Manuskript - Universität Rostock

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Universität Rostock
Fakultät für Maschinenbau und Schiffstechnik
Grundlagen der Schiffstheorie
Prof. Dr.- Ing. Nikolai Kornev
Rostock
2008
2
INHALTSVERZEICHNIS
Abbildungsverzeichnis
7
Vorwort
9
1. Grundlagen der Potentialströmungen
1.1
Einführung
1.2
Mathematische Problemstellung
1.3
Stromfunktion
1.4
Benutzung der komplexen Variablen in der Potentialtheorie
1.5
Einfache ebene Potentialströmungen
1.5.1 2D Parallelanströmung
1.5.2 2D Quelle und Senke
1.5.3 2D Wirbel (Punktwirbel)
1.5.4 2D Dipol
1.5.5 2D Quellenschicht
1.5.6 2D Wirbelschicht
1.6
Potentialumströmung eines Zylinders ohne Zirkulation
1.7
Potentialumströmung eines Zylinders mit Zirkulation
1.8
Paradoxon nach d’Alambert. Theorem von Joukowski
1.9
Räumliche Potentialströmungen
1.9.1 Parallelanströmung
1.9.2 3D Quelle und Senke
1.9.3 3D Quellenschicht
1.9.4 3D Dipol
Übungen
11
11
13
15
16
17
17
17
19
20
21
22
23
25
26
28
28
28
29
29
30
2. Potentialumströmung der Körper
2.1
Potentialumströmung eines schlanken symmetrischen Körpers
2.2
Umströmung beliebiger Körper
Übungen
31
31
33
37
3. Hydrodynamische Trägheitskräfte
3.1
Hydrodynamische Masse
3.2
Allgemeine hydrodynamische Massen. Kinetische Energie.
3.3
Verwendung hydrodynamischer Massen bei der Bewegungsberechnung
3.4
Ermittlung der hydrodynamischen Massen
Übungen
39
39
41
47
49
49
4. Wirbelbehaftete Strömungen
4.1
Wirbellinie, Wirbelrohr und Zirkulation
4.2
Induzierte Geschwindigkeiten
51
51
52
3
4.3
Wirbelschichten
4.4
Theorem von Joukowski für einen elementaren Wirbelabschnitt
Übungen
54
57
57
5. Flügeltheorie
5.1
Flügelgeometrie
5.2
Hydrodynamische Parameter der Flügel
5.3
Physik der Flügelumströmung
5.4
Joukowski – Kutta Abflussbedingung
5.4.1 2D Fall
5.4.2 3D Fall
5.5
Induzierter Widerstand
5.6
Saugkraft
5.7
Widerstand des Flügels
5.8
Berechnung der Profilumströmung
5.8.1 Methode der konformen Abbildung
5.8.2 2D Paneelmethode
5.9
Lineare Wirbeltheorien des Flügels
5.9.1 Traglinientheorie
5.9.2 Tragflächentheorie des Flügels
5.10 Empirische Formel für Auftriebskraft und Trimmmoment
5.11 Nichtlineare Wirbeltheorie
5.11.1 Ansatz von Betz
5.11.2 Nichtlineare Tragflächentheorie
Übungen
59
59
62
65
72
73
75
78
79
80
81
81
85
87
88
93
100
100
100
101
105
6. Oberflächenwellen
6.1
Wellenparameter
6.2
Mathematische Problemstellung
6.3
Harmonisch fortschreitende Welle kleiner Amplitude
6.4
Energie der harmonischen fortschreitenden Welle kleiner Amplitude
6.5
Gruppengeschwindigkeit und Energiestrom
6.6
Erzwungene Wellen bei der Bewegung punktförmiger
Druckimpulsströmungen an der Wasseroberfläche
6.7
Berechnung des Wellenwiderstandes mit Paneelmethoden
Übungen
107
107
109
112
114
116
119
122
125
7. Strömungen mit Reibung
Einführung
7.1
7.2
Hauptbegriffe der Grenzschichttheorie
7.3
Physik der Strömung in der Grenzschicht
7.4
Gleichungen der Grenzschichttheorie
7.5
Grenzschicht auf einer Platte
7.6
Einfluss der Rauhigkeit
127
127
128
129
132
135
138
4
7.7
Reibungsbedingter Widerstand
Übungen
139
146
8. Gemittelten nach Reynolds Navier Stokes Gleichungen
8.1
Reynoldssche Mittelung
8.2
Reynoldssche Gleichungen
8.3
Schließungsansätze für Reynoldssche Spannungen
8.3.1
Algebraische Schließungsmodelle
8.3.2
Differentiale Schließungsmodelle
Übungen
149
149
150
152
153
155
157
Literatur
159
5
6
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abb. 1.1: Typische Zonen der Schiffsumströmung
Abb. 1.2: Anziehungskräfte an vorbeifahrenden Schiffen
Abb. 1.3: Randbedingungen an der freien Wasseroberfläche
Abb. 1.4: Stromlinien neben der Quelle
Abb. 1.5: Stromlinien neben dem Punktwirbel
Abb. 1.6: Stromlinien neben dem Dipol
Abb. 1.7: Geschwindigkeitsrelationen an der Quellenschicht
Abb. 1.8: Geschwindigkeitsrelationen an der Wirbelschicht
Abb. 1.9: Druckverteilung am Zylinder
Abb. 2.1: Umströmung eines schlanken symmetrischen Körpers
Abb. 2.2: Zur Herleitung der Integralgleichung (2.16)
Abb. 2.3: Paneelnetz eines Schiffes
Abb. 3.1: Zur Herleitung der Formel für kinetische Energie der Flüssigkeit
Abb. 3.2: Dimensionslose hydrodynamische Massen der Rotationsellipsoiden
Abb. 4.1: Wirbelrohr
Abb. 4.2: Zur Formel für die induzierte Geschwindigkeit
Abb. 4.3: Geschwindigkeitsfeld neben der Wirbelschicht
Abb. 4.4: Sprung der tangentialen Geschwindigkeit an der Platte
Abb. 4.5: Wirbelschicht
Abb. 4.6: Auftriebskraft an einem Wirbelabschnitt
Abb. 4.7: Halbunendlicher Wirbelstrahl
Abb. 5.1: Tragflügelschiff
Abb. 5.2: Bodeneffektfahrzeug
Abb. 5.3: Form von verschiedenen Flügeln
Abb. 5.4: Typische Flügelprofile
Abb. 5.5: Geometrische Parameter des Flügelsegmentes
Abb. 5.6: Flügelklappen und Spoiler
Abb. 5.7: Polardiagramm nach Lilienthal
Abb. 5.8: Typische Druckverteilung
Abb. 5.9: Profilumströmung ohne und mit Ablösung
Abb. 5.10: Reynoldszahlabhängigkeit des Auftriebs
Abb. 5.11: Wirbelsystem des Flügels
Abb. 5.12: Visualisierung eines Randwirbels
Abb. 5.13: Abhängigkeit des Auftriebs vom Anstellwinkels
Abb. 5.14: Zur Erklärung der Entstehung der Zirkulation neben einem Profil
Abb. 5.15: Einfluss der Wasseroberfläche auf die Auftriebskraft des Flügels
Abb. 5.16: Einfluss der Bodennähe auf die Auftriebskraft des Flügels;
Abb. 5.17: Spiegelungsmethode zur Modellierung des Wandeffektes
Abb. 5.18: Zur Erklärung des Begriffs „zusammenhängendes Gebiet“
Abb. 5.19: Umströmung des Profils in Abhängigkeit von der Zirkulation
Abb. 5.20: Zur Erklärung der Entstehung der Wirbelschleppe
Abb. 5.21: Wirbelschema eines 3D Flügels.
7
11
12
14
18
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21
22
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70
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74
76
77
Abb. 5.22: Zur Erklärung der Entstehung der induzierten Widerstandes
Abb. 5.23: Saugkraft
Abb. 5.24: Konforme Abbildung
Abb. 5.25: Paneelmethode
Abb. 5.26: Wirbelmodell eines Flügels
Abb. 5.27: Aufteilung des Problems im Rahmen der linearen Flügeltheorie
Abb. 5.28: Wirbelschema der linearen Tragflächentheorie
Abb. 5.29: Wirbelgitterverfahren
Abb. 5.30: Erklärung der Idee von A. Betz
Abb. 5.31: Wirbelschema des nichtlinearen Wirbelgitterverfahrens
Abb. 6.1: Skizze zur Formulierung der Wellentheorie
Abb. 6.2: Geometrische Parameter der fortschreitenden Welle.
Abb. 6.3: Wellengruppen
Abb. 6.4: Wellensystem hinter einer Druckimpulsstörung
Abb. 6.5: Schiffswellen von Kelvin
Abb. 7.1: Unterteilung des Strömungsgebietes bei großen Reynoldszahlen
Abb. 7.2: Zur Erklärung des Begriffs „Verdrängungsdicke“
Abb. 7.3: Grenzschichtevolution entlang des Schiffes
Abb. 7.4: Zur Erklärung des Phänomens der Strömungsablösung
Abb. 7.5: Evolution der Grenzschicht entlang eines Profils
Abb. 7.6: Geschwindigkeitsverteilung innerhalb der turbulenten Grenzschicht
Abb. 7.7: Widerstand einer Platte in Abhängigkeit von der Reynoldszahl.
Abb. 7.8: Zur Erklärung der Entstehung des Druckwiderstandes
Abb. 7.9: Abhängigkeit des Widerstandsbeiwertes von der Reynoldszahl
Abb. 7.10: Formfaktor für aerodynamische Profile und Rotationskörper
Abb. 7.11: Karmansche Wirbelstrasse nach dem Zylinder
Abb. 7.12: Abhängigkeit des Widerstandsbeiwertes für den Zylinder
Abb. 7.13: Abhängigkeit des Widerstandsbeiwertes für eine Kugel
Abb. 7.14: Schematische Darstellung der Ablösung am Zylinder
Abb. 7.15: Abhängigkeit des Widerstandes für einen Zylinder.
Abb. 7.16: Bild zur Aufgabe 3
8
79
80
83
86
88
94
95
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104
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121
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131
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142
143
144
144
145
146
147
Vorwort
Der Vorlesungskurs Schiffstheorie I wird vom Autor den Studenten der Fakultät für
Maschinenbau und Schiffstechnik, die sich auf Schiffbau spezialisieren, gehalten. Der
Kurs, der aus 14 Vorlesungen besteht, soll eine Erweiterung des Vorlesungskurses
"Grundlagen der Strömungsmechanik" auf die schiffbauspezifischen Kapitel der
Hydromechanik sein. Es wird vorausgesetzt, dass die Studenten am Kurs "Grundlagen
der Strömungsmechanik" teilgenommen haben.
Im Vorlesungskurs wird den potentialtheoretischen Ansätzen viel Aufmerksamkeit
geschenkt. Trotz einer schnellen Entwicklung der numerischen Methoden zur
Berechnung der reibungsbehafteten Strömungen, sind die potentialtheoretischen
Methoden nach wie vor für angewandte Schiffshydromechanik von Bedeutung.
Besonders wichtig sind diese Methoden für die Propellerhydrodynamik, bei der
Ermittlung der Kräfte an Flügeln, für die Kraftdarstellung in der Schiffssteuerbarkeit
und in den Schiffschwingungen sowie für die Abschätzung der Belastungen im
Seegang. Die Grundlagen der Potentialtheorie werden im Kapitel 1 beschrieben.
Analytische und numerische Methoden für die Berechnung der potentialen
Schiffumströmung werden im Kapitel 2 betrachtet. Die Theorie der hydrodynamischen
Massen steht im Fokus des Kapitels 3. Das Material dieses Kapitels bildet die Basis
für das Herleiten der allgemeinen Schiffsbewegungsgleichungen im Vorlesungskurs
Schiffstheorie II. Die Kenntnisse, die für das Verständnis der Wirbeltheorien von
Bedeutung sind, werden im Kapitel 4 "Wirbelbehaftete Strömungen" vermittelt. Das
Kapitel 5 wird der Physik der Flügelumströmung sowie den potentialtheoretischen
Methoden zur Berechnung der Kräfte an Flügeln gewidmet. Die in diesem Kapitel
vermittelten Kenntnisse sind für Steuerbarkeit und Propellertheorie von großer
Bedeutung. Die Theorie der Oberflächenwellen und die auf Potentialtheorie basierende
numerische Paneelmethode zur Ermittlung des Schiffswellenwiderstandes werden im
Kapitel 6 betrachtet. Einen Einblick in die Physik der Schiffsumströmung bei großen
Reynoldszahlen sowie eine Einführung in die Grenzschichttheorie werden im Kapitel
7 gegeben. Anschließend werden im Kapitel 8 die Grundlagen der modernen
Methoden zur Berechnung der reibungsbehafteten Schiffsumströmungen vermittelt.
Alle Kapitel des Vorlesungskurses sind mit den Aufgaben versehen, die für Übungen
benutzt werden können.
Der Autor bedankt sich bei den Rezensenten des Buches Herren
Prof. Dr. Better Ould el Moctar (Universität Duisburg) und Dr. Vladimir Shigunov
(Germanischer Lloyd) für die hilfreichen Bemerkungen, die zur wesentlichen
Verbesserung des Buches beigetragen haben. Ein großer Dank für die editorielle
Unterstützung
und
Herstellung
des
Buchlayouts
geht
auch
an
Herrn cand. Ing. Erik Stohr und Frau Diana Stever. Der Autor dankt den Kollegen
9
Herrn Prof. Dr. Robert Bronsart, Prof. Dr. Egon Hassel, Dr. Jürgen Nocke und
Dr. Bert Buchholz für ihre freundliche und organisatorische Unterstützung bei der
Veröffentlichung dieses Buches.
Rostock, den 30. November 2008
Prof. Dr. habil. Nikolai Kornev
10
Grundlagen der Potentialströmungen
1. Grundlagen der Potentialströmungen
1.1
Einführung
Die Potentialtheorie ist Basis für verschiedene Anwendungsbereiche im Schiffbau. So
findet man sie zum Beispiel in der Flügel- (s. Kapitel 5) und klassischen
Propellertheorie [8]. Des Weiteren dient sie der Ermittlung an das Schiff angreifender
hydrodynamischer Trägheitskräfte, den so genannten hydrodynamischen Massen
(s. Kapitel 3), der Bestimmung des Wellenwiderstandes (s. Kapitel 6) und der
Belastungen im Seegang.


Die Bedingung     u  0 (Drehung in der Strömung ist gleich Null) ist
Voraussetzung dafür, dass die Strömung als potential betrachtet wird. Die
Potentialströmung kann nur in Strömungen ohne innere Reibung erfüllt werden, daher
gilt sie nur für reibungslose Strömungen. Trotz dieser Einschränkung ist die
Potentialtheorie im Schiffbau weit verbreitet. Allerdings sind die Ergebnisse nur im
Gebiet I (siehe Abb.1.1) außerhalb der Grenzschicht (Zone II) und des Nachlaufs
(Zone III) gültig, da hier der Zähigkeitseinfluss vernachlässigbar ist.
Abbildung 1.1: Typische Zonen der Schiffsumströmung
Ein typisches Beispiel, für die Berechnungsmöglichkeiten der Potentialtheorie sind die
Anziehungskräfte zweier aneinander vorbeifahrenden Schiffen bei einem
Überholmanöver (siehe Abb.1.2).
11
Grundlagen der Potentialströmungen
Abbildung 1.2: Anziehungskräfte an vorbeifahrenden Schiffen beim
Überholmanöver


Die Geschwindigkeit kann bei der Bedingung     u  0 als Gradient einer
Skalarfunktion  dargestellt werden:

u  grad    
Im kartesischen Koordinatensystem lautet die Formel (1.1):
ux 



; uy 
; uz 
x
y
z .
(1.1)
(1.2)
Im zylindrischen Koordinatensystem sind die folgenden Formeln gültig:
ur 

1 

; u 
; uz 
.
r 
r
z
Die Geschwindigkeitskomponente un in einer beliebigen Richtung n wird durch die
Ableitung des Potentials nach n ermittelt:
un 

n
Die Skalarfunktion  ( x, y, z ) nennt man das Geschwindigkeitspotential oder kurz das
Potential mit der Einheit [m2/s]. Der größte Vorteil der Einführung des Potentials
besteht darin, dass statt drei unbekannten Funktionen u x ( x, y, z ), u y ( x, y, z ) und
u z ( x, y, z ) nur die unbekannte Funktion  ( x, y, z ) gefunden werden muss. Die
Geschwindigkeitskomponente lässt sich aus den Formeln (1.1) oder (1.2) berechnen
und der Druck ergibt sich aus der Bernoulli’schen Gleichung.
12
Grundlagen der Potentialströmungen
1.2
Mathematische Problemstellung
Die Hauptgleichung der Potentialtheorie ist die Laplace’sche Gleichung, die aus der
Kontinuitätsgleichung

divu  0
(1.3)
durch Einsetzen von (1.1) in (1.3) abgeleitet wird:

divu  divgrad        0    0 .
(1.4)
Dabei stellt  den Laplace-Operator    dar. Im kartesischen Koordinatensystem
lautet die Gleichung (1.4):
 
 2
2

 2
2

 2
2
0.
x
y
z
Das Potential  ergibt sich aus (1.5) mit folgenden Randbedingungen:
(1.5)
 Die Undurchlässigkeitsbedingung an den Oberflächen der Festkörper:
un 

0.
n S
(1.6)

n ist dabei der Normalvektor zur Körperoberfläche. Wenn  das Störpotential
(Potential der gestörten Bewegung) ist, wird die Undurchlässigkeitsbedingung
wie folgt geschrieben:
 

 V n .
(1.7)
n S

V ist dabei der Vektor der Anströmgeschwindigkeit.
 Alle Störungen klingen in einem unendlich großen Abstand vom umströmten
Körper ab.
0
falls R  x 2  y 2  z 2  
(1.8)
Die Bedingung (1.8) wurde für das Störpotential geschrieben. Wenn  das
Gesamtpotential (d.h. Störpotential + Potential der Anströmung) ist, wird die
Bedingung (1.8) in folgender Form benutzt:

  V
falls R  x 2  y 2  z 2  
13
(1.9)
Grundlagen der Potentialströmungen
In der Schiffsströmungsmechanik werden häufig freie Oberflächen betrachtet. Es
handelt sich dabei zum Beispiel um freie Wasseroberflächen oder dünne
Wirbelschleppen, die sich hinter den Flügeln oder Propellerblättern einstellen. An
diesen Oberflächen müssen die zwei folgenden typischen Randbedingungen erfüllt
sein (s. Abb.1.3):
 kinematische Randbedingung
   

n
n
(1.10)
 dynamische Randbedingung
p
Dabei ist

 p

(1.11)
 
 
die normale Komponente der Geschwindigkeit über und
unter der
n
n
Oberfläche. Dies gilt äquivalent für die Bezeichnungen des Druckes. Beide
Bedingungen deuten darauf hin, dass die normale Komponente der Geschwindigkeit
und der Druck beim Übergang durch die freie Oberfläche stetig sind.
Abbildung 1.3: Randbedingungen an der freien Wasseroberfläche
Die Laplace’sche Gleichung (1.5) und die Randbedingungen (1.6) - (1.9) sind linear.
Dementsprechend können die Lösungen der mathematischen Probleme (1.5) - (1.9) als
Summe oder Superposition der einzelnen Lösungen dargestellt werden.
N
   k
k 1
(1.12)
Jedes einzelne Potential  k erfüllt dabei die Laplace’sche Gleichung und die
Randbedingungen (1.6) - (1.9). Die Randbedingungen (1.10) und (1.11) sind ebenfalls
linear, wenn die Lage der freien Oberfläche bekannt ist. Im nichtlinearen Fall wird die
14
Grundlagen der Potentialströmungen
Lage der freien Oberfläche und k mit Hilfe eines Iterationsverfahrens ermittelt um
das Superpositionsverfahren (1.12) benutzten zu können.
1.3
Stromfunktion
Die Stromfunktion  ist eine Funktion, die die Behandlung der zweidimensionalen
Potentialströmungen
wesentlich
erleichtert.
Sie
hängt
mit
den
Geschwindigkeitskomponenten wie folgt zusammen:
ux 


, uy  
x
y
(1.13)
Die Geschwindigkeiten (1.13) erfüllen automatisch die Kontinuitätsgleichung:
 ψ
 ψ

 0
x y
y x
Die Stromfunktion  hat die folgenden Eigenschaften:
 Die Stromfunktion erfüllt die Laplace’sche Gleichung.
Nachweis:
Einsetzten von (1.13) in die Definition der Wirbelstärke (2D Fall nur eine
Komponente  z ):
1  u y u x 
1   2  2 
z  





,

2  x
y 
2   x 2
 y 2 
oder
 2
x 2

 2
y 2
 2z .
(1.14)
In einer Potentialströmung gilt z = 0. Die Poisson’sche Gleichung (1.14)
reduziert sich dadurch zur Laplace’schen Gleichung:
 
 2
x 2

 2
y 2
0.
 Die Stromfunktion ist entlang der Stromlinien konstant.
Nachweis:
Das gesamte Differential der Stromfunktion ist:
15
(1.15)
Grundlagen der Potentialströmungen
dψ 
ψ
ψ
dx 
dy  u y dx  u x dy .
x
y
(1.16)
Aus der Differentialgleichung der Stromlinien folgt
dx dy

;   u y dx  u x dy  0
ux uy
(1.17)
Setzt man (1.17) in (1.16) ein, ergibt sich
ψ
ψ
dx 
dy  d ψ  0 .
x
y
(1.18)
Aus (1.18) folgt, dass die Stromfunktion entlang der Stromlinien konstant ist:
ψC
1.4
entlang der Stromlinie
(1.19)
Benutzung der komplexen Variablen in der Potentialtheorie
Die beiden Funktionen  und  erfüllen die Laplace’sche Gleichung und stehen in
folgender Relation zueinander
  



;
x y y
x .
(1.20)
Diese Bedingungen (1.20) heißen Bedingungen von Cauchy und Riemann. Nach der
Theorie von Cauchy und Riemann kann in diesem Fall, statt der beiden von x und y
abhängigen Funktionen  und , eine einzige Funktion
w ( z )   ( x , y )  i  ( x , y ),
i
1
(1.21)
benutzt werden. Dieses komplexe Potential wird nur von einer Variablen z in der
komplexen Ebene z  x  iy beeinflusst. Die Mathematik zeigt, dass die Ableitung
w(z) nach z den partiellen Ableitungen nach x und y entspricht:
16
Grundlagen der Potentialströmungen
w
dw w


.
dz x  (iy )
(1.22)
Setzt man (1.21) in (1.22) ein, ergibt sich:

dw w


(  i )  u x  iu y .
dz
x x
Die Ableitung
1.5
(1.23)
dw
heißt komplexe Geschwindigkeit.
dz
Einfache ebene Potentialströmungen
Es gibt eine Reihe von einfachen Potentialströmungen, die die Laplace’sche Gleichung
(1.5) und die Randbedingung (1.8) erfüllen. Sie werden für die Lösung praktischer
Probleme benutzt.
1.5.1 2D Parallelanströmung
w( z )  V e i z  V (cos   i sin  ) z
(1.24)
dw
 u x  iu y  V cos   iV sin   V e i
dz
(1.25)
1.5.2 2D Quelle und Senke
Es wird das komplexe Potential w   ln z betrachtet. Für die komplexe Variable z gilt
die Euler‘sche Formel z  x  iy  r cos   ir sin   re i . Damit ergibt sich
w   ln re i   (ln r  i )     ln r ,    .
(1.26)
Die Geschwindigkeitskomponenten im zylindrischen Koordinatensystem sind
ur 
 a
1 
 ; u 
 0.
r r
r 
(1.27)
Die Stromlinien erhält man aus der Bedingung (1.19)     C1 oder   C . Die
Stromlinien   C werden in Abb. 1.4 gezeigt.
17
Grundlagen der Potentialströmungen
Abbildung 1.4: Stromlinien neben der Quelle
Die Flüssigkeit fließt radial aus dem Ursprung des Koordinatensystems, als ob sich im
Ursprung eine Quelle befindet. Die Ergiebigkeit dieser Quelle ist gleich
Q 
 u
r
d C  2 a  a 
C
Q
2
(1.28)
Das komplexe Potential unterscheidet sich wie folgt
für die Quelle w 
Q
ln z
2
und die Senke w  
Q
ln z .
2
(1.29)
(1.30)
Die Formeln (1.29) und (1.30) gelten für die Quelle und die Senke, die sich im
Ursprung des Koordinatensystems befinden. Bei einer dezentralen Lage im Punkt z1,
sind folgende Zusammenhänge gültig
Q
w   ln( z  z1 ) .
(1.31)
2
Es ist zu bemerken, dass die von der Quelle induzierte Geschwindigkeit mit kleiner
werdendem Abstand r unendlich groß wird. ur 
 a
 
  Aus diesem Grund
r r r 0
werden Quellen und Senken auch als hydrodynamische Singularitäten bezeichnet.
18
Grundlagen der Potentialströmungen
1.5.3 2D Wirbel (Punktwirbel)
Aus der Betrachtung des komplexen Potentials
w
b
ln z
i
(1.32)
folgt
w    i 
b
ln( re i )  b  ib ln r    b ,  b ln r
i
(1.33)
Die Geschwindigkeitskomponenten im zylindrischen Koordinatensystem sind
ur 

 0;
r
u 
1  b

r  r
(1.34)
Die Stromlinien ergeben sich aus der Bedingung (1.19)    ln r  ln C . Daraus folgt
die Gleichung der Stromlinien: r C . Die Stromlinien sind dabei konzentrische Kreise
mit dem Zentrum im Ursprung des Koordinatensystems (s. Abb. 1.5).
Abbildung 1.5: Stromlinien neben dem Punktwirbel
Die Zirkulation entlang einer geschlossenen Kontur ist gleich
 

 u dC  2 b  b  2
(1.35)
C
Damit kann das komplexe Potential des Punktwirbels in folgender Form geschrieben
werden:
w 

ln z
2 i
19
(1.36)
Grundlagen der Potentialströmungen
Wenn der Punktwirbel im Punkt z1 liegt ist die Formel w 
Г
ln( z  z1 ) zu benutzen.
2i
Es lässt sich leicht nachweisen, dass Punktwirbel ebenfalls zu den hydrodynamischen
Г 1

  . Da die Zirkulation entlang einer den
2 r r 0
Punktwirbel umfassenden Kontur ungleich Null   0 ist, gehört die Strömung neben
Singularitäten zählen u 
einem 2D Punktwirbel zu den zirkulationsbehafteten Strömungen. Die Zirkulationen
entlang der Konturen, die den Punktwirbel nicht umfassen, sind Null. Die Strömung
neben den Quellen und Senken sind zirkulationsfrei.
1.5.4 2D Dipol
Wenn sich eine Quelle im Abstand - x / 2 und eine Senke im Abstand x / 2 vom
Koordinatenursprung befindet, dann ist das gesamte komplexe Potential gleich
x 
x 


 ln  z 
ln  z 


x  Q 
x  Q x 
Q 
2 
2 

ln  z 
ln  z 
w
.


x
2 
2  2 
2 
2
Bei der Berechnung des Limes x  0 unter der Bedingung
lim Qx M

 const
x  0 2
2
erhält man:
x 
x 


 ln  z 
ln  z 


Q x
M d
M 1
2 
2  M 

w  lim
 lim 

ln z 
ln z 
.
x 0 2 x 0
x
2 x
2 dz
2 z
Damit ergibt sich das komplexe Potential eines Dipols
w
M 1
.
2 z
20
(1.37)
Grundlagen der Potentialströmungen
Abbildung 1.6: Stromlinien neben dem Dipol
1.5.5 2D Quellenschicht
Eine Reihe von Quellen und Senken, die auf der Kontur S stetig verteilt sind
(s. Abb. 1.7), bezeichnet man als Quellenschicht oder einfache Schicht. Das Potential
der Schicht mit einer lokalen Quellenergiebigkeit q(  , )dS wird durch integrieren der
einzelnen Potentiale (1.26) über die gesamte Kontur S berechnet:
 ( x, y ) 
1
q(  , )ln ( x   )2  ( y   )2 dS .

2 s
Die Quellenschicht hat dabei die folgenden Eigenschaften:
 Die tangentiale Komponente der von der Schicht induzierten Geschwindigkeit
bleibt beim Übergang durch die Kontur S stetig.
 Die normale Komponente der von der Schicht induzierten Geschwindigkeit
ändert sich sprungartig beim Übergang durch die Kontur S. Dabei gilt
21
Grundlagen der Potentialströmungen
 
 
(, ) 
(, )  q(, ),
n
n
 
 
(, ) 
(, )  0.


(1.38)
Abbildung 1.7: Geschwindigkeitsrelationen an der Quellenschicht
1.5.6 2D Wirbelschicht
Betrachtet man nun eine Reihe von Punktwirbeln, die auf der Kontur S stetig verteilt
werden (s. Abb. 1.8), bekommt man die so genannte Wirbelschicht1. Das Potential der
Schicht mit der Wirbelstärke  (  , )dS wird durch integrieren der einzelnen
Potentiale (1.33) über die gesamte Kontur S berechnet:
 ( x, y ) 
1
y 
 ( , ) arctan
dS

2 S
x 
(1.39)
Die Wirbelschicht hat folgende Eigenschaften:
 Die normale Komponente der von der Schicht induzierten Geschwindigkeit
bleibt beim Übergang durch die Kontur S stetig.
 Die tangentiale Komponente der von der Schicht induzierten Geschwindigkeit
ändert sich sprungartig beim Übergang durch die Kontur S. Dabei gilt
1
Man kann zeigen, dass die Wirbelschicht und Dipolschicht, genannt Doppelschicht,
kinematisch äquivalent sind.
22
Grundlagen der Potentialströmungen
 
 
(, ) 
(, )  0,
n
n
 
 
(, ) 
(, )   (, ).


(1.40)
Abbildung 1.8: Geschwindigkeitsrelationen an der Wirbelschicht
1.6
Potentialumströmung eines Zylinders ohne Zirkulation
Die Umströmung eines Zylinders kann als die Superposition einer Parallelanströmung
und eines Dipols dargestellt werden:
w  V z 
M 1
2 z
(1.41)
Setz man die Euler‘sche Formel z  x  iy  r cos   ir sin   re i in (1.41), ergeben
sich die Ausdrücke für das Potential,
M 

   V r 
 cos ,
2r 

die Stromfunktion


   V r 
M 
 sin  ,
2r 
und die radiale Komponente der Geschwindigkeit
23
Grundlagen der Potentialströmungen
ur 
 
M 
  V 
 cos  .
r 
2r 2 
Die radiale Komponente ist an der Zylinderoberfläche gleichzeitig die normale
Komponente. Daraus ergibt sich der Ausdruck für M aus der
Undurchlässigkeitsbedingung un  ur  0
M
 0  M  2r02V .
2
2r0
Damit bekommt man die Lösung für die potentiale Umströmung eines Zylinders
V 

r2 
w  V  z  0  ,

z 


r02 
  V  r   cos .

r 

(1.42)
Abbildung 1.9: Druckverteilung am Zylinder
Aus (1.42) lassen sich die folgenden nützlichen Formeln herleiten
 die tangentiale Komponente der Geschwindigkeit
1 
u 
 V 
r 

r02 
 1  2  sin 

r 

24
(1.43)
Grundlagen der Potentialströmungen
 die tangentiale Komponente der Geschwindigkeit an der Oberfläche des
Zylinders bei r  r0
u  2V sin 
(1.44)
 die Verteilung des Druckbeiwertes (s. Abb.1.9):
Cp 
p  p
V2

 1  (u / V ) 2  1  4sin 2 
(1.45)
2
1.7
Potentialumströmung eines Zylinders mit Zirkulation
Die Umströmung eines Zylinders mit Zirkulation kann als Superposition einer
Parallelanströmung, eines Dipols und eines Punktwirbels dargestellt werden:
w  V z 
M 1 

ln z
2 z 2i
(1.46)
Das Potential und die Stromfunktion im zylindrischen Koordinatensystem entstehen
durch Trennung der Real- und Imaginärteile in der Formel (1.46):
M 


   V r 
 cos   ,
2r 
2

M 


   V r 
 sin   ln r.
2r 
2

Die unbekannte Konstante M lässt sich aus der Undurchlässigkeitsbedingung an der
Zylinderoberfläche bestimmen

 0  M  2V r02
ur 
(1.47)
r
Wie aus (1.47) erkennbar ist, ist die Konstante M für die Umströmung des Zylinders
ohne Zirkulation gleich der Umströmung mit Zirkulation, da die Zirkulationsströmung
die durch das letzte Glied in (1.46) modelliert wird, keine radiale Geschwindigkeit an
der Zylinderoberfläche induziert.
Für die Komponenten der Radial- und der Umfangsgeschwindigkeit gilt
25
Grundlagen der Potentialströmungen
 r2 

 V 1  02  cos 
 r 
r


(1.48)
 r2 
1 

 V 1  02  sin  
 r 
r 
2r


(1.49)
ur 
u 
Unmittelbar an der Zylinderoberfläche bei r  r0 ergibt sich
ur  0; u 
Cp 
p  p

1.8
V2
2
1 

 2V sin  
2r0
r 
(1.50)
2
 Г 
Г
 1  (u / V )  (1  4sin )  
sin 
 2
r0V
 2r0V 
2
2
(1.51)
Kräfte auf Zylinder. Paradoxon nach d’Alambert. Theorem
von Joukowski
Die elementare Kraft, die an das Oberflächensegment dS  r0 dS  r0 d  1 wirkt, ist in
Abwesenheit der Schubspannungen gleich dem Produkt der Normalspannung und dS:


dR  ( p  p )ndS
(1.52)
Der hydrostatische Druck wird in (1.52) nicht berücksichtigt. Die Komponenten der
hydrodynamischen Reaktion sind:
dRx  ( p  p ) cos(n, x )dS  ( p  p ) r0 cos d
(1.53)
dR y  ( p  p ) cos(n, y )dS  ( p  p ) r0 sin d .
Führt man den Druckbeiwert in (1.53) ein, ergibt sich
V2
Rx   r0
2
R y   r0
2
 C p cos d ;
0
2

V2
2

C p sin d .
0
26
(1.54)
Grundlagen der Potentialströmungen
Der Druckbeiwert (1.45), der der Zylinderumströmung ohne Zirkulation (1.41)
entspricht, wird in (1.54) eingesetzt und führt zu folgendem Ergebnis:
V2
Rx   r0
2
R y   r0
2
 (1  4sin
0
2

V2
2
 (1  4sin
2
2
) cos d   0
) sin d   0
0

R x  0; R y  0
(1.55)
Das Einsetzen des Druckbeiwertes (1.51) in (1.54) liefert ein anderes Ergebnis für die
zirkulationsbehaftete Strömung (1.46):
V 2
Rx  r0 
2
V 2
R y   r0 
2
2
2
 Г 
Г
 [(1  4sin )   2r0V   2 r0V sin ]cos d   0
0
2
2
2
 Г 
Г
 [(1  4sin )   2r0V   2 r0V sin ]sin d   V Г
0
2

Rx  0; Ry  V 
(1.56)
Die Formeln (1.55) und (1.56) stellen dabei zwei grundlegende Theoreme der
Strömungsmechanik dar. Die Formel (1.55) drückt das so genannte Paradoxon von
d’Alambert aus. Das Paradoxon sagt aus:
Wenn sich ein Körper auf einer geraden Bahn mit konstanter Geschwindigkeit (1) in
einer Flüssigkeit bewegt, die
 Reibungslos (2),
 allseitig ausgedehnt (3) und
 zweidimensional (4)
ist, verschwindet der Widerstand des Körpers.
27
Grundlagen der Potentialströmungen
Wird eine der vier oben genannten Bedingungen nicht erfüllt, entstehen Widerstände
am Körper. Die nachfolgende Tabelle zeigt an, welche Widerstandskomponente bei
der Verletzung der jeweiligen Bedingung auftritt:
verletzte Bedingung
entstehende Widerstandeskomponente
1
hydrodynamische Trägheitskräfte (s. Kapitel 3)
2
reibungsbedingter Widerstand (Reibung+Druck) (s. Kapitel 5)
3
Wellenwiderstand (s. Kapitel 6)
4
induzierter Widerstand (s. Kapitel 5)
Das zweite Ergebnis (1.56) drückt das Theorem von Joukowski aus:
 Bei der Umströmung einer 2D Kontur entsteht ein Auftrieb, der dem Produkt
der Flüssigkeitsdichte , der Anströmgeschwindigkeit V sowie der um die
Kontur entstehenden Zirkulation  gleich ist.
Da
die
Richtung
des
Auftriebs
aus
einer
Drehung
des
Anströmgeschwindigkeitsvektors um 90° entgegen der Zirkulationsrichtung resultiert,
entspricht die positive Zirkulation gegen den Uhrzeigesinn einem negativen Auftrieb.
1.9
1.9.1
Räumliche Potentialströmungen
Parallelanströmung
Das Potential der Parallelanströmung entlang der x-Achse ist
  V x
(1.57)
1.9.2 3D Quelle und Senke
Das Potential einer Quelle oder einer Senke, die sich im Koordinatenursprung
befinden, wird durch die Formel
28
Grundlagen der Potentialströmungen
 ( x, y , z )  
Q 1
Q

4 r
4
1
(1.58)
x2  y 2  z 2
Ausgedrückt, wobei Q die Ergiebigkeit der Quelle ist. Die Quelle induziert nur die
radiale Komponente der Geschwindigkeit
u r ( x, y , z ) 
 ( x, y, z ) Q 1

,
r
4 r 2
(1.59)
die wie u r ( x, y, z ) ~ r 2 weit weg von der Quelle verschwindet. Da die
Geschwindigkeit bei der Annährung zur Quelle einen unendlichen Wert annimmt
u r ( x, y, z ) r
  , stellt die 3D Quelle eine hydrodynamische Singularität dar.
0
1.9.3 3D Quellenschicht
Ähnlich wie im 2D Fall kann man die räumliche Quellenschicht mit dem Potential
 ( x, y,z ) 
1
4

s
q(  , , )
( x   )2  ( y   )2  ( z   )2
dS
(1.60)
betrachten. Die räumliche Quellenschicht hat dabei die gleichen Eigenschaften, wie
die zweidimensionale Quellenschicht:
 
 
(, , ) 
(, , )  q(, , ),
n
n
 
 
(, , ) 
(, , )  0.


(1.61)
1.9.4 3D Dipol
Der 3D Dipol ergibt sich durch die Superposition einer Quelle und einer Senke.
Befindet sich die Quelle im Punkt (-x, 0, 0) während die Senke im Punkt (+x, 0, 0)
liegt, wird der Limes berechnet
  lim
2 x 0
 Q2x 
4


 1 
lim 

2 x 0  2x



1
 x  x2 
29




 r2
 x  x 2  r 2  

1
Grundlagen der Potentialströmungen
unter der Bedingung lim (Q 2x)  M  konst.
2 x 0
  lim
2 x 0
 Q 2x 
4


 1 
lim 
2 x 0  2x 


Nach Bestimmung der Ableitung

M
4

M 






 x  x 2  r 2  x  x 2  r 2   4 x
1
1
1

2
x x  r 2


x2  r 2
ergibt sich das Potential des 3D Dipols:
x
x2  r 2
1
32
.
(1.62)
Die Richtung des Dipols ist von der Senke zur Quelle. In diesem Fall gegen Richtung
der x-Achse.
Übungen
1. Berechnen Sie die Stromlinien der ebenen Strömung mit dem komplexen Potential
w  z2 !
2. Bei welcher Geschwindigkeit erscheint die Kavitation am Zylinder mit dem Radius
Dampfdruck
1m. Der atmosphärische Druck ist
pa = 1,015105 Pa,
pv.p. = 1500 Pа?
3. Berechnen Sie das Potential der Kugelumströmung! Setzen Sie dieses Potential aus
dem Potential der Parallelanströmung und dem Potential des 3D Dipols zusammen.
4. Ein Punktwirbel mit der Zirkulation  befindet sich auf der Höhe h in Bodennähe.
In welche Richtung und mit welcher Geschwindigkeit bewegt sich der Wirbel?
5. Wie in der Propellertheorie gezeigt wird, wirkt sich der Nachstrom positiv auf den
Schub des Propellers aus. Die Strömung wird im Nachstrom nach dem Schiff
durch zähigkeitsbedingte und potentiale Effekte verlangsamt. Welche
Anordnungen des Propellers an der Kugel sind günstig bezüglich der Wirkung des
potentialen Teils des Nachstroms: vor der Kugel neben dem Staupunkt, nach der
Kugel neben dem Staupunkt, abseits weit von der Kugel, weit nach der Kugel?
30
Potentialumströmung der Körper
2. Potentialumströmung der Körper
2.1
Potentialumströmung eines schlanken symmetrischen
Körpers ohne Anstellwinkel
Die Potentialumströmung eines schlanken symmetrischen Körpers ohne Anstellwinkel
ist bei der Berechnung des Verdrängungseinflusses der Flügel von Bedeutung. Der
Körper heißt schlank, wenn das Verhältnis der Länge L zur Dicke D groß ist (L/D>9).
Betrachtet wird ein schlanker Körper mit großer Spannweite. Das kann zum Beispiel
ein Flügel mit einem symmetrischen Profil sein. Die Oberfläche der oberen Seite So
wird als yo  f ( x, z ) definiert, während die untere Seite Su , yu   f ( x, z ) (Abb. 2.1) ist.
Abbildung 2.1: Umströmung eines schlanken symmetrischen Körpers ohne
Anstellwinkel
Bei der Betrachtung zweier symmetrischer Punkte A und B, an der oberen und unteren
Oberflächenseite, sind die folgenden Geschwindigkeitsrelationen gültig:
Vo sin   Vu sin  ,
(2.1)
Vo cos   Vu cos  .
Aus der Undurchlässigkeitsbedingung folgt:
uoy
uox

V sin 
Vo sin 
f u
f
 tan   , uy  o
  tan   
Vo cos 
x uux Vo cos 
x
Die Geschwindigkeit entlang der x-Achse kann
Anströmgeschwindigkeit V und der Störgeschwindigkeit u xs
u x  V  u xs
dargestellt werden, wobei für schlanke Körper u xS  V gilt.
31
als
(2.2)
Summe
der
(2.3)
Potentialumströmung der Körper
Setzt man (2.3) in (2.2) ein, ergibt sich
uoy  (V  u xs )
Da die Ableitung
f
f
f
f
f
f
, uuy  (V  u xs )
 V
 u xs
 V
 u xs
.
x
x
x
x
x
x
(2.4)
f
für schlanke Körper klein ist, reduzieren sich die Gleichungen
x
(2.4) zu
uoy  (V  u xs )
f
f
f
f
 V , uuy  (V  u xs )
 V .
x
x
x
x
(2.5)
Da der Körper schlank ist, wird die Undurchlässigkeitsbedingung nicht auf den
aktuellen Oberflächen So und Su , sondern auf der Mittelebene S erfüllt. Diese
Vereinfachung des Problems ist leicht nachzuweisen:
 
an der Oberfläche eines schlanken Körpers,

n y


 2

( x, y , z ) 
( x, 0, z )  yo ,u 2 ( x, 0, z )  ... 
( x, 0, z )
y
y
y
y



( x, y , z ) 
( x, 0, z )
n
y
Hier ist  das Störpotential. Damit ist die Undurchlässigkeitsbedingung an der oberen
Seite

f
( x, 0, z )  uoy  V
y
x
(2.6)

f
( x, 0, z )  uuy  V
y
x
(2.7)
und an der unteren Seite
Also ändert sich die normale Komponente der induzierten Geschwindigkeit beim
Übergang durch die Fläche S. Laut der ersten Bedingung (1.61), werden die
Bedingungen (2.6) und (2.7) erfüllt, wenn eine Quellenschicht mit der Stärke
32
Potentialumströmung der Körper
q ( x, y , z ) 
 
 
f
f
f
 (V )  2V
( x, 0, z ) 
( x, 0, z )  V
y
y
x
x
x
(2.8)
auf der Fläche S verteilt wird.
Damit lautet die Lösung (s. Formel (1.60))
 ( x, y,z ) 
V
2
f
  (  , )
s
1
( x   )  y 2  ( z   )2
2
dS .
(2.9)
Das gesamte Potential ist
 ( x, y,z )  V x 
V
2
f
  (  , )
s
1
( x   )  y 2  ( z   )2
2
dS .
(2.10)
Es ist zu bemerken, dass die benutzte Annahme u xS  V nicht allgemein gültig ist.
Sowohl im Bug- als auch im Heckbereich ist die Störgeschwindigkeit mit der
Anströmgeschwindigkeit vergleichbar u xs  V . Dennoch kann dieser Nachteil der
vorliegenden Analyse in der ersten Nährung vernachlässigt werden.
2.2
Umströmung beliebiger Körper
Für die Berechnung der potentialen zirkulationsfreien Umströmung eines beliebigen
Körpers wird die einfache 3D Quellenschicht (s. Kapitel 1.9.3) verwendet. Die
Oberfläche des Körpers S (des Schiffes) wird mit Quellen, unbekannter Stärke
q(, , )dS (Abb. 2.2) belegt.
Die gesamte Ergiebigkeit der Quellen und Senken soll Null sein.
 q( , ,  )dS  0
(2.11)
S
Das heißt, dass sich Senken und Quellen einander vollkommen kompensieren. Die
Bedingung (2.11) sagt aus, dass bei der Umströmung eines Körpers keine zusätzliche
Flüssigkeitsmenge entsteht.
33
Potentialumströmung der Körper
Abbildung 2.2: Zur Herleitung der Integralgleichung (2.16)
Die elementare Fläche dS mit dem Zentrum im Punkt M verursacht das Störpotential
im Punkt N(x, y, z) außerhalb des Körpers
1 q(, , )dS
4
RMN



2
2
2
  x      y     z    
  
RMN
(2.12)
Das gesamte Störpotential, von der gesamten Quellenschicht gelagert an der
Körperoberfläche, ergibt sich durch die Integration über die gesamte Körperoberfläche
S:
     
S
1 q( , ,  )dS
4 S
RMN
(2.13)
Das Gesamtpotential ist die Summe des Potentials der Parallelanströmung und des
Störpotentials der Quellenschicht:
  V x 
1
4

S
q( , ,  )dS
RMN
(2.14)
Dieses Potential genügt der Laplace‘schen Gleichung und der Bedingung
 
V x .
Die einzige unerfüllte Bedingung, in der mathematischen
r 
Formulierung
des
Problems
der
Potentialumströmung,
ist
die
Undurchlässigkeitsbedingung an der Körperoberfläche. Diese wird benutzt, um die
unbekannte Quellenstärke q(, , ) zu finden. Im Folgenden wird die Ableitung des
Potentials , nach der Normalrichtung im Punkt M(x, y, z) an der Körperoberfläche,
bestimmt:
34
Potentialumströmung der Körper
  1

x 1
q( , ,  ) 
 V


n
n 4 S
n  RMN

cos(n, RMN )
1
dS  V cos(n, x) 
q
dS (2.15)
2

4 S
RMN

Laut der Undurchlässigkeitsbedingung verschwindet die normale Geschwindigkeitskomponente an der Körperoberfläche:

n
S
0.
Das Integral (2.15) ist singulär, weil der Integrand bei RMN  0 unendlich groß ist. Um
diese Singularität zu eliminieren wird M mit einer Halbkugel S, mit dem Radius ,
umfasst. Die Integration in (2.15) erfolgt dann über die Oberfläche S und die
Halbkugeloberfläche S ohne ausgenommenen Teil um die Singularitätsstelle. Im
Grenzfall   0 ergibt sich das Integral

S
 lim
0

S  S
 lim
0

S
Das zweite Integral über die Oberfläche der Halbkugel wird berechnet, indem
folgenden Relationen RMN   , cos(n, r )  1, dS   ² d (hier ist  der Raumwinkel)
an der Kugeloberfläche in Betracht gezogen werden. Es ergibt sich daraus

0
lim
S
q cos  n,  

2
 2 d   2q . Im Grenzfall   0 nimmt q den Wert im Punkt M an.
Damit wird die Undurchlässigkeitsbedingung in M in der folgenden Form geschrieben:
V cos(n, x) 
cos(n, RMN )
q
1
q
dS   0 ,
2

4 S
2
RMN
(2.16)
Gleichung (2.16) heißt Fredholm‘sche Integralgleichung2 der zweiten Art. Sie dient
zur Ermittlung der unbekannten Ergiebigkeit der Quellen q(, , ). Hierbei wird das
Integral als „value principal“ Integral3 betrachtet, das heißt dass der lokale Beitrag der
 
Quellen, die in der kleinen Umgebung neben dem Punkt N r  rN   liegen, bei der
Berechnung des Integrals in dem Punkt N nicht berücksichtigt wird. Dieser Beitrag
wird extra durch den dritten Summanden in der Formel (2.16) berücksichtigt.
2
3
Siehe de.wikipedia.org/wiki/Integralgleichung
Siehe mathworld.wolfram.com/CauchyPrincipalValue.html
35
Potentialumströmung der Körper
Die Integralgleichung (2.16) wird mit Hilfe der Paneelmethode gelöst. Diese basiert
auf zwei Diskretisierungsschritten. Im ersten Schritt wird die Körperoberfläche
diskretisiert. Die Oberfläche des Körpers wird durch eine Menge von Paneelen Sk
ersetzt, wobei k=1, m die Paneelnummer und m die Anzahl aller Paneele ist (Abb.
2.3). Als Paneele können flache, parabolische oder geometrisch kompliziertere
Flächensegmente benutzt werden. Im zweiten Schritt wird Gleichung (2.16)
diskretisiert. Die Verteilung der Quellenstärke innerhalb jedes Paneels wird
vorgegeben. Sie kann konstant, linear oder parabolisch sein. Es wird weiter nur den
Fall der konstanten Quellenverteilung innerhalb eines Paneels betrachtet. Die
Integralgleichung wird in speziell ausgewählten Aufnahmepunkten, in den
geometrischen Paneelzentren, erfüllt. Für die konstante Verteilung der Quellenstärke
nimmt die Integralgleichung (2.16) folgende diskretisierte Form an
qi  2V cos( ni , x ) 
1
2
m
q
k 1
i k
k
cos( ni , Rik )
Sk ,
Rik2
(2.17)
wobei Rik der Abstand zwischen den Paneelzentren i und k ist und ni der
Normalenvektor im Paneelzentrum i ist. Die Summe in (2.17) wird unter Bedingung
i  k berechnet. In diesem Fall werden Rik  0 und der hydrodynamische Einfluss des
Paneels auf sich selbst (d.h. die normale Komponente der Geschwindigkeit, die vom
Paneel im eigenen Paneelzentrum induziert wird) nur durch das Glied qi / 2
berücksichtigt. Dadurch konvergiert die Summe in (2.17) bei m   zum value
principal Integral.
Die diskretisierte Undurchlässigkeitsbedingung wird in jedem Paneelzentrum erfüllt.
Damit ergibt sich ein System m linearer Gleichungen mit m unbekannten
Quellenstärken qi, i=1,m, dass numerisch gelöst wird. In der Mathematik wurde
nachgewiesen, dass die numerische Lösung im Grenzfall m   zur exakten Lösung
der Fredholm‘schen Gleichung konvergiert. Die Anzahl der Paneele in praktischen
Berechnungen beträgt einige Tausend. Dabei soll das Paneelnetz in Bereichen der
Körperoberfläche mit starken Änderungen der Geschwindigkeit im Bug- und
Heckbereich besonders fein sein.

Ist das Potential bekannt, berechnet man die Geschwindigkeiten u und die
Druckverteilung C p aus den schon bekannten Formeln:

u  
Cp  1 
36

u
2
V2
Potentialumströmung der Körper
Damit ist das Problem der Potentialumströmung eines beliebigen Körpers vollständig
gelöst.
Abbildung 2.3: Paneelnetz eines Schiffes (G.Knieling, Uni Rostock)
Übungen und Fragen
1. Genügt das Potential (2.14) der Laplace‘schen Gleichung und warum?
2. Genügt das Potential (2.14) der Bedingung  
V x und warum?
r 
3. Der mit der Paneelmethode §2.2 berechnete Druckbeiwert C p wird über die
Körperoberfläche

 C ndS
p
integriert. Wie groß ist das Integral und warum?
S
4. Können der Auftrieb und der Widerstand mit der Paneelmethode §2.2
bestimmt werden? Begründen Sie Ihre Antwort!
5. Entwickeln Sie ein Programm und berechnen Sie die Geschwindigkeits- und die
Druckverteilung am schlanken symmetrischen Körper x  [0,1], z  [0,1] mit der
Verteilung der Halbdicke y  f ( x, z )  0.05 x(1  x) .
37
Potentialumströmung der Körper
38
Hydrodynamische Trägheitskräfte
3. Hydrodynamische Trägheitskräfte
Hydrodynamische Masse
3.1
Betrachten wir die Bewegung eines Körpers mit veränderlicher Geschwindigkeit V0(t)
entlang der x-Achse in allseitig ausgedehnter, reibungsfreier Flüssigkeit. Die
kinetische Energie der Flüssigkeit wird durch Integration des Quadrats der
Störgeschwindigkeit multipliziert, mit der Dichte  und dem Faktor ½ über das ganze
Flüssigkeitsvolumen W berechnet:
TFl 

W
u 2
dW
2
(3.1)
Das Integral (3.1) existiert und hat einen endlichen Wert, da die Störgeschwindigkeit
2
V 

 0 . Erweitert man (3.1) mit  0  , ergibt
weit vom Körper schnell abklingt u 
r 
 V0 
sich:

 u
V2
TFl  0   
2  W  V0
 
2


 dW  .




Der Ausdruck in Klammern hat die Einheit [kg] und wird hydrodynamische Masse
genannt, die der Bewegung in x-Richtung entspricht:
 u
mx    

W  V0
2

 dW


(3.2)
Damit kann die kinetische Energie der gestörten Strömung durch die hydrodynamische
Masse ausgedrückt werden:
TFl 
mxV02
2
(3.3)
Aus (3.3) folgt die folgende Definition der hydrodynamischen Masse:
 Die hydrodynamische Masse ist die virtuelle Masse, deren kinetische Energie
bei der Bewegung mit der Körpergeschwindigkeit V0(t), gleich der kinetischen
Energie der umgebenden Flüssigkeit ist.
39
Hydrodynamische Trägheitskräfte
Bei der Betrachtung eines mechanischen Systems Körper-Flüssigkeit übt der Körper
eine Kraft Rxh auf die Flüssigkeit aus. Sie kann aus dem Momentumsatz bestimmt
werden.
Die Leistung in der Flüssigkeit dTFl / dt ist gleich der in der Sekunde geleisteten
Arbeit der angreifenden äußeren Kräfte auf die Flüssigkeit, d.h.:
dTFl / dt  Rxh  V0 
Rxh 
1 dTFl
V0 dt
(3.4)
Nach dem dritten Gesetz von Newton entspricht die Kraft, die vom Körper auf die
Flüssigkeit wirkt, genau der Kraft, die die Flüssigkeit auf den Körper ausübt, nur mit
entgegen gesetzten Vorzeichen:
Rxhk   Rxh  
dV
1 dTFl
  mx 0
V0 dt
dt
(3.5)
Bei der Bewegung des Körpers mit veränderlicher Geschwindigkeit wirkt die Kraft der
Flüssigkeit auf den Körper, die dem Produkt der Beschleunigung mit der
hydrodynamischen Masse gleich ist. Sie gehört zu den hydrodynamischen
Trägheitskräften, da sie der Beschleunigung proportional ist.
Die Gleichung der Körperbewegung mit veränderlicher Geschwindigkeit entlang der
x-Achse wird nach dem zweiten Gesetz von Newton in der folgenden Form
geschrieben:
m
dV0
dV
 T  W  Rxhk  T  W  mx 0
dt
dt
(3.6)
wobei m die Körpermasse, T der Schub und W der Widerstand ist. Die
hydrodynamische Masse mx ist positiv. Ist die Beschleunigung positiv
entsteht Trägheitswiderstand. Ist die Beschleunigung negativ
dV0
 0,
dt
dV0
 0 , entsteht
dt
Trägheitsschub. In beiden Fällen spricht man von einem Beschleunigungswiderstand.
dV0
Wird das Glied mx
in (3.6) auf der linken Seite geschrieben, bekommt man den
dt
Ausdruck
40
Hydrodynamische Trägheitskräfte
( m  mx )
dV0
 T W .
dt
(3.7)
Das erklärt, warum die hydrodynamische Masse in einigen Sprachen auch als „die
gebundene…“ oder die „zusätzliche (added) Masse“ bezeichnet wird. Die
Trägheitswirkung der Flüssigkeit führt zu einer scheinbaren Vergrößerung der
Körpermasse auf den Wert mx . Diese Deutung der hydrodynamischen Masse ist nur
für einfache Translationsbewegungen anwendbar.
Die hydrodynamischen Massen haben die folgenden Eigenschaften:
 Sie sind von den Beschleunigungen unabhängig.
 Sie hängen nur von der Körperform, der Flüssigkeitsdichte und der
Bewegungsrichtung ab.
 In der allseitig ausgedehnten Flüssigkeit sind die hydrodynamischen Massen
zeitlich konstant. Wenn eine Strömungsgrenze in Betracht gezogen wird
(z.B. Wasseroberfläche, Meeresboden), können die Massen von der Zeit
abhängig sein.
 Die hydrodynamischen Massen sind variabel für Körper mit veränderlicher
Geometrie.
3.2
Allgemeine hydrodynamische Massen. Kinetische Energie der
Flüssigkeit
Ein Körper mit der Oberfläche S (s. Abb. 3.1) wird betrachtet. Die umgebende
Flüssigkeit befindet sich zwischen der Oberfläche S und der Oberfläche  mit dem
Radius R  x 2  y 2  z 2 , die den Körper S umfasst. Der Fall R   entspricht der
allseitig ausgedehnten Flüssigkeit.
Bei der Ermittlung der hydrodynamischen Trägheitskräfte und der hydrodynamischen
Massen wird im Schiffbau angenommen, dass die Strömung potential ist. Allerdings
ist diese Annahme nicht offensichtlich. Die Erfahrung zeigt aber, dass sie bei der
Lösung technisch wichtiger Probleme relevant ist. Unter Berücksichtigung dieser
Annahme kann Formel (3.1) in folgender Form geschrieben werden:
2
2
2
  
    
  

TFl    
 
 
  dW
(3.8)


y
z
2 W   x 

 


 
41
Hydrodynamische Trägheitskräfte
Abbildung 3.1: Zur Herleitung der Formel für kinetische Energie der Flüssigkeit
Die Quadrate der Potentialableitungen können folgendermaßen dargestellt werden:
2
   
 2
  
       2 ;
x  x 
 x 
x
2
  
   
 2
      2 ;
y  y 
y
 y 
2
   
 2
  




.
 


z  z 
 z 
z 2
Die Summe der Ableitungen ist dann:
2
2
2
  2  2  2 
             
        
.













 


     



 x 2 y 2 z 2  (3.9)
 x   y   z 
 x  x  y  y  z  z  


wobei der letzte Summand auf der rechten Seite der Formel (3.9) laut der
Laplace‘schen Gleichung
 2
x 2

 2
y 2

2
z 2
 0 verschwindet. Damit gilt:
2
2
2
             
        
                    
 x   y   z 
 x  x  y  y  z  z  
42
Hydrodynamische Trägheitskräfte
und
TFl 
             
            dW
 x  x  y  y  z  z  


2 W
(3.10)
Wird weiterhin das Theorem von Gauß4 benutzt, ergibt sich
 




cos( ne ,x )  
cos( ne , y )  
cos( ne ,z )dS 

y
z
2 S   x

(3.11)




  
dS   
dS
2 S ne
2  ne
TFl 



wobei ne , wie in Abb. 3.1 gezeigt wird, der äußere Normalenvektor zu den
Oberflächen S und  ist.
Nach der Definition gilt:
 



 ne  
cos(ne , x) 
cos(ne , y ) 
cos(ne , z ).
ne
x
y
z
Beim analysieren des ersten Summanden in (3.11) wird auf die in Abschnitt 2.2
gezeigte Darstellung eines Körpers als eine Menge von Quellen und Senken
zurückgegriffen. Dabei ist die gesamte Ergiebigkeit der Quellen und Senken gleich.
Die Quellen befinden sich zumeist im Bugbereich, indem die Dicke des Körpers in
Längsrichtung zunimmt, während sich die Senken im Heckbereich befinden, wo die
Dicke des Körpers abnimmt. Ein Beobachter, der aus großer Entfernung den Körper in
der Strömung wahrnimmt, sieht nebeneinander liegende Quellen und Senken bei
größer werdender Entfernung R   als einen Dipol (Abschnitt 1.9.4). Eine genaue
Analyse zeigt, dass die Strömung in großen Entfernungen vom Körper als
Superposition (Dipol oder Multipole verschiedener Ordnung) dargestellt werden kann:


A
 Rkk
k 2
.
Die Normalen Ableitung ist damit:
4
p
q
r
 [ x  y  z ]dW   [ p cos( nx )  q cos( ny )  r cos( nz )]dS
W
S
43
(3.12)
Hydrodynamische Trägheitskräfte

kA
 

   k k1
ne R
k 2 R
(3.13)
Die Oberfläche  ist dem Quadrat des Radius R proportional. Das Störpotential und
die normale Komponente der Störgeschwindigkeit klingen in der Unendlichkeit
entsprechend als R 2 und R 3 ab. Daraus folgt, dass das Integral
1 1

  dS ~  2 3 R² d bei R   verschwindet. Damit gilt:

ne

R R
TFl 





dS     dS ,

2 S ne
2 S n
(3.14)


wobei berücksichtigt wurde, dass ne  n .
Im Fall der allgemeinen Körperbewegung mit 6 Freiheitsgraden kann die
Undurchlässigkeitsbedingung im Punkt A(x,y,z) des Körpers in folgender Form
geschrieben werden:

n
 Vnk  (V0   0  R)n ,
(3.15)
S
wobei Vnk die normale Komponente der Geschwindigkeit des Punktes A ist. Mit Hilfe
  
    
 
V0  n  0  R  n  V0  n   0  n   R


kann (3.15) in der folgenden Form geschrieben werden:

n
 V0 x cos(n, x)  V0 y cos(n, y)  V0 z cos(n, z) 
S
 0 x  y cos(n, z)  z cos(n, y)  0 y z cos(n, x)  x cos(n, z)  0 z x cos(n, y)  y cos(n, x)
(3.16)
Vox ,Voy und Voz sowie 0 x ,0 y und 0 z die Komponenten der Geschwindigkeit und der

Winkelgeschwindigkeit
sind.
Das
Störpotential
soll
der
Undurchlässigkeitsbedingung (3.15), der Laplace‘schen Gleichung und der Bedingung
 
 0 genügen. Wie in Abschnitt 1.2 bereits betont wurde, ist die Laplace‘sche
R 
Gleichung und die Randbedingungen (3.15) und  
 0 linear. Das ermöglicht
R 
die Anwendung des Superpositionsprinzips (1.12). Gesucht wird das Potential in der
Form:
44
Hydrodynamische Trägheitskräfte
  V0 x  1  V0 y  2  V0 z  3   0 x  4   0 y  5   0 z  6
(3.17)
wobei i die so genannten Ansatzfunktionen sind. Sie hängen nur von den
Koordinaten, in denen das Potential berechnet wird, und von der Körperform ab. Sie
sind von der Zeit unabhängig. Setzt man (3.17) in (3.16) ein, ergibt sich







 V0 x 1  V0 y 2  V0 z 3  0 x 4  0 y 5  0 z 6
n
n
n
n
n
n
n


1


 cos(n, x); 2  cos(n, y ); 3  cos( n, z ); 
n
n
n

4

 y cos(n, z )  z cos( n, y );

n

5

 z cos( n, x)  x cos(n, z );

n

6

 x cos(n, y )  y cos(n, x).

n
(3.18)
Jede Funktion erfüllt die Laplace‘sche Gleichung i = 0, die Randbedingung i  0
bei R   sowie die Undurchlässigkeitsbedingung in der entsprechenden Form
(3.18).
Führt man die Bezeichnungen V1  V0 x , V2  V0 y , V3  V0 z , V4  0 x , V5  0 y , V6  0 z
ein, kann das Störpotential  der allgemeinen Körperbewegung folgendermaßen
geschrieben werden:
6
6
i 1
i 1
( x, y, z , t )   Vi (t )i ( x, y, z )   Vi i .
(3.19)
Setzt man (3.19) in (3.14) ein, ergibt sich folgender Ausdruck für die kinetische
Energie der Flüssigkeit bei beliebigen Körperbewegungen:
6
k

  Vk
n k 1
n
TFl  

2

S
6
6
i 1
k 1
 Vii  Vk


 k

1 6 6
dS   ViVk      i k dS  .
2 i 1 k 1
n
n
S


Der Ausdruck in Klammern
45
(3.20)
Hydrodynamische Trägheitskräfte
mik      i
S
 k
dS
n
(3.21)
heißt allgemeine hydrodynamische Masse. Damit gilt
1 6 6
TFl    ViVk mik
2 i 1 k 1
(3.22)
Diese Formel ist ähnlich der aus der technischen Mechanik bekannten Formel für die
kinetische Energie des Körpers. Anstelle der Masse, der statischen und
Deviationsmomente treten die hydrodynamischen Massen auf. Insgesamt hat man 36
hydrodynamische Massen.
m11 m12
m21 m22
m13
m23
m14
m24
m15
m25
m16
m26
m31
m32
m33
m34
m35
m36
m41 m42
m51 m52
m43
m53
m44
m54
m45
m55
m46
m56
m61
m63
m64
m65
m66
m62
In der allseitig ausgedehnten Flüssigkeit reduziert sich
hydrodynamischen Massen zu 21, da die Symmetriebedingungen
 k
 i
S  i n dS  S  k n dS
(3.23)
die
Anzahl
der
(3.24)
oder
mik = mki
(3.25)
in diesem Fall gültig sind. Die Gleichung (3.24) ist leicht mit der Formel von Green
  
i
k
  k  i dW 
W
  k
 i 
dS
  i
 k
ne
ne 
S  

(3.26)
nachzuweisen. Da die Ansatzfunktionen i and k der Laplace‘schen Gleichung
i = 0 genügen, gilt
  k
 i 
  i
dS  0
 k


n

n
e
e


S 
46
Hydrodynamische Trägheitskräfte
Da das Integral über die Fläche  bei R   verschwindet, ergibt sich:

 
S
i
 k

 k i
ne
ne

 
dS  0     k i
ne

S

 
dS     i k
ne

S

dS

(3.27)
Demnach sieht die Matrix (3.23) für allseitig ausgedehnte Flüssigkeiten wie folgt aus:
3.3
m11
m12
m12
m22
m13
m23
m14
m24
m15
m25
m16
m26
m13
m23
m33
m34
m35
m36
m14
m15
m24
m25
m34
m35
m44
m45
m45
m55
m46
m56
m16
m26
m36
m46
m56
m66
(3.28)
Verwendung der hydrodynamischen Massen bei der
Bewegungsberechnung eines Schiffes
Die allgemeinen Bewegungsgleichungen des Schiffes werden in Schiffstheorie II
hergeleitet. Sie werden hier vorgestellt, um die Bedeutung der hydrodynamischen
Massen für die Schiffstheorie zu zeigen. Die Gleichungen der Schiffsbewegung
werden aus dem Impuls- und dem Drehimpulssatz hergeleitet.
Sie können für das körperfeste Bezugsystem in folgender Form geschrieben werden:
d
dt
d
dt
wobei
   
P  P  F,
     
D V  P    D  M ,
 T  T  T 
P
i
j
k,
Vx
Vy
Vz
 T  T  T 
D
i
j
k
 x
 y
 z
(3.29)
(3.30)
der Impuls sowie der Drehimpuls des Systems, Körper-Flüssigkeit, sind. T ist die
kinetische Energie des Systems Körper-Flüssigkeit ist, d.h.
T  TFl  Tk .
47
(3.31)
Hydrodynamische Trägheitskräfte
Auf der rechten Seite stehen die am Schiff angreifenden äußeren Kräfte und Momente.
Setzt man (3.30) und (3.31) in (3.29) ein, ergibt sich:
d
dt
d
dt
Tk  Tk  d TFl  TFl
    F 
    ,
dt V
V
V
V


Tk
Tk  Tk
d TFl  TFl  TFl
 V       M 
 V       ,


dt 

V
V
Die auf der rechten Seite stehenden Kräfte
MH  
d TFl  TFl  TFl
 V      

dt 
V
(3.32)

d TFl  TFl
     und Momente
FH  
dt V
V
heißen hydrodynamische Trägheitskräfte bzw.
Trägheitsmomente. Sie werden aus der kinetischen Energie der Flüssigkeit (3.22)
berechnet, die ihrerseits durch die hydrodynamischen Massen (3.21) ausgedrückt
werden. Also spielen die hydrodynamischen Massen eine wichtige Rolle bei
Berechnung der Schiffsbewegung.
Als Beispiel betrachten wir die Bewegung eines Schiffes in der XOY- Ebene ohne
Drehung. Da V0 z   0 x   0 y   0 z  0 ist, wird die kinetische Energie des Schiffes in
folgender einfachen Form geschrieben
2
TFl  Vox
m11
2 m22
 Voy
.
2
2
(3.33)
Führt man den Schiebewinkel β, d.h. V0 x  V0 cos  , V0 y  V0 sin  ein, ergeben sich
folgende Ausdrücke für die Trägheitskräfte und Momente:
FHx  0; FHy  0;
M Hz
Das Moment M Hz 



V02
V02

 m22  m11  2sin  cos    m22  m11  sin 2

2
2
(3.34)
V02
V02
sin
2
m

m


 22 11 
 m22  sin 2 heißt „instabiles“ Moment von
2
2
Munk. Wie leicht bei kleinen Schiebewinkeln zu sehen ist, neigt es dazu die
Schiebewinkel zu vergrößern:
M z  
dM Hz
 V02  m22  cos 2  0
d
48
Übungen
3.4
Ermittlung der hydrodynamischen Massen
Die Basis für die Ermittlung der hydrodynamischen Massen ist die Formel (3.21). Für
ihre Anwendung braucht man die Ansatzfunktionen, die aus der Potentiallösung
gefunden werden können. Eine allgemeine Methode zur Berechnung der
Ansatzfunktionen wurde in Abschnitt 2.2 beschrieben. Dabei soll lediglich das Glied
2V cos(ni , x) durch entsprechende Ausdrücke ersetzt werden, deren Form aus der
Formel (3.18) zu finden ist. Beispielsweise ist das Glied 2V cos(ni , x) , bei der
Ermittlung der Ansatzfunktion 3 , durch den Ausdruck 2 cos(ni , z ) zu ersetzen.
In einigen Fällen sind analytische Lösungen möglich. Zum Beispiel gelten die
folgenden analytischen Formeln für den elliptischen Zylinder mit Halbachsen a und b
(a>b):
m x  m1 1    b 2 ; m y  m 2 2    a 2 ; m   m 6 6 


a2  b2
8

2
.
(3.35)
Setzt man b = 0 in (3.35) ein, ergeben sich die hydrodynamischen Massen der Platte
mit der Breite 2a. Ein weiteres Beispiel, das im Schiffbau oft verwendet wird, ist ein
Rotationsellipsoid. Die analytischen Ausdrücke für die hydrodynamischen Massen der
Rotationsellipsoide sind sehr kompliziert, so dass die Ergebnisse hier nur in grafischer
Form (s. Abb. 3.2) dargestellt werden.
Übungen
1. Berechnen Sie die hydrodynamischen Massen des Kreiszylinders!
2. Berechnen Sie die Einheiten der hydrodynamischen Massen!
3. Der Körper hat zwei Symmetrieebenen, z.B. XOZ und XOY (Doppelschiff).
Welche hydrodynamischen Massen hat solcher Körper?
4. Das Schiff wird in der Steuerbarkeit als ein Doppelkörper modelliert. Es wird
die Bewegung nur in der Ebene XOY betrachtet. Welche hydrodynamischen
Massen treten in der Steuerbarkeit auf?
49
Übungen
Abbildung 3.2: Dimensionslose hydrodynamische Massen der Rotationsellipsoiden
(entnommen von [2]).
50
Wirbelbehaftete Strömungen
4. Wirbelbehaftete Strömungen
4.1
Wirbellinie, Wirbelrohr und Zirkulation
Eine Strömung heißt wirbelbehaftet, wenn der Wirbelvektor in einigen Punkten dieser

Strömung ungleich Null ist   0 . Nach der Definition ist der Wirbelvektor:

i

j



 

  i  x  j  y  k z    u 
x
ux

y
uy

k

z ,
uz
(4.1)
     
 j k
der Operator von Hamilton Nabla ist. Die Wirbellinie ist
x
y
z
wobei   i
die Linie, der der Wirbelvektor in jedem Punkt tangential ist
 
 dr  0;
dx dy dz


x  y z ,
(4.2)

Wobei dr das Vektorelement der Wirbellinie ist. Eine Menge von Wirbellinien, die
sich auf eine geschlossene Kurve C stützen, heißt Wirbelrohr.
Abbildung 4.1: Wirbelrohr
Die
Intensität
 
 
J     ndS   (   u )  ndS
S
gehört,
wie
seine
Zirkulation
S
   ud r   u dl   u x dx  u y dy  u z dz , zu den wichtigsten kinematischen Größen
C
C
C
des Wirbelrohres.
51
Wirbelbehaftete Strömungen
Nach dem Theorem von Stokes wird die Zirkulation des Wirbelrohres durch seine
Intensität ausgedrückt:
 u
u y
 
J   rotu  n dS    z 
z
S
S 
 y

 u
u
u 
 u
 cos( n, x)   x  z  cos( n, y )   y  x
x 
y
 z

 x

u
x


 cos( n, z )dS 


dx  u y dy  u z dz
L

 
Г     ndS  J 
S
 
 rotu  ndS
(4.3)
S
Die Einheit der Zirkulation ist  = S =[m2/s]. Meistens wird ein elementares
Wirbelrohr oder ein Wirbelfaden (dS  0) dJ    lim n dS  const betrachtet. Die
S 0
Wirbelintensität im Faden ist unendlich (  ). Wenn die Strömung außerhalb des
Wirbelrohres keine Wirbel enthält, ist die Zirkulation entlang jeder geschlossenen
Kurve, die zu einem Punkt zusammengezogen werden kann ohne das Wirbelrohr zu
durchkreuzen, gleich Null. Die potentielle Strömung, die eine Kontur enthält, entlang
derer die Zirkulation nicht Null ist, heißt zirkulationsbehaftet. Falls außerhalb des


Wirbelrohres keine Wirbel vorhanden sind    rotu  0  , ist die Zirkulation entlang
der Konturen C1 und C gleich. Der Wirbelvektor ist solenoidal (quellenfrei).
u y    u x u z    u y u x 
   u
div rotu   z 

 


0
x  y
z  y  z
x  z  x
y 
(4.4)
Nach dem Theorem von Helmholtz ist die Zirkulation des Wirbelrohres in der
reibungslosen Strömung konstant.
In der Flügel- und Propellertheorie wird die Strömung außerhalb der Flügel, der


Propellerblätter und der Wirbelschleppe als potentiell betrachtet, d.h.    rotu  0 
außerhalb des Blattes und der Wirbelschleppe. Die Zirkulation entlang der Konturen,
die die Flügel, das Propellerblatt und die Wirbelschleppe durchkreuzen, ist nicht Null.
Also wird die Strömung in der Flügeltheorie und der Propellertheorie als
zirkulationsbehaftet behandelt.
4.2
Induzierte Geschwindigkeiten
Nach dem Gesetz von Biot-Savart induziert jedes Wirbelgebilde mit dem Volumen V
die Geschwindigkeit
52
Wirbelbehaftete Strömungen
  
1  ( x  r ) 
 
u( x ) 
dr
4 V x  r 3
(4.5)
Für eine durch ein elementares Wirbelrohr (oder Wirbellinie) induzierte
Geschwindigkeit lautet Formel (4.5):

 
u (x)  
4

 
( x  r )  dl

l x  r 3 dl (r ) ,
(4.6)

wobei l die Rohrlänge und dl der Vektor der Tangente zum Rohr sind.
Abbildung 4.2: Zur Formel für die vom Wirbelabschnitt BC im Punkt A induzierte
Geschwindigkeit
Ein gerader Wirbelabschnitt induziert die Geschwindigkeit im Punkt A, die in drei
verschiedenen, aber äquivalenten Formen geschrieben werden kann


    1  2   
u
    e 
4   1  2  
 
e  1
  2,
e  1
(4.7a)
1
1
 1  
  

u
(e  1 ) sign(e  2 )   
   
  ,

4
 ( e  2   2 )  2 ((e 1 ) sign(e  2 )  1 1 
(4.7b)

1
1
 1  
  
u
(e  1 ) sign(e 1 )   
   
  .

4
 ( e 1  1 ) 1 ((e  2 ) sign(e 1 )   2  2 
(4.7c)
Werden die Punkte B und C entlang des Abschnittes in die Unendlichkeit verschoben

 




1  2   
   e   2,
1  2  
53
Wirbelbehaftete Strömungen
ergibt sich die bekannte Formel für einen 2D Punktwirbel (Kapitel 1.5.3)


u 
.
2 h
Durch die direkte Berechnung kann man zeigen, dass die von einem 2D Punktwirbel
induzierte Strömung überall außerhalb des Punktwirbels potential ist. Genauso
potential ist auch die Strömung, die von einem geschlossenen elementaren
3D Wirbelrohr induziert wird. Sowohl der Punktwirbel im 2D Fall, als auch die Punkte
an der Wirbelrohrachse im 3D Fall sind besonderen Punkte, in denen die Strömung
nicht potential ist.
Bei numerischen Methoden werden die gekrümmten Wirbellinien oft als eine
unendlich große Menge von Wirbelabschnitten dargestellt. Wird der Abstand h,
zwischen dem Aufnahmepunkt und einem Wirbelabschnitt, kleiner, so geht die
Geschwindigkeit gegen Unendlich. Dies bereitet einige Probleme bei den numerischen
Berechnungen. Um die dadurch verursachten numerischen Instabilitätsprobleme zu
überwinden, wird oftmals die „cut-off“ Regel verwendet, nach der ein Wirbelkern hmin
um das Wirbelrohr eingeführt wird. Damit entsteht eine numerische
Sicherheitsummantelung. Für den Fall, dass der minimale Abstand zwischen dem
elementaren Wirbelrohr und dem Aufnahmepunkt größer als ein bestimmter Wert hmin
ist ( h  hmin ) wird die Geschwindigkeit nach dem Gesetz von Bio-Savart berechnet.
Wenn h  hmin wird die induzierte Geschwindigkeit gleich Null gesetzt oder sie ändert
sich linear mit dem Wert hmin bis auf Null (auf der Wirbelrohrachse).
4.3
Wirbelschichten
Der Einfachheit halber betrachten wir zuerst eine 2D Strömung, die von zwei
Strömungen verschiedener Geschwindigkeit gebildet wird. Ist die Zähigkeit Null,
bleibt die Grenze zwischen den Strömungen infinitesimal dünn5. Die Geschwindigkeit
ändert sich sprungartig vom Wert U zum Wert V. Rein kinematisch kann diese
Strömung durch eine dünne Wirbelschicht (s. Kapitel 1.5.6) mit der Intensität
  (U  V ) in der Anströmung V  (U  V ) / 2 nachgebildet werden.
5
Instabilität der Wirbelschicht wird hier vernachlässigt
54
Wirbelbehaftete Strömungen
U

V
Abbildung 4.3: Geschwindigkeitsfeld neben der Wirbelschicht y=0.
Tatsächlich ergibt sich die von einer unendlichen Reihe von 2D Punktwirbeln mit der
Wirbelstärke  dx induzierte Geschwindigkeit wie folgt:

u x ( x, y ) 
2
u x ( x, y )  

yd

 ( x   )2  y 2  (U  V ) / 2  2

2

x


yd

 ( x   )2  y 2  (U  V ) / 2   2
ydx
 (U  V ) / 2  U
 y2
2

x

ydx
 (U  V ) / 2  V
 y2
2
oben,
unten,
u y ( x, y )  0.
Dieses einfache Beispiel zeigt, wie man mit der Hilfe von Wirbelschichten,
Strömungen mit einem Sprung der tangentialen Geschwindigkeit modellieren kann.
Generell, werden Wirbelschichten für Strömungen benutzt, die einen Sprung der
tangentialen Geschwindigkeitskomponente zu einer Fläche erfahren. Ein Beispiel ist
die Umströmung einer infinitesimal dünnen Platte (Abb. 4.4)
Da an der Platte ein Drucksprung entsteht und dieser einen Auftrieb erzeugt, muss die
tangentiale Geschwindigkeit der Platte nach der Bernouli‘schen Gleichung auch einen
Sprung haben u   u   0 . Für den Fall u   u   0 entsteht kein Auftrieb. Die
Wirkung der Platte auf die Anströmung kann durch die Wirkung der an der Platte
gelagerten Wirbelschicht modelliert werden.
Wenn die Wirbelschicht im 3D Fall eine Fläche ist, ist die Wirbelintensität der

Wirbelschicht ein Vektor  . Nach der Definition gilt:




  n  ( u  u ) ,


(4.8)
wobei u und u die Grenzwerte der tangentialen Komponente der Geschwindigkeit

in einem Punkt oberhalb und unterhalb der Wirbelschicht sind. n ist der
Normalenvektor zur Wirbelschicht.
55
Wirbelbehaftete Strömungen
u
-
u+
V
Abbildung 4.4: Sprung der tangentialen Geschwindigkeit an der unter einem
Anstellwinkel umströmten Platte
Abbildung 4.5: Wirbelschicht
Die Wirbelschicht kann als eine Menge von elementaren Wirbelröhren betrachtet
werden, die auf einer gekrümmten Fläche liegen. Jedes Wirbelrohr hat eine lokale

Wirbelstärke  dS . Die Dicke der Wirbelschicht ist Null. Die von der Wirbelschicht
induzierte Geschwindigkeit ist
  
1  ( x  r ) 
 
u( x ) 
dr
4 V x  r 3
(4.9)
Die wichtigsten Eigenschaften der Wirbelschicht sind:

Die normale Komponente der von der Wirbelschicht induzierten
Geschwindigkeit ist an der Wirbelschicht stetig,


un  un

(4.10)
Die tangentiale Komponente der von der Wirbelschicht induzierten
Geschwindigkeit erfährt an der Wirbelschicht einen Sprung,
 


u  u    n
56
(4.11)
Wirbelbehaftete Strömungen

4.4
Die von der Wirbelschicht induzierten Geschwindigkeiten sind überall
außerhalb der Schichtkanten endlich.
Theorem von Joukowski für einen elementaren
Wirbelabschnitt
Abbildung 4.6: Auftriebskraft an einem Wirbelabschnitt
Nach dem Theorem von Joukowski entsteht auf einem elementaren Wirbelabschnitt
die Kraft

 
R  u  dl ,
(4.12a)

wobei u die relative Geschwindigkeit ist, mit der die Strömung den Wirbel
 
umströmt6.  ist die Wirbelzirkulation, dl  AB der Vektor des Wirbels (Abb. 4.6).
Die am Wirbel wirkende Kraft ist in den folgenden zwei Fällen Null:
 
 Der elementare Wirbel liegt auf einer Stromlinie u  dl  0 ,
 Der Wirbel bewegt sich zusammen mit der umgebenden Flüssigkeit so, dass die

Umströmungsgeschwindigkeit Null ist u  0 oder mit anderen Worten, die
Anströmgeschwindigkeit der Fortschrittsgeschwindigkeit des Wirbels gleich ist.
Die Wirbel, an denen keine Kraft entsteht, heißen freie Wirbel. Die Kraft wirkt nach
dem Theorem von Joukowski an einer elementaren Fläche der Wirbelschicht dS:

 
R  (u   )dS
6
(4.12b)
Falls der Wirbel bewegungslos ist, ist u einfach die lokale Strömungsgeschwindigkeit an
der Stelle des Wirbels.
57
Wirbelbehaftete Strömungen
Übungen
1. Berechnen Sie die Wirbelstärke in der Strömung um den Punktwirbel!
2. Berechnen Sie die Wirbelstärke  und die Geschwindigkeitsverteilung
außerhalb und innerhalb eines zweidimensionalen Rankineschen Wirbels mit
der Zirkulation  und dem Radius R! Die Wirbelverteilung wird
const wenn r  R ,
Hier wird r vom
 0 wenn r  R.
folgendermaßen definiert ( r )  
Wirbelzentrum gemessen.
3. Mit welcher Geschwindigkeit gehen die Randwirbel eines Flugzeuges runter?
Der Abstand zwischen den Randwirbeln ist gleich der Flügelspannweite l und
die Zirkulation der Randwirbel ist .
 

4. Es bildet sich eine Wirbelschicht mit den Geschwindigkeiten oben u   i  k
 

und unten u   i  k . Bestimmen Sie die Intensität der Wirbelschicht!
5. Ein Wirbelabschnitt x  0, y  0,z  [ 0.5,0.5 ] wird mit der Geschwindigkeit
  
u  i  k umströmt. Finden Sie die Auftriebskraft am Abschnitt!
6. Berechnen Sie die induzierte Geschwindigkeit eines halbunendlichen
Wirbelstrahls im Punkt O (0, 0, 0) (Abb.4.7)!
y
z

x
O
Abbildung 4.7: Halbunendlicher Wirbelstrahl
58
Flügeltheorie
5. Flügeltheorie
Ein Flügel ist ein Körper, der der Erzeugung einer Auftriebskraft dient. Die Flügel
finden breite Anwendung im Schiffbau. Als Beispiele sind die Flügel der
Tragflügelschiffe (Abb. 5.1), der Bodeneffektfahrzeuge (BEF) (Abb. 5.2), der
Schiffsruder, Schiffschrauben, Gleitschiffe oder die Schlingerkiele zu nennen. In der
Steuerbarkeitstheorie wird das Schiff als ein Flügel mit kleiner Streckung unter einem
Schiebewinkel betrachtet. Zur Erzeugung des maximalen Auftriebs bei minimalem
Widerstand wird den Flügeln eine spezielle Form gegeben.
Abbildung 5.1: Tragflügelschiff Olympia (Russian hydrofoil gallery by K. Matveev,
www.hydrofoils.org)
5.1
Flügelgeometrie
Die Form des Flügels kann rechteckig (Abb. 5.3a), trapezförmig (Abb. 5.3b) oder
elliptisch (Abb. 5.3c) sein. Meistens verwendet man die Flügel mit Vorderkanten- und
Hinterkantenpfeilungen (Abb.5.3d). Der Abstand zwischen den beiden äußersten
Punkten auf der Draufsicht heißt, die Flügelspannweite l (s. Abb.5.3d).
 Verhältnis des Quadrats der
Seitenverhältnis (aspect ratio)
Spannweite
l2

S
zur
Flügelfläche
ist
das
(5.1)
59
Flügeltheorie
Flügel mit einem Seitenverhältnis   1 werden weiterhin als Flügel mit kleinem
Seitenverhältnis bezeichnet.
Abbildung 5.2: Bodeneffektfahrzeug KM (The WIG Page by E.van Opstal, www.setechnology.com)
Die geschlossene Kontur im Längsschnitt des Flügels heißt Flügelprofil. Eine Seite des
Profils nennt man Druck- und die andere Saugseite. Der Auftrieb resultiert aus dem
Druckunterschied zwischen diesen beiden Seiten. Es werden aerodynamische Profile
(1) (siehe Abb. 5.4), Kreissegmentprofile (2) und Superkavitationsprofile
(supercavitating foil) (3) verwendet, wobei die Profilform sich entlang der
Flügelspannweite ändern kann.
Die Profilform wird durch zwei Funktionen yo (x)  0 und y u (x)  0 (s. Abb. 5.5)
determiniert. Die Profildicke t  yo (x)  y u (x) und die Skelettlinie des Profils
f  (yo (x)  y u (x)) / 2 werden durch yo (x) und y u (x) ausgedrückt. Der Abstand
zwischen den beiden äußersten Punkten des Segmentes heißt Profilsehne oder
Profiltiefe b. Die Profildicke und die Profilwölbung werden durch folgende Formeln:
y 0 ( x)  y u ( x)
b
y ( x)  y u ( x)
f  max 0
2b
t  max
definiert. Die Flügelprofile sind relativ dünn. Die dimensionslose Dicke ändert sich
zwischen 0,02 und 0,25. Die dimensionslose Profilwölbung liegt im Bereich von 0 bis
0,04. Zur Steuerung des Auftriebs werden verschiedene Steuerungsorgane
(z. B. Vorflügel 1 (Abb. 5.6), Hinterklappen 2 (Flaps), Spoilers 3, 4) verwendet.
60
Flügeltheorie
Abbildung 5.3: Form von verschiedenen Flügeln
Abbildung 5.4: Typische Flügelprofile
61
Flügeltheorie
Abbildung 5.5: Geometrische Parameter des Profilsegmentes
Abbildung 5.6: Flügelklappen und Spoiler
Hydrodynamische Parameter der Flügel
5.2
In diesem Kapitel wird die Bewegung des Flügels nur in der Längsebene
(der Schiebewinkel, der Rollwinkel und der Kurswinkel sind alle gleich Null)
betrachtet. Die wichtigsten hydrodynamische Parameter des Flügels, der sich mit der
Geschwindigkeit V bewegt, sind

Der Widerstandsbeiwert

Der Auftriebsbeiwert

CW 
W
,
V2
S
2
A
V2 ,
S
2
M
Beiwert des Trimmmomentes oder des Nickmomentes CM  V 2
,

Sb
2
CA 
62
Flügeltheorie
wobei W, A und M der Widerstand, der Auftrieb und das Trimmmoment
(Nickmoment) sind.
 Das Verhältnis zwischen dem Auftrieb und dem Widerstand heißt Gleitzahl:
K
CA
CW
(5.2)
Die Gleitzahl ist der wichtigste hydrodynamische Parameter des Flügels. Wenn die
Auftriebskraft des Fluggerätes seinem Gewicht gleich ist (z.B. bei Flugzeugen,
Tragflügelschiffen, Bodeneffektfahrzeugen), zeigt die Gleitzahl das Verhältnis
zwischen dem Gewicht und dem Schub, der notwendig ist, um das Fluggerät zu
befördern. Deshalb kann die Wirtschaftlichkeit eines Fluggerätes durch die Gleitzahl
(s. Abb. 5.7) dargestellt werden. Die Gleitzahl hängt im Wesentlichen vom
Seitenverhältnis ab. Je größer das Seitenverhältnis ist, desto größer ist die Gleitzahl.
Die Gleitzahl liegt für Gleitboote zwischen 6 - 8, bei Tragflügelschiffen zwischen
12 - 14 und bei Transportflugzeugen bis zu 20. Die Gleitzahl der
Bodeneffektfahrzeuge kann theoretisch die Werte bis zu 30 - 40 erreichen. Trotzdem
liegen die höchsten Werte der modernen BEF zwischen 11 und 18. Der Grund sind die
nicht optimalen aerodynamischen Formen der Rümpfe, die durch Landungen und
Starts der BEF diktiert werden. Außerdem haben die BEF ein hoch entwickeltes
Höhenleitwerk, das zur Gewährleistung der Längsstabilität notwendig ist. In der Regel
ist der Beitrag des Höhenleitwerks zur Auftriebskraft des BEF sehr gering. Alle
hydrodynamischen Parameter der Flügel hängen wesentlich von dem Anstellwinkel
ab.
 Der Winkel zwischen der Sehne und dem Geschwindigkeitsvektor ist der
Anstellwinkel .
Der Nullauftriebswinkel  0 ist der Anstellwinkel, bei dem die Auftriebskraft Null ist,
d.h. C A    0 . Wie leicht festzustellen ist, ist  0 =0 im Fall symmetrischer
0
Flügelprofile. Für übliche aerodynamische Profile gilt  0  0 .
 Der optimale Anstellwinkel heißt der Anstellwinkel  opt , bei dem die Gleitzahl
den größten Wert erreicht.
Die Abhängigkeit C A (CW ) , die für verschiedene Anstellwinkel berechneten wird,
nennt man das Polardiagramm (die Polare von Otto Lilienthal). Der optimale
Anstellwinkel entspricht dem Kreuzpunkt zwischen der aus dem Ursprungspunkt
durchgezogenen Tangente und der Polarkurve (s. Abb. 5.7).
63
Flügeltheorie
Abbildung 5.7: Polardiagramm nach Lilienthal
Als Koordinatensysteme werden
 das
rechte
„experimentelle“
Koordinatensystem
mit
folgenden
Achsenrichtungen:
die
x-Achse
nach
vorne,
entlang
des
Geschwindigkeitsvektors; die y-Achse nach oben, senkrecht zur x-Achse in der
Symmetrieebene; die z-Achse nach rechts, senkrecht zur Symmetrieebene.
 das rechte flügelfeste Koordinatensystem mit folgenden Achsenrichtungen: die
x1-Achse nach vorne, entlang der Sehne; die y1-Achse nach oben, senkrecht zur
Flügelfläche; die z1-Achse rechts, senkrecht zur Symmetrieebene.
betrachtet. Einen Zusammenhang zwischen den hydrodynamischen Beiwerten, die aus
den verschiedenen Koordinatensystemen hervorgehen, findet man aus der Formel
C A1  C A cos   CW sin  

CW 1  CW cos   C A sin  
(5.3)
Der Druckschwerpunkt, in dem die gesamte Auftriebskraft den Flügel angreift
(Angriffspunkt des Auftriebs), findet man aus dem Verhältnis
CD 
x1D M 1 CM CM
.



b
A b C A1 C A
(5.4)
Der Druckschwerpunkt liegt bei rechteckigen Flügeln in der allseitig ausgedehnten
Flüssigkeit im Bereich um 0,25, d.h. C D ~ 0,25 .
In der Regel ist der Anstellwinkel des Flügels klein (α<15°). Deshalb können die
Beiwerte in der Form der abgeschnittenen Taylor‘schen Reihe dargestellt werden
64
Flügeltheorie
CA 
CM  CM (   0 ) 
5.3
dCM
d
dC A
d
(   0 ) ,
  0
(   0 )  CM0 
  0
dCM
d
(   0 ) .
(5.5)
  0
Physik der Flügelumströmung
Ein Profil mit einem positiven Anstellwinkel wirkt in der Strömung auf die Weise,
dass es die Strömung entlang der Saugseite beschleunigt, während sie entlang der
Druckseite gebremst wird. Aus der Bernoulli Gleichung folgt demnach, dass auf der
Saugseite ein Unterdruck und auf der Druckseite ein Überdruck entsteht. Eine typische
Verteilung des Druckbeiwertes C p = (p  p)/( V2 /2) (pressure coefficient) entlang der
Saugseite und der Druckseite wird in Abb. 5.8 gezeigt. Es ist zu erkennen, dass es an
der Eintrittskante zu einem stoßartigen Druckabfall kommt, der besonders stark bei
großen Anstellwinkeln und scharfen Eintrittskanten ausgeprägt ist. Der stoßartige
Druckabfall ist unerwünscht, da dadurch Kavitation an der Eintrittskante entstehen
kann. Bei moderaten Anstellwinkeln und / oder gut entworfenen Profilen verschiebt
sich das Druckminimum zur Profilmitte und der stoßartige Druckabfall wird
gemindert. In diesem Fall handelt es sich um eine stoßfreie Umströmung der
Eintrittskante. Die Aufgabe des Profilentwurfes für Schiffspropeller ist die
Gewährleistung der stoßfreien Umströmung der Eintrittskante in einem möglichst
großen Bereich des Anstellwinkels.
Abbildung 5.8: Typische Druckverteilung. Entnommen von [7].
65
Flügeltheorie
Der Auftrieb am Profil ist proportional der Summe von beiden Flächen der
Druckbeiwertsverteilung auf der Druck- und Saugseite. Wie zu sehen ist, leistet die
Saugseite des Profils den größten Beitrag zum Auftrieb. Im Bereich der Austrittskante
auf der Saugseite gibt es ein großes Gebiet des Druckanstieges. Das Gebiet verschiebt
sich in Richtung der Eintrittskante mit größer werdendem Anstellwinkel. Wie aus der
Strömungsmechanik bekannt ist, kann der Druckanstieg in dem reibungsbehaftetem
Fluid zum Ablösen der Strömung führen. Bei kleinen Anstellwinkeln tritt Ablösung
auf und konzentriert sich in einem kleinen Gebiet nahe der Austrittskante. Deshalb hat
sie keinen Einfluss auf die hydrodynamischen Profileigenschaften. Bei Übersteigung
eines bestimmten Anstellwinkels, dem so genannten kritischen Anstellwinkel kommt
es zu einer massiven Ablösung. Das Strömungsbild (siehe Abb. 5.9) und die
Hydrodynamik des Profils ändern sich. Das Ablösungsgebiet ist in der Regel stark
instationär. Die hydrodynamischen Kräfte am Profil haben somit eine komplizierte
Abhängigkeit von der Zeit.
Abbildung 5.9: Profilumströmung ohne und mit Ablösung
Die Ablösung führt zu dem so genannten Stall Effekt. Der Auftriebsbeiwert
C A ( ) 
2A
abhängig vom Anstellwinkel fällt bei großen Reynoldszahlen stark ab
 V2S
(Abb. 5.10).
Der kritische Anstellwinkel beträgt krit = 15 - 18 für Flügel mit einem großen
Seitenverhältnis = AR  l2 / S  4 . Bei kleineren Seitenverhältnissen AR  1 kann der
kritische Anstellwinkel wesentlich größer sein. Bei großen Reynoldszahlen tritt die
Ablösung im Bereich der Eintrittskante auf und der Auftriebsbeiwert nimmt stark ab.
Bei kleinen Reynoldszahlen ist die Ablösung an der Austrittskante zu finden. Die
Abnahme des Auftriebsbeiwertes fällt in diesem Fall milder aus. Verschiedene
aerodynamische Profile und deren geometrische und hydrodynamische Parameter sind
in den Literaturhinweisen [1] und [3] zu finden.
66
Flügeltheorie
Abbildung 5.10: Reynoldszahlabhängigkeit des Auftriebsbeiwertes . Entnommen
von [7].
Der Druckunterschied zwischen der Druck- und Saugseite führt zu einer Strömung von
der unteren Seite des Flügels (1) zur Oberen, wie in Abb. 5.11 gezeigt wird. An den
Flügelspitzen (3) lösen sich die Strömungen ab und die abgelösten wirbelbehafteten
Strömungsschichten (2) rollen sich auf. Dies erzeugt einen längsorientierten
Randwirbel (5). Eine spektakuläre Visualisierung des Randwirbels wird in Abb. 5.12
präsentiert. Streng genommen entstehen die längsorientierten Wirbel entlang des
Flügels an jedem Ort, an dem eine Änderung des Auftriebs in Querrichtung stattfindet.
Sie fließen an der Austrittskante ab und rollen sich mit den an der Flügelspitze
entstehenden Randwirbeln zusammen auf. Zusammen bilden sie die Wirbelschleppe
des Flügels. Im Kern der Wirbel herrscht ein Unterdruck, der der Zirkulation des
Wirbels (oder dem Flügelauftrieb) proportional ist. Übersteigt diese Zirkulation einen
bestimmten Wert entsteht Kavitation in den Wirbeln bei der Flügelbewegung durchs
Wasser.
Die Längswirbel beeinflussen die hydrodynamischen Eigenschaften der Flügel. Sie
erzeugen den Abwind am Flügel, was zur Reduzierung der Auftriebskraft führt. Wie
weiter gezeigt wird, ist die Wirbelschleppe für das Auftreten einer zusätzlichen
Widerstandskomponente, des induzierten Widerstandes, verantwortlich.
Wie bereits erwähnt wurde, ist die Abhängigkeit des Auftriebs vom Anstellwinkel
näherungsweise linear (s. Formel (5.5)). Diese Behauptung ist aber nur für Flügel mit
67
Flügeltheorie
großen und moderaten Seitenverhältnissen = AR  l2 / S  1 gültig. Die Abhängigkeit
C A ( ) für Flügel mit kleinem Seitenverhältnis ist im Wesentlichen nichtlinear
(s. Abb. 5.13). Es ist zu erwähnen, dass Schlingerkiele, Schiffsruder und das Schiff
selbst, Flügel mit sehr kleinem Seitenverhältnis darstellen. Der physikalische Grund
der Nichtlinearität ist die starke Wechselwirkung zwischen dem Flügel und dem
Randwirbel. Sie ist für Flügel mit kleinem Seitenverhältnis besonders stark ausgeprägt.
Die Taylor‘sche Reihe (5.5) für Flügel mit kleinem Seitenverhältnis beinhaltet hier
auch die quadratischen Glieder:
2
C A  C A (   0 )  C 
A (   0 )
C M  C M0  C M (   0 )  C M (   0 ) 2
(5.6)
Abbildung 5.11: Wirbelsystem des Flügels
Falls sich der Flügel nicht stationär bewegt, bilden sich neben den Längswirbeln auch
Querwirbel in der Wirbelschleppe des Flügels. Dies kann man mit Hilfe des Theorems
von Thomson anschaulich illustrieren. Betrachten wir ein Flügelprofil, das sich bei
t  0 im Ruhezustand befindet und bei t  0 eine Bewegung mit einer konstanten
Geschwindigkeit startet. Zum Zeitpunkt t  0 ist die Zirkulation entlang der
geschlossenen Kontur C  C1 gleich   0 (siehe Abb. 5.14). Nach dem Theorem von
Thomson d / dt  0 soll sie auch für alle darauf folgenden Zeitpunkte Null bleiben,
wenn die Reibung vernachlässigt wird. Die Kontur C ändert seine Form mit der Zeit,
dass heißt sie wird größer und fließt stromabwärts ab. Zum anderen Zeitpunkt t  0
kann die Kontur C als die Summe von zwei Konturen C1 und C2 dargestellt werden.
68
Flügeltheorie
Wenn am Profil ein Auftrieb zum Zeitpunkt t  0 entsteht, folgt nach dem Theorem
von Joukowski, dass auch eine Zirkulation entlang der Kontur C1 erzeugt wird, die bei
positivem Auftrieb negativ ist 1   . Damit die gesamte Zirkulation entlang der
Kontur C  C1  C2 Null wird, muss die Zirkulation  entlang der Kontur C2 positiv
sein:   ()  0 . Der physikalische Grund für die Entstehung einer Zirkulation
entlang der Kontur C2 ist der so genannte Anfahrenswirbel von Prandtl. Im 3D Fall ist
der Anfahrwirbel ein quer zur Anströmung liegender Wirbel. Wenn sich der Flügel
instationär bewegt (z.B. mit Änderung des Anstellwinkels) entsteht nach dem gerade
beschriebenen Mechanismus eine Reihe von Querwirbeln. Sie wirken mit
Längswirbeln zusammen und bilden eine sehr komplizierte Wirbelschleppe.
Abbildung 5.12: Visualisierung eines Randwirbels. Entnommen von
http://de.wikipedia.org/wiki/Wirbelschleppe
Bis jetzt wurde bei der Erklärung der Entstehung des Anfahrenswirbels die Reibung
explizit nicht berücksichtigt. In Wirklichkeit wird sie implizit angerechnet. Wie in der
Strömungsmechanik bei der Erläuterung der Kutta’schen Abflussbedingung betont
wurde, bildet sich die Zirkulation am Profil nur aufgrund des Reibungseinflusses. Die
physikalische Analyse zur der Entstehung des Anfahrenswirbels ist auch für
reibungsbehaftete Strömungen gültig.
Die Strömungsgrenzen haben einen starken Einfluss auf die Hydrodynamik der Flügel.
Wenn sich der Flügel unter der Wasseroberfläche auf einer Tiefe h bewegt, sinkt die
69
Flügeltheorie
Auftriebskraft im Vergleich mit der Auftriebskraft bei h   (s. Abb. 5.15). Auf
diesem Effekt basiert das Prinzip der natürlichen Selbststabilisierung der
Tragflügelboote (s. Abb. 5.1).
Abbildung 5.13: Abhängigkeit des Auftriebs vom Anstellwinkel für Flügel mit
großem (a) und kleinem (b) Seitenverhältnis; q = nichtlinearer Anteil des Auftriebs
bei Flügeln mit kleinem Seitenverhältnis
Abbildung 5.14: Zur Erklärung der Entstehung der Zirkulation neben einem Profil
70
Flügeltheorie
Abbildung 5.15: Einfluss der Wasseroberfläche auf die Auftriebskraft des Flügels.
Entnommen von [2].
Abbildung 5.16: Einfluss der Bodennähe auf die Auftriebskraft des Flügels;
Flughöhe h bezogen auf die Wurzeltiefe
Wenn sich der Flügel in Bodennähe bewegt, nimmt die Auftriebskraft bei positiven
Anstellwinkeln und schlanken Profilen zu (s. Abb. 5.16). Dieser positive Effekt wird
Bodeneffekt genannt und bei Bodeneffektfahrzeugen (s. Abb. 5.2) ausgenutzt.
71
Flügeltheorie
Abbildung 5.17: Spiegelungsmethode zur Modellierung des Wandeffektes
In der Regel verstärken feste Wände die Wirkung des Flügels. Falls der
Krümmungsradius der Wand bezogen auf die Flügelstreckung klein ist, kann man das
Spiegelungsprinzip anwenden, wodurch die effektive Spannweite des Flügels
verdoppelt wird (Abb. 5.17). Die Auftriebskraft (oder Querkraft im Fall des
Schiffsruders im Bild 5.20) ist durch Wandeffekt größer, als im Fall des Ruders allein.
5.4
Formulierung des mathematischen Problems. Joukowski –
Kutta Abflussbedingung
Wie in den Abbildungen 5.8 und 5.10 zu sehen ist, hängt der Auftrieb bei großen
Reynoldszahlen und moderaten Anstellwinkeln nicht von der Reynoldszahl ab.
Deshalb wird die Strömung im Rahmen der Flügeltheorie als reibungsfrei und
potential betrachtet. Die auf dieser Annahme basierende Theorie liefert gute
Ergebnisse für die Auftriebskraft und für das Trimmmoment (Nickmoment). Der
Reibungswiderstand wird mit dieser Theorie nicht erfasst. Er wird mit Hilfe der
empirischen Ansätze berechnet und zum induzierten Widerstand dazu addiert. Die
mathematische Problemstellung beinhaltet
 die Laplace‘sche Gleichung
  0 außerhalb des Flügels und der Wirbelschleppe
(5.7)
 Undurchlässigkeitsbedingung
 / n  0 an der Flügeloberfläche S
(5.8)
 Bedingung in der Unendlichkeit
 
0
r 
(5.9)
72
Flügeltheorie
Zu den Randbedingungen (5.8) und (5.9) sollen zusätzliche Bedingungen eingeführt
werden, die für die Übereinstimmung der Potentialtheorie mit realistischen
Flügelumströmungen entscheidend sind. Diese Bedingungen unterscheiden sich für
den 2D und 3D Fall.
5.4.1 2D Fall
Im Rahmen der Potentialtheorie entsteht ein Problem, welches sich nur mit Hilfe der
Kutta‘schen Abflussbedingung überwinden lässt. Das Problem besteht darin, dass das
mathematische Problem (5.7) - (5.9), für die Strömung auf dem nicht
zusammenhängenden Gebiet, mehrdeutig ist. Das zusammenhängende Gebiet ist das
Gebiet, in dem jede geschlossene Kontur zu einem Punkt gebracht werden kann, ohne
die Strömungsgrenzen zu überqueren. Beispielsweise kann die Kontur A zu einem
Punkt gebracht werden (s. Abb. 5.18), ohne die Strömungsgrenzen zu überqueren,
während dies für Kontur B nicht gilt. Deshalb ist das Strömungsgebiet neben einer 2D
Kontur nicht einfach zusammenhängend.
Abbildung 5.18: Zur Erklärung des Begriffs „zusammenhängendes Gebiet“
Für jede Zirkulation  um das Profil (d.h. um die Kontur B) existiert theoretisch eine
Lösung und eine Strömung (s. Abb. 5.19). Die zirkulationsfreie Lösung =0 ist eine
klassische Lösung der Potentialtheorie, die für die Flügeltheorie nicht akzeptabel ist,
weil die Auftriebskraft nach dem Theorem von Joukowski Null ist. Damit würde die
wichtigste Aufgabe der Flügeltheorie, die Ermittlung der Auftriebskraft nicht gelöst.
Bei  =0 liegt der Staupunkt auf der oberen Seite des Profils. Die scharfe Hinterkante
wird stoßartig umströmt, die Strömungsgeschwindigkeit und der Unterdruck an der
Hinterkante sind unendlich groß. Nimmt die Zirkulation zu, verschiebt sich der
Staupunkt in Richtung der Hinterkante (Abb. 5.19). Die Schwierigkeit besteht darin,
dass die Zirkulation  im Rahmen der Potentialtheorie nicht bestimmbar ist. Es ist
unmöglich zu sagen, wo der Staupunkt liegt. Jede Lösung mit beliebiger Zirkulation
und entsprechend mit beliebiger Auftriebskraft ist gleichberechtigt.
Diese Unbestimmtheit der Flügeltheorie wurde von Kutta und Joukowski unabhängig
voneinander überwunden. Sie haben vorgeschlagen, die Zirkulation auszuwählen, die
73
Flügeltheorie
eine stoßfreie, sanfte Umströmung der Hinterkante mit dem Staupunkt an der
Hinterkante gewährleistet (Abb. 5.19c). Diese „Kutta’sche Abflussbedingung“ wurde
auf Basis der Beobachtungen der realistischen Profilumströmungen formuliert. Wenn
ein Profil in der reibungsbehafteten Strömung liegt, führt der Reibungseinfluss dazu,
dass die Hinterkante stoßfrei umströmt wird. Diese Überlegungen führen zu den
folgenden Formulierungen der Kutta‘schen Abflussbedingung:
 Die Hinterkante des Profils wird stoßfrei umströmt.
oder
 Der Staupunkt bei der Umströmung eines Profils liegt an der Hinterkante7.
oder
 Der Druck und die Geschwindigkeit nehmen an der Hinterkante einen endlichen
Wert an. Es existiert kein Drucksprung an der Hinterkante.
Eine dieser Bedingungen soll zusammen mit den Gleichungen (5.7) - (5.9) erfüllt
werden.
Abbildung 5.19: Umströmung des Profils in Abhängigkeit von der Zirkulation
7
Diese Bedingung ist nur für Profile mit dem Hinterkantenwinkel größer als Null gültig.
74
Flügeltheorie
5.4.2 3D Fall
Im 3D Fall ist das Strömungsgebiet neben einem Flügel einfach zusammenhängend8.
Die Lösung des potentialtheoretischen Problems ist eindeutig und liefert keine
Auftriebskraft. Die Potentialtheorie scheint wieder unbrauchbar zu sein. Wie im
2D Fall helfen einige zusätzliche Ansätze, die nicht aus der Potentialtheorie folgen.
 Um die Diskrepanz der Potentialtheorie mit der praktischen Erfahrung zu
überwinden, führt man die Bedingung ein, dass die Zirkulation um jedes Profil
entlang der Flügelspannweite ungleich Null ist (   0 ).
Da die Zirkulation entlang der Spannweite sich ändert, führt das zur Entstehung der
Wirbelschleppe nach dem Flügel der endlichen Spannweite.
Betrachtet wird die Zirkulation in einem Querschnitt z = z0 eines infinitesimal dünnen
Flügels (Abb. 5.20)
1
0
1
 


   udl   u x dx   u x dx   (u x  u x  )dx
(5.10)
C
0
1
0

wobei u  die Grenzwerte der Geschwindigkeit an der oberen und unteren Seite des
Flügels sind. Da die tangentiale Geschwindigkeit an der Flügelfläche einen Sprung
erfährt (sonst entsteht nach der Bernoulli‘schen Gleichung keine Auftriebskraft), kann
die hydrodynamische Wirkung des Flügels durch die Wirbelschicht mit der verteilten
Stärke




  (u   u  )  n
(5.11)

modelliert werden. Hier ist n der Normalenvektor zur Flügelfläche. Nach der

Undurchlässigkeitsbedingung hat der Vektor  nur zwei Komponenten x und z, und
genügt der Divergenzfreiheitsbedingung
 x  z

 0.
x
z
(5.12)
Unter der Berücksichtigung der Gleichung 5.12 wird die Ableitung der Zirkulation
nach der Spannweitenkoordinate z in der folgenden Form geschrieben:
8
Die Ausnahme ist der ringförmige Flügel.
75
Flügeltheorie
1
1



( z0 )   z dx    x dx   x (0, z0 )   x (1, z0 )
z
z
x
0
0
(5.13)
Da der Wirbel an der Eintrittskante aus physikalischen Gründen fehlt x(1, z0) = 0 folgt
aus (5.13)

 x (0, z0 ) 
( z0 )
(5.14)
z
 Eine Änderung der Zirkulation in die Spannweitenrichtung verursacht die
Entstehung der freien Längswirbel mit der Stärke  x (0, z0 ) 

( z0 ) .
z
Die freien Längswirbel verlassen den Flügel an der Hinterkante und bilden die
Wirbelschleppe. Im 2D Fall gilt

( z0 )  0 und die Wirbelschleppe fehlt.
z
Abbildung 5.20: Zur Erklärung der Entstehung der Wirbelschleppe nach einem
3D Flügel
Die Wirbelschleppe wird in der Flügeltheorie als eine infinitesimal dünne Fläche S w
betrachtet (Abb. 5.21). Diese Annahme ist im Einklang mit der Realität, da die relative
Dicke der Wirbelschleppe bei großen Reynoldszahlen sehr dünn ist. Die
Wirbelschleppe ist eine freie Oberfläche. Wie bereits in Kapitel 1 geschrieben wurde,
erfüllt man an solchen Oberflächen die beiden typische Randbedingungen (s. Abb. 1.3)
 kinematische Randbedingung
   

n
n
 dynamische Randbedingung
76
(5.15)
Flügeltheorie
p  p
(5.16)
 
 
wobei
und
die normalen Komponenten der Geschwindigkeit über und unter
n
n
der Oberfläche S w sind. An der Wirbelschleppe findet der Sprung der tangentialen
Geschwindigkeitskomponente in allen Punkten der infinitesimal dünnen Fläche S w
statt. Die normale Geschwindigkeitskomponente ist dabei stetig. Das heißt, dass die

Wirbelschleppe eines Flügels durch eine Wirbelschicht mit der Vektorintensität  w

modelliert werden kann. Der Vektor  w ist tangential zur Oberfläche S w
(s. Abb. 5.21).
Abbildung 5.21: Wirbelschema eines 3D Flügels.
Die Wirbelschleppe des Flügels bei stationären Betriebsbedingungen besteht aus freien
Wirbellinien, die mit den Stromlinien zusammenfallen. Das kann man leicht mit dem
Theorem von Joukowski (s. Abschnitt 4.3) nachweisen. Betrachten wir einen
Abschnitt der Wirbellinie dl . Am freien Wirbel soll die Auftriebskraft null sein. Laut
dem Theorem von Joukowski ergibt sich
 
dl  u  0 .
(5.17)
Da nach der Definition (4.2) entlang der Wirbellinie die Tangente und die
 
Wirbelintensität parallel sind dl  w , folgt aus (5.17)
 
w  u  0 .
(5.18)
Da der Geschwindigkeitsvektor in jedem Punkt zur Wirbel- und zur Stromlinie
tangential ist, folgt unmittelbar, dass die Wirbel- und Stromlinien in der
77
Flügeltheorie
Wirbelschleppe zusammenfallen. Nach dem Theorem von Joukowski entsteht in
diesem Fall keine Kraft auf der Wirbelschleppenoberfläche. Sie ist eine freie Grenze
der Strömung und wird durch eine Menge der Stromlinien gebildet.

Im Gegensatz dazu, soll die Komponente der Intensität  an der Flügelfläche S nach

dem Theorem von Joukowski eine Kraft erzeugen. Die Intensität  bildet dabei einen
  
bestimmten Winkel mit dem lokalen Geschwindigkeitsvektor u ,   u  0 . Die Wirbel,
die diese Wirbelschicht bilden, heißen gebundenen Wirbel. Sie sind fest an den Flügel
gebunden und schreiten mit ihm zusammen fort. Die freien Wirbel bewegen sich

zusammen mit der Strömung. Die Vektorintensität  w beinhaltet nur die freien Wirbel,

während  sowohl die gebundenen als die freien Wirbel beinhaltet. An der
Austrittskante werden die Vektorintensitäten angepasst


w   .
(5.19)
Mit anderen Worten ist die Vektorintensität an der Austrittskante sowohl nach dem
Betrag, als auch nach der Richtung stetig. Die Wirbelschleppe ist instabil und rollt sich
mit der Bildung des Randwirbels an der Flügelspitze auf.
Die Kutta‘sche Bedingung wird im 3D Fall an der Hinterkante folgendermaßen
formuliert:
 Die Hinterkante des Profils wird stoßfrei umströmt.
oder
 Der Druck und die Geschwindigkeit an der Hinterkante nehmen einen
endlichen Wert an. Es existiert kein Drucksprung an der Hinterkante.
5.5
Induzierter Widerstand
Der Randwirbel induziert die Abwindgeschwindigkeit ui auf der Flügelfläche
(s. Abb. 5.22). Der Flügel wird unter dem effektiven Anstellwinkel  eff    ui / V
umströmt, der geringer ist, als der geometrische Anstellwinkel  . Damit wird die
Auftriebskraft kleiner. Mit dem Theorem von Joukowski lässt sich anschaulich
erklären, dass im 3D Fall eine neue Komponente des Widerstandes entsteht, nämlich
der induzierte Widerstand. Die Auftriebskraft steht senkrecht zur Richtung der
Anströmgeschwindigkeit. Im 2D Fall ist die induzierte Geschwindigkeit Null ui  0
und die hydrodynamische Kraft steht senkrecht zur Geschwindigkeit V . Die
Projektion dieser Kraft auf die Bewegungsrichtung ist Null. Also gibt es bei
Vernachlässigung der Reibung keinen Widerstand.
78
Flügeltheorie
Abbildung 5.22 Zur Erklärung der Entstehung der induzierten Widerstandes
Die Anströmgeschwindigkeit im 3D Fall ist die effektive Geschwindigkeit ueff . Ist die
hydrodynamische Reaktion R dieser Geschwindigkeit senkrecht, hat sie eine
Projektion Rxi auf die Bewegungsrichtung V . Diese Komponente ist der induzierte
Widerstand.
5.6
Saugkraft
Die Saugkraft entsteht an der Eintrittskante als Folge des Unterdruckes. Mathematisch
ist die Saugkraft dem Integral des Druckes entlang der Profilnase gleich. Wird der
Profilnasenradius kleiner, nimmt die Fläche des Nasenradiusbereiches S ab und die
Eintrittskante wird schärfer. Dabei wächst der Unterdruck im Bereich der
Eintrittskante. Ohne Berücksichtigung der Reibung und Kavitation können die
Geschwindigkeit und der Unterdruck an der Eintrittskante theoretisch unendlich groß
werden. Das Produkt des Druckes mit der Fläche des Nasenbereiches ist endlich
Sp 
 const  P . Die Saugkraft wirkt entlang der Sehnenrichtung und kompensiert
S 0
einen Teil des induzierten Widerstandes.
Die Präsenz der Saugkraft erklärt das folgende Paradoxon. Eine hydrodynamische
Kraft entsteht auf einem Körper, in reibungsloser Strömung, nur durch Druckwirkung


R    pndS .
S
79
(5.20)
Flügeltheorie
Wird die Kraft nach (5.20) auf einer ebenen Platte berechnet, ergibt sich nur die
normalen Komponente der Kraft R  V  (Abb. 5.23), die eine Projektion auf die
Bewegungsrichtung R x  V  sin   V  hat. Diese Komponente wirkt als
Widerstand, was dem Theorem von Joukowski widerspricht. Im 2D Fall ist die
gesamte Reaktion der Anströmgeschwindigkeit senkrecht. Der Widerstand ist Null.
Die Lösung des Paradoxons besteht darin, dass eine weitere Kraft, nämlich die
Saugkraft eingerechnet werden muss. Der Betrag dieser Kraft ist P  V  , die
horizontale Komponente beträgt Px   V  , die vertikale Py  V  ² . Die
vertikale Komponente der Saugkraft kann vernachlässigt werden, da sie der dritten
Potenz des Anstellwinkels proportional ist
Py  V  2  CV 3 .
Damit ist der Widerspruch mit dem Joukowski Theorem beseitigt:
R x  Px  0, R y  Py  V  .
Abbildung 5.23: Saugkraft
5.7
Widerstand des Flügels
Der Widerstand des Flügels besteht aus drei Anteilen
W  Rxi  R f  F
wobei
 Rxi der induzierte Widerstand ist,
80
(5.21)
Flügeltheorie
 R f der Formwiderstand (oder Druckwiderstand oder Profilwiderstand) ist,
 F der Reibungswiderstand ist.
Der Formwiderstand R f ist für schlanke Flügel viel kleiner als Rxi und F . Der
induzierte Widerstand und der Reibungswiderstand sind vergleichbar. Der Beiwert des
Formwiderstandes kann mit der empirischen Formel

CF  CFp 2t  60t 4
berechnet werden, wobei
CFp

(5.22)
der Reibungswiderstand der Platte mit der Fläche S und
t die relative Profildicke (s. Abschnitt 5.1) sind. Der induzierte Widerstand soll unter
Berücksichtigung der Saugkraft berechnet werden.
5.8
Berechnung der Profilumströmung
5.8.1 Methode der konformen Abbildung
Für eine Reihe von Flügelprofilen mit speziellen Formen ist die analytische Lösung
des mathematischen Problems der Flügeltheorie (5.7 - 5.9) mit Hilfe der Methode der
konformen Abbildungen möglich. Die Abbildung der Ebene S z auf die Ebene S heißt
die mathematische Funktion z ( ) , die jedem Punkt auf der Ebene S z einen bestimmten
Punkt auf der Ebene S in Verbindung setzt. Die Funktion z ( ) heißt die
Abbildungsfunktion. Falls einem Punkt auf der Ebene S z nur ein einziger Punkt auf
der Ebene S entspricht, ist die Abbildung eindeutig. Die Abbildung z ( ) heißt
konform, wenn der Winkel zwischen zwei beliebigen Richtungen auf der Ebene S z bei
der Abbildung z ( ) auf die Ebene S konstant bleibt. Die konformen Abbildungen
werden auch winkeltreue genannt. Die Ebene z heißt physikalische Ebene, während
die Ebene  die Hilfsebene der komplexen Variable  ist. Bei der Abbildung wird das
Originalprofil auf ein neues Profil in der Ebene S abgebildet. Die Äußeren beider
Profile stellen das Gebiet dar, indem die Strömung stattfindet.
Die analytische Lösung ist nur dann möglich, wenn die Äußere des Profils in der
Ebene S geometrisch einfach ist. Zum Beispiel ist die Lösung einfach, wenn die
Äußere des abgebildeten Profils in der Ebene S ein Kreis ist. Das mathematische
Problem der Kreisumströmung hat eine einfache analytische Lösung für das komplexe
Potential w( ) (s. Abschnitt 1.7). Die Lösung für die Umströmung des Originalprofils
ergibt sich durch Einsetzen der Abbildung z ( ) in die Funktion w( ) = w( z ( )) . Beide
Teile des komplexen Potentials der Zylinderumströmung w( ) , der reelle
81
Flügeltheorie
(Geschwindigkeitspotential  ) und der imaginäre (Stromfunktion  ), genügen der
Laplace‘sche Gleichung. Auch die reellen und imaginären Teile des komplexen
Potentials w( z ( )) in der physikalischen Ebene erfüllen die Laplace‘sche Gleichung
automatisch, wenn die Funktion w( z ( ))    i analytisch9 ist. Es wird in der
Mathematik gezeigt, dass sich die Zirkulation  und der Anstellwinkel  bei der
konformen Abbildung nicht ändern.
Es wird die von Joukowski vorgeschlagene Lösung für die Umströmung der
Profilenfamilie: „Joukowski Profile“, mit der Methode der konformen Abbildung
betrachtet. Dazu werden zwei Hilfsebenen, mit den komplexen Variablen     i
und 1 = 1 + i1 (s. Abb. 5.24) verwendet, die folgendermaßen in Verbindung stehen
1    l ,
(5.23)
wobei l reell ist. Die Größe l ist der Abstand zwischen den Ursprüngen der
Koordinatensysteme in beiden Ebenen.
Die von Joukowski vorgeschlagene Abbildungsfunktion hat die Form
z  
r02

(5.24)
wobei r0 der Kreisradius mit dem Ursprung im Punkt О in der Ebene  ist. In der
Hilfsebene 1 wird auch ein Kreis mit dem Radius R0  r0  l (s. Abb. 5.24) in
Betracht gezogen. Zusammengezeichnet haben beide Kreise einen Kreuzpunkt B, der
auf der Achse (, 1) liegt. Die Abbildungsfunktion der physikalischen Ebene auf die
Ebene S ergibt sich durch Einsetzen von (5.23) in (5.24)
1
r02
z  x  iy   1  l 
.
(5.25)
1  l
Gesucht wird das komplexe Potential w(z) der Profilumströmung in der Ebene S z und
die Profilform, die der Abbildungsfunktion (5.25) entspricht. Bei der Abbildung wird
die Äußere des Originalprofils in die Äußere des Kreises R0 konform abgebildet
(Abb. 5.24). Das komplexe Potential der Kreisumströmung mit der
Anströmgeschwindigkeit V unter dem Anstellwinkel  mit der Zirkulation Г ist
bekannt (s. Abschnitt 1.7)
9
Siehe www.wikipedia.org/wiki/Analytische_Funktion
82
Flügeltheorie
 i R02 ia  Г
ln 1 .
w  1   V  1e 
e 

 2i

1


(5.26)
Abbildung 5.24: konforme Abbildung. Entnommen von [2].
Setzt man die Gleichung des Kreises R0 in der Ebene S  1  R0 ei1 , wobei 1 der
Polarwinkel ist, in die Abbildungsfunktion (5.25) ein und trennt den Real- und
Imaginärteil voneinander, ergibt sich die Gleichung für die Form des Originalprofils:
1

r02
x   R0 cos 1  l   1  2 2
 R l
0


r02
y   R0 sin 1  1  2 2
 R l
0






 ;






(5.27)
Durch eine Änderung von R0 und l kann eine Familie von symmetrischen Profilen
„Ruder von Joukowski“ erzeugt werden. Als Beispiel wird in Abbildung 5.27 das
Originalprofil gezeigt, das für l = R0/6 und die Tiefe b = 3,43R0 aus (5.27) berechnet
wird. Die Dicke des Profils beträgt 16.7 % für l = R0/6 und b = 3,43R0. Der Punkt B
entspricht der Hinterkante.
Die komplexe Geschwindigkeit dw / dz in der Ebene S z kann durch die komplexe
Geschwindigkeit dw / d1 in der Ebene S folgendermaßen ausgedrückt werden
1
dw dw d 1 d  dw d 1 dw / d 1



dz d 1 d  dz d 1 dz
dz / d 1 .
83
(5.28)
Flügeltheorie
Die Ableitungen dw / d 1 und dz / d1 können aus (5.25) und (5.26) direkt berechnet
werden. Damit ergibt sich:


2
2 i 
  i
dw V e  R0 / 1 e    Г / 2i 1/ 1 

.
dz
1  r02 /  2
(5.29)
Die unbekannte Zirkulation wird mit Hilfe der Kutta‘schen Bedingung ermittelt. An
der Hinterkante ( = r0 und 1 = R0) ist der Nenner 1  r02 /  2 gleich Null. Die komplexe
Geschwindigkeit soll an der Hinterkante nach der Kutta‘schen Bedingung einen
endlichen Wert annehmen. Dies ist nur dann möglich, wenn der Zähler bei  = r0
ebenfalls Null ist, d.h.


Г 1
0.
2i R0
V ei  ei 
(5.30)
Aus (5.30) folgt die Gleichung für die Zirkulation:
  4R0V sin  .
(5.31)
Die Auftriebskraft und der Auftriebsbeiwert werden mit dem Theorem von Joukowski
ermittelt:
RA  V Г 1  8R0
C A  8
V2
sin ,
2
R0
sin .
b
.
(5.32)
Zum Beispiel für b = 3,43R0 .
C A  8
R0
sin   1,16  2 sin   1,16  2
b
Die infinitesimal dünne Platte t  0 ergibt sich bei l = 0 und r0 = R0. Die Tiefe der
Platte ist b = 4r0 und der Auftriebsbeiwert beträgt CA = 2. Der Druckschwerpunkt
der Platte liegt bei 1/4b von der Eintrittskante. Durch eine Verschiebung des Kreises
R0 in vertikaler Richtung innerhalb der S -Ebene können die unsymmetrischen
Joukowski Profile (mit der Wölbung) erzeugt werden. Die Zirkulation für
unsymmetrische Profile wird in folgender Form geschrieben:
1
  4R0 f V sin(   0 ) ,
wobei 0 der Nullauftriebswinkel ist.
84
(5.33)
Flügeltheorie
5.8.2 2D Paneelmethode
Der Auftriebsbeiwert eines beliebigen Profils kann mit Hilfe der Paneelmethode
berechnet werden. Die hydrodynamische Wirkung des Profils auf die Anströmung
wird durch eine an der Profilkontur gelagerten Wirbelschicht modelliert. Das gesamte
Potential der entlang der Kontur l gelagerten Wirbelschicht und der
Parallelanströmung wird durch folgende aus der Strömungsmechanik bekannte Formel
bestimmt
  V ( x cos   y sin  ) 
1
2
y  y1
  ( l )arctg x  x
l
dl .
(5.34)
1
Die unbekannte Wirbelstärke  ( l ) ergibt sich aus der Undurchlässigkeitsbedingung

 0 an l ,
n
(5.35)
wobei n der in das Strömungsgebiet gerichtete Normalenvektor ist.
Setzt man (5.34) in (5.35) ein, ergibt sich die Integralgleichung:
V (
wobei
x
y
1
cos   sin  ) 
n
n
2

y  y1
  n ( arctg x  x
l
)dl  0 ,
(5.36)
1
x
y
 cos(n, x),
 cos(n, y).
n
n
Zwei weitere Diskretisierungsschritte finden Anwendung in der Paneelmethode. Im
ersten Schritt wird die Profilkontur durch N-1 Paneele ersetzt. Die Knotenpunkte des
Paneelnetzes können mit der so genannten Cosinusregel berechnet werden. Nach
dieser Regel werden N Punkte auf dem Kreis um das Profil (Abb. 5.25a) gleichförmig
in der Umfangsrichtung aufgetragen und danach auf die Profilkontur projiziert. Die
Punkte 1 und N fallen zusammen. Jeder Punkt entspricht einem bestimmten Winkel  .
k
k
k
k
Die Knotenpunkte des Paneelnetzes sind damit x  cos  , yo ,u  yo ,u ( x ) . Im zweiten
Schritt wird die unbekannte Wirbelstärke  ( l ) innerhalb jeden Paneels linear
dargestellt (Abb. 5.25b). Die Werte der Wirbelstärke in den Knotenpunkten  i , i  1, N
sind unbekannt. Die Undurchlässigkeitsbedingung, die durch eine Integralgleichung
ausgedrückt ist, wird in den geometrischen Mittelpunkten der Paneele erfüllt.
85
Flügeltheorie
Abbildung 5.25 Paneelmethode
Durch die Diskretisierung wird die Integralgleichung (5.36) zu folgendem System
linearer algebraischer Gleichungen reduziert
N

k 1
k
a ik  b i ,
,
(5.37)
i  1, N  1
wobei
1
aik 
2
 1

 lk  lk 1
lk
1
l ( l  lk 1 ) dl  lk 1  lk
k 1

lk 1

lk

( lk 1  l )  dl  ,

(5.38)
y  y1 
 
 arctan
 dl .
n 
x  x1 
Das System hat N-1 (Anzahl der Mittelpunkte oder Paneele) Gleichungen und
beinhaltet N Unbekannte. Die fehlende Gleichung liefert die Kutta’sche
Abflussbedingung. Wenn der Profilwinkel an der Austrittskante ungleich Null ist, wird
die Bedingung von Kutta erfüllt, falls die Geschwindigkeit an der Austrittskante Null
ist. Diese Bedingung wird erfüllt, wenn die gesamte Wirbelstärke an der Eintrittskante
ebenfalls gleich Null ist
1   N  0 .
(5.39)
Das System von N Gleichungen hat damit N Unbekannte und kann gelöst werden. Als
Ergebnis dieser Lösung ergeben sich die Wirbelstärken in Knotenpunkten des
Paneelnetzes. Wie in der Strömungsmechanik gezeigt wird, ist die tangentiale
86
Flügeltheorie
Geschwindigkeit ul auf der Wirbelschicht von der Strömungsseite der Wirbelstärke
gleich:
  ul
(5.40)
Damit kann der Druckbeiwert in Knotenpunkten des Paneelnetzes bestimmt werden
C pj  1  ul2 / V2  1   2j / V2
(5.41)
Die auf der Potentialtheorie basierenden Paneelmethoden ermöglichen die Berechnung
des Auftriebs und der Druckverteilung. Letztere kann für die Abschätzung von
Kavitationserscheinungen behilflich sein. Der Widerstand kann nicht mit den
Paneelmethoden ermittelt werden.
5.9
Lineare Wirbeltheorien des Flügels
Im Rahmen der linearen Flügeltheorie wird angenommen, dass
 der Anstellwinkel ,
 die Wölbung des Profils und
 die Dicke des Profils
klein sind. Es wird ebenfalls angenommen, dass die vom Flügel und von seiner
Wirbelschleppe
induzierten
Geschwindigkeiten
gegenüber
der
Anströmgeschwindigkeit klein
u x ,y ,z
V
 O(  ) sind. Bei kleinen Anstellwinkeln kann
man den Aufrollvorgang der Wirbelschleppe vernachlässigen. Die Wirbelschleppe
verlässt den Flügel an der Hinterkante und liegt in der horizontalen Ebene parallel zur
Anströmgeschwindigkeit. Die Randbedingung (5.18) in der Wirbelschleppe

  
 w  u   w  V  0 wird damit automatisch erfüllt. Die einzigen zu erfüllenden
Bedingungen sind die Undurchlässigkeitsbedingung und die Kutta‘sche
Abflussbedingung.
87
Flügeltheorie
5.9.1 Traglinientheorie
Abbildung 5.26: Wirbelmodell eines Flügels
Im Rahmen der Traglinientheorie wird jeder Flügel als ein tragender, gerader Wirbel
betrachtet. Die Zirkulation des Wirbels ( z ) verändert sich entlang der Spannweite.
Berechnet wird die Abwindgeschwindigkeit am Flügel. Da der tragende Wirbel keine
Geschwindigkeit am Flügel induziert, wird der einzige Beitrag von der Wirbelschleppe
geleistet. Der von dem Tragwirbel im Punkt  abgehende Längswirbel, mit der

( ) (siehe (5.14)), induziert im Punkt z die
verteilten Stärke  x (0,  ) 
z
Abwindgeschwindigkeit
dui 
dГ 1
1 dГ d 

.
4   z 4 d    z
(5.42)
Die gesamte Abwindgeschwindigkeit wird durch die Integration der Formel (5.42)
über die Spannweite berechnet:
l/2
1
dГ d 
ui 

4 l / 2 d    z .
Der effektive Anstellwinkel des Flügels ist gleich
88
(5.43)
Flügeltheorie
 eff
1
    i    ui / V   
4 V
dГ d 
d   z
l / 2
l/2

(5.44)
Für einen Flügel mit unsymmetrischem Profil kann die Zirkulation in jedem
Querschnitt entlang der Spannweite in der Form (5.33) mit Berücksichtigung der
Abwindgeschwindigkeit (5.43) (damit werden in (5.33) die 3D Effekte berücksichtigt)
geschrieben werden.

1
 ( z )  4 R0 f ( z )V    0 ( z ) 
4 V


d  d 
 d   z 
l
2

l
2
(5.45)
oder

1
Г  z   2a0bV     0 
4V

wobei a0 
2R0 f
dГ dz1 
 dz1 z  z1 
l / 2

l/2
(5.46)
ist. Die Gleichung (5.46) ist die Integrodifferentialgleichung der
b
Traglinientheorie von Prandtl und Glauert. Unbekannt ist die Zirkulation, während der
Beiwert
a0 
2R0 f
b
und
der
Nullauftriebswinkel
aus
der
Lösung
der
2D Profilumströmung entnommen werden. Wird die Zirkulation berechnet, ergeben
sich die Auftriebskraft und der induzierte Widerstand aus dem Theorem von
Joukowski:

Г
z
dz






-l/2
l / 2

l/2
l/2

Rxi   dRxi    Гi dz


l / 2
-l/2
l/2
RA 
l/2
dRA  V
(5.47)
5.9.1.1 Numerische Lösung der Integrodifferentialgleichung der
Traglinientheorie
Eine neue Winkelvariable  wird eingeführt, die durch z folgendermaßen ausgedrückt
wird:
 z  l / 2 cos  ,
dz  l / 2 sin d
.
Die Zirkulation wird in der Form der folgenden Reihe dargestellt
89
(5.48)
Flügeltheorie

Г  2lV  An sin n .
(5.49)
n 1
Es ist zu sehen, dass bei   0,   die Zirkulation und die lokale Auftriebskraft an
den Flügelspitzen null sind. Setzt man (5.49) in (5.46) ein, ergibt sich für den
induzierten Anstellwinkel
1
i 
4V
l/2

l/2
cos n1
dГ d 1 d 
1 


 d 1 d  z      nAn cos 1  cos  d 1
l / 2
0 n 1
dГ d 
1
 d  z    4V
l / 2
(5.50)
Nach der Berechnung der Integrale (5.50)

cos n1
sin n
d



1
 cos   cos 1
sin  ,
0
(5.51)
bekommt man die einfache Formel für den induzierten Anstellwinkel i

sin n
.
sin 
i   nAn
n 1
(5.52)
Setzt man (5.49) und (5.52) in (5.46) ein, wird die lineare algebraische Gleichung
hergeleitet



sin n 
2lV  An sin n  2a0bV   0   nAn
.
sin  

n 1
n 1
(5.53)
In der Praxis wird die Anzahl der Glieder in (5.53) durch N (N~7) begrenzt. Die
algebraische Gleichung (5.53) wird in N Punkten bei verschiedenen i , i  1, N entlang
der Spannweite erfüllt, wodurch ein System der linearen Gleichungen entsteht.
Wird dieses System gelöst, lässt sich die Zirkulation (5.49) und die Auftriebskraft
berechnen:
l/2
RA  V

l / 2
Г( z )dz
 V2l 2



   An sin n  sin d    2 V l
0
n
90

2 2
A1 .
(5.54)
Flügeltheorie
Bei der Herleitung der Formel (5.54) wurde berücksichtigt, dass
 0(n  m)

 sin n sin md    (n  m) .
0
2
Der Auftriebsbeiwert wird durch A1 ausgedrückt
CA  

2
V2 l 2 A1 / 
V2
S  A1 .
2
(5.55)
der induzierte Widerstand wird ähnlich berechnet
Rxi  V2 l 2
V2

2
 nAn  cxi S ,
2 n 1
(5.56)
und der Beiwert des Widerstandes lautet
cxi   
n 1
nAn2

A12 (1 
An2
 n A2 ) 
n2
A12
1
1   
2
c 2A

1  2 .



(5.57)
Da der Flügel im Rahmen der Traglinientheorie sehr grob modelliert wird, sind die
folgenden Aussagen gültig:
 Die Traglinientheorie liefert im Vergleich zu Messungen, nur für Flügel mit
großen Seitenverhältnis   5 , gute Ergebnisse.
 Das Trimmmoment wird nicht bestimmt.
 Die Flügel mit einer komplizierten Form sind schwierig zu modellieren.
Beispielsweise ist die Berechnung der Propellerblätter mit Skew mit der
Traglinientheorie problematisch.
5.9.1.2 Optimaler Flügel
Wie in Formel (5.57) zu sehen ist, ist der induzierte Widerstand minimal, wenn 2 = 0.
Das heißt, dass alle Beiwerte An (n > 1) in der Reihe (5.49) Null sind. Der Flügel mit
dem minimalen Widerstandsbeiwert bei dem vorgegebenen Auftriebsbeiwert und
Seitenverhältnis heißt der optimale Flügel. Der Beiwert des induzierten Widerstandes
und die Zirkulation des optimalen Flügels sind
91
Flügeltheorie
c 2A
cxi 
,

(5.58)
2
 z 
  2lV A1 sin   0 sin   0 1  cos ²  0 1  
 ,
l/2
(5.59)
wobei 0  2lV A1 ist. Aus (5.59) folgt, dass der optimale Flügel eine elliptische
Verteilung der Zirkulation entlang der Spannweite hat:
2
2
 Г   z 
 1.

 
l 
 Г 0  
2
(5.60)
Der induzierte Anstellwinkel ist entlang der Spannweite konstant i = A1. Gesucht
wird die Form des optimalen Flügels. Die lokale Auftriebskraft kann auf zweierlei
Weise geschrieben werden:
V2
dRA  c A
 b  dz  oder dRA  V Гdz
2
(5.61)
Daraus folgt der Zusammenhang zwischen der Zirkulation und dem Auftriebsbeiwert
Г  cA
bV
.
2
(5.62)
Mit Berücksichtigung der Formel (5.62) und (5.59) ergeben sich folgende Ergebnisse
Г  cA
bV
bV
 2lV A1 sin   A1  
2
2
2


4 l
 
b
sin   b0 1   z
l 


2

2
2

 b   z

 1,

  
l 
 b0  
2
92
(5.63)
Flügeltheorie
4 l
die Wurzeltiefe des Flügels. Die letzte Formel in (5.63) sagt aus, dass

der optimale Flügel eine elliptische Form hat.
wobei b0 
5.9.2 Tragflächentheorie des Flügels
Die Traglinientheorie ist die einfachste Theorie des Flügels endlicher Spannweite, die
allerdings auch einige Mängel (s. Abschnitt 5.9.2.1) aufweist. Die Tragflächentheorie
des Flügels ist die nächste Stufe der Entwicklung der Theorie für Flügel endlicher
Spannweite. Die Tragflächentheorie ermöglicht eine bessere Berücksichtigung der
Flügelform. Genauso, wie in der Traglinientheorie wird angenommen, dass die
Störgeschwindigkeiten gegenüber V klein sind. Die Wirbelschleppe liegt in der
V parallel ist. Die
horizontalen Ebene, die zur Anströmgeschwindigkeit
Wirbelschleppe besteht aus Längswirbellinien, die zur Anströmgeschwindigkeit V
parallel sind. Damit wird die Randbedingung (5.18) in der Wirbelschleppe

  
 w  u   w  V  0 erfüllt.
Im Vorlesungskurs Propellertheorie (s. Abschnitt 6.3 in [8]) wird gezeigt, dass die
Lösung des mathematischen Problems für die Umströmung eines dünnen Flügels, als
die Summe der Lösungen der drei folgenden separaten Problemen (s. Abb. 5.27)
dargestellt werden kann (der Nachweis s. in Abschnitt 6.3 in [8]):
 Problem der Flügeldicke. In diesem Problem wird der Flügel als
symmetrisches Profil ohne Anstellwinkel betrachtet. Die Dicke des
symmetrischen Profils ist gleich der Dicke des Originalprofils. Die analytische
Lösung dieses Problems wird in Abschnitt 2.1 gegeben. Im Rahmen der
linearen Flügeltheorie beeinflusst die Dicke nicht den Auftrieb des Flügels. Die
Dicke beeinflusst nur die Druckverteilung. Dabei sind die Beiträge auf den
oberen und unteren Seiten gleich, so dass kein Auftrieb entsteht.
 Zwei andere Probleme kann man als Probleme des Auftriebs betrachten.
Hierbei wird der Flügel als eine dünne flache (Problem 2 in Abb. 5.27) oder
eine gekrümmte (Problem 3) Platte betrachtet. Die flache Platte steht unter dem
Anstellwinkel , während die gekrümmte Platte ohne Anstellwinkel umströmt
wird.
93
Flügeltheorie
Abbildung 5.27: Aufteilung des Problems der Flügelumströmung im Rahmen der
linearen Flügeltheorie
Die beiden letzten Probleme sind ähnlich gelagert, wobei das dritte Problem als ein
Spezialfall des zweiten Problems betrachtet werden kann. Hier wird statt des
konstanten Anstellwinkels  der variable Anstellwinkel  ( x)  f / x benutzt.
y  f ( x, z ) ist dabei die Gleichung der Oberfläche, die durch die Skelettlinien der
Profile gebildet wird. Da die Lösung des ersten Problems bekannt ist und sich das
dritte Problem durch Einsatz  ( x)  f / x zum zweiten reduzieren lässt,
konzentrieren wir uns im Weiteren nur auf die Lösung des zweiten Problems.
Es lässt sich zeigen, dass die Undurchlässigkeitsbedingung unter der Annahme
u x ,y ,z
V
 O(  ) nicht auf der aktuellen Flügeloberfläche, sondern mit der Projektion des
Flügels auf die horizontale Ebene S, erfüllt werden kann. Sobald der Auftrieb ungleich
Null ist, entsteht auf dem dünnen Flügel ein Drucksprung, der auch mit einem Sprung
in der Geschwindigkeit10 verbunden ist. Das bedeutet, dass der Flügel mit einer
Wirbelschicht modelliert werden soll. Die Verteilung der Wirbelstärke ist ein Vektor

 , der in der Ebene S liegt und nur aus zwei Komponenten  x und  z besteht. Die
Komponente  z steht senkrecht zur Anströmgeschwindigkeit. Sie zeigt die
Auftriebskraft, die sich nach dem Theorem von Joukowski berechnen lässt:
dA  ( p  p )dS  V z dS
10
(5.64 )
Laut Undurchlässigkeitsbedingung ist die Geschwindigkeit in jedem Punkt des Flügels zu
der Flügeloberfläche tangential.
94
Flügeltheorie
und
A  V   z dS
(5.65)
S
Auf den Längswirbeln  x entsteht kein Auftrieb, da die folgenden Abschätzungen
gültig sind:
u x ,y ,z
V
 O(  )  u z  O(  )
 dA   u z  x dx  O(  2 )
  O(  )   x  O(  )
Die Querwirbel  z heißen gebundenen Wirbel, während die Längswirbel  x die freien
Wirbel sind. Das Wirbelschema des Flügels im Rahmen der Tragflächentheorie wird
in Abb. 5.28 gezeigt.
Abbildung 5.28: Wirbelschema der linearen Tragflächentheorie
5.9.2.1 Herleitung der Integralgleichung der Tragflächentheorie
Die Herleitung basiert auf der Einführung eines Beschleunigungspotentials. Der
Ausgangspunkt ist dabei die Eulergleichung, die ohne Berücksichtigung der
Volumenkräfte geschrieben wird:

 p
dv
 grad   
dt
 
95
(5.66)
Flügeltheorie

die Gesamtgeschwindigkeit, d.h. vx  V  u x , v y  u y , vz  u z . Diese

dv
als Gradient des Potentials U   p / 
Gleichung zeigt, dass die Beschleunigung
dt
geschrieben werden kann.
Hier ist v
Der
Zusammenhang
zwischen
Geschwindigkeitspotential
Beschleunigungspotential wird folgendermaßen geschrieben:
und






u
dv v
u
u
u
u
U

 (u x  V )  u y
 uz
 V
 gradU  V x 
dt t
x
y
z
x
x
x


Vu x  U  V
U
x
(5.67)
Aus Formel (5.67) findet man das gesuchte Potential:
1

V
x
 Udx
(5.68)

Das Beschleunigungspotential hat die folgenden Eigenschaften:
 Da sowohl das Geschwindigkeitspotential , als auch jede Ableitung dieses
Potentials die Laplace‘sche Gleichung erfüllen, folgt aus Formel in (5.67), dass
das Beschleunigungspotential die Laplace‘sche Gleichung erfüllt.
(5.69)
 Das Beschleunigungspotential erfährt einen Sprung an der Oberfläche S
p  p   (U   U  )
(5.70)
Mit Berücksichtigung der Formeln (5.64) und (5.70) ergibt sich:
U   U   V z .
(5.71)
Auf der Wirbelschleppe ist das Beschleunigungspotential stetig, da kein Drucksprung
auf der Wirbelschleppe entsteht. Die Mathematik zeigt dass jede Funktion, die die
Laplace‘sche Gleichung erfüllt und auf der Fläche S einen Sprung hat, mit einer auf
der Fläche S verteilten Dipolschicht modelliert wird. Die Stärke der Dipolschicht ist
dem Sprung der Funktion an S gleich. Der mathematische Ausdruck für U lautet dann:
96
Flügeltheorie
U ( x, y , z )  
1
 1
V  z ( ,  ) ( ) d  d 

4 S
y r
(5.72)
Wird (5.72) in (5.68) eingesetzt, ergibt sich nach der Berechnung des Integrals entlang
der x-Achse:
 ( x, z ) 
1
y
x 
[1 
]d d
 z ( ,  )
2
2

4 S
(z   )  y
r
(5.73)
Setzt man das Geschwindigkeitspotential  in die Undurchlässigkeitsbedingung ein
uy 

 V ,
y
(5.74)
ergibt sich die Integralgleichung der Tragflächentheorie
V 
1  z ( ,  )
x 
[1 
]d d
2

4 S ( z   )
( x   )2  ( z   )2
(5.75)
Die Gleichung (5.75) wird numerisch gelöst. Die unbekannte Funktion  z ( ,  ) wird
in der Klasse der mathematischen Funktionen gesucht, die die folgenden Bedingungen
erfüllen:
i)
Die Funktion ist singulär an der Eintrittskante  z ~ r 1 / 2 , wobei r der Abstand
von der Eintrittskante ist,
ii)
Die Funktion ist regulär und verschwindet an der Austrittskante  z ~ r 1 / 2 ,
wobei r der Abstand von der Eintrittskante ist,
iii)
Die Funktion ist regulär und verschwindet an den Flügelspitzen  z ~ r 1 / 2 ,
wobei r der Abstand von der Flügelspitze ist.
Ist die Wirbelstärke  z ( ,  ) bekannt, lassen sich die Auftriebskraft aus Formel (5.65)
und der induzierte Widerstand aus der Formel

Rxi 
4
l/2 l/2
 
( z )
l / 2 l / 2
97
d  d
dz
d z  
(5.76)
Flügeltheorie
berechnen. Hier ( z ) 
xEK  b ( z )

 z ( x)dx ist die Zirkulation im Längsschnitt z. b und l
xEK
sind entsprechend Tiefe im Längsschnitt z und die Spannweite des Flügels.
Für den Flügel mit kleinem Seitenverhältnis   0 kann man die analytische Lösung
der Gleichung (5.75) bekommen. Diese Lösung liefert folgende Ergebnisse für den
Auftriebsbeiwert C A und das Trimmmomentsbeiwert CM (bezüglich der Flügelmitte):
CA 

2
 ,
CM 

4
 .
(5.77)
Achtung! Die Tragflächentheorie hat einige Nachteile, die nachfolgend genannt
werden:
 Der Auftrieb wird nur für dünne Flügel unter kleinen Anstellwinkeln richtig
berechnet. Sobald die Dicke groß ist, müssen entweder die 3D Paneelmethode
oder RANSE CFD Verfahren (s. [6] sowie Kapitel 9 und 10 in [8]) eingesetzt
werden. Die bei großen Anstellwinkeln auftretenden nichtlinearen Effekte kann
man in der nichtlinearen Tragflächentheorie (Abschnitt 5.11) berücksichtigen.
 Die Druckverteilung wird an der Eintrittskante falsch bestimmt, da die
Störgeschwindigkeiten an der Eintrittskante auf keinen Fall klein sind. Um die
Druckverteilung an der Eintrittskante zu ermitteln, sind die Ergebnisse der
Tragflächentheorie zu korrigieren (s. Abschnitt 8.7 in [8]). Die richtige
Druckverteilung kann mit Hilfe der Paneelmethode vorhersagt werden.
 Die Saugkraft wird nicht erfasst, sie muss separat mit speziellen Methoden
(s. Abschnitt 8.8 in [8]) berechnet werden. In den Paneelmethoden und RANS
CFD Verfahren wird die Saugkraft automatisch berücksichtigt.
 Der Reibungswiderstand wird extra mit empirischen Ansätzen ermittelt. Dieser
Nachteil kann ausschließlich im Rahmen der RANS CFD überwunden werden.
5.9.2.2 Numerische Lösung der Gleichung (5.75) Wirbelgitterverfahren
Das Wirbelgitterverfahren (Vortex lattice method) ist die am weitesten verbreitete
numerische Methode zur Lösung der Gleichung (5.75). Die stetig verteilte
Wirbelschicht wird diskretisiert und durch zwei Familien der diskreten Wirbel
dargestellt (Abb. 5.29). Sei M die Anzahl der Querwirbel entlang der Profiltiefe und N
die Anzahl der Querwirbel entlang der Spannweite, so ist die Anzahl der Querwirbel
und der Paneele insgesamt MN . Die Querwirbel mit der Zirkulation ij (i=1,M und
j=1,N) sind die gebundenen Wirbel. Jeder Querwirbel stützt sich dabei auf zwei
98
Flügeltheorie
Längswirbel, die in die Unendlichkeit abfließen. Jeder Längswirbel erstreckt sich von
den Eckpunkten des Querwirbels entlang der Linien z  const bis zur Austrittskante. In
der Wirbelschleppe sind die Längswirbel der Anströmgeschwindigkeit parallel. Diese
diskrete Wirbelstruktur, die aus einem Querwirbelabschnitt und zwei halbunendlichen
Längswirbel besteht, heißt Hufeisenwirbel. Es ist leicht zu verstehen, dass die
Divergenzfreiheitsbedingung für jeden Hufeisenwirbel und für das gesamte
Wirbelsystem im integralen Sinne automatisch erfüllt wird.
Abbildung 5.29: Wirbelgitterverfahren
Die vordersten Querwirbel i1 liegen direkt an der Eintrittskante. An der
Austrittskante liegen keine Querwirbel. Die Undurchlässigkeitsbedingung (5.74) wird
in den Aufnahmepunkten der Paneelzentren erfüllt. Jeder Aufnahmepunkt liegt dann
gleich entfernt vom benachbarten Wirbelabschnitt, was für die korrekte Berechnung
von in der Gleichung (5.75) auftretenden singulären Integralen notwendig ist. Eine
solche Verteilung der Wirbel und Aufnahmepunkte sichert die automatische Erfüllung
der Bedingungen (i) - (iii) (s. Abschnitt 5.9.2.1), wenn die Panelanzahl unendlich groß
wird ( NM )   . Die von dem Wirbelsystem induzierten Geschwindigkeiten können
mit den Formeln (4.7) von Biot-Savar berechnet werden.
Die Undurchlässigkeitsbedingung wird in der Form geschrieben
 nk  nk   nk

w
 ij ij n  V n  0
M
N
i 1 j 1

(5.78)
Hier ist wijnk die Geschwindigkeit, die durch den Querwirbel ij  1 und seine beiden
Längswirbel im Aufnahmepunkt mit der Nummer nk induziert wird. Die Bedingung
99
Flügeltheorie
(5.78) wird in jedem Aufnahmepunkt geschrieben, womit ein System von
algebraischen Gleichungen erzeugt wird. Die Zirkulationen der Querwirbel ij sind
unbekannt. Man findet sie aus dem System (5.78). Die an den Wirbelabschnitten
wirkenden Kräfte können aus dem Theorem von Joukowski (4.12a) bestimmt werden.
5.10
Empirische Formel für Auftriebskraft und Trimmmoment
Prof. K.K. Fedjaevski hat die folgenden Formeln auf Basis der Auswertung der
Windkanalmessungen für dünne Flügel ( t  10% ) vorgeschlagen:

c A     c A     0  ; CM     CM
   0  .
cA 
5.11
2
2  2  4

; CM  
(5.79)
c2

 A .
22   2
Nichtlineare Wirbeltheorie
In Abschnitt 5.3 wurde darauf hingewiesen, dass die Abhängigkeit des
Auftriebsbeiwertes vom Anstellwinkel CA(), für Flügel mit kleinem Seitenverhältnis
( < 1), einen ausgeprägten nichtlinearen Charakter (s. Abb. 5.13) hat. Der Grund für
diese Nichtlinearität ist die Wechselwirkung zwischen den Randwirbeln und dem
Flügel. Zu den Flügeln mit einem kleinen Seitenverhältnis gehören Schiffsruder,
Schlingerkiele sowie das Schiff selbst. Schon bei kleinen Anstellwinkeln, bzw.
Schiebwinkeln ist der nichtlineare Anteil der Kraft entweder vergleichbar oder sogar
größer als der lineare Anteil. Diese Flügel werden mit Hilfe der nichtlinearen
Flügeltheorie behandelt. In diesem Abschnitt werden nur dünne, ebene Flügel
betrachtet. Eine allgemeine Methode zur Berechnung beliebig dicker Flügel mit
Berücksichtigung der nichtlinearen Effekte, die auf der Panelmethoden basiert, wird
im Kapitel 9 des Vorlesungskurses „Propellertheorie“ [8] vermittelt.
5.11.1 Ansatz von Betz
Die einfachste halbempirische Methode zur Ermittlung der nichtlinearen
Auftriebskraft wurde von A. Betz vorgeschlagen. Im Grunde dieser Theorie liegt die
Annahme, dass die Entstehung des nichtlinearen Kraftanteils durch das Auftreten des
zusätzlichen Widerstandes Wq bei der Querumströmung des Flügels mit der
Geschwindigkeit V sin  erklärt werden kann.
100
Flügeltheorie
V2
sin 2 S
Wq  Cw
2
(5.80)
Сw ist der Widerstandsbeiwert der Platte bei einer Querumströmung. Experimentell
ermittelte Werte für den Beiwert Сw betragen:
 Сw  2,0 für die Platte mit scharfen Seitenkanten und
 Сw  1,0 für die Platte mit abgerundeten Kanten.
Für das im Bild 5.33 abgebildeten Koordinatensystem werden die gesamten
hydrodynamischen Beiwerte folgendermaßen ausgedrückt:
Cw  Cw (  0)  k sin 2   2sin 3  ,

C A  CAlinear
  2sin 2  cos  .
(5.81)
Hier ist Cw (  0)  CF (  0)  CFp (  0) der Beiwert des Reibungswiderstandes, der

beim Nullanstellwinkel berechnet wird. Die Glieder k sin 2  und CAlinear 
beschreiben den Beitrag des linearen Kraftanteils. Sie können mit der
Tragflächentheorie (Abschnitt 5.9.2) ermittelt werden. Die Glieder 2sin 3  und
2 sin 2  cos  entsprechen dem Beitrag des nichtlinearen Kraftanteils. Es ist zu
bemerken, dass der nichtlineare Anteil der Auftriebskraft dem Quadrat des
Anstellwinkels ~  2 und der nichtlineare Anteil des Widerstandes der dritten Potenz
des Anstellwinkels ~  3 proportional sind. Die Verteilung der nichtlinearen
zusätzlichen Auftriebskraft entlang der Flügeltiefe ist annähernd konstant. Damit
ergibt sich für das Trimmmoment bezüglich der Flügelvorderkante:

CM  CMlinear.
  sin 2  .
(5.82)
5.11.2 Nichtlineare Tragflächentheorie
Die nichtlineare Tragflächentheorie hat folgende wichtige Unterschiede im Vergleich
zur linearen Theorie (s. Abschnitt 5.9):
 Der Anstellwinkel kann beliebig groß sein, mit der Einschränkung, dass er
kleiner sein muss als der kritische Anstellwinkel, da bei dem die Ablösung
auftritt.
101
Flügeltheorie
 Die Annahme
u x ,y ,z
V
 O(  ) wird nicht benutzt.
 Die an der Seitenkante des Flügels liegenden Wirbel lösen sich von der
Seitenkante ab und bilden zusammen mit den von der Austrittskante
abfließenden Wirbeln die Wirbelschleppe des Flügels.
 Die Wirbelschleppe liegt, im Rahmen der nichtlinearen Theorie, nicht in der
Ebene y=0, sondern hat eine komplizierte räumliche Form, die berechnet
werden muss.
 Die Auftriebskraft entsteht sowohl auf den Querwirbeln mit der Stärke  z , als
auch auf den Längswirbeln  x . Also gehören die Wirbel beider Richtungen  z
und  x zu den gebundenen Wirbeln.
Abbildung 5.30: Erklärung der Idee von A. Betz . Entnommen von [2]
 Die Undurchlässigkeitsbedingung wird nicht auf der Projektion des Flügels in
der Ebene y=0, sondern auf der aktuellen Flügelfläche erfüllt.
Demnach wird die Eintrittskante des Flügels ohne Ablösung und die anderen drei
Kanten mit der Ablösung der Wirbelschicht umströmt.
Die allgemeine Integralgleichung für die nichtlineare Theorie wird aus der
Undurchlässigkeitsbedingung abgeleitet:
102
Flügeltheorie

 
 
  
 
  
n (r )  (, 0,  )  (r  r1 )
n (r )  w (, ,  )  (r  r1 )
dS
(

,

)

dS
(

,

,

)


V
 n (r )
w

3
3
4 S
4

rr
r r
S
1
w
1
(5.83)
In (5.83) werden die folgenden Bezeichnungen benutzt:
 S - die Flügelfläche,

S w - die infinitesimal dünne Fläche der Wirbelschleppe,


r - der Ortsvektor des Punktes, in dem die Undurchlässigkeitsbedingung (5.83)
erfüllt wird,





r1   i   j   k ,


 
n (r ) - der Normalvektor im Punkt r ,




   x i   z k - die Stärke der Wirbelschicht auf der Flügeloberfläche S,


 w - die Stärke der Wirbelschicht auf der Oberfläche der Wirbelschleppe S w .
Zusammen mit der Integralgleichung (5.83) soll die Kutta‘sche Abflussbedingung
erfüllt werden.
Wie im Abschnitt 5.4 nachgewiesen wurde, fallen die Wirbellinien der Wirbelschleppe
des Flügels, bei stationären Betriebsbedingungen, mit den Stromlinien zusammen.
Deshalb wird die Gleichung der Stromlinien zur Berechnung der Wirbelschleppenlage
benutzt:
dx dy dz


ux u y uz

(5.84)
In Gleichung (5.84) ist u die Gesamtgeschwindigkeit, d.h. Anströmgeschwindigkeit +

Störgeschwindigkeit. Bei der Berechnung der Stärke  w der Wirbelschicht auf der
Oberfläche der Wirbelschleppe muss auch die Bedingung (5.19) in Betracht gezogen
werden.
103
Flügeltheorie
Numerische Lösung mittels Wirbelgitterverfahren
Abbildung 5.31: Wirbelschema des nichtlinearen Wirbelgitterverfahrens
Das Wirbelschema des nichtlinearen Wirbelgitterverfahrens wird in Abb. 5.31 gezeigt.
Es ist zu erkennen, dass die Querwirbel an der Seitenkante in die Strömung abfließen.
An den Seitenkanten, sowie an der Austrittskante, sind die Zirkulationen aller freien
Wirbel der Wirbelschleppe, den Zirkulationen der entsprechenden gebundenen Wirbel
des Flügels gleich. Jeder kurvenlineare Wirbel der Wirbelschleppe wird durch eine
Menge von geraden Wirbelabschnitten modelliert. Die Lage der Wirbel in der
Wirbelschleppe ist unbekannt und wird mit einem Iterationsverfahren berechnet.
Laut Gleichung (5.84) wird die Knotenlage der Wirbelabschnitte aus der algebraischen
Gleichung bestimmt:


 ui
ri 1  ri   l ,
ui
(5.85)


wobei ri und ri 1 die Ortsvektoren der Punkte des Wirbelabschnittes sind. l ist die
Länge des Wirbelabschnittes. l ist der freie Parameter des numerischen Schemas, der
vorgegeben werden soll. Bei der Berechnung der Geschwindigkeit ui , im Punkt mit
dem Ortsvektor ri , wird die induzierte Geschwindigkeit von den Wirbelabschnitten
 
 
[ ri 1 , ri ] und [ ri , ri 1 ] gleich Null gesetzt.
104
Übungen
Das Iterationsverfahren beinhaltet dabei folgende Schritte
i)
Berechnung des Flügels bei einem kleinen Anstellwinkel mit Hilfe der
linearen Theorie (Abschnitt 5.9.2).
ii)
Berechnung der Auftriebskraft.
iii)
Bestimmen der Form der Wirbelschleppe aus (5.85). Dabei wird die Lage
aller Knoten entlang der Wirbellinie ausgehend vom entsprechenden
Kantenpunkt des Flügels konsequent berechnet. Dabei entspricht der

Ortsvektor r1 dem entsprechenden Punkt an der Flügelkante.
iv)
Der Anstellwinkel wird erhöht j = j1 +  und der Flügel wird nochmals
mit der aus der vorherigen Iteration bekannten Wirbelschleppenform
berechnet.
v)
Die Auftriebskraft A j wird berechnet. Wenn der Unterschied zum Auftrieb
A j 1 , zur vorhergehenden Iteration größer als ein vorgegebener Wert
A j  A j 1   (ε<< 1) ist, folgt Schritt iii). Falls die Bedingung A j  A j 1  
gültig ist und der Anstellwinkel einen vorgegebenen Wert hat, ist die
Berechnung erfolgreich beendet.
Die Lösung des Problems erfordert normalerweise eine große Anzahl von
Iterationsschritten. Dabei ist oftmals mit Konvergenzproblemen zu rechnen. Die
prinzipielle Schwierigkeit besteht darin, dass die Lösung der Gleichungen (5.84)
mathematisch ein „ill-posed“ Problem darstellt. Diese Frage wird in Abschnitt 8.3 des
Manuskriptes [8] diskutiert.
Die Kraft wird mit dem Theorem von Joukowski auf allen Wirbeln der Fläche S
berechnet.
Übungen
1. Das Schiff mit der Länge 100 m und dem Tiefgang 5 m bewegt sich mit einer
Geschwindigkeit von 5 Knoten unter dem Schiebewinkel 3 Grad. Finden Sie
die Querkraft und das Giermoment! Benutzen Sie die Formel für die
hydrodynamischen Beiwerte des Flügels mit dem kleinen Seitenverhältnis:
C A   / 2 (Auftriebsbeiwert), CM   / 4 (Beiwert des Nickmomentes
berechnet bezüglich der Flügelmitte).
2. Das Bodeneffektfahrzeug mit dem Gewicht 20 Tonnen hat den Flügel mit der
Spannweite 15 m und der Wurzeltiefe 5 m. Finden Sie die
105
Übungen
Abhebegeschwindigkeit des Bodeneffektfahrzeuges, wenn der Abstand
zwischen der Hinterkante und der Wasseroberfläche beim Start 0,5 m beträgt
und der Anstellwinkel 4 Grad ist! Benutzen Sie die Abb. 5.16.
3. Berechnen Sie die Umströmung eines 2D Quaders unter ohne Anstellwinkel mit
der Paneelmethode! Als hydrodynamische Singularitäten benutzen Sie die
Punktwirbel.
4. Entwerfen Sie den Flügel für ein Flugzeug mit dem Gewicht 100 t! Berechnen
Sie den minimal notwendigen Schub und die Schwerpunktlage! Der Flügel soll
das Seitenverhältnis 10 und den Anstellwinkel 4 Grad haben. Als Profil
benutzen Sie eine Platte. Die Geschwindigkeit des Flugzeuges soll 200 m/s
betragen. Benutzen Sie Formel (5.79).
5. Welchen Einfluss auf den Auftrieb haben die Wölbung und die Dicke des
Profils?
6. Welchen Einfluss hat die Pfeilung auf den Auftrieb?
106
Oberflächenwellen
6. Oberflächenwellen
Zu den Oberflächenwellen gehören folgende Wellenbewegungen:
 Windwellen: Sie werden durch Windwirkung auf die freie Wasseroberfläche
ständig erzeugt.
 Dünung: Sobald die Windwirkung verschwindet, wandeln sich die Windwellen
zur Dünung um. Die Dünung besteht aus den Wellen, die eine relativ reguläre
harmonische Form besitzen. Die Dünung entsteht auch, wenn die
fortschreitenden Windwellen aus dem Sturmgebiet auslaufen.
 Schiffswellen: Sie werden durch Schiffsbewegung an oder unter der
Wasseroberfläche erzeugt.
 Innere Wellen: Sie entstehen durch Bewegung eines Objektes (Schiff, Eisberg,
U-Boot, u.s.w.) in der Nähe einer sprungartigen Änderung der Wasserdichte,
die üblicherweise durch eine scharfe Änderung des Salzgehaltes verursacht
wird. Die inneren Wellen treten oft in arktischen Gewässern auf, in denen die
oberen Schichten des Süßwassers durch Schmelzwasser entstehen oder aus
großen Flüssen stammen.
 Flutwellen: Sie werden durch die Anziehungskraft des Mondes und der Sonne
verursacht.
 Tsunami: Tsunamis entstehen durch unterseeische Erdbeben.
 Kapillarwellen: Der physikalische Grund für die Entstehung der Kapillarwellen
liegt in der Oberflächenspannung an der Wasseroberfläche.
Die ersten vier Wellenarten gehören zu den Gravitationswellen. Sie entstehen, wenn
ein Teil der Wasseroberfläche in vertikaler Richtung aus dem ungestörten
Gleichgewichtszustand verschoben wird. Durch die Wirkung der Erdschwere versucht
die Wasseroberfläche in den Gleichgewichtszustand zurückzukehren. Aufgrund der
Trägheit des Wassers geht diese Rückkehr schwingungsartig von statten. Für den
Schiffbau sind nur die drei ersten Wellenbewegungen von Bedeutung.
6.1
Wellenparameter
Das Wellenprofil ist die Kontur der Wasseroberfläche in der vertikalen Ebene, die
parallel zur Richtung der Wellenfortschreitung ist. Die niedrigsten Punkte der Kontur
107
Oberflächenwellen
heißen Wellental, während die höchsten die Wellenberge oder die Wellenkämme sind.
Die Wellenhöhe h ist der vertikale Abstand zwischen Wellental und Wellenberg. Die
Wellenamplitude entspricht der Hälfte der Wellenhöhe a=h/2. Der Abstand zwischen
zwei benachbarten Wellenbergen bestimmt die Wellenlänge L. Der Zeitabschnitt, den
diese Wellenberge durch einen Beobachtungspunkt an der Wasseroberfläche
passieren, ist die Wellenperiode τ. Die Wellengeschwindigkeit oder die
Phasengeschwindigkeit c ist die Geschwindigkeit der Fortschreitung des
Wellenberges. Die Periode wird aus der Formel

L
c
(6.1)
bestimmt. Wenn sich der Beobachtungspunkt entlang der Wasseroberfläche mit der
Geschwindigkeit V bewegt, wird die Begegnungsperiode   L /(c  V ) bestimmt. Der
reziproke Wert   2 /  ist die Wellenfrequenz. Die Wellenzahl ist
k
2
L
(6.2)
Für die konstante Fortschreitungsgeschwindigkeit folgt aus (6.1):
c
L
(6.3)

Die Wellenkammlänge λ ist der horizontale Abstand, der zwischen zwei benachbarten
Wellentäler senkrecht zur Richtung der Wellenfortschreitung gemessen wird. Das
Verhältnis L /  charakterisiert die Dreidimensionalität der Wellen. Die Wellen mit
dem Verhältnis L /   0 heißen die ebenen Wellen. Der Wellenneigungswinkel α ist
der Winkel zwischen der Tangente des Wellenprofils und der horizontalen Achse.
Wenn die Parameter der Wellen konstant sind, sind die Wellen periodisch und regulär.
Normalerweise sind Windwellen, Schiffswellen und innere Wellen irregulär. Die
Wellen der Dünung sind den regulären Wellen ähnlich.
Das Verhältnis der Wellenhöhe zur Wellenlänge für Windwellen ist gering (s. Tabelle
6.1). Die Wellen mit kleinem Verhältnis 2а/L werden weiterhin als Wellen mit kleiner
Amplitude bezeichnet. Wie Stokes gezeigt hat, brechen Wellen wenn der innere
Winkel am Wellenberg kleiner als 120 Grad wird. Das Verhältnis der Wellenhöhe zur
Wellenlänge beträgt für diese Wellen
2a 1
 .
L 7
108
Oberflächenwellen
Windgeschwindigkeit [m/s]
h = 2а [m]
L [m]
2а/L
8
1.2
25
1/21
13
4.0
87
1/22
19
8.4
138
1/18
25
12.6
285
1/23
27
14.5
376
1/26
Tabelle 6.1. Verhältnis 2а/L der Wellen in Abhängigkeit von der Windstärke
6.2
Mathematische Problemstellung
Das folgende Koordinatensystem wird weiterhin benutzt: die x-Achse liegt in der
ungestörten Wasseroberfläche, die z-Achse weißt senkrecht nach oben und die
y-Achse ist senkrecht zur Ebene x0z. In der mathematischen Theorie der
Wellenbewegungen wird angenommen, dass die Flüssigkeit reibungsfrei,
inkompressibel und homogen (d.h. die Dichte ist konstant) ist. Bei reibungsfreier
Flüssigkeit und Wirkung der Erdschwere ist die Strömung drehungsfrei, bzw.

potential, d.h. u  grad . Dabei ist φ das Geschwindigkeitspotential, dass die
Laplace‘sche Gleichung erfüllt:
 2  2  2


 0, ( x, y, z )    {( x, y, z ) : x  , y  ,   z   }
x 2 y 2 z 2
(6.4)
Abbildung 6.1: Skizze zur Formulierung des mathematischen Problems der
Wellentheorie
An der Wasseroberfläche sollen die dynamische und kinematische Randbedingungen
(1.10) und (1.11) erfüllt werden. Da der Druck über der Wasseroberfläche dem
109
Oberflächenwellen
atmosphärischen Druck gleich sein soll, kann die dynamische Bedingung (1.11) in der
folgenden Form
p  p a bei z   ( x, y, t ) .
(6.5)
geschrieben werden, wobei z = (x, y, t) die Gleichung der Wasseroberfläche ist. Aus
der allgemeinsten Bernoulli‘schen Gleichung [11]

 u 2

 gz  p  C  t  bei z = (x, y, t).
2
t
(6.6)
und (6.5) folgt:
p  pa  
2
2
2
           
           gz  0 , bei z = (x, y, t)
t 2  x   y   z  


(6.7)
oder
2
2
2
 1          
           gz  0 , bei z = (x, y, t)
t 2  x   y   z  


(6.8)
Die stationäre Strömung ist wie folgt gegeben:
1         
       
2  x   y   z 

2
2
2
  gz  0 , bei z = (x, y, t).


(6.9)
Die kinematische Randbedingung (1.10) wird erfüllt, falls sich die Wasseroberfläche,
als geometrische Oberfläche, zusammen mit den an der Wasseroberfläche liegenden
Wasserteilchen bewegt. Diese Bedingung kann in der folgenden Form geschrieben
werden:
uz 
d
bei z = .
dt
(6.10)
oder
 

 u x  u y  u z bei z = (x, y, t)
t x
y
110
(6.11)
Oberflächenwellen
Mit der Berücksichtigung des Zusammenhanges zwischen dem Potential und den



, uy 
, uz 
ergibt sich:
Geschwindigkeiten u x 
y
x
z
     
 

z t x x y y bei z = (x, y, t).
(6.12)
Zusätzlich zu den Bedingungen (6.8) bzw. (6.9) und (6.12) sollen die Bedingung in der
Unendlichkeit
grad  N  konst. bei   x 2  y 2  z 2  , grad  0 bei z   .
(6.13)
und die Undurchlässigkeitsbedingung am Körper erfüllt werden. Bei der Behandlung
der instationären Strömungen soll eine von zwei möglichen Anfangsbedingungen der
Wellentheorie vorgegeben werden:

u 0  grad 0  0,
oder
  0  f 2 ( x, y ),

 f 1 ( x, y ), bei t  0 und z  0
t

 0, bei t  0 und z  0 .
t
Lineare Wellentheorie
Im
Rahmen
der
linearen Wellentheorie wird angenommen, dass die



u

u

u

y
x
z
Störgeschwindigkeiten
,
klein sind. Die Quadrate dieser
y ,
x
z
Größen werden vernachlässigt. Auch die Wasseroberflächendeformation (x, y, t) ist
klein. Damit nehmen die Randbedingungen (6.8) und (6.12) die folgende Form an

 g   0 bei z = 0,
t
(6.14)
 

bei z = 0.
z t
(6.15)
Aus (6.14) und (6.15) lässt sich eine gemischte Randbedingung entwickeln.
111
Oberflächenwellen
 ( x, y , t )  
1 
,
g t
Bei der Berechnung der zeitlichen Ableitung
(6.16)

1  2

t
g t 2
Ergebnisses in (6.15) ergibt sich die gemischte
Wasseroberfläche im Rahmen der linearen Wellentheorie:
 2


g
 0 bei z = 0.
z
t 2
6.3
und einsetzen des
Randbedingung
an
der
(6.17)
Harmonisch fortschreitende Welle kleiner Amplitude
Das Potential der Strömung der harmonisch fortschreitenden Welle wird in der Form

ag kz
e sin  kx  t 

(6.18)
geschrieben.
Das Wellenprofil ergibt sich aus (6.16) und (6.18)
 
1  ( x,0,t )
 acos( kx   t )
g
t
(6.19)
Die Lage der Wellenkämme und der Wellentale entspricht der Bedingung

cos( kx   t )  1 , kx  t  m (m = 0, 2, 4,…). Daraus folgt, dass die Abszisse des
2
Wellenkammes x 
m 
 t entlang der x- Achse mit der konstanten Geschwindigkeit
2k k
fortschreitet
c
dx  L
  .
dt k 
Setzt man (6.18) in die gemischte Randbedingung (6.17) ein,
Zusammenhang
2 = kg
(6.20)
stellt sich der
(6.21)
112
Oberflächenwellen
zwischen der Wellenfrequenz und der Wellenzahl ein. Wird (6.21) in (6.20) eingesetzt,
ergibt sich die Formel für die Phasengeschwindigkeit der fortschreitenden Welle:
c
g

k
gL
.
2
(6.22)
Die Phasengeschwindigkeit wächst mit der Wurzel aus der Wellenlänge. Die Bahnen
der Wasserteilchen in der Welle ergeben sich aus den Bahngleichungen
dx  agk kz



e cos  kx  t  


dt x
.
dz  agk kz


uz 
e sin  kx  t  


dt z
ux 
(6.23)
Es seien x0 und z0 die Koordinaten des Wasserteilchens im Gleichgewichtszustand.
Wenn die Verschiebungen der Wasserteilchen bezüglich x0 und z0 klein sind,
vereinfachen sich die Gleichungen aus (6.23) zu
dx agk kz0


e cos  kx0  t  

dt

.
(6.24)
dz agk kz0
e sin  kx0  t  


dt

Nach der Integration der Gleichungen (6.24) ergibt sich:
x
z
agk
2
ekz0 sin  kx0  t   x0  aekz0 sin  kx0  t   x0 ;
2
e kz0 cos  kx0  t   z0  aekz0 cos  kx0  t   z0 .

agk


 x  x0 2   z  z0 2   aekz
.
2
0
(6.25)
Die Bahnen der Wasserteilchen sind folglich Kreise mit den Radien ae kz . Der Radius
der Wasserteilchen an der Wasseroberfläche ist gleich a. Mit größer werdender
Eintauchung z0  0 wird der Radius kleiner. Beispielsweise, beträgt der Radius bei
0
z0   L nur ae 2  , d.h. fast 535 mal kleiner als die Wellenamplitude. Die Periode der
113
Oberflächenwellen
Bewegung der Teilchen entlang der Kreisbahn ist gleich der Wellenperiode. Der
Betrag der Geschwindigkeit der Wasserteilchenbewegung beträgt:
uв  u x2  u z2 
agk kz
e  ae kz .

(6.26)
Die Störungen unterhalb der Wasseroberfläche klingen bei Seegang exponentiell ab.
6.4
Energie der harmonischen fortschreitenden Welle kleiner
Amplitude
Berechnung der Energie der ebenen harmonischen Welle, kleiner Amplitude und
Länge L. Die Energie setzt sich aus der kinetischen TFl und der potentiellen E p
Energie zusammen. Betrachtet wird die Kontur ABCD (Abb. 6.2) mit der Länge L
und der Breite 1. Die Summe TFl + E p entspricht der Energie der Flüssigkeit, die
innerhalb dieser Kontur steckt.
Abbildung 6.2: Geometrische Parameter der fortschreitenden Welle
Die kinetische Energie TFl der potentialen Strömung wird aus der Formel (3.11)
berechnet, die für den Fall einer einzigen Strömungsgrenze folgende Form annimmt:
TFl 

2
ABCD


dl
n
(6.27)
Die untere Grenze der Kontur CD ist tief getaucht, so dass alle Störungen an dieser

Grenze verschwinden, d.h.   n dl  0 . Die Normalenvektoren an den Grenzen AD
CD
und BC sind entgegengesetzt orientiert während die Potentiale gleich sind. Die Summe
114
Oberflächenwellen


  n dl    n dl  0
BC
ist folglich gleich Null. Vom Integral (6.27) entlang der
DA
geschlossenen Kontur bleibt nur der Teil entlang der Wasseroberfläche AB
TFl 


 dl .

2 AB n
(6.28)
Unter der Berücksichtigung der Annahmen der linearen Wellentheorie (s. Abschnitt
6.2) können die folgenden Vereinfachungen gemacht werden:
 

,
n z

   
 
,
z  z  z 0
L
 ...dl  ...dx
(6.29)
0
AB
Mit Berücksichtigung der Vereinfachungen (6.29) ergibt sich
L
TFl
   
dx
  
2 0  z  z  0
(6.30)
Setzt man (6.18) in (6.30) ein, bekommt man die kinetische Energie der Flüssigkeit
innerhalb der Kontur
ga 2
TFl 
L.
(6.31)
4
Die potentielle Energie in einer Wellenlänge L berechnet sich aus der Kontur . Dieses
Integral wird über dem Produkt vom Gewicht des Wassers gdx im elementaren
Volumen dx mit der Koordinate des Schwerpunktes dieses Volumens /2 berechnet:
L
g 2
Ep 
 dx .
2 0
(6.32)
Formel (6.19) in (6.32) eingesetzt, ergibt, dass die potentielle Energie der kinetischen
Energie gleich ist:
115
Oberflächenwellen
Ep 
ga 2 L
.
4
(6.33)
Somit ist die Gesamtenergie
ga 2
E  TFl  E p 
L.
2
6.5
(6.34)
Gruppengeschwindigkeit und Energiestrom
Bei einer Störung der Oberfläche gehen Wellen mit verschiedenen Wellenlängen ab.
Zu beobachten sind Gruppen von Wellen, die sich aus der Überlagerung mit
benachbarten Wellenlängen bilden. Die Geschwindigkeit dieser Gruppe ist bei
Schwerewellen kleiner als die der einzelnen Wellen. Um die Formel für die
Gruppengeschwindigkeit zu finden, werden zwei Wellen derselben Amplitude mit
wenig verschiedener Wellenlänge L und Frequenz σ überlagert. Die resultierende
Welle hat das folgende Potential und Profil
 e k1 z

e k2 z
sin  k1 x  1t  
sin  k2 x  2t  
  ag 
2
 1

(6.35)
  a[cos(k1 x   1t )  cos(k 2 x   2 t )] 
  2 
  2 
k k
k k
 2a cos  1 2 x  1
t  cos  1 2 x  1
t.
2
2
 2

 2

(6.36)
Da k  k1  k2 und   1  2 klein sind, ergibt sich aus (6.36)
 
 k
  2a cos 
x
t  cos  kx  t 
2 
 2
(6.37)
Die Resultierende kann als Kosinuswelle angesehen werden und hat die veränderliche
k1  k2
  2 
 
 k
x 1
t   2a cos 
x
t  . Fallen die Berge mit den
2
2 
 2
 2


Amplitude a*  2a cos 
verschiedenen Phasengeschwindigkeiten c 
zusammen:
116
1
2
und c 
fortschreitender Wellen
k1
k2
Oberflächenwellen
k1 x   1t  m1 2 ,
k2 x   2t  m2 2 ,
m1  0,1, 2,..,
m2  0,1, 2,..,
 2
k1  k2

x 1
t  (m1  m2 ) 
   2   k1  k2
 2 

 k1  k2
2
2
x 1
t  cos 
x 1
t   1
  cos 
1   2
k1  k2
2
2
2
2




x
t  (m1  m2 ) 


2
2
so ist die Amplitude der Welle   a*  2a . Fallen Berg und Tal zusammen,
k1 x   1t  m1 2 ,
m1  0,1, 2,..,
k2 x   2t  m2 ,
m2  1,3,5,..,
 2
k1  k2
x 1
t  m1  m2 / 2  (m1  m2 )  m2 / 2 
2
2
 2 
k k
 cos  1 2 x  1
t   sin[(m1  m2 ) ]sin m2 / 2  0
2
 2

so ist a*  0 . Die Gruppe ist an dieser Stelle zu Ende. Das Wellenprofil der
Wellengruppe, die eine Überlagerung von zwei Schwingungen mit den Längen

4
(kurzperiodische
k1  k2
Schwankung)
und
L
4
k1  k2
(langperiodische
Schwankung) darstellt, wird in Abb. 6.3 gezeigt.
Abbildung 6.3: Wellengruppen
Die maximale Amplitude der Welle in der Gruppe beträgt 2а. Zwischen den
benachbarten Gruppen ist die Wasseroberfläche ungestört (a=0). Jede Welle in dieser
Gruppe bewegt sich mit der Phasengeschwindigkeit c 
1   2
. Da 1  2   und
k1  k2
k1  k2  k, ist die Phasengeschwindigkeit der Wellen in der Wellengruppe der
Phasengeschwindigkeit einer einzelnen Welle c 

gleich. Die Geschwindigkeit U,
k
mit der die Wellengruppe fortschreitet, ist nach (6.37)
117
Oberflächenwellen
U
 d 

.
k dk
(6.38)
Mit Berücksichtigung der Formel (6.21) gilt
Nach (6.22) c 
U
1
2
U
c
2
g
.
k
(6.39)
g
, gilt folglich
k
(6.40)
 Die Gruppengeschwindigkeit bei tiefem Wasser ist halb so groß wie die
Phasengeschwindigkeit.
Die einzelnen Wellen in der Wellengruppe bewegen sich schneller als die
Wellengruppe insgesamt.
Es lässt sich leicht nachweisen, dass der Unterschied in der Geschwindigkeit einzelner
Wellen und der Wellengruppe nur dann entsteht, wenn c von der Wellenlänge abhängt:
  kc 
Nur wenn
d  c / L  Ldc  cdL
dc
d
2
dc


cL
c U 
oder U  c  L .
d 1/ L 
dL
dL
dk
dL
L
dc
 0 ist, sind U und c nicht gleich, U<c.
dL
Die Energie einer fortschreitenden Welle wird mit der Gruppengeschwindigkeit
transportiert. Zum Beweis wird die Arbeit des Druckes p an der Oberfläche x=konst in
einer Periode T berechnet, diese ist gleich dem Energiestrom S durch diese Fläche.
Der Energiestrom ist dann

dzdt

x

0 
Aus der allgemeinsten Bernoulli‘schen Gleichung (s. (6.6)) ergibt sich
T 0
S
p  C t   
p
 u 2


 g   C  t   
 g 
t
2
t
118
(6.41)
(6.42)
Oberflächenwellen
Wird der Druck aus (6.42) und das Potential aus (6.18) in (6.41) eingesetzt, so ergibt
sich
S
g
2
a 2UT
In einer Sekunde wird die mittlere Energie
g
2
(6.43)
a 2U transportiert. Die Energie, die bei
der Wellenbewegung in einer Wellenlänge steckt, ist gemäß (6.34)
ga 2
ga 2
E  TFl  E p 
L
cT
2
2
Aus (6.43) und (6.34) folgt die fundamentale dynamische Aussage:
S U
 ;
E c
Die
Energie
der
S
Längeneinheit
U
E
c
(6.44)
einer
Welle
ga 2
2
wird
mit
der
Gruppengeschwindigkeit U transportiert, so dass der mittlere Transport pro Sekunde
ga 2
U
2
1
2
beträgt. Bei tiefem Wasser ist S  E . In der Wellenlänge vor dem
Querschnitt x=konst. ist die Energie E vorhanden. Lediglich die Hälfte der Energie
tritt durch den Querschnitt, der Rest bleibt in der Wellenbewegung zurück.
6.6
Erzwungene Wellen bei der Bewegung punktförmiger
Druckimpulsströmungen an der Wasseroberfläche
Ein Druckimpuls P wirkt punktweise auf die Wasseroberfläche im
Koordinatenursprung zum Zeitpunkt t = t0. Dadurch entstehen eine potentiale
Strömung in der Flüssigkeit und die konzentrischen Wellen kleiner Amplitude an der
Wasseroberfläche. Die konzentrischen Wellen schreiten von der Punktstörung fort.
Die Lösung dieses Problems wurde von Cauchy und Poisson gegeben.
Das Potential, das die Laplace‘sche Gleichung, die Randbedingung (6.13), die
gemischte Randbedingung (6.17) und die Anfangsbedingung 0 = f2(x, y),

 0 ,bei
t
t = 0 und z = 0 (s. Abschnitt 6.2) erfüllt, wird in der folgenden Form geschrieben:
119
Oberflächenwellen

P

cos te kz I 0  k , r  kdk ,

2 0
(6.45)
wobei I0(k, r) die Bessel‘sche Funktion der ersten Gattung 0-ter Ordnung ist11. Die
Form der Wasseroberfläche ergibt sich aus (6.19) und (6.45)

1 
P


 sin tI 0  k , r  kdk
g t 2g 0
(6.46)
Bei großem t und kleinem r (nah zur Punktstörung), gilt die folgende asymptotische
Formel für die von der Punktstörung verursachte Wasseroberflächendeformation

Pgt 3
8 2r
sin
4
gt 2
.
4r
(6.47)
Dieses Problem hat einen direkten Zusammenhang zur Wellenerzeugung durch
bewegende Schiffe. Bei der Bewegung eines Körpers an der Wasseroberfläche wirken
die Druckimpulse von der Körperoberfläche auf die Flüssigkeit. Dadurch entstehen in
der Flüssigkeit die Störbewegung und die Wellen an der Wasseroberfläche. Ein
qualitatives Bild dieses Vorgangs kann man ermitteln, wenn die Störwirkung des
Schiffes, durch einen sich mit der Schiffsgeschwindigkeit V bewegenden
Punktdruckimpuls P, modelliert wird. Die Wellenbildung kann mit Formel (6.46)
berechnet werden. Die Wellen bilden sich in einem Punkt M (s. Abb. 6.4) durch
Überlagerung von konzentrischen Wellen, die von dem sich entlang der x-Achse
bewegenden Störpunkt fortschreiten. Den Hauptbeitrag zur Wellenbildung leisten die
Wellen, die die gleichen Phasen beim Erreichen des Punktes M haben. Wellen mit
unterschiedlichen Phasen werden durch Überlagerung gedämpft.
Die Lösung des Problems, für die Wellenbildung durch eine sich an der
Wasseroberfläche bewegende punktförmigen Druckimpulsstörung, wurde zum ersten
Mal von Kelvin 1887 gegeben. Das Wellensystem bewegt sich stationär mit der
Störung. Kelvin hat gezeigt, dass sich zwei typische Wellensysteme bilden: das quer
zur Bewegungsrichtung des Impulses und das divergente System (s. Abb. 6.4). Die
Wellen laufen mit der Störung in einem Sektor hinter der Störung her, der durch den
Öffnungswinkel  begrenzt wird. Die Wellenrichtung auf der Grenzlinie des Sektors
entspricht 35,26°.
11
Siehe de.wikipedia.org/wiki/Bessel-Funktion
120
Oberflächenwellen
Abbildung 6.4: Wellensystem hinter einer sich entlang der x-Achse bewegenden,
punktförmigen Druckimpulsstörung
Abbildung 6.5: Schiffswellen von Kelvin
(Photo wurde freundlicherweise von Michael Meylan bereitgestellt,
www.wikiwaves.org)
Bei tiefem Wasser liegt der Winkel  für verschiedene Geschwindigkeiten V konstant
bei 19028/. In flachem Wasser hängt  vom Verhältnis der Geschwindigkeit V zur so
genannten kritischen Phasengeschwindigkeit c kr  gh (s. S. 78 in [11]) ab, wobei h
121
Oberflächenwellen
die Wassertiefe ist. Bei V  c kr  gh entsteht nur eine einzige Welle vor der
Impulsstörung. Der Winkel beträgt dabei 90 Grad, d.h.  = 90.
Berechnung des Wellenwiderstandes mit Paneelmethoden
6.7
In Kapitel 6.3 - 6.6 wurden verschiedene analytische Lösungen der Wellentheorie
dargestellt. Die Ermittlung des Wellenwiderstandes des Schiffes und der
Wellenbildung ist dabei eine komplizierte Aufgabe. Die Lösungen können nur
numerisch mit den Paneelmethoden ermittelt werden. Hier wird die von Dawson in
1977 [4] vorgeschlagene Paneelmethode beschrieben, in der die Wasseroberfläche und
die Schiffsoberfläche jeweils durch eine Quellenschicht modelliert werden. Die Stärke
von Quellen und Senken wird aus der Randbedingung an der Wasseroberfläche und
aus der Undurchlässigkeitsbedingung bestimmt. Der Einfachheit halber, betrachten wir
den zweidimensionalen Fall.
Es wird angenommen, dass
 die durch das Schiff erzeugten Wellen kleine Amplituden haben
und
 die Strömung stationär ist.
Das Gesamtpotential wird in der Form der Summe
   
(6.48)
gesucht. Hier  ist das Potential, welches die Umströmung des Schiffsdoppelkörpers
beschreibt.  kann mit der in Abschnitt 2.2 beschriebenen Paneelmethode ermittelt
werden (wird weiterhin als bekannte Funktion behandelt). Das Potential  hat die
Ordnung  ~ O(1), d.h. die vom Schiff verursachten Verdrängungseffekte werden
nichtlinear behandelt. Der Einfluss der Wellenbildung wird durch das Potential 
berücksichtigt. Das Potential  ist eine kleine Größe  ~ O(). Ergibt sich die
Ableitung der Wasseroberflächendeformation nach x aus (6.9)
2
2
1        


     
(6.49)
2 g x  x   z  
x
und wird (6.49) in kinematische Randbedingung (6.11) eingesetzt, ergibt sich die
gemischte nichtlineare Randbedingung
122
Oberflächenwellen
2
2
1         

 0 bei z   ( x, y , t )
       g
2 x x  x   z  
z
(6.50)
Da die Wellen klein sind, wird die Bedingung (6.50) an der ungestörten
Wasseroberfläche erfüllt.
Wird (6.48) in (6.50) eingesetzt und werden kleinen Größen der zweiten Ordnung
vernachlässigt, ergibt sich die Randbedingung an der freien Oberfläche
2 2
2

          


 0 bei z=0
g






z
 x  x 2 x  x  x 
(6.51)
Dabei wurde berücksichtigt, dass die ungestörte Wasseroberfläche die
Symmetrieebene für Doppelkörper ist, d.h.  / z  0 bei z=0. Wird (6.51) für das
gesamte Potential benutzt, entwickelt sich Formel
2
2 2
     

    
 2

g


bei z=0
x  x  x 
z
 x  x 2
(6.52)
Das Potential  soll neben der Randbedingung an der Wasseroberfläche (6.52) auch
der Undurchlässigkeitsbedingung an der aktuellen Schiffsoberfläche genügen:

 0 an der unteren Seite der Oberfläche SK
n
(6.53)
Das Potential  wird als die Summe des Anströmpotentials und des Potential der
Quellenschicht gesucht:
( x, z )  V x 
 q  x, z  ln r  ln r ds   q  x, z   ln rds ,
Sk
SF
wobei r  ( x  x)2  ( z  z )2 und r  ( x  x)2  ( z  z )2 sind. Die Quellenschicht liegt
sowohl an der Oberfläche des Doppelkörpers SK, als auch an der freien Oberfläche SF.
Die Quellenschicht und die beiden Oberflächen SK und SF werden durch M Paneele
diskretisiert. Innerhalb jedes Paneels ist die Quellstärke konstant:
123
Oberflächenwellen
M
( x, z )  V x   q j  j ( x, z; x j , z j ) ,
(6.54)
j 1
wobei die Bezeichnungen ( x, z; x j , z j ) 
 (ln r  ln r )dS
für Paneele an Doppelkörper-
 ln rdS
für Paneele an der freien
Skj
oberfläche gelten, während ( x, z; x j , z j ) 
S Fj
Oberfläche gilt.
Die Geschwindigkeiten in jedem Punkt des Raums (x, y) wird durch die Ableitungen
(6.54) nach entsprechenden Koordinaten berechnet:
M

u x ( x, z ) 
 V   q j wxj ( x, z; x j , z j ),
x
j 1
u z ( x, z ) 
wobei
   x r2x

wxj x, z; x j , z j 
Sk j
für
Paneele
an
(6.55)
 M
  q j wzj ( x, z; x j , z j )
z j 1


x  x 
ds ,
r2 
Doppelkörperoberfläche
   z r2z

wzj x, z; x j , z j 


Sk j
und

 
wxj x, z; x j , z j 
S Fj

z  z
 
wzj x, z; x j , z j 
S Fj
r2
z  z 
ds
r2 
x  x
ds ,
r2
ds für Paneele an der freien Oberfläche gelten. Die
Randbedingungen (6.52) und (6.53) werden in den Paneelzentren erfüllt. Dadurch
entsteht ein System linearer Gleichungen zur Ermittlung von unbekannten
Quellenstärken qj, j = 1,…,M. Es soll erwähnt werden, dass bei der Berechnung der
zweiten Ableitung des Potentials  nach x in jedem Paneelzentrum „i“ in der
Randbedingung (6.52) die Rückwärtsdifferenzen zu benutzen sind:
 2
x
2
i
 u 
  x   Ai u xi  Bi u xi1  Ci u xi2  Di u xi3
 x i
(6.56)
Dabei werden die Beiwerte A, B, C und D durch geometrische Parameter der
stromaufwärts liegenden Paneele mit Nummern i, i 1, i 2, i 3 ausgedrückt. Also
wird die Ableitung durch die Werte der Geschwindigkeit von stromaufwärts liegenden
124
Übungen
Paneelen ausgedrückt. Die numerische Erfahrung zeigt, dass damit die wichtige
Abstrahlbedingung erfüllt wird. Diese Bedingung sagt aus, dass die vom Schiff
erzeugten Wellen nach dem Schiff stromabwärts und nicht stromaufwärts fortschreiten
sollen. Eine mathematische Begründung der Regel (6.56) fehlt bis heute.
Wird die Quellstärke bekannt, berechnet man das Potential und die Geschwindigkeiten
aus (6.54) und (6.55). Danach kann die Druckverteilung und der Wellenwiderstand
durch Integration der Normalspannungen ermittelt werden. Zum Schluss findet man
die Form der erzwungenen Wellen aus der Formel (6.9).
Die hier beschriebene Paneelmethode wurde zur Berechnung des Wellenwiderstandes
im Rahmen der nichtlinearen Wellentheorie (nichtlineare Randbedingungen an der
freien Wasseroberfläche) mit simultaner Ermittlung der Schiffsschwimmlage
(s. Manual zum Programm Shipflow) verallgemeinert.
Übungen
1. Die Ozeanwelle hat die Periode 12 s. Berechnen Sie die Länge und die
Phasengeschwindigkeit der Welle!
2. Das Schiff bewegt sich mit der Geschwindigkeit 5 m/s schräg zur Welle unter
dem Winkel 15°. Die gemessene Begegnungsperiode beträgt 15 s. Berechnen
Sie die Periode und die Länge der Wellen!
3. Ein Halbkreis schwingt an der Wasseroberfläche in die Querrichtung mit einer
Frequenz ω. Finden Sie die hydrodynamische Masse für den Grenzfall   0 !
Wie kann man den Einfluss der Wasseroberfläche für den Grenzfall   
leicht modellieren? Hinweis: Stellen Sie das Potential φ in der Form
 ( x, y, z , t )   ( x, y, z ) sin t dar und setzen sie in die gemischte Randbedingung
(6.17) ein. Finden Sie die Grenzformen der Randbedingung bei   0 und
   . Nehmen Sie eine Quelle und denken Sie nach, wie man die
Randbedingungen bei   0 und    mit Spiegelungsprinzip erfüllen kann.
Siehe Kapitel 14.8 in [11].
125
Übungen
126
Strömungen mit Reibung
7. Strömungen mit Reibung
7.1
Einführung
Abbildung 7.1: Unterteilung des Strömungsgebietes bei großen Reynoldszahlen
Die Schiffsumströmung wird durch hohe Reynoldszahlen gekennzeichnet. Die
typischen Reynoldszahlen liegen im Bereich zwischen 10 8 und 10 9 . Da die Strömung
vollturbulent und der Bereich des Reibungseinflusses relativ dünn zur Schiffslänge ist,
ist es schwer, die Modelle zu entwickeln, die für alle Strömungsgebiete in der Nähe
und weit von der Schiffsoberfläche allgemeingültig sind. Die modernen numerischen
Technologien wie DNS und LES haben wesentliche Einschränkungen bezüglich der
Reynoldszahl und können zurzeit nicht für Schiffe eingesetzt werden. Andererseits
kann die Modellierung wesentlich vereinfacht werden, wenn man berücksichtigt, dass
die Reibung bei großen Reynoldszahlen nur eine wesentliche Rolle in einer engen
Schicht neben der Schiffsoberfläche spielt. Diese Schicht wird Grenzschicht genannt.
Bei großen Re Zahlen kann die Schiffsumströmung in die folgenden drei Gebiete
unterteilt werden:

Potentialgebiet (Zone I), wo die Strömung als reibungs- und drehungsfrei


    u  0 betrachtet wird,

die Grenzschicht (Zone II) und

der Nachlauf (Zone III).
In den beiden letzten Teilbereichen ist der Widerstandseinfluss zu berücksichtigen.
Diese für Schiffshydromechanik typische Unterteilung des Strömungsbereiches wird
im Rahmen der Grenzschichttheorie genutzt. Diese Theorie wurde 1904 von dem
hervorragenden deutschen Wissenschaftler Ludwig Prandtl vorgeschlagen. Im Rahmen
der Grenzschichttheorie wird die Behauptung aufgestellt, dass die Dicke der
Grenzschicht und die Breite des Nachlaufs im Bezug auf die Schiffslänge gering sind.
Dadurch werden die komplizierten elliptischen Navier Stokes Gleichungen innerhalb
der Zonen II und III zu wesentlich einfacheren Grenzschichtgleichungen,
127
Strömungen mit Reibung
parabolischer Art, reduziert. Im Gebiet I wird die potentielle Lösung gesucht. Die
allgemeingültige Lösung wird durch die Anpassung der potentiellen Lösung und der
Lösung der Grenzschichtgleichungen am äußeren Rand der Grenzschicht gefunden.
Hauptbegriffe der Grenzschichttheorie und die entsprechenden Gleichungen werden in
Abschnitt 7.2 erklärt.
7.2
Hauptbegriffe der Grenzschichttheorie.
Im Rahmen der Grenzschichttheorie wird das Koordinatensystem benutzt, indem die
x-Achse entlang der Schiffsoberfläche und die y-Achse senkrecht zur
Schiffsoberfläche angelegt sind (siehe Abb. 7.1). Die Kennparameter der Grenzschicht
sind:

Grenzschichtdicke , ist der Abstand der Schiffsoberfläche zum Punkt in
dem die Strömungsgeschwindigkeit den Wert 0,995 der Geschwindigkeit
der äußeren potentialen Strömung erreicht

Verdrängungsdicke

ux
)dy ,
u
(7.1)
ux
u
(1  x )dy ,
u
u
0 
(7.2)
   (1 
*
0
 Impulsverlustdicke
**



wobei u die Geschwindigkeit an der äußeren Grenze y=  der Grenzschicht ist. Sie
fällt bei y= mit der Geschwindigkeit der potentialen Strömung zusammen.
Die Grenzschichtdicke ist am Bug des Schiffes Null und wächst in Richtung des
Hecks. Für eine grobe Abschätzung der Grenzschichtdicke am Heck bei großen
Reynoldszahlen kann die Formel   0,01L. benutzt werden. Es ist zu bemerken, dass
die äußere Grenze der Grenzschicht keine Stromlinie ist.
Die Verdrängungsdicke charakterisiert die Verdrängung der Stromlinien der äußeren
potentialen Strömung unter Einfluss der Grenzschicht. Der physikalische Sinn der
Verdrängungsdicke wird am Bild 7.2 anschaulich illustriert. Betrachten wir zwei
Stromlinien AB und CD. Unter Einfluss der Grenzschicht wird die Stromlinie in
vertikaler Richtung auf die Dicke * ausgelenkt. Nach der Kontinuitätsbedingung ist
der Durchfluss durch den Querschnitt AC dem Durchfluss durch Querschnitt BD
gleich:
128
Strömungen mit Reibung

V    u x dy  V *
0
(7.3)
Definition (7.1) folgt unmittelbar aus (7.3).
Abbildung 7.2: Zur Erklärung des Begriffs „Verdrängungsdicke“. Entnommen
von [2].
Impulsverlustdicke charakterisiert die Impulsverluste innerhalb der Grenzschicht, die
durch Reibungsverlust entstehen.
7.3
Physik der Strömung in der Grenzschicht
Innerhalb der Grenzschicht ist die Strömung je nach der Reynoldszahl entweder
laminar oder turbulent. Sie kann auch eine gemischte Form (laminar im Bugbereich
und weiter turbulent) annehmen. Der Umschlag tritt ein, sofern die lokale
Reynoldszahl Re 
u 
einen kritischen Wert Rekrit erreicht. Im Bugbereich ist die

Grenzschichtdicke gering und deshalb kann dort theoretisch ein laminarer Bereich
existieren. In der Großausführung ist der laminare Bereich entweder kurz oder gar
nicht existent, weil die von der Brechung der Bugwelle verursachten zusätzlichen
Verwirbelungen dazu führen, dass die Strömung schon am Bug turbulent wird. In
Heckrichtung nimmt die lokale Reynoldszahl Re zu und erreicht stromabwärts einen
kritischen Wert. Nach diesem Punkt ist die Strömung turbulent. Dabei tritt ein steiler
Zuwachs der Grenzschicht auf (siehe Abb. 7.3).
129
Strömungen mit Reibung
Abbildung 7.3: Grenzschichtevolution entlang des Schiffes
In der reibungsbehafteten Strömung   0, mit positiven Druckgradient dp/dx > 0,
kann eine Ablösung der Grenzschicht auftreten. Der Einfachheit halber betrachten wir
eine
zweidimensionale
Strömung.
Eine
anschauliche
Erklärung
der
Strömungsablösung kann auf dem Beispiel des Abrutschens einer Kugel in der
Ausbuchtung (siehe Abb. 7.4a) gegeben werden. Im Ruhezustand, im oberen Punkt A
hat die Kugel die maximale potentielle Energie. Beim Abrutschen wandelt sich die
potentielle Energie, in kinetische Energie, um. Die kinetische Energie erreicht das
Maximum im tiefsten Punkt B, in dem die Geschwindigkeit der Kugel auch maximal
ist. Bei der weiteren Bewegung nach oben, nimmt die kinetische Energie ab und
wandelt sich wieder in potentielle Energie um. Sofern die Reibung fehlt, findet eine
vollständige Wiederherstellung der potentiellen Energie statt und die Kugel ist in der
Lage den Punkt C, auf gleicher Höhe wie Punkt A, zu erreichen. Sind
Reibungsverluste vorhanden, erreicht die Kugel nicht den Punkt C und ihre Bewegung
auf der Strecke BC wird gestoppt. Ähnliche Vorgänge finden bei flüssigen Teilchen in
der Umströmung eines Zylinders, mit der Geschwindigkeit V , statt (siehe Abb. 7.4b).
Betrachten wir ein Teilchen, das sich auf einem infinitesimalen Abstand von der
kritischen Stromlinie (Null Stromlinie) ABC bewegt. Die Druckverteilung bei der
Zylinderumströmung sieht ähnlich, wie die Verteilung der Höhe im Beispiel mit der
abrutschenden Kugel, aus. In beiden Fällen werden die Verteilungen der potentiellen
Energie gezeigt. Im Fall der Kugel hat man potentielle Energie, die durch die Höhe
bestimmt wird. Das Beispiel mit dem Teilchen zeigt die Verteilung der potentiellen
Energie, die durch Druck bestimmt wird. Im Punkt A hat das Teilchen die größte
V02
, wobei
potentielle Energie, da der Druck in diesem Punkt maximal ist ( p A  p0 
2
p0 der Referenzdruck weit von dem Zylinder ist). Die kinetische Energie des
Teilchens im Staupunkt A ist Null. Entlang der Stromlinie wird das Teilchen
beschleunigt und erreicht die maximale Geschwindigkeit im Punkt B, in dem die
kinetische Energie des Teilchens, ähnlich wie im Fall der Kugel maximal ist. Nach
dem Punkt B wird die Bewegung des Teilchens durch ansteigenden Druck (durch
130
Strömungen mit Reibung
positiven Druckgradienten) gebremst. Entstehen Reibungsverluste, wird die Bewegung
des Teilchens auf der Strecke BC gestoppt. Das Teilchen ist nicht in der Lage den
Punkt C zu erreichen und löst sich von der Zylinderoberfläche ab. Sie fließt vom
Zylinder ins Strömungsgebiet, da der Druck dort geringer ist. Dadurch tritt die
Strömungsablösung auf.
Abbildung 7.4: Zur Erklärung des Phänomens der Strömungsablösung
Abbildung 7.5: Evolution der Grenzschicht entlang eines Profils
Im Bild 7.5 werden entlang der oberen Seite eines Profils die Entwicklung und die
Änderung der Geschwindigkeitsverteilung innerhalb der Grenzschicht gezeigt. Die
gleichen Vorgänge treten in der Grenzschicht des Schiffes auf. Die Strichlinie zeigt
den äußeren Bereich der Grenzschicht, die stromabwärts ständig wächst. Im vorderen
Teil des Profils bis zu der dicksten Stelle herrscht ein negativer Druckgradient
dp
0
dx
und die Strömung in der Nähe der Profilseite wird beschleunigt. Das
Geschwindigkeitsprofil in der Grenzschicht ist voll. Die größte Geschwindigkeit an
der äußeren Grenze wird an der dicksten Stelle des Profils erreicht, wo der
131
Strömungen mit Reibung
dp
 0 ist. Danach wird die Strömung durch den positiven
dx
dp
0
gebremst.
Nach
diesem
Punkt
wird
das
Druckgradienten
dx
u x
( x, y  0)
an der
Geschwindigkeitsprofil schlanker (die Ableitung
y
Druckgradient Null
Schiffsoberfläche nimmt ab) und S-förmig. In dem Punkt, wo diese Ableitung gleich
Null wird
u x
( x, y  0)  0 , tritt die Strömungsablösung auf. Die Bedingung
y
u x
( x, y  0)  0 wird als Kriterium des Ablösungsauftretens in 2D Grenzschicht
y
u
benutzt. Hinter diesem Punkt stromabwärts ist die Ableitung negativ x ( x, y  0)  0 :
y
 u x
( y  0)  0,

y


 u x
( y  0)  0,


y

 u x
( y  0)  0,

y


Da
u x ( x ,0 )  0
und
Ablösungspunkt ,
vor dem
Ablösungspunkt ,
im
hinter dem
du x
( x, y  0)  0
dy
,
(7.4)
Ablösungspunkt.
tritt
ein
Gebiet
der
negativen
Geschwindigkeiten hinter dem Ablösungspunkt, in der Nähe der Schiffsoberfläche, auf
u x ( x, y )  u x ( x,0) 
u
u x
( x, y  0) y  x ( x, y  0) y  0 . Im Ablösungsgebiet bildet sich
y
y
die Rezirkulationszone. Durch hydrodynamische Instabilität entstehen Wirbel
verschiedener Größen an der Grenze der Rezirkulationszone. Im 3D Fall ist die
Strömung im Ablösungsgebiet komplizierter als im 2D Fall. Es treten sekundäre
Strömungen in der Grenzschicht auf. Im Allgemeinen ist das Kriterium
u x
( x, y  0)  0 im 3D ungültig. Die Physik der Ablösungen im 3D Fall wird in [10]
y
beschrieben.
7.4
Gleichungen der Grenzschichttheorie.
Die Strömung innerhalb der Grenzschicht wird durch Grenzschichtgleichungen
beschrieben, die erstmals 1904 von Prandtl unter der Annahme, dass das Verhältnis
der Grenzschichtdicke zum Krümmungsradius des Körpers klein ist (/R << 1), aus
den Navier Stokes Gleichungen hergeleitet wurden. Diese Hypothese ist für
132
Strömungen mit Reibung
Strömungen mit großen Reynoldszahlen gültig, da die Grenzschichtdicke bezogen auf
die Schiffslänge der Wurzel aus der Reynoldszahl umgekehrt proportional ist:

~ Re-1/ 2
L
(7.5)
Je größer die Reynoldszahl Re ist, desto dünner ist die relative Dicke der
Grenzschicht  . Aus dieser Annahme folgt unmittelbar, dass sich der Druck quer der
L
Grenzschicht nicht ändert.
p
 0 in der Grenzschicht
(7.6)
y
Im 2D Fall nimmt die Grenzschichtgleichung die folgende Form an (siehe [10]):
ux
u x
u x
du
 2u x
 uy
 u   
,
x
y
dx
y 2
(7.7)
wobei u die Geschwindigkeit an der äußeren Grenze der Grenzschicht ist. Die
Grenzschichtgleichung ist wesentlich einfacher als die Navier Stokes Gleichung, aus
der sie hergeleitet wurde. Sie ist parabolisch und wird vom Vorderstaupunkt entlang
der Schiffsoberfläche stromabwärts gelöst. Zusätzlich zu (7.7) soll die
Kontinuitätsgleichung gekoppelt gelöst werden. Die Randbedingungen für die
Grenzschichtgleichung (7.7) sind
 Haftbedingung an der Wand y = 0: ux = uy = 0,

Anpassung der Geschwindigkeit u x  u am Rand der Grenzschicht.
Die Grenzschichtgleichung wird wie folgt gelöst:

Zuerst wird die Potentialströmung neben dem Schiff, z.B. mit den
Paneelmethoden (siehe Abschnitt 2.2), berechnet. Die Geschwindigkeit an der
Körperoberfläche wird ermittelt. Sie ist gleich der Geschwindigkeit u am
äußeren Bereich der Grenzschicht.

Die Geschwindigkeitskomponenten
ux
und
uy
innerhalb der Grenzschicht
werden aus der Gleichung (7.7) und der Kontinuitätsgleichung
u x u y

0
x
y
ermittelt. Die Lösung erfolgt entlang der Schiffsoberfläche (entlang der xAchse) beginnend aus dem Vorderstaupunkt.
133
Strömungen mit Reibung

u x
und der
y
Reibungswiderstand werden durch Geschwindigkeiten u x und u y berechnet.
Die
Schubspannung
an
der
Körperoberfläche
 
Es ist zu bemerken, dass die Grenzschichtlösung im Rahmen der klassischen
Grenzschichttheorie die potentielle Umströmung des Körpers nicht beeinflusst. Mit
anderen Worten bedeutet das, dass die Strömung außerhalb der Grenzschicht von der
Reibung unabhängig ist. Diese Annahme ist nur dann gültig, wenn die
Grenzschichtdicke klein ist. Im hinteren Bereich des umströmten Körpers wird diese
Hypothese nicht erfüllt. Zum Beispiel sollte der Druckbeiwert nach der
Potentialtheorie an der Hinterkante eines aerodynamischen Profils den Wert Eins
erreichen. In Wirklichkeit liegt der Druckbeiwert deutlich unter Eins. Der Grund ist
der Einfluss der Reibung und die Verdrängung der Stromlinien durch die wachsende
Grenzschicht im Bereich der Hinterkante.
Um diesen Nachteil der Grenzschichttheorie zu überwinden, wurden die so genannte
Interaction Boundary Layer Iterationsmethode (IBL) entwickelt. Nach der IBL
Methode wird die Lösung in der Form der folgenden Iterationsschleife gesucht:
I. Zuerst wird die Potentialströmung neben dem Schiff, z.B. mit den
Paneelmethoden (siehe Abschnitt 2.2), berechnet. Die Geschwindigkeit an
der Körperoberfläche wird ermittelt. Sie ist gleich der Geschwindigkeit u
an der äußeren Grenze der Grenzschicht.
II. Die Geschwindigkeitskomponenten u x und u y innerhalb der Grenzschicht
werden aus der Gleichung (7.7) und der Kontinuitätsgleichung
u x u y

 0 ermittelt. Die Lösung erfolgt entlang der Schiffsoberfläche
x
y
(entlang der x-Achse) beginnend aus dem Vorderstaupunkt.
III. Die Grenzschichtdicke  und die Verdrängungsdicke  * werden durch
Geschwindigkeiten
ux
und
uy
berechnet.
IV. Die originale Körperform wird durch Verschiebung der Körperoberfläche
auf den Abstand  * geändert.
V. Die Schubspannung an der Körperoberfläche
 
Reibungswiderstand werden durch Geschwindigkeiten
berechnet.
134
u x
y
ux
und der
und
uy
Strömungen mit Reibung
VI. Falls sich die berechnete Schubspannung von der in der vorherigen
Iteration unterscheidet, geht man zum Punkt I über.
Im Rahmen der IBL Theorie kann die Lösung im hinteren Bereich des umströmten
Körpers wesentlich verbessert werden. Die IBL Theorie ist aber unbrauchbar, wenn
Ablösung auftritt.
Die Grenzschichtgleichungen für die turbulenten Strömungen werden aus den
Reynolds`schen Gleichungen (Kapitel 8) hergeleitet [10]. Im 2D Fall nehmen sie die
folgende Form an
u x
u
u 
p 1 

 uy x   
(u x/ 2 )  [(  t ) x ];
x
y
x  x
y
y 

1 p 1 
/2


(u y )  0.

 y  y
ux
(7.8)
Strich oben bedeutet die nach Reynolds gemittelten Werte (Kapitel 8). Die Terme
u x/ 2 und u /y2 werden üblicherweise vernachlässigt, wodurch die fundamentale
Eigenschaft der Grenzschicht p/y = 0 auch in der turbulenten Strömung erfüllt wird.
Die Grenzschichtgleichungen können auch für den 3D Fall geschrieben werden [10].
Die Grenzschichttheorie liefert brauchbare Ergebnisse im vorderen Teil des Schiffes,
wo die Grenzschichtdicke tatsächlich klein ist. Im Gegensatz dazu wird die
Grenzschicht im Heckbereich des Schiffes dicker und die Voraussetzungen der
Grenzschichttheorie (/R << 1) werden damit verletzt. Besonders ist die
Grenzschichttheorie ungeeignet, sofern Strömungsablösungen auftreten. Diese
Phänomene sind aller Wahrscheinlichkeit nach im Heckbereich des Schiffes zu
erwarten. Im Rahmen der Grenzschichttheorie ist es schwierig, den Einfluss der
Reibung auf die Wellenbildung zu ermitteln, sofern sich die brechenden Wellen in der
Nähe der Schiffsoberfläche bilden. Diese Tatsachen führten dazu, dass zurzeit die
Grenzschichttheorie in der Schiffshydromechanik kaum Anwendung findet.
Stattdessen werden die so genannte CFD (Computational Fluid Dynamics) Methoden
verwendet, die auf der direkten numerischen Lösung der Reynolds gemittelten Navier
Stokes Gleichungen basieren (siehe Kapitel 8 und Literaturquellen [6] und [13]).
7.5
Grenzschicht auf einer Platte
Die Grenzschichttheorie war sehr hilfreich, weil viele nützliche Abschätzungen für
Strömungen ohne Ablösungen (z.B. reibungsbehaftete Strömungen auf den Platten)
mit dieser Theorie gewonnen wurden. Einige von diesen Ergebnissen werden in
diesem Kapitel aufgelistet. Im Fall der laminaren Strömung auf einer Platte wurden
von Blasius die folgenden Formeln bekommen:
135
Strömungen mit Reibung

 5 x
x

5
L L V
L
Grenzschichtdicke
1
Re
,
(7.9)

*  1, 73
Verdrängungsdicke
x
,
V
(7.10)

**  0, 664
Impulsverlustdicke
x
.
V ,
(7.11)

cf 
Lokaler Reibungsbeiwert
w
V2

0, 664
V x
Re x   ,
,
wobei
Re x

2
(7.12)

CW 
Reibungsbeiwert der Platte
Rw
V2
2

L1
1,328
Re
,
wobei
Re 
V L

(7.13)
Wie man aus (7.9) - (7.11) sieht, nehmen die Grenzschichtdicke,
Verdrängungsdicke und die Impulsverlustdicke entlang der Platte proportional
Wurzel aus der Längskoordinate x zu. Die Grenzschichtdicke ist der Wurzel aus
Reynoldszahl umgekehrt proportional (s. (7.9)). Die gleiche Abhängigkeit von
Reynoldszahl weist der Reibungsbeiwert der Platte (s. (7.13)) auf.
die
der
der
der
Im Fall der turbulenten Strömung auf einer Platte wird die Geschwindigkeitsverteilung
in Querrichtung in der folgenden Form dargestellt:
ux
 ( y / )1/ n ,
V
(7.14)
wobei sich n im Bereich der Reynoldszahlen zwischen 4000 und 3  106 von 6 bis 11
ändert. Für die Verdrängungsdicke und die Impulsverlustdicke wurden folgende
Abhängigkeiten bekommen

   (1 
*
0
ux

)dy 
,
V
n 1
(7.15)

ux
u
n
(1  x )dy 
.
(n  1)(n  2)
V
V
0 
**  
(7.16)
Wie aus (7.15) und (7.16) folgt, ist die Verdrängungsdicke * bei n=7 fast acht Mal
geringer als die Grenzschichtdicke , während die Impulsverlustdicke ** mehr als
136
Strömungen mit Reibung
zehn Mal geringer als die Grenzschichtdicke  ist. Die Grenzschichtdicke und die
Schubspannung bei der turbulenten Strömung auf einer Platte können aus folgenden
Formeln abgeschätzt werden:
  0.217 x6 / 7 ( / V )1 / 7
 W  ( 2 lg Rex  0.65 )
2.3
V2
2
,Rex  V x /  .
Die Formel für den Reibungsbeiwert der Platte in der turbulenten Strömung wurde
von Prandtl und Schlichting vorgeschlagen:
cW 
0, 455
(lg Re) 2,58
.
(7.17)
Die Formel (7.17), die für hohe Reynoldszahlen Re  106 gültig ist, findet eine breite
Anwendung bei der Berechnung des Reibungswiderstandes des Schiffes. Der
Reibungsbeiwert der Platte (7.17) wird auf die benetzte Fläche bezogen.
Die Verteilung der nach Reynolds gemittelten Geschwindigkeit, innerhalb der
turbulenten Grenzschicht der Platte, hat eine universelle Form. In Wandnähe bei

u y
0  y     5 , wobei u  w ist, ist die Abhängigkeit der Geschwindigkeit vom


Wandabstand y linear:
ux 
u2 y

 u y  .
(7.18)
Der Bereich 0  y   5 heißt die Unterschicht der Grenzschicht. In der Unterschicht
du x
, während die turbulenten Spannungen
dy
vernachlässigbar sind. In der Schicht 30  y   0,15 herrscht die logarithmische
dominieren die viskosen Spannungen   
Verteilung der Geschwindigkeit (logarithmische Schicht):
ux 1
 ln y   C ,
u 
(7.19)
wobei   0,41 und C  5,0 . Im Bereich 30  y   0,15 dominieren die turbulenten
Spannungen während die viskosen Spannungen vernachlässigbar sind. Zwischen
y   5 und y   30 liegt der Übergangsbereich, wo die viskosen und die turbulenten
Spannungen vergleichbar sind. Die Struktur der turbulenten Grenzschicht auf der
Platte wird in Abb. 7.6 illustriert. Die Messungen zeigen, dass diese Struktur nicht nur
137
Strömungen mit Reibung
auf einer Platte bei der gradientenlosen Strömung dp dx  0 , sondern auch in jeder
turbulenten Grenzschicht bei dp dx  0 stattfindet.
Abbildung 7.6: Geschwindigkeitsverteilung innerhalb der turbulenten Grenzschicht
auf einer Platte. I- Unterschicht, II- Übergangsbereich, III- logarithmische Schicht
7.6
Einfluss der Rauhigkeit
Die Rauhigkeit wird durch die Größe  definiert, die für neue Schiffe im Bereich
zwischen 70 und 250 - Meter (  10 6 ) liegt. Zum Vergleich beträgt die Rauhigkeit
einer alten Autokarosserie etwa 10 m. Während des Betriebs nimmt die Rauhigkeit
u
des Schiffes jedes Jahr um etwa 30 m zu. In Abhängigkeit von dem Verhältnis 

u 
 5 hat die
unterscheidet man drei Typen des Rauhigkeitseinflusses. Falls

Rauhigkeit keinen Einfluss auf die Strömung. Die Rauhigkeitshügel liegen in der
Unterschicht. Man spricht in diesem Fall von hydraulisch glatten Oberflächen. Wird
u 

u 
größer als 70    70  , ist der Beiwert Cw des durch Rauhigkeit verursachten


 
V2
zusätzlichen Widerstandes Rw  Cw
2
von der Reynoldszahl unabhängig. In
diesem Fall wird jeder Hügel der Rauhigkeit mit der massiven Ablösung umströmt.
Der Widerstand des Hügels besteht meistens aus dem Druckwiderstand, dessen
u
Beiwert von der Reynoldszahl unabhängig ist. Der Bereich 5    70 wird durch

eine Abhängigkeit des Reibungswiderstandsbeiwertes von der Re-Zahl
u
gekennzeichnet. Bei Schiffen wird die Bedingung   70 fast immer erfüllt. Nach

138
Strömungen mit Reibung
dem Vorschlag von ITTC-1978 wird der Beiwert des zusätzlichen Widerstandes mit
der folgenden Formel ermittelt:
1/ 3

Cw  [105  
L
 0, 64] 103 ,
(7.20)
wobei L die Schiffslänge ist.
Die Abhängigkeit des Reibungswiderstandsbeiwertes einer Platte von der Re-Zahl
wird in der Abbildung 7.7 gezeigt. Ist die Geschwindigkeit der Platte gering, findet
eine laminare Strömung in der Grenzschicht statt. Diesem Zustand entspricht die
untere Kurve. Übersteigt die Re-Zahl einen kritischen Wert, wird die Umströmung
turbulent. Der turbulenten Umströmung einer hydraulisch glatten Platte entspricht die
u
mittlere Kurve. Ist die Platte rau mit der Rauhigkeitsgröße   70 , entsteht ein

zusätzlicher Widerstand mit dem Beiwert, der von der Re-Zahl unabhängig ist. Der
Beiwert des gesamten Widerstandes wird durch obere Kurve präsentiert. Da der
Beiwert des zusätzlichen Widerstandes von der Re-Zahl unabhängig ist, sind die
mittlere und die obere Kurven äquidistant.
Abbildung 7.7: Widerstand einer Platte in Abhängigkeit von der Reynoldszahl
7.7
Reibungsbedingter Widerstand

Der durch Reibung bedingte Widerstand R wird typischerweise in folgende zwei
Anteile unterteilt:
  
RFD
139
(7.21)
Strömungen mit Reibung


wobei F der Reibungswiderstand (friction resistance) und D der Druck- (oder Form-)
widerstand sind. Der Reibungswiderstand entsteht durch Wandschubspannungen  w
an der Körperoberfläche S und wird durch Integration von  w über S bestimmt:


F    w dS
(7.22)
S
Der Druckwiderstand ist
Körperoberfläche gleich:
dem
Integral
von


D    pn dS
Normalspannungen
über
der
(7.23)
S
Nach dem Paradoxon von d’Alambert ist diese Kraft in reibungsloser Strömung gleich
Null. Der Druckwiderstand entsteht durch die Änderung der Druckverteilung, die
durch den Reibungseinfluss verursacht wird. Abbildung 7.8 stellt die
Druckbeiwertsverteilung entlang der Seite eines, bezogen auf die Mittelebene,
symmetrischen Rotationskörpers dar. In der reibungslosen Strömung ist die
Druckverteilung symmetrisch. Die Widerstandskraft, die durch normale Spannungen
im Bugbereich verursacht wird, ist gleich der Schubkraft, die durch normale
Spannungen im Heckbereich entsteht. Die resultierende Kraft ist somit Null. In der
reibungsbehafteten Strömung wird die Symmetrie der Umströmung verletzt. Wie in
der IBL Theorie erklärt wurde, kann man den Einfluss der Reibung durch künstliche
Verdickung des Körpers, um die Verdrängungsdicke  * , modellieren. Die
Verdrängungsdicke steigt vom Bug zum Heck an. Im hinteren Bereich ist dann der
scheinbare Körper dicker. Je dicker der Körper ist, desto größer ist die lokale
Geschwindigkeit am äußeren Bereich der Grenzschicht. Folglich sollen die
Geschwindigkeiten im hinteren Bereich des Körpers ansteigen. Nach der
Bernoulli`schen Gleichung heißt das, dass der Druck in diesem Bereich kleiner wird.
Gleichzeitig wird die Schubkraft kleiner als die Widerstandskraft im Bugbereich. Die
resultierende Kraft ist nicht Null. So entsteht der Widerstand, der als Druck- oder
Formwiderstand bezeichnet wird.
In Abhängigkeit vom Verhältnis des Druckwiderstandes zum Reibungswiderstand
unterscheidet man die schlanken und die stumpfen Körper. Für die schlanken Körper
(z.B. die Rotationskörper mit einem großen Verhältnis Länge / Durchmesser) ist der
Reibungswiderstand der größte Anteil des gesamten Widerstandes. Der
Druckwiderstand ist dagegen sehr gering. Im Gegensatz dazu ist bei stumpfen Körpern
der Druckwiderstand wesentlich größer als der Reibungswiderstand. Zum Beispiel
beträgt der Druckwiderstand etwa 98 Prozent des gesamten Widerstandes bei
Umströmung eines Zylinders.
140
Strömungen mit Reibung
Abbildung 7.8: Zur Erklärung der Entstehung des Druckwiderstandes
Der Grund für das Dominieren des Druckwiderstandes bei stumpfen Körpern ist die
Strömungsablösung. Die schlanken Körper werden dagegen ohne Ablösung umströmt.
Hier soll bemerkt werden, dass derselbe Körper, entweder als schlanker oder als
stumpfer, bedingt durch die Anstellung des Körpers hinsichtlich der Anströmung
betrachtet wird. Wird die Platte quer zur Strömung umströmt, ist sie als ein stumpfer
Körper zu betrachten. Die längs umströmte Platte ist ein schlanker Körper.
Die Abhängigkeit des Beiwertes, des gesamten Widerstandes CW eines schlanken
Rotationskörpers von der Reynoldszahl, wird in Abb. 7.9 gezeigt. Die Linie 1 zeigt
den Widerstandsbeiwert einer Platte in der laminaren Strömung, während die Linie 2
die turbulente Strömung darstellt. Der Widerstand der Platte besteht nur aus dem
Reibungsanteil. Wie man sieht, ist der Reibungswiderstand in der turbulenten
Strömung wesentlich größer als in der laminaren. Der gesamte Widerstand eines
schlanken Rotationskörpers wird mit der Linie 3 präsentiert. Der Unterschied
zwischen den Linien 2 und 3 im turbulenten Bereich weist den Druckwiderstand auf.
Im Bereich der großen Re-Zahlen sind die Linien 2 und 3 äquidistant. Das heißt, dass
der Druckwiderstand eines schlanken Körpers von der Re-Zahl in diesem Bereich
unabhängig ist. Diese Tatsache wird im Schiffbau weit ausgenutzt. Der gesamte
Widerstand des Schiffes wird in der folgenden Form dargestellt:
CW  C F (1   ) ,
(7.24)
wobei C F der Beiwert des Reibungswiderstandes und  der Formfaktor ist. Es wird
angenommen, dass der Beiwert des Reibungswiderstandes dem Widerstandsbeiwert
der so genannten äquivalenten Platte gleich ist, die mit der gleichen Geschwindigkeit
umströmt wird und die gleiche benetzte Fläche wie das Schiff selbst hat. Der
Formfaktor hängt von der Geometrie des Schiffsrumpfes. Die Formfaktoren für
aerodynamische Profile und Rotationskörper in Abhängigkeit von relativer Dicke
können der Abbildung 7.10 a) und b) entnommen werden.
141
Strömungen mit Reibung
Abbildung 7.9: Abhängigkeit des Widerstandsbeiwertes von der Reynoldszahl für
eine Platte in der laminaren (Linie 1) und in der turbulenten (2) Strömung sowie für
einen Rotationskörper (Linie 3)
Abbildung 7.10: Formfaktor für aerodynamische Profile a) und Rotationskörper b).
t- Dicke des Profils, b- Sehne des Profils, D- Durchmesser und L-Länge des
Rotationskörpers
Die Strömung neben stumpfen Körpern ist in der Regel instationär. Der Grund ist die
Instationärität der Ablösungszone. Die Ablösung der Wirbel erfolgt periodisch mit
einigen dominierenden Frequenzen. Sehr bekannt ist die Karmansche Wirbelstrasse in
der Schachbrettmusterform, die sich im Nachlauf nach Zylinder bildet. Die Wirbel
lösen sich periodisch von der oberen und der unteren Seite des Zylinders nacheinander
142
Strömungen mit Reibung
ab und bilden eine Wirbelstrasse (siehe Abb. 7.11). Dementsprechend ist der
Widerstand der stumpfen Körper zeitabhängig. Wenn man über Widerstand eines
stumpfen Körpers spricht, wird normalerweise der zeitlich gemittelte Widerstand
gemeint. Durch unsymmetrische Bildung der Wirbel entsteht auch eine Auftriebskraft
auf symmetrisch stumpfen Körpern, die etwa gleich groß ist wie der Widerstand. Die
Zeitabhängigkeit, der am stumpfen Körper entstehenden Kräfte, führt zur Vibration
der Körper und Schallerzeugung. Ein bekanntes Beispiel ist die Vibration der Kabel,
die quer zur Strömung gelegt werden.
Abbildung 7.11: Karmansche Wirbelstrasse nach dem Zylinder bei verschiedenen
Re-Zahlen
Der Widerstandsbeiwert eines stumpfen Körpers hat abhängig von der Re-Zahl zwei
typische Bereiche. Im laminaren Bereich ist der Widerstandsbeiwert bei moderaten
Reynoldszahlen etwa konstant. Wenn die Reynoldszahl einen kritischen Wert erreicht
und die Strömung turbulent wird, nimmt der Beiwert sprungartig ab und bleibt bei
großen Re-Zahlen im turbulenten Bereich etwa konstant. Als Beispiel werden die
Beiwerte in Abb. 7.12 für einen Zylinder und in Abb. 7.13 für eine Kugel präsentiert.
Qualitativ sehen beide Kurven ähnlich aus.
143
Strömungen mit Reibung
Abbildung 7.12: Abhängigkeit des Widerstandsbeiwertes von der Re- Zahl für einen
Zylinder. Entnommen von [10].
Abbildung 7.13: Abhängigkeit des Widerstandsbeiwertes von der Re-Zahl für eine
Kugel. Entnommen von [10].
Beim Umschlag der Strömung wird das Phänomen der drastischen Senkung des
Widerstandsbeiwertes an einem stumpfen Körper oft als Krisis des Widerstandes
benannt. Der physikalische Grund für die Krisis ist die durch Umschlag verursachte
Verschiebung der Ablösungspunkte. Im laminaren Bereich befinden sich die
Ablösungspunkte an der dicksten Stelle des Zylinders, d.h. sie liegen in den Punkten
    2 , wobei  der von dem vorderen Staupunkt abgezählte Winkel ist. Passiert
der Umschlag, verschieben sich die Ablösungspunkte stromabwärts zu der Stelle
  1100...140 0 . Schematisch wird das zeitlich gemittelte Ablösungsgebiet in Abb.
7.14 gezeigt. Der Grund für solche Verschiebung ist der erhöhte Impulsaustausch in
der turbulenten Strömung. Wie bereits mit flüssigen Teilchen erklärt wurde, erfolgt die
144
Strömungen mit Reibung
Ablösung, da die Teilchen den Vorrat der mechanischen Energie durch Reibung in der
Grenzschicht verlieren und nicht in der Lage sind, den positiven Druckgradienten zu
überwinden. In der turbulenten Strömung wird der Impulsaustausch erhöht und die
langsamen Teilchen in der Grenzschicht bekommen von anderen schnellen Teilchen,
die von der Wand auf einem größeren Abstand fließen, einen zusätzlichen Impuls.
Deshalb können sie sich in der turbulenten Strömung entlang der Körperoberfläche
weiter als in der laminaren Strömung bewegen. Die Lage der Ablösungspunkte und die
Größe des Ablösungsgebietes bestimmen den Druckwiderstand des Zylinders. Da der
größte Anteil des Widerstandes in diesem Fall der Druckwiderstand ist, bestimmt die
Ablösung auch den gesamten Widerstand. Bleibt das Ablösungsgebiet von der ReZahl unabhängig, ist der Widerstandsbeiwert auch von der Re-Zahl unabhängig. Der
Reibungswiderstand kann mit größer werdender Ablösungszone sogar gesenkt werden,
weil die Schubspannungen in der Rezirkulationszone, wo die Strömung lokal in der
Zeit und im Raum gegen die Anströmung sein kann, einen Schub erzeugt.
Die oben beschriebenen Vorgänge sind für fast alle stumpfen Körper typisch. Die
Widerstandskrisis tritt nicht auf, wenn der Körper fixierte Ablösungspunkte hat. Ein
Beispiel für solchen Körper ist eine quer zur Strömung umfließende Platte. Scharfe
Kanten der Platte sind die Ablösungspunkte bei moderaten und großen
Reynoldszahlen. Deshalb ist der Widerstandsbeiwert einer Platte im großen Bereich
der Re-Zahlen konstant.
Abbildung 7.14: Schematische Darstellung der Ablösung am Zylinder bei laminarer
(links) und turbulenter (rechts) Umströmung
Es ist zu bemerken, dass obwohl der Widerstandsbeiwert bei großen
Geschwindigkeiten (bei großen Re-Zahlen) geringer als bei kleinen sein kann, ist der
Widerstand bei großen Geschwindigkeiten größer, da der mit dem Staudruck V2 / 2
multipliziert
wird.
Die
Abhängigkeit
des
Widerstandes
von
der
Anströmgeschwindigkeit für einen Zylinder mit dem Durchmesser D = 0,3 m wird in
Abb. 7.15 gezeigt. Die Geschwindigkeit, bei der eine Schwankung des Widerstandes
vorkommt, entspricht der kritischen Reynoldszahl, bei dem die Widerstandskrisis
passiert.
145
Übungen
Abbildung 7.15: Abhängigkeit des Widerstandes von der Anströmgeschwindigkeit
für einen Zylinder
Übungen
1. Berechnen Sie den Widerstand eines Rotationskörpers in der Luft mit
der Länge von 10 m und dem Durchmesser von 1m bei einer
Geschwindigkeit von 10 m/sek!
2. Eine Platte wird mit der Geschwindigkeit 10 m/sek in der Luft umströmt.
Berechnen Sie die Dicke der viskosen Unterschicht, des
Übergangsbereichs und der logarithmischen Schicht mit dem Abstand
1 m von der Eintrittskante der Platte! Die Strömung soll als turbulent
betrachtet werden.
3. Von einem Erfinder wurde eine Idee vorgeschlagen, den
Schiffswiderstand wesentlich zu minimieren. Er hat zwei senkrecht zur
Anströmung eingebaute Platten verwendet (siehe Abb. 7.16b). Nach
seiner Idee soll ein Ablösungsgebiet entstehen, in dem die Strömung
gegen die Anströmung fließt und die Schubspannungen in die
Bewegungsrichtung erzeugt wird. Das soll sich, seiner Meinung nach, in
einen Schub resultieren und damit den Widerstand minimieren. Die
Messungen haben jedoch gezeigt, dass der Widerstand eines solchen
Schiffes etwa 50 % größer als der Widerstand des Schiffes ohne
Modifikation (Abb. 7.16a) ist. Erklären Sie bitte dieses Ergebnis!
4. Schätzen Sie die Grenzschichtdicke im Heckbereich eines
Schiffsmodells ab! Das Schiffsmodell hat die Länge 2 m und die
Geschwindigkeit 4 m/sek. Die Grenzschicht soll als turbulent betrachtet
werden.
146
Übungen
5. Es wurde zuerst der Widerstand einer Platte im Wasserkanal bei der
Geschwindigkeit der Strömung V m/sek gemessen. Danach wurde der
Widerstand der gleichen Platte bei der Schleppgeschwindigkeit V m/sek
in der Schlepprinne (im ruhigen Wasser) bestimmt. Die Reynoldszahl in
beiden Fällen war relativ klein, so dass die Grenzschicht im vorderen
Teil der Platte laminar war. Es wurde gezeigt, dass der Widerstand im
ersten Fall etwas größer ist. Erklären Sie bitte dieses Ergebnis, das eine
lange Zeit als Paradoxon betrachtet wurde!
Abbildung 7.16: Bild zur Aufgabe 3
147
Übungen
148
Gemittelten nach Reynolds Navier Stokes Gleichungen (Reynolds Averaged Navier Stokes
Equations RANSE)
8. Gemittelten nach Reynolds Navier Stokes Gleichungen
(Reynolds Averaged Navier Stokes Equations RANSE)
8.1
Reynolds`sche Mittelung
Als Basis zur Untersuchung der turbulenten Strömungen wird in den
Ingenieurmethoden die Mittelungsidee nach Reynolds benutzt. Die momentanen
Geschwindigkeiten ux, y, z werden als die Summe der gemittelten Werte u x, y, z und der
/
Schwankungen ux, y, z dargestellt:
u x  u x  u x/ ; u y  u y  u /y ; u z  u z  u z/ ,
(8.1)
Die gemittelten Werte werden durch Mittelung über eine Zeitperiode T berechnet
T
ux 
1
u x dt ;
T 0
T
uy 
1
u y dt ;
T 0
T
uz 
1
u z dt.
T 0
(8.2)
Die Darstellung (8.1- 8.2) gilt für beliebig schwankende Größen der turbulenten
Strömungen (z.B. Druck, Temperatur, etc.). Die folgenden Eigenschaften sind für die
Reynolds`sche Mittelung (8.2) gültig:

Gemittelte Schwankung einer Größe
f  f  f
ist gleich Null:
f   0.

(8.3a)
Zweifache Mittelung ist gleich einfacher Mittelung
f  f .

(8.3b)
Gemittelte Summe ist gleich der Summe der gemittelten Werte
f g  f g.

(8.3c)
Gemittelte Ableitungen einer Größe nach den Koordinaten und nach der Zeit sind
gleich den entsprechenden Ableitungen der gemittelten Größen
f f f f


,
.
t t x x
(8.3d)
Die folgenden Regeln sind für die Mittelungen der Produkte von zwei turbulenten
Größen gültig
f g   0 , fg  fg .
Aus (8.3a) und (8.3e) folgt
149
(8.3e)
Gemittelten nach Reynolds Navier Stokes Gleichungen (Reynolds Averaged Navier Stokes
Equations RANSE)
fg   fg   0 .
(8.3f)
Die Mittelung nach Reynolds bereitet Schwierigkeiten, sofern niederfrequente
Schwankungen in der turbulenten Strömung auftreten. In diesem Fall ist es schwierig
die Mittelungsperiode T eindeutig zu definieren. Das Ergebnis ist stark von T
abhängig. Die Mittelung nach Reynolds ist für solche Strömungen durch die
Ensemblemittelung zu ersetzen. Für die Ermittlung der nach dem Ensemble
gemittelten Größen, soll die Messung einer turbulenten Größe f N-Mal durchgeführt
werden. Die gemittelte Größe f wird dann als arithmetischer Mittelwert definiert:
1
N  N
f ( A, t )  lim
N
 f n  A, t 
(8.4)
n 1
Hier ist A der Raumpunkt in dem die gemittelte Größe f zu einem bestimmten
Zeitpunkt berechnet wird. Moderne Beschreibung des Standes der Turbulenztheorie
findet man in [9].
8.2
Reynolds`sche Gleichungen
Nach Reynolds gemittelte Gleichungen für turbulente Strömungen (RANSE) ergeben
sich unmittelbar aus den Navier Stokes Gleichungen, die für momentane
Geschwindigkeiten und den Druck geschrieben werden. Für das weitere Herleiten ist
es bequem, die Navier Stokes Gleichungen in der Tensorform hinzuschreiben:
ui
u
1  ji
 u j i  Fi 
,
t
x j
 x j
(8.5)
x2 = y,
u1 = ux, etc. sind. In (8.5) wird die Einstein`sche
wobei x1 = x,
Summenkonvention (Einstein summation convention) benutzt. Zum Beispiel ist der
Ausdruck u j
ui
nach dieser Regel der folgenden Schreibweise äquivalent:
x j
uj
ui
u
ui
u
 u1 i  u 2
 u3 i .
x j
 x1
x2
 x3
(8.6)
Die Kontinuitätsgleichung wird in der folgenden Form geschrieben:
ui
 u1  u 2  u 3



0.
 xi
 x1  x 2
 x3
(8.7)
Mit Berücksichtigung von (8.7) können die konvektive Beschleunigung und die
Gleichung (8.5) in der so genannten konservativen Form geschrieben werden
uj


 ui u j
u j
ui
ui
 uj
 ui

,
x j
x j
x j
x j
150
(8.8)
Gemittelten nach Reynolds Navier Stokes Gleichungen (Reynolds Averaged Navier Stokes
Equations RANSE)

 uiu
ui

t
x j
F
j
i

1   ji
.
 x j
(8.9)
Setzt man die momentanen Werte (8.1) in die Gleichung (8.9) ein, ergibt sich:

 ui  ui/
t
   ui  ui/ u j  u /j   F  F   1    ji  ji 
i
x j

x j
.
(8.10)
Danach wird die Reynolds`sche Mittelung der rechten und der linken Seiten der
Gleichung (8.10) durchgeführt:

 u i  u i/
t
    ui  ui/  u j  u /j   F  F   1    ji   ji 
i
x j

x j
.
Mit Berücksichtigung der Eigenschaften (8.3) bekommt man die Zwischenform der
Reynolds`schen Gleichungen:
ui

t

 u i u j  u i/ u /j
  F  1 
i
x j
ji
 x j
.
(8.11)
Nach der Schreibweise sind die Gleichungen (8.11) den Navier Stokes Gleichungen
(8.5) sehr ähnlich. Der Unterschied besteht darin, dass die Gleichungen (8.11) für die
gemittelten Größen geschrieben werden und, was sehr wichtig ist, ein neues Glied
ui/ u /j
x j
entsteht (8.11), das durch den nichtlinearen Term der Navier Stokes
Gleichungen (konvektive Beschleunigung) hervorgerufen wird. Schreibt man diesen
Term auf der rechten Seite von (8.11), ergibt sich die endgültige Form der nach
Reynolds gemittelten Gleichung

ui u j
ui


  Fi 
(  ji  ui/ u /j ) .
t
x j
x j
Zusammen mit der Kontinuitätsgleichung
(8.12)
ui
 0 bilden die Gleichungen (8.12) die
xi
Reynolds gemittelte Form der Navier Stokes Gleichungen für turbulente Strömungen.
Die Gleichung (8.12) zeigt, dass die neuen von den Geschwindigkeitsschwankungen
abhängigen Spannungen ui/ u /j , zusätzlich zu den für laminare Strömungen bekannten
Spannungen  ji in der turbulenten Strömung erscheinen. Sie heißen turbulente
Spannungen oder Reynolds`schen Spannungen. Sie entstehen durch Impulsaustausch
151
Gemittelten nach Reynolds Navier Stokes Gleichungen (Reynolds Averaged Navier Stokes
Equations RANSE)
zwischen verschiedenen Schichten der turbulenten
Spannungen
u x/ u x/
u x/ u y/
u x/ u z/
u x/ u /y
u /y u /y
u /y u z/ .
u x/ u z/
u y/ u z/
u z/ u z/
Strömung. Die Matrix der
(8.13)
ist symmetrisch ui/ u /j  u /j ui/ und enthält 6 Unbekannte, die nicht aus
geschlossenen,
theoretischen
Modellen,
sondern
aus
halbempirischen
Schließungsansätzen bestimmt werden. Diese Schließungsansätze beinhalten die
Terme mit verschiedenen Konstanten, die üblicherweise an bestimmte einfache
Testfälle angepasst werden und nicht universell sind.
8.3
Schließungsansätze für Reynolds`sche Spannungen
Die älteste Hypothese, die im Grunde von verschiedenen Schließungsansätzen liegt, ist
die Hypothese von Boussinesq (1877). Nach dieser Hypothese ist die durch Turbulenz
verursachte Diffusion der molekularen Diffusion ähnlich. Dementsprechend können
die Reynolds`schen Spannungen in der gleichen Form wie die üblichen viskosen
Spannungen dargestellt werden. Für die viskosen Spannungen nach der Hypothese von
Newton gilt die folgende Formel:
 ui
 ij   
 x j

u j 

xi 
(8.14)
Die gleiche Formel wird für die Reynolds`schen Spannungen nach der
Boussinesq`schen Hypothese geschrieben:
 u j ui
ui/ u /j  t 

 xi x j

 2
  ij k ,
 3

(8.15)
wobei k  ui/ ui/ die kinetische Energie der turbulenten Schwankungen ist und ij die
Deltafunktion ist. Wie man sieht, gibt es zwei Unterschiede zwischen (8.14) und
(8.15). Erstens, wird statt der kinematischen Viskosität  die turbulente kinematische
Viskosität  t benutzt. Zweitens, wird auf der rechten Seite (8.15) das zusätzliche Glied
2
  ij k eingeführt. Dieses Glied ist notwendig, um die Korrektheit des Ansatzes
3
(8.15) bei i = j unter Berücksichtigung der Einstein`schen Summenkonvention zu
2
3
gewährleisten. Tatsächlich ist, wenn   ij k nicht berücksichtigt wird, das Glied
ui/ ui/
nach
der
Kontinuitätsgleichung
152
gleich
Null
Gemittelten nach Reynolds Navier Stokes Gleichungen (Reynolds Averaged Navier Stokes
Equations RANSE)
u y u z 
 u

u x/ u x/  u /y u /y  u z/ u z/  2t  x 
0,
y
z 
 x
was widersprüchlich ist, weil
1 / /
ui ui  k die
2
kinetische Energie der turbulenten Schwankungen ist. Sie ist nur in einer laminaren
Strömung null. Für eine einfache ebene Strömung ux = ux(y), uy = 0 entlang der Wand
y = 0 nimmt (8.15) sie die folgende Form an
 u /x u /y  t
du x
.
dy
(8.16)
Die Hypothese von Boussinesq ermöglicht eine wesentliche Reduzierung der
Unbekannten. Statt der sechs unbekannten Reynolds`schen Spannungen hat man nur
eine Einzige, den Beiwert der turbulenten, kinematischen Viskosität  t . Die
kinematische Viskosität ändert sich im Raum und in der Zeit. In der Wandnähe werden
die turbulenten Schwankungen gedämpft. Dementsprechend nimmt  t bei y  0 ab.
An der Wand y = 0 ist die turbulente Viskosität t Null. Die turbulente Viskosität ist
maximal in Strömungsgebieten, wo die stärksten turbulenten Wirbel auftreten. Die
turbulente Viskosität  t kann bei großen Reynoldszahlen mehrere Ordnungen größer
als die übliche Viskosität  sein. Nach Landau gilt die folgende Abschätzung für das
Verhältnis  t zu  :
t/ = Re/Rekrit
(8.17)
wobei Rekrit die kritische Reynoldszahl ist, bei der der Umschlag in der betrachtenden
Strömung passiert. Die gesamte Spannung ist gleich der Summe der laminaren und der
turbulenten Spannungen. Für die Bestimmung des Beiwertes der turbulenten
kinematischen Viskosität t benutzt man verschiedene Ansätze, einige von denen
werden unten diskutiert.
8.3.1 Algebraische Schließungsmodelle
Algebraische Modelle sind die einfachsten Schließungsansätze in denen der
Zusammenhang zwischen der turbulenten Viskosität und den gemittelten
Geschwindigkeiten in Form der algebraischen Abhängigkeiten dargestellt wird. Das
bekannteste algebraische Modell ist das Mischungswegmodell von Prandtl (1925).
Betrachten
wir
eine
ebene
Geschwindigkeitskomponenten:
Strömung
u x  u x  u x/ ; u y  u /y .
in
Wandnähe
mit
den
(8.18)
Durch Schwankungen springen die Flüssigkeitsteilchen quer zur Hauptströmung.
Betrachten wir ein Flüssigkeitsteilchen, das sich aus der horizontalen
Strömungsschicht, in der die mittlere Geschwindigkeit u x ist, in eine obere Schicht mit
153
Gemittelten nach Reynolds Navier Stokes Gleichungen (Reynolds Averaged Navier Stokes
Equations RANSE)
der mittleren Geschwindigkeit u x 
du x
lu verschiebt, wobei lu der Abstand zwischen
dy x
x
den Schichten ist. Da das Teilchen die Geschwindigkeit u x beibehält, verursacht diese
du x
lu in der oberen Schicht. Die
Verschiebung eine Geschwindigkeitsschwankung 
dy
Wurzel aus dem gemittelten Quadrat der Schwankung kann in der folgenden Form
dargestellt werden
x
u x/ 2  u x 
du x
lu .
dy x
(8.19)
Die gleiche Form wird für die Wurzel aus dem gemittelten Quadrat der Schwankung
in Querrichtung benutzt:
u /y2 
Führt man den Korrelationskoeffizient
du x
lu .
dy y
Rxy 
(8.20)
u x/ u y/
u x/ 2 u /y2
in Betracht, ergibt sich aus
(8.19) und (8.20) der folgende Ausdruck für die turbulente Spannung
2
2
 du 
 du 
 т  u x/ u y/  Rxy lux lu y  x   l 2  x  ,
 dy 
 dy 
wobei
l  Rxy lux lu y
(8.21)
die Länge des Mischungswegs ist, die den Turbulenzmaßstab
charakterisiert. Die Länge des Mischungswegs wird aus verschiedenen empirischen
Ansätzen bestimmt. Für die Grenzschichtströmungen wird die Hypothese benutzt:
l = ky,
(8.22)
wobei k die erste Konstante der Turbulenz (Konstante von Karman) ist. Sie ist etwa
0,4. Die Formel (8.22) wurde aus den physikalischen Beobachtungen ausgewählt. Die
Schwankungen nehmen in Richtung Wand zu. Dementsprechend sollen auch die durch
Turbulenz verursachten Verschiebungen der Flüssigkeitsteilchen und folglich die
Länge des Mischungswegs größer werden. Die Genauigkeit der Formel (8.22) kann
mittels Modifikation von Van Drist erhöht werden:
yu

 
l  ky  1  e A




,

(8.23)
wobei А eine experimentelle Konstante ist, die zwischen 26 und 27 liegt, und
u 
w

154
(8.24)
Gemittelten nach Reynolds Navier Stokes Gleichungen (Reynolds Averaged Navier Stokes
Equations RANSE)
die Schubspannungsgeschwindigkeit ist, wobei  W die Wandspannung ist.
In freien Scherschichten ist die Länge l annähernd quer zur Schicht konstant. Entlang
der Scherschicht wächst l proportional zur Schichtdicke 
l= const(x).
(8.25)
Der Ausdruck (8.21) ist für den Betrag der Spannung gültig. Die Formel für  T mit
Berücksichtigung des Vorzeichens lautet
т  
du x du x 2
l .
dy dy
(8.26)
Aus dem Vergleich der Formel (8.16) und (8.26) findet man den Ausdruck für die
turbulente, kinematische Viskosität
т  l 2
du x
.
dy
(8.27)
8.3.2 Differentiale Schließungsmodelle
Das Mischungswegmodell ist hauptsächlich für einfachste Strömungen anwendbar.
Für die dreidimensionalen Strömungen und Ablösungsströmungen sind die
algebraischen Modelle sehr ungenau. Deutlich genauer sind die Differentialmodelle,
die im Rahmen der turbulenten Parameter (z.B. turbulente Spannungen, turbulente
Viskosität, etc.) aus den Transportgleichungen berechnet werden. Damit wird die
Änderung der Turbulenz im Raum und in der Zeit berücksichtigt. Während im
Rahmen der algebraischen Modelle die Turbulenz von lokalen momentanen Werten
der gemittelten Geschwindigkeiten bestimmt wird, hängen die Turbulenzparameter im
Rahmen der Differentialmodelle von der Evolution der Turbulenz stromaufwärts ab.
Die höchste Genauigkeit unter den Differentialmodellen haben die Modelle der
Reynolds`schen Spannungen (Reynolds stress models, RSM). Im Rahmen der RSM
Theorie werden die Transportgleichungen unmittelbar für die Reynolds`schen
Spannungen gelöst. Dieses Verfahren ist mit relativ großem Aufwand der
Rechenressourcen verbunden.
Deutlich weniger aufwendig sind die Ein- und Zweigleichungsmodelle. Eine der
erfolgreichsten Eingleichungsmodelle, die in der letzten Zeit entwickelt wurden, ist
das Modell von Spalart und Allmaras (1992). Im Rahmen dieses Modells wird die
Transportgleichung für modifizierte turbulente kinematische Viskosität  = t/fv1
gelöst:
2


1  
  Cb 2 d  d 

uj
 Cb1  Cw1 f w   
.
    

t
x j
xk   dxk dxk
 d   xk 
(8.28)
Die Konstanten des Modells und die Hilfsfunktionen findet man aus den Formeln
155
Gemittelten nach Reynolds Navier Stokes Gleichungen (Reynolds Averaged Navier Stokes
Equations RANSE)
Сb1 = 0,1355, Cb2 = 0,622, C1 = 7,1,  = 2/3,
Cw1 
Cb1
k
2

1  Cb 2

, Cw2 = 0,3, Cw3 = 2,0, k
= 0,41,
f v1 
r
3
3  C31

2 2
k d
S
, fv 2 
1/ 6

 1  Cw6 3 
, f  g  6 6  ,  = , g = r + Cw2(r6  r),
1  f 1 w
 g  Cw3 
,

k 2d 2
1  u
u j 
f  2 , S  2ij ij , ij   i 
,
2  x j xi 
wobei d der Abstand bis zur nächsten Wand ist. Ist t bekannt, können die
Reynolds`schen Spannungen aus der Boussinesq`schen Hypothese (8.15) ermittelt
werden. Mit dem Modell von Spalart und Allmaras wurden gute Ergebnisse für viele
ingenieurtechnische Anwendungen erzielt. Zum Beispiel wurde große Genauigkeit bei
Vorhersagen
der
Aerodynamik
der
Flugzeuge
erreicht.
Auch
die
Ablösungsströmungen und Strömungen mit konzentrierten Wirbelstrukturen lassen
sich gut mit diesem Modell berechnen.
Das Anwendungsgebiet der Eingleichungsmodelle ist breiter als das der algebraischen
Modelle.
Trotzdem
unterliegen
die
Eingleichungsmodelle
den
Zweigleichungsmodellen
bezüglich
der
Genauigkeit.
Unter
den
Zweigleichungsmodellen ist das sogenannte k –  Modell bekannt. Hier ist k die
kinetische Energie der turbulenten Schwankungen und  ist die Dissipationsrate.
Für die kinetische Energie k, die Dissipationsrate  und die integrale Turbulenzlänge
(Längenmaß) L ist die Formel von Prandtl und Kolmogorov gültig
  k3/2/L,
(8.29)
Sie wurde unter der Annahme hergeleitet, dass die Turbulenz im
Gleichgewichtszustand ist. Das heißt, dass die Generation der kinetischen Energie der
turbulenten Schwankungen durch gemittelte Strömung der Dissipation dieser Energie
gleich ist. Dieser Zustand ist für den so genannten Trägheitsbereich typisch.
Aus der Dimensionsanalyse folgt ein einfacher Zusammenhang zwischen der
turbulenten kinematischen Viskosität t, charakteristischer Geschwindigkeit q = k
und integralem Längenmaß
t = C qL,
(8.30)
wobei C   0,09 eine Modellkonstante ist. Aus (8.29) und (8.30) ergibt sich
t  C qL  C
156
k2
.

(8.31)
Die unbekannten Funktionen k und
Differentialtransportgleichungen berechnet

werden
aus
den
folgenden




t    C1 ui C 2  2 


 
uj

ij

  



t
x j x j 
  x j 
x j
k
k 

k
k

uj

t
x j x j


  t

k

 k

 x j

u
  ij i  

x j

(8.32)
Die Konstante des k –  Modells sind: C1 = 1,44, C2 = 1,92, k = 1,  = 1,3.
Sind k und  bekannt, berechnet man die kinematische Viskosität aus der Formel
(8.31) und die Reynolds`sche Spannungen aus der Boussinesq`schen Hypothese
(8.15). Das System (8.32) wird zusammen mit den Reynolds`schen Gleichungen (8.12)
gekoppelt gelöst. Das k – Modell ist gültig für die Strömungen bei großen
Reynoldszahlen. In Wandnähe wird es unbrauchbar. Eine Alternative zum k – 
Modell ist das k- Modell. Es ist in Wandnähe genau und wird aber mit größer
werdendem Abstand von der Wand unbrauchbar. Um die Nachteile von beiden
Modellen zu überwinden, wurde von Menter das SST Modell vorgeschlagen, das eine
Kombination von k– und k- ist. Der wichtigste Vorteil dieses Modells ist die
Gültigkeit sowohl in Wandnähe, als auch mit größer werdender Entfernung.
Detaillierte Beschreibung verschiedener Turbulenzmodelle findet man in [14].
Übungen
1. Eine Platte wird mit der Geschwindigkeit 10 m/sek in der Luft umströmt.
Berechnen Sie den Mischungsweg hinter der Eintrittskante der Platte mit einem
Abstand von 1 m! Die Strömung soll als turbulent betrachtet werden.
2. Ein Profil wird mittels CFD und RANS Gleichungen berechnet. Ist die Kuttasche
Abflussbedingung notwendig?
3. Berechnen Sie die Reynoldsgemittelte Geschwindigkeit, wenn u( t )  sin t cos 10t
ist!
157
Berechnen Sie die Reynoldsgemittelte Geschwindigkeit, wenn ist!
158
Literatur
Literatur
1. Abbot I.H. und von Doenhoff A.E., Theory of Wing Sections, NY: Dover
Publ., 1958.
2. Achkinadse A.S., Bessjadovski A.R., Vasiljeva V.V., Kornev N.V. und
Faddeev J.I., Hydromechanik, Morvest, St.Petersburg, 2007 (in Russisch).
3. Althaus D. und Wortmann F.X., Stuttgarter Profilkatalog, Friedr.
Vieweg&Sohn, 1981.
4. Dawson C.W., A practical computer-method for solving ship-wave problems,
Proc. 2nd Int. Conf. Numer. Ship Hydrodynamics, 1977.
5. Fach K., Fischer H., Kornev N., and Petersen U., Wing in ground effect
craft, Chapter 46 in: Ship Design and Construction, SNAME, 2004.
6. Ferziger J.H., Peric M., Computational methods for Fluid Dynamics,
Springer, 2002.
7. Katz J., Plotkin A., Low speed aerodynamics: from wing theory to panel
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8. Kornev N., Propellertheorie, Vorlesungsskript, Universität Rostock, 2009.
9. Pope S.B., Turbulent flows, Cambridge University Press, 2000.
10. Schlichting H., Gersten K., Grenzschichttheorie, Springer, 2005.
11. Schmitz G., Hydrodynamik, Teil I, Universität Rostock, 1980.
12. Schmitz G., Hydrodynamik, Teil 2, Universität Rostock, 1980.
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14. Wilcox D.C., Turbulence modeling for CFD, DCW Industries, Inc., La Canada,
CA, 1993.
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