2 Elektrostatik 2.1 Grundlegende Begriffe Experimentelle Ergebnisse: a) Geladene Körper üben eine Kraft aufeinander aus. b) Es gibt zwei Arten von Ladungen, negative und positive. Verschiedene Ladungen ziehen sich an, gleichartige stoßen sich ab. c) Die Kraft F12 zwischen zwei Ladungen a1 und a2 ist proportional zu ihrem Produkt F12 F12 q1q 2 F12 q1 und sie nimmt mit dem Quadrat des r1 - r2 Abstandes ab 1 F12 r1 r2 r1 2 q2 F21 . d) Die elektrostatischen Kräfte sind Zentralkräfte kq q F12 1 2 2 r1 r2 r1 r2 kq1q 2 2 e12 r1 r2 r1 r2 (2.1) Coulombsches Gesetz (Coulomb, 1736–1806). e) Die elektrostatischen Kräfte sind 2-Körper-Kräfte. Es gilt das Superpositionsprinzip: Die elektrostatischen Kräfte, die auf eine Probeladung q von mehreren anderen Ladungen q1, q2, … ausgeübt werden, überlagern sich ungestört. N r ri F kq qi 3 r ri i 1 (2.2) Das Coulombsches Gesetz gilt in dieser Form nur exakt für Punktladungen und für kugelförmige Körper. k: Proportionalitätsfaktor – sein Wert hängt von dem verwendeten Maßsystem ab. Hintergrund: Ladung wird nicht direkt gemessen, sondern nur durch die von ihr ausgeübte Kraft erkannt. 9 Möglichkeiten zur Bestimmung des Maßsystems 1. Gaußsches Maßsystem: Man wählt k 1 F q1q 2 r2 Die Ladungen werden in mechanischen Einheiten angegeben (cm, g, s). F g cm 2 s q 2 cm 2 q cm 3 / 2 1/ 2 g s (eine elektrostatische Einheit) 2. „Praktische Maßeinheiten“, beruhend auf dem SI-System: k qq 1 10 7 C 2 10 7 A 2 s 2 ; F 1 2 2 4πε 0 4πε 0 r q A s (Stromstärke A = Mit ε 0 8,854 10 12 Folgt F A W: Leistung, As Vm 2 2 s Vm As m 2 Ladung ) Zeit (Dielektrizitätskonstante des Vakuums) A V s W s m m Ws: Arbeit = Energie. Zusammenhang mit mechanischen Einheiten: 1 W 1 kg m 2 /s 2 . Bei theoretischen Betrachtungen ist es oft leichter, das Gaußsche Maßsystem zu verwenden (Proportionalitätsfaktor entfällt). 10 Elektrische Feldstärke: Als die von einer Ladung q1 am Ort r der Probeladung q hervorgerufene Feldstärke definieren wir den Quotienten F q1 E 3r q r (q1 am Ursprung). (2.3) Allgemein q r r E r 1 31 r r1 (2.4) E : elektrischer Feldvektor E ist für positive Punktladungen q1 nach außen und für negative Punktladungen nach innen gerichtet. Für eine Summe von Punktladungen folgt aus dem Superpositionsprinzip qi r ri E 3 Ei . r ri i i (2.5) Haben wir eine kontinuierliche Ladungsverteilung, muss die Summation über eine Punktladung in eine Integration überführt werden: Ei dE . qi r dV ; ri r dV' r – r' V dE' r r r E r r 3 dV r r V r' 11 (2.6) 2.1.1 Das Gaußsche Gesetz Wir bestimmen den Fluss der durch eine Punktladung erzeugten Feldstärke E durch eine Oberfläche, die diese Punktladung umschließt (hier der Einfachheit halber eine Kugel). n : äußerer Normalenvektor df = n . df n 1 q E r 3 r q E n df r n df 3 r Wir integrieren über die Kugel (Oberfläche A mit r = const.) mit einer Punktladung q im Zentrum q r n df E df r 3 A (2.7) hier: r n r n r 1 E df q r 2 df q q 2 df 2 4πr 2 4πq r r E df 4q Beachte: Kugelfläche A 4r 2 (2.8) Gaußsches Gesetz in Integralform Es lässt sich „leicht zeigen“, dass diese Formel für beliebig geformte geschlossene Oberflächen gilt, die die Ladung q umschließen. Schließt die Oberfläche mehrere Ladungen ein, gilt nach dem Superpositionsprinzip E df 4π qi (2.9) i oder bei kontinuierlichen Ladungsverteilungen E df 4π r dV . A (2.10) V 12 Überführung des linken Oberflächenintegrals in ein Volumenintegral (Gaußscher Satz): E d f div E dV 4π r dV A V V div E 4πρr dV 0 (2.11) V Das gilt für beliebige Volumina. Demzufolge div E 4πρ mit Gaußsches Gesetz in differentieller Form (2.12) E E y E z div E x . y z x 2.1.2 Das elektrische Potential Das elektrische Feld E lässt sich als Gradient eines Potentials schreiben. Wir hatten: E r r r ρr 3 dV V r r mit dV dx dydz Wir berücksichtigen, dass r r 1 x r r Entsprechend: x x 2 y y 2 z z 2 x x x x 3 3 r r x x 2 y y 2 z z 2 1 grad r r r r 3 r r Damit: 1 E r ρr grad dV r r V 1 E r grad r ' dV r r V r (2.13) 13 Potential einer Ladungsverteilung: r V r r r dV (2.14) E r grad r r Es gilt stets: : Nabla-Operator (2.15) rot grad 0 und deshalb rot E 0 denn E grad φ x Ex bedeutet: E y φ y φ z E z (2.16) E y E y z z 2φ 2φ 0 usw. rot E E x z E z x und yz zy E y x E x y Damit erhalten wir die ersten beiden Maxwellgleichungen für den statischen Fall: div E 4 rot E 0 Feldgleichungen der Elektrostatik divE 4 rotE 0 – „inhomogene Feldgleichung“ (2.17) – „homogene Feldgleichung“ (2.18) Andererseits gilt nach dem Gaußschen Gesetz: E x E y E z div E 4πρ z y x und mit den Gleichungen 2.15 und 2.16 2φ 2φ 2φ div grad 4π 2 2 2 x z y 4πρ Poissongleichung, Im ladungsfreien Raum gilt: 0 : Laplace-Operator Laplace-Gleichung 14 (2.19) (2.20) 2.1.3 Potential einer Punktladung q (lokalisiert bei r ' ) q Wir zeigen, dass ein Potential r r r die Poissongleichung erfüllt. Sei r 0: Ladung im Koordinatenursprung q r r , r x2 y2 z2 2x x r 2 2 2 r x 2 x y z q r q x qx 2 3 2 x r x r r r 2 x 2 2 x 2 3q x x q 3qx 2 q 5 3 r4 r r3 r r 2 y 2 2 z 2 3q x 2 y 2 z 2 r 5 3q 0 r3 Weiterhin muss gelten: q E gradφ grad r 1 E df q grad r df E df 4πq mit x r r Integration über Kugel: df df df y r r z r x r x r 1 E d f q y r y r df r2 z r z r 1 q 1 r df 2 q df r2 q r 2 4πr 2 4πq gilt für jede Umgebung von q (auch für r 0). 15 2.1.4. Distributionen δ-Funktionen Um auch Punktladungen als Grenzfall kontinuierlich verteilter Ladungen zu behandeln, führt man δ-Funktionen ein (Dirac). Allgemein ist eine Distribution x dadurch definiert, dass für eine beliebige (aber stetige und integrable) Testfunktion f x gilt: x x0 f x dx f x0 . (2.21) 1. Wir betrachten folgende Funktion: y 1/ 0 für x 0, x ε δε x 1 ε für 0 x ε (2.22) x Integration: 0 ε ε 0 ε δε x dx δε x dx δε x dx δε x dx 1 dx 1 ε 0 für beliebig kleine Werte ε. Im Grenzfall: ε 0 entsteht: (x) δ x dx 1 (2.23) x Allgemein: x a ist keine Funktion im eigentlichen Sinne, sondern eine "Distribution". xa: δ xa: δ0 16 Die δ-Funktion wird hier als Grenzfall einer bestimmten Funktion eingeführt. Es gibt dafür andere Möglichkeiten: 2. δε 1 πε ex 2 ε2 Gaußsche Verteilungsfunktion 1 1 für ε 0 π ε δε 0 (2.24) (2.25) x δε x 1 Diese Funktion hat ebenfalls die Eigenschaft: unabhängig von ε. 3. δε 1 ε 2 π ε x2 1 x 0 : δε π ε (2.26) δε x dx 1 Es lässt sich zeigen: f x δ x dx f 0 ; f x δ x a f a y (x-a) f(x) x 17 (2.27) Über diese Integrale wird mittels der δ-Funktion der Funktion f(x) ihr Funktionswert am Ort x = a zugeordnet. Beweis: ε 0 1 f x δ x dx f x ε dx f x f 0 ε df dx x x 0 1 f 0 f x 2 f x 0 1 d2 f 2 dx 2 2 x2 x 0 1 dx ε f 0 f 1 dx xdx f x 2 dx ε 0 ε 0 2ε 0 ε f 0 ε ε f ε 2 1 f ε 3 ε 2 2 ε 3 0 a f x δ x dx f 0 . a Außerdem gilt (gewonnen aus partieller Integration): f x δ x a dx f x δ x a f x δ x a f a . (2.28) "Mehrdimensionale" δ-Funktion δ r a δ x a x δ y a y δ z a z (2.29) Maßeinheit der eindimensionalen δ-Funktion: δ Allgemein im 3-dimensionalen Raum: δ 1 . cm 3 18 1 . cm Darstellung der Ladungsverteilung einer Menge von Punktladungen an Orten ai : N ρr qi δ r ai (2.30) N ρ r dV qi q (2.31) i 1 i 1 V 2.1.5. Feldlinien Unter Äquipotentiallinien versteht man den geometrischen Raum aller Punkte mit dem gleichen Wert von r : r const. Äquipotentialfläche Die Flächennormalen zeigen in die Richtung von grad E r Die Linien, für die die Vektoren E r an jedem Punkt die Tangentenrichtung angeben, heißen Feldlinien. Eine Kurve r r ist eine Feldlinie, falls dr E r 0 d (2.32) Die Ableitung von r nach dem Bahnparameter ergibt einen Tangentenvektor an die Kurve; dieser muss für jedes parallel zum Feld sein. In der Elektrostatik gibt es keine geschlossenen Feldlinien (Beweis mittels Anwendung des Satzes von Stokes auf rot E 0 ). Abbildung 19 2.1.6 Potentielle Energie einer Ladung im elektrischen Feld B dr E(r) A r Wird eine Ladung q in einem elektrischen Feld E bewegt, dann wirkt auf diese Ladung definitionsgemäß die Kraft F r qE r . (2.33) Arbeit W als Wegintegral: B B W F r dr q E r ' dr ' A (2.34) A ( W 0 , wenn gegen Feldkraft gerichtet negatives Vorzeichen) B B φ φ φ dz ' dy ' W q gradφ dr ' q dx' ' ' ' z y x A A B (2.35) q dφ q φB φ A A Die auf dem Weg von A nach B verrichtete Arbeit entspricht genau der Differenz der potentiellen Energie (hier elektrische Potentialdifferenz q) an beiden Punkten. Die Arbeit W ist wegunabhängig. Wenn Punkt A im Unendlichen liegt, so dass φ A 0 , dann gilt: W r q φr (2.36) W: potentielle Energie der Ladung q im elektrostatischen Feld E . Längs der Äquipotentiallinien kann man Ladungen ohne Arbeitsaufwand verschieben. 20 2.1.7 Energie und Energiedichte einer Ladungsverteilung Ausgangspunkt: Potentielle Energie W einer Punktladung q in einem elektrischen Feld φ (W statt V, um Verwechslung mit Volumen V zu vermeiden) gemäß Gleichung 2.36. W qφ Energie einer Ladungsanordnung in ihrem eigenen Feld: . .q1 . q3 .q2 . . ri - rk qi qk Zunächst denken wir uns alle Ladungen unendlich weit voneinander entfernt. Der gesamte Raum ist feldfrei. Potentielle Energie Arbeit, die notwendig ist, um die Ladungen qi an die Orte ri zu bringen. Um die erste Ladung an den Ort r1 zu bringen, ist keine Arbeit erforderlich. Die Ladung q1 q ruft aber ein Feld φ1 r 1 hervor. r r1 Um die zweite Ladung an den Ort r2 zu bringen, ist die Arbeit q q W2 q 2 φ1 r2 2 1 r2 r1 erforderlich. Beide Ladungen erzeugen das Feld q q φ2 r 1 2 . r r1 r r2 Für die Anordnung der Ladung q3 muss deshalb die Arbeit 21 q q q q W3 3 1 3 2 q3φ2 r3 geleistet werden. r3 r1 r3 r2 Addition aller Arbeitsleistungen: N i 1 q W qi k i 2 k 1 ri rk W 1 N N qi q k 2 i 1 k i ri rk (2.37) Übergang zu kontinuierlichen Ladungsverteilungen qi ρr dV ; q k ρr dV ρr ρr 1 W dV dV 2 V V r r (2.38) Für das Potential einer Ladungsverteilung hatten wir früher abgeleitet (Gl. 2.14): φr ρr dV r r , V so dass W 1 ρr φr dV . 2V (2.39) Die Wechselwirkungsenergie W lässt sich als Integral über die Feldstärke ausdrücken. Unter Verwendung der Poissongleichung φr 4πρr φ ρr 4π folgt: W 1 φ φ dV 8π V Es gilt allgemein die Beziehung: a a diva grad a grad a 2 (a: skalare Funktion). 22 (2.40) Beweis: a x a 2 a 2 a 2 2a 2a 2a ! div a a y a x 2 y 2 z 2 z a z x y 2 2 a a a a a a a a a x x y y z z x y z 2 Demzufolge erhält man: W 1 1 grad φ2 dV divφ grad φ dV 8π 8π (2.41) Das erste Integral lässt sich in ein Oberflächenintegral umwandeln. div φ grad φ dV φ grad φ d f Dieses Integral ist gleich 0, wenn über unendlich großen Raum integriert wird, da im Unendlichen 0 . W 1 2 E r dV 8π (2.42) Energiedichte des elektrischen Feldes: 1 2 E r wr 8π (2.43) 23 2.2 Anwendungsbeispiele 2.2.1 Elektrische Feldstärke beim Durchgang durch geladene Flächen Eine Ladung sei homogen auf einer unendlich großen Fläche verteilt (keine Randeffekte). q (F: Fläche eines betrachteten Teilstücks) Flächenladung: σ F E df 4q 4 r dV a) Gaußscher Satz V n1 n E1 n2 E2 n1 = -n2 = n (anstelle von Fläche: Quader, beliebig dünn, Fluss durch Seitenflächen vernachlässigt) E d f E n E 1 1 2 n 2 F 4πq 4πσ F E1 E 2 n 4πσ (2.44) E1n, E 2 n : Normalkomponenten des elektrischen Feldes auf beiden Seiten. Die Normalkomponente des elektrischen Feldes ändert sich beim Durchgang durch eine geladene Fläche sprungartig. E n,1 4πσ E n,2 b) Da sich die Feldstärke aus einem Potential herleiten lässt, muss das Umlaufintegral verschwinden: E dr 0 E x,1 x E x,2 x 0 E x,1 E x,2 x x allgemein: Et ,1 Et , 2 24 E1 Die Tangentialkomponente des elektrischen Feldes ändert sich beim Durchgang durch eine geladene Fläche nicht. Et,2 En,2 En,1 Et,1 E2 2.2.2 Kondensatoren Es existieren verschiedene Typen von Kondensatoren, z.B. Plattenkondensator, Kugelkondensator, Zylinderkondensator. Plattenkondensator: zwei leitende, ebene Platten, parallel, mit Abstand d. Randeffekte vernachlässigt. d Auf jeder Fläche: konstante Ladungsdichte: σ Zwischen den Platten gilt: E 4 4 q F q F (2.45) Feldstärke innerhalb des Kondensators ist konstant. Außerhalb existiert kein Feld. Potentialdifferenz der Platten: d d d 2 1 E dr E dx E dx Ed 0 0 0 Spannung des Plattenkondensators: U 1 2 4 Kapazität des Plattenkondensators: C q d F q q U Entspricht der Aufnahmefähigkeit dieser Anordnung für Ladung. Kugelkondensator Wir betrachten eine geladene Kugeloberfläche (Radius R). Oberflächenintegral im Abstand r > R 25 (2.46) (2.47) Der Einfachheit: nur Berücksichtigung der r-Komponente des Feldes (in Kugelkoordinaten), die anderen existieren nicht. 2 E df E 4πr 4πq E q r ; φ 2 q r (2.48) Weiterhin betrachten wir zwei konzentrische Kugeln mit entgegengesetzt gleichen Ladungen: -q F Feld außerhalb und innerhalb der Anordnung = 0 +q Potentialdifferenz für beide Radien r R und r R R : 1 R 1 q φ q R R R R R R Kapazität definiert als C C (2.49) q φ R R R R (2.50) Für R R gilt näherungsweise φ q R R2 C R2 . R Aus Symmetriegründen sind die Ladungen gleichmäßig auf den Kugeloberflächen verteilt. Auch die Potentialdifferenz ist überall die gleiche. Ein Teilstück F trägt die Ladung: q F q 4πR 2 q F q R 2 F F CF . 2 φ 4πR q R 4π R 4π d (2.51) 26 Die Kapazität CF eines Teilstückes F ist somit unabhängig vom Radius und gilt demzufolge auch für R (wie beim Plattenkondensator). 2.3 Potential und Feldstärke eines Dipols dF ' Dipoldichte: Grenzwert, dem das Produkt aus Ladungsdichte und lokalem Abstand zustrebt, wenn der Abstand gegen 0 geht: d dF" r' r ' ' r ' dn Dr lim r ' d r ' n r ' d 0 (2.52) Einfacher: nur zwei Punktladungen: Dipolmoment p : Vektor, der von negativer p a -q zu positiver Ladung zeigt. Produkt von Ladung und Abstandsvektor: p qa +q r = (x,y,z) r2 r1 -q x q φ q q r1 r2 Im Folgenden betrachten wir φ für große Abstände r1 , r2 a 2 a a2 r1 x y 2 z 2 x 2 y 2 z 2 ax 2 4 r1 r 1 ax r2 a2 4r 2 27 Vernachlässigen des quadratischen Terms, Entwicklung der Wurzel: ax r1 r 1 2 2r ax r2 r 1 2 2r Analog: q 1 1 φ ax ax r 1 2 1 2 2r 2r a x r2 q qa x φ 2 2 4 r 1 a x 4r r3 φ Allgemein: hier: pr r 3 z. B. φ 0 für pr (2.53) p a q,0,0 φ a q,0,0 x, y, z q a x r3 r3 Feldstärke: φ q a 3a x 2 q q a 3qax 2 3 3 x r r5 r r5 φ 3qaxy φ 3qaxz 5 , 5 y z r r E gradφ 3qax 2 r 5 qa r 3 E 3qaxy r 5 3qaxz r 5 Spezialfall von: 3er p er p r E ; er r r3 (2.54) 28 Allgemeiner: Multipolentwicklung: Wir betrachten eine statische lokalisierte ++ -- r' - 0 ++ entwickelt.) r ? r r' Ladungsverteilung. (In der Abbildung liegt die elliptisch begrenzte Ladungsverteilung innerhalb einer Kugel r R0 . Im Bereich r R0 wird das Potenzial r nach Potenzen von R0 r r r R0 beliebig, r R0 0, r R0 r Im Bereich r R0 kann das elektrostatische Potenzial r nach Potenzen von R0 r entwickelt werden. Wir benutzen hier die Darstellung in kartesischen Koordinaten. Wir gehen aus von Gleichung 2.14 φr ρr r r dV . V 2 2 2 Der Abstand r r ' x1 x'1 x2 x' 2 x3 x'3 1 2 hängt von den kartesischen Koordinaten x1 , x2 , x3 und x'1 , x' 2 , x'3 ab. Wir entwickeln den inversen Abstand in eine Taylorreihe nach Potenzen von x'1 , x' 2 , x'3 : 1 1 1 3 1 1 3 x' i x' j ... x'i xi x j r r r ' r i 1 xi r 2 i , j 1 (2.55) 1 1 1 Dazu benutzt: xi r xi r r ' r '0 x'i r r ' r '0 1 0 im Bereich r R0 können wir den letzten Term in (2.55) auch wie folgt r ergänzen (und damit das Ergebnis vereinfachen): ij 1 1 1 3 1 1 3 x'i x' j r ' 2 ... (2.56) x'i 3 xi x j r r r ' r i 1 xi r 2 i , j 1 Wegen 29 Wir führen folgende kartesische Multipolmomente ein: qr r' dV' Ladung (2.57) Dipolmoment (2.58) Quadrupolmoment (2.58) V' pi r x'i r' dV' V' Qij r 3x'i x' j r' 2 ij r' dV' V' Unter orthogonalen Transformationen ist q ein Skalar, pi ein Vektor und Qij ein Tensor zweiter Stufe. Wir multiplizieren (2.56) mit r' dV ' und führen die Integration aus; dies ergibt das Potenzial r und dann benutzen wir oben aufgeführte Momente (2.57–2.59) r 1 1 3 1 q 3 ' Qij ... dV p i r r' 6 r x r x x r i i j i i j 1 , 1 V' r ' (2.60) Wir führen die Differenziation aus und erhalten: xi x j q pr 1 3 r 3 Qij 5 ... r 2 i , j 1 r r r R0 (2.61) Dies ist eine Entwicklung nach Potenzen von R0 r . Die explizit aufgeführten Beiträge sind das Monopol-, das Dipol- und das Quadrupolfeld. Anmerkung: Wir haben benutzt: x 1 1 3i sowie xi x j r xi x j xi r r 1 x12 x 22 x32 3 xi x j r5 ij r3 3 Da die Spur der Matrix Qij verschwindet, ( Qii 0 ), führt der letzte Term in (2.56) zu i 1 keinem Beitrag. Die Spurfreiheit des Quadrupoltensors haben wir durch Zufügen des Terms mit ij erreicht; dadurch wurde das Ergebnis vereinfacht. 30 2.4 Elektrostatik in Substanzen Die Elektrostatik in Substanzen weicht von der im Vakuum ab. Grund dafür ist die Tatsache, dass Substanzen aus Molekülen und Atomen bestehen, die ihrerseits aus elektrisch geladenen Bestandteilen aufgebaut sind. Unter dem Einfluss elektrischer Felder kommt es zu Verschiebungen der einzelnen Komponenten der Substanzen. Bisher hatten wir die Lage der Ladungen als fest vorgegeben betrachtet. Durch Trennung der Ladungen entstehen in den Substanzen viele Dipole und dadurch eine Polarisation der Substanz. Wir untersuchen die mit Dipolen verbundene Ladungsdichte. a) einzelne Punktladung am Ort r0 : ρr q δ r r0 . q δ x x0 δ y y 0 δ z z 0 r0 b) einzelner Dipol a a ρr q δ r r0 q δ r r0 2 2 (2.62) a r0 _ a_ 2 r0 r0 + a_ 2 Wir betrachten δ r als differenzierbar (z.B. δ ε -Funktion). Dann kann man δ in eine Potenzreihe entwickeln und erhält für sehr kleine a a a ρr q δ r r0 grad δ r r0 q δ r r0 grad δ r r0 2 2 ρr qa gradδ r r0 (2.63) ρr p gradδ r r0 (2.64) 31 Für eine Anordnung von vielen Dipolen folgt ρr pi grad δ r ri , ri : Ort des Dipoles i. (2.65) i Wenn pi konst. , ergibt sich daraus ρr div pi δ r ri , (2.66) i wobei wir div a b b div a a grad b berücksichtigt haben. Definition der Dipoldichte: P pi δ r ri ρr div P , mit P : Polarisation (2.67) i Dielektrizität: Wir betrachten elektrische Felder in Nichtleitern, d. h. in Substanzen, bei denen die Elektronen in ihren Atomen lokalisiert bleiben. "Primitives" Atommodell: Proton im Koordinatenursprung; Elektronen "verschmiert" über eine Kugel vom Radius R. r R Welches Feld E i erzeugen die verschmierten Elektronen? Gaußscher Satz: E i df 4πq Bei Integration über eine Kugeloberfläche vom Radius r R q V r r 3 e V R R 3 32 2 Ei 4πr Ei er 4πe r 3 R3 r er ; Ei Ei 3 r R R3 r 0 E i 0 Proton befindet sich im Mittelpunkt der Ladungsverteilung in Ruhe. Neben dem Feld Ei , das durch die Elektronen hervorgerufen wird, soll ein äußeres Feld E a existieren. Im Gleichgewicht gilt: E a Ei 0 Ea R 3 er Ea 3 0 ; r e R (2.68) r Ea Das Atom besitzt als Ganzes näherungsweise das Dipolmoment p er E a R 3 4π 3 3 3 EaV A p Ea R 3 4π 4π (2.69) wobei VA das Atomvolumen bezeichnet, das dem einzelnen Elektron zur Verfügung steht. Gesamtdipolmoment bei N Atomen: 3 p ges N V A E a 4π (2.70) 33 VA Vges N V A V V' pges N V A 3 Dipoldichte: P Ea Vges N V A V 4π 1 (Gleichheitszeichen gilt bei dichtester Packung.) P χE , χ : dielektrische Suszeptibilität (2.71) (2.72) Feldberechnung in dielektrischen Substanzen Die elektrische Feldstärke im Vakuum wurde bisher aus der Grundgleichung 2.17 div E 4πρ (oder mit E grad φ aus φ 4πρ ) berechnet. Die Gleichung kann auch bei Anwesenheit von Substanzen aufrechterhalten werden, wenn man unter ρ nicht nur die makroskopischen Ladungen, sondern auch die mikroskopischen Ladungen in den Substanzen versteht. ρgesamt ρ ρ p . ρ p : Ladungen, die von der Polarisierung der Substanz herrühren Wir hatten ρ p div P , div E 4π ρ ρ p 4π ρ div P , div E 4π P 4πρ . (2.73) Es wird ein neuer Feldvektor eingeführt, die "dielektrische Verschiebung": D E 4π P . (2.74) 34 Wegen P χ E gilt D 1 4πχ E ε E . (2.75) ε: Dielektrizitätskonstante. div ε E 4πρ Gaußsches Gesetz in Dielektrika (2.76) Im allgemeinen Fall kann ε ortsabhängig sein. Dann gilt ε ε r . grad ε E ε div E 4πρ . Im einfachsten Fall gilt ε = konst. und damit: 4πρ . div E ε (2.77) Wenn ε konstant ist, ist die Feldberechnung also nicht schwieriger als im Vakuum. Spezialfall: ε ist gebietsweise konstant. Dieser Fall ist von großer praktischer Bedeutung, z. B. für die Berechnung von Feldern an biologischen Membranen. ε = 80 ε2 ε = 80 Elektrolyt Membran Elektrolyt Wie ändert sich das Feld beim Durchgang durch die Grenzfläche? l r keine makroskopischen Ladungen an der Oberfläche. F div D dV 0 V V nl nr Dl nl Dr nr F 0 ; nl n r 35 D df 0 Dn,l Dn,r Die Normalkomponente des Vektors D ist an der Grenzfläche stetig. Wegen D εE gilt ε l E n,l ε r E n,r Die Normalkomponente von E ändert sich sprunghaft. rot E 0 Die Tangentialkomponente von E ist stetig. r l Et ,l Et ,r (Ähnlich wie beim Feld, das in der Nähe geladener Oberflächen existiert.) 2.5 Elektrischer Strom und Stromdichte Bisher: statische Ladungen. Nun: bewegliche Ladungen, damit auch Zeitabhängigkeit Ausgangspunkt: Ladungserhaltung V I dq dt (2.78) q Strom Ladung Zeit I: Ladungen, die pro Zeiteinheit durch die Oberfläche von innen nach außen strömen. q ρdV V ; I j df j : Stromdichte 36 (2.79) d ρ dV j df 0 dt V d ρdV div j dV 0 dt V V ρ div j 0 t Kontinuitätsgleichung für Ladung (2.80) Beispiel: Stromdurchflossener dünner Draht Ein dünner Draht wird durch eine Bahnkurve l l s mit s I dl als Bahnparameter beschrieben. Der Strom I fließt durch den Draht. Der Tangentenvektor dl dl zeige in Richtung des Stroms. f ist die Querschnittsfläche des Drahtes Draht l (t) I dl Dann ist die Stromdichte definiert als: j f dl Zusammenhang zwischen Stromdichte, Ladungsdichte und Geschwindigkeit: Wir betrachten kontinuierlich verteilte Ladungen, die sich mit konstanter Geschwindigkeit in x-Richtung bewegen. Im Zeitintervall bewegt sich eine bestimmte Ladung vom Ort x x0 zu x x0 x mit x v x t . Dabei werden die im Volumen V F x enthaltenen Ladungen durch die Fläche F transportiert. q ρ V ; v t q V I t t V x, v F x Iρ ρ F vx t jx I ρ vx F allgemein: j ρv . (2.81) 37 Mikroskopische, klassische Behandlung (at – atomar) Betrachten Punktladung qi mit Ortsvektor ri und Geschwindigkeit vi ri t N Das ergibt die Ladungsdichte at r , t qi r ri t (2.82) N und die Stromdichte jat r , t qi vi r ri t (2.83) i 1 i 1 Im endlichen Volumen V gibt es viele Ladungen und somit eine mittlere Ladungs- und Stromdichte: r , t 1 q V V N qi 1 j r , t V und i 1 N q i vi i 1 Sind alle Ladungen gleich, qi q , dann q j r , t V N q 1 N vi N V vi r , t v r , t i 1 (2.84) i 1 mit q und N Summe und Anzahl der Ladungen in V Handelt es sich um Elektronen, dann gilt: j env , n: Teilchendichte. (2.85) Ein äußeres Feld übt eine Kraft auf die in einem Leiter frei beweglichen Ladungen aus. Die Bewegungsgleichung der Ladungen lautet dann: m d 2r dt 2 dr γ eE dt (2.86) d 2r dr γ : Reibungskraft. Im stationären Zustand (d.h. konstante Bewegung) gilt 0 und dt dt 2 somit dr e v E . dt γ (2.87) 38 Für die Stromdichte gilt dann e j ρv e n E γ e2n j σE ; σ γ mit σ: elektrische Leitfähigkeit. Anwendungen Kontinuitätsgleichung im statischen Falle: ρ div j 0 div j 0 t Dann gilt: div j dV 0 V j df f Kirchhoff'sche Knotenregel I1 I 2 I 3 I 4 0 I4 I3 I1 I2 Ohmsches Gesetz: Wir betrachten einen dünnen Leiter. x F 1 2 Konstante Potentialänderung entlang x. φ φ1 φ1 φ2 U E grad φ ; E x E 2 l l l 39 (2.88) I F j F σ E σ F I U R mit R U U l R l σF Der Widerstand R wächst mit der Länge l des Drahtes und sinkt mit zunehmender Fläche F und zunehmender Leitfähigkeit σ. 40