Alles rund um Chemotherapie Prof. Dr. med. Manfred Hensel Medizinische Fachangestellte Katrin Pagel Krankenschwester Marika Künzler Inhalt des Vortrags -Was ist Krebs? -Wie wirkt Chemotherapie? -Alternativen u. Ergänzungen zu Chemotherapie (Antikörper, etc.)? -Wie sieht der Ablauf einer Behandlung in der Praxis aus? -Welche Nebenwirkungen können auftreten? -Was können wir/Sie dagegen tun? Was ist Krebs? Zellkern mit DNA Zelle Der Körper besteht aus 30 Billionen Zellen und verändert sich fortwährend (sichtbar an Haaren, Nägeln, etc) Das innere Programm von Körperzellen ist im Erbgut (DNA) niedergelegt und reguliert das Zellwachstum Was ist Krebs? Ständig entstehen Schädigungen von Zellen und Ihrem Erbgut Normalerweise werden solche Schäden repariert Sind Zellschäden nicht reparabel, begeht die Zelle Selbstmord (Apoptose) Was ist Krebs? Wenn durch Zufall Veränderungen des Erbgutes (Mutationen) entstehen, die nicht repariert werden und das Selbstmordprogramm nicht aktivieren, dann bleibt eine geschädigte Zelle am Leben und vermehrt sich Über Krebsvorstufen kann dann ein Krebs heranwachsen Krebszelle Die Zelle sieht anders aus, der Kern ist größer, die Zellwände anders aufgebaut Die Krebszelle ist unsterblich geworden Die Zelle missachtet den ursprünglichen Zellverband und wächst ohne Rücksicht auf Verluste Die Zelle kann den Zellverband verlassen und über Blut oder Lymphe in andere Organe wandern und dort Tochtergeschwülste bilden (Metastasen) Risikofaktoren für Zellschädigung Radioaktivität Umweltgifte (Chemikalien) Rauchen Sonnenstrahlung Virusinfekte Gifte in Nahrung (z.B. Schimmelpilze) Erbliche Veranlagung Häufigkeit Krebs in Deutschland 2003 – 2004, Häufigkeiten und Trends Eine gemeinsame Veröffentlichung des Robert Koch-Instituts und der Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e.V.; 6. überarbeitete Auflage, 2008 Krebsbehandlung Lokalisierte Erkrankung (Organerkrankung) Radikale Entfernung (OP) Strahlentherapie Metastasierte Erkrankung (Systemerkrankung) Systemtherapie: – Chemotherapie – Antikörper – Hormontherapie – Signalhemmer – Gentherapie – Immuntherapie (Vakzine) Wie wirkt Chemotherapie? - Zytostatika töten alle schnell sich teilenden Körperzellen ab - Geringe Spezifität, d.h. auch gesunde, sich teilende Zellen werden geschädigt (→ Nebenwirkungen) - Greifen an verschiedenen Stellen der Zelle an: z.B. -stören die Zellteilung -zerstören Zellwand -zerstören Zellbestandteile Wann Chemotherapie? „neoadjuvant“ -vor Operationen zur Verkleinerung des Tumors z.B. bei Magenkrebs „adjuvant“ -als Ergänzung zur Operation z.B. bei Dickdarm- oder Brustkrebs bei fortgeschrittenen Krankheitsstadien zur Heilung, z.B. bei Lymphknotenkrebs, Leukämie „palliativ“ -keine Heilung, aber Lebensverlängerung und Erhaltung/Besserung der Lebensqualität Neue Substanzen -Ergänzung zu Chemotherapie -ggf. statt Chemotherapie Welche Substanzgruppen gibt es? -Monoklonale Antikörper (z.B. Rituximab, Cetuximab) -Signalhemmer (Imatinib, Sorafenib, etc.) Was sind die Vorteile? -gezieltere Wirkung -weniger Nebenwirkungen Was sind Antikörper? Künstlich hergestellte Eiweißkörper, die Tumorzellen zerstören können Antikörper Antigen Krebszelle Beispiele: ⇒ Zielgerichtet Mabthera, Herceptin ⇒ Zerstören nur Zellen, die das Zieleiweiß tragen ⇒ Andere Körperzellen werden geschont Beispiel für Antikörper: Avastin Bekämpft Blutversorgung von Tumoren Kleiner Tumor (1 - 2 mm) • avaskulär • ruhend Blutgefäßneubildung VEGF Größerer Tumor • vaskularisiert • Metastasierungspotential Ablauf der Chemotherapie in der Mannheimer Onkologie Praxis -Aufklärungsgespräch durch Arzt -Vereinbarung eines Termins zur Chemotherapie -Rezept für Tabletten, Einnahmeplan -am Tag der Therapie: Aufruf aus Wartezimmer durch Onkologieschwester Platz nehmen auf Sessel, legen einer Nadel/Port Was ist ein Port-Katheter? Dauerhaftes Kathetersystem als Zugang zum venösen System Portkatheter werden vollständig subkutan (ins Unterhautfettgewebe) versenkt. Das im Unterhautfettgewebe implantierte Gehäuse ist mit einer stabilen und nadelresistenten Silikonmembran versehen. Das Gehäuse lässt sich von außen meistens gut ertasten und die Membran mit einer Spezialnadel anstechen. Ein Port–Katheter wird gelegt, wenn die Notwendigkeit eines langfristigen oder sehr häufigen Gefäßzugangs besteht, z. B. bei Chemotherapien, die über 24h laufen. Ablauf der Chemotherapie in der Mannheimer Onkologie Praxis Nach Legen einer Nadel/Port: Bestimmung des Blutbildes Anhängen einer Kurzinfusion mit Med. gg. Übelkeit Anhängen der Chemotherapie- oder Antikörperinfusion Welche Infusionsarten gibt es? Infusionsarten in der Mannheimer Onkologie Praxis -Bolusspritze intravenös (in die Vene) oder subcutan (unter die Haut) z.B. Vinblastin und Velcade i.v., Vidaza s.c. -Kurzinfusion z.B. Gemcitabine, 5-FU -längere Infusion über ca. 3h z.B. Antikörper Rituximab -Dauerinfusionen über 24 oder 48h z.B. 5-FU i.R. Folfox bei Darmkrebs Ablauf der Chemotherapie in der Mannheimer Onkologie Praxis -Welche Nebenwirkungen können auftreten? -Was können wir dagegen tun? Nebenwirkungen der Chemotherapie Treten in unterschiedlichem Ausmaß auf, je nach Substanz, Patient, Krankheit, etc. -Übelkeit -Müdigkeit -Haarausfall -Blutbildveränderungen -Infektionen -Durchfall oder Verstopfung -Hautveränderungen Der Brechreflex Gehirn Brechzentrum Chemotherapie Magen-Darm-Trakt Individuelle Risikofaktoren für Übelkeit und Erbrechen Stärker betroffen sind Junge Patienten Frauen Nichtraucher Personen mit niedrigem Alkoholkonsum Ängstliche Patienten Patienten mit Vorerfahrung hinsichtlich Übelkeit und Erbrechen Übelkeit und Erbrechen Tipps – Essen Sie vor der Chemotherapie nur leichte Mahlzeiten. – Verzehren Sie nach der Behandlung mehrere kleine Mahlzeiten verteilt über den Tag. – Meiden Sie zu heisse Speisen und Getränke und Speisen mit intensivem Geruch und Geschmack. – Wählen Sie unterschiedliche Speisen und Getränke vor der Chemotherapie, um eine „innere seelische Verknüpfung“ von Übelkeit und Brechreiz mit bestimmten Lebensmitteln zu vermeiden. – Meiden Sie während der Chemotherapie Ihre Leibspeisen. – Ruhen Sie sich nach den Mahlzeiten aus. – Sorgen Sie für angenehme Düfte in Ihrer Umgebung. – Lüften Sie die Wohnung nach den Mahlzeiten. – Gehen Sie viel an die frische Luft. – Atmen Sie langsam ein und aus, wenn Sie ein Übelkeitsgefühl überkommt. – Wenn Sie öfter erbrechen müssen, warten Sie 4 bis 8 Stunden, bevor Sie feste Nahrung zu sich nehmen. Beginnen Sie mit klaren Getränken. Lutschen Sie Eiswürfel oder gefrorene Fruchtstückchen, um den Flüssigkeitsverlust auszugleichen. Was tun wir gegen Ihre Übelkeit? -Prophylaxe vor der Chemotherapieinfusion mit -Granisetron als Kurzinfusion (hochwirksame Substanz) -häufig zusammen mit Fortecortin -bei sehr „emetogener“ Chemotherapie zusätzlich -1 Tablette Emend schon morgens als Tabl. Tag 1-3 -als Bedarfsmedikament -MCP (Paspertin) bis zu 3 Tabl. oder 3x20 Trpf. tgl. Chemotherapiebedingte Nebenwirkungen Knochenmarkstoxizität Schädigung des Knochenmarks führt zur Beeinträchtigung wichtiger Funktionen des blutbildenden Systems – Neutropenie D Immunabwehr verstärkte Infektionsanfälligkeit – Thrombopenie D erhöhte Blutungsneigung – Anämie D Schwäche, Müdigkeit Sie selbst können dazu beitragen, akute Nebenwirkungen zu vermindern oder zu vermeiden ! Infektgefahr Tipps – Achten Sie auf maximale Sauberkeit. – Reduzieren Sie die Gefahr von Infektionen beim Kontakt mit anderen Personen. – Vermeiden Sie Schnittverletzungen. – Vermeiden Sie direkten Kontakt zu (fremden) Tieren. Entzündung im Mund und Hals (Mukositis) Tipps (1) – Suchen Sie vor Beginn der Chemotherapie Ihren Zahnarzt auf und lassen Sie gegebenenfalls vorhandene Entzündungsherde und Defekte sanieren. – Untersuchen Sie im Laufe der Chemotherapie 2 mal täglich Ihren Mund vor dem Spiegel und achten Sie auf Veränderungen. Wenn Sie eine Prothese tragen, dann nehmen Sie diese vorher heraus. – Prothesen gründlich säubern. Verzichten Sie auf die Prothese, wenn bereits Schleimhautschäden vorliegen. Entzündung im Mund und Hals Tipps (2) – Achten Sie auf eine sorgfältige Mundhygiene. – Benutzen Sie keine alkoholhaltigen Mundwasser. Es gibt spezielle Lösungen, die dafür eigens entwickelt wurden. – Reinigen Sie den Mund nach jedem Essen. – Benutzen Sie eine weiche Zahnbürste. Weichen Sie diese vorher in Wasser ein und spülen Sie die Zahnbürste während des Putzens immer wieder mit heißem Wasser aus. – Wechseln Sie häufig die Zahnbürste. Erschöpfung (Fatigue-Syndrom) "Die Tumorerschöpfung, auch Fatigue genannt, bedeutet eine außerordentliche Müdigkeit, mangelnde Energiereserven oder ein massiv erhöhtes Ruhebedürfnis, das absolut unverhältnismäßig zu vorangegangenen Aktivitätsänderungen ist." David Cella, 1995 Müdigkeit und Erschöpfung Tipps 1 – Sprechen Sie Ihre Erschöpfung beim Arzt und den Pflegekräften an, – Führen Sie ein persönliches Patiententagebuch und bringen Sie es zu jedem Arztbesuch mit. – Planen Sie den Tagesablauf und teilen Sie Ihre Kräfte ein. – Beziehen Sie Angehörige und Freunde in Ihr Leben ein und lassen Sie sich helfen. – Sorgen Sie für eine positive Stimmung und versuchen Sie, sich abzulenken . Müdigkeit und Erschöpfung Tipps 2 – Günstig ist eine leichte körperliche Betätigung an der frischen Luft. Gehen Sie z.B. spazieren, ohne sich zu überanstrengen. – Achten Sie auf genügend und erholsamen Schlaf. – Trainieren Sie Entspannungsübungen. – Achten Sie auf eine gesunde und ausgewogene Ernährung mit eisenhaltigen und vitaminreichen Speisen. Wir beantworten gerne Ihre Fragen Prof. Dr. med. Manfred Hensel Medizinische Fachangestellte Katrin Pagel Krankenschwester Marika Künzler www.mannheimer-onkologie-praxis.de