Trockenen Auges Wenn die Tränenproduktion nachlässt Immer mehr Menschen klagen über trockene Augen: In Österreich sind es circa 1,6 Mio. Österreicher, das ist etwa jeder Fünfte. Frauen sind häufiger betroffen, denn der sogenannte Tränenfilm ist hormonell gesteuert. Aber auch ältere Menschen leiden oft unter trockenen Augen, denn die Tränenproduktion lässt im Alter generell nach. Tränenersatzmittel, wie Augentropfen und Gele, schaffen Abhilfe. Ebenso wie die Vermeidung von trockener Raumluft. Bei konzentrierter und intensiver Bildschirmtätigkeit sollte man seinen Augen von Zeit zu Zeit eine Pause gönnen. Dr. Ulrike Röser ist Fachärztin für Augenheilkunde. Seit August 2008 betreibt sie eine Praxis in Bludenz und ist zudem als Konsiliarärztin im Krankenhaus Dornbirn tätig. Nach ihrer Ausbildung im Landeskrankenhaus Feldkirch arbeitete Ulrike Röser nach Umwegen über Kufstein und Spanien die letzten Jahre als Oberärztin in der Augenklinik des Kantonsspital Winterthur. Ein Gespräch rund um das Thema „trockene Augen“: Mögliche Uraschen, Diagnose, Behandlung und welche Augentropfen tunlichst zu vermeiden sind. Frau Dr. Röser, worin liegen die Ursachen für trockene Augen? Beim trockenen Auge handelt es sich um eine Benetzungsstörung der Augenoberfläche. Die Ursachen können sehr unterschiedlich sein und lassen sich auch nicht immer genau bestimmen. Es gibt aber einige Faktoren, die die Zusammensetzung, die Produktion oder die Verteilung des Tränenfilms negativ beeinflussen. Beispielsweise lässt die Tränenproduktion im Alter generell nach, daher klagen vor allem ältere Menschen über trockene Augen. Zudem können bestimmte Erkrankungen, wie zum Beispiel Rheuma, Neurodermitis oder Schilddrüsenerkrankungen zu trockenen Augen führen. Und so manche Frau leidet während der Schwangerschaft oder in den Wechseljahren daran. Trockene Augen hängen also auch mit der Hormonumstellung zusammen? Die Beschwerden können damit zusammenhängen. Es können aber auch schlichtweg Faktoren „von außen“ negativ auf den Tränenfilm einwirken. Beim Tränenfilm handelt es sich übrigens um eine Flüssigkeitsschicht, die den vorderen Teil des Augapfels bedeckt und von der Tränendrüse gebildet wird. Sie haben gerade Faktoren „von außen“ erwähnt. Kann also beispielsweise auch die Arbeit am Computer trockene Augen verursachen? Genau, vor allem, wenn es sich um intensive Bildschirmarbeit handelt. Generell verstärken sich die Beschwerden bei allen Tätigkeiten, die einen konzentrierten Blick von uns verlangen. Der Grund liegt darin, dass sich durch die Konzentration die Häufigkeit des Lidschlags verringert und es so zu einem schnelleren „austrocknen“ des Auges kommt. Als Folge kommt es zur Benetzungsstörung. Gibt es noch andere Faktoren „von außen“? Ja, beispielsweise trockene Luft durch eine Klimaanlage, das Tragen von Kontaktlinsen sowie die Einnahme bestimmter Medikamente. Auch der chronische Gebrauch sogenannter weißmachender Augentropfen kann zu den Beschwerden eines Trockenen Auges führen. Diese Art der Augentropfen wird zum Beispiel von Frauen benutzt, die etwa bei einer Abendveranstaltung rote Augen vermeiden wollen. Allerdings werden durch diese Tropfen lediglich die Gefäße im Auge verengt, wodurch die Rötung der Augen weggeht. Das Problem der Trockenheit ändert sich dadurch jedoch nicht. Im Grunde produziert das Auge durch weißmachende Augentropfen noch weniger Flüssigkeit, diese Tropfen haben also eigentlich den gegenteiligen Effekt und sind somit nicht zu empfehlen. Welche Beschwerden treten – neben dem Gefühl der „Trockenheit“ – sonst noch auf? Häufig klagen die Patienten über ein Fremdkörper- oder Sandkorngefühl, das sich meist im Laufe des Tages verstärkt. Weiters wird eine schnelle Ermüdung der Augen oder auch Brennen beobachtet. Zudem neigt die Bindehaut in vielen Fällen zu Rötungen. Stimmt es, dass Menschen mit trockenen Augen keine Kontaktlinsen tragen können? Wenn die Ursache der Unverträglichkeit von Kontaktlinsen darin liegt, dass zu wenig Tränenflüssigkeit produziert wird, wird man sich sicherlich schwer tun mit Kontaktlinsen. Denn diese stellen natürlich einen Fremdkörper auf der Augenoberfläche dar und werden durch die Trockenheit verstärkt als ein solcher wahrgenommen. Abhilfe können benetzende Augentropfen ohne Konservierungsmittel schaffen, eventuell ist auch der Umstieg auf Kontaktlinsen aus verstärkt sauerstoffdurchlässigem Material zu empfehlen. Sollten die Kontaktlinsen gar nicht mehr vertragen werden, empfehle ich auch teilweise eine Zeit lang auf die Brille umzusteigen. Manchmal pendelt sich die ganze Sache nämlich nach einiger Zeit wieder ein und es können zumindest zeitweise, das heißt stundenweise, etwa für den Sport, wieder Tageslinsen getragen werden. Prinzipiell muss das aber jeder für sich entscheiden, ob das Tragen von Kontaktlinsen als sehr störend oder erträglich empfunden wird. Der Tragekomfort ist bei trockenen Augen aber mit Sicherheit eingeschränkt. Wie stellt der Augenarzt die Diagnose? Am Anfang steht die ausführliche Anamnese, also die Erhebung der Krankengeschichte. Danach erfolgt eine ausführliche Untersuchung an der Spaltlampe (Anm.: Dieses optische Gerät bietet dem Augenarzt unter anderem die Möglichkeit, einen scharf begrenzten spaltförmigen Lichtstrahl auf das Auge zu richten. Durch Benutzung verschiedener Belichtungsmethoden und variabler Lichtspaltbreiten ist es möglich, fast sämtliche vorderen, mittleren und hinteren Abschnitte des Auges bis hin zu weit in der Peripherie befindlichen Netzhautarealen zu inspizieren). Hier können Rötungen der Bindehaut oder Unregelmäßigkeiten in der Hornhaut gesehen werden. Um kleine Schädigungen an der Hornhaut genauer darstellen zu können, benötigen wir einen Farbstoff, der dem Patienten ins Auge getropft wird. Ebenso wird er dafür benützt, die Stabilität des Tränenfilms zu beurteilen. Durch den Lidschlag wird der Farbstoff zunächst über das Auge verteilt, dann wird bei geöffnetem Auge die Zeit ermittelt, die vom letzten Lidschlag bis zum Aufreißen des Tränenfilms vergeht. In der Fachsprache sprechen wir von der Bestimmung der Tränenfilmaufrisszeit oder Break-up-time. Manchmal ist es nötig, einen sogenannten Schirmer Test durchzuführen. Dabei werden kleine Filterpapierstreifen in die Unterlider gehängt. Diese verbleiben für fünf Minuten im Auge, um sich währenddessen mit Tränenflüssigkeit voll zu saugen. Je nachdem, wie feucht der Streifen ist, kann auf eine verminderte Produktion von Tränenflüssigkeit geschlossen werden. Es geht also zuerst darum, herauszufinden, ob die Ursache für trockene Augen in einer verminderten Produktion von Tränenflüssigkeit oder darin, ob der Tränenfilm zu schnell aufreißt? Das kann man, vereinfacht gesagt, so ausdrücken, ja. Und wie wird dann behandelt? Allgemein sollte zunächst der Sehbehelf, also Brille oder Kontaktlinsen, optimiert werden. Die Symptome werden durch künstliche Tränen in Form von Tropfen oder Gelen behandelt. Der Einsatz dieser Tränenersatzmittel verhindert das Austrocknen der Horn- und Bindehaut und lindert somit die Beschwerden. Es gibt hier eine Vielzahl von Präparaten. Einige enthalten ein Verdickungsmittel, beispielsweise Hyaluronsäure, welches dafür sorgt, dass das Tränenersatzmittel länger auf der Augenoberfläche haften bleibt. Andere Inhaltsstoffe regeln den Salzgehalt oder den pH-Wert und passen diesen an. Die Wirksamkeit und Verträglichkeit dieser Präparate wird subjektiv sehr unterschiedlich empfunden, weshalb ich meinen Patienten immer empfehle, einige Präparate auszuprobieren. Generell rate ich zu Präparaten ohne Konservierungsmittel, da diese nachweislich auch die Oberfläche der Hornhaut schädigen können und somit eigentlich das Gegenteil des erwünschten Effektes bewirkt wird. Es wurden auch schon Verbesserungen durch Akupunktur nachgewiesen. In therapieresistenten Fällen kann auch das sogenannte Tränenpünktchen verschlossen werden (Anm.: Die beiden am inneren Augenwinkel gelegenen Tränenpünktchen sind die als kleine dunkle Einziehungen erkennbaren Einmündungsstellen des oberen und unteren Tränenkanälchens. Die Tränenpünktchen sind ständig offen, um so einen Abfluss der Tränenflüssigkeit zu gewähren.) Kann man sich eigentlich auch an Augentropfen gewöhnen und eventuell auch abhängig davon werden? Nein, im Gegenteil. Es ist sogar erwiesen, dass die Produktion der Tränenflüssigkeit wieder in Gang kommen kann, wenn entsprechend häufig Tränenersatzmittel verwendet werden. Eine Abhängigkeit oder Gewöhnung ist also nicht zu befürchten. Dies gilt aber nur für rein benetzende Tropfen, auf keinen Fall für die bereits angesprochenen Weißmacher. Und wie kann man vorbeugen? Indem man die äußerlichen Faktoren beseitigt. Also die Luftfeuchtigkeit im Raum, sofern möglich, erhöhen und rauchige Umgebungen meiden. Menschen, die am Computer arbeiten, oder auch solchen, bei denen die Beschwerden beispielsweise beim Fernsehschauen auftreten, wird empfohlen, hin und wieder in die Ferne zu schauen und dadurch den Augen quasi eine Pause zu gönnen.