Wissenswertes über pflanzliche Arzneimittel

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„Wissenswertes über pflanzliche Arzneimittel“
Geschichte
Pflanzliche Arzneimittel sind die ersten und ältesten Arzneimittel der Menschheit. Viele der
heute in Gebrauch befindlichen Arzneipflanzen wurden schon im Altertum verwendet. So
lassen Ausgrabungen aus dem vorderen Orient vermuten, dass beispielsweise Opium bereits
einige tausend Jahre vor Christi Geburt als Heilmittel eingesetzt wurde. Auch die griechischen
Ärzte Hippokrates (um 460 – ca. 370 v. Chr.), Dioskurides (1 Jh. n. Chr.) und der griechischrömische Arzt Galen (2. Jh. n .C.) haben zahlreiche pflanzliche Anwendungen gegen
verschiedene Krankheiten beschrieben. Nach der Antike wurde das medizinische Wissen
während vielen Jahrhunderten vor allem in Klöstern weitergegeben. Abgesehen von China,
das erst in der Neuzeit mit dem Westen in Kontakt trat und Wissen austauschte, brachten
arabische und persische Ärzte die Medizin zu neuer Blüte. Der persische Arzt, Philosoph,
Physiker, Mathematiker, Jurist und Astronom Abu Ali Sina, im Westen Avicenna genannt, war
der grösste Gelehrte der damaligen Welt und schrieb zahlreiche medizinische Werke unter
anderem über pflanzliche Anwendungen. Pflanzliche Arzneimittel wurden vorwiegend als
Tinkturen (alkoholische Auszüge aus Arzneipflanzen) angewendet, aber auch als Pulver, das
aus der getrockneten und gemahlenen Arzneipflanze hergestellt wurde.
Ein Meilenstein der modernen Medizin bildete um 1805 die Isolierung von Morphin
(„Morphium“) aus Opium durch den deutschen Apotheker Friedrich Sertürner. Obwohl sich
die Wissenschaft danach zunehmend mit der Isolierung und Identifizierung von Inhaltsstoffen
der Arzneipflanzen befasste, war die Anwendung pflanzlicher Arzneimittel lange eine
Domäne des Erfahrungswissens, das die Ärzte aber auch die Volksmedizin in Jahrhunderten
gesammelt hatten. Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts begannen
pharmazeutische Firmen und pharmazeutische Universitätsinstitute mit der systematischen
Erforschung der Arzneipflanzen und ihrer Wirkungsweise. Erstmals kamen standardisierte
Pflanzenextrakte mit einem genau definierten Gehalt an wirksamen Inhaltsstoffen auf den
Markt, und in den 1960er Jahren wurden die ersten klinischen Studien zur Überprüfung der
Wirksamkeit pflanzlicher Arzneimittel bei bestimmten schulmedizinischen Indikationen
durchgeführt.
Herstellungsverfahren
Zur Herstellung eines pflanzlichen Arzneimittels wird entweder die Arzneipflanze getrocknet
und gemahlen und dann Kapseln oder Tabletten verarbeitet, oder es wird ein pflanzlicher
Extrakt hergestellt. Dabei werden die arzneilich bedeutsamen Inhaltsstoffe mit einem
Lösungs- oder Extraktionsmittel aus der ganzen Pflanze oder den besonders wirkstoffhaltigen
Pflanzenteilen gewonnen. Dazu werden unterschiedliche Lösungsmittel eingesetzt.
Inhaltsstoffe, die gut wasserlöslich sind, werden z.B mit Wasser extrahiert, andere lassen sich
nur mit alkoholischen Lösungsmitteln oder einer Mischung verschiedener Lösungsmittel aus
der Heilpflanze herauslösen. Aus dem gewonnenen Extrakt stellt man entweder ein flüssiges
Arzneimittel – also Tinkturen, Tropfen oder Sirup – her, oder das Lösungsmittel wird
verdampft und der Trockenextrakt in Tabletten, Kapseln, Salben oder Zäpfchen verarbeitet.
Extraktion
Während in früheren Zeiten Arzneipflanzen fast ausschliesslich als Tee oder Tinkturen
(alkoholischer Auszug) verwendet wurden, werden pflanzliche Arzneimittel heute zunehmend
aus Extrakten hergestellt. Bei der Herstellung eines Extraktes werden die Inhaltsstoffe mit
einem geeigneten Lösungsmittel aus der Arzneipflanze heraus gelöst. Je nach Art des
Lösungsmittel und des Verfahrens werden aus derselben Arzneipflanze unterschiedliche
Extrakte mit teils sehr unterschiedlichen Eigenschaften und Wirkungen gewonnen. Wird
beispielsweise Wasser als Lösungsmittel verwendet (z.B. bei der Herstellung von Tee),
finden sich im entsprechenden Extrakt vor allem gut wasserlösliche Inhaltsstoffe, aber kaum
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solche, die in Wasser nicht oder nur schwer löslich sind. Aus der modernen
Arzneipflanzenforschung weiss man inzwischen, bei welchen Arzneipflanzen welche
Lösungsmittel oder -Kombinationen eingesetzt werden müssen, um die arzneilich wirksamen
Inhaltsstoffe der Pflanze optimal zu extrahieren. So ist die Auswahl der geeigneten
Lösungsmittel beziehungsweise der Lösungsmittelgemische, aber auch das geeignete
Extraktionsverfahren zu einer eigenen Wissenschaft geworden. In den letzten Jahren hat sich
mit der CO2-Extraktion ein neues Verfahren etabliert, das besonders schonend und
rückstandsfrei ist und sehr reine Endprodukte liefert.
Vergleichbarkeit von pflanzlichen Arzneimitteln derselben Pflanze
Es gibt grosse Unterschiede zwischen pflanzlichen Arzneimitteln aus derselben Pflanze, je
nach Herstellungsverfahren des Extrakts. Die Unterschiede lassen sich am besten mit einem
schönen Beispiel aus der Ernährung erklären: Türkischer Kaffee, Espresso und Filterkaffee
sind alles wässrige Auszüge aus Kaffeebohnen. Im Falle des türkischen Kaffees werden die
gemahlenen Bohnen aber mit heissem Wasser vermischt (mazeriert). Bei der Herstellung
eines Espressos wird heisses Wasser mit Druck durch die gemahlenen Bohnen gepresst.
Beim Filterkaffee lässt man das heisse Wasser dagegen langsam durch die gemahlenen
Bohnen laufen (perkolieren). Daraus entstehen drei unterschiedliche Getränke: mit viel
Aroma und viel Koffeingehalt (türkischer Kaffee), mit viel Aroma und wenig Koffeingehalt
(Espresso) oder mit wenig Aroma und viel Koffeingehalt (Filterkaffee). Ähnliches gilt auch für
pflanzliche Arzneimittel: Je nach Herstellungsverfahren wird ein Extrakt aus derselben
Arzneipflanze unterschiedliche Wirkungen aufweisen.
Bei den Arzneipflanzen finden sich je nach Jahr und Erntezeitpunkt ganz unterschiedliche
Wirkstoff-Konzentrationen. Aus diesem Grund werden für moderne pflanzliche Arzneimittel
unterschiedliche Ernten verwendet, so dass ein standardisierter Wirkstoffgehalt erreicht
werden kann.
Verwendete Pflanzenteile
Bei vielen Arzneipflanzen sind die wirksamen Inhaltsstoffe nicht gleichmässig in der ganzen
Pflanze verteilt, sondern konzentrieren sich in einem bestimmten Pflanzenteil. Bei Ginkgo
biloba sind das zum Beispiel die Blätter, beim Weissdorn Blätter und Blüten. Beim
Löwenzahn enthält die Wurzel die grösste Konzentration an Inhaltsstoffen, bei der Eiche ist
dies die Rinde. Beim Johanniskraut sind die Inhaltsstoffe dagegen gleichmässig verteilt,
darum wird das ganze Kraut verwendet.
Beispiele häufig verwendeter Arzneipflanzen und ihre Anwendungen:
 Sonnenhut: virale Erkältungskrankheiten
 Johanniskraut: Verstimmungszustände
 Ginkgo biloba: Konzentrationsstörungen, Vergesslichkeit, Durchblutungsstörungen
 Weissdorn: leichte Herzbeschwerden
 Rosskastanie, Weinlaub: venöse Beschwerden
 Mönchspfeffer: prämenstruelles Syndrom
 Baldrian, Passionsblume, Hopfen, Melisse, Lavendel: Nervositätszustände, leichte
Schlafstörungen
 Thymian, Eibisch, Spitzwegerich, Efeu: Husten
 Kamille, Enzian, Benediktenkraut, Melisse, Süssholz: Magen-Darm-Verstimmungen
 Traubensilberkerze, Rotklee: leichte bis mittlere klimakterische Beschwerden
 Sägepalme, Brennessel: irritative Prostatabeschwerden
 Hamamelis, Kamille, Cardiospermum, Malve: gewisse Hautprobleme
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