Prof. Dr. Monika Schnitzer Sommersemester 2014 Mikroökonomie 1 ______________________________________________________________________________ Ein Marktexperiment Es ist ein sonniger Samstagmorgen auf dem Viktualienmarkt. Stellen Sie sich vor, Sie und Ihre Kommilitonen sind auf den Markt gekommen, um Kartoffeln zu kaufen und zu verkaufen. Ihr Ziel ist es, soviel Gewinn wie möglich zu machen, wobei Gewinn in Euro gemessen wird. Kaufen und Verkaufen In dem Experiment versuchen Sie, Gewinne zu erzielen, indem Sie (imaginäre) Kartoffeln kaufen oder verkaufen. Zu Beginn des Experiments erhalten Sie eine "Individuelle Informationskarte", auf der die von Ihnen benötigten individuellen Informationen enthalten sind. Ist Ihre Karte rot, sind Sie ein Kartoffelverkäufer, bei einer grünen Karte sind Sie ein Kartoffelkäufer. Wenn Sie ein Verkäufer sind, besitzen Sie 1 Zentner Kartoffeln. Diese produzieren Sie selbst, und es entstehen Ihnen dabei Herstellungskosten von € K. Die Höhe dieser individuell verschiedenen Kosten entnehmen Sie bitte Ihrer roten Verkäufer-Karte. Ihre Ernte können Sie an einen Ihrer Kommilitonen, der eine grüne Karte besitzt, verkaufen. Der Gewinn, den Sie dabei erzielen, ist gerade die Differenz zwischen dem Verkaufspreis € P, auf den Sie sich mit Ihrem Käufer geeinigt haben, und Ihren Herstellungskosten, also € P - € K. Wenn Sie keine Kartoffeln verkaufen, entstehen Ihnen keine Kosten, Sie erhalten aber auch nichts, daher ist Ihr Gewinn € 0. Manchmal werden Sie keinen Käufer finden, der bereit ist, Ihnen einen Preis zu bezahlen, der mindestens Ihren Herstellungskosten entspricht. In diesem Fall ist es besser, keinen Handel abzuschließen und Null-Gewinne zu erzielen als Verluste zu machen. Beispiel Ein Verkäufer hat Herstellungskosten von € 5 für einen Zentner Kartoffeln. Falls er diesen für € 8 verkauft, entsteht ihm ein Gewinn von € 8 - € 5 = € 3. Falls er diesen für € 4 verkauft, entsteht ihm ein Gewinn von € 4 - € 5 = € (-1), also ein Verlust. Im zweiten Fall ist es daher besser, nicht zu verkaufen und einen Gewinn von € 0 machen. 1 Wenn Sie ein Käufer sind, ist es Ihr Ziel, 1 Zentner Kartoffeln zu erwerben. Für diesen Zentner Kartoffeln haben Sie eine individuelle Zahlungsbereitschaft € Z. Diese Zahlungsbereitschaft repräsentiert in einer gewissen Weise Ihren persönlichen Geschmack und ist jener Geldbetrag, den Sie gerade noch bereit sind zu bezahlen. Für manche Leute liegt dieser Wert relativ hoch, da sie ausgesprochene Kartoffelliebhaber sind. Andere Leute, die keine Kartoffeln mögen, werden eine eher geringe Zahlungsbereitschaft haben. Die genaue Höhe Ihrer individuellen Zahlungsbereitschaft entnehmen Sie bitte Ihrer grünen Käufer-Karte. Sie können die Kartoffeln von einem Ihrer Kommilitonen, der eine rote Karte besitzt, kaufen. Der Gewinn, den Sie dabei erzielen, ist gerade die Differenz zwischen Ihrer individuellen Zahlungsbereitschaft € Z und dem Verkaufspreis € P, auf den Sie sich mit dem Verkäufer geeinigt haben, also € Z - € P Wenn Sie keine Kartoffeln kaufen, erzielen Sie einen Gewinn von € 0. Manchmal werden Sie keinen Verkäufer finden, der bereit ist, Ihnen einen Preis anzubieten, der höchstens Ihrer Zahlungsbereitschaft entspricht. In diesem Fall ist es besser, keinen Handel abzuschließen und Null-Gewinne zu erzielen als Verluste zu machen. Beispiel Ein Käufer bewertet einen Zentner Kartoffeln mit € 10. Falls er einen solchen für € 8 erwirbt, entsteht ihm ein Gewinn von € 10 - € 8 = € 2. Bezahlt er hingegen € 12, entsteht ihm ein Gewinn von € 10 - € 12 = € (-2), also ein Verlust. Im zweiten Fall ist es daher besser, nicht zu kaufen und einen Gewinn von € = 0 zu machen. In jeder Runde kann jeder Verkäufer nur genau 1x Kartoffeln verkaufen; entsprechend kann jeder Käufer auch nur genau 1x Kartoffeln kaufen. Fernerhin ist es nicht möglich, eine andere Menge als genau einen Zentner zu handeln. Ein Verkäufer und ein Käufer können auf beliebige Weise miteinander verhandeln und sich auf einen Preis verständigen. Sie können sich gegenseitig Ihre individuellen Herstellungskosten bzw. Zahlungsbereitschaft offenbaren, müssen dies aber nicht. Außerdem können Sie einen Blick auf den Overhead-Projektor werfen, wo die Preise aller bereits abgeschlossenen Geschäfte festgehalten werden. Wenn ein Verkäufer und ein Käufer eine Vereinbarung getroffen haben, sollten sie einen Kaufvertrag (beim Kursleiter erhältlich) ausfüllen und dem Kursleiter übergeben. Dieser Kaufvertrag sollte die Identifikationsnummern von Verkäufer und Käufer sowie den vereinbarten Preis enthalten. Außerdem schreiben Sie bitte die Runde und Sitzung (wird weiter unten erklärt) sowie den Kursleiter Ihrer Übung in die entsprechenden Felder. Dieser wird den Preis auf dem Overhead-Projektor aufschreiben, so dass ihn jene Marktteilnehmer sehen können, die in der betreffenden Runde noch keine Transaktion getätigt haben. 2 Sitzungen, Runden und Transaktionen Für dieses und alle zukünftigen Experimente definieren wir die Begriffe Sitzungen, Runden und Transaktionen wie folgt. Eine Transaktion ist eine Kaufvereinbarung zwischen einem einzelnen Verkäufer und Käufer. Eine Runde beginnt, wenn der Kursleiter den Markt für eröffnet erklärt, und endet entweder, wenn es keine zwei Marktteilnehmer mehr gibt, die eine Vereinbarung miteinander erzielen können, oder durch Abbruch durch den Kursleiter. Eine Sitzung besteht aus zwei Runden. Zu Anfang jeder Runde beginnen die Marktteilnehmer von neuem mit dem Handel. Dies bedeutet, dass jeder Marktteilnehmer pro Runde höchstens eine Transaktion durchführen kann. Innerhalb einer Sitzung behalten die Marktteilnehmer ihre jeweiligen Rollen (Käufer/Verkäufer) sowie die entsprechenden Herstellungskosten bzw. Zahlungsbereitschaft. Dies bedeutet, dass Sie in der jeweils 2. Runde einer Sitzung auf die Informationen bzgl. der Preisentwicklungen in der vorausgegangenen Runde zurückgreifen können. Das Experiment besteht aus 2 Sitzungen. Für jede Sitzung erhalten Sie eine „Individuelle Informationskarte“, die Ihre Identifikationsnummer, Ihre Rolle (Käufer/Verkäufer) sowie die entsprechenden Herstellungskosten bzw. Zahlungsbereitschaft enthält. Hinweise für Markteilnehmer • • • Seien Sie ein aktiver Händler. Kaufen Sie billig, verkaufen Sie teuer. Wenn Sie normalerweise einen eher schüchternen Charakter haben, lassen Sie den "Basarhändler" in sich heraus. Je vorsichtiger Sie auftreten, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, profitable Gelegenheiten für einen Handel zu "verpassen". Lassen Sie die anderen Marktteilnehmer wissen, wie viel Sie bereit sind zu bezahlen bzw. zu welchem Preis Sie verkaufen. Wenn Sie denken, dass Sie einen besseren "Deal" machen können, zögern Sie nicht, einen Preis vorzuschlagen, der Ihren Vorstellungen mehr entspricht. Herstellungskosten variieren von Verkäufer zu Verkäufer genauso wie die individuellen Zahlungsbereitschaften der Käufer. Halten Sie Ausschau nach anderen Handelspartnern, mit denen Sie vielleicht ein für Sie profitableres Geschäft abschließen können. Wenn Sie jedoch zu lange zögern, können Sie am Ende leer ausgehen, da Ihre potentiellen Handelspartner schon mit jemand anderem gehandelt haben. Wenn Sie daher glauben, einen guten Deal zu machen, schließen Sie ab. Betrachten Sie den Overhead-Projektor, solange Sie selbst noch nicht abgeschlossen haben. Auf diese Weise werden Sie über die Preisentwicklung bereits getätigter Transaktionen informiert. 3 Testaufgaben Bitte beantworten Sie die folgenden Fragen zu Hause. Ein Käufer mit einer Zahlungsbereitschaft von € 15 verhandelt mit einem Verkäufer dessen Herstellungskosten bei € 9 liegen. • Was ist der höchste Preis, der es beiden Markteilnehmern erlaubt, mindestens einen Gewinn von € 2 zu machen? • Was ist der niedrigste Preis, der es beiden Markteilnehmern erlaubt, höchstens einen Gewinn von € 1 zu machen? Nehmen Sie an, ein Verkäufer mit Kosten K verkauft einen Zentner Kartoffeln an einen Käufer mit Zahlungsbereitschaft Z zum Preis P. • Wie groß ist die Summe der Gewinne von Käufer und Verkäufer? Hängt dies von P ab? • Je größer P, desto größer/kleiner sind die Gewinne des Käufers. Je größer P, desto größer/kleiner sind die Gewinne des Verkäufers. Denken Sie darüber nach, wie Sie sich verhalten werden, wenn Sie als Verkäufer zum ersten Mal mit einem Käufer verhandeln. Hier sind Beispiele für Strategien, die Sie benützen könnten: • Sie bitten einen Käufer, Ihnen ein Angebot zu unterbreiten und nehmen das erste Angebot an, welches höher als Ihre Kosten ist. • Sie addieren auf Ihre Herstellungskosten einen bestimmten Betrag und suchen aktiv nach einem Käufer, der bereit ist, diesen Preis zu bezahlen. • Sie suchen nach Handelspartnern. Wenn Sie zwei Angebote bekommen haben, entscheiden Sie sich für das bessere der beiden. • Sie halten nach einem Preis Ausschau, der mindestens so hoch ist wie der Durchschnitt der Preise bereits getätigter Transaktionen. Gewinn In der nächsten Vorlesung wird unter allen getätigten Transaktionen ein Kaufvertrag durch Los gezogen. Die an dieser Transaktion beteiligten Handelspartner erhalten jeweils ihre Gewinne, also die Differenz zwischen Transaktionspreis und Ihrer individuellen Zahlungsbereitschaft bzw. Herstellungskosten, ausbezahlt. Bitte beachten Sie, dass der bei der Transaktion festgelegte Handelspreis dabei zwischen Zahlungsbereitschaft des Käufers und Herstellungskosten des Verkäufers liegen muss. Wichtig: Bitte behalten Sie nach dem Experiment Ihre "Individuelle Informationskarten" bis zur nächsten Vorlesung. Sie benötigen sie zur Identifikation, wenn Sie bei der Auslosung gewonnen haben. Viel Spaß und viel Erfolg! 4