Information und Handlungsempfehlung

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Bayerisches Rotes Kreuz•
Hygiene und Information zu Noroviren
Facharbeitsgruppe CBRN(E)
lfd. Nr.: 002
Information und Handlungsempfehlung
an alle Einsatzkräfte BRK (Land-, Luft-, Berg- und Wasserrettung)
sowie alle ehrenamtlich Aktiven in den Einsatzdiensten
Datum : 14.12.2007
Noroviren
Einführung
Seit der Einführung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) im Jahre 2001 wuchs der
Bekanntheitsgrad der Noroviren schnell: Wurden 2001 in Deutschland noch 9.279 NorovirusNachweise gemeldet, stieg die Zahl der Meldungen ein Jahr später auf 51.608. Nach leichtem
Rückgang 2003 wurden deutschlandweit 2004 und 2005 über 60.000 Norovirusinfektionen pro
Jahr gemeldet. 2006 erreichte die Anzahl der Meldungen mit etwas über 75.000 einen
vorläufigen Höchststand, der 2007 mit über 100.000 Meldungen noch übertroffen werden wird.
Entscheidenden Anteil an der mühelosen Verbreitung des Erregers hat seine hohe
Umweltresistenz (Tenazität) und seine geringe Infektionsdosis.
Die Erkrankung ist zwar kurz und selbstlimitierend, doch kann der Flüssigkeitsverlust für kleine
Kinder, chronisch Kranke und v.a. ältere Menschen eine akute ärztliche Versorgung nötig werden
lassen. In Altersheimen, Krankenhäusern und Kindergärten sind häufig viele dieser
Risikopatienten gleichzeitig betroffen. Basishygieneregeln sehen vor, dass erkranktes
medizinisches Fachpersonal seine Tätigkeit aussetzt.
Erreger
Das Norovirus ist unter dem Namen „Norwalk-like Virus“ bekannt geworden. Im Jahr 1972 wurde das
Virus als Verursacher eines Gastroenteritisausbruchs in der Stadt Norwalk, Bundesstaat Ohio, USA
von Kapikian et al. mit Hilfe elektronenmikroskopischer Aufnahmen identifiziert. 2002 erfolgte die
Umbenennung des Norwalk-like Virus in Norovirus durch das International Committee on Taxonomy
of Viruses. Noroviren gehören zur Familie der humanen Caliciviren. Sie werden klassifiziert als
unbehüllte RNA-Viren mit einem kleinen Genom von ca. 7.500 Basen.
Übertragungswege von Noroviren
Fäkal-oral übertragen, überwinden sie die Magenpassage unversehrt. Die Partikel sind äußerst
resistent gegen Umwelteinflüsse. Noroviren sind auf kontaminierten Einrichtungsgegenständen, in kontaminiertem Wasser und auf kontaminierten Lebensmitteln zu finden. Auch
verunreinigte Gegenstände und Flächen sind potenzielle Virusüberträger.
Die wichtigste Infektionsquelle aber sind fäkale Ausscheidungen und Erbrochenes
infizierter Patienten.
Version 1.1
Ersteller
Stand 14.12.07 FAG - CBRN(E)
S. Ippisch / P. Hausl
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Rettungsdienst / Katastrophenschutz
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Die Übertragung von Noroviren durch die orale Aufnahme erregerhaltiger Aerosole (kleinste
Schwebeteilchen aus infektiösen festen/flüssigen Bestandteilen und Luft) wird diskutiert. Die
Infektionsdosis einer Norovirusinfektion ist sehr gering. Schon wenige Partikel (10 – 100)
reichen für die Infektion aus. Der Mensch gilt als einziges Erregerreservoir für
humanpathogene Noroviren. Eine Häufung der Infektionen ist gerade im Winter zu beobachten.
Typische Symptomatik einer Norovirusinfektion (Klinik)
Die Leitsymptome einer Norovirusinfektion sind Bauchkrämpfe, Übelkeit, Erbrechen und
wässrige Durchfälle. Weitere wichtige diagnostische Hinweise sind der akute Beginn und die
kurze Dauer der Erkrankung (die Symptomatik klingt meist nach einem Tag ab).
Die Inkubationszeit liegt zwischen 6 Stunden und 48 Stunden.
Norovirusinfektionen heilen in der Regel ohne Komplikationen und Folgeschäden aus.
Dehydratation und Elektrolytverlust können in seltenen Fällen vor allem kleine Kinder und
ältere Patienten gefährden.
Therapie und Prophylaxe
Für die Therapie einer Norovirusinfektion gibt es kein spezifisch wirksames antivirales
Medikament. Die symptomatische Behandlung konzentriert sich wie bei anderen
Durchfallerkrankungen auf
die
ausreichende Substitution der
Elektrolytund
Flüssigkeitsverluste. In seltenen Fällen ist eine stationäre Aufnahme erforderlich. Zur
Vermeidung nosokomialer Übertragungen sind bei Aufnahme von Patienten mit
Norovirusinfektion die entsprechenden Hygieneregeln streng zu beachten.
Immunreaktion
Die Immunität nach einer Norovirusinfektion wird heute noch nicht gut verstanden. Aufgrund
der genetischen Variabilität des Erregers sind Zweitinfektionen innerhalb einer kurzen
Zeitspanne möglich.
Allgemeine organisatorische hygienische Maßnahmen
Wichtigste Maßnahme ist die Absonderung Erkrankter von anderen Personen! Es ist eine
sofortige Unterbringung in Einzelzimmern erforderlich (Kohortenisolierung von mehreren
Erkrankten ist ebenfalls möglich).
Material (z.B. Pflegeutensilien und Untersuchungsinstrumente (Blutdruckmessgerät,
Stethoskop usw.) ist patientenbezogen zu verwenden und nach Kontakt entsprechend
aufzubereiten.
Der Kontakt mit Erkrankten ist auf so wenige Personen, wie möglich zu beschränken.
Erbrochenes bzw. Faeces sollen mit einem desinfektionsmittelgetränktem Lappen – am besten
Einweg-Zellstoff o.ä. – entfernt werden. Dabei sind unbedingt Einmalhandschuhe zu tragen,
nicht nur aus Gründen des Infektionsschutzes, sondern auch, um direkten Hautkontakt mit dem
Desinfektionsmittel zu vermeiden. Die betroffenen Stellen werden anschließend mit
demselben, gegen unbehüllte Viren wirksamen Flächendesinfektionsmittel wischdesinfiziert.
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Händehygiene
Die Händereinigung und -desinfektion bzw. das Tragen von Einmalhandschuhen ist die
zentrale Hygienemaßnahme.
Nach dem Ausziehen der Einmalhandschuhe ist eine zweifache*** hygienische
Händedesinfektion erforderlich, ebenso sollte dies bei eventuellem Handschuhwechsel erfolgen.
Die Handschuhe werden nach Gebrauch sofort zum Abfall gegeben, eine vorherige
Handschuhdesinfektion sollte in Erwägung gezogen werden.
Eine doppelte hygienische Händedesinfektion ist insbesondere erforderlich
• nach Kontakt mit dem/den Patienten oder mit Gegenständen,
die direkt oder über Handkontakt mit dem Patienten in Berührung kommen
• nach Kontakt mit Ausscheidungen des Patienten
• nach dem Ausziehen des Schutzmateriales
• bei/nach der Wiederaufbereitung von eingesetztem Material
• Nach jedem Toilettengang sowie vor der Zubereitung bzw. Einnahme von Mahlzeiten
ist eine Händedesinfektion obligatorisch. Bei Bedarf sollten die Hände zuvor gründlich
gewaschen und mit Einweghandtüchern abgetrocknet werden.
Desinfektionsmaßnahmen
Alle Maßnahmen, insbesondere Desinfektionsmaßnahmen, sind mit dem örtlichen Hygienebeauftragten (Desinfektor) abzustimmen.
Händedesinfektionsmittel *
Obwohl widersprüchliche Aussagen zur Wirksamkeit von verschieden konzentrierten Alkoholen
(Propanol, Ethanol) gegen Noroviren vorliegen, sollte der Verwendung von Mitteln, die gemäß
Desinfektionsmittelliste des Robert-Koch-Institutes (www.rki.de > Infektionsschutz > Krankenhaushygiene > Desinfektion) den Wirkungsbereich AB* umfassen, der Vorzug gegeben werden. Momentan
ist nur ein Mittel (Virugard der Firma Bode) im Bereich der Alkohole als viruswirksam gelistet. **
Es stellen jedoch alle gängigen im Rettungsdienst eingesetzten alkoholischen Händedesinfektionsmittel (Alkoholgehalt = 70%) ausdrücklich eine akzeptable Alternative dar
und wirken bei einer zweimaligen Händedesinfektion völlig ausreichend. ***
Flächendesinfektion *
In Anbetracht der geringen Infektionsdosis und der hohen Umweltresistenz der Noroviren kommt der
Flächendesinfektion eine hohe Bedeutung zu. Dies gilt sowohl für die laufende Flächendesinfektion
als auch für die Schlussdesinfektion. Als viruswirksame Mittel (Wirkungsbereich AB gemäß RKI-Liste)
bzw. vom Hersteller nach Begutachtung als viruzid deklarierte Mittel kommen in erster Linie
sauerstoffabspaltende Verbindungen und aldehydhaltige Mittel in Frage, wobei die Perverbindungen
nicht zur Desinfektion von merklich mit Blut kontaminierten Flächen geeignet sind. Massive
Verunreinigungen sind zunächst mit einem desinfektionsmittelgetränkten Lappen zu entfernen. Alle
Handkontaktstellen in unmittelbarer Patientenumgebung sind regelmäßig mit oben genannten
Desinfektionsmitteln wisch-zu-desinfizieren.
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Kleine Flächen, z. B. Pflegeutensilien, können mit einem viruswirksamen alkoholischen Händedesinfektionsmittel wischdesinfiziert werden. Bei der Schlussdesinfektion sind insbesondere
kontaminierte Oberflächen und potentielle Handkontaktstellen (z.B. Tragen- und Türgriffe,
Telefon- und Funkhörer, Desinfektionsmittelhebel – wenn nicht mit Ellbogen bedient –,
Oberflächen wie WC`s, Spülknöpfe, Wasserhähne, Handläufe, usw.) zu berücksichtigen. Auch
bei der Schlussdesinfektion dürfen nur nach RKI-Liste viruswirksame oder vom Hersteller als
viruzid deklarierte Desinfektionsmittel verwendet werden.
In wie weit Noroviren sich möglicherweise resistent gegenüber Desinfektionsmitteln zeigen, ist
bisher leider nur sehr wenig bekannt.
Aufbereitung von Medizinprodukten
Bezüglich der Reinigung und Aufbereitung von Medizinprodukten wird auf die entsprechenden
Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention
(„Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten“ sowie
„Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung flexibler Endoskope und endoskopischen
Zusatzinstrumentariums“, s. www.rki.de > Infektionsschutz > Krankenhaushygiene) verwiesen.
Persönliche Schutzausstattung
Schutzanzüge
Es können bei direktem Kontakt und Kontakt mit infektiösem Material Einmalschutzoveralls
verwendet werden. Einmalartikel werden unmittelbar nach Anwendung dem Abfall zugeführt. Bei
offensichtlicher Kontamination der Einsatzkleidung muss ein Wechsel dieser erfolgen und die
kontaminierte Einsatzkleidung ist in geeigneter Weise (Infektionswäsche) aufbereitet werden.
Mund-Nasen-Schutz
Im Gegensatz zu vielen anderen Erregern von Brechdurchfallerkrankungen ist bei Noroviren im
Erbrochenen eine hohe Partikelkonzentration nachweisbar. Eine Übertragung durch
erregerhaltiges Aerosol (während des Erbrechens) ist in Betracht zu ziehen. Deshalb ist die
Verwendung einer Atemschutzmaske oder mindestens eines Mund-Nasen-Schutzes durch
betreuendes Personal bei Patienten mit häufigem Erbrechen sinnvoll.
Verdächtiges oder erkranktes Einsatzpersonal
Es empfiehlt sich selbstverständlich, dass erkrankte Personen bei akutem Auftreten
entsprechender Symptome (Bauchkrämpfe, Übelkeit, Erbrechen und wässrige Durchfälle) nicht
zur Arbeit gehen und keine betreuenden Tätigkeiten in Gesundheits- und
Gemeinschaftseinrichtungen ausüben.
Dies kann nach § 31 Infektionsschutzgesetz (IfSG) von den Gesundheitsbehörden auch
angeordnet werden, ebenso die Einhaltung bestimmter Hygienemaßnahmen gemäß § 28 IfSG,
ggf. auch über die Akutphase hinaus. Hierbei ist zu erwähnen, dass erkranktes medizinisches
Personal grundsätzlich den Hausarzt konsultieren sollte, um die Erkrankung/ Infektion abklären
zu lassen. Eine telefonische Vorankündigung unter Angabe möglicher Verdachtsdiagnosen ist
unter Umständen sinnvoll.
Personen, die an einer Gastroenteritis durch Norovirus erkrankt oder dessen verdächtig sind
(also auch ohne Labornachweis), dürfen für die Dauer der Erkrankung keine Tätigkeit im
Rettungs- bzw. Einsatzdienst ausüben.
Die Tätigkeit im Rettungs- bzw. Einsatzdienst kann zwei Tage nach Abklingen der klinischen
Erscheinungen wieder aufgenommen werden.
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Liste der vom Robert-Koch-Institut geprüften und anerkannten Desinfektionsmittel und -verfahren
€ Wirkbereich A: zur Abtötung von vegetativen Bakterien einschließlich Mykobakterien sowie
von Pilzen einschließlich Pilzsporen geeignet;
€ Wirkbereich B: zur Inaktivierung von Viren geeignet
**
Bei den zur Bewertung der Wirksamkeit eines Desinfektionsmittels durchgeführten
Suspensionstests wird das zu prüfende Produkt in eine wässrige Lösung gegeben, die zuvor mit
Viren kontaminiert wurde. Die Erreger „schwimmen“ hier also in einer Flüssigkeit. Unter realen
Infektionsbedingungen hingegen befinden sich die Viren nicht in einer Lösung, sondern auf der
Haut bzw. auf Oberflächen. Die zur Wirksamkeitsbewertung durchgeführten Tests bilden somit
lediglich eine künstliche Laborsituation ab, können jedoch die tatsächlichen Vorgänge in der
Praxis nicht widerspiegeln.
***
Zur Händedesinfektion eignen sich hautfreundliche Präparate auf Alkoholbasis. Generell sollte
hier der Gesamtalkoholgehalt 70 % oder mehr betragen. Bei der Desinfektion muss berücksichtigt werden, dass bereits 10 Viruspartikel ausreichen, um eine Infektion auszulösen. Eine
derartige Reduktion der Virusmenge kann mit einer einfachen Händedesinfektion ganz
offensichtlich nicht erzielt werden. Bei Kontakt mit Norovirus-infizierten Patienten wird daher
dringend empfohlen, die Hände zweimal hintereinander mit einer ausreichenden
Flüssigkeitsmenge zu desinfizieren! Die meisten Händedesinfektionsmittel auf der Basis von
Alkoholen mit einer Gesamt-Alkoholkonzentration von etwa 70 % zeigen bei Einwirkungszeiten
im Bereich einer Minute eine Wirksamkeit gegenüber Viren die meist knapp unterhalb der
99,99% Grenze liegt oder in einigen Ausnahmefällen knapp darüber. Dies mag für die meisten
Virusinfektionen ausreichen – für Norwalk-Viren ist dies, wie bereits erwähnt, bei allen
Desinfektionspräparaten zu gering! Wird jedoch eine Händedesinfektion doppelt durchgeführt
und eine entsprechende Einwirkzeit (2 x 1 Minute die Hände mit der unverdünnten Lösung
feucht halten) eingehalten, so ist für alle alkoholischen Präparate mit 70 % eine hinreichende
Wirksamkeit abzusehen.
Die Händewaschung mit einer dekontaminierenden Waschlotion kann die Händedesinfektion
nicht ersetzen.
Quellen:
Robert Koch Institut: RKI-Ratgeber Infektionskrankheiten - Merkblätter für Ärzte 2007,
Bayer. Landesamt f. Gesundheit u. Lebensmittelsicherheit: Norovirusinfektionen 11/2007,
Landratsamt Gesundheitsamt Erding: Norovirusmerkblatt 12/2007,
Ecolab GmbH & Co. OHG, Health Care aktuell, 09/2006
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