Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847) Sinfonie Nr. 4 A-Dur op. 90 „Italienische“ Dass sich Felix Mendelssohn Bartholdy von äusseren Eindrücken zu Kompositionen anregen liess, ist bekannt. Schon in der Ouvertüre zum „Sommernachtstraum“ soll sich der schöne Sommer des Jahres 1826 niedergeschlagen haben; Schottische Sinfonie und Hebriden-Ouvertüre speisen sich aus Mendelssohns Reiseerlebnissen von 1829. Gleiches gilt für seine 4. Sinfonie, die während eines Italienaufenthalts 1830/31 entstand. Südländische Leichtigkeit durchpulst den 1. Satz, das Finale kommt als wilder Saltarello daher. Blickt man allerdings etwas genauer hin, tauchen Fragen auf. Wie passt der tiefernste 2. Satz zum Bild von Bella Italia? Klingt er nicht eher nach einem mitteleuropäischen Prozessionslied, wie der Mendelssohn-Freund Moscheles meinte? Wird hier dem verstorbenen Carl Friedrich Zelter gedacht, Mendelssohns Kompositionslehrer? Und warum steht an dritter Stelle ein gar nicht mehr zeitgemässes Menuett – als Verbeugung vor der klassischen Grösse Italiens? Kein Zweifel, man täte dieser Sinfonie unrecht, würde man sie auf eine Folge musikalischer Ansichtskarten reduzieren. Auch formal ist sie vielschichtiger, als ihre Beliebtheit beim Publikum (und der Werbeindustrie) vermuten lässt. Nicht zufällig gab der Komponist sie trotz erfolgreicher Uraufführung in London niemals zur Veröffentlichung frei, sondern überarbeitete sie immer und immer wieder. Dass ausgerechnet sein „Sorgenkind“ einmal zu einem der bekanntesten klassischen Werke überhaupt werden würde, konnte er nicht ahnen.