Information für die Presse - Leibniz

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Information für die Presse
29.04.2014
Achtung Sperrfrist bis Donnerstag, 1. Mai 2014, 18 Uhr (MEZ)
Gehirnentwicklung – Auf das richtige Timing kommt
Vorstand
Prof. Dr. K. Lenhard Rudolph
Wissenschaftlicher Direktor
Dr. Daniele Barthel
Administrativer Vorstand
es an
Bei der Gehirnentwicklung sind Stammzellen, die für die
Generierung einer enormen Anzahl und Vielfalt von Zellen
verantwortlich sind, auf molekulare Signale angewiesen. Der
Pressekontakt
Dr. Kerstin Wagner
Tel.:
+49 (0)3641 – 65-6378
Fax:
+49 (0)3641 – 65-6351
Email:
[email protected]
Email:
[email protected]
Liste von
Signalen,
die
Prof.
Dr. Peter Herrlich
Wissenschaftlicher Direktor
dabei die zeitliche Koordinierung neuronaler Stammzellen sicherstellt, konnten
Dr. Daniele Barthel
Vorstand
Forscher des Leibniz-Instituts für Altersforschung (FLI) in Jena nunAdministrativer
einen neuen,
Pressekontakt
unerwarteten Mechanismus hinzufügen. Dieser Prozess schafft die Grundlage
für
Dr. Kerstin Wagner
Tel.:
+49 (0)3641 – 65-6378
Fax:
+49 (0)3641 – 65-6335
neue Ansätze zur Stimulierung der Selbsterneuerung und Regenerationsfähigkeit
Email: [email protected]
adulter Hirnstammzellen, um Neurodegeneration und andere Hirnverletzungen
behandeln zu können. (Cell Stem Cell. 2014, dx.doi.org/10.1016/j.stem.2014.04.001)
Stammzellen sind das Reservoir, aus dem im Entwicklungsverlauf unterschiedlichste Zellund Gewebetypen eines Organismus gebildet werden können. Während der embryonalen
Entwicklung des Gehirns durchlaufen neuronale Stammzellen eine Reihe streng
geregelter Entwicklungsphasen, was für die geregelte Bildung von Nervenzellen
(Neuronen) und Stützgewebszellen von höchster Wichtigkeit ist. Der richtige Zeitpunkt des
Umschaltens zur Bildung von Nervenzellen reguliert die Balance zwischen Vermehrung,
Selbsterneuerung und Verbrauch des Vorrates an Stammzellen und somit das Wachstum
des Gehirns, aber auch die Neubildung von Nervenzellen im Erwachsenenalter.
Timing beeinflusst das Schicksal von Stammzellen
Wie Musiker eines Philharmonischen Orchesters, die für ihren Einsatz auf ein Zeichen des
Dirigenten warten, folgen neuronale Stammzellen, die für die Bildung des Gehirns
zuständig sind, den Anweisungen molekularer Signale, um den richtigen Zeitpunkt nicht zu
verpassen. Der Liste von Signalen, die sicherstellen, dass die neuronalen Stammzellen
bei der Gehirnentwicklung „im Takt bleiben“, konnten Wissenschaftler des Leibniz-Instituts
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für Altersforschung – Fritz-Lipmann-Institut (FLI) in Jena in Zusammenarbeit mit Kollegen
aus Deutschland, China und Frankreich eine neuen und unerwarteten Mechanismus
hinzufügen. Dieser Mechanismus schafft die Grundlage für neue Ansätze zur Stimulierung
der Selbsterneuerung und Regenerationsfähigkeit adulter (erwachsener) Hirnstammzellen
bei der Behandlung von Neurodegeneration und anderer Verletzungen des Gehirns. Die
Ergebnisse wurden jetzt in der renommierten Fachzeitschrift Cell Stem Cell online
veröffentlicht (Cell Stem Cell. 2014, dx.doi.org/10.1016/j.stem.2014.04.001).
„Weicht das Timing, also die zeitliche Abfolge der Übergänge, nur geringfügig ab, sind
weitreichende Veränderungen in der Anzahl der Neuronen und letztendlich in der Größe
des Gehirns die Folge,“ erklärt Professor Zhao-Qi Wang, Leiter der Arbeitsgruppe
"Genomische Stabilität" am FLI und Leiter der Studie. Mit anderen Worten, das „richtige
Timing ist für das Schicksal der neuronalen Stammzellen von grundlegender Bedeutung
und für den Aufbau der notwendigen feinen Architektur des Gehirns essentiell".
Trrap steuert Balance zwischen Selbsterneuerung und Differenzierung
Die Forscher entdeckten, dass das Trrap-Protein, bisher vor allem durch seine Rolle bei
der Genexpression bekannt, bei der Entwicklung des Gehirns verhindert, das aktiv
teilende neuronale Vorläuferzellen „herumtrödeln“. Fehlt Trrap dagegen, dann nimmt die
Zahl der aktiv teilenden Zellen ab und sie verlieren vorzeitig ihre Fähigkeit zur
Selbsterneuerung
und
Differenzierung
in
Nervenzellen.
"Die
Erhaltung
dieses
Gleichgewichts wird durch Trrap sichergestellt, da es die ausreichende Verfügbarkeit
Nervenzellen-produzierender Vorläuferzellen zum Aufbau eines gesunden Gehirns
gewährleistet", betont Wang.
Werden Gene angeschaltet, um als Vorlage zum Bau von Proteinen zu dienen, dann muss
sich die eng gewickelte DNA genau so weit entfalten, dass die kodierte genetische
Information von der Transkriptionsmaschinerie abgelesen werden kann. Dieser Zugang
wird hauptsächlich durch Enzyme ermöglicht, die chemische Markierungen an HistonSpulen anbringen und so dafür sorgen, dass die DNA innerhalb des Zellkerns ordentlich
gefaltet bleibt. Eine der am besten untersuchten Modifikationen ist das Anbringen von
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Acetyl-Gruppen durch das Enzym Histon-Acetyl-Transferase (HAT). Das Trrap-Protein
fungiert dabei als so genannter Co-Faktor oder unverzichtbarer Gehilfe.
Histon-Modifikation und Zellzyklus-Kontrolle
Histon-Modifikationen - oft als epigenetische Veränderungen bezeichnet - spielen bei der
Erstellung charakteristischer Genexpressionsmuster, die für die Selbsterneuerung und
Differenzierung von Stammzellen unerlässlich sind, eine wichtige Rolle, sind aber im Detail
noch nicht voll verstanden. "Wir wissen bis jetzt noch sehr wenig über die spezifischen
molekularen Mechanismen, die die funktionelle Verbindung zwischen epigenetischen
Mustern und dem Schicksal von Stammzellen darstellen", erklärt Dr. Alicia Tapias, PostDoktorandin in der Arbeitsgruppe Wang.
Um mehr darüber zu erfahren, generierten die Forscher Mäuse, denen das Protein Trrap
im zentralen Nervensystem fehlte. Erste Untersuchungen neugeborener Mäuse zeigten
schwere Entwicklungsschäden im zentralen Nervensystem: die Gehirne waren um etwa
40 Prozent kleiner und wiesen weniger sich teilende Zellen und Schäden im Cortex auf der größten Hirnstruktur und dem Sitz höherer kognitiver Funktionen.
Die Verfolgung des Schicksals neuronaler Stammzellen bei der Embryonalentwicklung
zeigte, dass eine hoch proliferative Subpopulation von neuronalen Stammzellen - auch als
apikale Vorläuferzellen bekannt - vorzeitig in basale Vorläuferzellen differenziert, die zwar
noch zur Erzeugung von Nervenzellen geeignet sind, sich bei Mäusen jedoch nicht mehr
vermehren. Die Genexpressionsanalyse Trrap-defizienter Zellen erbrachte erste Hinweise
darauf, warum sich das Schicksal apikaler Vorläuferzellen verändert: Der Trrap-Verlust
verringert die Expression von Zellzyklus-Genen, speziell denen der E2F-Familie, die eine
Schlüsselrolle bei der Kontrolle der Zellteilung einnehmen.
“Die Länge des Zellzyklus apikaler Vorläuferzellen, denen Trrap fehlt, ist doppelt so lang,
wie bei normalen Kontrollzellen, während sie bei basalen Vorläuferzellen nur geringfügig
verzögert ist”, erklärt Dr. Tapias. „Durch Überexpression der Zellzyklus-Aktivatoren Cyclin
A2 und Cyclin B1 in Trrap-defizienten neuronalen Vorläuferzellen beschleunigt sich der
Zyklus wieder und verhindert, dass die Zellen vorzeitig differenzieren“.
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„Unsere Experimente zeigen, dass für das Schicksal neuronaler Vorläuferzellen bei der
Gehirnentwicklung der Histon-Acetylierung eine besondere Rolle zukommt. Trrap reguliert
die Aktivierung einer spezifischen Gruppe von Zellzyklus-Genen und ist damit für die
gesunde Gehirnentwicklung entscheidend", erklärt Prof. Wang. Diese Ergebnisse der
Forscher tragen zum Verständnis der epigenetischen Steuerung im neurologischen
Verlauf und dem Schicksal adulter Stammzellen in unserem Gehirn bei und „liefern die
Grundlage für mögliche Ansätze zur Stimulierung der Regenerationsfähigkeit und
Selbsterneuerung adulter Hirnstammzellen bei der Behandlung von Neurodegeneration
oder Hirnverletzungen."
Publikation:
Tapias A, Zhou ZW, Shi Y, Chong Z, Wang P, Groth M, Platzer M, Huttner W, Herceg Z, Yang YG,
Wang ZQ. Trrap-dependent histone acetylation specifically regulates cell cycle gene transcription
to
control
neural
progenitor
fate
decisions.
Cell
Stem
dx.doi.org/10.1016/j.stem.2014.04.001; http://www.cell.com/cell-stem-cell/home
Kontakt:
Dr. Kerstin Wagner
Leibniz-Institut für Altersforschung – Fritz-Lipmann-Institut (FLI)
Beutenbergstr. 11, 07745 Jena
Tel.: 03641-656378, Fax: 03641-656351, E-Mail: [email protected]
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Cell
(2014),
Bild:
Mäuse, denen das Protein Trrap bei der Gehirnentwicklung fehlt (2), weisen im Vergleich
zur Kontrollgruppe (1) eine verringerte Anzahl proliferierender, neuronaler Vorläuferzellen
(rot) im Gehirn auf.
Abbildung:
Alicia Tapias / FLI
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Hintergrundinfo
Die Zellen des Nervensystems gehen aus Vorläuferzellen (Progenitorzellen) hervor, die dem Neuralrohr bzw.
der Neuralleiste entstammen.
Die symmetrische Zellteilung (proliferative Zellteilung) ist ein Vorgang, bei dem sich eine neuronale
Vorläuferzelle (Stammzelle) in zwei gleiche teilt und damit den Pool an Vorläuferzellen erweitert. Sie führt zu
einer seitlichen Expansion des Kortexes. Bei der asymmetrischen Zellteilung (neurogene Zellteilung)
entstehen aus einer Vorläuferzelle ein ausdifferenziertes Neuron (Nervenzelle) und eine Vorläuferzelle. Sie
führt zum radialen Wachstum, der kortikalen Verdickung.
Das Leibniz-Institut für Altersforschung – Fritz-Lipmann-Institut (FLI) in Jena ist das erste deutsche
Forschungsinstitut, das sich seit 2004 der biomedizinischen Altersforschung widmet. Über 330 Mitarbeiter
aus 30 Nationen forschen zu molekularen Mechanismen von Alternsprozessen und alternsbedingten
Krankheiten. Näheres unter www.fli-leibniz.de.
Die Leibniz-Gemeinschaft verbindet 89 selbständige Forschungseinrichtungen. Deren Ausrichtung reicht von
den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften
bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute bearbeiten gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch
relevante Fragestellungen. Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Grundlagenforschung. Sie
unterhalten wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte Dienstleistungen an. Die
Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im Wissenstransfer in Richtung Politik, Wissenschaft, Wirtschaft
und Öffentlichkeit. Leibniz-Institute pflegen intensive Kooperationen mit den Hochschulen ‑ u.a. in Form der
WissenschaftsCampi ‑, mit der Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Sie unterliegen einem
maßstabsetzenden transparenten und unabhängigen Begutachtungsverfahren. Aufgrund ihrer
gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam.
Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 17.200 Personen, darunter 8.200 Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei 1,5 Milliarden Euro. Näheres unter www.leibnizgemeinschaft.de.
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