Pressemitteilung - the Leibniz Institute on Aging

Werbung
6.2.2014
Forschung | Aktuelles | 2014 | Gehirnentwicklung - das Stammzellen-Milieu entscheidet
Gehirnentwicklung - das Stammzellen-Milieu entscheidet
Max-Planck-Forscher erklären, warum Jodmangel in der Schwangerschaft fatale Folgen
haben kann
4. Februar 2014
Höher entwickelte Säugetiere wie der Mensch haben ein auffallend größeres Gehirn als
andere Säugetiere. Wissenschaftler des Dresdner Max-Planck-Instituts für molekulare
Zellbiologie und Genetik haben jetzt einen neuen Mechanismus entdeckt, wie sich HirnStammzellen vermehren. Dadurch wird die Produktion von Nervenzellen während der
Entwicklung erhöht. So kommt es zu einer Vergrößerung der Großhirnrinde – des Teils des
Hirns, der uns Menschen das Sprechen, Denken oder Träumen ermöglicht. Die
Überraschung für die Dresdner Forscher: zwei Komponenten im Milieu der Stammzellen
arbeiten mit einem auf der Zelloberfläche sitzenden Eiweißmolekül, einem sogenannten
Integrin, zusammen – extrazelluläre Matrix und Schilddrüsenhormone. Deshalb kann ein
Jodmangel während der Schwangerschaft fatale Folgen für das ungeborene Baby haben
und zu einer Fehlentwicklung des Gehirns führen – denn ohne Jod werden keine
Schilddrüsenhormone gebildet. „Unsere Studie hat diesen Zusammenhang jetzt aufgezeigt
und eine mögliche Erklärung für das, was Neurologen als Kretinismus bezeichnen, geliefert“,
so Wieland Huttner, Direktor am Dresdner Max-Planck-Institut. Diese neurologische Störung
geht mit einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der mentalen Fähigkeiten einher.
Hirn-Stammzellen (rot) in der
embryonalen Großhirnrinde der Maus
(Zellkerne: blau).
© MPI f. molekulare Zellbiologie und
Genetik, Dresden/ D. Stenzel
Während der Evolution haben höher entwickelte Lebewesen ein größeres Gehirn ausgebildet und
verfügen damit über bessere geistige Fähigkeiten. Andere Säugetiere, wie etwa Mäuse, haben im
Vergleich zum Menschen ein rund tausendmal kleineres Hirn. Die Dresdner Forscher wollten mit
ihrer zusammen mit dem Fritz-Lipmann-Institut in Jena durchgeführten Studie herausfinden,
welche Faktoren die Hirnentwicklung beeinflussen und wie sich während der Evolution größere
Gehirne ausbilden konnten.
Das Kuschelbett der Hirn-Stammzellen
Nervenzellen des Gehirns werden aus sogenannten basalen Vorläuferzellen gebildet, die sich
beim Menschen, nicht aber bei Mäusen, vermehren können. Beim Menschen sind die basalen
Vorläuferzellen von einem speziellen Milieu – der sogenannten extrazellulären Matrix – umgeben,
die von den Zellen selbst gebildet wird. Wie ein kuscheliges Bett umgibt es die sich
vermehrenden Zellen. Mäusen fehlt diese Matrix, wodurch letztendlich weniger Nervenzellen und
ein kleineres Gehirn gebildet werden.
Die Wissenschaftler testeten nun, ob Mäuse mehr basale Vorläuferzellen bilden, wenn sie ein
entsprechendes Milieu der Zellen simulieren. Das Ergebnis: „Wir haben den Hirn-Stammzellen mit
Hilfe eines stimulierenden Antikörpers eine extrazelluläre Matrix vorgegaukelt. Der Antikörper
aktiviert das Integrin auf der Oberfläche der Vorläuferzellen, so dass mehr basalen
Vorläuferzellen entstehen“, sagt Denise Stenzel, die die Experimente leitete.
Schilddrüsenhormone waren bereits als weitere wichtige Faktoren bekannt, die die
Nervenzellbildung beeinflussen. Die Forscher haben deshalb die Bildung dieser Hormone in
schwangeren Ratten blockiert und auf diese Weise untersucht, ob ihre Abwesenheit wirklich die
Zellproduktion verhindert. In den Embryos entstanden dadurch weniger Vorläufer- und folglich
Nervenzellen, was zu Fehlbildungen führen könnte. Der Antikörper als Matrix-Ersatz allein konnte
nicht dafür sorgen, dass sich ausreichend Vorläuferzellen bildeten.
http://www.mpg.de/7884328/Gehirnzellen-Stammzellen?print=yes
1/2
6.2.2014
Forschung | Aktuelles | 2014 | Gehirnentwicklung - das Stammzellen-Milieu entscheidet
Eine Kombination von Matrix und Schilddrüsenhormonen ist also unbedingt notwendig, um
ausreichend Zellen für die Hirnentwicklung zu bilden. Menschliche Hirn-Stammzellen produzieren
das richtige Milieu von Natur aus. So haben wir Menschen vermutlich im Laufe der Evolution ein
größeres Gehirn ausgebildet“, fasst Wieland Huttner, Direktor am Max-Planck-Institut, die Studie
zusammen. Ein weiterer wichtiger Befund der Untersuchung: "Wir haben auch die Bedeutung von
Jod für die embryonale Gehirnentwicklung auf zellulärer Ebene erklären können“, so Stenzel.
Schilddrüsenhormone benötigen zur Entstehung Jod. Ein Jodmangel in der Schwangerschaft kann
daher zu einer Fehlentwicklung des Gehirns führen.
FF/HR
A NSPRECHPARTNER
Prof. Dr. Wieland B. Huttner
Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik, Dresden
Telefon: +49 351 210-1500
Fax: +49 351 210-1600
E-Mail:
[email protected]
Denise Stenzel
Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik, Dresden
Telefon: +49 35 1210-2461
E-Mail:
[email protected]
ORIGINALPUBLIKATION
Stenzel, Denise; Wilsch-Bräuninger, Michaela; Wong, Fong Kuan; Heuer, Heike; Huttner, Wieland B.
Integrin αvβ3 and thyroid hormones promote expansion of progenitors in embryonic neocortex
Development (2014) doi: 10.1242/dev.101907
VERWANDTE A RTIKEL
Gehirnevolution: Menschliche Nervenstammzellen stimulieren sich selbst
6. Juli 2012
Max-Planck-Forscher entdecken eine neue Grundlage für Nervenstammzell-Aktivität. [mehr]
Der Midbody - Zellen am seidenen Faden
19. Oktober 2011
Max-Planck-Forscher in Dresden zeigen, dass Stammzellen bei der Teilung mit ihrem letzten Verbindungsstück anders umgehen als
Krebszellen. [mehr]
Adresse: http://www.mpg.de
© 2003-2014, Max-Planck-Gesellschaft, München
http://www.mpg.de/7884328/Gehirnzellen-Stammzellen?print=yes
2/2
Herunterladen