DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in stationären Senioreneinrichtungen DGE-QUALITÄTSSTANDARD FÜR DIE VERPFLEGUNG IN STATIONÄREN SENIORENEINRICHTUNGEN 2. AUFLAGE 2011 INHALT 1 2 Hintergründe und Ziele ......................................................................................8 1.1 Hintergründe ...........................................................................................8 1.2 Ziele.........................................................................................................9 1.3 Zielgruppen des Qualitätsstandards........................................................10 Gestaltung der Verpflegung ............................................................................11 2.1 Getränkeversorgung ..............................................................................12 2.2 Vollverpflegung......................................................................................12 2.2.1 Lebensmittelauswahl.....................................................................12 2.2.2 Speisenplanung ............................................................................15 2.3 Speisenherstellung .................................................................................17 2.3.1 Zubereitung ..................................................................................17 2.3.2 Warmhaltezeiten und Temperaturen .............................................18 2.3.3 Sensorik........................................................................................18 2.4 Nährstoffzufuhr durch die Vollverpflegung .............................................19 2.5 Speisenangebot bei besonderen Anforderungen ....................................20 2.5.1 Verpflegung bei Mangelernährung................................................21 2.5.2 Kostform bei Kau- und Schluckstörungen .....................................22 2.5.3 Verpflegung bei Demenz...............................................................24 2.5.4 Fingerfood ....................................................................................25 2.5.5 Eat by Walking..............................................................................26 2.5.6 Wunschkost ..................................................................................26 2.5.7 Adipositas.....................................................................................26 2.5.8 Diabetes mellitus Typ 2..................................................................27 2.5.9 Grenzen dieses Qualitätsstandards ................................................27 4 3 Rahmenbedingungen in stationären Senioreneinrichtungen .......................28 3.1 Essatmosphäre .......................................................................................28 3.1.1 Essenszeiten..................................................................................28 3.1.2 Raum- und Tischgestaltung...........................................................29 3.1.3 Service und Kommunikation .........................................................29 3.2 4 Herstellung von Speisen in Wohnbereichsküchen ...................................31 Rahmenbedingungen für die Verpflegung .....................................................32 4.1 Rechtliche Bestimmungen ......................................................................32 4.1.1 Hygiene ........................................................................................34 4.1.2 Produktübergreifende Verordnungen zur Kennzeichnung und Kenntlichmachung .................................................................35 4.1.3 Lebensweltbezogene Vorschriften .................................................36 4.2 Personalqualifikation..............................................................................36 4.3 Qualitätsmanagement............................................................................38 4.3.1 Aufgaben der Pflege im Rahmen der Verpflegung.........................38 4.3.2 Schnittstellenmanagement............................................................39 4.3.3 Umweltmanagement ....................................................................41 5 6 Zertifizierung.....................................................................................................42 5.1 Fit im Alter-Zertifizierung........................................................................42 5.2 Fit im Alter-PREMIUM-Zertifizierung .......................................................43 5.3 Zusammenarbeit mit Caterern................................................................43 5.4 Kriterien zur Eigenkontrolle ....................................................................44 5.5 Ablauf ...................................................................................................48 5.6 Weiterführende Informationen...............................................................48 Anhang ..............................................................................................................49 6.1 Orientierungshilfen für Lebensmittelmengen..........................................49 6.2 Ökologische Aspekte .............................................................................50 6.2.1 Herkunft von Lebensmitteln ..........................................................50 6.2.2 Aspekte der Nachhaltigkeit ...........................................................51 6.3 Leistungsverzeichnis...............................................................................51 5 GELEITWORT Liebe Leserinnen und Leser, viele Menschen können im Alter nicht mehr in ihrer häuslichen Umgebung bleiben und ziehen in eine Senioreneinrichtung. Oftmals wird dieser Schritt erst dann vollzogen, wenn das Leben im eigenen Zuhause gar nicht mehr möglich ist. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass viele ältere Menschen bereits mit einem schlechten Ernährungs- und Gesundheitsstatus in diese Einrichtungen einziehen. So wurde in der vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz in Auftrag gegebenen ErnSTES-Studie der Universitäten Bonn und Paderborn festgestellt, dass zwei Drittel der Menschen in Alten- und Pflegeheimen von Mangelernährung betroffen oder gefährdet sind. Ilse Aigner | Foto: BMELV/Bildschön Im Rahmen von „IN FORM – Deutschlands Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung“ haben wir gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) Qualitätsstandards für die Verpflegung in den unterschiedlichen Lebenswelten veröffentlicht, wie zum Beispiel in Kitas, in Schulen, am Arbeitsplatz, in Kliniken oder für „Essen auf Rädern“. In diese Reihe gehört auch der „DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in stationären Senioreneinrichtungen“. Wir möchten hiermit das Bewusstsein der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Alten- und Pflegeheimen für die Bedeutung einer gesunden und ausgewogenen Ernährung der Bewohnerinnen und Bewohner wecken. Gleichzeitig soll der Blick für die Anzeichen einer Mangelernährung geschärft werden, so dass diese in Zukunft rechtzeitig erkannt werden und entsprechend gegengesteuert werden kann. Das praktische Wissen, wie man alten Menschen trotz mancher gesundheitlicher Probleme eine schmackhafte, alters- und bedarfsgerechte Ernährung anbieten kann, soll verbessert werden. Der vorliegende „DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in stationären Senioreneinrichtungen“ wurde unter Einbeziehung von Experten aus den Bereichen Seniorenverpflegung, Wissenschaft und der Altenpflege erarbeitet und praxisgerecht gestaltet. Einrichtungen, die den Qualitätsstandard umsetzen, können sich durch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. zertifizieren lassen. Eine solche Zertifizierung ist sowohl für die Bewohnerinnen und Bewohner als auch für die Angehörigen ein wichtiger Anhaltspunkt für die Wahl der Senioreneinrichtung. Denn neben einer guten Betreuung und Pflege ist es entscheidend, dass sich die Bewohnerinnen und Bewohner in ihrer Umgebung wohl fühlen. Dazu trägt ein gutes Essen in freundlicher Umgebung und in Gemeinschaft ganz wesentlich bei. Ilse Aigner Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz 6 DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in stationären Senioreneinrichtungen VORWORT Liebe Leserinnen und Leser, das Ernährungsverhalten von Seniorinnen und Senioren mit all den individuellen Vorlieben und Abneigungen ist von zahlreichen Erfahrungen geprägt und hat sich über ein ganzes Leben entwickelt. Wer sich und vielleicht auch Andere über ein langes Leben versorgt hat, empfindet es als wichtigen Teil der Lebensqualität für die eigene Versorgung verantwortlich zu sein, Gäste zu bewirten, gemeinsam zu genießen und Freude am Essen und Trinken zu haben. Diese Lebensqualität mit dem Einzug in eine stationäre Senioreneinrichtung zu erhalten – auch wenn die Selbstbestimmung zum großen Teil verloren geht – ist eine der wesentlichen Aufgaben von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dieser Einrichtungen. Positiv unterstützt wird dies durch ein abwechslungsreiches und genussvolles Speisenangebot in einem freundlich gestalteten Essumfeld und einem guten Service. Dr. Helmut Oberritter | Foto: DGE Mit dem „DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in stationären Senioreneinrichtungen“ gibt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) Fachkräften der Bereiche Küche, Hauswirtschaft, Pflege und Service in stationären Senioreneinrichtungen den Rahmen zur Verankerung einer vollwertigen Verpflegung. Dazu werden Kriterien zu einer gesundheitsfördernden Lebensmittelauswahl, der Häufigkeit der Verwendung sowie der Speisenplanung und -herstellung bis hin zu einem nährstoffoptimierten Verpflegungsangebot erläutert. Zielgruppenspezifische Anforderungen an Kostformen oder die Essatmosphäre werden genauso thematisiert wie Hygienebestimmungen, Lebensmittelkennzeichnung oder Aspekte der Personalqualifikation und des Qualitätsmanagements. Mit diesem Qualitätsstandard stellt Ihnen die DGE die Basis zur Umsetzung einer ausgewogenen Ernährung in die Praxis zur Verfügung. Tragen Sie aktiv zur Gestaltung bei und fördern Sie mit Ihrem Engagement das Angebot einer qualitativ hochwertigen Verpflegung in Ihrer Einrichtung. Nutzen Sie die Chance einer Zertifizierung durch die DGE. Damit dokumentieren Sie öffentlichkeitswirksam: Wir erfüllen die Anforderungen der Fit im Alter-Zertifizierung beziehungsweise der Fit im Alter-PREMIUM-Zertifizierung der DGE. So tragen Sie aktiv zum Wohlbefinden der Bewohnerinnen und Bewohner Ihrer Einrichtung bei. Alles Wissenswerte finden Sie in dieser Broschüre. Bei individuellen Fragen rund um das Thema Verpflegung in stationären Senioreneinrichtungen steht Ihnen das Team von „Fit im Alter – Gesund essen, besser leben“ gerne mit Rat und Tat zur Seite. Dr. Helmut Oberritter Geschäftsführer Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. 7 1 HINTERGRÜNDE UND ZIELE 1.1 HINTERGRÜNDE In Deutschland lebten laut Pflegestatistik1 im Jahr 2009 etwa 1,95 Millionen Pflegebedürftige, die 65 Jahre und älter waren. Der größere Anteil von rund 66 Prozent wurde zu Hause versorgt, während 667.060 Seniorinnen und Senioren (rund 34 Prozent) in den deutschlandweit etwa 10.400 stationären Senioreneinrichtungen lebten. Der Anteil der über 85-Jährigen war mit 49 Prozent in stationären Senioreneinrichtungen wesentlich höher als bei den zu Hause lebenden, wo der Anteil der Hochaltrigen bei 29 Prozent lag. Die Anforderungen an die Verpflegung in stationären Senioreneinrichtungen reichen von den Wünschen und Bedarfen „rüstiger und selbstständiger“ Seniorinnen und In stationären Senioreneinrichtungen sind die Verpfle- Senioren bis hin zu speziellen Angeboten und Kostfor- gung und das damit verbundene Wohlgefühl von men für Kranke oder Pflegebedürftige. Darüber hinaus großer Bedeutung. Die Mahlzeiten geben die Gelegen- werden individuelle Essensvorlieben, Abneigungen, Ge- heit zu sozialen Kontakten und werden für viele als der wohnheiten und Rituale mitgebracht. Diese Aspekte mit- Höhepunkt oder eine willkommene Abwechslung ange- einander zu vereinbaren, der Heterogenität gerecht zu sehen, die in angenehmer Atmosphäre und mit freund- werden, Selbstbestimmtheit zu erhalten und die Würde lichem Service erfolgen sollte. Darüber hinaus werden der älteren Menschen zu bewahren, ist eine große He- hohe Ansprüche an die ernährungsphysiologische Qua- rausforderung für die Mitarbeitenden in stationären lität der Speisen und ergänzende Darreichungsformen Senioreneinrichtungen. Hier kommt dem Thema Ernäh- gestellt. Die Hintergründe dafür sowie die Zielsetzungen rung eine besondere Bedeutung zu. Zum einen beinhal- für den „DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in tet es die Bereitstellung einer qualitativ hochwertigen, stationären Senioreneinrichtungen“ und die Zielgrup- bedarfsgerechten und gesundheitsfördernden Verpfle- pen sind Inhalte dieses Kapitels. gung. Zum anderen erfüllen die gemeinsamen Mahlzei- 1 8 Quelle: Pfaff H: Pflegestatistik 2009 Pflege im Rahmen der Pflegeversicherung Deutschlandergebnisse, Wiesbaden 2011, S 7-8 DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in stationären Senioreneinrichtungen 1 ten wichtige soziale und kulturelle Funktionen, bieten Orientierung und strukturieren den Tag oder regen zu Gesprächen und Geselligkeit an. Für Seniorinnen und Senioren kann die traditionelle Mahlzeit in einer manchmal als fremd empfundenen Umgebung ein Gefühl von Geborgenheit hervorrufen. Auch das Gefühl für seine Versorgung und sein Essen selbst verantwortlich zu sein oder die „Rolle des Gastgebers“ für andere übernehmen zu können, trägt zum Wohlbefinden bei. Die Bewohnerinnen und Bewohner werden in Entscheidungsprozesse einbezogen, ihre Eigenständigkeit wird, auch wenn verschiedene Beeinträchtigungen vorliegen, unterstützt, ihre Ideen und Hilfsangebote werden angenommen und Wünsche und Bedürfnisse des Einzelnen werden respektiert. All diese Aspekte tragen zu einer guten Lebensqualität bei. 1.2 ZIELE Ziel des Qualitätsstandards ist es, die Verantwortlichen für die Verpflegung in stationären Senioreneinrichtungen bei der Umsetzung einer bedarfsgerechten und ausgewogenen Verpflegung zu unterstützen und damit den Seniorinnen und Senioren die Auswahl aus einem vollwertigen Verpflegungsangebot zu ermöglichen. Dazu bietet dieser Qualitätsstandard eine praxisorientierte Hilfestellung. Die Inhalte basieren auf der aktuellen wissenschaftlichen Datenlage. Hierzu zählen unter anderem die D-A-CH-Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr2 und deren Umsetzung in die Gemeinschaftsverpflegung. 2 Deutsche Gesellschaft für Ernährung, Österreichische Gesellschaft für Ernährung, Schweizerische Gesellschaft für Ernährungsforschung, Schweizerische Vereinigung für Ernährung (Hrsg.): Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr. Neuer Umschau Buchverlag, Neustadt a. d. Weinstraße, 1. Auflage, 3. vollständig durchgesehener und korrigierter Nachdruck (2008) 9 1 1.3 ZIELGRUPPEN DES QUALITÄTSSTANDARDS Der „DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in stationären Senioreneinrichtungen“ richtet sich an Verantwortliche, Entscheidungsträger sowie Mitarbeitende, die in stationären Senioreneinrichtungen mit der Verpflegung der Seniorinnen und Senioren befasst sind. Hierzu zählen Träger und Führungskräfte von stationären Senioreneinrichtungen, das Personal in den Küchen, im Service und in der Pflege sowie Caterer und Lieferanten. Der vorliegende Qualitätsstandard gibt konkrete und praxisorientierte Vorgaben für die Umsetzung der Vollverpflegung in stationären Senioreneinrichtungen und richtet sich damit primär an Verpflegungsfachkräfte. Damit unterscheidet sich dieser Qualitätsstandard von den folgenden Qualitätsstandards, die andere Zielgruppen ansprechen: A Expertenstandard „Ernährungsmanagement zur Sicherstellung und Förderung der oralen Ernährung in der Pflege“ des Deutschen Netzwerks für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP), der sich an die Fachkräfte aus dem Bereich Pflege wendet, A Qualitätsniveau Orale Nahrungs- und Flüssigkeitsversorgung von Menschen in Einrichtungen der Pflege und Betreuung der Bundeskonferenz zur Qualitätssicherung im Gesundheits- und Pflegewesen e. V. (BUKO-QS), der eine multidisziplinäre Zielgruppe anspricht. 10 DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in stationären Senioreneinrichtungen GESTALTUNG DER VERPFLEGUNG 2 In diesem Kapitel sind Empfehlungen für die Gestaltung eines vollwertigen3 Speisenangebots in stationären Senioreneinrichtungen dargestellt. Diese umfassen Angaben zur Getränkeversorgung, zur Lebensmittelauswahl für die Vollverpflegung sowie zur Speisenherstellung. Darüber hinaus sind Informationen zur Nährstoffzufuhr und das Speisenangebot bei besonderen Anforderungen enthalten. Essbiografie Ausgangspunkt einer bedarfs- und bedürfnisgerechten Verpflegung in stationären Senioreneinrichtungen ist die A Essgewohnheiten, zur Verteilung der Mahlzeiten über Erhebung der Essbiografie, deren Inhalte in der Speisen- den Tag, beispielsweise wann warm oder kalt geges- planung in Form eines seniorengerechten Speisenplans sen wurde, berücksichtigt werden. Sie ermöglicht es, die individuellen Wünsche und Vorlieben der Seniorinnen und Senio- A Essrituale zu besonderen Anlässen, wie zum Beispiel Geburtstage, ren zu erfahren und zu dokumentieren, so dass ihre A besondere Vorlieben seit der Kindheit (wenn möglich), Vorlieben und Abneigungen berücksichtigt und die Ess- A Lieblingsspeisen, auch mit regionalem und saisonalem gewohnheiten so weit wie möglich beibehalten werden. Bezug, Daher wird bei der Aufnahme in eine stationäre Senio- A Lieblingsgetränke und deren Verteilung über den Tag, reneinrichtung eine ausführliche Essbiografie erstellt. A individuelle Abneigungen und Unverträglichkeiten, Häufig lassen in höherem Alter das Erinnerungsvermögen A Krankheiten. und die Fähigkeit, Wünsche konkret zu äußern, nach. In diesem Fall oder zur Prävention oder Behandlung einer Hilfreiche Angaben, Beobachtungen und Erfahrungen Mangelernährung liefert die Essbiografie wertvolle Infor- zur individuellen Essbiografie liefern neben der Befra- mationen. Eine Essbiografie enthält folgende Angaben: gung der Person selbst auch Angehörige, Pflegende und behandelnde Ärztinnen und Ärzte. Als Bestandteil der A Herkunft, frühere berufliche Tätigkeit, üblicher Tagesablauf, Religion, ethnische und kulturelle Besonderheiten, 3 Die vollwertige Ernährung nach den Empfehlungen der DGE liefert eine dem Energiebedarf entsprechende Energiemenge und ausreichend Flüssigkeit. Sie stellt die Versorgung mit den energieliefernden Nährstoffen Protein, Fett und Kohlenhydrate in einem ausgewogenen Verhältnis sicher. Außerdem liefert sie Inhaltsstoffe Pflegedokumentation wird die Essbiografie durch Beobachtungen kontinuierlich aktualisiert und weitergeführt. wie Vitamine, Mineralstoffe, Ballaststoffe und sekundäre Pflanzenstoffe in ausreichender Menge. Die vollwertige Ernährung ist abwechslungsreich und betont den Konsum von Lebensmitteln pflanzlichen Ursprungs. 11 2 2.1 GETRÄNKEVERSORGUNG 2.2 VOLLVERPFLEGUNG Ausreichendes Trinken gehört zu einer vollwertigen Ernäh- Die Vollverpflegung umfasst alle Mahlzeiten des Tages. rung. Da das Durstempfinden im Alter stark nachlässt, Hierzu zählen die drei Hauptmahlzeiten, Frühstück, Mit- muss auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr geachtet tag- und Abendessen, sowie mindestens zwei Zwischen- werden. Als Trinkflüssigkeit stehen pro Person mindestens mahlzeiten. Diese können wahlweise am Vormittag, zum 4 1,3 Liter , besser 1,5 Liter, über den Tag verteilt zur Verfü- Beispiel als zweites Frühstück, am Nachmittag, als Spät- gung. Faktoren wie Fieber, Durchfall, Erbrechen, hohe mahlzeit am Abend oder als Nachtmahlzeit angeboten Umgebungstemperaturen und starke Unruhe, die sich werden. durch vermehrtes Laufen oder permanente Bewegungen äußern kann, steigern den Flüssigkeitsbedarf zusätzlich. Die optimale Lebensmittelauswahl bildet die Grundlage Bei unzureichender Zufuhr oder bei gesteigertem Bedarf für eine vollwertige Verpflegung und leistet einen erhebli- wird ein Trinkprotokoll erstellt. Getränke stehen auch im- chen Beitrag zur täglichen Nährstoffzufuhr. Darüber hinaus mobilen Seniorinnen und Senioren jederzeit zur Verfügung werden spezielle Anforderungen bei Mangelernährung und werden aktiv angeboten. Bei Krankheiten, wie bei- berücksichtigt. spielsweise Herzinsuffizienz, wird der Flüssigkeitsbedarf in Rücksprache mit der/dem behandelnden Ärztin/Arzt ab- 2.2.1 LEBENSMITTELAUSWAHL gestimmt. Im Ernährungskreis der Deutschen Gesellschaft für ErnähIndividuell auf den Nutzen und die Bedürfnisse angepasste rung e. V. sind sieben Lebensmittelgruppen definiert. Auf Trinkhilfen5 stehen bei Bedarf zur Verfügung. Infor- Basis dieser Lebensmittelgruppen und der Dreidimensionalen Lebensmittelpyramide6 werden mationen und Hilfestellungen zum Anreichen in Tabelle 1 die Lebensmittel genannt, die der Getränke oder Speisen können Fach- für die Zusammenstellung einer Vollver- kräfte aus den Bereichen Pflege, Ernährung/Verpflegung, Logopädie oder pflegung besonders empfehlenswert Ergotherapie geben. sind. © DGE 4 12 Der Richtwert für die Höhe der Gesamtzufuhr von Wasser beträgt > 2 Liter pro Tag (etwa 1,1 ml Wasser pro kcal), wovon ca. 1,3 Liter in Form von Flüssigkeit (Getränke) aufgenommen werden sollte; Quelle: Deutsche Gesellschaft für Ernährung, Österreichische Gesellschaft für Ernährung, Schweizerische Gesellschaft für Ernährungsforschung, Schweizerische Vereinigung für Ernährung (Hrsg.): Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr. Neuer Umschau Buchverlag, Neustadt a. d. DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in stationären Senioreneinrichtungen Weinstraße, 1. Auflage, 3. vollständig durchgesehener und korrigierter Nachdruck (2008) Weitere Informationen zum Einsatz von Trinkhilfen: Deutsche Gesellschaft für Ernährung (Hrsg.): Kau- und Schluckstörungen im Alter, 2. Auflage, Bonn (2011) 6 Die Dreidimensionale Lebensmittelpyramide ist über den DGE-MedienService in mehreren Varianten erhältlich. 5 2 Tabelle 1: Optimale Lebensmittelauswahl für die Vollverpflegung Lebensmittelgruppe optimale Auswahl Beispiele für Lebensmittel Getreide, Getreideprodukte und Kartoffeln Vollkornprodukte Brot, Brötchen, Mehl, Teigwaren 7 Müsli ohne Zuckerzusatz Mischung aus verschiedenen Getreideflocken, Leinsamen und Trockenfrüchten Parboiled Reis oder Naturreis Speisekartoffeln8, als Rohware ungeschält oder geschält Gemüse und Salat9 Gemüse, frisch oder tiefgekühlt Möhre, Paprika, Erbsen, Bohnen, Brokkoli, Zuckerschoten, Zucchini, Tomate, Weiß-/Rotkohl, Wirsing, Gemüsepüree, Gemüsesaft Hülsenfrüchte Linsen, Erbsen, Bohnen Salat Kopfsalat, Eisbergsalat, Feldsalat, Endivie, Eichblattsalat, Gurke, Möhre, Tomate Obst9 Obst, frisch oder tiefgekühlt ohne Zuckerzusatz Apfel, Birne, Pflaume, Kirschen, Banane, Mandarine, Erdbeeren Milch und Milchprodukte Milch: 1,5 % Fett Naturjoghurt: 1,5 % bis 1,8 % Fett Käse: max. Vollfettstufe (≤ 50 % Fett i. Tr.) Gouda, Feta, Camembert, Tilsiter, Frischkäse Speisequark: max. 20 % Fett i. Tr. Fleisch, Wurst, Fisch, Ei mageres Muskelfleisch Braten, Schnitzel, Roulade, Geschnetzeltes, Tafelspitz Fleischerzeugnisse inkl. Wurstwaren Hackfleisch, Bratwurst, Kasseler Fleischerzeugnisse inkl. Wurstwaren als Belag: max. 20 % Fett Kochschinken, Lachsschinken, Putenbrust (Aufschnitt), Kasseler (Aufschnitt), Bierschinken Seefisch aus nicht überfischten Beständen10 Kabeljau, Seelachs, Lachs, Hering, Makrele Fette11 und Öle12 Rapsöl Walnuss-, Weizenkeim-, Oliven- oder Sojaöl Getränke13 Trink-, Mineralwasser Früchte-, Kräutertee, ungesüßt Hagebutten-, Kamillen-, Pfefferminztee Rotbuschtee, ungesüßt 7 „Müsli besteht überwiegend aus einer oder mehreren Speisegetreidearten, die z. B. flockiert, geschrotet und/oder gequetscht sind sowie knusprig oder anderweitig zubereitet sein können. Müsli enthält mindestens zwei weitere Komponenten. Üblicherweise sind dies Trockenfrüchte und ölhaltige Samen in verschiedener Form.“ Quelle: Gesellschaft Deutscher Chemiker e. V. www.gdch.de/strukturen/fg/lm/ag/getreide/getreide_stellnahmen/muesli.htm (eingesehen am 29.07.2011) 8 Kartoffeln können in der Schale einen hohen Gehalt an der giftigen Substanz Solanin aufweisen, sie sollten daher ohne Schale verzehrt werden. 9 Weitere Informationen geben die Kampagne „5 am Tag“ unter www.5amtag.de und der Saisonkalender unter www.fitimalter-dge.de in der Rubrik Wissenswertes 10 Weitere Informationen: Deutsche Gesellschaft für Ernährung: Ökologisch verträglicher Fischverzehr. DGEinfo (7/2007)103-105 und unter World Wide Fund For Nature, Einkaufsratgeber für Fische und Meeresfrüchte: www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/pdf_neu/101008_Fischratgeber_2010_WEB.pdf 11 Streichfette werden sparsam verwendet. 12 Weitere Informationen: Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (Hrsg.): Leitlinie Fett kompakt – Fettkonsum und Prävention ausgewählter ernährungsmitbedingter Krankheiten. 1. Auflage, Bonn (2008) 13 Milch und Milchprodukte sowie Säfte zählen nicht zur Gruppe der Getränke, sondern aufgrund ihres Energiegehalts zur Gruppe der tierischen bzw. pflanzlichen Lebensmittel. Bei bestimmten diätetischen Vorgaben sowie der Bilanzierung der Flüssigkeitszufuhr bei Dehydratation können als Getränk angebotene Milch und Säfte in die Berechnung der Flüssigkeitsbilanz einbezogen werden. 13 2 Beim Einsatz von Convenience-Produkten gelten folgende Grundsätze: A Erlauben es die zeitlichen und personellen Kapazitäten, sind Produkte der Convenience-Stufen 1 und 2 zu beConvenience-Produkte vorzugen. In der Gemeinschaftsverpflegung und damit auch bei der A Beim Einsatz von Convenience-Produkten der Stufen 4 Herstellung von Essen in stationären Senioreneinrichtun- und 5 sollten immer Lebensmittel der Convenience-Stu- gen, werden Produkte unterschiedlicher Convenience- fen 1 und 2 ergänzt werden. Stufen verwendet. Eine Übersicht der verschiedenen A Erfordert die Herstellung der Speisen zahlreiche Prozess- Convenience-Stufen ist Tabelle 2 zu entnehmen. Bei der stufen (zum Beispiel Cook & Chill), ist der Einsatz von Verwendung dieser Produkte sind ernährungsphysiologi- Obst und Gemüse aus den Convenience-Stufen 1 und 2 sche, sensorische, ökologische und ökonomische Aspekte zu bevorzugen. zu beachten. Bei Produkten mit hohem Convenience-Grad A Bei Obst und Gemüse sind aufgrund des höheren Nähr- sollten der Zucker- und Salzgehalt sowie die Art des ver- stoffgehalts tiefgekühlte Produkte (TK) den Konserven (zum wendeten Fettes berücksichtigt werden. Beispiel Erbsen, Möhren, grüne Bohnen) vorzuziehen.14 Tabelle 2: Einteilung der Convenience-Produkte in verschiedene Convenience-Stufen Convenience-Stufe Beispiele küchenfertige Lebensmittel 1 entbeintes, zerlegtes Fleisch, geputztes Gemüse garfertige Lebensmittel 2 Filet, Teigwaren, TK-Gemüse, TK-Obst aufbereitfertige Lebensmittel 3 Salatdressing, Kartoffelpüree, Puddingpulver regenerierfertige Lebensmittel 4 einzelne Komponenten oder fertige Menüs verzehr-/tischfertige Lebensmittel 5 kalte Soßen, fertige Salate, Obstkonserven, Desserts Quelle: Modifiziert nach aid infodienst Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (Hrsg.): Convenience-Produkte in der Gemeinschaftsverpflegung. 1. Auflage, Bonn (2007) 14 14 aid infodienst Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz (Hrsg.): Nährstoffveränderungen bei der Lebensmittelzubereitung im Haushalt. 4. veränderte Neuauflage, Bonn (2008) DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in stationären Senioreneinrichtungen 2 2.2.2 SPEISENPLANUNG In diesem Kapitel werden Kriterien für die Speisenplanung erläutert. Dazu zählen Anforderungen an den Lebensmitteleinsatz für sieben Verpflegungstage im Rahmen der Vollverpflegung. Darüber hinaus beinhaltet das Kapitel Kriterien zur Sensorik und für die Gestaltung des Speisenplans. Anforderungen an einen Ein-Wochen-Speisenplan Für die Speisenplanung gelten folgende Anforderungen: (sieben Verpflegungstage) Im Rahmen der Speisenplanung wird festgelegt, wie häu- A Der Menüzyklus des Mittagessens beträgt mindestens sechs Wochen. A Ein ovo-lacto-vegetabiles15 Gericht ist auf Nachfrage im Angebot. fig bestimmte Lebensmittel und Lebensmittelgruppen angeboten werden. Für die Speisenplanung in stationären Senioreneinrichtungen wird eine Woche mit sieben Verpflegungstagen zugrunde gelegt, auf die sich die Anforde- A Das saisonale Angebot ist berücksichtigt. rungen an den Einsatz bestimmter Lebensmittel und A Kulturspezifische und regionale Essgewohnheiten sowie Lebensmittelgruppen (siehe Tabelle 3) beziehen. Dabei religiöse Aspekte sind berücksichtigt. A Fleisch von unterschiedlichen Tierarten wird abwech- sind die Kriterien so festgelegt, dass ein abwechslungsreiches Speisenangebot ermöglicht wird. selnd angeboten. A Bei Allergien und/oder Lebensmittelunverträglichkeiten Lebensmittel beziehungsweise Lebensmittelgruppen, die wird eine entsprechende Speisenauswahl ermöglicht. beispielsweise „1 x“ täglich angeboten werden, sind mit A Die Wünsche und Anregungen der Seniorinnen und Se- der Häufigkeit „7 x“ gekennzeichnet. Darüber hinaus wer- nioren sind in geeigneter Form in der Speisenplanung den Minimal- und Maximalforderungen formuliert. Voll- berücksichtigt. kornprodukte sollen beispielsweise mindestens „14 x“ in A Beim Auslassen von Mahlzeiten wird eine Ersatzmahlzeit angeboten. A Bei besonderen Ernährungssituationen sind diätetische sieben Verpflegungstagen auf dem Speisenplan stehen. Selbstverständlich dürfen sie auch häufiger angeboten werden. Maximalforderungen werden beispielsweise für beziehungsweise ergänzende Kostformen wie energie- den Einsatz von Fleisch und Kartoffelerzeugnissen definiert angereicherte Speisen oder andere Darreichungsformen – diese Häufigkeiten sollen nicht überschritten werden. im Angebot. A Zum Frühstück oder Abendessen wird eine warme Komponente angeboten. Für ein ausgewogenes Verpflegungsangebot in stationären Senioreneinrichtungen werden die in Tabelle 3 genannten Häufigkeiten für den Einsatz von Lebensmitteln innerhalb von sieben Verpflegungstagen beachtet. 15 In der ovo-lacto-vegetabilen Ernährung werden neben pflanzlichen Lebensmitteln nur solche Produkte tierischen Ursprungs verzehrt, die von lebenden Tieren stammen z. B. Milch, Eier oder Honig. Die vegetarische Ernährung schließt grundsätzlich Lebensmittel von getöteten Tieren, also Fleisch und Fleischprodukte, Geflügel, Fisch sowie Schlachtfette aus. Vgl.: Deutsche Gesellschaft für Ernährung (Hrsg.), DGE-Beratungs-Standards, Kapitel 2.3.2, 10., vollständig überarbeitete Auflage, Bonn (2009) 15 2 Tabelle 3: Anforderungen an einen Ein-Wochen-Speisenplan (sieben Verpflegungstage) Lebensmittelgruppe Häufigkeit Getreide, Getreideprodukte und Kartoffeln mind. 21 x abwechselnd Beispiele zur praktischen Umsetzung Getreideprodukte Brot, Brötchen, Getreideflocken, Grieß, Dinkel, Weizen oder Bulgur, gekocht als Beilage, Couscous-Salat, Hirseauflauf, Grünkern-Bratlinge, Polentaschnitten, Gebäck Speisekartoffeln Pellkartoffeln, Salzkartoffeln, Folienkartoffeln, Püree, Kartoffelsalat Parboiled Reis Reispfanne, Reis als Beilage Teigwaren Weizen- oder Dinkelnudeln, Lasagne, Tortellini, Ravioli davon: - mind. 14 x Vollkornprodukte Vollkornbrot/-brötchen, Vollkorntoast, Vollkornteigwaren, Vollkornpizza, Naturreis - max. 2 x Kartoffelerzeugnisse Halbfertig- oder Fertigprodukte, z. B. Kroketten, Pommes frites, Kartoffelecken, Reibekuchen, Gnocchi, Püree, Klöße 21 x gegarte Möhren, Brokkoli, Kohlrabi, Gemüselasagne, gefüllte Paprika (oder Zucchini, Auberginen), Erbsen-, Linsen-, Bohneneintopf, Ratatouille, Wokgemüse, Antipasti, Gemüsepüree davon mind. 7 x Rohkost oder Salat geschnittene Möhren, Gurken, Paprika, Tomatensalat, Gurkensalat, gemischter Salat, Krautsalat 14 x Obstkompott oder -püree, Milchreis mit Kirschen, süßer Aprikosenauflauf, Fruchtsuppe mit Grießklößchen, Fruchtsoße zum Dessert, Obstkuchen davon mind. 7 x frisch oder tiefgekühlt ohne Zuckerzusatz Obst im Ganzen, Müsli mit Obst, Obstsalat, Quark/ Joghurt mit frischem Obst, Obsttörtchen, Waffeln mit Obstbeilage, Crêpes mit Obstquarkfüllung Milch und Milchprodukte mind. 14 x Milch, Käse, Quark, Joghurt: in Müsli, Aufläufen, Salatdressings, Dips, Soßen, Desserts, Käsekuchen, Kräuterquark Fleisch, Wurst, Fisch, Ei max. 3 x Fleisch in der Mittagsverpflegung Putenbrust, Hähnchenschnitzel, Rinderroulade, Schweinebraten davon max. 1 x Fleischerzeugnisse inkl. Wurstwaren in der Mittagsverpflegung Hackfleischsoße, Frikadellen, Wurst im Eintopf, Bratwurst Gemüse und Salat Obst 2 x Fisch davon: - mind.1 x Seefisch - 1 x fettreicher Fisch Fette und Öle 16 Rapsöl ist Standardöl DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in stationären Senioreneinrichtungen gedünsteter Kabeljau, Seelachsfilet, überbackener Heilbutt Heringssalat, Makrele, Lachsfilet, Sardinen 2 2.3 SPEISENHERSTELLUNG Neben der Lebensmittelauswahl haben die Zubereitung und anschließende Warmhaltezeiten einen wesentlichen Einfluss auf die ernährungsphysiologische und sensorische Qualität der Speisen. 2.3.1 ZUBEREITUNG Nachfolgend werden Kriterien für die Zubereitung Gestaltung des Speisenplans genannt: Anhand des Speisenplans wird über das Verpflegungsangebot in stationären Senioreneinrichtungen informiert. Bei A Auf eine fettarme Zubereitung wird geachtet. der Gestaltung sollten daher folgende Aspekte berück- A Frittierte16 und/oder panierte Produkte werden maximal 3-mal in sieben Verpflegungstagen angeboten. sichtigt werden: A Für die Zubereitung von Gemüse und Kartoffeln werden fettarme und nährstofferhaltende Garmethoden17 A Der aktuelle Speisenplan ist vorab allen regelmäßig bar- (Dünsten, Dämpfen, Grillen) angewendet. rierefrei zugänglich. Er wird bei Immobilität ausgehändigt oder mitgeteilt. A Zum Würzen werden frische oder tiefgekühlte Kräuter A Beim Angebot mehrerer Menülinien sind diese übersichtlich dargestellt. A Die Speisen der nährstoffoptimierten Menülinie (siehe Kapitel 2.4) sind im Speisenplan optisch hervorgeho- bevorzugt. A Jodsalz18 wird verwendet, es wird sparsam gesalzen.19 A Zucker wird in Maßen eingesetzt. A Nüsse und Samen werden als Topping (zum Beispiel für Salate) angeboten. ben. A Die Speisen auf dem Speisenplan sind eindeutig be- A Für die Speisenherstellung liegen Rezepte mit Zubereitungshinweisen vor und werden umgesetzt. zeichnet. Nicht übliche und nicht eindeutige Bezeichnungen sind erklärt, dazu zählen auch klassische A Für die Portionierung der Speisen werden Portionierungshilfen (zum Beispiel ein Kellenplan20) verwendet. Garnituren. A Bei Fleisch und Fleischerzeugnissen ist die Tierart auf dem Speisenplan benannt. A Nicht essbare Bestandteile von Garnituren sind entfernt. A Bei passierter oder pürierter Kost werden die einzelnen A Die Verwendung von Alkohol ist deklariert. 16 Weitere Informationen zum Gebrauch von Frittierfett: Matthäus B, Brühl L: Aktuelles Interview: Verwendung von Pflanzenölen. Ernährungs-Umschau 52 (2005) B 9-B 12 17 Eine Übersicht über die einzelnen Garmethoden und ihre ernährungsphysiologische Bewertung befindet sich unter www.fitimalter-dge.de in der Rubrik Service. 18 Die Verwendung von Jodsalz mit Fluorid, das nur mit Ausnahmegenehmigung in der Gemeinschaftsverpflegung einsetzbar ist, wird empfohlen. Die Ausnahmegenehmigung muss beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit beantragt werden. Komponenten erkennbar angerichtet. 19 Eine Zufuhr von 6 g Speisesalz pro Tag ist ausreichend. Vgl. Deutsche Gesellschaft für Ernährung, Österreichische Gesellschaft für Ernährung, Schweizerische Gesellschaft für Ernährungsforschung, Schweizerische Vereinigung für Ernährung (Hrsg.): Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr. Neuer Umschau Buch Verlag, Neustadt a. d. Weinstraße, 1. Auflage, 3. vollständig durchgesehener und korrigierter Nachdruck (2008) 20 Weitere Informationen zum Portionieren mit Kellenplan unter www.fitimalter-dge.de in der Rubrik Wissenswertes 17 2 2.3.2 WARMHALTEZEITEN UND TEMPERATUREN Mit zunehmender Warmhaltezeit21 gehen Vitamine aufgrund ihrer Thermolabilität verloren, außerdem kommt es zu sensorischen Einbußen. Daher ist die Warmhaltezeit so kurz wie möglich zu halten. Es gelten folgende Grundsätze: A Die Warmhaltezeit zubereiteter Speisen beträgt maximal drei Stunden. A Die Lager-, Transport- und Ausgabetemperatur von kalten Speisen beträgt maximal 7 °C. A Die Warmhalte-, Transport- und Ausgabetemperatur von warmen Speisen beträgt mindestens 65 °C. Geschmack: 2.3.3 SENSORIK A Der für die Lebensmittel typische Geschmack bleibt erhalten. Besonders bei älteren Menschen spielt das Wiedererken- A Die Speisenkomponenten sind abwechslungsreich mit nen von bekannten Speisen und Gewürzen eine wesentliche Rolle. Die sensorische Qualität entscheidet über die Kräutern und Gewürzen abgeschmeckt. A Möglichkeiten zum Nachwürzen stehen zur Verfügung. Akzeptanz des Essens und beeinflusst das Ernährungsverhalten dauerhaft. Es muss sichergestellt sein, dass die Ver- Konsistenz: pflegung neben der ernährungsphysiologischen und A Gemüse, Teigwaren und Reis sind beim Verzehr möglichst bissfest. hygienischen Qualität auch eine angemessene sensorische Qualität erreicht. Dafür gelten folgende Kriterien: A Fleisch hat eine zarte Textur. A Ist bei Beeinträchtigungen der Kau- und Schluckfähigkeit eine andere Konsistenz22 notwendig, so gelten Aussehen: A Alle Speisen werden appetitanregend präsentiert. ebenfalls die oben genannten Anforderungen an A Die für die einzelnen Lebensmittel typischen Farben Geschmack und Aussehen. bleiben erhalten. A Die Farbzusammenstellung der Speisen auf dem Teller ist ansprechend. Haptik bei Fingerfood: A Bei zu greifenden Speisen ist die Menge von ein bis zwei Bissen pro Stück nicht überschritten. A Die Speise darf nicht klebrig sein. 21 18 Die Warmhaltezeit beginnt mit Beendigung des Garprozesses und endet mit der Abgabe der Speise an die letzte Seniorin/den letzten Senior. DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in stationären Senioreneinrichtungen 22 Deutsche Gesellschaft für Ernährung (Hrsg.): Kau- und Schluckstörungen im Alter, 2. Auflage, Bonn (2011) 2 2.4 NÄHRSTOFFZUFUHR DURCH DIE VOLLVERPFLEGUNG Die genannten Kriterien zur Lebensmittelauswahl sowie zur Speisenplanung und -herstellung tragen zu einer ernährungsphysiologisch ausgewogenen Verpflegung bei. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, die Nährstoffe auf Basis von Rezepten zu berechnen und die Nährstoffzufuhr zu optimieren. In diesem Fall müssen die D-A-CH-Referenzwerte für die 2 Traktes sind bestimmte Lebensmittel auszuschließen Nährstoffzufuhr bei einer Vollverpflegung im Wochen- und/oder geeignete Garmethoden zu berücksichtigen durchschnitt erfüllt werden. Diese legen fest, wie viel (entsprechend der leichten Vollkost). Es ist im Einzelfall zu Energie und Nährstoffe (Protein, Fett, Kohlenhydrate ein- klären und zu dokumentieren, welche Lebensmittel nicht schließlich Ballaststoffe, Vitamine und Mineralstoffe) pro gut vertragen werden. Tag in der Verpflegung enthalten sein sollen. Dabei werden alle Mahlzeiten wie Frühstück, Mittagessen, Abend- Tabelle 4 zeigt die Umsetzung der D-A-CH-Referenzwerte essen sowie die Zwischenmahlzeiten einbezogen. für die Nährstoffzufuhr in die Gemeinschaftsverpflegung23 durch die Vollverpflegung für über 65-Jährige. Da diese Der Nährstoffgehalt der Kostformen Vollkost und leichte Personengruppe hinsichtlich ihres Energiebedarfs auf- Vollkost ist gleich. Zu beachten ist, dass bei Bedarf, zum grund unterschiedlicher körperlicher Aktivität sehr hetero- Beispiel bei Mangelernährung oder erhöhtem Energiebe- gen ist, werden folgende PAL-Werte24 zugrunde gelegt: darf, die tägliche Energiezufuhr individuell anzupassen ist. Bei Unverträglichkeiten und Störungen des Magen-Darm- A PAL 1,4: für mobile Seniorinnen und Senioren A PAL 1,2: für immobile Seniorinnen und Senioren Die Werte beziehen sich auf Normalgewichtige, bei denen keine quantitative oder qualitative Mangelernährung vorliegt. Die Gesamtenergiezufuhr (100 %) ergibt sich aus folgenden energieliefernden Nährstoffen: A 15 % Protein A 30 % Fett A 55 % Kohlenhydrate 23 Deutsche Gesellschaft für Ernährung (Hrsg.): Umsetzung der D-A-CH-Referenzwerte in die Gemeinschaftsverpflegung. Bonn (2011); www.fitimalter-dge.de in der Rubrik Qualitätsstandards 24 PAL (physical activity level): Durchschnittlicher täglicher Energiebedarf für die körperliche Aktivität als Mehrfaches des Grundumsatzes. 19 2 Tabelle 4: Umsetzung der D-A-CH-Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr in der Vollverpflegung25 (Angaben pro Tag) Vollverpflegung bei PAL24 1,4 (> 65 Jahre) Energie (kcal)26 Vollverpflegung bei PAL24 1,2 (> 65 Jahre) 1800 1540 Energie (kJ) 7530 6460 Protein (g) ≤ 67 ≤ 57 Fett (g) ≤ 61 ≤ 52 Kohlenhydrate (g) ≥ 244 ≥ 209 26 Ballaststoffe (g) ≥ 30 Vitamin E (mg) 12 Vitamin B1 (mg) 1,0 Folat ( g) 400 Vitamin C (mg) 100 Calcium (mg) 1000 Magnesium (mg) 350 Eisen (mg) 10 2.5 SPEISENANGEBOT BEI BESONDEREN ANFORDERUNGEN und damit auf den Ernährungs- und Gesundheitszustand auswirken. Dazu zählen beispielsweise geistige und psychische Beeinträchtigungen. Im Alter führen physiologische Veränderungen des Stoff- 20 wechsels zu einer Verminderung des Energiebedarfs bei In diesem Kapitel wird auf das Verpflegungsangebot bei weitgehend gleichbleibendem Nährstoffbedarf im Ver- einigen ausgewählten Beeinträchtigungen, Krankheiten gleich zur Altersgruppe der unter 65-Jährigen. Daher ist oder Folgekrankheiten sowie auf die daraus resultierenden die Auswahl von Lebensmitteln mit einer hohen Nährstoff- Modifikationen des bestehenden Angebots eingegangen. dichte für diese Altersgruppe besonders wichtig. Zudem Es handelt sich zum einen um Beeinträchtigungen oder besteht in stationären Senioreneinrichtungen ein Bedarf Krankheiten, die einen negativen Einfluss auf die Versor- an Speisen für besondere Anforderungen. Denn mit zu- gung mit Nährstoffen haben und damit zu Mangelernäh- nehmendem Alter können Veränderungen auftreten, die rung führen können, wie Kau- und Schluckstörungen27. sich sowohl auf das Ess- als auch auf das Trinkverhalten Zum anderen um Krankheiten, die ernährungsmitbedingt 25 26 Bei externer Lieferung der Mittagsverpflegung kann diese separat bewertet werden. Die Umsetzung der D-A-CH-Referenzwerte für die Energie- und Nährstoffzufuhr in der Gemeinschaftsverpflegung für die Mittagsverpflegung finden Sie unter www.fitimalter-dge.de in der Rubrik Qualitätsstandards. DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in stationären Senioreneinrichtungen 27 Richtwert für die durchschnittliche Energiezufuhr von Männern und Frauen über 65 Jahre. Kau- und Schluckstörungen schließen die Kau- und Schluckbeschwerden, die anfänglich auftreten oder während der Störung bestehen bleiben, mit ein. 2 sind, wie Adipositas oder Diabetes mellitus Typ 2. Ernäh- sich um einen Mangel an Eiweiß oder anderen Nährstof- rungsmitbedingte Krankheiten können durch eine zu fen, wie beispielsweise Vitaminen, Mengen- oder Spuren- hohe oder zu geringe Energie- und Nährstoffzufuhr ent- elementen, spricht man von einer qualitativen stehen. Genetische Veranlagung, Bewegungsarmut und Mangelernährung. Kombinationen von beiden kommen andere Lebensstilfaktoren können deren Entstehung ebenso vor. Mangelernährung ist oft eine Folge von ebenfalls begünstigen. Prinzipiell benötigen Menschen Kau- und Schluckstörungen, Demenz oder Depressionen, mit Krankheiten und Beeinträchtigungen, wie Kau- und häufig kann auch mangelnde Motivation zum Essen und Schluckstörungen, keine speziellen Lebensmittel. Denn bei Trinken der Grund sein. Wird die Mangelernährung nicht auftretenden Krankheiten28 sichert ein vollwertiges Spei- behandelt, steigt das Sterblichkeitsrisiko. senangebot unter Berücksichtigung ärztlicher Anordnungen eine gesundheitsfördernde Verpflegung. Das tägliche Angebot an Lebensmitteln deckt den individuellen Energie- und Nährstoffbedarf und wird so zubereitet und serviert, dass es gerne angenommen und verzehrt wird, um eine Mangelernährung vorzubeugen oder erfolgreich zu behandeln. Eine bedürfnisgerechte Ernährung kann unter anderem durch die Berücksichtigung und Umsetzung der individuellen Essbiografie gewahrt werden. Für die Mahlzeiten wird genügend Zeit eingeplant und bei Bedarf werden die Betroffenen immer wieder zum Essen motiviert. Prinzipiell werden die Speisen appetitlich dargereicht und die Selbstständigkeit beim Essen und Trinken gefördert. Die Gefahr einer Mangelernährung oder eine bereits bestehende Mangelernährung kann durch das Erkennen 2.5.1 VERPFLEGUNG BEI MANGELERNÄHRUNG eines ungewollten Gewichtsverlustes, einer verringerten Nahrungszufuhr oder bei regelmäßigem Erfassen des Ernährungszustandes festgestellt werden. Weitergehende Die Mangelernährung stellt eine (zentrale) Herausforde29 rung in der Seniorenverpflegung dar. Mangelernährung Untersuchungen zu den Ursachen sind dann sofort erforderlich, damit individuelle Therapiemaßnahmen in einem ist definiert als ein Zustand des Mangels an Energie, Ei- interdisziplinären Ernährungsteam (siehe Kapitel 4.3.2) weiß oder anderen Nährstoffen, der mit messbaren Verän- erarbeitet und eingeleitet werden können. derungen von Körperfunktionen verbunden ist, einen ungünstigen Krankheitsverlauf zur Folge hat und durch Er- Bei zu geringer Energieaufnahme wird zunächst ange- nährungstherapie reversibel ist. Ist dabei die aufgenom- strebt die Energiezufuhr zur Prävention einer drohenden mene Energie langfristig geringer als der aktuelle Bedarf, oder zur Behandlung einer bestehenden Mangelernäh- so liegt eine quantitative Mangelernährung vor. Handelt es rung zu steigern. Dazu eignen sich die in Tabelle 5 (Seite 23) 28 29 Weiterführende Literatur: Deutsche Gesellschaft für Ernährung (Hrsg.): DGE – Infotheken zu verschiedenen Krankheiten; Deutsche Gesellschaft für Ernährung (Hrsg.): DGE-Beratungs-Standards, 10., vollständig überarbeitete Auflage, Bonn (2009) Heseker H, Stehle P: Ernährung älterer Menschen in stationären Einrichtungen (ErnSTES-Studie). In: Deutsche Gesellschaft für Ernährung (Hrsg.): Ernährungsbericht 2008. Bonn (2008) 157-204 21 2 genannten Lebensmittel und/oder eine Anreicherung der mangelernährten Personen aus mindestens fünf, besser Speisen mit energiedichten Lebensmitteln, wie Pflanzenöl, fünf bis acht kleineren Mahlzeiten, die über den Tag Nüsse, Sahne, Butter und Ei. Dies sollte nach ärztlicher verteilt angeboten werden. Die individuell verzehrte Nah- Rücksprache erfolgen. Wichtig ist nicht nur eine Zufuhr rungsmenge wird dokumentiert, evaluiert sowie kontinu- an Energie, sondern auch an essenziellen Fettsäuren, die ierlich an die sich ändernden Bedürfnisse der Seniorin durch hochwertige pflanzliche Öle geliefert werden. Eben- oder des Seniors angepasst. Durch eine regelmäßige Ge- falls von Bedeutung ist die Zufuhr an Proteinen, die in wichtskontrolle wird der Erfolg der eingeleiteten Maß- Milch und Milchprodukten, Fleisch, Fisch, Eiern, Getreide nahmen überprüft. und Hülsenfrüchten enthalten sind. Darüber hinaus ist eine adäquate Versorgung mit Vitaminen sowie Mengenund Spurenelementen notwendig, zu der ein abwechs- 2.5.2 KOSTFORM BEI KAU- UND SCHLUCKSTÖRUNGEN lungsreiches Angebot von Obst und Gemüse wesentlich beiträgt. Ist die Versorgung mit diesen Maßnahmen nicht Bei Kau- und Schluckstörungen handelt es sich um zwei sichergestellt, können die Speisen mit Nährstoffkonzentra- unterschiedliche Beeinträchtigungen, die das Essen und ten (zum Beispiel Kohlenhydrat- oder Eiweißkonzentrat, Trinken erschweren. Kaubeschwerden können durch Vitaminsupplementen) ergänzt oder speziell angereicherte schlecht sitzende Prothesen oder Krankheiten des Mund- Lebensmittel und/oder Trinknahrung30 angeboten werden.31 raums wie beispielsweise Entzündungen entstehen. Zunächst werden dafür die Gründe gesucht und gegebe- Bei der Zusammenstellung des Mahlzeitenangebots wer- nenfalls durch eine Zahnsanierung oder verbesserte den die Bedürfnisse der Seniorinnen und Senioren vorran- Mundhygiene behoben. Schluckstörungen im Alter sind gig beachtet. Können die Wünsche und Bedürfnisse nicht häufig die Folge von Schlaganfällen, Tumorerkrankungen direkt geäußert werden, kann die Essbiografie hilfreiche oder neurodegenerativen Krankheiten wie Morbus Parkin- Informationen liefern. Die Tagesverpflegung besteht bei son oder Demenz. Hierbei richten sich die Therapiemaßnahmen individuell nach der Art der Störung.22 Insgesamt wirken sich Kau- und Schluckstörungen und die dabei auftretende Mundtrockenheit erheblich auf die Freude am Essen und Trinken aus. Das Risiko einer zu geringen Energie- und Nährstoffzufuhr sowie die Gefahr einer daraus resultierenden Mangelernährung steigt. Bei Kaustörungen wird die Konsistenz der Speisen dem Schweregrad der Kaustörung und den individuellen Fähigkeiten angepasst. 30 22 Der Einsatz von Trinknahrung sollte mit ärztlicher Rücksprache erfolgen. Trinknahrung ist bei fehlender oder eingeschränkter Fähigkeit zur ausreichenden normalen Ernährung verordnungsfähig (=erstattungsfähig), wenn eine Modifizierung der normalen Ernährung oder sonstige ärztliche, pflegerische oder ernährungstherapeutische Maßnahmen zur Verbesserung der Ernährungssituation nicht ausreichen. Weitere Informationen: DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in stationären Senioreneinrichtungen www.g-ba.de/downloads/39-261-237/2005-08-25-AMR-E_Ersatzvornahme.pdf (eingesehen am 29.07.2011) 31 Den Stufenplan zur Behandlung einer Mangelernährung sowie weitere Informationen und Hilfestellungen zur Mangelernährung finden Sie unter: Deutsche Gesellschaft für Ernährung (Hrsg.): Mangelernährung im Alter, 2. Auflage, Bonn (2011). 2 Tabelle 5: Optimale Lebensmittelauswahl bei unzureichender Energieaufnahme Lebensmittelgruppe optimale Auswahl Beispiele für Lebensmittel Getreide, Getreideprodukte und Kartoffeln Vollkornprodukte Brot, Brötchen, Teigwaren Müsli7 ohne Zuckerzusatz Mischung aus verschiedenen Getreideflocken, Leinsamen und Trockenfrüchten Parboiled Reis oder Naturreis Speisekartoffeln8, als Rohware ungeschält oder geschält Gemüse und Salat9 Obst9 Milch und Milchprodukte Gemüse, frisch oder tiefgekühlt Möhre, Paprika, Erbsen, Bohnen, Brokkoli, Zuckerschoten, Zucchini, Tomate, Weiß-/Rotkohl, Wirsing, Gemüsepüree, Gemüsesaft, Gemüsecremesuppe Hülsenfrüchte Linsen, Erbsen, Bohnen Salat Kopfsalat, Eisbergsalat, Feldsalat, Endivie, Eichblattsalat, Gurke, Möhre, Tomate Obst, frisch oder tiefgekühlt ohne Zuckerzusatz Apfel, Birne, Pflaume, Kirschen, Banane, Mandarine, Erdbeeren, Fruchtpüree, Fruchtsaft Trockenfrüchte Aprikosen, Datteln, Pflaumen Nüsse, Samen Nussmus, Sesammus, Leinsamen Milch: bis zu 3,8 % Fett Naturjoghurt: bis zu 10 % Fett Käse (ohne Begrenzung des Fettgehalts) Gouda, Feta, Camembert, Tilsiter, Frischkäse Speisequark (ohne Begrenzung des Fettgehalts) Fleisch, Wurst, Fisch, Ei Fette und Öle12 mageres Muskelfleisch Braten, Schnitzel, Roulade, Geschnetzeltes, Tafelspitz Fleischerzeugnisse inkl. Wurstwaren Hackfleisch, Bratwurst, Kasseler Fleischerzeugnisse inkl. Wurstwaren als Belag (ohne Begrenzung des Fettgehalts) Leberwurst, Teewurst Seefisch aus nicht überfischten Beständen10 Kabeljau, Seelachs, Lachs, Hering, Makrele Rapsöl Walnuss-, Weizenkeim-, Oliven- oder Sojaöl Getränke Trink-, Mineralwasser Früchte-, Kräutertee Hagebutten-, Kamillen-, Pfefferminztee Rotbuschtee 23 2 Wichtige Kriterien des Speisenangebots bei Schluckstö- Auf eine appetitliche Darreichung, besonders auch beim rungen sind ebenfalls die Konsistenz der Speisen und Ge- Frühstück und Abendbrot, wird geachtet. Brot kann bei- tränke sowie die Hilfestellung beim Essen. Folgende spielweise mit angedickten Getränken oder Suppen einge- Kriterien gelten bei diesen Störungen: weicht werden, um die ursprüngliche Form des Brotes A Die geeignete Kostform ist abhängig von der vorliegen- möglichst zu erhalten. Durch eine Anpassung des Speisen- den Störung und individuell mit der/dem behandelnden angebots und das Andicken von Getränken kann das Ärztin/Arzt oder dem Ernährungsteam abgesprochen. Risiko einer Aspiration verringert werden. A Bei Schluckstörungen werden weiche Speisen mit möglichst einheitlicher Konsistenz angeboten.32 Es ist meist Je nach Zubereitung bieten geschmeidige aufgeschäumte nicht notwendig ausschließlich püriertes Essen anzubieten. Speisen, das sogenannte „Smooth Food“®, eine zusätzli- A Die Mahlzeiten werden aus dem täglichen Speisenangebot hergestellt. A Mehrere kleine Portionen werden über den Tag verteilt angeboten. che Möglichkeit der Verpflegung bei schweren Kau- und Schluckstörungen oder die Möglichkeit der basalen Stimulation durch geschmackliche Reize bei ausschließlicher Ernährung über eine Sonde. A Auch bei pürierter Kost sind die einzelnen Komponenten erkennbar. Diese sind durch Verwendung von Formen oder Spritzbeuteln mit verschiedenen Tüllen optisch ansprechend angerichtet. Konsistenzen Vorschlag für einen vierstufigen Kostaufbauplan: Stufe 1: passierte dickflüssige oder breiige Kost Stufe 2: pürierte Kost Stufe 3: teilpürierte Kost Stufe 4: adaptierte/weiche Kost, nicht püriert Wichtig ist in allen Stufen, besonders aber in Stufe 1 und 2, dass die einzelnen Komponenten eine homogene Kon- 2.5.3 VERPFLEGUNG BEI DEMENZ sistenz haben und keine Krümel, Fasern oder Stücke enthalten. Grundsätzlich sollte der individuelle Schluckstatus Bei einer Demenz handelt es sich um eine degenerative immer wieder überprüft und die Konsistenz des Speisen- Veränderung des Gehirns mit einem Verlust von kogniti- angebots angepasst werden. Die adaptierte beziehungs- ven Fähigkeiten.33 Demenz ist nicht zwangsläufig mit einer weise teilpürierte Kost kann von einem großen Teil der Veränderung des Essverhaltens verbunden. Begleitet wird Betroffenen gut gegessen werden. 32 24 Deutsche Gesellschaft für Ernährung (Hrsg.): Genussvolle Rezepte bei Kau- und Schluckstörungen, 2. Auflage, Bonn (2011) DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in stationären Senioreneinrichtungen 33 Deutsche Gesellschaft für Ernährung (Hrsg.): Essen und Trinken bei Demenz, 2. Auflage, Bonn (2011) 2 die Krankheit jedoch häufig von Depressionen, die zu Bei Menschen mit Demenz ist es wichtig, Sicherheit und Appetitlosigkeit und damit einer verminderten Nahrungs- Orientierung zu schaffen: Eine ruhige Umgebung, der Duft aufnahme führen können. Weiterhin kann es bei den Be- nach Essen, die Einbeziehung in die Mahlzeitenzubereitung troffenen zu einem gestörten Hunger-Sättigungs-Gefühl und -verteilung geben Orientierung und regen die Sinne an. kommen. Beim Auftreten starker Mobilität und Unruhe steigt der Energie- und Flüssigkeitsbedarf im Einzelfall erheblich an. Ebenso geht im Verlauf der Krankheit häufig die Fähigkeit adäquat mit Besteck umzugehen verloren. Abhängig vom Schweregrad und der individuellen Ausprägung der Krankheit und den Auswirkungen auf Essverhalten und Appetit, besteht die Gefahr einer Mangelernährung. Für Menschen mit Demenz gelten im Grundsatz die gleichen Anforderungen wie bei der Verpflegung von Seniorinnen und Senioren ohne Demenz. Besondere Anforderungen an die Verpflegung ergeben sich aus den individuellen Ausprägungen der Demenz sowie der Tagesverfassung: 2.5.4 FINGERFOOD A Bei erhöhtem Energiebedarf, der durch innere Unruhe Seniorinnen und Senioren, die nicht mit Besteck essen und hohen Bewegungsdrang entsteht, wird hochkalori- können oder möchten, erhalten die Speisen als „Finger- sche Kost angeboten. Im Einzelfall können 3.000 bis food“. Für das Frühstück und das Abendessen ist dies 4.000 kcal pro Tag benötigt werden. üblich, für das Mittagessen ist Fingerfood eher unge- A Im Verlauf der Demenz entwickeln fast alle Betroffenen wöhnlich. Auch bei dieser Mahlzeit ist es möglich, Ge- Schluckstörungen (Kapitel 2.5.2). In diesem Fall wird die richte in mundgerechten Stücken zu servieren, die gut zu Kost den individuellen Anforderungen angepasst. greifen sind. Dies können entsprechend geschnittene A Je nach entsprechender Geschmackspräferenz können Getränke und herzhafte Speisen gesüßt werden. A Kräftige Farben34 von Speisen und Getränken erleich- Fleischstücke ohne Soße, Gemüse, kleine Kartoffeln oder Kroketten, stichfeste Aufläufe, stichfeste Süßspeisen in Stücken oder Gebäck sein. Weiterhin ist zu beachten: tern das Erkennen. Bei der Gestaltung des Essplatzes wird darauf geachtet, dass der Tisch oder die Tisch- A Die Stücke sind nicht größer als ein bis zwei Bissen. decke und das Geschirr sich farblich deutlich vonein- A Fingerfood ist leicht zu greifen und einfach zu kauen ander abgrenzen. Farbliche Kontraste erleichtern das Erkennen des Geschirrs und der Speisen. 34 und zu schlucken. A Es werden Speisen angeboten, die nicht klebrig sind. Speisen und Getränke können (z. B. mit rotem Traubensaft, Kirschsaft, Holundersaft) gefärbt werden. 25 2 2.5.5 EAT BY WALKING Bezug auf die persönliche Speisenauswahl, bevorzugt beachtet werden. Mit der Erfüllung dieser Wünsche kann Seniorinnen und Senioren, die zu großer Unruhe neigen den Betroffenen der Verzehr der Speisen angenehmer ge- und einen starken Bewegungsdrang oder Lauftendenzen staltet werden. haben, essen möglicherweise trotz Hunger und Appetit zu wenig, um ihren teilweise sehr hohen Energiebedarf zu 2.5.7 ADIPOSITAS decken. Hinzu kommt, dass sie häufig nicht in der Lage sind bei den Mahlzeiten ruhig am Tisch sitzen zu bleiben. Übergewicht tritt häufiger bei jüngeren Seniorinnen und Um eine ausreichende Ess- und Trinkmenge zu gewährleis- Senioren auf, ältere und hochbetagte sind eher von Unter- ten, sollte es den Betroffenen ermöglicht werden, ihre gewicht betroffen. Eine moderate Gewichtsreduktion Mahlzeiten während des Gehens zu sich zu nehmen. sollte nur auf ausdrücklichen Wunsch oder auf Grund Möglich ist dies durch das so genannte „Eat by walking“. einer medizinischen Indikation erfolgen. Der Einsatz von Dabei können einzelne Speisen einer Mahlzeit, wie ein bilanzierten Diäten oder Nulldiäten ist nicht empfehlens- Brot oder Brötchen, ein Stück Obst oder Gebäck mit „auf wert und erfolgt nur nach ärztlicher Anordnung. Folgende den Weg“ gegeben werden. Anforderungen werden bei einer Reduktionsdiät beachtet: Es können „Imbiss-Stationen“ eingerichtet werden. Dort A Die tägliche Energiezufuhr wird um 500 kcal35 ausgehend kann man sich an Obststücken, belegtem Brot, Keksen vom individuellen Bedarf reduziert. Sie darf 1.200 kcal pro oder Ähnlichem bedienen und „während des Gehens“ Tag nicht unterschreiten, da sonst eine ausreichende Zu- essen. Eine Imbiss-Station muss von den Mitarbeitenden eingesehen und regelmäßig aufgefüllt und sauber gehalten werden. Die hygienischen Rahmenbedingungen dafür müssen geregelt sein. Nach interner Erarbeitung eines fuhr an Nährstoffen nicht mehr gewährleistet ist. A Ein Fettanteil von 30 Energieprozent der Gesamtenergiezufuhr wird nicht überschritten. A Kohlenhydrate sind in Form von komplexen Kohlenhy- Konzepts wird empfohlen, vor der Umsetzung die zustän- draten, zum Beispiel als Vollkornbrot, Vollkornnudeln, dige Überwachungsbehörde hinzuzuziehen. im Angebot enthalten. Als Zwischenmahlzeiten eignen sich Obst und Gemüse als Rohkost, Obstquark und 2.5.6 WUNSCHKOST Joghurt aus fettarmen Milchprodukten sowie gelegentlich Vollkornkuchen mit Obstbelag. Im Sinne einer bedürfnisgerechten Ernährung sollten jederzeit Wünsche geäußert werden können, die, soweit es A Auf eine ausreichende Trinkmenge mit energiearmen Getränken wird geachtet. möglich ist, ins Verpflegungsangebot einfließen. Bei besonderen Situationen, zum Beispiel an Geburtstagen, zur Es ist auf eine den Fähigkeiten der Seniorinnen und Senio- Prävention oder Behandlung einer Mangelernährung aber ren angepasste moderate Bewegung zu achten. Bewe- auch bei der individuellen Betreuung schwerst Pflegebe- gung steigert den Energieverbrauch und trägt zum Erhalt dürftiger oder in der Sterbephase, sollten Wünsche in der Muskelmasse bei, die bei einer Gewichtsreduktion mit abgebaut wird. 35 26 Vgl.: Deutsche Gesellschaft für Ernährung (Hrsg.), DGE-Beratungs-Standards, Kapitel 5.3.1.1, 10., vollständig überarbeitete Auflage, Bonn (2009) DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in stationären Senioreneinrichtungen 2 dem üblichen Zucker Saccharose keine wesentlichen Vorteile und werden für Diabetikerinnen und Diabetiker nicht mehr empfohlen. A Süßstoffe sind kalorienfrei und können zum Süßen von Getränken und Nachspeisen eingesetzt werden. 2.5.9 GRENZEN DIESES QUALITÄTSSTANDARDS 2.5.8 DIABETES MELLITUS TYP 2 Auf Grund (chronischer) Krankheiten und schlechter körperlicher oder psychischer Verfassung besteht die Mög- Für Menschen mit Diabetes mellitus (im Alter meist Typ 2) lichkeit, dass eine adäquate orale Ernährung und eine wird eine Vollkost zugrunde gelegt. Eine spezielle Diabe- ausreichende Flüssigkeitsaufnahme nicht möglich sind. tiker-Diät36 gibt es nicht mehr. Folgende Aspekte werden In dieser Situation ist es notwendig, von den Vorgaben bei einer Verpflegung von Personen mit Diabetes mellitus dieses Qualitätsstandards abzuweichen und die Ernährung Typ 2 beachtet:37 an die individuellen Bedürfnisse anzupassen. Zunächst sollte versucht werden, eine ungenügende Essmenge A Bei der Lebensmittelauswahl werden bevorzugt Kohlen- durch das Angebot von Wunschkost oder von besonders hydrate mit einem hohen Ballaststoffanteil, zum Beispiel energie- und nährstoffreicher Lebensmittel (vergleiche Ta- in Form von Gemüse, Hülsenfrüchten, Obst und Voll- belle 5) sowie bei Bedarf durch angereicherte Speisen zu kornprodukten angeboten. kompensieren. Intensive pflegerische Maßnahmen sind A Die Aufnahme von Saccharose (Haushaltszucker) und unter Umständen erforderlich, um einen möglichst guten anderen zuckerhaltigen Lebensmitteln, wie Honig oder Ernährungszustand zu erreichen. Zugrunde liegende Ursa- Marmelade, ist, wenn sie 10 Prozent der Gesamtenergie chen einer zu geringen Ess- und Trinkmenge müssen so- nicht überschreitet, erlaubt. Das heißt eine moderate weit möglich, beseitigt werden. Auch bei optimaler Zuckeraufnahme von 30 bis 50 g pro Tag ist akzeptabel, Förderung kann die orale Ernährung von Seniorinnen und wenn sie zusammen mit anderen Nährstoffen erfolgt. Senioren an ihre Grenzen stoßen, so dass sich die Frage A Alkohol ist nur nach individueller Risikoabschätzung er- nach einer künstlichen Ernährung stellt. Hier muss von laubt. Besonders unter Insulinbehandlung, besteht ärztlicher Seite der individuelle Nutzen einer künstlichen durch den Konsum von Alkohol die Gefahr einer tiefen Ernährung in Absprache mit der Betroffenen/dem Betrof- und langandauernden Unterzuckerung. Daher wird fenen selbst, gegebenenfalls mit ihren gesetzlichen Be- ihnen zum alkoholischen Getränk eine kohlenhydrat- treuern, den Angehörigen und Pflegenden abgewogen reiche Mahlzeit angeboten. werden. Die enterale und parenterale Ernährung39 sind 38 A Fructose, Zuckeralkohole wie Sorbitol und andere nicht Bestandteil dieses Qualitätsstandards. energiehaltige Zuckeraustauschstoffe haben gegenüber 36 37 Deutsche Gesellschaft für Ernährung (Hrsg.): Diabetes mellitus im Alter, 2. Auflage, Bonn (2011) Vgl.: Deutsche Gesellschaft für Ernährung (Hrsg.), DGE-Beratungs-Standards, Kapitel 5.3.2, 10., vollständig überarbeitete Auflage, Bonn (2009) 38 39 Zuckeralkohole sind zum Beispiel Sorbitol, Xylitol und Maltitol. Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin unter: www.dgem.de/leit.htm 27 3 RAHMENBEDINGUNGEN IN STATIONÄREN SENIORENEINRICHTUNGEN 3.1 ESSATMOSPHÄRE Das Umfeld, in dem die Speisen serviert werden, beeinflusst Genuss und Freude am Essen. Hieraus folgt für Innen- und Außenräume, dass diese ansprechend und abwechslungsreich (jahreszeitlich, anlassbezogen) gestaltet sind. Gleichzeitig bieten die Räume Vertrautheit und Orientierung. Dies gelingt mit Hilfe von ausgewählten Materialien, die beispielsweise die Lüftung, Beleuchtung und Farbgebung sowie die Geräuschkulisse günstig beeinflussen. 3.1.1 ESSENSZEITEN Bei der Verpflegung von Seniorinnen und Senioren werNeben der Gestaltung der Verpflegung, die den Schwer- den Essenszeiten oder Essenszeiträume festgelegt, in punkt im „DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in denen die Mahlzeiten ungestört verzehrt werden können. stationären Senioreneinrichtungen“ darstellt, sind ver- Dabei gilt: schiedene Rahmenbedingungen, wie die Essatmosphäre mit Kriterien zu den Essenszeiten, der Gestaltung der Räume und Tische sowie der Bereich Service und Kommu- A Jede stationäre Senioreneinrichtung kann Zeitpunkt und Dauer der Mahlzeiten individuell festlegen. nikation mit den Bewohnerinnen und Bewohnern der Ein- A Die Essenzeiten sind den Gewohnheiten der Seniorin- richtung von Bedeutung. Dazu zählt auch die Zubereitung nen und Senioren angepasst, wie beispielsweise ein von Speisen in Wohnbereichsküchen, die wesentlich zur Abendessen zwischen 17.30 und 19.00 Uhr. Erhaltung der Selbstständigkeit, zur Anregung der Sinne und damit zum Wohlbefinden beitragen kann. A Besonders bei Beeinträchtigungen, die Einfluss auf das Essen und Trinken haben, steht ausreichend Zeit zur Verfügung. A Zu jeder Zeit stehen Getränke sowie Zwischenmahlzeiten zur Verfügung. A Es ist gewährleistet, eine Mahlzeit unabhängig von den festgelegten Zeiten zu erhalten, dies gilt auch für Spätund Nachtmahlzeiten. A Nüchternzeiten während der Nacht betragen nicht mehr als 10 bis 12 Stunden. 28 DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in stationären Senioreneinrichtungen 3 3.1.2 RAUM- UND TISCHGESTALTUNG Unabhängig davon, wo die Speisen verzehrt werden, sind folgende Aspekte umgesetzt: Raumgestaltung: A Die Räumlichkeiten sind hell und angemessen beleuchtet. A Das Ambiente ist freundlich und ansprechend. A Das Mobiliar ist altersgerecht. Stühle und Sitzgelegenheiten haben Armlehnen und einen hohen Sitzkomfort. A Das Mobiliar ist gut zu reinigen. A Für Pflegerollstühle, Gehwagen und gegebenenfalls eine weitere Person zum Anreichen des Essens ist ausreichend Platz vorhanden. A Der Bodenbelag ist rutschfest und gut zu reinigen. A Geeignetes Besteck, zum Beispiel mit Griffverdickung oder gekrümmten Griffen, wird eingesetzt. A Ess- und Trinkhilfen5, wie rutschfeste Unterlagen oder Wärmeteller, sind verfügbar und werden bei Bedarf entsprechend den individuellen Fähigkeiten eingesetzt. Tischgestaltung: A Der Essplatz ist vollständig gedeckt (soweit die kogniti- Diese Anforderungen werden, soweit es möglich ist, ven und motorischen Fähigkeiten dies zulassen) und an- immer erfüllt. Wird die Mahlzeit im Zimmer oder im Bett sprechend gestaltet. verzehrt, ist dies der Essplatz. Bei Bedarf sind weitere Hilfsmittel im Angebot, die den indi- 3.1.3 SERVICE UND KOMMUNIKATION viduellen Anforderungen und Fähigkeiten angepasst sind: Neben der Lebensmittelauswahl und dem Angebot nährA Bei Sehschwäche ist ein farblicher Kontrast zwischen stoffoptimierter Mahlzeiten, tragen der Service und die Essplatz (Unterlage) und Geschirr vorhanden. Bei farbi- Kommunikation mit den Seniorinnen und Senioren bei ger Tischplatte oder Unterlage kann weißes Geschirr der Speisenverteilung40 wesentlich zur Akzeptanz bei. verwendet werden. A Falls weißes Geschirr oder Gläser nicht mehr erkannt 40 Dafür erfüllen die Mitarbeitenden aus den Bereichen werden, können farbiges Geschirr oder Geschirr mit far- Verpflegung, Pflege, Hauswirtschaft und Service folgende bigem Rand und farbige Gläser verwendet werden. Kriterien: Weitere Informationen zu Ausgabesystemen unter www.fitimalter-dge.de in der Rubrik Wissenswertes 29 3 A Grundlegende Kenntnisse über das Prinzip einer vollwertigen Ernährung und eines nährstoffoptimierten Speisenplans sind bei mindestens einer Fachkraft vorhanden. A Das Personal aus den verschiedenen Bereichen kennt die Anforderungen an die Mahlzeiten der einzelnen Seniorinnen und Senioren. Mindestens eine Fachkraft kann Fragen zu vollwertiger Ernährung, verschiedenen Kostformen und Diäten beantworten. A Die Fachkräfte kennen individuelle Unverträglichkeiten der Seniorinnen und Senioren. A Seniorinnen und Senioren erhalten Beratung und Hilfe bei der Speisenauswahl und -bestellung. A Im Rahmen der organisatorischen Möglichkeiten wird flexibel auf Wünsche, wie beispielweise den Ort der Mahlzeiteneinnahme, eingegangen. A Wünsche zu Speisen und Portionsgrößen werden erfragt. A Die Clochen beziehungsweise Abdeckungen werden nicht direkt vor den Seniorinnen und Senioren abgenommen. A Das Ausgabepersonal benennt die Speisen beim Servieren und ist freundlich und hilfsbereit. A Seniorinnen und Senioren werden bei Bedarf, zum Beispiel kognitiven Beeinträchtigungen, in geeigneter Art und Weise auf die Temperatur der Speisen hingewiesen. A Bei Bedarf wird individuell und gezielt Hilfestellung beim Essen und Trinken geleistet. A Anregungen zur Speisenversorgung und zum Speisenangebot werden entgegengenommen und weitergeleitet. A Die Zufriedenheit mit dem Speisenangebot wird regelmäßig ermittelt, zum Beispiel in Form eines Fragebogens. A Die Lebensmittel oder Speisen, die den Anforderungen dieses Qualitätsstandards entsprechen, sind für die Seniorinnen und Senioren erkennbar. A Am Buffet ist das nährstoffoptimierte Menü mit den Mengen seiner Einzelkomponenten eindeutig ersichtlich. Die Seniorinnen und Senioren haben die Möglichkeit diese anhand von Beispieltellern und mit Hilfe von Kellen20 zu portionieren. A Wird das Frühstück, Mittag- oder Abendessen als Buffet angeboten, ist die Portionsgröße des nährstoffoptimierten Menüs eindeutig ersichtlich. 30 DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in stationären Senioreneinrichtungen 3 mit den Seniorinnen und Senioren zubereitet werden können. Besonders bei dementen und mangelernährten Bewohnerinnen und Bewohnern haben Therapieküchen den Vorteil, durch die gemeinsame Zubereitung der Speisen die Akzeptanz zu erhöhen und durch einen entsprechenden Geruch, wie zum Beispiel das Kochen von frischem Kaffee am Morgen, die Vorfreude auf das Essen zu steigern. Die Herstellung von Speisen in Wohngruppen reicht von der Zubereitung kleiner Speisen oder Zwischenmahlzeiten bis hin zum kompletten Verpflegungsangebot. Sofern die Vorbereitung und Herstellung von Mahlzeiten in den Wohnbereichen erfolgt, weisen die Küchen eine Mindestausstattung auf, die eine ergonomische, behindertengerechte und hygienische Arbeitsweise erlaubt: 3.2 HERSTELLUNG VON SPEISEN IN WOHNBEREICHSKÜCHEN A ausreichend Arbeits- und Abstellflächen, A glatte, leicht zu reinigende, möglichst matte Oberflächen, In den Wohnbereichen stationärer Einrichtungen befinden A Spülbecken und separates Handwaschbecken, sich Verteilerküchen, Teeküchen und/oder sogenannte A Kühlschrank mit ausreichendem Fassungsvermögen, Therapieküchen. Je nach Verteilung der Verpflegungs- A Kleingeräte zum Herstellen von warmen oder kalten aufgaben können in diesen Küchen auch Speisen und Getränken, wie zum Beispiel Wasserkocher, Kaffee- Getränke zubereitet werden. Teeküchen sowie Therapie- maschine und Handrührgerät oder Mixstab, küchen in Wohnbereichen bieten den Vorteil, dass klei- A gegebenenfalls einen Haushaltsherd und einen Backofen. nere Wünsche von Seniorinnen und Senioren schneller als über eine Bestellung in der Produktionsküche erfüllt wer- Werden Wohnbereichsküchen von Seniorinnen und Senio- den können. Dazu zählen beispielsweise die Zubereitung ren genutzt, so sind insbesondere Aspekte der Unfallver- einer Tasse frischen Tees oder Kaffees wie auch Speisen, hütung zu berücksichtigen; dies können beispielsweise die ergänzend zu den Haupt- oder Zwischenmahlzeiten Zeitschaltuhren für die Herdplatten sein. 31 4 RAHMENBEDINGUNGEN FÜR DIE VERPFLEGUNG Zentrale Verordnungen des europäischen Lebensmittelrechts sind unter anderem die: A Verordnung (EG) Nr. 852/2004 über Lebensmittelhygiene Der Gesetzgeber fordert von allen Lebensmittelunternehmen weitreichende Maßnahmen zum Schutz der Gesund- A Verordnung (EG) Nr. 853/2004 mit spezifischen Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs heit der Seniorinnen und Senioren. Die ausgegebenen A Verordnung (EG) Nr. 178/2002, die sogenannte Speisen müssen von hygienisch einwandfreier Qualität sein. Dazu müssen bei der Umsetzung des Verpflegungs- EU-Basis-Verordnung zum Lebensmittelrecht angebots rechtliche Bestimmungen eingehalten werden. Sowohl für die Herstellung als auch für den Service und Sie sind unmittelbar geltendes Recht. die Verteilung der Speisen sollte das Personal entspreDas gesamte Lebensmittelhygienerecht der Gemeinschaft chende Qualifikationen aufweisen. wurde 2004 neu geordnet und ist seit 2006 anzuwenden. 4.1 RECHTLICHE BESTIMMUNGEN Dies führte zu einer grundlegenden Überarbeitung des nationalen Rechts, das der Durchführung der EG-Vorschriften Im Bereich der Lebensmittelhygiene gelten innerhalb der dient und Sachverhalte regelt, die nicht unter den Geltungs- Europäischen Union Verordnungen, die eine Grundlage für bereich des Gemeinschaftsrechts fallen. Inhalte des neuen die Gewährleistung der Sicherheit von Lebensmitteln bilden EG-Lebensmittelhygienerechts finden sich im nationalen 41 und zum Schutz der öffentlichen Gesundheit beitragen. 41 32 Weitere Informationen zu rechtlichen Bestimmungen unter www.fitimalter-dge.de in der Rubrik Wissenswertes DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in stationären Senioreneinrichtungen Recht seitdem unter anderem in: 4 A der Verordnung zur Durchführung von Vorschriften Außerdem wird die Anwendung einschlägiger DIN Normen des gemeinschaftlichen Lebensmittelhygienerechts (zum Beispiel 10508 Temperaturen für Lebensmittel, 10526 mit den Artikeln: Rückstellproben in der GV, 10524 Arbeitskleidung, 10514 - Artikel 1: Verordnung über Anforderungen an die Hygieneschulung) empfohlen.42 Hygiene beim Herstellen, Behandeln und Inverkehrbringen von Lebensmitteln (Lebensmittelhygiene- Abbildung 1: Übersicht über die rechtlichen Rahmen- Verordnung, LMHV) bedingungen in der Gemeinschaftsverpflegung - Artikel 2: Verordnung über Anforderungen an die Hygiene beim Herstellen, Behandeln und Inverkehr- EU-Gesetzgebung Nationales Recht bringen von bestimmten Lebensmitteln tierischen Ursprungs (Tierische Lebensmittelhygieneverordnung, IfSG Infektionsschutzgesetz (2001) Tier-LMHV), die grundsätzlich auch Anforderungen an das Herstellen oder Behandeln von Lebensmitteln tierischen Ursprungs im Einzelhandel regelt (§ 7 in Verbindung mit Anlage 5); hierbei sind Ausnahmeregelungen für die Anforderungen in Einrichtungen der Gemein- Weißbuch zur Lebensmittelsicherheit (2000) schaftsverpflegung vorgesehen - Artikel 4: Verordnung mit lebensmittelrechtlichen Vorschriften zur Überwachung von Zoonosen und Zoonoseerregern VO (EG) Nr. 178/2002 EU-Basis-Verordnung für das Lebensmittelrecht A dem Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) Die Bestimmungen des nationalen Rechts können nicht ohne die Beachtung der EG-Verordnungen angewendet werden. Wesentliche Begriffsdefinitionen finden sich beispielsweise in der VO (EG) Nr. 178/2002. Darüber hinaus sind die Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) zu beachten. 42 - VO (EG) Nr. 852/2004 über Lebensmittelhygiene - VO (EG) Nr. 853/2004 mit spezifischen Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs - Richtlinie 2003/99/EG zur Überwachung von Zoonosen und Zoonoseerregern LFGB Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch (2009) Verordnung zur Durchführung von Vorschriften des gemeinschaftlichen Lebensmittelrechts u. a. - Artikel 1: Lebensmittelhygiene-Verordnung - Artikel 2: Tierische Lebensmittelhygieneverordnung - Artikel 4: Verordnung mit lebensmittelrechtlichen Vorschriften zur Überwachung von Zoonosen und Zoonoseerregern Weitere Informationen: aid infodienst Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (Hrsg.): Wichtige Bestimmungen des Lebensmittelrechts für Gastronomie und Gemeinschaftsverpflegung. 6., veränderte Neuauflage, Bonn (2009) 33 4 4.1.1 HYGIENE Ein umfassendes Hygienemanagement ist Pflicht. Die ge- Zur Überprüfung der Einhaltung geeigneter Temperaturen nannten Verordnungen enthalten folgende wesentliche können Checklisten geführt werden. Zum Schutz vor lebens- Grundsätze zur Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit: mittelbedingten Infektionen wird empfohlen, warme Speisen bei mindestens 65 °C und nicht länger als drei Stunden A die Hauptverantwortung des Lebensmittelunternehmens für die Sicherheit eines Lebensmittels, heiß zu halten. Die Lagerung und Ausgabe kalter Komponenten (Salat, Dessert) sollte bei maximal 7 °C erfolgen. A die Anwendung von auf den HACCP-Grundsätzen43 beruhenden Verfahren, Lager-, Zubereitungs- und Ausgabezeiten sind so kurz wie A die Anwendung einer guten Hygienepraxis, möglich zu halten. Außerdem können Checklisten die Ein- A die Aufrechterhaltung der Kühlkette bei Lebensmitteln, haltung von lückenlosen Kühlketten dokumentieren. die nicht ohne Bedenken bei Raumtemperatur gelagert werden können, A die regelmäßige Mitarbeiterschulung. Die Erstellung und Umsetzung eines Reinigungs- und Desinfektionsplans ist zwingend erforderlich. Beim Einsatz von Desinfektionsmitteln ist die Dosierungsanleitung einzuhalten.44 Bei der Umsetzung eines HACCP-Konzepts werden durch eine Gefahrenanalyse die kritischen Punkte im Umgang mit Durch das Infektionsschutzgesetz wird vorgeschrieben, Lebensmitteln erfasst. dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mit Lebensmitteln und Bedarfsgegenständen in Berührung kommen, nur nach einer Erstbelehrung durch das Gesundheitsamt oder einer/eines vom Gesundheitsamt beauftragten Ärztin/Arztes beschäftigt werden dürfen. Die Bescheinigung darf bei Antritt der Stelle nicht älter als drei Monate sein. So soll übertragbaren Krankheiten beim Menschen vorgebeugt werden, Infektionen sollen frühzeitig erkannt und ihre Weiterverbreitung verhindert werden. Alle zwei Jahre sind Folgebelehrungen verpflichtend durchzuführen und schriftlich zu dokumentieren. Die Einhaltung der lebensmittelrechtlichen Vorschriften wird durch die jeweilige Lebensmittelüberwachungsbehörde kontrolliert. 43 34 HACCP (Hazard Analysis and Critical Control Points) ist ein Konzept zur Durchführung einer Gefahrenanalyse und Beherrschung kritischer Lenkungspunkte im Umgang mit Lebensmitteln. Vgl. www.bfr.bund.de, Suchbegriff „HACCP Definition“ (eingesehen am 29.07.2011) DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in stationären Senioreneinrichtungen 44 Zu allen Desinfektionsmitteln stehen nach der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 18. Dezember 2006 als EGSicherheitsdatenblatt oder in Anlehnung an das EG-Sicherheitsdatenblatt Informationen und Dosierungsanleitungen zur Verfügung. 4 4.1.2 PRODUKTÜBERGREIFENDE VERORDNUNGEN ZUR KENNZEICHNUNG UND KENNTLICHMACHUNG 2. Die Angabe des Brennwerts und des Gehalts an Eiweiß, Kohlenhydraten, Zucker, Fett, gesättigten Fettsäuren, Ballaststoffen und Natrium. Zusätzlich zu den oben genannten Angaben dürfen weitere Angaben gemacht werden zum Gehalt an: - Stärke, - mehrwertigem Alkohol, - einfach- und mehrfach ungesättigten Fettsäuren, - Cholesterin, - Vitaminen und Mineralstoffen (in signifikanten Mengen, das heißt mindestens 15 Prozent der Tagesdosis). Die Kennzeichnung von Lebensmitteln dient der Information und dem Schutz vor Täuschung. Die für die Gemein- A Zusatzstoff-Zulassungsverordnung (ZZulV): schaftsverpflegung relevanten Bestimmungen über die Für alle Betriebe der Gemeinschaftsverpflegung gelten Kennzeichnung und Kenntlichmachung sind folgende die Bestimmungen der Zusatzstoff-Zulassungsverord- Verordnungen: nung. Danach muss grundsätzlich durch verschiedene Angaben auf die Verwendung bestimmter Zusatzstoffe A Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung (LMKV): Die LMKV regelt die allgemeinen Kennzeichnungspflich- spiel „geschwefelt“, „mit Phosphat“, „mit Konservie- ten für verpackte Lebensmittel, zum Beispiel die Angabe rungsstoff“). Diese Deklarationspflicht gilt auch, wenn der Verkehrsbezeichnung, des Verzeichnisses der Zuta- die jeweiligen Zusatzstoffe in den Zutaten eines zusam- ten oder der Haltbarkeit. Sie ermöglicht es den Verbrau- mengesetzten Lebensmittels enthalten sind, es sei denn, cherinnen und Verbrauchern, sich über die wesentlichen dass sie im Endlebensmittel keine technologische Wir- Eigenschaften von Produkten zu informieren. kung mehr ausüben. A Nährwert-Kennzeichnungsverordnung (NKV): Kennzeichnung von Allergenen Eine Pflicht zur Nährwertkennzeichnung besteht in Ein- Die 14 häufigsten Verursacher von Lebensmittelallergien45 richtungen der Gemeinschaftsverpflegung nicht. Wer- müssen auf verpackten Lebensmitteln gekennzeichnet den jedoch Energiegehalt oder Nährstoffe ausgewiesen, werden. Diese Kennzeichnungspflicht gilt bisher nicht für muss dies laut NKV wie folgt gestaltet werden: unverpackte Lebensmittel und fertig zubereitete Speisen, 1. Die Angabe des Brennwerts und des Gehalts an die lose im Rahmen einer Speisenversorgung an Seniorin- Eiweiß, Kohlenhydraten und Fett – oder 45 oder Zusatzstoffklassen hingewiesen werden (zum Bei- Weitere Informationen: www.aktionsplan-allergien.de nen und Senioren ausgegeben werden.46 46 Auf europäischer Ebene zeichnet sich eine Veränderung der Allergenkennzeichnung ab; voraussichtlich wird es ab Herbst 2014 eine verpflichtende Allergenkennzeichnung für unverpackte Lebensmittel geben. 35 4 Genetisch veränderte Lebensmittel Regelungen im Leistungsrecht Bezieht ein Anbieter kennzeichnungspflichtige genetisch Die Heimaufsichten der einzelnen Bundesländer überwa- veränderte Lebensmittel und gibt sie direkt oder verarbeitet chen von Amts wegen alle Einrichtungen. Zudem prüfen an die Endverbraucher ab, müssen diese mit dem Hinweis und beraten sie auch zu Fragen der Unterbringung und A „genetisch verändert" oder Verpflegung. Für die Leistungen aus der gesetzlichen Pfle- A „aus genetisch verändertem ... hergestellt" oder geversicherung begleitet der Medizinische Dienst der A „enthält genetisch veränderte …“ oder Krankenkassen (MDK) die Einrichtungen; letztere können A „enthält aus genetisch verändertem …“ Leistungen nur abrechnen, wenn sie zugelassen wurden auf dem Speisenplan gekennzeichnet werden oder eine und einen Versorgungsvertrag mit dem Kostenträger oder entsprechende Information bei der Essensausgabe/am seinem Verband geschlossen haben. Buffet erfolgen.47 Die Beachtung des „DGE-Qualitätsstandard für die Ver- 4.1.3 LEBENSWELTBEZOGENE VORSCHRIFTEN pflegung in stationären Senioreneinrichtungen“ kann In stationären Senioreneinrichtungen gelten verschiedene gerecht zu werden. Eine entsprechende Zertifizierung Gesetze, auf die an dieser Stelle inhaltlich nicht weiter ein- kann ihnen zudem helfen, um Selbstzahlerinnen und gegangen wird, die jedoch die Thematik dieses Qualitäts- Selbstzahler zu werben, die heute zunehmend für ein standards mittelbar betreffen: befriedigendes Geschäftsergebnis der Einrichtungen stationäre Senioreneinrichtungen unterstützen, den Anforderungen der Heimaufsicht wie auch ihrer Kostenträger erforderlich sind. A Heimgesetz des Bundes oder die Heimgesetze der Länder, soweit diese bereits eigene erlassen haben, 4.2 PERSONALQUALIFIKATION A Sozialgesetzbuch XI (Pflegeversicherungsgesetz) - Pflege-Qualitätssicherungsgesetz (§§ 112 (Absatz 2) bis 115), Das Verpflegungsangebot in stationären Senioreneinrichtungen umfasst die Bereiche Herstellung und Ausgabe der A Produkthaftungsgesetz, Speisen sowie Service. Für die Mitarbeiterinnen und Mitar- A beim Einsatz von Bio-Lebensmitteln: die Verordnung beiter sind jeweils unterschiedliche berufliche Qualifikatio- (EG) Nr. 834/2007. nen notwendig. Die nachfolgend genannten Kriterien zur fachlichen Qualifikation stellen eine Empfehlung dar. 47 36 Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2003 über gentechnisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel. Weitere Informationen unter: www.transgen.de/recht/kennzeichnung/286.doku.html DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in stationären Senioreneinrichtungen 4 Leitung des Verpflegungsbereichs Für die Leitung des Verpflegungsbereichs ist eine einschlägige berufsfachliche Qualifikation Voraussetzung. Dazu zählen die Qualifikationen Küchenmeisterin/-meister, Köchin/Koch, Verpflegungsbetriebswirt/-in, Fachfrau/Fachmann für Systemgastronomie, Hauswirtschaftsmeisterin/ -meister, Hauswirtschaftliche/r (Betriebs-)Leiterin/Leiter sowie Diätassistentin/-assistent, Oecotrophologin/Oecotrophologe, gegebenenfalls mit betriebswirtschaftlicher Zusatzqualifikation. Die regelmäßige Teilnahme an beruflichen Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen mit ernährungswissenschaftlichem Schwerpunkt ist erforderlich. Anbieter von Zusatzqualifikationen, speziell für den Des Weiteren sollten die Personen, die in der stationären Bereich der Verpflegung, sind vor allem: Senioreneinrichtung für die Ausgabe von Speisen, für den Service und die Darreichung zuständig sind oder Ess- und A Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) Trinkprotokolle führen, über fachliche Kompetenzen in der A Verband der Diätassistenten – Deutscher Bundes- Gemeinschaftsverpflegung mit Schwerpunkt Seniorenverpflegung verfügen.49 verband e.V. (VDD) A Verband der Köche Deutschlands e.V. (VKD) A Industrie- und Handelskammer (IHK); zum Beispiel 48 Ausbildung zum Heimkoch A Sie zeichnen sich durch eine gute Beobachtungsgabe aus. So sollten sie beispielweise eine eingeschränkte Mobilität, Kau- und Schluckstörungen oder spontanen Hilfebedarf erkennen und eine angemessene Hilfestel- Küchen- und Ausgabepersonal Voraussetzung für den Einsatz der Beschäftigten ist eine lung geben können. A Sie kennen Vorlieben und Abneigungen in Bezug auf Schulung in Lebensmittelhygiene und über das Infektions- Speisen und können Portionsgrößen entsprechend der schutzgesetz. Außerdem sind für alle Beschäftigten Schu- Tagesverfassung der Bewohnerin/des Bewohners ein- lungs- und Qualifizierungsmaßnahmen durchzuführen. Bei schätzen. der Auswahl des Service- beziehungsweise Ausgabeperso- A Sie können eine angemessene Esssituation gestalten. nals sollte auf freundliches Auftreten und kommunikative A Sie können Risikofaktoren für Mangelernährung auf der Fähigkeiten geachtet werden. 48 Weitere Informationen zur Heimkochausbildung: IN VIA-Akademie im MeinwerkInstitut unter www.meinwerk.de/index.php?id=43; Industrie- und Handelskammer Koblenz unter: www.forum-diaetetik.de/zertifikatslehrgang_heimkoch_ihk_241.html; Caritas Akademie für Gesundheits- und Sozialberufe e.V. unter Grundlage eines festgelegten Kriterienkatalogs feststellen. www.caritasakademiefr.caritas.de/14628.asp?detailID=16390&p; Berufsakademie Mecklenburg Vorpommern unter hwbr.de/de/hotelschule/weiterbildung-rund-umdie-kuche/geprufter-heimkoch-ba.html 49 Die regelmäßige Teilnahme an beruflichen Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen mit ernährungswissenschaftlichem Schwerpunkt ist sinnvoll. 37 4 4.3.1 AUFGABEN DER PFLEGE IM RAHMEN DER VERPFLEGUNG Die pflegerischen Maßnahmen51 werden systematisch für die einzelne Seniorin und den einzelnen Senior zielgerichtet geplant, durchgeführt und bewertet. Der Pflegedienst: A sammelt die Informationen zum Ernährungsverhalten und zur Essbiografie, 4.3 QUALITÄTSMANAGEMENT A erfasst den aktuellen Ernährungszustand, A berät bei der Speisenauswahl und -bestellung, Das Ziel eines Qualitätsmanagementsystems ist die Quali- A unterstützt bei der Mahlzeiteneinnahme, tätssicherung der festgelegten Aufgaben und Dienstleis- A nimmt Einfluss auf die Umgebung während des Essens. tungen einer stationären Senioreneinrichtung. Grundlage dafür ist ein einheitliches Qualitätsverständnis. Die Aufga- Die Pflegeplanung und -dokumentation ist dabei ein ben und Leistungen sind in einem Leitbild definiert, das Hilfsmittel um: für jeden Mitarbeitenden und die Seniorinnen und Senioren in der Einrichtung bekannt und einsehbar ist. A die Situation des Einzelnen zu erfassen und diese gemeinsam mit ihm und/oder den Angehörigen zu Das Qualitätsmanagementsystem umfasst alle Arbeitsbe- bewerten und zu planen, reiche und Prozesse, wie die Festlegung konkreter Ziele, A die Maßnahmen durchzuführen und zu überprüfen, strukturierter Arbeitsabläufe und klarer Zuständigkeiten. A die Weitergabe von Informationen über die Berufsgren- Zu einem integrierten Qualitätsmanagement gehört neben zen hinweg, wie beispielweise innerhalb des Ernäh- einer guten Pflegeplanung und -durchführung eine quali- rungsteams zu steuern. tativ hochwertige Verpflegung50 ebenso wie ein entspre- 38 chender Service. Ferner werden folgende Bereiche erfasst: Wie alle Bereiche der Pflegeplanung wird auch die Pla- A Schnittstellenmanagement (siehe Kapitel 4.3.2) nung für die Aktivität „Essen und Trinken“ mit geeigneten A Umweltmanagement (siehe Kapitel 4.3.3) Instrumenten festgehalten. Die Pflegedokumentation gilt A Hygienemanagement (siehe Kapitel 4.1.1) als Nachweis der pflegerischen Leistung. Die stationäre 50 stellung (Kapitel 2.3) und das Speisenangebot bei besonderen Anforderungen (Kapitel 2.5). 51 Weitere Informationen: Deutsches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP): Expertenstandard: Ernährungsmanagement zur Sicherstellung und Förderung der oralen Ernährung in der Pflege. Osnabrück (2010); www.dnqp.de Für den Bereich Verpflegung sind alle Arbeitsbereiche, Arbeitsabläufe und entsprechende Zuständigkeiten sowie die Ziele in einem Verpflegungskonzept zusammengefasst. Dies beinhaltet somit Verpflegungs- und Ausgabesysteme, Anforderungen an die Auswahl von Lebensmitteln und die ernährungsphysiologische Qualität der Speisen (Kapitel 2.2.1), Angaben zu Speisenplanung (Kapitel 2.2.2), Speisenher- DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in stationären Senioreneinrichtungen 4 4.3.2 SCHNITTSTELLENMANAGEMENT Senioreneinrichtung stellt geeignete Formblätter zur Ver- In jeder stationären Senioreneinrichtung ist ein Schnitt- fügung und schult die Mitarbeitenden in deren Handha- stellenmanagement für die Bereiche Küche, Pflege und bung. Die Ziele und Maßnahmenplanungen werden in Hauswirtschaft vorhanden. Empfohlen wird eine Verfah- regelmäßigen Abständen geprüft und aktualisiert. So kön- rensregelung, in der die Verantwortlichkeiten für alle Be- nen Veränderungen in der Ernährungssituation festgestellt reiche einer stationären Senioreneinrichtung festgelegt und im Rahmen des Risikomanagements beurteilt werden. sind (vergleiche DNQP Expertenstandard52). Ein dauerhaft zufriedenstellendes, bedarfsgerechtes Speisen- und Ge- Erfassen des Ernährungszustandes tränkeangebot für Seniorinnen und Senioren umfasst ein Nur durch das frühzeitige Erkennen von Risikofaktoren komplexes Aufgabenfeld unterschiedlicher Berufsgruppen einer Mangelernährung können prophylaktische oder er- in stationären Senioreinrichtungen: nährungstherapeutische Maßnahmen rechtzeitig eingeleitet werden. Das Essverhalten und der Ernährungszustand A Für die Bereitstellung des Verpflegungsangebots ist die älterer Menschen wird regelmäßig beobachtet und an- Küchen- oder Hauswirtschaftsleitung zuständig. Diese hand eines Screenings erfasst. Wird das Risiko einer Man- ist auch verantwortlich für die Speisenplanerstellung, gelernährung oder Dehydratation festgestellt, wird sofort die eingesetzten Rezepte und Lebensmittel sowie die gehandelt. Im Rahmen eines Assessments werden die Ur- Lebensmittelhygiene. Bei Zulieferung von warmen oder sachen festgestellt und durch ein Ernährungsteam (siehe zu regenerierenden Speisen ist sie die Kontaktperson Kapitel 4.3.2) gegebenenfalls mit ärztlichem des Zulieferers. Rat individuelle Therapiemaßnahmen A Der Pflegedienst wirkt bei der Sicherung der individuel- erarbeitet. Zur Umsetzung len Ernährungsversorgung mit und verantwortet insbe- der Maßnahmen ist sondere die Unterstützung beim Essen und Trinken zur eine gute Kommunikation zwischen den Mitar- Vermeidung von Mangelernährung. A Die anderen Berufsgruppen zum Beispiel aus den Berei- beitenden aus den chen Medizin, Oecotrophologie, Diätassistenz, Logopädie Bereichen Küche, Haus- oder Ergotherapie werden im Rahmen der Pflegeplanung wirtschaft, Pflege und Medi- hinzugezogen und leisten ihren bewohnerbezogenen zin wesentlich. Beitrag. 52 Weitere Informationen zu Screening und Assessment: 1) Deutsches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP): Expertenstandard: Ernährungsmanagement zur Sicherstellung und Förderung der oralen Ernährung in der Pflege. Osnabrück (2010); www.dnqp.de 2) Schreier MM, Volkert D, Bartholomeyczik S: Assessmentinstrumente zur Einschätzung der Ernährungssituation. In. Bartholomeyczik S., Halek M (Hrsg.): Assessmentinstrumente in der Pflege. Schlütersche Hannover (2009) 137-149 3) MDS Medizinischer Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen (Hrsg.), Grundsatzstellungnahme Ernährung und Flüssigkeitsversorgung älterer Menschen, Essen (2003) 4) Bundeskonferenz zur Qualitätssicherung im Gesundheits- und Pflegewesen e. V. (BUKO-QS): Qualitätsniveau Orale Nahrungs- und Flüssigkeitsversorgung von Menschen in Einrichtungen der Pflege und Betreuung, Economica Verlag Heidelberg, München, Landsberg, Berlin (2008) 5) Volkert D, Leitlinien und Standards zur Ernährung in der Geriatrie. Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie (2011) 91-99 6) Neu erarbeitete Kurzform des MNA unter www.mna-elderly.com 39 4 Im Rahmen des Schnittstellenmangements ist festgelegt, derlich. Dies ermöglicht es, für die einzelne Seniorin und wer die Speisen transportiert, serviert und bei Bedarf an- den einzelnen Senior möglichst viele Facetten der Ernäh- reicht sowie die Essenswünsche und Bestellungen erfragt. rungssituation zu berücksichtigen und eine individuelle Die Zusammenarbeit unterschiedlicher Berufsgruppen ist Lösung zu finden. eine Grundvoraussetzung für ein funktionierendes Schnittstellenmanagement. Die Verantwortung für die Verpflegung liegt bei einer Person, die im Rahmen des internen Qualitätsmanagements Idealerweise stellt ein Ernährungsteam durch die Kommunikation mit den beteiligten Bereichen sicher, dass ein bedarfsgerechtes Angebot an Speisen und Getränken und bei Bedarf individuelle Therapiemaßnahmen erfolgen. Für die Lösung von Problemen in der Verpflegung, wie beispielsweise ein unbeabsichtigter Gewichtsverlust, Mangelernährung und Krankheiten, wird ein Ernährungsteam zusammengestellt. Hier sind zunächst alle Fachkompetenzen vertreten, die sich in der stationären Senioreneinrichtung mit der Verpflegung im weitesten Sinne befassen. Dieses Team kann sich nach Bedarf aus Mitarbeitenden der Bereiche Küche, Pflege, Hauswirtschaft und Service zusammensetzen. Fachkräfte aus den Bereichen (Ernährungs-) Medizin (eventuell mit der/dem behandelnden Ärztin/Arzt), Diätassistenz, Oecotrophologie, Logopädie und Ergotherapie, sind je nach Krankheit zusätzlich erfor- 40 DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in stationären Senioreneinrichtungen festgelegt wurde. 4 4.3.3 UMWELTMANAGEMENT Aufbau- und Ablauforganisation werden unter Berücksich- Ökologische Aspekte werden häufig primär unter ökono- und im Hinblick auf eine kontinuierliche Verbesserung ent- tigung des Schulungs- und Informationsbedarfs analysiert mischen Gesichtspunkten, zum Beispiel Energiesparen sprechend verändert. Dies kann durch Integration in ein oder Einsparung von Abfall durch die Verwendung von bestehendes Qualitätsmanagementsystem geschehen. Mehrwegverpackungen, betrachtet. Hierbei werden Ziel- Speziell für das Umweltmanagement gibt es die DIN EN vorgaben, interne Vorschriften und Evaluationsmaßnah- ISO 14.000/14.001 für Umweltmanagement oder EMAS men, beispielsweise im Bereich Hygiene, hinsichtlich ihrer (Environmental Management and Audit Scheme) der Euro- Umweltrelevanz überprüft. Sinnvoll ist es, ein Umweltma- päischen Union. nagement systematisch für alle Bereiche einer stationären Senioreneinrichtung zu etablieren. Einzelbereiche wie Küchen können eine Vorreiterrolle übernehmen, da speziell für diesen Bereich zahlreiche Beispiele – unter anderem der Einsatz von Bio-Lebensmitteln oder ein Ressourcenmanagement – existieren. Dazu gehören etwa die Abgabe von Speisen in Mehrwegverpackungen oder wiederverwertbaren Verpackungsmaterialien sowie der Einsatz von Geschirr und Besteck, das nach der Reinigung wieder bereit gestellt wird. Bezüglich der Infrastruktur können der Einsatz von Großküchengeräten, wie Kombigeräten oder Heißluftdämpfern, mit einem hohen Energie- und Wassersparpotenzial sowie die Nutzung von Gas- und Induktionsenergie relevant sein. Arbeitsanforderungen sowie 41 5 ZERTIFIZIERUNG Basis für diese Zertifizierungen sind die aus den Kapiteln 2 bis 4 ausgewählten Kriterien, die in der Checkliste Stationäre Seniorenverpflegung zusammengefasst sind. Vorausgesetzt wird die Einhaltung der für die Gemeinschaftsverpflegung geltenden rechtlichen Bestimmungen. Eine Zertifizierung erfolgt für mindestens eine Menülinie. Hat eine stationäre Senioreneinrichtung mehrere Menülinien, muss die zertifizierte Menülinie im Ausgabebereich, auf Speisenplänen oder Hinweistafeln gekennzeichnet werden. Mit einer Zertifizierung sichern Verantwortliche für die Ver- 5.1 FIT IM ALTER-ZERTIFIZIERUNG pflegung in stationären Senioreneinrichtungen die Qualität ihres Speisenangebots und leisten einen wichtigen Beitrag Stationäre Senioreneinrichtungen, die die Kriterien der zu einer optimierten Verpflegung. Innerhalb der stationären drei Qualitätsbereiche Lebensmittel, Speisenplanung & Senioreneinrichtung ist die Einhaltung der Zertifizierungskri- -herstellung und Lebenswelt erfüllen, sind berechtigt, terien in der täglichen Küchenpraxis ein umfassender Kom- die Bezeichnung Fit im Alter-Zertifizierung zu führen. petenzgewinn für alle beteiligten Personen. Durch das Die Qualitätsbereiche sind folgendermaßen definiert: Zertifikat zur Fit im Alter-Zertifizierung beziehungsweise Fit im Alter-PREMIUM-Zertifizierung können stationäre Senioreneinrichtungen nach außen demonstrieren, dass ihr Angebot dem „DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in stationären Senioreneinrichtungen“ entspricht. Dies wird durch eine externe, unabhängige Institution überprüft. Die Audits gelten als bestanden, wenn mindestens 60 Prozent 42 A Lebensmittel: Vollverpflegung (optimale Lebensmittelauswahl und Anforderungen an den Speisenplan) A Speisenplanung & -herstellung: Kriterien zur Planung und Herstellung der Speisen für die Vollverpflegung, Gestaltung des Speisenplans A Lebenswelt: Rahmenbedingungen in stationären Senio- der Kriterien erfüllt sind. Durch regelmäßige Re-Audits wird reneinrichtungen (zum Beispiel Essenszeiten, Service und die zertifizierte Qualität langfristig gesichert. Kommunikation) Die DGE bietet stationären Senioreneinrichtungen zwei Sind die Kriterien dieser Qualitätsbereiche erfüllt, wird der Möglichkeiten, das Angebot einer vollwertigen Verpfle- stationären Senioreneinrichtung nach erfolgreichem Audit gung auszeichnen zu lassen – die Fit im Alter-Zertifizierung ein Zertifikat einschließlich Logo-Schild verliehen, das die und die Fit im Alter-PREMIUM-Zertifizierung. Fit im Alter-Zertifizierung dokumentiert. DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in stationären Senioreneinrichtungen 5 5.2 FIT IM ALTER-PREMIUMZERTIFIZIERUNG 5.3 ZUSAMMENARBEIT MIT CATERERN Der zentrale Bestandteil der Fit im Alter-PREMIUM-Zertifi- Den Speisenanbietern für stationäre Senioreneinrichtungen zierung ist zusätzlich zu den in Kapitel 5.1 genannten An- bietet die DGE zwei Möglichkeiten, das Angebot einer voll- forderungen der Qualitätsbereich Nährstoffe. In diesem wertigen Verpflegung auszeichnen zu lassen – durch die erfolgt eine Nährstoffoptimierung des Speisenplans für die DGE-Zertifizierung für Caterer oder die DGE-PREMIUM-Zer- Vollverpflegung auf Basis berechneter Rezepte. Bei einer tifizierung für Caterer. Strebt ein Caterer eine Zertifizierung Vollverpflegung müssen nährstoffoptimierte Speisenpläne für die Verpflegung in stationären Senioreneinrichtungen für mindestens sechs Wochen vorliegen. Die Nährstoff- an, muss er alle Kriterien, die in seinem Verantwortungsbe- optimierung erfolgt wochenweise. Nach bestandenem reich liegen, umsetzen. Dazu zählen die Anforderungen Audit wird der stationären Senioreneinrichtung ein Zerti- aus den Bereichen Lebensmittel und Speisenplanung & fikat einschließlich Logo-Schild verliehen, das die Fit im -herstellung. Alter-PREMIUM-Zertifizierung ausweist. Für die DGE-PREMIUM-Zertifizierung muss der Caterer Die folgende Abbildung 2 stellt die Qualitätsbereiche der zusätzlich die Kriterien zur nährstoffoptimierten Vollver- Zertifizierung dar. pflegung einhalten. Dafür müssen nährstoffoptimierte Speisenpläne für mindestens 6-mal sieben Verpflegungstage (6 Wochen) vorliegen. Abbildung 2: Qualitätsbereiche der Zertifizierung Wird nur das Mittagessen angeliefert, muss der Caterer neben den Anforderungen zur DGE-Zertifizierung die Kriterien zur nährstoffoptimierten Mittagsverpflegung einhalten. Bei einer Mittagsverpflegung müssen nährstoffoptimierte Speisenpläne für mindestens 6 Wochen vorliegen. Eine Nährstoffoptimierung erfolgt wochenweise.53 Nach erfolgreich bestandenem Audit erhält der Caterer ein Zertifikat einschließlich DGE-Logo beziehungsweise DGEPREMIUM-Logo und kann damit werben.54 Die Audits gelten als bestanden, wenn mindestens 60 Prozent der Kriterien erfüllt sind. 53 Weitere Informationen zur Nährstoffzufuhr durch die Mittagsverpflegung unter www.fitimalter-dge.de in der Rubrik Qualitätsstandards 54 Weitere Informationen: Deutsche Gesellschaft für Ernährung (Hrsg.): DGE-zertifizierte Verpflegung. 2. Auflage, Bonn (2011); www.fitimalter-dge.de in der Rubrik Service 43 5 5.4 KRITERIEN ZUR EIGENKONTROLLE Die Checkliste Stationäre Seniorenverpflegung dient Ein- nicht das Bestehen des Audits. Alle Angaben beziehen richtungen als Instrument zur eigenständigen Überprü- sich auf 7 Verpflegungstage. Die folgenden Tabellen 6 und fung des derzeitigen Verpflegungsangebots. Eine mit der 7 zeigen die Checkliste Stationäre Seniorenverpflegung. Checkliste vorgenommene Selbsteinschätzung garantiert Die Angaben in Tabelle 6 und 7 beziehen sich auf 7 Verpflegungstage und mindestens eine Menülinie. Tabelle 6: Checkliste Stationäre Seniorenverpflegung zur Fit im Alter-Zertifizierung Qualitätsbereich Lebensmittel: Vollverpflegung Getreide, Getreideprodukte und Kartoffeln Mind. 21 x Brot, Brötchen, abwechselnd Speisekartoffeln, Parboiled Reis, Teigwaren und andere Getreideprodukte davon: mind. 14 x Vollkornprodukte max. 2 x Kartoffelerzeugnisse Gemüse und Salat 21 x Gemüse, Hülsenfrüchte oder Salat davon: mind. 7 x Rohkost oder Salat Gemüse: frisch oder tiefgekühlt Obst 14 x Obst davon: mind. 7 x frisch oder tiefgekühlt ohne Zuckerzusatz Milch und Milchprodukte Mind. 14 x Milch oder Milchprodukte Milch: 1,5 % Fett Naturjoghurt: 1,5 % - 1,8 % Fett Käse: max. Vollfettstufe (≤ 50 % Fett i. Tr.) Speisequark: max. 20 % Fett i. Tr. 44 DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in stationären Senioreneinrichtungen 5 Fleisch, Wurst, Fisch, Ei Max. 3 x Fleisch in der Mittagsverpflegung davon: max. 1 x Fleischerzeugnisse inkl. Wurstwaren in der Mittagsverpflegung Fleisch: mageres Muskelfleisch Fleisch: Fleischerzeugnisse inkl. Wurstwaren als Belag: max. 20 % Fett 2 x Fisch davon: mind. 1 x Seefisch 1 x fettreicher Fisch Fisch: Seefisch aus nicht überfischten Beständen Fette und Öle Rapsöl ist Standardöl Getränke Trink- oder Mineralwasser Qualitätsbereich Speisenplanung & -herstellung Speisenplanung Menüzyklus des Mittagessens beträgt mind. 6 Wochen Ein ovo-lacto-vegetabiles Gericht ist auf Nachfrage im Angebot Saisonales Angebot wird bevorzugt Kulturspezifische und regionale Essgewohnheiten sowie religiöse Aspekte sind berücksichtigt Fleisch von unterschiedlichen Tierarten wird abwechselnd angeboten Bei Lebensmittelunverträglichkeiten und/oder Allergien wird eine entsprechende Speisenauswahl ermöglicht Wünsche und Anregungen der Seniorinnen und Senioren sind berücksichtigt Bei besonderen Ernährungssituationen sind diätetische/ergänzende Kostformen im Angebot Speisenherstellung Auf fettarme Zubereitung wird geachtet Max. 3 x frittierte und/oder panierte Produkte 45 5 Für die Zubereitung von Gemüse und Kartoffeln werden nährstoffschonende Garmethoden angewendet Frische oder tiefgekühlte Kräuter werden bevorzugt Jodsalz wird verwendet, sparsam salzen Zucker wird sparsam verwendet Kurze Warmhaltezeiten werden eingehalten, Warmhaltezeiten für alle Komponenten max. 3 Stunden Lager-, Transport- und Ausgabetemperatur von kalten Speisen beträgt max. 7 °C Warmhalte-, Transport- und Ausgabetemperatur von warmen Speisen beträgt mind. 65 °C Bei passierter/pürierter Kost sind die einzelnen Komponenten erkennbar angerichtet Gestaltung des Speisenplans Aktueller Speisenplan ist vorab allen regelmäßig zugänglich, auch Personen mit Handicap Beim Angebot mehrerer Menülinien sind diese übersichtlich dargestellt Nicht übliche und nicht eindeutige Bezeichnungen sind erklärt Bei Fleisch und Fleischerzeugnissen ist die Tierart benannt Verwendung von Alkohol ist deklariert Qualitätsbereich Lebenswelt Essenszeiten Essenszeiten sind an Gewohnheiten der Seniorinnen und Senioren angepasst Angemessene Essenszeiträume werden eingehalten Getränke und Zwischenmahlzeiten stehen jederzeit zur Verfügung Raum- und Tischgestaltung Essplatz ist angemessen beleuchtet Freundliches und ansprechendes Ambiente 46 DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in stationären Senioreneinrichtungen 5 Für Rollstühle und Gehwagen steht ausreichend Platz zur Verfügung Essplatz ist vollständig eingedeckt (sofern dies die Fähigkeiten der Seniorinnen und Senioren zulässt) Ess- und Trinkhilfen sind vorhanden und entsprechen den individuellen Fähigkeiten Service und Kommunikation Mindestens eine Fachkraft kann Fragen zur vollwertigen Ernährung, Kostformen und Diäten beantworten Fachkräfte kennen die Anforderungen an die individuelle Versorgung Seniorinnen und Senioren erhalten Beratung und Hilfe bei der Speisenauswahl Fachkräfte erfragen Speisenwünsche und Portionsgrößen Beim Servieren werden die Speisen benannt Bei Bedarf wird angemessene Hilfestellung beim Essen und Trinken gegeben Anregungen zur/zum Speisenversorgung/-angebot werden entgegengenommen und weitergeleitet Tabelle 7: Checkliste Stationäre Seniorenverpflegung zur Fit im Alter-PREMIUM-Zertifizierung – zusätzlich zu den oben genannten Kriterien Qualitätsbereich Nährstoffe Vollverpflegung erfüllt nach max. 7 Verpflegungstagen im Durchschnitt die D-A-CH-Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr Zubereitungsanweisungen liegen am Arbeitsplatz vor Nährstoffberechnete Rezepte werden umgesetzt Portionsgrößen der nährstoffberechneten Speisen sind ersichtlich Nährstoffoptimierte Gerichte sind auf dem Speisenplan optisch hervorgehoben 47 5 5.5 ABLAUF 5.6 WEITERFÜHRENDE INFORMATIONEN Die Fit im Alter-Zertifizierung beziehungsweise die Fit im Zur Zertifizierung stehen unterschiedliche Informations- Alter-PREMIUM-Zertifizierung ist ein Verfahren zur Opti- materialien zur Verfügung. Tabelle 8 zeigt deren Inhalte mierung des Verpflegungsangebots in stationären Senio- und Bezugsquellen. reneinrichtungen. Ziel ist die Auszeichnung mit dem Fit im Alter-Logo beziehungsweise dem Fit im Alter-PREMIUM- Tabelle 8: Weiterführende Informationen Logo und damit die Einhaltung der für die Zertifizierung Titel relevanten Kriterien. Welche Schritte bis dahin erforderlich sind, zeigt Abbildung 3. Abbildung 3: Ablauf der Zertifizierung55 1. Anforderung des Infopakets „Ihr Weg zur Zertifizierung“ 2. Durchsicht der Unterlagen und eigene Einschätzung mit der Checkliste Stationäre Seniorenverpflegung 3. Wunsch zur Fit im Alter-Zertifizierung oder zur Fit im Alter-PREMIUM-Zertifizierung und Vertragsabschluss Inhalt Bezugsquelle Infopaket „Ihr Weg zur Zertifizierung“ enthält: alle wichtigen Unter- Bestellung: lagen zur ZertifizieTelefon: rung: 0228 3776-873 A Checkliste Stationäre Seniorenverpflegung A Kriterien zur Eigenkontrolle A wichtige Schritte zur Zertifizierung A Informationen zum Zertifizierungsablauf A Kostenüberblick A Überblick über die aktuellen Gebühren häufige Fragen Antworten auf häufig gestellte Fragen E-Mail: [email protected] www.fitimalterdge.de, Rubrik Qualitätsstandards 4. Anmeldung zum Audit Sind Sie an einer Fit im Alter-Zertifizierung beziehungsFit im AlterZertifizierung Fit im Alter-PREMIUMZertifizierung 5. Audit vor Ort 5. Überprüfung der Speisenpläne und Audit vor Ort weise einer Fit im Alter-PREMIUM-Zertifizierung interessiert, setzen Sie sich gerne mit uns in Verbindung: Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. Referat Gemeinschaftsverpflegung und Qualitätssicherung 6. Auszeichnung mit dem Fit im Alter-Logo 6. Auszeichnung mit dem Fit im Alter-PREMIUM-Logo Frau Ellen Linden · Godesberger Allee 18 · 53175 Bonn Telefon 0228 3776-651 Telefax 0228 3776-800 Gültigkeit Es finden regelmäßig Re-Audits statt. 55 48 Weitere Informationen: www.fitimalter-dge.de in der Rubrik Qualitätsstandards DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in stationären Senioreneinrichtungen E-Mail [email protected] 6 ANHANG 6 Im Anhang werden zunächst die Orientierungshilfen für Lebensmittelmengen dargestellt. Ferner finden sich Hinweise zur Herkunft von Lebensmitteln und Aspekten der Nachhaltigkeit sowie zur Erstellung eines Leistungsverzeichnisses. 6.1 ORIENTIERUNGSHILFEN FÜR LEBENSMITTELMENGEN Tabelle 9 zeigt Orientierungswerte für die Zusammenstellung einer Vollverpflegung. Die Angaben beziehen sich auf eine 7-Tage-Woche. Bei aktiven Seniorinnen und Senioren ist ein PAL-Wert von 1,4 und bei bettlägerigen ein PAL-Wert von 1,2 berücksichtigt. Tabelle 9: Orientierungswerte56 für die Vollverpflegung (> 65 Jahre) Lebensmittelgruppe Mengen57 bei PAL 1,4 Mengen57 bei PAL 1,2 Getreide, Getreideprodukte und Kartoffeln Brot 4 Scheiben (200 g)/Tag (= 1400 g/Woche) 4 Scheiben (200 g)/Tag (= 1400 g/Woche) oder: Brot und Getreideflocken 3 Scheiben (150 g)/Tag (= 1050 g/Woche) und 50 g Getreideflocken/Tag (= 350 g/Woche) 3 Scheiben (150 g)/Tag (= 1050 g/Woche) und 50 g Getreideflocken (= 350 g/Woche) Kartoffeln, Reis58, Teigwaren58 oder Getreide58 pro Woche 7 x abwechselnd, zwischen 180 und 220 g (= 1260 bis 1540 g/Woche) pro Woche 7 x abwechselnd, zwischen 150 und 180 g (= 1050 bis 1260 g/Woche) Gemüse59, gegart und roh 400 g/Tag (= 2800 g/Woche) 400 g/Tag (= 2800 g/Woche) Hülsenfrüchte58 30 g/Woche 30 g/Woche 250 g/Tag (= 1750 g/Woche) 250 g/Tag (= 1750 g/Woche) 40 g Nüsse/Woche 30 g Nüsse/Woche Gemüse Obst Obst, frisch, gegart, als Saft Nüsse 60 Milch und Milchprodukte fettarme Milch und Milchprodukte61 200 g/Tag (= 1400 g /Woche) 200 g/Woche (= 1400 g /Woche) Käse 50 g Käse/Tag (= 350 g/Woche) 50 g Käse/Tag (= 350 g/Woche) 49 6 Fortsetzung Tabelle 9 Lebensmittelgruppe Mengen57 bei PAL 1,4 Mengen57 bei PAL 1,2 Fleisch, Wurst, Fisch, Ei Fleisch58 und Wurstwaren 400 g mageres Fleisch und Wurstwaren/Woche 300 g mageres Fleisch und Wurstwaren/Woche Fisch58 80 g Magerfisch/Woche; 70 g Fettfisch/Woche 80 g Magerfisch/Woche; 70 g Fettfisch/Woche Eier 3 Eier/Woche (inkl. verarbeiteter Eier) 3 Eier/Woche (inkl. verarbeiteter Eier) Fette 15 g Margarine/Tag (= 105 g/Woche) 15 g Margarine/Tag (= 105 g/Woche) Öle 15 g Rapsöl/Tag (= 105 g/Woche) 10 g Rapsöl/Tag (= 70 g/Woche) mind. 1,3, besser 1,5 Liter/Tag (= 9,1, besser 10,5 Liter/Woche) mind. 1,3, besser 1,5 Liter/Tag (= 9,1, besser 10,5 Liter/Woche) Fette und Öle Getränke Getränke 6.2 ÖKOLOGISCHE ASPEKTE 6.2.1 HERKUNFT VON LEBENSMITTELN Die Umsetzung ökologischer Aspekte gewinnt auch in der Aus ernährungsphysiologischer Sicht ist die Qualität von Gemeinschaftsverpflegung zunehmend an Bedeutung. Im ökologisch erzeugten Lebensmitteln und konventionell er- Folgenden wird auf die Herkunft von Lebensmitteln und zeugten Lebensmitteln als gleichwertig zu betrachten. Bei auf Aspekte der Nachhaltigkeit eingegangen. der Lebensmittelauswahl werden auch betriebswirtschaftliche Aspekte sowie gesundheitliche, sensorische, ökologische und ethische Kriterien berücksichtigt. In diesem Zusammenhang ist es wünschenswert, sich bei der Speisenplanung an dem saisonalen Angebot zu orientieren und dabei möglichst regionale Lebensmittel vorzuziehen. Es wird empfohlen, Fisch aus bestandserhaltender Fischerei10 zu beziehen sowie Fleisch aus artgerechter Tierhaltung und Produkte aus fairem Handel zu berücksichtigen. Da der ökologische Landbau eine besonders nachhaltige Form der Landbewirtschaftung darstellt, ist die Verwendung von pflanzlichen und tierischen Lebensmitteln aus ökologischer Erzeugung empfehlenswert. Dabei ist zu be- 56 57 50 Orientierungswerte für die Zusammenstellung der Mittagsverpflegung finden Sie unter: www.fitimalter-dge.de in der Rubrik Qualitätsstandards. Mit den in der Tabelle angegebenen Lebensmitteln werden die Angaben für den Energiegehalt aus Tabelle 4 nicht vollständig ausgeschöpft. Kleinere Mengen Zucker (zum Süßen der Speisen) oder Mehl (zum Binden von Soßen) können daher zusätzlich verwendet werden. DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in stationären Senioreneinrichtungen 58 Die Mengenangaben beziehen sich auf gegarte Ware. Regelmäßig nährstoffdichte Gemüsearten verwenden (z. B. Spinat, Brokkoli, Feldsalat) z. B. Haselnüsse, Mandeln 61 z. B. Milch, Joghurt, Quark 59 60 6 rücksichtigen, dass das Bewerben eines Bio-Angebots eine Senioren in stationären Senioreneinrichtungen betreffen, Teilnahme am Kontrollverfahren nach EG-Öko-Verordnung berücksichtigt werden. Wenn die Verpflegungsleistung voraussetzt. Soll die Verwendung ökologisch erzeugter Le- ausgeschrieben wird, muss ein Leistungsverzeichnis erstellt bensmittel ausgelobt werden, muss die stationäre Senio- werden. Es dient als Basis für Ausschreibungsverfahren reneinrichtung durch eine anerkannte Öko-Kontrollstelle und legt Art und Umfang der Verpflegungsqualität fest. 62 zertifiziert sein. 6.2.2 ASPEKTE DER NACHHALTIGKEIT Im Sinne der Nachhaltigkeit sollte nicht nur eine bevorzugte Auswahl von Lebensmitteln mit kurzen Transportwegen erfolgen. Auch die Auslieferung der Speisen sollte innerhalb eines möglichst geringen Umkreises stattfinden. Im Rahmen der Speisenherstellung ist der Einsatz von Mehrportionengebinden sinnvoll. Der Einsatz von EinwegEinzelportionsgebinden ist hinsichtlich des hohen Müllaufkommens und aufgrund der angestrebten Esskultur zu vermeiden. Ebenso werden keine Getränke in Dosen abgegeben. Mehrwegverpackungen sowie wiederverwertbare Verpackungsmaterialien werden bevorzugt. Grundsätzlich sollte Mehrweggeschirr verwendet werden. Der Je detaillierter die Anforderungen in einem Leistungsver- Einsatz von Geschirr und Besteck, das nach sorgfältiger zeichnis formuliert sind, desto einfacher ist der Vergleich Reinigung wieder bereit gestellt wird, ist zu bevorzugen. verschiedener Angebote. In einem Leistungsverzeichnis müssen enthalten sein: Der Einsatz von Großküchengeräten (zum Beispiel Heißluftdämpfer oder Druckgargeräte) mit einem hohen Ener- A die Übergabe verbindlicher Sechs-Wochen-Speisen- gie- und Wassersparpotenzial sowie die Nutzung von Gas- pläne, die den Anforderungen an Lebensmittelauswahl, und Induktionsenergie wird empfohlen. Speisenplanung und Speisenherstellung entsprechen 6.3 LEISTUNGSVERZEICHNIS A Kommunikation mit den für die Speisenqualität verant- (vergleiche Kapitel 2), wortlichen Personen, zum Beispiel durch Feedback-Bögen, In einem Leistungsverzeichnis sollten alle Aspekte und Zu- A Zubereitungsarten, ständigkeiten, die die Verpflegung von Seniorinnen und A das gewählte Verpflegungssystem, 62 Weitere Informationen zu ökologisch erzeugten Lebensmitteln: www.oekolandbau.de 51 A das gewählte Ausgabesystem, A die Logistik, zum Beispiel Anlieferung, Warmhaltezeit der Speisen, A Art der Bestellung und Abrechnung, A Art und Umfang der bestehenden Infrastruktur, zum Beispiel Art und Leistung der vorhandenen Geräte, A betriebliches Qualitätssicherungs- und Hygienekonzept, A Ansprechpartnerin oder Ansprechpartner, A Referenzen im Bereich der Verpflegung von Seniorinnen und Senioren, A Einsatz von qualifiziertem Personal, A Bestätigung, dass nur tarifgebundenes und sozialversichertes Personal eingesetzt wird, A Angaben zur Mitarbeiterentwicklung, zum Beispiel in Form von Weiterbildungsmaßnahmen, A Nachweis über die gewerbliche Tätigkeit durch Auszug aus dem entsprechenden Berufsregister, zum Beispiel Handelsregister, Gewerbenachweis, der nicht älter als sechs Monate sein sollte, A vom Auftraggeber festgelegte Maßnahmen bei Nichteinhaltung der zuvor vereinbarten Qualitätskriterien. In einem Leistungsverzeichnis kann zusätzlich enthalten sein: A Umfang des Einsatzes von Lebensmitteln aus ökologischem Anbau, A Eigenerklärung, dass Betriebsbesichtigungen möglich sind, 52 DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in stationären Senioreneinrichtungen A gegebenenfalls Angabe über vorhandene Zertifikate, zum Beispiel nach DIN EN ISO 9001 ff. oder nach dem „DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in stationären Senioreneinrichtungen“, A gegebenenfalls das Bio-Zertifikat einer staatlich anerkannten Öko-Kontrollstelle. IMPRESSUM Herausgeber Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. Godesberger Allee 18 53175 Bonn www.dge.de Konzeption, Text und Redaktion Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. Referat Gemeinschaftsverpflegung und Qualitätssicherung Fit im Alter – Gesund essen, besser leben. Telefon 0228 3776 873 Telefax 0228 3776 78873 E-Mail [email protected] www.fitimalter-dge.de www.fitimalter.de Dr. Margit Bölts, Roswitha Girbardt, Claudia Hoffmann, Ricarda Holtorf, Jana Kleindienst, Sarah Leinweber, Holger Pfefferle, Esther Schnur in Zusammenarbeit mit Prof. Ulrike Arens-Azevêdo und Dr. Ute Brehme Beteiligte an dieser Ausgabe: Klaus Albrecht (Hofmann Menü-Manufaktur GmbH) Martina Feulner (Deutsche Gesellschaft für Hauswirtschaft e. V.) Ulrike Grohmann (Redaktionsbüro) Martina Herr (Deutscher Caritasverband) Prof. Dr. Helmut Heseker (Universität Paderborn, Institut für Ernährung, Konsum & Gesundheit, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V.) Oliver Kohl (Schubert Unternehmensgruppe) Prof. Dr. Elisabeth Leicht-Eckardt (Hochschule Osnabrück) Dr. Inge Maier-Ruppert (Deutsche Gesellschaft für Hauswirtschaft) Claudia Menebröcker (CM Verpflegungskonzepte für Senioren) Ulrike Mößner (ARAMARK Holdings GmbH & Co. KG) Dr. Helmut Oberritter (Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V.) Prof. Dr. Sabine Bartholomeyczik (Universität Witten Herdecke, Department für Pflegewissenschaft) Dr. Cornelie Pfau (Max-Rubner-Institut) Dr. Doris Becker (apetito AG) Dr. Astrid Potz (Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz) Evelyn Beyer-Reiners (Verband der Diätassistenten – Deutscher Bundesverband e. V.) Dr. Claudia Dietrich (Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz) Gabriele Ressel (Hofmann Menü-Manufaktur GmbH) Michael Siepe (apetito AG) 53 Prof. Dr. Dorothee Volkert (Institut für Biomedizin des Alterns, Universität ErlangenNürnberg) Petra Weritz-Hanf (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend) Dr. med. Rainer Wirth (St. Marien-Hospital Borken) Prof. em. Dr. Günther Wolfram (Department für Lebensmittel und Ernährung der TU München) Bildnachweis Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. Fotolia: Franz Pfluegel S. 14 (Rosenkohl), Tomo Jesenicnik S. 15, Laurent Renault S. 17, Smileus S. 27, Stauke S. 28 (Uhr), Fineas S. 32 (Paragraph), Marina Lorbach S. 34, Stefan Körber S. 41, pmphoto S. 49, Mahey S. 50, Barbara Pheby S. 51 GAYERFOTODESIGN, GDE Grafik Design Erdmann, TK-Skript Gestaltung intention Werbeagentur GmbH Druck MKL Druck GmbH & Co.KG Bestellung Der Qualitätsstandard ist gegen eine Versandkostenpauschale erhältlich beim DGE-MedienService: www.dge-medienservice.de Informationen und ein kostenloser Download dieser Broschüre und weiterer Medien: www.fitimalter-dge.de 54 DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in stationären Senioreneinrichtungen Nachdruck – auch auszugsweise – sowie jede Form der Vervielfältigung oder die Weitergabe mit Zusätzen, Aufdrucken oder Aufklebern ist nur mit ausdrücklicher Genehmigung durch den Herausgeber gestattet. Die Inhalte sind von der DGE sorgfältig geprüft, dennoch kann eine Garantie nicht übernommen werden. Eine Haftung des Herausgebers für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist ausgeschlossen. Eine Auslobung bzw. Werbung in Bezug auf den Qualitätsstandard ist ausschließlich mit einer Zertifizierung durch die DGE gestattet. Bei Interesse an einer Zertifizierung können über das Projekt Informationsmaterialien angefordert oder im Internet unter www.fitimalter-dge.de heruntergeladen werden. Copyright © DGE Bonn, 9/2011 2. Auflage „Fit im Alter – Gesund essen, besser leben“ ist ein Projekt der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. und Teil des Nationalen Aktionsplans „IN FORM - Deutschlands Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung“. Das Projekt wird gefördert durch das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages. www.in-form.de 55 Art.Nr. 300400 110104,5_DGE-Broschuere Fit_im_Alter_Titel_rz2_Layout 1 23.11.11 15:49 Seite 1 Durchgeführt von: Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. Godesberger Allee 18 53175 Bonn www.dge.de www.fitimalter-dge.de