ORGANISCHE CHEMIE und BIOCHEMIE für Landwirte ORGANISCHE CHEMIE Struktur organischer Verbindungen: Atome, Moleküle, chemische Bindungen Einführung Die verschiedenen Zweige der Chemie Anorganische Chemie Chemie aller Elemente ausgenommen des Kohlenstoffs Organische Chemie Chemie der (Mehrzahl der) Verbindungen des Kohlenstoffs Biochemie Bioorganische Chemie Chemie, die in lebenden Organismen abläuft Weitere Gebiete: Analytische Chemie, Physikalische Chemie, Theoretische Chemie, Polymerchemie usw. Organische Chemie • Chemie der Kohlenstoffverbindungen • außer wenigen “traditionell anorganischen” Molekülen: CO, CO2, HCN etc. • vor allem beteiligt: Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff, Stickstoff Arbeitsgebiete: • Synthese (vorhandener oder neuer) organischer Moleküle und Strukturbestätigung • Gewinnung von Naturstoffen und Strukturaufklärung Organische Chemie Historisch: Gewinnung und Untersuchung von Stoffen “animalischer” oder “vegetabilischer” Herkunft Organische Stoffe können sich nur unter Wirkung der “vis vitalis” (Lebenskraft) bilden, aber nicht im Laboratorium erzeugt werden. Anorganische Chemie Organische Chemie Vis vitalis - aus toter Materie - Mineralien, Erze, Säuren - sehr viele Elemente beteiligt - Bildung und Umwandlung im Labor - aus lebender Materie - wenige Elemente beteiligt - keine Bildung im Labor 1828: Friedrich Wöhler : Erste Synthese eines organischen Stoffes im Labor, “Geburt” der organischen Chemie, Bildung von Harnstoff aus Ammoniumcyanat NH4OCN NH2-CO-NH2 Kohlenstoff • Grundlage für alle Lebensvorgänge • Bildung von stabilen Bindungen zu anderen Kohlenstoffatomen • Ausbildung von Kohlenstoffketten (Catenation) und Kohlenstoffringen (Cyclisierung) • Bildet stabile Bindungen zu vielen anderen Elementen • Bildung von Einfach-, Doppel- und Dreifachbindungen und Aromaten C: carboneum, von carbo (lat.) = Kohle Kohlenstoff Das Element Kohlenstoff existiert in vier verschiedenen Formen (Allotrope). • Ruß • Graphit • Diamant • Fullerene Ruß Graphit • Schichtstruktur • Ebenen aus Sechsringen • Ebenen leicht verschiebbar (Schmiermittel) • Stromleitung in den Ebenen • amorph (“gestaltlos”) • keine bestimmte Struktur Diamant • Tetraedrische Geometrie • Jedes C sitzt im Mittelpunkt eines regelmäßigen Tetraeders aus 4 anderen C • extrem hart Fullerene • C60- oder C70-”Buckyballs” • sehr stabil • regelmäßige Sechs- und Fünfringstrukturen • Grundlage für “Nanostrukturen” Fette, Kohlenhydrate, Proteine, Nukleinsäuren Hormone, Vitamine Plaste, Kunstfasern, Farben Organische Kraftstoffe, Heizmittel Pharmaka, Kosmetika Chemie Insektizide, Herbizide Holz, Papier, Fasern Organische Chemie • Oktanzahl • Ozonloch • PAK, Bodenbelastung • Cholesterin • Nikotin • ungesättigte Fettsäuren • Farb- und Aromastoffe • Papier • chlorfreie Bleiche • DDT, Insektizide, Herbizide • Alkoholvergiftung • Sekundenkleber • Düngemittel • Drogen und Narkotika Elementarteilchen Teilchen Ladung (Coulomb) AMU - 1,60 × 10-19 -1 5.4x10-4 Proton (p) 1,673 × 10-27 - 1,60 × 10-19 +1 1.0 Neutron (n) 1,675 × 10-27 0 1.0 Elektron (e-) Masse (kg) 9,11 × 10-31 0 Die Masse des Wasserstoffatoms beträgt 1.67 × 10-27 kg. Die schwersten Atome wiegen 5 × 10-25 kg. Das Proton ist 1836 mal schwerer als ein Elektron. Atombau Die Massenzahl A gibt die Gesamtzahl der Nukleonen, d.h. der Protonen und Neutronen, an. Die Ordnungszahl Z gibt die Anzahl der Protonen an und bestimmt die Stellung des Elements im Periodensystem. Jedes Atom ist eindeutig durch die zwei Zahlen Ordnungszahl Z und Massenzahl A charakterisiert. 12 6 C Atombau - Isotope Atome gleicher Ordnungszahl aber unterschiedlicher Massenzahl nennt man Isotope. Die unterschiedliche Massenzahl ergibt sich aus einer unterschiedlichen Zahl von Neutronen. Isotope haben sehr ähnliche chemische und physikalische Eigenschaften. Beispiel: Vom Kohlenstoff (Z = 6) kommen in der Natur 3 Isotope vor: A = 12 (6 Protonen, 6 Neutronen), ca. 99% Häufigkeit A = 13 (6 Protonen, 7 Neutronen), ca. 1% Häufigkeit A = 14 (6 Protonen, 8 Neutronen), sehr geringe Häufigkeit Schreibweise: 14C, 13C, 12C Atombau - Molare Masse (Atommasse) 1 mol ist diejenige Stoffmenge, die aus genau so vielen Teilchen besteht, wie Atome in 12 g von Kohlenstoff-12 enthalten sind. 1 mol eines Elements enthält daher immer gleich viele Atome, nämlich 6,022 × 1023 (Avogadro-Zahl NA: 6,022045 × 1023). Die Stoffmenge, die aus 6,022 × 1023 Atomen besteht, nennt man ein Mol (SI-Einheit: mol). Das Mol ist eine Basiseinheit. Ein Mol eines Elements wiegt soviel, wie seine Atommasse angibt. Man spricht von der molaren Masse M. Sie wird in g / mol angegeben. MC = 12.01 g/mol MH = 1.008 g/mol MCl = 35.45 g/mol 1 mol S 6,022 × 1023 Atome 1 mol C 6,022 × 1023 Atome 1 Mol Hg 6,022 × 1023 Atome 1 mol Cu 6,022 × 1023 Atome 1 mol Fe 6,022 × 1023 Atome Atombau Die molare Masse einer Verbindung (Molekülmasse) Ein Mol einer Verbindung enthält 6,022045 × 1023 Moleküle dieser Verbindung. Eine Verbindung wiegt soviel, wie ihre Molekülmasse angibt. Die Molekülmasse ist die Summe der Atommassen. Man spricht von der molaren Masse M der Verbindung. Sie wird in g / mol angegeben. Je höher die Molmasse, desto mehr wiegt ein Mol der Verbindung. MHCl = 1.008 + 35.45 = 36.458 g/mol (Chlorwasserstoff) MC2H5OH = 2 x 12.01 + 6 x 1.008 + 1 x 15.999 = 46.067 g/mol (Ethanol) MC9H8O4 = 9 x 12.01 + 8 x 1.008 + 4 x 15.999 = 180.15 g/mol (Aspirin) MC29H50O2 = 29 x 12.01 + 50 x 1.008 + 2 x 15.999 = 430.29 g/mol (Vitamin E) MInsulin = ~ 6000 g/mol MCellulose = ~ 1*106 g/mol Die chemische Bindung Eine chemische Bindung zwischen Atomen wird durch Elektronen vermittelt. Sie bildet sich freiwillig aus, wenn das daraus resultierende Molekül eine geringere Energie (E) als die Ausgangsstoffe aufweist. • Ionenbindung: Kompletter Transfer eines oder mehrerer Elektronen zwischen den bindenden Atomen E [Na(g) + Cl(g)] > E [Na+Cl-] • Kovalente Bindung: Die bindenden Atome teilen sich Elektronen (Bindungs-Elektronenpaar) E [N2(g) + 3 H2(g)] > E [2 NH3] An der Bindungsbildung sind nur Valenzelektronen beteiligt. Ionenbindung • Abgabe von einem oder mehreren Valenzelektronen eines Atoms an ein anderes. Beide erreichen eine stabile Elektronenkonfiguration (Edelgaskonfiguration). • Bildung von positiv geladenen Kationen (z.B.: Na+, Ca2+) und negativ geladenen Anionen (z.B. Cl-, S2-) • Metalle werden zu Kationen, Nichtmetalle zu Anionen. • Elektronegative Elemente tendieren zur Elektronenaufnahme (Halogene, Chalkogene), elektropositive Elemente zur Elektronenabgabe (Alkali-, Erdalkalimetalle). Na . + .. . .Cl . .. NaCl .. _ ..] Na+ [..Cl .. Verbindungen mit Ionenbindung sind (meist) Salze oder salzartig, d.h. kristallin, spröde, hochschmelzend. Viele dissoziieren in Wasser (Trennung in solvatisierte Kationen und Anionen). Kovalente Bindung Die kovalente Bindung zwischen zwei Atomen entsteht durch gegenseitige Beteiligung an einem oder mehreren Elektronenpaaren. Beide Bindungspartner erreichen dadurch eine stabile (Edelgas-) Elektronenkonfiguration. Für die Elemente der 2. Periode (Li, Be, B, C, N, O, F) gilt streng die Oktettregel (acht Elektronen in der Außenschale). Cl2 Die kovalente Bindung (ein Bindungselektronenpaar) wird in der Konstitutionsformel als einfacher Strich dargestellt, z.B. Cl-Cl (Cl2), oder H-H (H2), H-Cl, C-O, C-C, C-Cl, O-H. Die kovalente Bindung Einsame Elektronenpaare sind an einem Atom lokalisiert und nicht an der Bindung beteiligt. Jedes Halogenatom hat z.B. drei einsame Elektronenpaare. Die Anzahl der Elektronen, die ein Atom in Bindungen einbringt, ist seine Valenz. Die Valenz von Wasserstoff ist 1, die von Kohlenstoff 4. Ein Element kann verschiedene Valenzen haben, z.B. Schwefel: SO2: 4, SO3: 6, H2S: 2. Die polar-kovalente Bindung Ionenbindung und kovalente Bindung sind „Extremfälle“ der chemischen Bindung. C-C-Bindungen sind meist rein kovalent. Häufig liegt die Natur einer chemischen Bindung „dazwischen“: die polar-kovalente Bindung. Je größer der Unterschied der Elektronegativität der Bindungspartner, desto polarer wird die kovalente Bindung. Die sog. Elektronegativität ist ein Maß für die Fähigkeit eines Atoms, das bindende Elektronenpaar zu sich zu ziehen. Der stärker elektronegative Bindungspartner trägt die negative Partialladung (Teilladung). δ+H-Clδδ+C-Oδ- Kohlenstoff und die kovalente Bindung • Kohlenstoff hat vier Außenelektronen (4 freie Valenzen) • geringe Neigung zur Elektronenaufnahme (C4-) oder Elektronenabgabe (C4+) • Ausbildung kovalenter Bindungen • Durch Ausbildung von vier gemeinsamen Elektronenpaaren erhält Kohlenstoff acht Außenelektronen, die stabile NeonElektronenkonfiguration wird erreicht. • C-C • C-H • C-Cl, C-N, C-O kovalent, stabil, kein Dipolmoment (unpolar) kovalent, stabil, sehr geringes Dipolmoment polar-kovalent, Dipolmoment, Kohlenstoff trägt die positive Partialladung Kohlenstoff und die kovalente Bindung H .. H : .C. : H H H .. .. H : .C. : Cl .. : H .. H .. H:C .. : H .. : C H H H H H H H H C C H H C H H Methan H C _ Cl _ H Chlormethan H Ethan H Kovalente Mehrfachbindungen Die an der Bindung beteiligten Atome stellen mehr als ein Bindungselektronenpaar zur Verfügung. Zwei Elektronenpaare: Drei Elektronenpaare: .. .. .O . :: C :: O. . Doppelbindung Dreifachbindung H.. .. .C . :: O. . H .. H : C .. .. N .. .. H : C .. .. C : H H H H O=C=O C O C N C C H H Kohlendioxid Formaldehyd Blausäure (Cyanwasserstoff) Ethin (Acetylen) Kohlenstoff und kovalente Bindungen H H H C C H H Ethan H H H C C H H C C H H Ethen Ethin Alle organischen Verbindungen sind aus Kombinationen von Kohlenstoffatomen aufgebaut, die durch Einfach-, Doppelund Dreifachbindungen miteinander verknüpft sind. Die unterschiedlichen Bindungsarten bedingen unterschiedliche Geometrien am Kohlenstoff. Die chemische Bindung: quantenchemische Beschreibung Das wellenmechanische Atommodell betrachtet das Elektron als stehende Welle. Die Grundgleichung der Quantenchemie, die SchrödingerGleichung, verknüpft die Wellenfunktion des Elektrons mit seiner potentiellen und kinetischen Energie. H(ψ) = E•ψ H = Hamilton-Operator E = Gesamtenergie ψ = Wellenfunktion des Elektrons Mit Hilfe der Schrödinger-Gleichung können Wellenfunktionen und Energien für die Elektronen in Atomen berechnet werden. Für Moleküle gibt es nur Näherungslösungen. Die räumliche Darstellung der Wellenfunktion eines Elektrons im Atom wird als Atomorbital des Elektrons bezeichnet. Die Wellenfunktion ψ ist der mathematische Ausdruck für die Orbitale. Jedes Orbital kann mit maximal zwei Elektronen besetzt werden. Die zwei Elektronen in einem Orbital haben immer einen unterschiedlichen (entgegengesetzten) Spin. Die graphische Darstellung eines Atomorbitals entspricht dem Raum, in dem sich das Elektron mit 90%iger Wahrscheinlichkeit aufhält. Die Wellenfunktion hängt sowohl vom Abstand zum Kern r als auch von den Polarkoordinaten θ und ϕ ab: Ψ = Ψ (r, θ, ϕ). Orbitale Es gibt vier Arten von Orbitalen: s-, p-,d- und f-Orbitale. s p d f sharp principal diffus fundamental Anzahl 1 3 5 7 Anzahl Elektronen 2 6 10 14 Jedes Orbital im Energiediagramm kann maximal zwei Elektronen aufnehmen. Kohlenstoff im Grundzustand hat Elektronen nur in s- und pOrbitalen, für die organische Chemie sind daher nur die sund p-Orbitale von Bedeutung. „Steckbrief“ eines Elektrons: die Quantenzahlen n, l, m, s Die Wellenfunktion eines Elektrons ist durch vier Quantenzahlen festgelegt. HAUPTQUANTENZAHL (n) n legt die Energie des Elektrons fest („Schale“ oder „Periode“ im PSE). NEBENQUANTENZAHL (l): s, p, d oder f. Jede „Schale“ n wird in (n-1) „Unterschalen“ unterteilt: l = 0, 1, 2, n - 1. l legt die „Form“ des Orbitals fest. n=1 n=2 n=3 n=4 l=0 l = 0, l = 1 l = 0, l = 1, l =2 l = 0, 1, 2, 3 1 Unterschale: s 2 Unterschalen: s und p 3 Unterschalen: s, p und d 4 Unterschalen: s, p, d und f „Steckbrief“ eines Elektrons: die Quantenzahlen n, l, m, s MAGNETQUANTENZAHL (m): px, py oder pz Jedes Orbital („Unterschale“) l kann (2l+1) Ausrichtungen haben: -l, -l+1,...0...l-1, l, m legt die räumliche Lage der Orbitale fest. l=0 l=1 l=2 l=3 ml = 0 ml = +1, 0, -1 ml = +2, +1, 0, -1, -2 ml = +3, bis -3 (2l + 1) = 1 (2l + 1) = 3 (2l + 1) = 5 (2l + 1) = 7 1 s-Orbital 3 p-Orbitale 5 d-Orbitale 7 f-Orbitale SPINQUANTENZAHL (s): ↑ oder ↓ Jedes Elektron kann zwei „Spinrichtungen“ haben: +1/2 oder -1/2 s legt den Spin des Elekrons fest. Orbitale Es gibt vier Arten von Orbitalen: s-, p-,d- und f-Orbitale. Keine zwei Elektronen in einem Atom stimmen in allen vier Quantenzahlen überein (Pauli-Prinzip). Zwei Elektronen innerhalb eines Orbitals haben die gleiche Wellenfunktion, denn sie besetzen das gleiche Orbital. n, l, und ml sind für diese zwei Elektronen gleich. Elektronen in einem Orbital unterscheiden sich im Wert für s: sie haben entgegengesetzte Spins (gepaarte Elektronen, Elektronenpaar). Jedes Orbital im Energiediagramm kann somit maximal zwei Elektronen aufnehmen. Für die organische Chemie sind (fast) nur die s- und p-Orbitale von Bedeutung. Das s-Orbital • kugelförmig • n >0, l = 0 • mit höherem Energieniveau wird der “Kugeldurchmesser” größer s-Orbital Die drei p-Orbitale py px + pz - + + - • hantelförmig, nicht kugelsymmetrisch • n > 1, l = 1 (Unterschale) , m = -1, 0, +1 (räumliche Ausrichtung) • p-Orbitale sind räumlich gerichtet in x-, y-, und z-Richtung, sie stehen senkrecht aufeinander. • Durch den Atomkern verläuft je eine “Knotenebene”, in der die Aufenthaltswahrscheinlichkeit 0 ist. • p-Orbitale höherer Hauptquantenzahl (3p, 4p) sind „größer“ (die größte Ladungsdichte wird weiter vom Kern entfernt erreicht). Die fünf d-Orbitale • doppelhantelförmig • n > 2, l = 2 (Unterschale) • m = -2, -1, 0, +1, +2 • 5 verschiedene Formen und Ausrichtungen • Nebengruppenelemente + + + dyz + + x y - dx2-y2 - + y dzx - z + - - z - + + dxy z x - x + dz2 y Die sieben f-Orbitale • komplex geformt • n > 3, l = 3 (Unterschale) • m = -3, -2, -1, 0, +1, +2, +3 • 7 verschiedene Formen / Ausrichtungen • Lanthanide, Aktinide l=2 d l=1 p l=0 s l=1 p l=0 s l=0 s Die chemische Bindung = Überlappung von Atomorbitalen = Atome “nutzen” Elektronen gemeinsam Überlappung von Atomorbitalen führt zur Ausbildung von Molekülorbitalen, die Bindungselektronen “gehören” jetzt mehreren Atomen (Bindungselektronenpaare). Es gilt stets: ΣAO = ΣMO. σ∗ (antibindend) Energie HA σ (bindend) HA-HB HB Die Bindungsstärke einer chemischen Bindung ist durch die Dissoziationsenergie (EDiss) festgelegt, z. B.: H-Cl(g) → H(g) + Cl(g) EDiss = 419 kJ/mol Atomorbitale (AO) des Kohlenstoffatoms Kohlenstoff steht in der 2. Periode und vierten Hauptgruppe des Periodensystems. C hat vier Außenelektronen, die sich an vier kovalenten Bindungen beteiligen. Elektronenkonfiguration im Grundzustand: 1s2, 2s2, 2p2 Atomorbitale (AO) des Kohlenstoffatoms Frage: In Verbindungen, z.B. Methan CH4, geht C vier gleichwertige Bindungen ein. Wie paßt das zur Elektronenkonfiguration? Antwort: In allen organischen Verbindungen existieren Hybridorbitale (Mischformen) aus den 2s- und 2p-Orbitalen des Kohlenstoffs. Elektronenkonfiguration in Verbindungen mit Einfachbindung: sp3 2p sp3 2s Energie Die Energie der sp3-Hybridorbitale ist höher als die des 2s-AO und etwas geringer als die der 2p-AO. sp3-Hybridorbitale: die Einfachbindung Aus einem 2s-Orbital und drei 2p-Orbitalen werden vier gleichwertige sp3Hybridorbitale gebildet. + z " z y x " y x sp3-Hybridorbitale sind nach den Ecken eines regelmäßigen Tetraeders ausgerichtet (Tetraederwinkel von 109.5°). sp3-Hybridorbitale sind verschoben hantelförmig. sp3-Hybridorbitale: die Einfachbindung sp3-Hybridorbitale liegen bei allen Einfachbindungen von Kohlenstoff vor. Einfach gebundener Kohlenstoff hat eine tetraedrische Geometrie. Einfachbindungen sind rotationssymmetrisch um die Bindungsachse angeordnet, man spricht von σ-Bindungen. C-C-Einfachbindung: C-H-(Einfach)bindung: C-Cl-(Einfach)bindung: sp3-sp3-σ-Bindung sp3-s-σ-Bindung sp3-p-σ-Bindung sp3-Hybridorbitale: die Einfachbindung C-C-Einfachbindung: sp3-sp3-σ-Bindung C-H-(Einfach)bindung: sp3-s-σ-Bindung Methan Ethan Jedes Kohlenstoffatom mit vier Einfachbindungen ist tetraedrisch von seinen vier Bindungspartnern umgeben. sp3-sp3-σ-Bindungen und alle anderen σ-Bindungen sind frei drehbar. sp3-Hybridorbitale: die Einfachbindung Beispiele: C-C C-H C-Cl C-O C-N Ethan Länge der C-C-Einfachbindung: 0.154 nm sp2-Hybridorbitale: die Doppelbindung Aus einem 2s-Orbital und zwei 2p-Orbitalen (2px, 2py) werden drei gleichwertige sp2-Hybridorbitale gebildet. Das pz-Orbital bleibt unverändert. 2p p sp 2 2s Energie Die Energie der sp2-Hybridorbitale ist höher als die des 2s-AO und geringer als die des 2pz-AO. sp2-Hybridorbitale: die Doppelbindung sp2-Hybridorbitale sind in die Ecken eines gleichseitigen Dreiecks gerichtet, (Winkel von 120°), das 2pz-AO steht darauf senkrecht. sp2-Hybridorbitale sind ebenfalls verschoben hantelförmig. Bindungen durch seitliche Überlappung von freien (nicht hybridisierten) p-Orbitalen heißen π-Bindungen. π-Bindungen sind nicht frei drehbar. sp2-Hybridorbitale: die Doppelbindung sp2-Hybridorbitale liegen bei allen Doppelbindungen von Kohlenstoff vor. Doppelt gebundener Kohlenstoff hat eine trigonale Geometrie. C-C-Doppelbindung: C-H-(Einfach)bindung: - eine σ-Bindung (sp2-sp2-σ-Bindung) - eine π-Bindung (Überlappung der zwei parallel stehenden 2pz- Orbitale: 2pz-2pz-πBindung) sp2-s-σ-Bindung sp2-Hybridorbitale: die Doppelbindung C-C-Doppelbindung: sp2-sp2-σ- und 2pz-2pz-π-Bindung C-H-(Einfach)bindung: sp2-s-σ-Bindungen 2pz-2pz-p-Bindungen sind nicht frei drehbar, da die π-Bindung gebrochen werden müßte. Die Bindungsverhältnisse bei Doppelbindungen des Kohlenstoffs mit anderen Elementen (O, N) sind analog. Die Doppelbindung besteht aus einer sp2-p-σ-Bindung und einer 2pz-p-π-Bindung. sp2-Hybridorbitale: Die Doppelbindung Beispiele: C C Ethen (Alkene) C O Carbonylverbindungen (Ketone, Aldehyde) Besondere Formen der Doppelbindungsanordnung: C C C C C C C C C C C C C C Isolierte Doppelbindung Konjugierte Doppelbindung Kumulierte Doppelbindung Länge der C-C-Doppelbindung: 0.134 nm (C-C: 0.154 nm) sp-Hybridorbitale: die Dreifachbindung Aus einem 2s-Orbital und einem 2p-Orbital (2px) werden zwei gleichwertige sp2-Hybridorbitale gebildet. Die pz- und py-Orbitale bleiben unverändert. 2p 2s p sp Ener gi e Die Energie der sp-Hybridorbitale ist höher als die des 2s-AO und geringer als die des 2pz-AO. Die 2pz- und 2py-Orbitale stehen senkrecht zu den sp-Hybridorbitalen. sp-Hybridorbitale sind ebenfalls verschoben hantelförmig. sp-Hybridorbitale: Die Dreifachbindung sp-Hybridorbitale liegen bei allen Dreifachbindungen von Kohlenstoff vor. Dreifach gebundener Kohlenstoff hat eine lineare Geometrie. C-C-Dreifachbindung: C-H-(Einfach)bindung: - eine σ-Bindung (sp-sp-σ-Bindung) - zwei π-Bindungen (Überlappung der zwei parallel stehenden 2py-Orbitale und der senkrecht dazu parallel stehenden 2pz-Orbitale : 2py-2py-π-Bindung und 2pz2pz-π-Bindung) sp-s-σ-Bindung sp-Hybridorbitale: die Dreifachbindung C-C-Dreifachbindung: sp-sp-σund zwei 2p-2p-π-Bindungen C-H-(Einfach)bindung: sp-s-σBindungen Die Bindungsverhältnisse bei Dreifachbindungen des Kohlenstoffs mit anderen Elementen (N) sind analog. Die Dreifachbindung besteht dann aus einer sp-p-σ-Bindung, einer 2pz-p-πBindung und einer 2py-p-π-Bindung. sp-Hybridorbitale: die Dreifachbindung Beispiele: C C C Ethin (Alkine) C N Nitrile, Cyanide C C Kumulierte Doppelbindung Länge der C-C-Dreifachbindung: 0.120 nm (C-C: 0.154 nm, C=C: 0.134 nm) Aromatische Verbindungen Grundkörper der Aromaten: Benzol Ein besonders stabiler, energiearmer Bindungszustand liegt in aromatischen Verbindungen (Aromaten) vor. Die Kohlenstoffatome in Aromaten sind sp2-hybridisiert. Dabei entstehen aus einem 2sOrbital und zwei 2p-Orbitalen (2px, 2py) drei gleichwertige sp2-Hybridorbitale. Zwei davon binden die nächsten Kohlenstoffe im aromatischen Ring, eines ein H oder einen anderen Bindungspartner. Es entsteht ein regelmäßiges Sechseck. Die sechs verbleibenden pz-Orbitale überlappen zu einer “Elektronenwolke” (π-Elektronensextett). Die Ladung (Aufenthaltswahrscheinlichkeit) befindet sich ober- und unterhalb der Ringebene. Der Bindungswinkel beträgt 120°, die Bindungslänge (0.139nm) liegt zwischen Einfach- (0.154nm) und Doppelbindung (0.134nm). Aromatische Verbindungen Aromatische Bindung: drei σ-Bindungen ein π-Elektronensextett (Überlappung der sechs parallel stehenden 2pz- Orbitale) C-H-(Einfach)bindung im Aromaten: sp2-s-σ-Bindung Damit eine aromatische Verbindung (Aromatizität) vorliegt, müssen vier Voraussetzungen erfüllt sein: 1. Ringbildung 2. Vollständig konjugierte Doppelbindungen 3. Ebener Bau 4. (4n+2) π-Elektronen (Hückel-Regel, n= 0,1,2,3...) Aromatische Bindungen sind nicht frei drehbar, da die das Elektronensextett (π-Bindung) zerstört werden müßte. Der Kohlenstoff in Aromaten kann durch andere Elemente (O, N) ersetzt werden. Diese steuern dann nichthybridiserte p-Orbitale zum π-Elektronensextett bei. Aromatische Verbindungen H Mesomerie H H H H H Alle Bindungen weisen den gleichen Abstand auf, also müssen beide Kekulé-Strukturen gleichzeitig gültig sein. Die Tatsache, daß der Zustand einer Verbindung nicht mit einer Formel beschrieben werden kann, heißt Mesomerie. Die mesomeren Formeln werden auch Grenzstrukturen oder Resonanzstrukturen genannt. Alle Aromaten sind typische Resonanzhybride und Musterbeispiele für mesomere Strukturen. Generell stabilisiert Resonanz ein Molekül durch Verringerung seiner Gesamtenergie. Die Resonanzstrukturen haben eine idente atomare Anordnung, aber eine unterschiedliche Anordnung von Elektronenpaaren. Aromatische Verbindungen Vergleich der Bindungstypen Aromat, sp2 / π-Sextett C-C Bindungsabstand (nm) 0.154 Bindungswinkel (°) 109 Mittlere Bindungsenergie,kJ/mol 347 Hybridisierung sp3 Einfachbindung, sp3 C(aromat.) 0.139 120 480 sp2,,π-Sextett Doppelbindung, sp2 C=C 0.134 120 619 sp2 C=C 0.120 180 812 sp Dreifachbindung, sp