Chemie für Biologen SS 2007 Georg Jansen AG Theoretische Organische Chemie Universität Duisburg­Essen (Teil 3: Kovalente Bindungen) (3) Kovalente Bindung Atome können sich Valenzelektronen unter Ausbildung von Bindungen auch teilen. Elektronenpaar­Bindung H + H H H ≡ H H m o le k u la re r W a s s e rs t o ff H 2 Triebkraft der Bindungsbildung ist das Erreichen der Edelgaskonfiguration. H H jedes H­Atom im H2­Molekül besitzt zwei Valenzelektronen ⇒ He E H + H BE r ­ Bindungsabstand BDE – Bindungsdissoziationsenergie B D E = 4 36 kJ/m ol ≈ Bindungsenergie BE r 74 pm H H r Beispiele für kovalente Bindungen, Valenzstrichformeln C H H C H + 4 H H H ≡ H C H H E le ktro nen kon figu r atio n de s C ­A to m s im M eth an ≡ N O + 3 H + 2 H H N H ≡ H ≡ H O H F + H H F ≡ H N H H H O H H F C H 4 M eth an N e , der H ­A t om e im M et han ≡ H e N H 3 A m m o nia k N ­ A tom ≡ Ne , H ­A t om e ≡ H e H 2 O W as se r O ­A to m ≡ Ne , H ­A t om e ≡ H e H F F lu o rw ass erst off F ­ A tom ≡ Ne , H ­A t om ≡ H e Nur die Elektronen der äußersten Schale (Valenzelektronen) werden berücksichtigt. Jeder Valenzstrich symbolisiert ein Elektronenpaar. Lewis­Strukturen. Moleküle mit Mehrfachbindungen Oktett­Regel Jedes Atom des Moleküls besitzt in seiner äußersten Elektronenschale ein Elektronen­Oktett, also eine abgeschlossene Neon­Elektronenschale. Die Oktett­Regel gilt, streng genommen, nur für die 1. Achterperiode der Elemente. Elektronensextett am C­Atom: das Teilchen ist instabil Fragen, auf die die einfache Valenztheorie keine Antwort gibt a. Einfach­ und Mehrfachbindungen Wie unterscheiden sich Einfach­, Doppel­ und Dreifachbindungen? Warum gibt es keine Vierfachbindung? C2 C::::C ist unbekannt. b. Bindungswinkel H H O H H S O H 104° O C O H N H H S H H c. dreidimensionale Struktur 90° H O C 180° O H H N H H C H H H H H H 107° Warum ist Methan CH4 nicht planar sondern tetraedrisch? Warum ist Ethen C2H4 planar und nicht verdrillt? H H C C H H C 109° H H H C C H H Fragen, auf die die einfache Valenztheorie keine Antwort gibt d. magnetische Eigenschaften von molekularem Sauerstoff O2 erwartet wird eine O=O­Doppelbindung mit abgeschlossenen Valenzschalen (alle Elektronen sind gepaart) ⇒ diamagnetisch. O + O O O ≡ O Experimentell findet man jedoch: Paramagnetismus: Es gibt ungepaarte Elektronen. O O O (D iradikal­S tru ktur ) Auch diese Formel ist falsch. O2 besitzt eine Doppelbindung Orbital­Modell der kovalenten Bindung Löschung der Elektronendichte H H + Knotenfläche H H H H σ* (MO) Verstärkung der Elektronendichte H 1s Atomorbital (AO) + H 1s Atomorbital (AO) H H H ≡ H σ Molekülorbital von H2 (MO) r ­ Bindungsabstand Überlappung von AOs Das Wasserstoff­Molekül H2 Orbitaldiagramme von Molekülen Molekularer Wasserstoff H2 (stabil) und dimeres Helium He2 (instabil) E antibindend bindend 2 Elektronen 4 Elektronen stabil instabil H2 He2 In Molekülen befinden sich die Elektronen in Molekülorbitalen (MOs). MOs können aus AOs konstruiert werden. MOs können bindend, nichtbindend oder antibindend sein. Orbitaldiagramme von Molekülen Fluorwasserstoff H­F Fluor F2 2 F F2 H + F σ*­MO HF σ*­MO 2pz­AO von F 2pz­AO 2pz­AO 1s­AO von H σ­MO σ­MO MO­Diagramm der π­Bindung E π∗­MO antibindend 2py­AO 2py­AO π­MO bindend Eine Doppelbindung besteht aus einer σ­ und einer π­Bindung. Eine Dreifachbindung besteht aus einer σ­ und zwei π­Bindungen. MO­Schema von molekularem Sauerstoff O2 O2 ist ein Diradikal mit einem Triplett­Grundzustand. Es besitzt zwei ungepaarte Elektronen mit parallelen Spin. Singulett­O2 ist hochreaktiv. Molekülorbitale des Methans CH4 z 2 H 1 y x 3 4 a1 t2 x t 2y t 2z H H C H Sonderfälle der chemischen Bindung 1.) Polare kovalente Bindung Zwischenform zwischen ionischer A+B− und kovalenter Bindung A−B. Das Bindungselektronenpaar ist nicht gleichmäßig auf die Bindungspartner verteilt. Dies tritt immer bei Bindungen zwischen Atomen mit stark unterschiedlicher Elektronegativität auf. A B oder δ+ δ­ A B δ+ δ­ Beispiele: H F δ+ δ­ H Cl δ+ H δ+H O δ­ Diese Moleküle besitzen eine unsymmetrische Ladungsverteilung und ein elektrisches Dipolmoment. Sonderfälle der chemischen Bindung 2.) Koordinative Bindung Kovalente Bindung, in der ein Partner beide Elektronen liefert. Sonderfälle der chemischen Bindung 3.) Komplexverbindungen Koordinative Bindung in Metall­Komplexen. Viele sind biologisch wichtig, z. B. Chlorophyll (Mg), Hämoglobin (Fe), Vitamin B12 (Co). Zentralatom : 3 Cu2+ + 4 NH Ammoniak H3N Cu NH3 Ligand 2+ NH3 NH3 oder [Cu(NH3)4]2+ Kupfertetrammin­Komplex Sonderfälle der chemischen Bindung 4.) Mesomerie Für bestimmte Moleküle und Ionen kann man verschiedene Formeln angeben. Die tatsächliche Struktur entspricht dem Mittelwert. Carbonat­Ion: CO32­ (Dianion der Kohlensäure) O C O O O C O O O C O O Nitrat­Ion: NO3­ (Anion der Salpetersäure) O N O O N O O O N O O O Acetat­Anion: CH3CO2­ (Anion der Essigsäure) H3C C O O H3C C O O Alle drei C−O­ bzw. N−O­ Bindungen sind gleich lang. Die negative Ladung ist gleichmäßig verteilt. Beide C−O­Bindungen sind gleich lang und gleich stark. Sonderfälle der chemischen Bindung 5.) Wasserstoffbrücken Die Wechselwirkung zwischen den Wassermolekülen führt zu einer Assoziation. Dies bedingt den relativ hohen Schmelz­ und Siedepunkt des Wassers. Analoge Wechselwirkungen gibt es auch bei Hydroxy­Gruppen (in Alkoholen R −OH, Carbonsäuren R−CO2H, Kohlenhydraten) und Amino­Gruppen (in Aminen, Aminosäuren und Nucleinsäuren: R−NH2 u.a.). H Dipol + ­ δ­ O δ+ H H O H ­ H O + H Dipol Zwischenmolekulare Kräfte: Hauptsächlich Dipol­Dipol­Wechselwirkung H O H H H O H O H Wasserstoffbrücken Siedepunkte von assoziierten und nicht­assoziierten Molekülen Sdp. [°C] H–F H−Cl H2 O H2 S H3 N H3P +19.5 ­84.9 +100.0 +19.5 ­33.4 ­87.4 140° F H F H F H 140° Assoziation von füssigem Fluorwasserstoff H­Brücken in Protein­Strukturen α­Helix, z. B. Haar, Wolle Faltblattstruktur, z.B. Seide β­Faltblatt, z. B. Seide