Sprachliches Wissen: mentales Lexikon, grammatisches Wissen

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Sprachliches Wissen:
mentales Lexikon, grammatisches Wissen.
Gedächtnis
Psycholinguistik
Vilnius, den 22. September 2011
Das Wissen
• Beim Sprechen, Hören, Schreiben und Verstehen
finden kognitive Prozesse statt, die vom Inhalt,
dem Aufbau der Sprachfähigkeit ermöglicht
werden und von ihnen beschränkt sind
• Dies alles wird durch das menschliche
Sprachwissen ermöglicht
• Mit dem Terminus „Wissen“ wird nicht nur das
bewusste, sondern auch das begrifflich
unbewusste Wissen gemeint
Zentrale Fragen
1. Worin besteht das sprachliche Wissen?
2. Wie ist das sprachliche Wissen gegliedert?
3. Ist sprachliches Wissen im Gehirn
lokalisierbar?
Bestandteile des Sprachwissens
• Die Kenntnis des sprachlichen Systems (= das
mentale Lexikon)
• Die Verwendungshäufigkeiten der
Bestandteile des sprachlichen Systems (= die
mentale Grammatik)
• Diese Bestandteile sind aufeinander bezogen
und ergänzen einander
Beispiel (1a): Fragestellung
„Das Wetter ist klar“
Nach welchen Kriterien kann der vorliegende
Satz untersucht werden?
Beispiel (1b): Untersuchung
• Die konzeptuellen Bestandteile der Äußerung:
lexikalische Konzepte: Wetter, sein, klar, klar sein;
indexikalische Konzepte: Raum, Zeit;
Intensionskonzepte: Mitteilung, Frage, Aufforderung?
• Syntaktische Eigenschaften: Wortklasse, Genus,
syntaktische Umgebung
• Flexionsmorphologische Kategorien: Person, Kasus,
Numerus, Tempus, Modus usw.
• Lautliche und schriftliche Ausdrucksweise
Beispiel (1c): Schlussfolgerung
Lexikalisches Wissen:
Konzepte,
syntaktische Kategorien,
Morphologisches,
Lautliches,
Häufigkeit
Grammatisches Wissen:
semantische,
syntaktische,
morphologische,
phonologische
Strukturprinzipien
Lexikalisches Wissen (1)
• = das mentale Lexikon
• = der menschliche Wortspeicher
• = der sprachliche Wissensbestand im
Langzeitgedächtnis; die internen und externen
Informationen über die lexikalischen
Einheiten* und die Relationen zwischen ihnen
Lexikalisches Wissen (2)
• „Lexikon“ im lexikologischen/lexikografischen und im
psycholinguistischen Sinne
• Unterschiede:
Wörterbuch
Mentales Lexikon
Alphabetische Anordnung der Einträge
Systemhafte Anordnung der Einträge
Gleichzeitige Anführung von Wortform
und Wortinhalt
Getrennte Abspeicherung von
Wortformen und Wortinhalten
Exkurs
• Jeder Erwachsene kann einen Wortschatz von
bis zu 150 000 Wörtern im Langzeitgedächtnis
aufbewahren
• Ein erwachsener Mensch kann
durchschnittlich 3 Wörter pro Sekunde
produzieren
Grammatisches Wissen
• Die Grundannahme: „Unter Verwendung einer
begrenzten Zahl von Wörtern können unbegrenzbar
viele Äußerungen produziert werden“
• Zentrale Fragen:
1. Universalitätsfrage: Welcher Teil des Wissens ist
universal?
2. Grammatikinhaltsfrage: Was ist der Inhalt des
grammatischen Wissens und wie ist es gegliedert?
3. Repräsentationsfrage: Wie werden die anderen Arten
vom Wissen repräsentiert?
4. Lokalisationsfrage: Wo ist die mentale Grammatik im
Gehirn platziert?
Universalität
• Position I: Das universale Wissen umfasst angeborene
Einschränkungen über sprachliche Kategorien,
universale Vorgaben über die Struktur der Sätze,
Prinzipien der Hierarchie, Strukturierung oder
Sprachökonomie. Grundlage: sprachliche Erfahrungen,
die Sprache der Anderen
• Position II: Das universale Wissen des Kindes besteht in
einem kognitiven Automatismus,
Wahrnehmungseindrücke zu kategorisieren,
sprachliche Daten erkennen und sie zu kategorisieren
Grammatikinhaltsfrage
• Mangelnde Untersuchungen im Bereich der
Erforschung des grammatischen Inhalts
• Grundlage: die Erkenntnisse der linguistischen
Grammatik
Repräsentationsfrage
• Theorie I – Systemverarbeitungsmodell: Die
linguistische Theorie, nach der die Symbole semantisch
(Merkmalsbündel), syntaktisch und phonologisch
verarbeitet werden
• Theorie II – die konnektionistischen Repräsentationen:
Sie werden durch drei Gruppen von Eigenschaften
charakterisiert: die Knoten, die Verbindungen zwischen
ihnen, die Aktivationswerte der Knoten und der
Verbindungen
• Im ersten Fall erfolgen die sprachlichen Prozesse
modular, im zweiten linear
Lokalisationsfrage
• Die zentrale Frage: Wie laufen die sprachlichen und
gedanklichen Prozesse im Gehirn physiologisch ab, welche
Orte und wann werden im Gehirn aktiviert, wenn man
spricht, etwas wahrnimmt, produziert usw.?
• Die Hauptannahme: zwischen dem kognitiven und dem
neuronalen System gibt es einen unmittelbaren
Zusammenhang
• Die beste Vorgehensweise bei der Lokalisation der Sprache
ist die klinische Chirurgie: magnetische Messungen von
lokalen Veränderungen im Blutsauerstoff, das Messen von
elektrischen oder magnetischen Spannungs- oder
Zustandsveränderungen (Elektronenzephalogramm,
Magnetenzephalogramm) u. A.
Wo ist die Sprache?
Im Kopf 
unter den Knochen der Schädeldecke 
im Gehirn 
im Großhirn
(= Hirnrinde, Kortex, Zentralorgan des Gehirns,
Schaltzentrale des Menschen, der Sitz der
sprachlichen Funktionen bei einem
Menschen)
Gehirn
Stammhirn
Kleinhirn
Zwischenhirn
Großhirn
Sprachliche Zentren im Gehirn (1)
SSSSensorische Funktionen
Motorische
Funktionen
Paul Broca (1824-1880)
• fr. Arzt und Anthropologe
• um 1860 der Fall des „Monsieur Tan“
• „Tan“ als einzige gesprochene Silbe des
Patienten
• Sprachproduktion vs.
Sprachverstehen
• Postmortale Autopsie: eine Läsion
zwischen dem Frontallappen und
Temporallapen
• Schlussfolgerung: die verletzte Stelle
ist für die Sprachproduktion zuständig
• Seither: dieses Areal gilt als Ort, an
dem die Sprache entsteht
Gehirn des Monsieur Tan
Carl Wernicke (1848-1905)
• dt. Psychiater und Neurologe
• 1874 wissenschaftliche Studie
über die sensorische Aphasie
Sprachliche Zentren im Gehirn (2)
Generieren von Wörtern
Hören von Wörtern
Sprechen von Wörtern
Sehen von Wörtern
Exkurs: Das menschliche Gehirn
• http://www.youtube.com/watch?v=5w4_aCuucM8&feature=r
elated
• http://www.youtube.com/watch?v=rd49lx1UsU8&feature=rel
ated
• http://www.youtube.com/watch?v=S30NgzRVL4E&feature=re
lated
• http://www.youtube.com/watch?v=fv1VhBmFjdk&feature=rel
ated
• http://www.youtube.com/watch?v=Vhl6oskxrs0&feature=rela
ted
Gedächtnis (1)
• Definition: Fähigkeit, Sinneswahrnehmungen oder
psychische Vorgänge im Gehirn zu speichern;
Vermögen, Bewusstseinsinhalte aufzubewahren, zu
behalten, zu speichern und sich ins Bewusstsein
zurückzurufen, sie wieder zu beleben
• Funktionen: Informationen wahrnehmen, sie
aufbewahren, speichern, wiederherstellen,
vergessen
Gedächtnis (2)
Arten des Gedächtnisses:
– Arbeitsgedächtnis (kurzfristiges Gedächtnis)
– Langzeitgedächtnis
– Sensorisches Gedächtnis
– Nach der Art der Aufbewahrung von
Informationen: deklaratives (Wissensgedächtnis),
prozedurales (Verhaltensgedächtnis), emotionales,
visuelles, auditives Gedächtnis u. a.
Gedächtnistest (1)
• Finden Sie in einer Minute so viele Wörter wie
möglich, die mit dem Buchstaben "S" beginnen
• Finden Sie in einer Minute so viele Wörter wie
möglich, die Ihnen zum Begriff "Supermarkt"
einfallen (Was können Sie dort alles kaufen?)
Gedächtnistests (2, 3)
• Müller, H. (Hrsg.) (2002), Arbeitsaufgabe Nr. I
• Müller, H. (Hrsg.) (2002), Arbeitsaufgabe Nr. V
Gedächtnistests (4, 5)
1. Lesen Sie das Wort und lernen Sie es
auswendig.
2. Schließen Sie danach die Augen.
3. Buchstabieren Sie dieses Riesenwort
rückwärts. Sie beginnen mit dem Buchstaben
„n“.
Bahnhofsmissionsvorhallenplätzchen
1. Lesen Sie das Wort und lernen Sie es
auswendig.
2. Schließen Sie danach die Augen.
3. Buchstabieren Sie dieses Riesenwort
rückwärts. Sie beginnen mit dem Buchstaben
„T“.
4. Gehen Sie dabei in Ihrem normalen
Gehtempo auf und ab.
Integratives Hirnleistungstraining IHT
Fazit (4, 5)
• Bei der maximalen Anstrengung des Arbeitsgedächtnisses
sprießen die Verbindungen (Synapsen) zwischen den
einzelnen Nervenzellen
• Die Synapsen sorgen für die geistige Flexibilität
• Das Umhergehen war hilfreich
• Die Lösung der Denkaufgabe wurde durch das Gehen
erleichtert.
• Durch das Gehen werden das Denken und die Wachheit stark
angeregt.
Gedächtnistest (6)
• Schreiben Sie so schnell wie möglich die Ziffern 1 bis
20 auf.
• Schönheit ist kein Kriterium.
• Stoppen Sie mit dem Sekundenzeiger die Zeit, die Sie
dafür benötigen.
Fazit (6)
Bewegungsschnelligkeit und geistige
Leistungsfähigkeit weisen einen sehr engen
Zusammenhang auf.
Bewegungstest (7)
• Führen Sie so schnell wie möglich die Daumen zu den
einzelnen Fingern der gleichen Hand.
• Diese Übung wird so häufig und so schnell wie
möglich innerhalb von 10 Sekunden wiederholt.
Fazit (7)
• 8 oder mehr komplette Durchgänge (Daumen
zu Zeige-, Mittel-, Ringfi nger und kleinem
Finger) sind ein gutes Ergebnis.
Bewegungstest (8)
• Partner A hält ein DIN A4 Blatt längsseitig nach unten.
• Partner B hält seine Hand darunter (Daumen und Zeigefinger sind maximal
auseinandergespreizt).
• Das Blatt wird ohne Ankündigung von Partner A losgelassen und Partner B
versucht es möglichst schnell zu greifen.
• Neue Übung:
• Partner B schließt die Augen. Partner A lässt das Blatt los, sobald er leise
das Kommando „los“ sagt. Markieren Sie die Stelle, an der Partner B das
Blatt ergreift.
• Neue Übung:
• Partner B schließt die Augen. Partner A lässt das Blatt los, sobald er sehr
laut das Kommando „los“ sagt. Markieren Sie die Stelle, an der Partner B
das Blatt ergreift.
Fazit (8)
• Das Blatt ist bei geschlossenen Augen und leisem Kommando
eher schwer zu fangen, da das Gehirn durch das leise
Kommando kaum aktiviert wird.
• Bei geschlossenen Augen und einem lauten Kommando ist
das Blatt leicht zu fangen, da das Gehirn durch das deutliche
Kommando stark aktiviert wird.
• Förderung der Wachheit und des Reaktionsvermögens.
• Der Hirnstamm wird aktiviert. Die Aufmerksamkeit und das
Denkvermögen werden dadurch erhöht.
• Vor Klassenarbeiten, Seminararbeiten, Diskussionen und
Konferenzen hat sich diese Übung sehr bewährt.
Literatur und andere Hinweise
• Dietrich, R. (2007): Psycholinguistik. Stuttgart,
Weimar.
• Müller, H. M. (Hrsg.) (2002): Arbeitsbuch
Linguistik. Paderborn, München.
• http://www.wissiomed.de/
• http://www.geo.de/sprache
• http://web.vu.lt/flf/d.katinas/destomidalykai/psicholingvistika/
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