Hinweise für den Schüler

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Abitur 2003 Philosophie Gk
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Hinweise für den Schüler
Aufgabenwahl:
Ihnen werden zwei Prüfungsarbeiten vorgelegt (Block A und Block B).
Wählen Sie einen Block aus und bearbeiten Sie diesen.
Bearbeitungszeit:
Die Bearbeitungszeit beträgt 210 Minuten. Zusätzlich werden
30 Minuten Einlesezeit für die Wahl der Aufgaben gewährt.
Hilfsmittel:
Duden (Deutsche Rechtschreibung)
Sonstiges:
Alle Prüfungsunterlagen sind geschlossen zurückzugeben.
Entwürfe zur Reinschrift können ergänzend zur Bewertung nur
herangezogen werden, wenn sie zusammenhängend konzipiert sind und
die Reinschrift etwa 3/4 des erkennbar angestrebten Gesamtumfangs
umfasst.
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Block A
Thema:
Die Prinzipien der menschlichen Erkenntnis
Textgrundlage:
George Berkeley, Eine Abhandlung über die Prinzipien der menschlichen
Erkenntnis. In: Ders., Eine Abhandlung über die Prinzipien der menschlichen
Erkenntnis. Neu bearbeitet und herausgegeben von Alfred Klemmt, Hamburg
1979, S. 25 – 27. Zit., nach: Bruno Heller, Erkenntnistheorie. Materialien aus
Philosophie und Einzelwissenschaften, Stuttgart 1983
Aufgaben:
1. Analysieren Sie den Text und arbeiten Sie die erkenntnistheoretische Position George
Berkeleys heraus.
2. Prüfen Sie Prämissen und Folgen von Berkeleys Argumentation und vergleichen Sie
diesen Ansatz mit einer anderen Ihnen bekannten erkenntnistheoretischen Konzeption.
3. Legen Sie dar, ausgehend von Ihren Ergebnissen, welche Bedeutung
erkenntnistheoretische Überlegungen für Sie haben. Berücksichtigen Sie dabei die
Rolle von Erkenntnis in den Wissenschaften, der Ethik und im Alltag.
Gewichtung der Aufgaben: 2 : 4 : 4
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Jedem, der einen Blick auf die Gegenstände der menschlichen Erkenntnis wirft, leuchtet ein,
dass sie teils den Sinnen gegenwärtig eingeprägte Ideen sind, teils Ideen, welche durch das
Aufmerken auf das, was die Seele leidet und tut, gewonnen werden, teils endlich Ideen,
welche mittels des Gedächtnisses und der Einbildungskraft durch Zusammensetzung, Teilung
oder einfache Vergegenwärtigung der ursprünglich in einer der beiden vorhin angegebenen
Weisen empfangenen Ideen gebildet werden. Durch den Gesichtssinn erhalte ich die Lichtund Farbenvorstellung in ihren verschiedenen Abstufungen und qualitativen Modifikationen,
durch den Tastsinn perzipiere ich z. B. Härte und Weichheit, Hitze und Kälte, Bewegung und
Widerstand, und von diesen allem mehr oder weniger hinsichtlich der Quantität oder des
Grades.
Der
Geruchssinn
verschafft
mir
Gerüche,
der
Geschmackssinn
Geschmacksempfindungen, der Sinn des Gehörs führt dem Geist Schallempfindungen zu in
ihrer ganzen Mannigfaltigkeit nach Ton und Zusammensetzung. Da nun beobachtet wird, dass
einige von diesen Empfindungen einander begleiten, so geschieht es, dass sie mit einem
Namen bezeichnet und infolge hiervon als ein Ding betrachtet werden. Ist z.B. beobachtet
worden, dass eine gewisse Farbe, Geschmacksempfindung, Geruchsempfindung, Gestalt und
Festigkeit vereint auftreten, so werden sie für ein bestimmtes Ding gehalten, welches durch
den Namen Apfel bezeichnet wird. Andere Gruppen von Ideen bilden einen Stein, einen
Baum, ein Buch und ähnliche sinnliche Dinge, die, je nachdem sie gefallen oder missfallen,
die Gefühle des Hasses, der Freude, des Kummers usw. hervorrufen.
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Aber neben dieser endlosen Mannigfaltigkeit von Ideen oder Erkenntnisobjekten existiert
ebensowohl auch etwas, das sie erkennt oder perzipiert und verschiedene Tätigkeiten, wie
wollen, sich vorstellen, sich wiedererinnern, an ihnen ausübt. Dieses perzipierende, tätige
Wesen ist dasjenige, was ich Gemüt, Geist, Seele oder mich selbst nenne. Durch diese Worte
bezeichne ich nicht irgendeine meiner Ideen, sondern ein von ihnen allen ganz verschiedenes
Ding, worin sie existieren, oder was dasselbe besagt, wodurch sie perzipiert werden; denn die
Existenz einer Idee besteht im Perzipiertwerden.
Dass weder unsere Gedanken, noch unsere Gefühle, noch unsere Einbildungsvorstellungen
außerhalb des Geistes existieren, wird ein jeder zugeben. Es scheint aber nicht weniger
evident zu sein, dass die verschiedenen Sinnesempfindungen oder den Sinnen eingeprägten
Ideen, wie auch immer dieselben miteinander vermischt oder verbunden sein mögen (d. h.
was für Objekte auch immer sie bilden mögen), nicht anders existieren können, als in einem
Geiste, der sie perzipiert. Dies kann, glaube ich, von einem jeden anschaulich erkannt werden,
der darauf achten will, was unter dem Ausdruck existieren bei dessen Anwendung auf
sinnliche Dinge zu verstehen ist. Sage ich: der Tisch, an dem ich schreibe, existiert, so heißt
das: ich sehe und fühle ihn; wäre ich außerhalb meiner Studierstube, so könnte ich die
Existenz desselben in dem Sinne aussagen, dass ich, wenn ich in der Studierstube wäre,
denselben perzipieren könnte, oder dass irgendein anderer Geist ihn gegenwärtig perzipiere.
Es war da ein Geruch, heißt: er wurde wahrgenommen; ein Ton fand statt, heißt: er wurde
gehört; eine Farbe oder Gestalt: sie wurde durch den Gesichtssinn oder durch den Tastsinn
perzipiert. Dies ist der einzige verständliche Sinn dieser oder ähnlicher Ausdrücke. Denn was
von einer absoluten Existenz nicht-denkender Dinge ohne irgendeine Beziehung auf ihr
Perzipiertwerden gesagt zu werden pflegt, scheint durchaus unverständlich zu sein. Das Sein
(esse) solcher Dinge ist Perzipiertwerden (percipi). Es ist nicht möglich, dass sie irgendeine
Existenz außerhalb der Geister oder denkenden Wesen haben, von welchen sie perzipiert
werden.
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Block B
Thema:
Wirtschaft und Ethik
Textgrundlage : Text 1: Oswald von Nell-Breuning, Wirtschaftsethik.
In: Hans Lenk/Matthias Maring (Hg.), Wirtschaft und Ethik,
Stuttgart 1992, S. 31-44, hier S. 34 f.
Text 2: Hans-Martin Sass: Ethische Risiken im wirtschaftlichen Risiko.
In: Ebenda, S. 214 - 234, hier S. 233 f.
Aufgaben
1. Stellen Sie zentrale Argumente der beiden Positionen dar und erläutern Sie, wie das
Verhältnis von Wirtschaft und Ethik bestimmt wird.
2. Setzen Sie sich mit beiden Positionen kritisch auseinander, indem Sie anhand von
Beispielen aufzeigen, zu welchen ethischen Konsequenzen die jeweiligen
Bestimmungen führen können.
3. Entwickeln Sie unter Rückgriff auf Ihnen bekannte ethische Positionen eine eigene
Bestimmung des Verhältnisses von Wirtschaft und Ethik.
Gewichtung der Aufgaben: 3 : 3 : 4
In dem ersten Text (erstmals 1963 erschienen) legt Oswald von Nell-Breuning, einer der
bekanntesten Vertreter der katholischen Soziallehre, die auch für die Ausbildung der Idee
einer sozialen Marktwirtschaft eine große Rolle gespielt hat, das Verhältnis wirtschaftlicher
und ethischer Überlegungen zueinander dar. Im zweiten Text (erstmals erschienen 1992)
formuliert der Bochumer Philosophieprofessor Hans-Martin Sass seine Position zum
Verhältnis von Wirtschaft und Ethik.
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Text 1
Auf jeden Fall ist die Wirtschaft nur ein Teilbereich des Lebens, nicht das ganze Leben.
Darum ist auch die Wirtschaftsethik nur ein in das Ganze der Gesamtethik eingebetteter
Teilbereich. Die großen und letzten Fragen sittlicher Gestaltung des Lebens lassen sich in den
Rahmen der Wirtschaftsethik nicht einspannen. Jenseits der Wirtschaftsethik liegt bereits die
Frage, ob ihre eigenen Gebote und Verbote absolut oder nur relativ (konditional) gelten. Ist
der Mensch nicht nur der Wirtschaft, sondern noch vielem anderen verpflichtet, so können
Zielkollisionen und folgerecht mindestens scheinbare (d.i. der Auflösung bedürftige, aber
auch fähige) Pflichtenkollisionen nicht ausbleiben. In bestimmter Lage wird der Mensch das
Sach- oder Werkziel (finis operis) der Wirtschaft um einer höheren Pflicht willen nicht nur
zurückstellen, sondern ihm sogar auf eine gewisse Strecke Weges zuwiderzuhandeln haben.
Als Dienerin der anderen, höheren Lebensbereiche muß die Wirtschaft im Konfliktfall
gegenüber deren Belangen zurücktreten; andererseits aber können diese sie als ihre tragende
Grundlage gar nicht entbehren; die elementaren wirtschaftlichen Notwendigkeiten müssen
daher gerade um der höheren Kultursachbereiche willen befriedigt werden. Hier ergeben sich
höchst verwickelte Zusammenhänge zwischen Werthöhe und Dringlichkeitsstufe; diese
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Verwicklungen lassen sich nur mit Hilfe der einschlägigen Fachwissenschaften
durchleuchten; erst auf Grund der so erlangten Kenntnis der Zusammenhänge lässt sich
ethisch beurteilen, ob bzw. in welchem Umfang die ökonomische Ratio zurückzutreten hat.
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Text 2
Es sollte auch gezeigt werden, dass es bei der Wirtschaftsethik nicht ethisch um „alles oder
nichts“ geht, sondern um Optimierungen von ethisch akzeptablem Handlungsdesign und um
die vom Markt, vom Kunden und Kollegen und nicht zuletzt vom Unternehmen zur Stärkung
der eigenen Wertidentität geforderte ethische Qualitätskontrolle und ethische Risikominderung im wirtschaftlichen Handeln. (...) Wirtschaftliche Risiken werden durch die
Berücksichtigung ethischer Aspekte nicht größer, sondern geringer.
Wirtschaftliches Handeln ohne ethische Kriterien ist blind und kurzsichtig; ethisches Handeln
ohne die Berücksichtigung von ökonomischen Realitäten und Möglichkeiten ist stumpf und
erfolglos. Moralkompetenz und Marktkompetenz ergeben erst in ihrer Integration die
optimale Managementkompetenz. Wirtschaftliche Profite sind ohne ethisches Profil
langfristig nicht erzielbar.
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