Vorbemerkungen 1 Grundlagen der optischen Spektroskopie • Gegenstand: Wechselwirkung von Licht mit Materie • Licht im engeren Sinn: Licht im infraroten bis ultravioletten Spektralbereich • Wir werden uns meist sogar auf Licht im sichtbaren Bereich beschränken. • Ziel: über die Wechselwirkung zwischen Licht und Materie etwas über die Struktur, den Aufbau der Materie zu erfahren. • Im Rahmen unserer Betrachtungen: Moleküle als eine Form der Materie 1.1 Das elektromagnetische Spektrum • elektromagnetische Wellen in einem Frequenzbereich, der mehr als 20 Grössenordnungen umfasst. • Wellenlänge, die über λ = c/f mit der Frequenz verknüpft ist, in der Regel die Vakuumwellenlänge. • In Materie mit entsprechend kleinerer Ausbreitungsgeschwindigkeit ändert sich die Wellenlänge. • Einstein: Licht transportiert die Energie in Paketen (Lichtquanten) , wobei die Energie dieser Photonen genannten Pakete proportional zur Frequenz ν ist: Ephot = hν, mit h, dem Planckschen Wirkungsquantum, als Proportionalitätskonstante. • Neben Frequenz und Wellenlänge wird in der Spektroskopie die Wellenzahl k = λ−1 als energieproportionale Grösse verwendet mit der Einheit 1 cm−1 . Auch diese bezieht sich auf das Vakuum. • Die thermische Energie bei Raumtemperatur beträgt etwa 200 cm−1 1 1.2 Energiezustände der Materie • Wechselwirkungen von Licht mit Materie können zu Anregungen in der Materie führen • Da die Materie die Energie nur in Paketen aufnehmen bzw. abgeben kann, gehören zu den jeweiligen Anregungen Photonen einer bestimmten Frequenz Strahlungstyp Gammastrahlung Röntgenstrahlung UV VIS NIR IR Mikrowellen Radiowellen Wellenlängenbereich 1 pm 1 pm − 1 nm 1 nm − 400 nm 400 nm − 750 nm 750 nm − 2.5 µm 2.5 µm − 25 µm 25 µm − 1 mm 1 mm Übergänge Kern Rumpfelektronen Valenzelektronen Valenzelektronen Valenzelektronen/Molekülschwingungen Molekülschwingungen Molekülrotationen/Elektronenspin Kernspin • Optische Spektroskopie: im wesentlichen elektronische Anregungen sowie Schwingungs- und Rotationsanregungen • Graphische Veranschaulichung der Energiezustände von Elektronen in Molekülen mit Schwingungszuständen in einem Diagramm, in dem das Bindungspotential mit den entsprechenden Niveaux kombiniert wird • Das Bindungspotential ändert sich in der Regel bei elektronischer Anregung, da gerade die Valenzelektronen, deren Anregung wir mit sichtbarem Licht realisieren, an der Bindung beteiligt sind. 2 1.3 Absorption • Anregung von Schwingungszuständen: Energie von etwa 10000 cm−1 , demzufolge bei Raumtemperatur: Moleküle im Schwingungsgrundzustand • Energie eines Photons hν genutzt, um ein elektronisch angeregtes Niveau zu erreichen 3 • Messung erfolgt mit dem Spektralphotometer • Lichtquelle emittiert eine bestimmte Intensität I(λ) mit der Einheit [I] = Wm−2 • Als spektroskopische Grösse verwendet man statt der Intensität besser die Photonenstromdichte Ψ(λ), die die Zahl der Photonen je Fläche und Zeit angibt • Monochromator erlaubt Einstellung der Photonenenergie 4 • Da die meisten Monochromatoren eine lineare Dispersion in der Wellenlänge haben, wird diese als energiebezogene Grösse verwendet • Absorption in der Probe führt zu Reduktion der Photonenstromdichte Ψ0 (λ) auf Ψ(λ, x) • Einfachster Anatz: Ein fester Anteil der Photonen wird in einer Schicht dx absorbiert, wobei der Anteil Proportional zur Dicke der Schicht ist: dΨ ∝ dx Ψ • Integration ergibt Ψ(x) = Ψ0 e−ax • Als neue Grösse für den Grad der Abschwächung wird die Absorption A = ln ΨΨ0 = ax eingeführt • Für P eine Lösung mit verschiedenen Stoffen der Konzentration ci gilt: a(λ) = εi (λ)ci = A/x, wobei ε der Extinktionskoeffizient ist • Als Absorptionsquerschnitt wird die Grösse ε/NA bezeichnet 1.4 1.4.1 Skizze der quantenmechanischen Grundlagen der optischen Spektroskopie Allgemeine QM Prinzipien • Korrespondenzprinzip: Energie und Impuls werden durch Operatoren ersetzt ∂ ~~ E → i~ p~ → ∇ ∂t i • Das System wird durch die Wellenfunktion Ψ(x, t) beschrieben • Die Wahrscheinlichkeit, das System zu einem bestimmten Zeitpunkt in einem bestimmten Zustand anzutreffen, ist durch das Betragsquadrat der Wellenfunktion |Ψ(x, t)|2 gegeben • Die Erwartungswerte von Operatoren sind gegeben durch Z hAi = d3 xΨ∗ (x, t)AΨ(x, t) = hΨ|A|Ψi • Die Bewegungsgleichung resultiert aus dem Energieerhaltungssatz E = Ekin + Epot : ∂ ~2 ~ 2 i~ Ψ = − ∇ + V (x, t) Ψ ∂t 2m 5 • oder, in Operatorschreibweise ÊΨ = ĤΨ, wobei Ĥ der Hamiltonoperator ist • ÊΨ = ĤΨ ist die Bewegungsgleichung des Systems • In Systemen mit einem zeitlich konstanten Potential können sich stationäre Wellenfunktionen ergeben, die Eigenfunktionen des entsprechenden Hamiltonoperators sind • Die zugehörigen Energieeigenwerte sind die Eigenwerte das Hamiltonoperators, die aus der Eigenwertgleichung folgen: En Ψn = ĤΨn • Die Eigenfunktionen sind orthonormal: 1f m = n hΨn |Ψm i = 0 f m 6= n 1.4.2 QM der WW von Molekülen mit Licht ~ und den • Wellenfunktion des Moleküls hängt von den Kernkoordinaten Q ~ Elektronenkoordinaten ~q ab: Ψ(Q, ~q, t) • Die Born-Oppenheimer-Näherung sagt aus, dass die Kerne für die Berechnung der Elektronenwellenfunktion als statisch angesehen werden können (bewegen sich viel langsamer) • Damit kann die WF faktorisiert werden: ψ(Q, q) = φel (Qs , q)χkern (Q) • Behandlung der der Zeitentwicklung des Systems mittels zeitabhängiger Störungsrechnung • Ansatz: ψ(t) ist Linearkombination der zeitabhängigen Eigenfunktionen: X ψ(t) = an (t)ψn e−iEn t/~ • Die Zeitentwicklung von ψ(t) ist durch die Zeitentwicklung der Entwicklungskoeffizienten gegeben • Der Hamilton-Operator enthält den Einfluss des EM Feldes als zeitabhängige Störung: Ĥ(t) = Ĥ0 + Ĥ 0 (t) • Dabei ist der Störterm Ĥ 0 (t) gegeben durch ~ 0 cos ωt Ĥ 0 (t) = µ ~E 6 • Setzt man die zeitabhängige Wellenfuntion in die zeitabhängige Schrödingergleichung ein, so erhält man für die zeitliche Änderung des Betragsquadrates des Entwicklungskoeffizienten für den Zustand f unter der Voraussetzung, dass das System vor dem Einschalten der Störung im Zustand iwar (nach einiger Rechnerei): π ~ d|af (t)|2 = E0 |hψ|µ ~ˆ|ψi i|2 ρf (EF ) dt 2~ • mit ρf der Energie-Zustandsdichte im Endzustand • der Term in Brackets wird Übergangsdipol µf i genannt • Obige Gleichung ist unter dem Namen Fermis Golden Rule bekannt • Einsetzen der separierten Wellenfunktion nach der Born-Oppenheimer Näherung: µf i = µel (Q0 )hχf |χi i fi • Der Dipoloperator wirkt nur auf die Koordinaren der Elektronen q ! • Die Übergangsrate hängt also vom Betragsquadrat des elektronischen Übergangsdipols |µel |2 sowie vom Franck-Condon Faktor |hχf |χi i|2 ab fi • Die Schwingungswellenfunktionen χf und χi gehören zu verschiedenen elektronischen Zuständen und damit i.d.R. zu verschiedenen Bindungspotentialen! • Wäre das Potential unabhängig vom elektronischen Zustand, wären alle Franck-Condon Faktoren für f 6= i gleich Null (Orthonormalität) Beamer 7 1.5 Fluoreszenz • Nach Anregung schnelle Relaxation in den niedrigsten Schwingungszustand des ersten elektronisch angeregten Zustandes (Kasha-Rule) • Von dort Übergänge in Schwingungsniveaux des elektronischen Grundzustandes • Je Molekül ein Übergang = Emission eines Photons • Intensität der Banden durch Franck-Condon Faktoren bestimmt • Emissionsspektrum in erster Näherung spiegelsymmetrisch zu Absorptionsspektrum • Wegen Kashas Rule ist Emissionsspektrum unabhängig von Anregungswellenlänge • Man kann also z.B. Laser zur Anregung nehmen • Messung erfolgt mit dem Spektralfluorimeter 1.6 1.6.1 Einfluss der Umgebung Breite der Banden • Wechselwirkung mit Molekülen des Lösungsmittels führt zu Energieverschiebung 8 • Schnelle Bewegung der Lösungsmittelmoleküle → Gaussverteilung der Energien • inhomogene Linie: Gauss-Kurve 1.6.2 Stokes-Shift • i.d.R. ändert sich das statische Dipolmoment bei Anregung • Lösungsmittelmoleküle optimieren ihre Energie durch Umorientierung • Das gleiche bei Emission • Dadurch Emission rotverschoben gegenüber Absorption 1.7 Photophysik • Betrachtet mögliche Übergänge zwischen Energieniveaux • Bisher: Nur strahlende Übergänge zwischen Zuständen des gleichen Spinsystems (Singulett-System) • Zusätzliche mögliche Übergänge: – Interne Konversion: isoenergetischer Übergang vom Schwingungsgrundzustand des ersten elektronisch angeregten Zustands in einen angeregten Schwingungszustand des elektronischen Grundzustands gefolgt von strahlungsloser Schwingungsrelaxation (Wärme) 9 – Intersystem Crossing: ∗ Spinflip des angeregten Elektrons im angeregten Zustand führt zu einem isoenergetischen Übergang in das Triplett-System, streng spinverboten, durch Spin-Bahn-Kopplung schwach erlaubt ∗ Der erste angeregte Triplett-Zustand liegt i.d.R. energetisch unter dem angeregten Singulett-Zustand ∗ Rückkehr in das Singulett-System (Reverse Intersystem Crossing) entweder strahlungslos oder unter Aussendung eines Photons (Phosphoreszenz) • Darstellung der Übergänge im Jablonski-Diagramm • Weitere Übergänge: Wechselwirkung mit anderen Molekülen (sog. Quenchern) 1.7.1 Fluoreszenzquantenausbeute und Fluoreszenzzerfall • Betrachtet: Moleküle im angeregten Zustand • Fluoreszenzintensität ist proportional zur Konzentration angeregter Moleküle • Zeitliche Änderung der Konzentration angeregter Moleküle: d[S1 ] 1 = −krad [S1 ] − kic [S1 ] − kisc [S1 ] − ... = − [S1 ] dt τ 10