Förderprogramm des BMU zu Forschung und Entwicklung im Bereich Geothermie Verbundprojekt Seismik im Kristallin: 3D-seismische Messungen im Kristallin unter besonderer Berücksichtigung lithologischer und struktureller Klassifizierungen des geothermischen Reservoirs durch seismische Attributanalysen Förderkennzeichen1: 0325363A;0325363B; 0325363C Geförderte Projektpartner: Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik (LIAG); Technische Universität Bergakademie Freiberg - Fakultät für Geowissenschaften, Geotechnik und Bergbau - Institut für Geophysik und Geoinformatik; Universität Hamburg - Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften - Department Geowissenschaften - Institut für Geophysik Zuwendungssumme2: 6.543.844 € Laufzeit: 01. 09.2011 bis 31.03.2014 Für den Inhalt der Projektbeschreibung ist der Zuwendungsempfänger verantwortlich Hiermit bestätige ich, dass die im folgenden dargestellte Projektbeschreibung ausschließlich lizenz- und kostenfreie Bilder, Grafiken und Fotos enthält. 1 Bei Verbundvorhaben die Förderkennzeichen aller geförderten Teilprojekte. aller Teilprojekte. 2 Bei Verbundvorhaben die gesamte Zuwendungssumme inklusive 1 von 4 | www.bmu.de | www.erneuerbare-energien.de Seismik im Kristallin Das eigentliche Anwendungsfeld der seismischen Erkundung ist die Suche nach Öl und Gas, die heute in immer größerer Tiefe in Sedimentbecken durchgeführt wird. Der tiefe Untergrund wird jedoch in zunehmendem Maße auch für die geothermische Energiegewinnung genutzt. Beispiele in Deutschland sind hierfür hydrothermale Projekte in der süddeutschen Molasse und im Oberrheingraben. Diese Projekte beziehen ihre Energie vornehmlich aus sedimentären Grundwasserleitern dieser Beckenregionen. Obwohl die geothermale Erkundung andere Fragestellungen hat, als die Suche nach Öl und Gas, sind die Anforderungen an die seismische Exploration in beiden Fällen ähnlich. Aktuell besteht die Fragestellung, die Nutzung tiefliegender geothermaler Reservoire in Deutschland verstärkt auch auf andere Gebiete als die Sedimentbeckenregionen auszudehnen. Zu diesen Gebieten zählen die deutschen Mittelgebirge. Hier stehen kristalline Gesteine entweder an der Oberfläche an oder werden nahe der Oberfläche erwartet. Kristalline Gesteine sind durch metamorphe Prozesse umgewandelte Gesteine, das heißt durch hohe Druck- und Temperatureinwirkung kristallisiert. Durch tektonische Vorgänge befinden sich die Ausgangsgesteine nicht mehr in ihrer ursprünglichen Lage. Zu den kristallinen Gesteinen gehören ebenfalls Tiefengesteine, wie zum Beispiel granitische Intrusionen, die als Magma entlang von Störungszonen aufsteigen. Durch diese geologischen Prozesse kommt es zu einer lokalen Differenzierung der einzelnen Gesteinskomponenten, welche sich in Variationen des seismischen Geschwindigkeitsfeldes bemerkbar macht. Die Inhomogenität und Heterogenität der petrophysikalischen Parameter stellen eine besondere Herausforderung für die seismische Erkundung dar, da sie wesentlich die gleichmäßige Ausbreitung des seismischen Wellenfeldes beeinflussen. Obwohl keine Standardanwendung, so sind seismische Messungen in kristallinen Gesteinen bei unterschiedlichen Projekten weltweit durchgeführt worden. Zunächst standen grundlagenorientierte Fragestellungen im Vordergrund, wie zum Beispiel das Verständnis gebirgsbildender und plattentektonischer Vorgänge. In diesem Zusammenhang wurden in Deutschland die 2D-Messungen im Rahmen des Deutschen Kontinentalen Reflexionsseismischen Programms (DEKORP) durchgeführt. Hierzu gehört ebenfalls die 3D-Messung an der Bohrlokation der Kontinentalen Tiefbohrung Oberpfalz. In Japan, Amerika, Italien und anderen Regionen wurden in den letzten Jahren seismische Messungen an Standorten geothermaler Energiegewinnung im Kristallin durchgeführt. Bei den Messungen zeigte sich, dass einmal eine hohe Redundanz in den Daten eine wichtige Voraussetzung für eine gute Datenqualität darstellt. In der Seismik bedeutet diese Redundanz die Mehrfachmessung eines Punktes im Untergrund. Dies wird dadurch erreicht, dass eine große Zahl unterschiedlicher Quell- und 2 von 4 | www.bmu.de | www.erneuerbare-energien.de Empfängerpaare bei der Messung ermöglicht wird. Durch die Aufsummierung passender Messungen wird die Amplitudenabnahme durch Streuung ausgeglichen. Einen weiteren positiven Effekt steuern die unterschiedlichen Strahlwege der seismischen Wellen zu dem Reflexionspunkt bei: auch wenn bei einigen Strahlen die Streuung oder die Ablenkung zu groß ist, um zu einer Reflexion beizutragen, gelangen andere auf einem etwas anderen Weg trotzdem zu dem berechneten Untergrundpunkt. Dieser Effekt wird vor allem auch durch die Ausweitung der 2D- auf eine 3DMessung deutlich. Bei diesen Messungen sind bei einer Reflexion Strahlen aus mehreren oder vielen Azimuten beteiligt, so dass lokale Inhomogenitäten bei der Abbildung weniger störend ins Gewicht fallen. Darüber hinaus kann durch weitergehende Verfahren der seismischen Datenbearbeitung, wie die Reflexionstomographie, das seismische Geschwindigkeitsfeld besser erfasst werden. Die 3D-Messung ist in kristallinen Gebieten auch deshalb erforderlich, da mindestens auf der Größenskala des Reservoirs geologische Strukturen keinen ausgeprägten zweidimensionalen Charakter mehr besitzen und einfache Schnitte durch den Untergrund zu starken Verzerrungen in der seismischen Abbildung führen würden. Aus den Erfahrungen dieser Projekte heraus wird eine großflächige, hoch- und engüberdeckte 3D-seismische Messung durchgeführt. Für eine Messung im Kristallin wird durch die Parameterwahl dabei eine deutliche Erhöhung der seismischen Abbildungsqualität gegenüber vergleichbaren Untersuchungen erwartet. Die Fläche der Messung beträgt 120 km2. Der Punkt, das heißt Spurabstand beträgt 15 m und die Überdeckung, das heißt die Redundanz für jeden Punkt über 100. Erreicht wird dies durch ein Messgitter in dem die Quell- und Empfängerlinien im rechten Winkel angeordnet sind und jeweils einen Abstand von 400 m haben. Die einzelnen Quellund Empfängerlokationen haben untereinander einen Abstand von jeweils 30 m. Als Quellen kommen drei seismische Vibratoren zum Einsatz, die als Gruppe die notwendige Energie erzeugen, um aus einer Tiefe von 6 km Reflexionen mit genügender Genauigkeit aufzeichnen zu können. Das Messgebiet befindet sich in Sachsen, Westerzgebirge, mit dem Ort Schneeberg als Zentrum. Der Untergrund besteht teilweise aus metamorphen Gesteinen, zum Großteil jedoch aus einer granitischen Intrusion, dem Eibenstocker Granit. Das Messgebiet befindet sich im Bereich einer ausgeprägten Störungszone. Vorkenntnisse über die Geologie bestehen durch einen intensiv durchgeführten Bergbau in der Region. Durch Streckenverläufe und Bohrungen sind geologische Informationen bis in über 2000 m Tiefe erhältlich. Eine Projektgruppe beim Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, die sich mit der Nutzung der Tiefengeothermie in Sachsen beschäftigt, fertigte auf den bestehenden Informationen ein detailliertes Untergrundmodell an. 3 von 4 | www.bmu.de | www.erneuerbare-energien.de Die Ziele der seismischen Erkundung sind zunächst die Abbildung der geologischen Strukturen. Im Zentrum des Interesses steht das Störungssystem, welches bis in eine Tiefe von 6 km abgebildet werden soll. Weitergehende Untersuchungen befassen sich mit dem Nachweis einer eventuellen Wasserführung der Störungen. Die strukturelle Abbildung und petrophysikalische Analyse wird durch die Anwendung von seismischen Attributen unterstützt. Ein weiterer Schwerpunkt gilt der Untersuchung des seismischen Geschwindigkeitsfeldes, um eine hohe Abbildungsqualität und Lagegenauigkeit zu erreichen. Durch die Einbeziehung von 2D- und 3D-seismischen Messungen aus dem Raum Wiesbaden und ein erweitertes Processing dieser Daten zum Nachweis von tiefen steilstehenden Störungszonen im Permokarbon-Becken können die methodischen Entwicklungen auf andere geologische Situationen übertragen werden. Im Unterschied zu der Situation in Sachsen liegt eine andere Überdeckung (Sedimente) vor und die Ausprägung des Grundgebirges ist verschieden. Identisch sind die Fragestellungen hinsichtlich der Detektion von steilstehenden Störungszonen und ihre mögliche geothermische Bedeutung. Das Projekt gehört zu einem Verbundvorhaben, in dem zwei weitere seismische Untersuchungen angesiedelt sind. Einmal ist dies die Anwendung neuer Abbildungsverfahren durch das geophysikalische Institut der Universität Hamburg und eine seismische Durchschallung durch das Institut für Geophysik und Geoinformatik der TU Bergakademie Freiberg. Die Untersuchungen werden in engem Kontakt mit der Projektgruppe Tiefengeothermie Sachsen des Sächsischen Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie durchgeführt. Das Ergebnis dieser Untersuchungen wird die Grundlage für die Entscheidung über eine geothermalen Nutzung in dem Gebiet bilden. 4 von 4 | www.bmu.de | www.erneuerbare-energien.de