LEBEN & GESUNDHEIT Elisabethinen Klagenfurt Wenn die Schilddrüse erkrankt Fünf bis zehn Prozent der Bevölkerung sind von einer Erkrankung der Schilddrüse betroffen, wobei man zwischen gut- und bösartigen Formen unterscheidet. Einige können konservativ, andere müssen operativ behandelt werden. TEXT: PRIMARIUS DR. WOLFGANG SMETANIG P rinzipiell unterscheidet man zwischen gutartigen und bösartigen Erkrankungen. Zur Gruppe der gutartigen Formen zählen die entzündlichen Schilddrüsenerkrankungen, die sich klinisch meist durch Fieber, Schmerzen und entsprechende Blutveränderungen auszeichnen. Sie werden in der Die gutartige Vergrößerung Regel konservativ, das heißt operativen Eingriff, der Schilddrüse wird als ohne behandelt. Kropf bezeichnet und ist in Die gutartige VergrößeJodmangel-Regionen häufig rung der Schilddrüse wird anzutreffen. als Kropf oder Struma bezeichnet und ist besonders in Jodmangel-Regionen sehr häufig anzutreffen. Sie geht meist mit einer Hormonunterfunktion einher. Diese Schilddrüsenvergrößerung kann ein rein kosmetisches Ärgernis sein oder auch zu ernsten Problemen wie zum Beispiel Schluckstörungen, Atembeschwerden und Heiserkeit führen. Neben diesen durch Jodmangel verursachten Schilddrüsenknoten gibt es auch eine Vergrößerung und Überfunktion der gesamten Schilddrüse auf Autoimmunbasis, die Morbus Basedow genannt wird. Zu übermäßiger Hormonbildung kann es auch durch eine einzelne Knotenbildung kommen. Diese Form wird autonomes Adenom oder heißer Knoten genannt. In etwa fünf Prozent der Knoten ist auch ein Krebs vorhanden, wobei es bei dieser Erkrankung eine Reihe von Unterformen gibt. Die Mehrzahl dieser bösartigen Formen ist jedoch sehr gut durch einen optimalen chirurgischen Eingriff und gegebenenfalls kombiniert mit einer nuklearmedizinischen Nachbehandlung (sogenannte Radiojodtherapie) zu behandeln. Die chirurgische Therapie der Schilddrüsenerkrankungen blickt bei uns im Krankenhaus der Elisabethinen auf eine lange Tradition zurück. Symptome und Behandlung DIE SCHILDDRÜSE Eine Hormonfabrik Die Schilddrüse ist eine schmetterlings­förmige Drüse am Hals unterhalb des Kehlkopfs. Mit ihr hat man praktisch eine kleine Hormonfabrik am Hals. Die von ihr gebildeten Hormone sind für die Funktion anderer Organe wichtig. Um richtig zu funktionieren, benötigt die Schilddrüse mit der Nahrung aufgenommenes Jod, das vor allem in Seefisch, Meeresfrüchten und jodiertem Salz enthalten ist. 6 granat apfel 12|2014 Neben den typischen mechanischen Problemen gibt es eine Reihe von unspezifischen Symptomen wie Müdigkeit, Gewichtszunahme, Kältegefühl, Zyklusunregelmäßigkeiten und depressive Verstimmung bei Unterfunktion bzw. Schwitzen, Nervosität, Reizbarkeit, Herzklopfen und schnellen Puls bei Überfunktion. Ob operiert werden muss oder nicht, hängt prinzipiell von der nuklearmedizinischen Diagnostik (Szintigrafie und spezielle Ultra- Elisabethinen Klagenfurt Fotos: EKH Klagenfurt, Iom123/Fotolia.com, Jürgen Flächle/Fotolia.com Bereits während der Operation kann innerhalb kürzester Zeit eine Bösartigkeit ausgeschlossen bzw. nachgewiesen werden. schalluntersuchungen eventuell mit einer Gewebeprobe durch Punktion) in Kombination mit dem Blutbefund ab. Unterfunktionen werden primär medikamentös durch Einnahme von Schilddrüsenhormon behandelt. Der Erfolg der Therapie wird durch Blut- und nuklearmedizinische Kontrollen überprüft. Sollte es unter dieser Therapie zu weiterem Wachstum kommen und bereits mechanische Probleme aufgetreten sein, dann sollte operiert werden. In jedem Fall einen Grund für eine Operation stellt der Verdacht auf eine bösartige Geschwulst dar. Ebenfalls operiert werden ein einzelner heißer Knoten und eine außer Kontrolle geratene Hormonproduktion wie beim Morbus Basedow. Das Ausmaß der Entfernung von Schilddrüsengewebe bestimmt die zugrundeliegende Diagnose. Wobei heutzutage bei medizinischer Notwendigkeit die Strategie eines radikalen Eingriffs, bei dem keine Schilddrüsenreste mehr verbleiben, verfolgt wird. Dadurch können Zweiteingriffe durch Ausbildung einer neuerlichen Kropfbildung verhindert werden. Voraussetzung dafür ist ein entsprechend ausgebildeter Chirurg und der Einsatz eines Neuromonitorings. Das heißt, intraoperativ wird der Stimmbandnerv exakt dargestellt und direkt auf Funktion überprüft. Auch eine Kurvenableitung durch Dauerstimulation des Nervus vagus ist möglich. Dadurch wird ein Zug am Nerv rechtzeitig angezeigt. Dies reduziert die bei PatientInnen ­ gefürchtete Sonografische Untersuchung der Schilddrüse bleibende Stimmbandlähmung nach der Operation deutlich. Ebenso sollte eine penible Darstellung der Nebenschilddrüsen erfolgen. Diese sind für den Calciumwert im Blut durch Produktion des Parathormons verantwortlich. Interdisziplinäre Zusammenarbeit Primarius Dr. Wolfgang Smetanig ist Vorstand der ­Abteilung für Chirurgie am ElisabethinenKrankenhaus Klagenfurt. Eine enge Kooperation mit einer Pathologie ist bei Eingriffen mit Verdacht auf Bösartigkeit ebenfalls Voraussetzung. In diesen Fällen kann bereits während der Operation innerhalb kürzester Zeit mit einer Sicherheit von bis zu 98 Prozent eine solche ausgeschlossen bzw. nachgewiesen werden. Dies ist für die weitere operative Strategie von essenzieller Bedeutung! Insgesamt sind Erkrankungen der Schilddrüse ein interdisziplinäres Krankheitsbild, bei dem Internisten, Chirurgen, Pathologen und Nuklearmediziner eng zusammenarbeiten. Ein Basisscreening kann sehr einfach beim Hausarzt durch eine Blutabnahme erfolgen. Sollte dieses eine Auffälligkeit zeigen, ist eine weitere Abklärung an einer Nuklearmedizin angezeigt. « 7