Ch i für Chemie fü Biologen Bi l SS 2010 Thomas Schrader Institut für Organische Chemie der Universität Duisburg-Essen (Teil 4: Chemische Bindungen – kovalente Bindungen) Die kovalente Bindung Atome können sich Valenzelektronen unter Ausbildung von Bindungen auch teilen. Elektronenpaar-Bindung H + H H H ≡ H H m o le k u la r e r W a s s e r s t o ff H 2 Die Triebkraft zur Bindungsbildung ist das Erreichen der Edelgaskonfiguration. Edelgaskonfiguration H E jedes H-Atom im H2-Molekül besitzt zwei Valenzelektronen ⇒ H e H 2 H-Atome nähern sich und bilden eine kovalente Bindung (Abstand 74 pm). Dabei wird die Dissoziationsenergie frei. Kern-KernAbstoßung H +H BE R: Bindungsabstand g BDE: Bindungsdissoziationsenergie ≈ Bindungsenergie BE BDE = 436 kJ/mol r 74pm H H r Beispiele für kovalente Bindungen, Valenzstrichformeln C H H C H + 4H H H ≡ H C H H Elektronenkonfiguration des C-Atoms im Methan ≡ N + 3H O + 2H H N H ≡ H ≡ H O H F + H H F ≡ CH 4 Methan Ne , der H-Atome im Methan ≡ He H N H NH 3 Ammoniak H H O H H F H2 O Wasser HF Fluorwasserstoff N-Atom ≡ Ne , H-Atome ≡ He O-Atom O Atom ≡ Ne ,H H-Atome Atome ≡ He F-Atom ≡ Ne , H-Atom ≡ He Nur die Elektronen der äußersten Schale (Valenzelektronen) werden berücksichtigt. Jeder Valenzstrich symbolisiert ein Elektronenpaar: Lewis-Strukturen. Moleküle mit Mehrfachbindungen M l k l Molekularer Stickstoff S i k ff N2 .. N. .. Molekularer Sauerstoff O2 .. O: .. + .. .N .. : N :..: N : N N + .. :O .. .. .. O .. : : O .. _ _ O _ O_ (Diese Formel ist falsch!) Kohlendioxid CO2 Ethin C2H2 .. .. : : : O .. + C + : O .. H. + .C : . + . : C. + .H .. .. : : :: O .. .. C O H.. C : .. : C .. H _ _ O _ C O_ H C C H Nur ungepaarte Elektronen können Bindungen eingehen. Wie enstehen Mehrfachbindungen? Diese Darstellung ist nur formal richtig. g der Atome! Wir brauchen mehr als nur Elektronenkonfigurationen Fragen, auf die die einfache Valenztheorie keine Antwort gibt a. Einfach- und Mehrfachbindungen Wie unterscheiden sich EinfachEinfach , Doppel Doppel- und Dreifachbindungen? Warum gibt es keine Vierfachbindung? C2 C::::C ist unbekannt. b. Bindungswinkel H H O H H S O H O C O H NH H S H H 104° 104 c. dreidimensionale Struktur H O C O 90 90° 180° H H H H C H H H N H H H 107° Warum ist Methan CH4 nicht planar sondern tetraedrisch? Warum ist Ethen C2H4 planar und nicht verdrillt? H H C H 109° H C C H H C C H H H Fragen, auf die die einfache Valenztheorie keine Antwort gibt d. magnetische g Eigenschaften g von molekularem Sauerstoff O2 erwartet wird eine O=O-Doppelbindung mit abgeschlossenen Valenzschalen ((alle Elektronen sind g gepaart) p ) ⇒ diamagnetisch. g O + O O O ≡ O Experimentell findet man jedoch: Paramagnetismus: Es gibt ungepaarte Elektronen. O O O (Diradikal-Struktur) Wiederholung – Einführung in die kovalente Bindung Annäherung g zweier H-Atome: Kovalente Bindung = gemeinsames Elektronenpaar Die Natur dieser Bindung kann man nur mit der Quantenmechanik beschreiben. Anschauliches Modell: Molekülorbitale. H + H H H ≡ H H m o le k u la re r W a s s e r s t o ff H 2 Orbital-Modell der kovalenten Bindung Löschung der Elektronendichte H + H H H Knotenfläche H H σ* (MO) Verstärkung der Elektronendichte H 1s Atomorbital (AO) + H 1s Atomorbital (AO) H H ≡ H H σ Molekülorbital von H2 (MO) r - Bindungsabstand Überlappung pp g von AOs Das Wasserstoff-Molekül H2 • Annäherung zweier Atome führt zur Überlappung der Atomorbitale (= AO). • Es bilden sich neue, über das ganze Molekül verteilte Molekülorbital MO. • Man erhält immer genau so viele MOs wie AOs verwendet wurden. • Stabilität und Form der MOs hängt davon ab ab, welche AOs (s (s, p p, d d, f) wie überlappen • MOs werden von unten nach oben mit den zur Verfügung stehenden Elektronen besetzt • Jedes MO kann zwei Elektronen mit unterschiedlichem Spin aufnehmen Orbitaldiagramme von Molekülen Molekularer Wasserstoff H2 (stabil) und dimeres Helium He2 (instabil) E antibindend bindend 2 Elektronen stabil H2 4 Elektronen instabil He2 In Molekülen befinden sich die Elektronen in Molekülorbitalen (MOs). MOs können durch Linearkombination aus AOs konstruiert werden werden. MOs können bindend, nichtbindend oder antibindend sein. Orbitaldiagramme von Molekülen Fluor F2 2F Fluorwasserstoff H-F F2 H +F σ*-MO HF σ*-MO 2pz-AO von F 2pz-AO 2pz-AO σ-MO s-Bindung aus 2 p-AOs 1s-AO von H σ-MO s-Bindung aus p- und s-AO Mehrfachbindungen Vergleich der Bindungstypen Radikale Sauerstoff – ein Diradikal Oxidativer Stress Vorhersage von Molekülstrukturen: VSEPR-Modell Anwendungen des VSEPR-Modells Sonderfälle der chemischen Bindung 1.) Polare kovalente Bindung Zwischenform zwischen ionischer A+B− und kovalenter Bindung A−B. Das Bindungselektronenpaar ist nicht gleichmäßig auf die Bindungspartner verteilt. verteilt Dies tritt immer bei Bindungen zwischen Atomen mit stark unterschiedlicher Elektronegativität auf – ein Atom zieht stärker. A B oder Beispiele: δδ+ H δ+ δA B δδF δδ+ δδ H Cl δ+ H δ+ H O δ- Diese Moleküle besitzen eine unsymmetrische Ladungsverteilung und ein elektrisches Dipolmoment. Elektronegativität El kt Elektronegativität ti ität EN: EN Stärke, Stä k mitit der d ein i Atom At Bindungselektronen Bi d l kt zu sich i h hi hinzieht. i ht Je größer der Elektronegativitätsunterschied zwischen zwei Bindungspartnern ist, desto polarer ist die Bindung. Elektronegativität im Periodensystem Sonderfälle der chemischen Bindung 2.) Koordinative Bindung Kovalente Bindung, in der ein Partner beide Elektronen liefert. + :B A Akzeptor A B Donor Beispiele: H+ + :NH3 Proton Ammoniak NH4+ Ammonium-Ion H3B + : HBoran Hydrid-Ion BH4- H+ H3O + .. H2O: ..+ Borhydrid-Ion Hydronium-Ion Koordinative Bindung Sonderfälle der chemischen Bindung 3.) Komplexverbindungen Koordinative Bindung in Metall-Komplexen. Viele sind biologisch wichtig, z. B. Chlorophyll (Mg), Hämoglobin (Fe), Vitamin B12 (Co). Zentralatom Cu2+ + 4 :NH3 Ammoniak 2+ NH3 H3N Cu NH3 oder [Cu(NH3)4]2+ NH3 Kupfertetrammin-Komplex Ligand Übergangsmetalle g g benötigen g mehrere Elektronenpaare p zur Edelgaskonfiguration Sonderfälle der chemischen Bindung 4.) Mesomerie Für bestimmte Moleküle und Ionen kann man verschiedene Formeln angeben. b Di Die ttatsächliche t ä hli h St Struktur kt entspricht t i ht d dem Mitt Mittelwert, l t nicht i ht d den Grenzformeln. Carbonat-Ion: CO32- ((Dianion der Kohlensäure)) O C O O C O O O O C O O Nitrat-Ion: NO3- (Anion der Salpetersäure) O N O O N O O O N O O Alle drei C−O- bzw. N−O-Bindungen O Bi d sind i d gleich lang. Die negative Ladung ist gleichmäßig verteilt. O Acetat-Anion: CH3CO2- (Anion der Essigsäure) H3 C C O O H3 C C O O Beide C−O-Bindungen sind gleich lang und gleich stark. Sonderfälle der chemischen Bindung 5.) Wasserstoffbrücken Die Wechselwirkung Di W h l ik zwischen i h den d Wassermolekülen W l kül führt füh t zu einer i A Assoziation i ti . Dies bedingt den relativ hohen Schmelz- und Siedepunkt des Wassers. Analoge Wechselwirkungen gibt es auch bei Hydroxy-Gruppen (in Alkoholen R−OH, OH Carbonsäuren R−CO2H, H Kohlenhydraten) und Amino-Gruppen Amino Gruppen (in Aminen, Aminosäuren und Nucleinsäuren: R−NH2 u.a.). H Dipol + - - δO δ+ H H Anziehungskraft A i h k ft im linearen Fall am größten O H H O + H Dipol i l H H O H H Zwischenmolekulare Kräfte: Hauptsächlich Dipol-Dipol-Wechselwirkung O H O H Wasserstoffbrücken Siedepunkte von assoziierten und nicht-assoziierten Molekülen Sdp. [°C] H–F H−Cl H2O H2S H3N H3P +19.5 -84.9 +100.0 +19.5 -33.4 -87.4 140° F H F H F 140° H Assoziation von fü i füssigem Fl Fluorwasserstoff t ff H-Brücken in Protein-Strukturen α-Helix, z. B. Haar, Wolle β-Faltblatt,Faltblattstruktur, z. B. Seide z.B. Seide