer Tagung meter Durchmesser sehr genau lokalisiedeutlich, ist eine hervorragende Methoren und klassifizieren können: „Das ist für de, Tumoren eindeutig zu identifizieren die Therapieentscheidung – Welche Strukund zu lokalisieren und Operateuren, Onturen sind bereits involviert? Kann der kologen und Strahlentherapeuten optiBefund noch operiert werden? Und: Wie male Informationen zu liefern. Das ist muss operiert werden? – von großem Voreine große diagnostische und therapeutiteil.“ Ebenso für die Bestrahlungsplanung, sche Chance. Deshalb ist es notwendig, weil das PET-CT sehr genau darüber indiese zukunftsträchtige Methode auch in formiert, wo sich lebendiges TumorgeJena zu etablieren“, sagt Dr. Freesmeyer webe befindet. „Das ist sehr wichtig, um und zitiert Prof. Johannes Czernin von der einen möglichst hohen Strahlennutzen zu University of California, Los Angeles erzielen und die Schäden am gesunden (UCLA): Die PET-CT-Hybridbildgebung Gewebe dennoch gering zu halten“, erist technisch eine Evolution, medizinisch läutert Dr. Freesmeyer, der darauf vereine Revolution. weist, dass man im Computertomogramm „Auch Prof. Wolfgang Mohnike aus Berzwar erkennt, dass ein Lymphknoten eine lin hat dies in seinem Vortrag eindrucksbestimmte Größe hat, aber oft nicht entvoll verdeutlicht.“ Mohnike arbeitet an seiner Klinik mit einem 64-Zeiler-PETMastdarmkrebs (dicker roter Pfeil) mit benachbarCT, einem Gerät der neuesten Generatiter kleiner Lymphknoten-Metastase (dünner weißer Pfeil) im PET-CT Abb.: Siemens on, mit dem selbst kleinsten morpholo- 24 KM- online: www.med.uni-jena.de KLINIKMAGAZIN 73 3/07 Nuklearmedizin gischen Strukturen die entsprechenden Stoffwechselinformationen zugeordnet werden können, beispielsweise in der Kardiologie wie PD Dr. Guntram Neumann aus Leipzig demonstrierte. Neue Entwicklungen hinsichtlich der Hybridbildgebung gibt es auch in der konventionellen Nuklearmedizin. Mittels SPECT-CT, der Kombination eines Szintigrafen (Gammakamera) mit einem Computertomografen, ist es unter anderem möglich, so genannte Wächterlymphknoten beim Brust- und Prostatakrebs sowie bei verschiedenen Hautkrebsarten zu erkennen und sehr genau zu lokalisieren. Frühestens in fünf Jahren sollen auch hybride PET-MRT-Geräte verfügbar sein. Kollateralschäden gering halten Ein innovatives Teilgebiet in der Nuklearmedizin ist auch die Radioimmuntherapie, über die Prof. Jörg Kotzerke aus Dresden informierte. „Dabei werden Antikörper gegen bestimmte Tumoren an radioaktive Substanzen gekoppelt, die ausschließlich im unmittelbaren Nahbereich des Tumors – also in einem Umkreis von wenigen Millimetern – strahlen“, erläutert Dr. Freesmeyer. Das Ziel des Einsatzes dieser Substanzen, die intravenös injiziert werden, ist es, den Tumor mit einer möglichst hohen Dosis zu bestrahlen und Kollateralschäden im umgebenden Gewebe dennoch gering zu halten. „Die Idee, eine strahlende Substanz an einen Tumor anzudocken und damit dessen Gewebe zu zerstören, ist absolut plausibel, in der Praxis aber gar nicht so leicht umzusetzen“, sagt Martin Freesmeyer. „Bei weitem nicht alle Hoffnungen haben sich bisher erfüllt.“ Allerdings gibt es inzwischen eine erste Diagnose, bei der die Radioimmuntherapie in Deutschland zugelassen und flächendeckend verfügbar ist: Beim Rezidiv des follikulären NonHodgkin-Lymphoms, einem bösartigen Lymphknotentumor. Dr. Freesmeyer ist optimistisch, dass die Radioimmuntherapie künftig noch einen weitaus größeren Stellenwert in der Tumortherapie erlangen wird. mv Prof. Dr. Dietmar Gottschild im Ruhestand erkennung des Facharztes für NuklearProf. Dr. med. habil. Dietmar Gottschild In den 90er Jahren war er an der Planung medizin und die Berufung zum außerwurde im Juli 1943 in Leipzig geboren. und am Aufbau des PET-Zentrums und an ordentlichen Professor für NuklearmeNach der Schulzeit und einem praktischen der Konzeption des Klinikumsneubaus dizin an der FSU. Nach der kommissaJahr als Hilfspfleger in der Leipziger Uniin Lobeda federführend beteiligt. rischen Übertragung des Direktorats versitäts-Augenklinik beendete er 1968 Seine Forschungs- und Arbeitsschwerder Klinik für Radiologie wurde er 1993 sein Medizinstudium an der Universität punkte umfassten die Therapie mit ofseiner Heimatstadt. Im gleichen Jahr fenen radioaktiven Präparaten einverteidigte er seine Promotionsarbeit schließlich der Radioimmuntherapie, zum Thema „Über primär multiple madie nuklearmedizinische Herzdiagnosligne Tumoren“ erfolgreich. tik, die Immun- und RezeptorszintiWichtige Stationen der klinischen Ausgrafie sowie die Positronenemissionsbildung zum Radiologen waren die tomografie. Seine Arbeit mündete in Krankenhäuser in Pößneck und Ranis einer großen Zahl nationaler und sowie die Radiologischen Universitätsinternationaler wissenschaftlicher Vorkliniken in Jena und Leipzig. Mit der träge und Publikationen sowie in LehrFacharztanerkennung für Radiologie buchbeiträgen. Auch auf dem Gebiet begann 1973 seine Tätigkeit als Fachder Lehre, besonders um die Ausbilarzt in der Nuklearmedizinischen Abdung von Fachärzten, Medizinstudenteilung der Radiologischen Klinik und ten, Fachhochschülern und mittlerem Poliklinik der Leipziger Universität. medizinischem Personal, hat sich Prof. Bereits während der FacharztausbilGottschild große Verdienste erworben. dung waren eine Vielzahl von VorträSeine lebendig und humorvoll gestaltegen und Veröffentlichungen zu Theten Vorlesungen und Vorträge wurden Foto: Lauterbach stets mit großem Interesse aufgenommen aus der Strahlentherapie und Rönt- Prof. Dr. Dietmar Gottschild zum Universitätsprofessor für Nukleargendiagnostik entstanden. In der Nuklemen. Als Vorstandsmitglied der Gesellmedizin berufen. armedizinischen Abteilung befasste sich schaft für Nuklearmedizin Sachsen, SachIn seiner Jenaer Schaffenszeit hat Prof. Dietmar Gottschild schwerpunktmäßig sen-Anhalt, Niedersachsen und ThürinGottschild Herausragendes geleistet. Von mit Themen der nuklearmedizinischen gen hat Prof. Gottschild deren Arbeit über 1983 bis 1990 war er Leiter der ForschungsDiagnostik von Herzkrankheiten. Er beviele Jahre entscheidend mitbestimmt und gruppe „Nuklearmedizinische Diagnosarbeitete auf diesem Gebiet zahlreiche mehrere Kongresse organisiert. tik und Therapie“, 1986 absolvierte er am Forschungsthemen. Unter Prof. Gottschilds Leitung hat die Moskauer Mjasnikow-Institut ein sechs1983 habilitierte er sich mit dem nuklearNuklearmedizinische Abteilung des Unimonatiges Spezialstudium zur nuklearmedizinischen Thema „Ergebnisse und versitätsklinikums Jena stetig an Profil medizinischen Herz-Kreislauf-DiagnosWertigkeit nuklearmedizinischer Herzgewonnen. Er war ein sehr kollegialer tik vor allem der Thalliummyocardszinkreislaufuntersuchungen im TierexpeChef, der für alle Belange ein offenes Ohr tigrafie und der Herzbinnenraumszintiriment und im kinderkardiologisch-klihatte und unser aller Vertrauen genoss. grafie. Er war zudem stets bemüht, neue nischen Einsatz“ für das Fach Radiologie. Seinen unermüdlichen Einsatz, seinen Rat Diagnose- und Therapiemethoden in die Im gleichen Jahr wurde er zum Oberarzt und sein gutes Urteilsvermögen werden Routine einzuführen. Dazu gehören die und Leiter der Nuklearmedizinischen Abwir vermissen. Wir danken Prof. GottInterventionsnephrografie mit Furesis, teilung der Klinik für Radiologie an der schild für das Geleistete und wünschen die Knochenmark- und EntzündungsFriedrich-Schiller-Universität Jena erihm und seiner Gattin, dass sie den Ruheszintigrafie, die Nebenschilddrüsennannt und nach dem Erwerb der Facultas stand in Gesundheit genießen können. szintigrafie, die DTPA-Clearance und die docendi 1984 zum Dozenten für NuklearEmissionscomputertomografie. medizin berufen. 1990 erhielt er die ZuOÄ Dr. Carmen Luck KLINIKMAGAZIN 73 3/07 KM- online: www.med.uni-jena.de 25