Fokus Naturwissenschaften 26. April 2010 Der Signalkrebs Sektion eines großen Arthropoden Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung _______________________________________________________________ 3 2. Biologie ________________________________________________________________ 3 3. Querverbindungen ________________________________________________________ 4 4. Beschaffung_____________________________________________________________ 5 5. Praktische Hinweise ______________________________________________________ 7 6. Äußerer Bau, Körpergliederung _____________________________________________ 8 7. Präparationsanleitung ____________________________________________________ 11 8. Die inneren Organe (Kurstag 1. Zwei Unterrichtseinheiten) _______________________ 11 9. Lohnende Objekte zum Mikroskopieren ______________________________________ 16 10. Die Extremitäten (Kurstag 2. Zwei Unterrichtseinheiten) _________________________ 17 11. Beobachtungen am lebenden Tier __________________________________________ 17 12. Quellenangaben ________________________________________________________ 18 1. Einleitung Der innere Körperbau der Arthropoden ist aufgrund der geringen Größe der heimischen Arten nur schwer an echten Objekten zu demonstrieren. Bildmaterial und Modelle schaffen hier teilweise Abhilfe. Der Signalkrebs (Pacifastacus leniusculus) bietet eine gute Möglichkeit, verschiedene anatomische Besonderheiten der Gliedertiere darzustellen. Zu den Gründen dafür zählen seineKörpergröße, die vielen Abwandlungen der Extremitäten, die gute Darstellbarkeit der inneren Organe sowie seine vergleichsweise einfache Verfügbarkeit. 2. Biologie Pacifastacus leniusculus gehört zur Gruppe der Malacostraca (Höhere Krebse) und ist ein Vertreter der Decapoda (Zehnfußkrebse). Kennzeichnend für die Malacostraca ist die konstante Segmentzahl (19: 5-8-6), für die Ordnung der Decapoda die Umwandlung der ersten drei Thoracopodenpaare in Kieferfüße (Maxillipeden), so dass die verbleibenden fünf Extremitätenpaare am Thorax als Schreitbeine übrig bleiben und namensgebend sind. (KÜKENTHAL) Unterordnung Astacidea („Großkrebse“, „Flusskrebse und Hummer“). Familie Astacidae („Europäische und West-Nordamerikanische Flusskrebse“). Der natürliche Lebensraum sind die Flüsse und Seen im westlichen Nordamerika. Er kommt dort in drei Unterarten vor, von denen eine (Pacifastacus leniusculus leniusculus) ab 1960 trotz vorangegangener Erfahrungen und eindringlicher Warnungen in Europa angesiedelt wurde. Er hat sich in kürzester Zeit als sehr invasive Art erwiesen, welche die letzten heimischen Krebspopulationen aktiv verdrängt. In seinen ökologischen Ansprüchen ist er wenig wählerisch. Er besiedelt größere und kleinere Fließgewässer, Seen und Teiche, hält etwas höhere Wassertemperaturen aus als der Edelkrebs, steigt aber auch recht weit in sommerkalte Gewässer auf. Er ist, so wie die schon früher aus Nordamerika eingeführten Krebse (Kamberkrebs und Roter Amerikanischer Flusskrebs) ein selbst teilresistenter Überträger der Amerikanischen Krebspest (Aphanomyces astaci). 3 3. Querverbindungen Krebspest - Die Problematik der Neobionta Die Krebspest erreichte Europa 1859 im Bereich der Po-Ebene, breitete sich rapide aus und dezimierte die ehemals reichen Krebspopulationen. In mindestens 2 Fällen ist bekannt, dass absichtlich nordamerikanische Krebse in Europa angesiedelt wurden, um die durch die Krebspest zusammengebrochenen Edelkrebsbestände zu ersetzen (sic!). In beiden Fällen führte die (unerwartete?) Ausbreitung der Neuankömmlinge zur Vernichtung weiterer bisher verschont gebliebener Populationen. Um eine weitere Verbreitung der Krebspest zu verhindern, dürfen auf keinen Fall Krebse von einem Gewässer in ein anderes umgesiedelt werden! Angelgeräte und ähnliches müssen gut getrocknet werden. Wirtschaftliche Bedeutung Für Flusskrebse besteht in einigen Ländern ein beträchtlicher Markt. Dies war auch das Motiv für die Ansiedlung des Signalkrebses in Schweden. Daten (Handelsvolumen, Preise) könnten von Schülern recherchiert werden. Kulinarische Bedeutung In der Küche kann der Signalkrebs wie der Edelkrebs verwendet werden. Es ist unbedingt auf absolute Frische zu achten – Lebend-Hälterung bis unmittelbar vor dem Verbrauch! Rezeptvorschläge: Klassisch: Mit Thymian, Kümmel und Wein. Ein Erlebnis: Lousiana Crawfish Boil (original mit Procambarus clarkii, gelingt aber mit Signalkrebs genau so gut). Tierschutzgesetz Verbot der Tötung § 6. (1) Es ist verboten, Tiere ohne vernünftigen Grund zu töten. (2) Es ist verboten, Hunde oder Katzen zur Gewinnung von Nahrung oder anderen Produkten zu töten. (3) Die Tötung von Tieren zum Zweck der Aus-, Fort- und Weiterbildung ist nur an wissenschaftlichen Einrichtungen und nur insoweit zulässig, als sie für den angestrebten Zweck unerlässlich ist und nicht durch alternative Methoden ersetzt werden kann. (4) Unbeschadet der Verbote nach Abs. 1 und 2 darf das wissentliche Töten von Wirbeltieren nur durch Tierärzte erfolgen. Dies gilt nicht 1. für die fachgerechte Tötung von landwirtschaftlichen Nutztieren und von Futtertieren (§ 32), 2. für die fachgerechte Tötung von Tieren im Rahmen der Aus-, Fort- und Weiterbildung gemäß Abs. 3, 3. für die fachgerechte Schädlingsbekämpfung, 4. in Fällen, in denen die rasche Tötung unbedingt erforderlich ist, um dem Tier nicht behebbare Qualen zu ersparen. (RIS, Fassung vom 11.01.2010) Es ist laut Tierschutzgesetz jedenfalls verboten, Tiere zu Unterrichtszwecken in der Schule zu töten. Darum ist es unerlässlich, darauf hinzuweisen, dass der Signalkrebs als standortfremde Art im Rahmen der Fischerei bekämpft wird und im Zuge dieser Maßnahmen eben Körper der Tiere anfallen. 4 4. Beschaffung Kontakt mit örtlichem Fischereiverein – Fischereiverband aufnehmen: http://www.lfvooe.at Lizenzen zum Signalkrebsfang („Tageskarte“) dürfen nur an Inhaber einer Fischerkarte und eines gültigen Lizenzbuches ausgegeben werden. Der örtliche Verein kann möglicherweise bei der Lizenzgebühr kulant sein. Für den Signalkrebs als standortsfremde Art gibt es keine Schonzeit und kein Mindestmaß. Entnahmemengen sind mit den örtlichen Organen zu vereinbaren. Allgemein ist davon auszugehen, dass der Signalkrebs dezimiert werden sollte, soweit es möglich ist. Fangmethode Der Fischereiverband nennt Krebsteller und Reuse. Folgende Fangmethode erfordert nur einen Besuch des Gewässers und hat sich bewährt. Zeit: Später Nachmittag. Nicht an Tagen nach Starkregenereignissen (Trübung). Ort: Ufer eines krebsreichen Gewässers mit klarem Wasser und guter Bodensicht. Material: Zwei Kescher, Fischreste, Aufbewahrungs- und Transportgefäß (Z. B. Kübel) Im kleineren Kescher wird ein Köder befestigt (Fischkarkasse oder ähnliches). Der so präparierte Kescher wird an einer gut einsehbaren Stelle platziert. Nach wenigen Minuten beginnen sich die ersten Krebse zu zeigen. Sie versuchen, an den Köder zu gelangen und halten sich außen am Kescher fest. Einige Individuen klettern auch in den Kescher hinein. Der Stiel wird vorsichtig angehoben und der zweite, eventuell etwas größere Kescher wird schnell darunter gehalten. So erwischt man auch die Tiere, die sich vor Schreck fallen lassen. Beide Kescher gemeinsam herausnehmen und die Krebse in den Behälter umsetzen. Dann die Anordnung an der gleichen Stelle wieder platzieren. Transport und Hälterung Die Krebse müssen nicht in einem Gefäß voller Wasser sein. Sie halten den Transport leichter aus, wenn sie gerade eben von Wasser bedeckt sind. Zur Hälterung eignet sich jedes Becken, bei dem Frischwasserzufuhr möglich ist. Die Tiere sollten aber nur so kurz wie möglich in großer Massierung gehalten werden, da sie unter Dichtestress an der Krebspest eingehen (!). Es kann auch zu Kannibalismus kommen. Die Zersetzung der toten Tiere beginnt sehr schnell und ist mit starker Geruchsentwicklung verbunden. Außerdem sind die inneren Organe dann nicht mehr brauchbar. 5 Bezugsquellen für Signalkrebse im Raum Linz Jeweils ab Juni können Signalkrebse bei folgenden Adressen gekauft werden: Für Einsätze im Winter oder im Frühling müssen entsprechende Vorräte angelegt werden. „Einziger Berufsfischer von Linz“ Franz Lahmer, Estermannstraße 11, 4020 Linz Telefon: +43 70 775098 „Junior“: Franz Wiesmayr +43 676 9311539 http://oberoesterreich.anglerinfo.at/html/l_donau_lustenauerrecht_.html Siehe auch: http://www.lfvooe.at Reviere 09 Donau B „Aufischer“ Seimayr, Traun: +43 7229 72611 Strobl, Ebelsberg: +43 70 303060 6 5. Praktische Hinweise Haltung Wenn Möglichkeiten vorhanden sind, sollte man zu Demonstrationszwecken unbedingt einige wenige Individuen lebend halten. Dazu kann man ein Aquarium mit etwas grobem Sand und Steinen bestücken, einige Höhlen als Versteckmöglichkeiten bauen und etwa 15 cm hoch Wasser einfüllen. Für Belüftung sorgen. Zum Füttern ist es besser, die Tiere herauszunehmen und in einem extra Becken fressen zu lassen. Ihr Wohnbecken ist dann etwas leichter sauber zu halten. Es ist unbedingt sicherzustellen, dass amerikanische Krebse weder ausgesetzt werden noch entweichen und so in einheimische Gewässer gelangen! Aquarienwasser, in dem sie gepflegt wurden, darf nicht in freie Gewässer geraten, eine Entsorgung über die kommunale Kanalisation gilt aber als unbedenklich. Abtöten Das Töten in kochendem Wasser ist die gängige Methode in der Küche. Es wird kontrovers diskutiert und eignet sich für unsere Zwecke auch nur bedingt, da die inneren Organe doch stark denaturiert werden. Einfrieren: Die Wahrnehmungen des Tieres signalisieren ihm einen Kälteeinbruch. Alle Systeme werden auf Kältestarre eingestellt. Es ist darauf zu achten, dass nicht zu große Mengen auf einmal eingefroren werden. Weiters sollten schon Portionen gemacht werden, die dann auf einmal aufgetaut und verbraucht werden können. Chloroform: Die Tiere werden (ohne Wasser) einer Chloroformatmospäre ausgesetzt. Sie werden benommen und sterben in weiterer Folge rasch (nach KÜKENTHAL, nicht ausprobiert). Konservieren Feine Strukturen an den inneren Organen (Herz, Gefäße) sind nur bei frischen Körpern gut erkennbar. Zum Konservieren eignet sich am besten das Einfrieren. Die Körper sollten dann innerhalb etwa eines halben Jahres verbraucht werden. Entsorgung Das Material kann in kleinen Mengen im Restmüll oder in der Biotonne entsorgt werden. Es ist darauf zu achten, dass die Geruchsentwicklung zu keiner Belästigung führt. Organisation des Kurses Die Schüler dürfen eine Kurzversion der Präparationsanleitung (3 Seiten) als Bestandteil des Protokolls behalten. Eine längere Version (8 Seiten) wird nur für den Verlauf des Kurses zur Verfügung gestellt. Der Kurs erfordert etwa zwei Doppelstunden. Das Material wird dazwischen eingefroren. 7 6. Äußerer Bau, Körpergliederung Flusskrebse besitzen einen heteromer gegliederten Körper mit einer Reihe verschieden ausgebildeter Extremitäten. Der ganze Körper ist von einer ChitinArthropodin-Kutikula überzogen, wobei für die Krebse kennzeichnend ist, dass in diesen Panzer Kalksalze eingelagert sind. Der Krebspanzer wird mehrmals im Leben gewechselt (Butterkrebs = ein frisch gehäuteter Krebs mit weichem Panzer). Der Körper gliedert sich in zwei Hauptabschnitte Kopfbruststück (Cephalothorax) und Hinterleib (Abdomen = Pleon). Der Cephalothorax wird vom Rückenschild (Carapax) schützend umhüllt. Die. Grenze zwischen Kopf und Thorax wird durch die Nackenfurche (Sutura cervicalis) deutlich, die zwei von vorne nach hinten verlaufenden seichten Furchen kennzeichnen die Grenze zwischen dem eigentlichen Krebskörper (Thorax) und den seitlich liegenden Kiemenhöhlen. Vorne spitzt sich der Carapax zum Rostrum (Nase) zu, an dem seitlich die gestielten Augen hervorschauen. Den Thorax kann man nach den jeweiligen Extremitäten je Segment noch unterteilen in einen vorderen Bereich (mit Maxillipeden) und in das Pereion mit den Schreitbeinen (Pereiopoden). Das Abdomen hat sechs Abschnitte (Pleomere) und ein Telson (Mittelteil des Schwanzfächers). Die Extremitäten Kennzeichnend für die Krebstiere sind die Spaltbeine; sie gliedern sich in eine Basis (Protopodit mit Coxa und Basis) sowie auf dieser aufsitzend zwei gegliederte Äste: Exopodit (Außenast) und Endopodit (Innenast). Weitere Auswüchse oder Fortsätze des Protopoditen heißen Epipodite (je nach Lage Endite oder Exite). Abb.: Peraeopodenpaar eines Copepoden (Hüpferling). Das usprüngliche Spaltbein kann vielfältige Abwandlungen erfahren. Im Folgenden wird die Situation bei den Flusskrebsen beschrieben. 8 Am Kopf befinden sich: Gestielte Netzaugen: Sie gelten nicht als Extremität. Die Augen können unabhängig voneinander bewegt werden und sind typische Facettenaugen. 1. Antenne (Antennula): dreigliedriger Stamm mit zwei Geißeln, die als Chemorezeptoren dienen; im ersten Stammglied liegt das Gleichgewichtsorgan: die Statocyste (von außen hereingebrachte Sandkörner dienen als Statolithe). 2. Antenne: viel größer als die erste Antenne, sie dient als Tastorgan; es handelt sich bei der langen Geißel um den Endopoditen. Der Exopodit ist schuppenförmig ausgebildet. Das erste Stammglied trägt auf einem gelblichen Höcker eine Exkretionsöffnung, in die die Antennenniere mündet. Mandibel:. die Coxa bildet eine gezähnte Kaulade, der Basisteil des Protopoditen bildet einen dreigliedrigen Palpus, der als Taster dient. Die Mandibeln werden von der Oberlippe (Labrum) und seitlich von zwei löffelartigen Hautfalten umgeben (Labrum und Seitenfortsätze entsprechen keinen Extremitäten). 1. Maxille: zarter als Mandibel, häutig, blattförmige Kauladen reichen nach innen. 2. Maxille: wie Max. 1, trägt aber einen schuppenförmigen Scaphognathiten, der morphologisch dem Exopoditen entspricht. Er sorgt durch seine Bewegungen für einen ständigen Wasserstrom, der die Kiemenhöhle von hinten nach vorne durchdringt. Am Thorax befinden sich: 1. Kieferfuß (Maxillipede): wie die folgenden Maxillipeden trägt er eine Kaulade nach innen und einen deutlichen stabförmigen Exopoditen. Der Epipodit sorgt wie der Scaphognathit der Maxille für die Wasserbewegung in der Kiemenhöhle. Alle Kieferfüße haben die Aufgabe, die Nahrung zu halten, bzw. an die Mandibel nach vorne zu reichen. 2. Kieferfuß: die Epipoditen dienen wie auch bei den Schreitbeinen als Kiemen (in der Abbildung nicht eingezeichnet) 3. Kieferfuß: wie oben. Bei den folgenden fünf Paaren wurde der Exopodit reduziert: 1. Schreitbein (Peraeopod): mit großer Schere. Die Gliederung eines Schreitbeines ist gut zu erkennen: Coxa - Merus - Ischius - Carpus - Propodus Dactylus. Die Schere entsteht durch eine fingerförmige Verlängerung des vorletzten Gliedes; sie hat eine Sperrvorrichtung, die ein Aufbiegen der Schere verhindert und trägt im Inneren die kräftigsten Muskeln des Tieres. 2. Schreitbein: mit kleiner Schere 3. Schreitbein: wie oben. Beim Weibchen befindet sich an der Coxa die Geschlechtsöffnung. 4. Scheitbein: ohne Schere; 5. Schreitbein: wie oben. Beim Männchen befindet sich an der Coxa die Geschlechtsöffnung. 9 Am Abdomen befinden sich: 1. - 5. Afterfuß (Pleopod): das Weibchen besitzt nur vier Paar. Die Pleopoden haben deutlichen Spaltfußcharakter und dienen zum Schwimmen, bzw. beim Weibchen zum Tragen der Eier und Embryonen (Oostegite). Beim Männchen sind die beiden ersten Pleopoden zu Gonopoden umgewandelt. Die Genitalöffnung des Männchens befindet sich an den Coxen des letzten Peraeopodenpaares, wo die Samen austreten und von den Gonopoden zu länglichen Spermatophoren umgewandelt werden: das 1. Abdomenbeinpaar ist rinnenförmig, das 2. stabförmig (Endopodit) ausgebildet. Mit Hilfe der Gonopoden platziert das Männchen die Spermatophoren an der Genitalöffnung des Weibchens beim dritten Peraeopodenpaar. Uropod: die Seitenteile des Schwanzfächers. Exopodit und Endopodit des 6. Abdomensegmentes, wobei der Exopodit zweigliedrig gestaltet ist). Am Schwanzende befindet sich: ohne den Status eines Segmentes zu haben, das Telson. Abb.: Extremitäten des männlichen Flusskrebses 10 7. Präparationsanleitung Material Präparierbecken, Sezierbesteck (Nadel, Schere, breite und spitze Pinzette), Wasser. Lupe oder Binokular; Zeichenmaterial für die Arbeitsaufgaben. Papierhandtücher oder Küchenrolle, eventuell Einweghandschuhe. Signalkrebs (Eine Stunde vorher mit Wasser zum Auftauen bereitgestellt). Die ursprüngliche Präparationsanleitung bezieht sich auf den Flusskrebs (Astacus astacus). Unterschiede in kleinen Details sind zu erkennen. Die Abbildungen und Anweisungen aus dem KÜKENTHAL sind aber uneingeschränkt brauchbar. 8. Die inneren Organe (Kurstag 1. Zwei Unterrichtseinheiten) Entfernen der dorsalen Körperdecke Zum Studium der inneren Organe wird der Krebs aus dem Präparierbecken genommen und mit einer Schere aufgeschnitten. Dazu wird die dorsale Körperdecke entfernt, indem man zwischen Cephalothorax und dem ersten Hinterleibsring einen Querschnitt setzt, von dem seitlich zwei Schnitte nach vorne geführt werden. Diese beiden Linien werden auf der Höhe der Augen mit einem Schnitt verbunden, so dass von der Rückenseite mit einer Pinzette ein Rechteck vorsichtig abgehoben werden kann; jetzt ist ein Blick ins Innere möglich. Herz und Blutgefäße werden sichtbar. Die inneren Organe werden gezeichnet und beschriftet. Der Krebs wird dazu in das mit Wasser gefüllte Präparierbecken gelegt. Blutgefäßsystem Bei vorsichtiger Präparation bleibt die Hypodermis erhalten, ein rhombisches Herz wird unmittelbar darunterliegend sichtbar; es besitzt drei Paar Ostien, von denen das dorsal gelegene sichtbar ist. Vom Herzen ziehen nach vorne drei Gefäße: Aorta anterior versorgt Augen und Cerebralganglion, Arteria laterialis zieht zu den Exkretionsorganen, Magen und Antennen. Nach hinten zieht die Aorta posterior, die den Schwanzbereich und unteren Körperteil (A. descendens) versorgt. Bei vorsichtiger Präparation kann später eine Baucharterie gefunden werden, die unmittelbar unter dem Bauchmark liegt. Das Blutgefäßsystem ist offen, der Gasaustausch erfolgt in den Kiemen; das Blut enthält Hämocyanin, daher kein „rotes“ Blut. Anmerkung: bei frisch abgetöteten Krebsen kann mit einer Injektionsnadel ein roter Farbstoff (z.B. Kongorot) in das Herz gespritzt werden, so dass sich die Blutgefäße und das Herz innerhalb der nächsten ein bis zwei Minuten anfärben und leichter gesehen werden können. Nach Abtragen des Carapax findet man weiters einen großen Kaumagen, die Muskeln der Mandibel, die Gonaden (spiralförmige Hoden oder paarige, orangerote oder gelbliche Ovarien (manchmal auch schwarz), eine bräunliche Mitteldarmdrüse und seitlich die zarten Kiemen. 11 Präparation der Kiemen Zum Studium der Kiemen werden die seitlichen Körperteile im Thoraxbereich entfernt und der Kiemenbereich gezeichnet. Ergänzung: Mikroskopieren eines Kiemenästchens zeigt die dichte und regelmäßige Lagerung der einzelnen Blättchen. Kiemen Die 18 büschelförmigen Kiemen liegen in einem Kiemenraum. Sie sind an den Schreitbeinen als Epipoditen (Podobranchie) angewachsen. Das venöse Blut sammelt sich in einem Blutsinus bauchseitig und wird dann zu den einzelnen Kiemen nach oben geführt, von wo es Richtung Herz strömt. Das Atemwasser strömt durch sieben ventrale Öffnungen in die Kiemenhöhlen und wird vorne durch Spalten ausgeschieden. Ergänzung: Mikroskopieren eines Kiemenästchens -> zeigt die dichte und regelmäßige Lagerung der einzelnen Blättchen. Abb. Körper quer - Lage der Kiemen Untersuchung der inneren Organe Zum Studium der Mitteldarmdrüse, des Darms und der Gonaden wird mit einer Pipette oder Spritzflasche Wasser auf diese Organe gespritzt; danach werden sie mit einer Federpinzette vorsichtig angegriffen und bewegt, um die genaue Lage und den Aufbau betrachten zu können. Für diese Aufgabe ist es vorteilhaft auch die Pleuralwand einer Seite mit der Schere im Thoraxbereich zu entfernen. Mitteldarmdrüse Die Mitteldarmdrüse hat drei Ausfuhrgänge, die sich zu einem Hauptgang vereinigen, der in den Darm mündet. Sie produziert Enzyme, speichert Fett und Glykogen und hat daher auch die Aufgabe einer Resorption. Gonaden Die Keimdrüsen sind beim Männchen schlauchförmig und weiß mit einem Vas deferens, der zur Bauchseite zieht, beim Weibchen sind die Ovarien traubig, mit einem kurzen Ovidukt versehen. Die Gonaden können so groß sein, dass sie vor und hinter dem Herzen den Innenraum gänzlich ausfüllen. Abb.: Längsschnitt – Schema 12 Entfernung der Mitteldarmdrüse Der Krebs wird nun auf die rechte Seite gelegt und die linken Gonaden und der Mitteldarmdrüsenanteil entfernt. Jetzt wird der Darm als gerades Rohr vom Mund kommend sichtbar; er erweitert sich zu einem breiten zweiteiligen Kaumagen und zieht dann als gerades Rohr in den Schwanzbereich. Der dorsale Teil des Magens wird mit einer Schere so aufgeschnitten, dass er an der rechten Seite hängen bleibt und zur Seite geklappt werden kann. Im vorderen Bereich des Magens befinden sich drei Chitinleisten (eine am Deckel), die bei der Zerkleinerung der Nahrung als Kauleisten dienen. Selten findet man kleine, weiße ,,Krebsaugen“, Kalkablagerungen, die für die Panzererneuerung verwendet werden. Im hinteren Magenteil (Pylorus) befinden sich Längsfalten, die wie eine Reuse funktionieren und nur kleine Nahrungsteile in die Mitteldarmdrüse (!) und gröbere über ein ,,Trichterventil“ in den Darm wandern lassen. Unmittelbar vor dem Magen lassen sich noch die Antennendrüsen (Exkretion und Osmoregulation) und die Kaumuskel, die zu den Mundwerkzeugen (Mandibeln) ziehen, ausnehmen. Die Exkretion wird nicht nur von den Antennendrüsen, sondern auch von den Kiemen durchgeführt. Nach der Präparation kann eine Detailzeichnung vom Innenraum, vom Magen und den Kiemen angefertigt werden. Präparation des Nervensystems Mit einer Schere werden die Pleural- und Dorsalplatten im Schwanzbereich entfernt. Die kräftigen Schwanzmuskel, das dorsale Blutgefäß und das Darmrohr werden so sichtbar. Zur Präparation des Nervensystems werden die inneren Organe, die Muskulatur, Blutgefäße und der Darm entfernt. Nervensystem Das Bauchmark ist ein Strickleiternervensystem mit Cerebralganglion, Schlundkonnektiven und Unterschlundganglion. Die Bauchganglien können im Thorakalbereich gut, im Hinterleibsbereich nur schwer beobachtet werden. Von den größeren Ganglien, speziell den Cerebralganglien lassen sich abzweigende Nervenfasern, z.B. der Augennerv mit einer spitzen Pinzette herauspräparieren. 13 Abb: Weiblicher Krebs - Lage der inneren Organe und der Neuralganglien 14 Abb. Anatomie des männlichen Krebses 15 9. Lohnende Objekte zum Mikroskopieren Kiemen - Kiemenästchen Samenleiter - Spermatozoen Antennenbasis - Statocyste Schwanzmuskulatur - Muskelfasern Netzauge Kaumagen - Kauleisten Bis hierher sollten die Schüler in einem Kurs mit zwei Unterrichtseinheiten kommen. Alle weichen inneren Organe sowie die Muskulatur des Abdomens werden entfernt und entsorgt. Es liegt jetzt nur noch der Panzer mit den daran hängenden Extremitäten vor. Er wird noch einmal unter Fließwasser gut ausgespült. In diesem Zustand kann er noch einmal eingefroren werden. 16 10. Die Extremitäten (Kurstag 2. Zwei Unterrichtseinheiten) Mit Schere und Pinzette werden alle Gliedmaßen vorsichtig (mitsamt der Coxa!) abgeschnitten. Die Präparation der Maxillipeden und der Maxillen gelingt am besten, wenn man nach Entfernen des 1. Schreitbeinpaares von hinten nach vorne arbeitet und nur noch vorsichtig mit der Pinzette zupft. Es ist darauf zu achten, dass die Mundwerkzeuge zum Teil sehr zart sind und leicht zerreissen. Alles wird der Reihe nach auf ein Blatt Papier gelegt und abgezeichnet. Dabei ist die Betrachtung mit einem Stereomikroskop hilfreich. Ergänzung: mit der Schere kann die Krebsschere seitlich aufgeschnitten werden, so dass der Blick nach innen auf die kräftigen Muskeln frei wird. Man kann auch den Dactylus ausreißen. Dabei werden die zwei sehr unterschiedlich großen Muskelansätze sichtbar. Erfahrungsgemäß geht sich dieser Teil in zwei Einheiten leicht aus. Es bleibt noch Zeit für theoretische Vertiefungen (Neobionta, Krebsrezepte …) sowie für 11. Beobachtungen am lebenden Tier Fluchtreaktion beim Herausnehmen. Der Verlauf des Atemwasserstroms und die Aktion der verschiedenen Extremitäten beim Fressen sind lohnende Beobachtungsaufgaben. Wenn die Tiere hungrig sind, beginnen sie sofort nach Futtergabe zu fressen. 17 12. Quellenangaben Storch, Welsch: Kükenthal, Anleitung zum zoologischen Praktikum. (Die Seiten 10 bis 15 dieser Anleitung sind eine Überarbeitung des Originaltextes. Astacidae allgemein: www.crusta10.at http://www.forum-flusskrebse.org/ http://iz.carnegiemnh.org/crayfish/NewAstacidea/infraorder.asp?io=Astacidea Neobiota: http://www.nobanis.org/files/factsheets/Aphanomyces_astaci.pdf http://www.wirbellose.de/krebspest.html http://neobiota.naturschutzinformationen-nrw.de Tierschutzgesetz: www.ris.bka.gv.at Dank an Mag. Engelbert Pernkopf Links aktuell am 18.1.2010) 18