Heinrich Heine Universität Düsseldorf SoSe 2002 Germanistik V TPS: Popkultur und Postmoderne DozentInnen: Eric Horn & Britta Dersch–Freese Referentinnen: Dorothea Schalla & Nina Heidrich Kulturhistorischer Überblick über das Motiv der künstlichen Frau Das Motiv der künstlichen Frau als Teilaspekt des Motivs des künstlichen Menschen Schon in der Schöpfungsgeschichte des Menschen der griechischen Mythologie formte Prometheus Männer und Frauen aus Lehm und Wasser und hauchte beiden Leben ein. Genauso wenig wie hier der Mann getrennt von der Frau gesehen werden kann, kann das Motiv der künstlichen Frau in der für uns relevanten Kulturgeschichte nicht isoliert betrachtet werden. Das Motiv der künstlichen Frau ist häufig eng verknüpft mit dem des Mannes bzw. mit dem Motiv der künstlichen Kreatur. Somit stellt das Motiv der künstlichen Frau einen Teilaspekt des künstlichen Menschen dar. Prototypen Das literarische Motiv des künstlichen Menschen konnte an Schöpfungsmythen einiger Völker anknüpfen, die Menschen auch ohne Zeugungsakt entstehen lassen. Diese unkreatürliche Schaffung von Menschen wird meist durch göttliches Eingreifen bewirkt. - Griechische Mythologie: Pandora - Genesis: Eva - Ovids Metamorphosen (2-8 n. Chr.): Pygmalion Meilensteine seit der Antike - Golem-Sage - Alraun-Sage - automatisch bewegte Figuren (1769 bzw. 1783) - Goethe: Triumph der Empfindsamkeit (1778/79) - Ludwig Achim von Arnim: Isabella von Ägypten (1812) - E.T.A. Hoffmann: Der Sandmann (1817) - M. Wollstonecraft Shelley: Frankenstein (1818) - J. v. Eichendorff: Das Marmorbild (1819) - Goethe: Faust II (1832) Ausgeburten der Neuzeit Frühestens mit dem Auftauchen automatisch bewegter Figuren, wie dem Fötenspieler, und spätestens mit computeranimierten Frauen wie Lara Croft, wird aus dem bisher literaturwissenschaftlichen Untersuchungsgegenstand ein interdisziplinärer. - Babarella - Björk, Grace Jones - Günter Kunert: Olympia Zwo - Blade Runner - Lara Croft - Cher - Michael Jackson Fazit und Ausblick – Fiktion wird Wirklichkeit Der historische Abriss zeigt, dass sich mindestens vier Klassifizierungen hinsichtlich der Entstehung des künstlichen Menschen resp. der künstlichen Frau vornehmen lassen: 1. Schöpfung durch Götter 2. vom Menschen geformt, von Göttern belebt 3. von Menschen geschaffen und belebt 4. der natürliche Mensch wird mit Künstlichkeit versehen Auffällig ist, dass die letzten beiden Kategorien in dem Maße erst in der heutigen Zeit auftreten. Gründe dafür sind wohl der medizinische und technische Fortschritt, der es zum ersten Mal ermöglicht: 1. Automaten herzustellen, die vom Menschen kaum zu unterscheiden sind oder durch Gentechnik künstliche Menschen zu erschaffen und 2. natürliche Menschen durch künstliche Attribute soweit zu verfremden, dass sie nicht mehr als solche identifiziert werden können. Ehemals künstliche fiktive Figuren scheinen Wirklichkeit zu werden. Literatur www.phil-fak.uni-duesseldorf.de/germ5/seminare/2001ws/rupp/olimpia/ Dick, Philip K.: Träumen Roboter von elektrischen Schafen?, aus dem Amerikanischen übersetzt von Norbert Wölfl, Hamburg 1969 Frenzel, Elisabeth: Stoffe der Weltliteratur, ein Lexikon dichtungsgeschichtlicher Längsschnitte, Stuttgart 1988 Frenzel, Elisabeth: Motive der Weltliteratur, ein Lexikon dichtungsgeschichtlicher Längsschnitte, Stuttgart 1988 Graves, Robert: Griechische Mythologie, Quellen und Deutung, Hamburg 1979 Pielow, Dorothee: Lilith und ihre Schwestern, Zur Dämonie des Weiblichen, Düsseldorf 1998