Influenza-Viren - Aktion Saubere Hände

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“Vogelgrippe” – Gefahr für eine
Influenzapandemie des Menschen
Harald Heider
Institut für Virologie
Charité Campus Mitte
Influenza-Viren
Schwerpunkte:
?
• Wie kann es durch das für Vögel hochpathogene
„Vogelgrippevirus“ H5N1 zu einer
Influenzapandemie des Menschen kommen ?
• Aktuelle Daten zur Verbreitung des
„Vogelgrippevirus“ H5N1
• Können wir uns vor einer Influenzapandemie
schützen ?
• Sind wir auf eine neue Influenzapandemie
vorbereitet ? Wie erfolgt die Überwachung ?
Aufbau des
Virions
Familie: Orthomyxoviridae
3 humanmedizinisch relevante Genera:
Influenza A (Mensch; Vögel; Schweine; Pferde)
Influenza B (Mensch)
Influenza C (Mensch)
(Modrow et al., 2003)
Influenza A-Viren
16
9
Hämagglutinin-Subtypen (H1-H16)
Neuraminidase-Subtypen (N1-N9)
Mensch
H1N1
H3N2
(H2N2)
Vogel
H1-16; N1-9
H5N1
Schwein
H1N1
H3N2
„Vogelgrippe“ bei Tieren
- Reservoir: Wildvögel (Wildenten!) beherbergen schwach
pathogene Virusvarianten u. erkranken i.d.R. nicht,
scheiden das Virus aber aus
- Virulenzsteigerung bei Wirtswechsel auf Hausgeflügel
(Hühner, Enten, Gänse, Truthühner erkranken mit
nahezu 100 % Letalität = Geflügelpest)
hoch pathogene H5-o. H7-Influenza A-Viren
Varianten von H5-Viren mit
- erweitertem Wirtsspektrum: Leoparden, Tiger,
Schweine; experiment. Infektion von Katzen
- erhöhter Virulenz für Wildgänse, Geflügel u. im
Mausmodell
1
Ausbreitung von hochpathogenen
H5N1-Viren bei Tieren
• Seit 2003: endemisch in Vietnam, Thailand, Laos,
Kambodschia, Indonesien, China
• 2005: Russische Föd. (asiatischer + europäischer Teil)
Kasachstan
Mongolei
Türkei
Rumänien
Kroatien
„Vogelgrippe“ durch H5N1-Viren bei
Menschen
• Vereinzelt auf den Menschen übertragbar
(ca. 120 Infizierte in Südostasien)
• Übertragungswege: Einatmen von getrocknetem
Kot; über Speichel, Tränenflüssigkeit u.
Federfollikel
• bislang keine effiziente Übertragung von
Mensch zu Mensch
Hypothesen zur Pathogenese der
„Vogelgrippe“ beim Menschen
• Warum erkranken nur wenige Menschen?
Bei massiver Exposition (enger Kontakt zu
erkrankten Tieren - z.B. Tierpfleger, -händler) ist
Infektion möglich, obwohl sich die Rezeptoren auf den
menschlichen Zellen von den aviären unterscheiden
(Dosiseffekt)
• Warum wird das aviäre Virus nicht effizient von Mensch
zu Mensch weitergegeben?
Nach Passage im Mensch ist der Titer aviärer
Influenzaviren zu niedrig, um andere Menschen
infizieren zu können
Pandemien
– Pandemie = Kontinente übergreifende Epidemie
– Voraussetzungen einer Pandemie:
Antigen-Shift
Direktadapt.
Recycling
Leichte
Übertragung
von Mensch zu
Mensch
Fehlende
Populationsimmunität
Wie kann aus einem
Vogelgrippevirus ein humanes
Pandemievirus werden?
• Reassortment (Antigenshift) bei
Doppelinfektion (Schwein;
Mensch) mit den zirkulierenden
humanen Influenza A-Viren
Pandemiestamm
• direkte Adaptation an den
Menschen durch Mutationen
2
Entstehung der Pandemie 1968
“Hongkong-Grippe“
Reassortment
H2N2
H3N8
A/H2N2
A/H3N8
A/H3N2
„Mischgefäß“
H3N2
4 Pandemien im 20. Jahrhundert
• 1918 „Spanische Grippe“ (A/H1N1)
(20 bis 50 Mio. Tote weltweit; mehr Tote als im
gesamten 1. Weltkrieg!)
• 1957 „Asiatische Grippe“ (A/H2N2)
(1 Mio. Tote weltweit; 40.000 in BR Deutschland)
• 1968 „Hongkong Grippe“ (A/H3N2)
(1Mio. Tote weltweit; 130.000 in BR Deutschland)
• 1977 Wiederauftreten des A/H1N1-Subtyps
• seither Kozirkulation von A/H3N2 u. A/H1N1
Eigenschaften des Influenzavirus von 1918
Rekonstruktion des kompletten Virus von
1918 in vitro mittels reverser Genetik
• Ausgangsmaterial:
a) Lungengewebe eines Opfers dieser Pandemie, bestattet im
Dauerfrostboden Alaskas
b) formalin-fixiertes Lungenautopsiematerial
• Konstruktion von Reassortanten dieses Virus mit
zirkulierenden humanen Stämmen
Tumpey et al., Science 2005
Influenzavirus von 1918
• Zellkultur: Replikation ohne Zugabe von Trypsin
• Mäuse: 13% Gewichtsverlust 2d p.i.
hohe Letalität (alle Tiere starben in 6d p.i.)
39000x mehr Viren im Lungengewebe 4d p.i.
• HA- und Polymerase-Gene bedeutsam für
Virulenz
• Pol-Komplex unterscheidet sich nur in 10
Aminosäuren von aviären InfluenzavirusKonsensussequenzen
• embryonierte Hühnereier: höhere Letalität
• menschliche Lungenzellen: 50x höhere Virusfreisetzung
1 d p.i.
Virus von 1918: direkte Adaptation eines
aviären Virus an den Menschen
Tumpey et al., Science 2005
3
Gefahr einer H5N1-assoziierten
Pandemie beim Menschen
Prophylaxe der Influenza
• Schutzimpfung
•
•
•
•
Mutation
H5N1*
H5N1
Reassortment
H5N1
kein Schutz gegen H5N1, aber mindert das
Risiko von Doppelinfektionen
H5N1 + H3N2 o. H1N1
H5
Influenza-Impfstoff in der Saison
2005/2006
• Influenza A (H3N2): A/California/7/2004
• Influenza A (H1N1): A/New Caledonia/20/99
• Influenza B: B/Shanghai/361/2002
Impfung: ab 6. Lebensmonat
Maßnahmen zu Verhinderung der
Ausbreitung des „Vogelgrippevirus“ (I)
•
•
•
•
kosteneffektiv
gute Verträglichkeit
jährliche Aktualisierung des Impfstoffs
gute Wirksamkeit für die jeweilige Saison
(70-80% Schutzrate)
• inaktivierte Subunitvakzine
Tötung des infizierten Geflügels
Importverbot von Geflügel u. Geflügelfleischprodukten
Importverbot für Wild- u. Ziervögel
Stallpflicht für Vögel
seit 15.09.2005 in NRW, Niedersachsen u. MecklenburgVorpommern
seit 22.10.2005 in der gesamten Bundesrepublik
• Leitungswasser für Geflügel
• epidemiologische Überwachung der Tierbestände (auch
der Wildpopulationen)
• Impfung des Geflügels (in Zukunft)
Chemoprophylaxe
Neuraminidaseinhibitoren
• hemmen die
Virusfreisetzung
• Haltbarkeit: 3-4 J.
• Zanamivir (Relenza™)
zum Inhalieren
zur Therapie ab 12 J.
• Oseltamivir (Tamiflu™)
Tabletten
zur Prophylaxe ab 12 J.
zur Therapie ab 1 J.
wirksam gegen Infl. A/B,
auch gegen H5N1
• M2-Ionenkanal-Inhibitoren
• hemmen das Uncoating der
Influenzaviren
• Haltbarkeit: 15 J.
• Amantadin
Tabletten, Sirup
zur Prophylaxe
zur Therapie
ab 5 J.
nur gegen Infl. A wirksam,
aber nicht gegen H5N1
Maßnahmen zu Verhinderung der
Ausbreitung des „Vogelgrippevirus“ (II)
• Desinfektionsmaßnahmen / Händehygiene
Schutzkleidung / Maske
• Expositionsprophylaxe (Meiden von Geflügelmärkten!)
• antivirale Prophylaxe mit Neuraminidasehemmern
(Tamiflu™)
• H5N1-Impfstoff für den Menschen (in Testung)
4
Influenza-Überwachung (Deutschland)
•
Nationale Referenz-Zentrum für Influenza:
am Robert Koch-Institut Berlin
•
Deutsches Grünes Kreuz
Sentinelsystem der AGI (600 teilnehmende Praxen)
ARE-Kontakte + Virusnachweis
wöchentliche Veröffentlichung
•
RealFlu™-Frühsurveillance
Regionale Ausbreitung der
Influenza; Epidemie 2004/2005
ca. 300 Meldeärzte Meldung von ILI (influenza like illness) + InfluenzaSchnelltest
tagesaktuelle Auswertung
(www.grippe-online.de)
Management und Kontrolle einer Influenzapandemie
(Nationaler Pandemieplan, 2005)
Empfehlungen des Bundes u. der Länder zur Vorbereitung
auf eine Pandemie u. für Maßnahmen im Pandemiefall
- Verfügbarkeit von Impfstoffen u. antiviralen
Arzneimitteln
- seuchenhygienische Maßnahmen
- Gewährleistung der medizinischen Versorgung
Erkrankter zur Verhinderung von Todesfällen und
Spätfolgen
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