Extrem seltenes Quasar-Quartett: Überraschung im Gasnebel

Extrem seltenes Quasar-Quartett: Überraschung im Gasnebel - NZZ Astronomie
20.Mai.2015 15:52
Extrem seltenes Quasar-Quartett
Überraschung im Gasnebel
Im frühen Universum haben Astronomen ein System aus vier aktiven
Schwarzen Löchern entdeckt. Möglicherweise ist das Quartett ein Vorläufer
der heutigen Galaxienhaufen.
von Thorsten Dambeck
18.5.2015, 12:11 Uhr
Es gehört zum Mantra der modernen Astrophysik, dass grosse Galaxien in
ihren Zentren gewaltige Schwarze Löcher beherbergen. So hat unsere
Milchstrasse ein Schwarzes Loch mit über vier Millionen Sonnenmassen, in
anderen Galaxien gibt es sogar noch massivere Exemplare. Wahrscheinlich
wachsen solche Objekte in jungen Galaxien heran. In dieser Phase sind die
Schwarzen Löcher enorm strahlungsaktiv. Diese sogenannten Quasare treten
fast immer als Singles auf, Paare oder gar Dreifach-Systeme sind extrem
selten. Nun melden Forscher die Entdeckung einer Vierergruppe von
Quasaren . Der einzigartige Fund fordert die Theorie über die Ausbildung der
Galaxienhaufen heraus.¹
Leuchtfeuer im frühen Universum
In der Phase als Quasar durchleben junge Galaxienkerne den Höhepunkt
ihrer Strahlungsabgabe. Sie gehören dann zu den hellsten Objekten im
Weltall und senden über hundertmal mehr Licht aus als die gesamte restliche
Galaxie. Diese enorme Emission wird durch Materie angetrieben, die auf das
zentrale Schwarze Loch zustürzt. Wie die Forscher um Joseph Hennawi vom
Max-Planck-Institut für Astronomie berichten, fand das Team die vier
Quasare in unmittelbarer Nachbarschaft voneinander. Umgeben sind sie von
einem gewaltigen Nebel aus kaltem und dichtem Gas und einer auffälligen
Dichte an Galaxien. Von der Erde ist das gesamte Gebilde sehr weit entfernt.
Sein Licht benötigt 10,5 Milliarden Jahre, um bis zu uns zu gelangen.
Als vergleichsweise kurzlebige Phänomene sind Quasare rar gesät,
typischerweise sollten sie deshalb durch grosse Distanzen voneinander
getrennt sein – bei dem Quartett ist dies offenkundig nicht der Fall. Ein
zufälliges Beieinanderstehen ist laut der Studie mit der Chance für einen
Sechser im Lotto vergleichbar. Die überraschten Forscher tauften ihren Fund
deshalb Jackpot-Nebel.
Auf dem Weg zum Galaxienhaufen?
Welche Rolle Quasare bei der Ausbildung der grossräumigen kosmischen
Strukturen spielen, ist noch eine offene Frage. Im heutigen Universum wird
diese Struktur durch Galaxienhaufen geprägt. Das sind Gruppen von bis zu
tausend Galaxien; sie haben Durchmesser von einigen Millionen Lichtjahren
und werden durch die Schwerkraft zusammengehalten. Im favorisierten Bild
der Kosmologen entstehen solche Haufen aus Vorläufern im frühen Kosmos,
den Protohaufen. Diese wachsen heran, indem sie weitere Materie und
kleinere Galaxien durch ihre Schwerkraft an sich ziehen.
http://www.nzz.ch/wissenschaft/astronomie/ueberraschung-im-gasnebel-1.18544339
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Extrem seltenes Quasar-Quartett: Überraschung im Gasnebel - NZZ Astronomie
20.Mai.2015 15:52
Sind die vier Quasare samt dem umgebenden Gasnebel ein Protohaufen? Die
Autoren halten dies für wahrscheinlich. Volker Springel vom Heidelberger
Institut für Theoretische Studien, der an der Publikation nicht beteiligt war,
bezeichnet die Studie als hochinteressant; die Entdeckung eines Quartetts aus
Quasaren sei faszinierend. Gleichwohl zeigt sich der Experte für
kosmologische Computer-Simulationen bei der Interpretation skeptisch. Es
sei keineswegs klar, dass sich das System wirklich in einen Galaxienhaufen
entwickeln werde. Zudem kritisierte er die Aussage der Autoren, dass ihre
Beobachtung generell im Widerspruch zu kosmologischen Simulationen
stehe. Die von ihnen zitierten Simulationen bezögen sich auf zu kleine
Raumbereiche.
¹ Science, 348, 779–883 (2015) .
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