11.5083.03 - Grosser Rat Basel-Stadt - Kanton Basel

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Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt
An den Grossen Rat
11.5083.03
PD/P115083
Basel, 20. November 2013
Regierungsratsbeschluss vom 19. November 2013
Anzug David Wüest Rudin und Konsorten betreffend „Erhöhung
der Transparenz der Parteienfinanzierung“
Der Grosse Rat hat an seiner Sitzung vom 18. Mai 2011 eine Motion von David Wüest-Rudin und
Konsorten dem Regierungsrat zur Stellungnahme unterbreitet. Der Regierungsrat hat dem Grossen Rat im Bericht vom 10. August 2011 (Bericht Nr. 11.5083.02) beantragt, die Motion in einen
Anzug umzuwandeln. An seiner Sitzung vom 16. November 2011 ist der Grosse Rat dem Antrag
des Regierungsrats gefolgt und hat die Motion in den nachfolgenden Anzug umgewandelt und
dem Regierungsrat zum Bericht überwiesen:
„Transparenz und vollständige Information ist eine Voraussetzung für einen funktionierenden Wettbewerb, auch für den politischen Wettbewerb. Daher ist es berechtigt, von politischen Parteien zu
fordern, ihre Finanzen und Mittelherkunft offenzulegen. Einer umfassenden Offenlegung stehen jedoch Persönlichkeits- und Datenschutzrechte, Schwierigkeiten der praktischen Realisierung sowie
als Konsequenz ein Kontrollapparat und die staatliche Parteienfinanzierung gegenüber. Darum hat
der Grosse Rat am 3. Februar 2010 beschlossen, eine entsprechende Motion zur Offenlegung von
Parteispenden nicht an den Regierungsrat zu überweisen.
Eine verbesserte Transparenz und Information ohne die negativen Effekte in Kauf nehmen zu müssen ist dann möglich, wenn die Offenlegung von Zuwendungen an Parteien nicht namentlich erfolgt,
sondern pauschalisiert. Dabei sind die Summen so in Kategorien abzubilden, dass der Bürgerin und
dem Bürger die wesentliche Information zum Wahlentscheid vorliegt.
Die Motionäre stellen sich eine solche Offenlegung am Beispiel einer fiktiven Partei wie folgt vor:
A) natürliche Personen, total Zuwendungen = CHF 109'818, von Parteimitgliedern CHF 64'500,
83 Zuwendungen < 10'000 im Gesamtumfang von CHF 54'386, 3 Einzelpersonen mit insgesamt Zuwendungen > 10'000 wie folgt: 12'000; 18'432; 25'000
B) juristische Personen, total Zuwendungen = CHF 142'700, 8 Zuwendungen < 10000 im Gesamtumfang von CHF 19'700, 7 Einzelspenden > 10'000 wie folgt: 3 x 10'000; 25'000; 40'000;
13'000; 15'000
Alle 15 Zuwendungen aller juristischen Personen nach Branchen
-
Finanzen (Banken, Versicherungen etc.): 5 Zuwendungen total CHF 52'700
Chemie/Pharma: 2 Zuwendungen total CHF 40'000
Verkehr/Transport/Logistik: 5 Zuwendungen total CHF 20'000
Handel: 1 Zuwendung total CHF 10'000
Verarbeitendes Gewerbe/Industrie: CHF 0
Den Mitgliedern des Grossen Rates des Kantons Basel-Stadt zugestellt am 22. November 2013.
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-
Energie/Wasser: CHF 0
etc. (weitere zu definieren)
sonstige nicht-gewerblichen Organisationen: 2 Zuwendungen à total CHF 20'000
Der Regierungsrat wird beauftragt, die gesetzlichen Grundlagen zu schaffen, die den Parteien vorschreiben, dass sie ihre finanziellen Mittel wie folgt öffentlich transparent machen müssen:
-
Summe aller Zuwendungen natürlicher Personen, aufgeteilt in Parteimitglieder und andere
Summe der Zuwendungen natürlicher Personen von jährlich weniger als CHF 10'000 mit Angabe der Anzahl der Einzelzuwendungen (inkl. Mitgliederbeiträge)
Liste der Höhe der Beträge der jährlichen Zuwendungen natürlicher Personen von jährlich pro
Person kumuliert CHF 10'000 und mehr
Summe aller Zuwendungen juristischer Personen
Summe der jährlichen Zuwendungen juristischer Personen von weniger als CHF 10'000 mit
Angabe der Anzahl der Einzelzuwendungen
Liste der Beträge der jährlichen Zuwendungen juristischer Personen CHF 10'000 und mehr
Darstellung der Anzahl und Summen aller jährlichen Zuwendungen juristischer Personen nach
Branchen, wobei sich die Abgrenzung der Branchen nach einer gängigen bekannten Definition
richtet. Als eine Branche werden ebenfalls "sonstige nicht-gewerbliche Organisationen" dargestellt (z.B. nationale Mutterpartei, Verbände, Vereine, Stiftungen etc.)
David Wüest-Rudin, Aeneas Wanner, Dieter Werthemann, Bülent Pekerman, Martina Bernasconi,
Emmanuel Ullmann“
1.
Die Diskussion um Transparenzvorschriften
1.1
Geschichte der Diskussion im Kanton Basel-Stadt
Das Thema der Offenlegung von finanziellen Zuwendungen an Parteien und kandidierende Personen war im Kanton Basel-Stadt wiederholt Gegenstand der politischen Diskussion. Bereits
während der Arbeiten zur Revision der Kantonsverfassung tauchte die Idee auf, den politischen
Akteuren gewisse Offenlegungsvorschriften aufzuerlegen. Im Vernehmlassungsverfahren überwogen allerdings die negativen Rückmeldungen zu einem entsprechenden Verfassungsartikel,
der auch die Grundlage für eine staatliche Parteienfinanzierung gewesen wäre. Entsprechend
wurden die fraglichen Bestimmungen wieder aus dem Verfassungsentwurf entfernt. Auch der
Grosse Rat lehnte es an seiner Sitzung vom 3. Februar 2010 ab, eine Motion zu überweisen, welche die Offenlegung finanzieller Zuwendungen an politische Parteien und Kandidaten und Kandidatinnen bei Wahlen in die Regierung, die eidgenössischen Räte und die Gerichte zum Gegenstand hatte (Motion Greta Schindler und Konsorten [Nr. 09.5157.01]).
Der vorliegend zur Debatte stehende Anzug David Wüest Rudin und Konsorten wurde im Grossen Rat am 18. Mai 2011 als Motion eingereicht. Der Regierungsrat berichtete dem Grossen Rat
in seiner Stellungnahme vom 10. August 2011 zu diesem Geschäft (Schreiben Nr. 11.5083.02).
Der Regierungsrat führte in seiner Stellungnahme aus, dass er eine generelle Verpflichtung der
Parteien zur öffentlichen Deklaration der Herkunft und der Verwendung sämtlicher finanzieller
Zuwendungen grundsätzlich ablehne, dass er jedoch bereit sei, die Offenlegung von Wahlspenden an politische Parteien und Kandidierende zu prüfen. Er teilte die Ansicht der Motionäre, dass
mit dem Verzicht auf die namentliche Nennung von Spenderinnen und Spendern wesentliche
Bedenken ausgeräumt werden könnten, die gegen die Schaffung von Transparenzvorschriften
regelmässig vorgebracht würden. Dennoch erschien ihm das in der Motion vorgeschlagene Modell als eher schwerfällig und in der Praxis schwierig umsetzbar. Der Regierungsrat wies ebenso
darauf hin, dass die Motion diverse Vollzugsfragen aufwerfe, deren Lösung im Einzelnen jeweils
sehr umstritten sei. Der Regierungsrat sprach sich zudem gegen Regelungen aus, die lediglich
die finanziellen Zuwendungen an politische Parteien beträfen, Spenden an die übrigen politischen
Interessensgruppierungen jedoch weiterhin unreguliert liessen. Der Grosse Rat folgte dem Antrag
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des Regierungsrats und überwies die Motion anlässlich seiner Sitzung vom 16. November 2011
schliesslich als Anzug.
1.2
Stand der Debatte auf Bundesebene: Reaktionen auf den GRECO-Bericht
Der Regierungsrat wies in seinem Bericht vom 10. August 2011 darauf hin, dass das Thema der
Parteienfinanzierung und die Frage der Offenlegungsvorschriften von finanziellen Zuwendungen
an politische Akteure auch auf Bundesebene regelmässig diskutiert werden. Dabei wurde aufgezeigt, dass die Debatten auf Bundesebene auch vor dem Hintergrund der internationalen Bestrebungen zur Eindämmung der Korruption geführt würden. So war zum Berichtszeitpunkt absehbar,
dass die Groupe d'Etats contre la Corruption (GRECO), eine Kommission des Europarats, im
Anschluss an ihre in der Schweiz durchgeführte Länderüberprüfung die Schweiz kritisch beurteilen würde. Die GRECO verabschiedete ihren Bericht am 21. Oktober 2011. Am 2. Dezember 2011 wurde er generell publiziert. Wie erwartet, fiel dieser Bericht für die Schweiz eher ungünstig aus. Die GRECO stellte fest, dass auf Bundesebene und in fast allen Kantonen
Vorschriften fehlten, welche die Transparenz der Finanzierung von politischen Parteien und
Wahlkampagnen sicherstellten. Nach Ansicht der GRECO gefährde dies die freie Willensbildung
und das Recht der unverfälschten Stimmabgabe der Stimm- und Wahlberechtigten. Die GRECO
konstatierte, dass es zwischen den politischen Parteien keinen Konsens gäbe in dieser Frage.
Die GRECO fordert die Schweiz schliesslich mit sechs konkreten "Empfehlungen" dazu auf,
Massnahmen zur Erhöhung der Transparenz zu ergreifen.
Mit Schreiben vom 15. Februar 2012 bat die Vorsteherin des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements EJPD die Kantonsregierungen, die GRECO-Empfehlungen zu prüfen. Der Bundesrat traf seinerseits am 10. April 2013 mit einer Delegation der Staatengruppe GRECO zusammen. Er legte der GRECO-Delegation dar, dass diverse schweizerische Eigenheiten einer
gesetzlichen Umsetzung der Transparenz im Bereich der Parteienfinanzierung entgegenstünden.
So sei die Schweiz geprägt von Föderalismus und direkter Demokratie. Weiter seien das politische Leben und die Finanzierung der Parteien in der Wahrnehmung der Bevölkerung weitgehend
Sache des privaten Engagements und nicht Angelegenheit des Staates. Die Schweiz unterscheide sich in drei Punkten wesentlich von anderen Ländern: Die direkte Demokratie führe zu zahlreichen Abstimmungen mit unterschiedlichen politischen Akteuren. Eine gesetzliche Regelung für
alle Akteure würde einen grossen und kostenintensiven Aufwand verursachen. Gegen eine einheitliche Bundesregelung spräche sodann das föderalistische System in der Schweiz, das den
Kantonen in vielen Bereichen eine grosse Autonomie zugestehe. Als dritten Punkt erinnerte der
Bundesrat daran, dass das schweizerische politische System in erster Linie ein Milizsystem sei,
das auf privatem Engagement beruhe. Der Finanzierungsbedarf der politischen Parteien sei gegenüber den professionalisierten Parteien in anderen Ländern bedeutend geringer. Entsprechend
habe in der Schweiz auch die Parteienfinanzierung keine Tradition.
1.3
Neuere Entwicklungen in anderen Kantonen
Im Kanton Basel-Landschaft wurde am 9. Juni 2013 die von den JUSO eingereichte "Transparenz-Initiative: Stoppt die undurchsichtige Politik" mit 56.8% aller Stimmen abgelehnt. Die Initiative verlangte die Aufnahme einer Bestimmung in die Kantonsverfassung, wonach die politischen
Parteien und andere Organisationen, die sich an Abstimmungen und Wahlen beteiligen, ihre Finanzen offenzulegen hätten. Die Initiative sah vor, dass eine jährliche Liste die Spenderinnen und
Spender sowie der von ihnen gespendete Betrag nennen sollte (für juristische Personen ab
1'000 Franken, für natürliche Personen ab 5'000 Franken), bei Abstimmungen hätten die am Abstimmungskampf beteiligten Gruppen ein entsprechendes Budget einreichen müssen. Der Regierungsrat oder eine von ihm bezeichnete Stelle hätte die Richtigkeit der Angaben überprüfen sollen und bei Verletzung der Vorschriften wären den Parteien sowie deren Fraktionen sämtliche
öffentlichen Mittel für die folgende Legislatur gestrichen worden.
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Im Zürcher Kantonsparlament scheiterte am 17. Juni 2013 eine parlamentarische Initiative, mit
der verlangt wurde, dass die politischen Parteien Namen und Beträge der Spender und Spenderinnen offenzulegen hätte, sofern deren Beiträge mehr als 5'000 Franken pro Kalenderjahr betragen (Parlamentarische Initiative 230/2011 "Transparenz in der Parteienfinanzierung").
2.
Die GRECO-Empfehlungen und ihre Beurteilung im Lichte des
Anzugs Wüest-Rudin
Die sechs Empfehlungen der GRECO betreffen die Einführung von Vorschriften zur Rechnungslegung von Wahlkampagnen und Buchführungsregeln für politische Parteien inklusive Sicherstellung, dass der Öffentlichkeit angemessene Finanzinformationen zur Verfügung stehen (Empfehlung i); die Einführung von Vorschriften zur Meldung von politischen Spenden einschliesslich des
Verbots der Annahme von anonymen Spenden (Empfehlung ii); die Suche nach Möglichkeiten
zur Erhöhung der Transparenz im Bereich der Finanzierung von politischen Parteien und Wahlkampagnen durch Dritte (Empfehlung iii); die Einführung einer unabhängigen Überprüfung der
Buchführung von Wahlkampagnen und von politischen Parteien, die zur Buchführung verpflichtet
sind (Empfehlung iv); die Schaffung einer unabhängigen Kontrolle der Finanzierung von politischen Parteien und Wahlkampagnen (Empfehlung v) sowie die Einführung von Vorschriften, welche die Regeln über die Finanzierung von politischen Parteien und Wahlkampagnen mit wirksamen, verhältnismässigen und abschreckenden Sanktionen kombinieren (Empfehlung vi). Diese
Empfehlungen sollen nun nachstehend einzeln diskutiert und mit den Anliegen des Anzugs Wüest-Rudin konfrontiert werden.
2.1
Einführung von speziellen Buchführungsregeln für politische Parteien
sowie einer unabhängigen Überprüfung der Buchführung
Die GRECO fordert die Einführung von spezifischen Buchführungsregeln für politische Gruppierungen, mit denen eine umfassende und angemessene Rechnungslegung verlangt wird und die
garantieren, dass der Öffentlichkeit angemessene Finanzinformationen zur Verfügung stehen.1
Zudem sei die Buchführung der politischen Parteien einer unabhängigen Prüfung zu unterstellen.2
Beide GRECO-Forderungen greifen in die privatautonome Konstituierung von politischen Gruppierungen ein.
In der Schweiz sind politische Parteien und Gruppierungen privatrechtlich organisiert, wobei die
Vereinsform vorherrscht. Entsprechend wird die Frage, nach welchen Grundsätzen die Buchführung und die Rechnungslegung zu erfolgen hat, von den Regeln des Vereinsrechts gemäss den
Vorschriften des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB; SR 210) beherrscht. Das ZGB bestimmt dabei lediglich, dass Vereine ihre Geschäftsbücher "sinngemäss" entsprechend den Vorschriften über die kaufmännische Buchführung und Rechnungslegung zu führen haben. Die
Grundsätze der ordnungsgemässen Buchführung sind im Obligationenrecht (OR; SR 220) verankert und umfassen insbesondere die Forderung nach einer vollständigen, wahrheitsgetreuen und
systematischen Erfassung der Geschäftsvorfälle und Sachverhalte, den Belegnachweis für die
einzelnen Buchungsvorgänge, die Klarheit, die Zweckmässigkeit sowie die Nachprüfbarkeit der
Buchführung (Art. 957a Abs. 2 OR). Hat ein Verein keine Bilanzsumme über 10 Millionen Franken
oder einen Umsatzerlös über 20 Millionen Franken und beschäftigt er nicht mehr als 50 Vollzeitstellen, so ist er in der Ordnung der Revision frei, das heisst es obliegt seinen Statuten bzw. der
Vereinsversammlung, die Art der Revision zu regeln. Die Bestimmungen des Privatrechts enthal1
Empfehlung i) der GRECO im Wortlaut "i. (i) für die politischen Parteien und die Rechnungslegung von Wahlkampagnen Buchführungsregeln einzuführen, mit denen eine umfassende und angemessene Rechnungslegung verlangt wird; (ii) dafür zu sorgen, dass die Einnahmen, die Ausgaben, die Aktiven
und die Passiven detailliert und umfassend verbucht und in angemessener Form dargelegt werden; (iii) die Möglichkeiten für eine Konsolidierung der
Buchführung im Hinblick darauf zu prüfen, dass die kantonalen und kommunalen Sektionen der Parteien sowie die Rechtsträger, die ihnen direkt oder
indirekt angegliedert sind oder anderweitig unter ihrer Kontrolle stehen, miteinbezogen werden; (iv) dafür zu sorgen, dass der Öffentlichkeit angemessene
Finanzinformationen problemlos und rechtzeitig zur Verfügung stehen; und (v) die Kantone gegebenenfalls einzuladen, ihre eigene Regelung im Sinne
dieser Empfehlung anzupassen."
2
Empfehlung iv) der GRECO im Wortlaut: iv. (i) im Rahmen des Möglichen eine unabhängige Überprüfung der Buchführung von Wahlkampagnen und
von politischen Parteien, die zur Buchführung verpflichtet sind, zu gewährleisten; und (ii) die Kantone einzuladen, die gleichen Massnahmen zu realisieren."
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ten somit keinerlei Verpflichtung zu einer Finanztransparenz. Es ist ausreichend, dass die gemäss Statuten zuständigen Organe die Finanzflüsse nachvollziehen können. Nicht erforderlich ist
es, dass jederzeit alle Mitglieder oder gar die Öffentlichkeit Einsicht in die detaillierten Einzelheiten des Geschäftsbuchs haben.
Im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Kompetenzordnung erscheint es fraglich, ob die Kantone überhaupt die Kompetenz zum Erlass von Buchführungs- und Revisionsvorschriften für vereinsmässig organisierte politische Gruppierungen besitzen. Es ist vielmehr davon auszugehen,
dass das ZGB mit seinem Verzicht auf strengere Vorschriften die Buchführungs- und Revisionspflicht der Vereine bereits abschliessend geregelt hat. Entsprechend besteht in diesem Bereich
kaum Raum für zusätzliche kantonale Vorschriften. Eine allfällige Umsetzung der von der GRECO erhobenen Forderung, für politische Gruppierungen seien ausführliche Buchführungs- und
Rechnungslegungsvorschriften einzuführen, wäre demnach der Bundesgesetzgebung vorbehalten.
2.2
Erhöhung der Transparenz im Bereich der Spendenfinanzierung
Für die GRECO besteht grundsätzlich ein grosser Bedarf an Erhöhung der Transparenz der
Spenderinnen und Spender im Bereich der Parteienfinanzierung. Die GRECO hält fest, dass die
Namen der Unterstützenden ab einem bestimmten Betrag zu nennen seien. Zudem müsse es
den Parteien untersagt werden, anonyme Spenden entgegen zu nehmen.3 Weiter sollte generell
nach Möglichkeiten gesucht werden, wie die Transparenz im Bereich der Finanzierung von politischen Parteien und Wahlkampagnen durch Dritte erhöht werden könnte.4
Fehlt es den Kantonen auch an der verfassungsmässigen Kompetenz zur Einführung von eigentlichen Buchführungs- und Rechnungslegungsvorschriften für vereinsmässig organisierte politische Gruppierungen, so verfügen sie doch über einen grossen Spielraum zur Umsetzung der
weiteren Forderungen der GRECO, wonach die Transparenz im Bereich der Parteienfinanzierung
zu erhöhen sei.
Bis anhin haben lediglich die Kantone Tessin und Genf Transparenzvorschriften für politische
Parteien und Gruppierungen eingeführt. Das Tessiner Gesetz über die Ausübung der politischen
Rechte vom 7. Oktober 1998 (LEDP-TI) bestimmt in Art. 114, dass Parteien und politische Gruppierungen der Staatskanzlei jährlich sämtliche Spenden melden müssen, die den Betrag von
10'000 Franken übersteigen.5 Die Staatskanzlei publiziert die Namen der Spenderinnen und
Spender im Amtsblatt. Verstösst eine Partei oder eine Gruppierung gegen die Meldungspflicht, so
werden ihr die Fraktionsbeiträge gestrichen. Art. 115 LEDP-TI sieht überdies vor, dass Kandidierende bei kantonalen Wahlen die Namen von Spenderinnen und Spendern bekannt geben müssen, sofern die Zuwendung 5'000 Franken übersteigt. Als Sanktion sieht das Tessiner Gesetz
eine Busse von 7'000 Franken vor. Auch im Kanton Genf ist eine entsprechende Regel im Gesetz
über die Ausübung der politischen Rechte verankert (LEDP-GE)6. Hier sieht Art. 29a LEDPGE vor, dass die Parteien und politischen Gruppierungen, welche an kantonalen Wahlen oder an
Kommunalwahlen in Gemeinden mit mehr als 10'000 Einwohnerinnen und Einwohnern teilnehmen, der Staatskanzlei eine Liste mit Spenderinnen und Spendern einreichen müssen. Das Gesetz enthält weiter ein Verbot von anonymen Spenden. Wer gegen die Transparenzvorschriften
verstösst, wird damit sanktioniert, dass er keinen Zugang zu den staatlichen Plakatwänden erhält.
Zum andern werden der Partei bzw. der politischen Gruppierung keine Beträge im Rahmen der
staatlichen Parteienförderung ausgerichtet. Eine solche ist im Kanton Genf bis zu einem Maxi3
Empfehlung ii) der GRECO im Wortlaut: "ii.(i) für die politischen Parteien und die Kandidatinnen und Kandidaten für Wahlen die generelle Verpflichtung
einzuführen, alle erhaltenen Spenden (einschliesslich der Sachspenden), die einen bestimmten Betrag übersteigen, zu melden und die Identität der
Spenderinnen und Spender anzugeben; (ii) ein generelles Verbot von Spenden einzuführen, die von Personen oder Institutionen stammen, welche ihre
Identität gegenüber der politischen Partei oder der kandidierenden Person nicht preisgeben; und (iii) die Kantone, in denen bislang keine solchen Massnahmen realisiert wurden, zur Einleitung der entsprechenden Schritte einzuladen."
4
Empfehlung iii) der GRECO im Wortlaut: "(i) nach Möglichkeiten zu suchen, mit denen die Transparenz im Bereich der Finanzierung von politischen
Parteien und Wahlkampagnen durch Dritte erhöht werden kann; und (ii) die kantonalen Behörden einzuladen, ebenfalls Überlegungen zu diesen Fragen
anzustellen."
5
Legge sull'esercizio dei diritti politici (LEDP-TI) vom 7. Oktober 1998 (RL 1.3.1.1)
6
Loi sur l’exercice des droits politiques (LEDP-GE) vom 15. Oktober 1982 (A 5.05)
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malbetrag von 10'000 Franken für jede Gruppierung vorgesehen, die in einer Proporzwahl mindestens 5% oder bei einer Majorzwahl mindestens 20% der Stimmen auf sich vereinigen kann.
Eine Busse ist demgegenüber nicht vorgesehen. Die Verpflichtung zur Offenlegung von Spenden
trifft auch die Abstimmungskomitees, die sich im Rahmen einer Abstimmung parteiunabhängig
oder parteiübergreifend formieren. Auch diese haben die Namen ihrer Spenderinnen und Spender offenzulegen, widrigenfalls ihnen den Zugang zu den staatlichen Plakatwänden verwehrt wird.
Auch im Kanton Basel-Stadt wurde die Einführung von Transparenzvorschriften schon mehrfach
diskutiert. Noch im Jahr 2010 fand eine Motion, welche die Offenlegung von finanziellen Zuwendungen an politische Parteien und Kandidierende bei Wahlen in die Regierung, die eidgenössischen Räte und die Gerichte gefordert hatte, keine Mehrheit im Grossen Rat (Motion Greta
Schindler und Konsorten). Die Mehrheit des Grossen Rates vertrat die Ansicht, dass es keiner
erhöhten Transparenz bei der Parteienfinanzierung bedürfe, wobei insbesondere die Pflicht zur
Bekanntgabe der Namen der Spenderinnen und Spendern als unverhältnismässiger Eingriff in die
Rechte der politischen Gruppierungen und in die Rechte der Spendenden abgelehnt wurde. Vor
dem Hintergrund dieser Ablehnung erfolgte schliesslich der hier zu diskutierende Vorstoss von
David Wüest-Rudin, der ein System zur Offenlegung von Spenden anregt, welches die Anonymität der Spendenden zwar gewährleistet, aber dennoch die Transparenz erhöht, indem die Deklaration der finanziellen Zuwendungen pauschaliert nach Branche erfolgen soll. Der Regierungsrat
anerkannte in seinem Bericht zu diesem ursprünglich als Motion eingereichten Vorstoss vom
10. August 2011 (Schreiben Nr. 11.5083.02), dass der Verzicht auf die namentliche Nennung der
Spendenden – nicht zuletzt vor dem Hintergrund der abgelehnten Motion Greta Schindler und
Konsorten –, ein Vorteil des vorgeschlagenen Modells darstelle. Im Lichte der nun vorliegenden
GRECO-Empfehlungen, welche sowohl die namentliche Nennung der Spendenden fordern als
auch ein zwingendes Verbot der Entgegennahme von anonymen Spenden enthalten, muss nun
allerdings festgehalten werden, dass Regeln, welche im Kern die Anonymität der Spendenden
gewährleisten, den Anforderungen der GRECO an die Transparenz im Bereich der Finanzierung
von politischen Parteien und Kampagnen nicht entsprechen würden.
2.3
Sanktionen
Die GRECO empfiehlt schliesslich, dass die Vorschriften zur Finanzierung von politischen Parteien und Wahlkampagnen mit wirksamen, verhältnismässigen und abschreckenden Sanktionen zu
kombinieren seien.7
Vorab gilt es festzuhalten, dass die Kantone lediglich eine Kompetenz zum Erlass von Strafvorschriften im Bereich des Übertretungsstrafrechts besitzen. Dies bedeutet, dass als Sanktionen
weder die Freiheits- noch die Geldstrafe in Betracht kommen, sind doch diese Strafen ausschliesslich für Vergehen und Verbrechen vorgesehen (Art. 10 des Schweizerischen Strafgesetzbuches vom 21. Dezember 1937; StGB; SR 311.0). Als Strafe für eine Übertretung kommt demgegenüber zunächst eine Busse in Betracht (Art. 103 StGB). Ein Verstoss gegen die
Transparenzvorschriften kann etwa im Kanton Tessin mit einer Busse von bis zu 7'000 Franken
sanktioniert werden, der Kanton Genf hat demgegenüber auf die Busse als Sanktionsdrohung
verzichtet. Es sind jedoch nicht nur Bussen, sondern auch administrative Sanktionen wie etwa
der Entzug von Vorteilen denkbar, die einer politischen Gruppierung oder den Kandidierenden
grundsätzlich zustehen würden. Sowohl der Kanton Tessin als auch der Kanton Genf ahnden
Verstösse gegen die Transparenzbestimmungen mit einer Streichung oder einer Kürzung der
Fraktionsbeiträge. Im Kanton Genf, wo die politischen Gruppierungen im Rahmen der staatlichen
Parteienfinanzierung vom Kanton auch aktiv finanziell unterstützt werden und wo den politischen
Gruppierungen ein privilegierter Zugang zu den staatlichen Plakatwänden gewährt wird, droht bei
einem Verstoss gegen die Transparenzvorschriften überdies die Streichung der staatlichen Unterstützung.
7
Empfehlung vi) der GRECO im Wortlaut: "vi. die Vorschriften zur Finanzierung von politischen Parteien und Wahlkampagnen mit wirksamen, verhältnismässigen und abschreckenden Sanktionen zu kombinieren."
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Es ist davon auszugehen, dass die Instrumente, mit denen die Kantone Tessin und Genf mögliche Verstösse gegen die Transparenzvorschriften ahnden können, den Standard erfüllen, welcher die GRECO als Basis für wirksame Sanktionen betrachtet. Der hier zu diskutierende Anzug
äussert sich demgegenüber nicht zur Frage von möglichen Sanktionen.
3.
Varianten zur Umsetzung möglicher Transparenzvorschriften
im Kanton Basel-Stadt
3.1
Umsetzung der GRECO-Empfehlungen
Würde der Kanton Basel-Stadt auf seinem Gebiet die Umsetzung der GRECO-Empfehlungen
anstreben, so könnte er sich grundsätzlich an den gesetzlichen Regelungen der Kantone Tessin
und Genf orientieren. Der Kern von derartigen Transparenzbestimmungen bildete somit die Verpflichtung der politischen Gruppierungen und der einzelnen Kandidierenden für kantonale politische Ämter, sämtliche Spenden ab einer gewissen Höhe sowie deren Herkunft offen zu deklarieren. Im Hinblick auf die föderale Zuständigkeitsordnung würde es sich empfehlen, diese
Verpflichtung an die Voraussetzung zu knüpfen, dass die politischen Gruppierungen sich aktiv an
einer kantonalen Wahl oder Abstimmung beteiligen. Analog zur Lösung der Kantone Tessin und
Genf könnten diese Meldungen an die Staatskanzlei erfolgen, welche die fraglichen Listen anschliessend im Kantonsblatt publizieren würde.
Schliesslich müsste geregelt werden, mit welchen Sanktionen ein Verstoss gegen die Transparenzvorschriften zu ahnden wäre. Im Falle von Gruppierungen, die sich an den Grossratswahlen
beteiligen, könnte zunächst an einen Entzug oder an eine Kürzung der Beiträge gedacht werden,
welche den Fraktionen gemäss § 13 Abs. des Gesetzes über die Geschäftsordnung des Grossen
Rates vom 29. Juni 2006 (GO; SG 152.100) ausgerichtet werden. Unklar bleibt dagegen, mit welchen Sanktionen Abstimmungskomitees zu belegen wären, welche gegen die Transparenzvorschriften verstossen oder Gruppierungen oder einzelne Kandidierende, welche die Wahl in das
angestrebte Amt nicht schaffen. Der Kanton Basel-Stadt kennt nämlich weder eine staatliche Parteienfinanzierung noch ein mit dem Kanton Genf vergleichbares unentgeltliches Bereitstellen von
Werbeflächen im Vorfeld von Urnengängen. Als Sanktion fiele in diesen Fällen demnach ausschliesslich eine Busse in Betracht. Weil es sich bei diesen möglichen Vorschriften um "grundlegende und wichtige Bestimmungen" im Sinne von § 83 Abs. 1 KV handelte, wären sie vom Grossen Rat in der Form des Gesetzes zu erlassen, wobei die einzelnen Paragraphen wohl in das
bestehende Wahlgesetz zu integrieren wären.
3.2
Umsetzung des Modells 'Motion David Wüest-Rudin und Konsorten'
Es darf nun nicht übersehen werden, dass sich der Grosse Rat letztmals im Jahr 2010 gerade
gegen Vorschriften ausgesprochen hat, wie sie soeben kurz skizziert worden sind und wie sie
den Anforderungen der GRECO entsprechen würden. Der politische Widerstand gegen Transparenzregeln konzentriert sich insbesondere auf die Pflicht zur namentlichen Nennung der Spenderinnen und Spender. Kernpunkt des hier zur Diskussion stehenden Anzugs Wüest-Rudin wäre
jedoch eine Offenlegungspflicht, welche die politischen Gruppierungen gerade nicht zur Preisgabe der Identität der Spenderinnen und Spender verpflichten würde. Es wäre somit denkbar, dass
ins Wahlgesetz eine Vorschrift eingefügt würde, welche sämtlichen politischen Gruppierungen,
die an kantonalen Wahlen und Abstimmungen teilnehmen, verpflichtet, ihre finanziellen Zuwendungen periodisch der Staatskanzlei zu melden, ohne die Identität der Spenderinnen und Spender offenzulegen. Würde dem Anliegen des Anzugstellers gefolgt, müssten die Spenden verschiedenen Kategorien (Branche, natürliche oder juristische Personen) zugeordnet werden. Die
Bildung dieser Kategorien müsste nach formellen (natürliche oder juristische Personen) und nach
inhaltlichen Gesichtspunkten (Bildung von Branchen, Unterteilung der Wirtschaftszweige) erfolgen. Bei der Formulierung des Gesetzestextes müsste einerseits das Grundanliegen des Anzugs
berücksichtigt werden, wonach eine möglichst grosse Transparenz im Bereich der SpendenfinanSeite 7/9
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zierung von politischen Gruppierungen erreicht werden sollte. Die Umsetzung dieses Anliegens
bedingte somit eine möglichst feine Abstimmung der einzelnen Kategorien. Auf der andern Seite
wäre jedoch zu berücksichtigen, dass mit jeder zusätzlichen Kategorie auch die Schwerfälligkeit
des Modells im Ganzen erheblich erhöht würde. Schliesslich wäre zu beachten, dass die Kernforderung dieses Modells die Anonymität der individuellen Spenderinnen und Spender gewährleisten möchte. Entsprechend wäre es auch den politischen Gruppierungen selbst zu überlassen, die
Zuordnung einer Spende zu einer bestimmten Kategorie vorzunehmen. Eine allfällige staatliche
Kontrolle (beispielsweise durch die Staatskanzlei) erschiene dagegen mit dem Gebot der Anonymität unvereinbar.
Im Hinblick auf eine mögliche Umgehungsproblematik wäre die Pflicht zur Deklaration der Spenden von den politischen Gruppierungen wohl auch auf die einzelnen Kandidierenden für kantonale politische Ämter auszudehnen. Andernfalls könnte die Pflicht zur Deklaration einer Parteispende leicht umgangen werden, indem sie einfach als Spende für eine individuelle Person entgegen
genommen würde.
Auch diese im Vergleich zu den GRECO-Empfehlungen reduzierten Transparenzvorschriften wären wohl mit einer Sanktionsdrohung für den Fall ihrer Nichteinhaltung zu verbinden. Als mögliche
Sanktionen wären wiederum eine Busse sowie die Kürzung der Fraktionsbeiträge denkbar.
4.
Stellungnahme des Regierungsrats
Der Regierungsrat möchte sich der Einführung von kantonalen Transparenzvorschriften nicht
grundsätzlich verschliessen. Er ist zudem auch weiterhin der Ansicht, dass eine allfällige Regulierung nicht nur die politischen Parteien, sondern sämtliche politischen Gruppierungen sowie auch
die Kandidierenden für kantonale politische Ämter betreffen sollte.
Der Regierungsrat hat bereits in seinem Bericht vom 10. August 2011 (Schreiben Nr. 11.5083.02)
darauf hingewiesen, dass er die im Anzug vorgesehene Kategorienbildung nach Branchen als
eher schwerfällig erachtet. Auch wenn es grundsätzlich möglich wäre, Kategorien zu bilden, wird
die Umsetzung des Modells in der Praxis immer Abgrenzungsprobleme aufwerfen. Die Umsetzung des Modells, wie es die Anzugstellenden vorschlagen, birgt weiter den grossen Nachteil,
dass das Modell die Hauptforderung der GRECO gerade nicht erfüllt. Eine "Offenlegung" im Sinne der GRECO liegt nur vor, wenn die Herkunft der Spenden für die Öffentlichkeit nachvollziehbar
ist. Dies schliesst jedoch jede anonyme Bekanntgabe aus. Die bloss summarische Zusammenfassung der Spenden in Kategorien genügt somit den internationalen Anforderungen nicht. Es ist
deshalb damit zu rechnen, dass die Umsetzung des Modells, wie es der Anzug vorschlägt, nicht
dazu führen würde, dass die Diskussionen um die vollständige Offenlegung der Finanzflüsse bei
politischen Gruppierungen verstummen werden. Zudem würde der Kanton Basel-Stadt mit dem
vorgeschlagenen Modell einen Sonderweg einschlagen, dessen wahrer Nutzen jedoch fraglich
bleibt.
Mit der Frage, wie die Einhaltung von allfälligen Transparenzvorschriften gemäss dem Modell
David Wüest-Rudin gewährleistet werden könnte, verbinden sich weitere Schwierigkeiten. Wird
nämlich am Grundsatz festgehalten, dass die Anonymität der Spendenden zu gewährleisten ist,
so muss es konsequenterweise den politischen Gruppierungen selbst überlassen bleiben, die
Zuordnung der jeweiligen Spende zu einer bestimmten Kategorie vorzunehmen. Das Gebot der
unabhängigen Kontrolle lässt sich mit dem Schutz der Anonymität nicht vereinbaren. Ob ein solches Modell, das ausschliesslich auf dem System der nicht überprüfbaren Selbstdeklaration beruht, das Vertrauen der Öffentlichkeit geniessen würde, erscheint dahingestellt. Damit steht jedoch auch in Frage, ob das Modell prinzipiell geeignet wäre, überhaupt einen Beitrag zur
Erhöhung der Transparenz zu leisten.
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Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt
In Würdigung der Gesamtumstände vertritt der Regierungsrat deshalb die Ansicht, dass darauf
verzichtet werden sollte, das im Anzug vorgeschlagene Modell der Transparenzvorschriften weiter zu verfolgen. So ist es fraglich, welcher Nutzen von der Umsetzung eines Vorschlags erwartet
werden kann, der im Grundsatz (Transparenzvorschriften) politisch höchst umstritten ist, der aber
die zentrale Forderung des Transparenzgebots, wie sie sich in den Empfehlungen der GRECO
spiegelt, nicht erfüllt. Der vermeintliche Vorteil des Modells Wüest-Rudin – die Gewährleistung
der Anonymität der Spenderinnen und Spender –, erscheint aus der Perspektive des Transparenzgebots mit der Forderung nach Transparenz gerade unvereinbar.
Der Regierungsrat gelangt deshalb zum Schluss, dass sich die Einführung von allfälligen kantonalen Regeln im Bereich der Transparenz der Finanzierung von politischen Gruppierungen
grundsätzlich an den Empfehlungen der GRECO orientieren sollte. Es ist jedoch daran zu erinnern, dass sich der Grosse Rat noch mit Beschluss vom 3. Februar 2010 ganz grundsätzlich gegen die Einführung von kantonalen Regeln im Bereich der Parteienfinanzierung ausgesprochen
hat. Der Regierungsrat ist deshalb der Ansicht, dass weitere Schritte in diesem Bereich erst dann
unternommen werden sollten, wenn ein breiter politischer Wille erkennbar ist, entsprechende
Vorschriften in die kantonale Gesetzgebung aufzunehmen. Von sich aus wird der Regierungsrat
dagegen keine Gesetzgebungsarbeiten einleiten.
5.
Antrag
Aufgrund dieses Berichts beantragen wir, den Anzug David Wüest-Rudin und Konsorten betreffend „Erhöhung der Transparenz der Parteienfinanzierung“ abzuschreiben.
Im Namen des Regierungsrates des Kantons Basel-Stadt
Dr. Guy Morin
Präsident
Barbara Schüpbach-Guggenbühl
Staatsschreiberin
Seite 9/9
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