Sonnen/-Blendschutz und Tageslichtlenkung

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Publikation – ift Rosenheim
Manuel Demel, Jürgen Benitz-Wildenburg
Sonnen/-Blendschutz und Tageslichtlenkung
Anforderungen, Nachweise und Planungshinweise
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M.BP. Dipl.-Ing. Manuel Demel Manuel Demel, Produktingenieur Bauphysik
Dipl.-Ing. Jürgen Benitz-Wildenburg, Leiter PR & Kommunikation
Sonnen/-Blendschutz und Tageslichtlenkung
Anforderungen, Nachweise und Planungshinweise
Der sommerliche Wärmeschutz sowie die Tageslichtqualität gewinnen aufgrund
steigender Komfortansprüche, häufigerer Hitzeperioden und der Reduzierung von
Klimatisierungs- und Beleuchtungskosten immer mehr an Bedeutung. Dem trägt auch die
verschärfte EnEV 2016 Rechnung. Durch die Vielzahl von Parametern und dem Einfluss
von Glas und Sonnenschutz auf den gtot-Wert ist eine genaue Planung komplex. Für
einfache Gebäude und Wohnungsbauten ist der vereinfachte Nachweis, der nach EnEV
möglich ist, noch ausreichend. Bei Nichtwohnungsbauten ist eine Gebäudesimulation
sinnvoll, sofern es sich nicht um einfache Verwaltungsbauten mit Lochfensterfassaden
handelt. Der Beitrag stellt ein einfaches Verfahren vor, mit dem der maximal mögliche
Fensterflächenanteil und die erforderliche Glas-/Sonnenschutzkombination abgeschätzt
werden können.
Automatische Steuerungssysteme werden intensiv propagiert und können den Kühlbedarf
reduzieren. Diese Systeme greifen in der Praxis oft nicht wie gewünscht, weil eine
zentrale Steuerung gerade bei zusammenhängenden Büroflächen die individuellen
Bedürfnisse
der
Mitarbeiter
nicht
ausreichend erfüllt und
deshalb nicht akzeptiert
werden. Vorteile ergeben
sich
durch
eine
Ansteuerung
pro
Sonnenschutzelement, da
dies
eine
arbeitsplatzbezogene
Regelung ermöglicht. Da
Sonnen-/Blendschutz und
Tageslichtlenkung
teilweise gegensätzliche
Anforderungen
haben,
sollte dies von Beginn
berücksichtigt werden.
Bild 1 Design, Sonnenschutz und Tageslicht schließen sich nicht aus
(Köster Lichtplanung, RetroSolar)
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Normative Regelung zum sommerlichen Wärmeschutz
Die Mindestanforderungen an den sommerlichen Wärmeschutz gelten für alle beheizten
Räume in Hochbauten (19 °C) und Räume, die im offenen Raumverbund verbunden
sind. Die Anforderungen werden in der EnEV formuliert und gemäß DIN 4108-2
nachgewiesen und gelten für neue Gebäude sowie für Erweiterungsbauten oder neue
Gebäudeteile im Sinne der EnEV. Die DIN 4108-2 bietet ein vereinfachtes Verfahren
(Sonneneintragskennwert-Verfahren oder Sx-Verfahren) und eine dynamische
Gebäudesimulation an, die mit festgelegten Parametern und Randbedingungen zu
rechnen ist. Durch die Überarbeitung der DIN 4108-2 kann nun auch eine passive Kühlung
und Nachtlüftung mit unterschiedlich hohen Luftwechseln berücksichtigt werden. Das
vereinfachte Verfahren bewertete früher bei einem
fassadenflächenbezogenen
Fensterflächenanteil von unter 50 % zu „scharf“ und bei größeren Fensterflächenanteilen
zu „weich“. Diese Fehlbewertung wurde nun korrigiert, so dass das vereinfachte Verfahren
und die Simulation zu ähnlichen Ergebnissen kommen. Bei größeren Fensterflächen ergibt
sich nun eine „strengere“ Bewertung, so dass nun tendenziell effektivere
Sonnenschutzmaßnahmen als bisher erforderlich sind. Teilweise ist nun ein
Sonnenschutzglas puls außenliegendem Sonnenschutz erforderlich, mitunter sogar
kombiniert mit einer erhöhten Nachtlüftung und/oder einer passiven Kühlung, um die
Anforderungen zu erfüllen. Eine Beispielrechnung für einen typischen einfachen
Nichtwohnungsbau zeigt, dass trotz eines Sonnenschutzglases mit einem g-Wert von 31
% und einem zusätzlichen, außenliegenden Sonnenschutz die Anforderungen der DIN
4108-2:2013 für das Gebäude in Bild 1 nur ganz knapp erfüllt werden. Im
Nichtwohnungsbau wird daher eine thermische Gebäudesimulation das übliche Verfahren
sein.
Tabelle 1 Beispielrechnung für ein Nichtwohngebäude nach dem vereinfachten Verfahren der DIN
4108-2 (Vergleich Fassung 2003/2012)
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Bild 3 Geometrie des Gebäudes mit einem kritischen Raum für die Rechnung in Tabelle 1
Die Anhaltswerte für die Abminderungsfaktoren Fc von Sonnenschutzeinrichtungen in
Tabelle 7 der Norm unterscheiden nun zwar zwischen Zwei- und DreifachWärmeschutzglas sowie Sonnenschutzglas, aber eine Angabe konkreter Herstellerangaben
für den gtot-Wert führt zu eindeutig besseren Ergebnissen. Es wird oft nicht berücksichtigt,
dass der für die Bemessung relevante Fc-Wert von der Kombination aus Glas und
Sonnenschutz abhängt. Die Fc-Werte werden oft übertragen und unbedenklich genutzt, so
dass es in der Praxis bei größeren Glasflächen häufig zu Fehlplanungen kommt. In Bezug auf
den Fc-Wert sind bei außenliegendem Sonnenschutz Abweichungen bis zu 20% möglich (S.
Bild 2).
Bild 3 Fc-Wert im Zusammenspiel von Sonnenschutz und Verglasung
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Diagramm-Verfahren zum Nachweis des Sommerlichen Wärmeschutzes (1085 Zeichen)
Das Sx-Verfahren der DIN 4108-2:2013-02 nennt sich zwar „vereinfachtes Verfahren“,
berücksichtigt aber trotzdem geometrische Strahlungsdaten sowie sechs weitere Parameter.
Will man die Berechnung vereinfachen bieten sich Diagramm-Verfahren an, bei denen
wichtige Parameter wie die Fensterfläche oder den erforderlichen gtot-Wert abgelesen
werden können. Das ift Rosenheim hat nun für gängige Anwendungsfälle Diagramme
entwickelt, mit denen sich für eine Klimazone und gegebenem Sonnenschutz (gtot für
Kombination Glas & Sonnenschutz) der zulässige Fensterflächenanteil bestimmen lässt
bzw. bei gegebenem Fensterflächenanteil der nötige Sonnenschutz. Damit lässt sich
schnell und einfach der Nachweis für den sommerlichen Wärmeschutz führen. Natürlich
liegen einige Parameter „auf der sicheren Seite“, so dass man mit dem Ablesediagramm
den Sonnenschutz etwas "besser" dimensioniert, als bei einer genauen Berechnung.
Bild 4 Diagramm zum grafischen Nachweis des erforderlichen Sonnenschutzes mit folgenden
Randbedingungen (Wohnungsbau, schwere Bauart, erhöhte Nachtlüftung mit Luftwechsel
2/h, Glas mit Gesamtenergiedurchlassgrad g = 0,62, Fensterneigung 90°,
Fensterorientierung Ost über Süd bis West, keine bauliche Verschattung, keine passive
Kühlung, weitere Diagramme in der ift Fachinfo WA/21/1
(Diagrammentwicklung M. Rossa, ift Rosenheim)
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Tageslichtlenkung und Blendschutz (3947 Zeichen)
Neben den thermischen Kriterien ist die Lichtqualität der zweite wichtige Faktor für die Planung von Verschattung und Blendschutz. Besonders knifflig ist die Sicherstellung der Blendfreiheit in Kombination mit einer ausreichenden Tageslichtversorgung. Denn Die Anforderungen an Licht werden durch die visuelle Wahrnehmung und die biologische Wirkung des Lichtes bestimmt. Sehaufgaben können optimal bei Beleuchtungsstärken zwischen 2000 lx und
4000 lx gelöst werden (Mindestwert 500 lx). Diese Forderungen beziehen sich auf die eigentliche Sehaufgabe und lassen die Entdeckung eines dritten Lichtrezeptors auf der Netzhaut
unberücksichtigt, der die biologische Uhr, die Hirnaktivität, das Wohlbefinden und die Gesundheit beeinflusst und erst ab Beleuchtungsstärken am Auge von größer 1000 lx reagiert.
Diese Erkenntnisse erfordern eine gänzlich neue Bewertung von „gutem Licht“, die folgende
Faktoren berücksichtigen muss:

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
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absolute Tageslichtmenge (Quantität),
Verlauf bzw. Verteilung des Tageslichts im Raum (Tageslichtquotient),
Optische Wahrnehmungsbedingungen, Direktblendung, Reflexblendung,
Visueller Bezug nach außen (Transparenz),
Abschaltzeiten des Kunstlichts,
Sonnenschutz (g-Wert als Kennzahl der Sonnenschutzwirksamkeit).
Bild 5
Blendung trotz Sonnenschutz?
Oft blendet der Sonnenschutz, weil sich Leuchtdichten am Fenster über 4000 cd/m² ergeben und damit ein Arbeiten am Bildschirm erschweren. Eine Blendung kann häufig nur
durch einen zusätzlichen inneren Blendschutz oder winkelselektive Verschattungssysteme
vermieden werden, die die direkte Sonnenstrahlung ausblenden, aber dennoch genügend
indirektes und blendfreies Licht in den Raum lassen. Ein visuelles Unbehagen kann sich
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selbst bei geschlossenem oder zu hellem Sonnen-/Blendschutz ergeben, wenn Fenster
und Fassaden direkt von der Sonne beschienen werden und sich dann die Sonnenscheibe
abzeichnet und sich Sonnenlichtflecken auf Boden und Möbeln bilden. Außerdem ergibt
sich ein zu hoher Leuchtdichtewert mit Kontrasten zwischen der Sonnenschutzeinrichtung
und den Umgebungsflächen. Ein Blendschutz gemäß DIN EN 14500 soll deshalb den Grad
der Leuchtdichte regulieren, die Leuchtkontraste zwischen verschiedenen Bereichen innerhalb des Gesichtsfeldes verringern sowie störende Reflexionen auf Bildschirmgeräten verhindern. Ideal ist daher eine Kombination von Sonnen- und Blendschutz, insbesondere an
Bildschirmarbeitsplätzen.
Bild 6 Winkelselektive Lamellen können Sonnen-/Blendschutz und Tageslichtlenkung gut verbinden (Bsp. Retroflex-Lamelle, Bildquelle ift Tagungsband zur R+T 2012, KösterLichtplanung)
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Fazit
Sonnenschutz und Blendfreiheit kann nur durch eine integrative Planung energieeffizient,
kostengünstig und nachhaltig erreicht werden. Hierzu gehören auch Systeme zur Tageslichtlenkung, die das vorhandene Licht optimal in der Raumtiefe verteilen und den visuellen Komfort erhöhen und die Stromkosten reduzieren. Der Einsatz automatisch regelbarer Systeme
und die Planung der zugehörigen Steuerung, die auf jeden Fall während der Nutzungsphase
weiter zu optimieren ist, ermöglichen weitere Energieeinsparpotenziale. Thermischer Komfort
ist auch bei großen Glasflächen möglich, wenn dies in der Planungsphase berücksichtigt
wird. Nicht ein „Entweder-oder“, sondern ein „Sowohl-als-auch“ muss deshalb der Grundsatz
für die Planung von Fassade, Haustechnik und Beleuchtung sein.
Literatur:
[1]
DIN 4108-2:2013-02
Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden – Teil 2: Mindestanforderungen an den Wärmeschutz.
Beuth Verlag GmbH, Berlin
[2]
EnEV Energieeinsparverordnung 2016
[3]
Fachinfo ift Rosenheim WA-21/1 "Sommerlicher Wärmeschutz - Vereinfachte Nachweisverfahren und Diagramme",
Mai 2014
[4]
VFF Merkblatt ES.04 "Sommerlicher Wärmeschutz", Januar 2013
[5]
EN 12464, wird noch ergänzt
[6]
DIN 5034, wird noch ergänzt
[7]
DIN 5035, wird noch ergänzt
[8]
DIN EN 14500, wird noch ergänzt
Autoren
M.BP. Dipl.-Ing. Manuel Demel ist im ift Rosenheim als Produktingenieur
"Bauphysik" mit dem Fokus auf wärmeschutztechnische Themen produktübergreifend tätig. Er vertritt das ift Rosenheim in mehreren Normen- und
Fachausschüssen sowie in Seminaren.
Dipl.-Ing. Jürgen Benitz-Wildenburg leitet im ift Rosenheim den Bereich PR & Marketingkommunikation. Als Schreiner, Holzbauingenieur
und Marketingexperte ist er seit 30 Jahren in der Holz- und Fensterbranche in verschiedenen Funktionen tätig. Als Lehrbeauftragter, Referent
und Autor gibt er seine Erfahrung weiter.
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