*52-55_kmolbi 06.11.2002 18:10 Uhr Seite 52 GENFOR- INSTITUT FÜR EXPERIMENTELLE GENETIK GENFORSCHUNG INSTITUT FÜR KLINISCHE MOLEKULARBIOLOGIE UND TUMORGENETIK Normal Gefäße Gefäßdichte eines gesunden Gewebes im Vergleich zu einem deutlich stärker vaskularisierten Tumorgewebe. Tumor Auf den molekularen Spuren der Gefäßbildung Ein kritischer Ansatzpunkt für die Behandlung maligner Tumoren, chronischer Entzündungen oder des Herzinfarkts ist es, das Wachstum von Blutgefäßen zu blockieren oder zu fördern. Georg Bornkamm und seine Mitarbeiter am Institut für Klinische Molekularbiologie und Tumorgenetik gehen der Frage nach, welche Aufgabe dabei den Endothelzellen zukommt und wie sich endotheliale Vorläuferzellen aus dem Knochenmark zu dem komplexen Netzwerk von Blutgefäßen entwickeln. Auf lange Sicht wollen sie die Zielgene für eine optimale pharmakologische Steuerung von Gefäßwachstum, Entzündungen und Infektionen identifizieren. Damit erhofft man sich, endotheliale Vorläuferzellen als Vehikel für eine zellbasierte Gentherapie zu nutzen, um menschliche Erkrankungen genetisch zu beeinflussen. M an kennt heute im Zuge des Krankheitsgeschehens zwei Mechanismen der Neubildung von Gefäßen im Gewebe: Der bis dato am besten untersuchte Vorgang ist die Angiogenese, d.h. das Aktivieren, 52 Sprossen und Wandern von reifen Endothelzellen in der Nachbarschaft des erkrankten Gewebes. Der zweite Mechanismus läuft über endotheliale Vorläuferzellen (EPCs), die im Knochenmark mobilisiert und zu den er- krankten Körperbereichen gelockt werden. Dort verstärken sie die Gefäßneubildung im Gewebe. Für diese Vorläuferzellen interessiert sich die Arbeitsgruppe „Vaskuläre Genetik“ ganz besonders: „Wir isolieren und http://www.gsf.de/Forschung/Institute/kmolbi_intro.phtml *52-55_kmolbi 06.11.2002 18:10 Uhr Seite 53 I N S T I T U T F Ü R K L I N I S C H E M O L E K U L A R B I O L O G I E U N D T U M O R G E N E T I K GENFORSCHUNG Gefäßnetzwerk Filter und Chips für Genprofile Z um molekularen Handwerkszeug der Arbeitsgruppe Vaskuläre Genetik gehört der „AngioArray“, ein maßgefertigtes cDNA Makroarray von 401 Genen, das etliche Klassen von Molekülen enthält, die an Blutgefäßwachstum und -instandhaltung beteiligt sind. Mit seiner Hilfe lässt sich ein fokussiertes Genprofil von Angiogenese- und Endothel-spezifischen Funktionen erstellen. Die Wissenschaftler in der Arbeitsgruppe Vaskuläre Genetik verwenden darüber hinaus noch kommerziell erhältliche Makroarrays, die ihre Expressionsuntersuchungen auf die Bereiche Zellzyklus, Apoptose, Transkription und Signaltransduktion ausdehnen. Für die Zukunft ist geplant, Affymetrix Genchips zu verwenden, um das ganze eines Mausembryos Genom abdeckende Genexpressionsprofile von EPCs zu erhalten. „Um die Expressionsdaten aus den Arrays überprüfen zu können, haben wir parallel dazu eine Sammlung von 1040 Primern aufgebaut, mit denen wir die RNA mittels reverser Transkription, Polymerase-Kettenreaktion und LightCycler Echtzeit-RNA-Messungen quantifizieren“ berichtet Hatzopoulos durchaus mit ein wenig Stolz. Die parallel dazu etablierte „AngioBase“, eine benutzerfreundliche relationale Datenbank, verbindet Daten aus den RNA-Expressionsstudien (Genomics), aus den Proteinanalysen (Proteomics) sowie aus Gewebeproben und Endothelzellen mit öffentlich verfügbaren Datenbanken. dung im Tumor beitragen können. „Unsere Beobachtungen in vivo zeigen überraschend“, so Hatzopoulos, „dass die ersten Schritte im Verhalten der EPCs stark an die Rekrutierung von Leukozyten während einer Entzündung erinnern.“ Es könnte also tatsächlich sein, dass das Verhalten der zwei Zelltypen durch ähnliche molekulare Mechanismen reguliert wird. Maßgefertigtes AngioArray. Die Gruppenzugehörigkeit verschiedener Gene ist farblich gekennzeichnet. charakterisieren solche endothelialen Vorläuferzellen aus Mäuseembryonen zu dem Zeitpunkt, an dem sich die ersten Blutgefäße bilden“, beschreibt der Leiter der Arbeitsgruppe Antonis Hatzopoulos die Vorgehensweise. Sie bevorzugen embryonale EPCs, da sie ein uneingeschränktes, stammzellartiges Wachstum zeigen, gene- tisch leicht zu manipulieren sind und das Potenzial haben, während der Embryonalentwicklung zu Blutgefäßen zu differenzieren. Neuere Versuche ergeben zudem, dass embryonale EPCs als endotheliale Vorläuferzellen auch in einer adulten Umgebung funktionsfähig sind und nach systemischer Verabreichung zur Gefäßbil- http://www.gsf.de/Forschung/Institute/kmolbi_intro.phtml Neue Chancen für die Therapie von Gefäßerkrankungen Für einen effektiven zukünftigen Einsatz von EPCs für zell-basierte therapeutische Ansätze müssen die molekularen Mechanismen des Gefäßwachstums verstanden und die genetischen Netzwerke entschlüsselt werden, die die Neubildung von Gefäßen bei Krankheiten regulieren. „Um diese Fragen anzugehen, haben 53 *52-55_kmolbi 06.11.2002 GENFORSCHUNG 18:10 Uhr Seite 54 INSTITUT FÜR KLINISCHE MOLEKULARBIOLOGIE UND TUMORGENETIK – Der therapeutische Einsatz embryonaler endothelialer Vorläuferzellen führt nach experimentell gesetztem Gefäßverschluss am Hinterlauf eines Kaninchens zu einer erhöhten Gefäßdichte (angiographische Darstellung) wir eine mehrschichtige Arbeitsplattform entwickelt, die systematische Ansätze zum Studium der Genexpression mittels RNA- und Proteinanalysen mit zellbiologischen Fragestellungen und Tiermodellen verbindet“, so Hatzopoulos. Die Untersuchungen am Institut für Klinische Molekularbiologie und Tumorgenetik decken auf, dass embryonale EPCs Gene exprimieren, die bekanntermaßen bei der Gefäßbildung wie auch bei Entzündungen oder der Blutgerinnung eine Rolle spielen, sowie Gene, die für die Entwicklung von Arterosklerose von Bedeutung sind. Während der Reifung von EPCs wer- den viele von diesen Genen hinaufreguliert und zeigen damit, dass bestimmte Signaltransduktionswege die Gefäßbildung und andere Funktionen von Endothelzellen verbinden. Nun sind die Bioinformatiker an der GSF auf den Plan gerufen, mir deren Hilfe die gewonnenen Informationen integriert werden. Solche gemeinsamen regulatorischen Netze können Einsicht in die molekulare Basis liefern, die den vielfältigen klinischen Manifestationen von Gefäßerkrankungen zu Grunde liegt, wo verschiedene Prozesse, wie Angiogenese, Entzündung und Thrombose gleichzeitig ablaufen. ■ Vektoren Genfähre gut verpackt Neben der Vaskulären Genetik spielt die Forschung mit Genvektoren für die Gentherapie am Institut für Klinische Molekularbiologie und Tumorgenetik eine zentrale Rolle: Der Erfolg gentherapeutischer Eingriffe hängt wesentlich von den Vektoren ab, mit deren Hilfe die Gene in die Zielzellen übertragen werden. Am meisten versprechen sich Wolfgang Hammerschmidt und sein Team in der Abteilung Genvektoren von Vektoren auf der Basis humaninfektiöser Viren. Genfähren, die Transportmittel für die Übertragung von Genen an ihr Ziel, müssen hohen qualitativen und quantitativen Anforderungen genügen: Sie sollten in ausreichender Menge, hohen Konzentrationen und ohne Verunreinigungen durch Wildtyp-Virus herstellbar sein, müssen bei der Erkennung der Zielzellen und der nachfolgenden Genexpression so spezifisch wie möglich arbeiten, und aus ihrem Genom muss man entbehrli- 54 che Gene entfernen können. Diese Forderungen sind nur zu erfüllen, wenn alle Mechanismen, die bei der Vektorentwicklung und der Formulierung von gentherapeutischen Ansätzen eine Rolle spielen, sehr genau bekannt sind; beispielsweise der Lebenszyklus der als Grundlage dienenden Viren. Ebenso muss man wissen, wie die übertragenen Gene auf die Biologie der Zielzellen wirken, und was mit diesen in vivo geschieht - wie sie etwa im Organismus selektiert und immunologisch erkannt werden. Epstein-Barr-Viren in der Gentherapie Die Abteilung um Wolfgang Hammerschmidt arbeitet mit dem seit mehr als 35 Jahren bekannten Epstein-Barr-Virus (EBV). Dieses aus molekularbiologischer http://www.gsf.de/GENV/