Bekanntes aus dem Leben der NS-Opfer

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Bekanntes aus dem Leben der NS-Opfer
Hedwig Löb, Vorderer Rebstock 14, Montabaur:
Hier befand sich der Wohnsitz von Hedwig Löb. Hedwig Löb war Witwe. Ihr
Mann, Moritz Löb, betrieb eines Eisen- und Ofenhandlung.
Auch Hedwig Löb durfte nicht mehr in Montabaur bleiben. Am 11. Februar 1939
war sie in Frankfurt gemeldet. Sie wohnte zuerst in der Karlstraße 19 und ab
4. November 1940 in der Sternstraße 19. Am 1. September 1942 wurde sie
durch die Gestapo Frankfurt / Main zum Ghetto Theresienstadt deportiert. Am
29. September 1942 kam sie in ein Vernichtungslager nach Treblinka.
Adolf und Betty Heimann mit Tochter Ingeborg, Vorderer Rebstock 23, Mtb:
Hier wohnte die Familie Heimann und betrieb ein Ladenlokal für
Manufakturwaren. - Nach der Reichspogromnacht mussten die Heimanns ihr
kleines Haus zu einem Spottpreis verkaufen, sollten aber vorerst noch in
Montabaur bleiben.
Adolf und Betty Heimann hatten eine Tochter namens Ingeborg, die psychisch
leicht behindert war. Da sie nicht alleine leben konnte, wurde sie in den
Kriegsjahren von ihren Eltern getrennt und 1940 in die Jacoby’sche Anstalt für
Nerven- und Gemütskranke nach Bendorf-Sayn eingewiesen.
Ihre Eltern, Adolf und Betty Heimann, wurden im August 1941 in die ehemalige
Bergarbeitersiedlung in Friedrichssegen/Lahn eingewiesen, um dort Zwangsarbeit
zu verrichten. Die Männer sortierten Alteisen und Schrott in der zwangsarisierten
Firma „Friedrichssegener Eisenhandel“, die Frauen wurden im Ton- und
Dachziegelwerk Friedrichssegen bei der Klinkerproduktion eingesetzt.
Die Arbeit war körperlich sehr hart und erfolgte unter den allerschlechtesten
Bedingungen. Die Unterkünfte waren verkommen, die Lebensbedingungen mehr
als primitiv.
Adolf und Betty Heimann wurden am 10. Juli 1942 über Frankfurt am Main in
das Vernichtungslager Sobibor deportiert und dort ermordet.
Auch Ingeborg Heimann sollte das NS-Regime nicht überleben. Vom 30. April auf
3. Mai 1942 wurde sie von Koblenz-Lützel Richtung Osten deportiert. In dem
Transport befanden sich fast 100 jüdische Patienten der Heilanstalten in BendorfSayn. Unter seinen Insassen war auch der expressionistische Dichter Jakob van
Hoddis.
Ziel war das Dorf Krasniczyn unweit der Kreisstadt Krasnystaw östlich von
Lublin. Hier fand Ingeborg Heimann mit nur 18 Jahren den Tod.
Albert und Billa Kahn, Vorderer Rebstock 24, Montabaur:
Albert und Billa Kahn waren als Viehhändler tätig.
Auch sie wurden am 20. August 1941 mit dem Sammeltransport in das
Zwangsarbeiterlager nach Friedrichssegen an der Lahn eingeliefert.
Von dort aus wurden sie am 1. September 1942 in das Ghetto von
Theresienstadt eingewiesen. Am 29. September 1942 wurden sie in das
Vernichtungslager Treblinka deportiert.
Erwin Kahn, Vorderer Rebstock 29, Montabaur:
Erwin Kahn verließ als junger Mann von 24 Jahren nach der Reichspogromnacht
Montabaur. Er ergriff die Flucht in Richtung Frankreich. Dort wurde er –
vermutlich auch als Soldat - gefangen genommen und in das Lager Drancy
eingeliefert. Zusammen mit anderen jüdischen Gefangenen wurde er am 10.
August 1942 in das KZ Auschwitz deportiert.
Leopold und Hilda Kahn mit Sohn Erich, Vorderer Rebstock 38, Montabaur:
Leopold und Hilda Kahn waren als Viehhändler in Montabaur tätig. Ihr Sohn,
Erich, war das erste NS-Opfer, das die jüdische Gemeinde von Montabaur zu
beklagen hatte.
1938 wohnte der 27-jährige Erich Kahn noch zu Hause bei seinen Eltern im
Vorderen Rebstock 38. Er arbeitete aber in einer jüdischen Bäckerei in Vallendar.
Einen Tag nach der Reichspogromnacht wurde er frühmorgens in Vallendar
abgeholt und zusammen mit anderen jüdischen Bürgern in das KZ Dachau
eingewiesen. Dort sollte er für einige Monate Zwangsarbeit leisten.
Im KZ Dachau herrschten schlechteste hygienische Bedingungen. Deshalb
verstarb Erich Kahn am 14. Januar 1939 dort an Gelbsucht. Seine Eltern wurden
behördlicherseits über den Tod ihres Sohnes informiert und baten Bürgermeister
Hinterwälder darum, ihren Sohn auf dem jüdischen Friedhof in Montabaur
bestatten zu dürfen.
Sie erhielten die Erlaubnis, die allerding mit Einschränkungen verbunden war:
„Die Genehmigung zur Abhaltung des achttägigen Gebetes in Ihrem Hause,
sowie die Beisetzung der Urne auf dem jüdischen Friedhof wird hiermit erteilt
unter der Bedingung, dass der Beginn des Gebetes hier angemeldet wird und die
Beisetzung in aller Stille auf dem Friedhof ohne Leichenbegräbnis erfolgt.“
(Schreiben vom 24.01.1939).
Erich Kahn war der letzte Tote, der auf dem jüdischen Friedhof in Montabaur
bestattet wurde.
Doch auch seine Eltern, Leopold und Hilda Kahn, sollten den Holocaust nicht
überleben. Auch sie wurden am 20. August 1941 in die ehemalige
Bergarbeitersiedlung in Friedrichssegen/Lahn eingewiesen.
Leopold und Hilda Kahn wurden am 1. September 1942 über Frankfurt am Main
in das Ghetto Theresienstadt eingeliefert. In diesem Durchgangslager bleiben sie
nur drei Wochen, bis sie am
09. September 1942 in das Vernichtungslager Treblinka deportiert wurden.
Hugo und Regina Abraham, Kleiner Markt 3, Montabaur:
Hugo und Regine Abraham betrieben ein Konfektionsgeschäft für Damen- und
Herrenmode. Auch sie mussten nur wenige Monate nach der Reichspogromnacht
den Kreis Montabaur verlassen und wurden in Koblenz in ein Judenhaus in der
Rizzastraße eingewiesen.
Die Lebensbedingungen dort waren – wie in allen Judenhäusern – unzumutbar.
Jüdische Familien waren auf engstem Raum zusammengepfercht. Es fehlte am
Lebensnotwendigsten. Vor allem wurden Judenhäuser nicht mit Heizmaterial
beliefert – eine Katastrophe in den kalten Wintern der Kriegsjahre!
Herr R., ein Bürger aus Montabaur, erinnert sich: „Abrahams zogen Anfang 1939
nach Koblenz in die Rizzastraße Nr. 22. Beide waren schwer niedergeschlagen
und enttäuscht; sie hatten alles verloren. Ende 1939 oder Anfang 1940
besuchten meine Mutter und ich sie dort in Koblenz noch einmal. Sie wohnten
dort in einer kleinen Wohnung. Alles war sehr traurig; Herr und Frau Abraham
(beide schon Leute in den 60er Jahren) waren ganz fassungslos. Sie konnten
nicht verstehen, wie man ihnen in Montabaur so etwas antun konnte, obwohl sie
nie jemandem etwas zu Leide getan hatten und immer zu jedem anständig
gewesen waren.“ (M. Wild)
Hugo und Regine Abraham wurden am 27. Juli 1942 von Koblenz-Lützel ins
Altersghetto nach Theresienstadt deportiert. Hugo Abraham verstarb dort am 1.
Januar 1943, Regine Abraham
am 8. März 1944.
Heinrich und Rescha Heimann, Steinweg 19, Montabaur:
Heinrich und Rescha Heimann betrieben ein Geschäft für Weißwäsche. Auch für
sie änderte sich das Laben nach der Reichspogromnacht grundlegend. Sie
mussten ihr eigenes Haus verkaufen, konnten aber vorerst noch in Montabaur
bleiben.
Auch sie wurden am 20. August 1941 nach Friedrichssegen an der Lahn
verbracht, um dort Zwangsarbeit zu leisten.
Heinrich und Rescha Heimann wurden am 10. Juni 1942 über Frankfurt in das
Vernichtungslager Sobibor deportiert.
Leopold und Jenny Heilberg, Herzog-Adolf-Straße 4, Montabaur:
Etwas außerhalb der Stadt, vor dem Haus, vor welchem wir nun stehen, befand
sich der Viehhandel von Leopold und Jenny Heilberg.
Die Heilbergs verzogen im Laufe des Jahres 1937 nach Augsburg. Verbindungen
zu Augsburg hatten sie wohl durch ihren Sohn Siegbert, welcher sich dort durch
ein jüdisches Institut auf die Auswanderung nach Haifa, Israel vorbereiten ließ
und 1935 Deutschland verließ. Ob er seine Eltern nachholen wollte, ist
ungewiss.
Leopold und Jenny Heilberg mussten ab März 1941 in einem Judenhaus in der
Bahnhofstraße leben.
Am 6. August 1942 wurden sie über München in das Ghetto Theresienstadt
eingeliefert. Am 18. Mai 1944 wurden sie zum KZ Auschwitz überstellt und dort
ermordet.
Moses Falkenstein mit Schwiegersohn David Levy, Alleestraße 5, Montabaur:
Moses Falkenstein betrieb in der Alleestraße 5 eine Metzgerei. In seinem Haus
wohnte noch sein Schwiegersohn David Levy, welcher seine Tochter Alma
geheiratet hatte.
David Levy beschloss schon unmittelbar nach dem Machtantritt Hitlers
Deutschland zu verlassen, um nach Amsterdam auszuwandern. Bereits ein Jahr
später konnte er seine Frau Alma und die kleine Tochter Ursula nachholen, damit
auch sie vor den Nazis in Sicherheit waren. In den Kriegsjahren hatte David Levy
eine Anstellung als Lehrer für Elektrotechnik und Metallbearbeitung beim
Judenrat in Amsterdam.
Am 20. Juni 1943 kamen die Familie Levy in das Sammellager Westerbork. Von
dort aus wurden sie am 4. September 1944 in das Ghetto Theresienstadt
überstellt. David Levy wurde am 29. September 1944 von Theresienstadt in das
Konzentrationslager Auschwitz deportiert. Seine Frau Alma und seine Tochter
Ursula überlebten in Theresienstadt und kehrten nach dem Krieg wieder nach
Holland zurück.
Moses Falkenstein verließ Anfang 1939 Montabaur, um zu seinem Sohn Ludwig
Falkenstein nach Amsterdam auszuwandern. An seinem 75. Geburtstag, den er
am 18. März 1943 in Amsterdam feierte, wurde er abgeholt und in das Lager
Westerbork eingeliefert. Am 23. März 1943 wurde er in das Vernichtungslager
Sobibor überstellt, wo er nach kurzer Zeit verstarb.
Julius und Frieda Stern mit Sohn Ludwig, Alleestraße 8a, Montabaur:
Julius und Frieda Stern betrieben in der Alleestraße 8a einen Viehhandel. Auch
sie gehörten zu den Juden, die von Amtswegen den Kreis bis zum 1. April 1939
verlassen haben mussten. Eine neue Bleibe fanden sie zunächst in FrankfurtOstend. Das Ostend galt durch die Nähe von Osthafen und Großmarkthalle als
Arbeiterviertel, der Wohlstand der Bevölkerung war entsprechend geringer. Vor
dem Zweiten Weltkrieg war das Ostend von der jüdischen Bevölkerung geprägt.
An der Friedberger Anlage erhob sich die 1938 geschändete Synagoge.
Hier wohnten Julius und Frieda Stern von der Gestapo kontrolliert und unter
eingeschränkten Bedingungen, bis sie im Jahre 1942 in Richtung Osten
deportiert wurden. Der genaue Deportationsort ließ sich in ihrem Fall nicht mehr
recherchieren, da die Deportationslisten der Stadt Frankfurt nur lückenhaft
überliefert sind.
Fest steht, dass auch Julius und Frieda Stern den Krieg nicht überlebt haben und
zu den Opfern des NS-Regimes gehören. Da ihr Deportationsziel nicht
herausgefunden werden konnte, findet sich auf ihren Stolpersteinen die Inschrift:
„Schicksal unbekannt“.
Ihr Sohn Ludwig Stern gehörte zu den wenigen jungen Leuten aus Montabaur,
die sich vor den Nazis nicht mehr retten konnten.
Dabei wanderte er schon 1933, also unmittelbar nach dem Machtantritt Hitlers,
nach Frankreich aus. Vermutlich kämpfte er als Soldat gegen die Deutschen. Als
Kriegsgefangener wurde er vom Camp de Septfonds in das Lager Drancy
eingeliefert und am 9. September 1942 zum KZ Auschwitz überstellt.
Adolf Adam Edel, Hauptstraße 66, Holler
Adolf Adam Edel ist ein politisches NS-Opfer. Sein Schicksal ist eng verbunden
mit dem seines Freundes Alois Skatulla. Beide ereilte dasselbe Schicksal und sie
gingen auch zusammen in den Tod. gingen. Für Alois Skatulla wurde bereits im
September 2012 ein Stolperstein vor seinem ehemaligen Wohnhaus in der
Biergasse 6 in Montabaur verlegt.
Skatulla und Edel wurde Wehrkraftzersetzung zur Last gelegt. Kurz vor
Kriegsende wurden sie deshalb im Amtsgericht in der Bahnhofstraße in
Montabaur inhaftiert und auch zusammen in eine Zelle gesperrt. Die Tochter von
Skatulla, Frau Gertrud Zuchristian, erinnert sich: „Am 26. März 1945 besetzten
die Amerikaner Montabaur. Sie kamen gegen Mittag. Wir saßen im
Luftschutzkeller im Hause Lenaif in der oberen Kirchstraße (heute: American
Sportsbar). Als die Amerikaner da waren, eilten wir aus dem Keller. Meine Mutter
und ich wollten Vater aus dem Gefängnis abholen. Unterwegs trafen wir die
Familie Edel, die uns mitteilte, dass man die beiden Gefangenen eine Stunde vor
dem Einmarsch der Amerikaner abgeholt habe. Erst am anderen Tag brachte uns
jemand die fürchterliche Nachricht, dass man Herrn Edel und mein Vater in der
Kiesgrube an der Limburger Straße erschossen aufgefunden habe.“
Dies ist das tragische am Tod von Alois Skatulla und Adolf Edel: Dass sie eine
Stunde vor Einmarsch der Amerikaner erschossen wurden und einen grausamen
Tod in der Kiesgrube an der Limburger Straße fanden.
(Aus: F.-J. Löwenguth. Ich bin Adolf Hitlers kleiner Soldat)
Pallotinerpater Richard Henkes, Hauptstraße 10, Ruppach-Goldhausen
Geboren am 26. Mai 1900 in Ruppach im Westerwald, Diözese Limburg, wurde
Richard Henkes Pallottiner. Am 6. Juni 1925 in Limburg zum Priester geweiht,
wirkte er als Lehrer in den Studienheimen der Pallottiner in Schönstatt, Alpen
sowie seit 1931 in Katscher und Frankenstein in Schlesien. Nachdem die Nazis
die kirchlichen Schulen geschlossen hatten und sein Einzug zur Wehrmacht
drohte, wurde er Pfarrer in Strandorf im heutigen Tschechien. Wegen
„Aufwiegelung des Volkes von der Kanzel“ kam er am 8. April 1943 in
Schutzhaft nach Ratibor und am 10. Juli 1943 ins KZ Dachau.
Im Seuchenwinter 1944/45 ging Pater Henkes freiwillig zu den typhuskranken
Tschechen in Block 17 des KZ Dachau. Im Dienst an den Todkranken und
Sterbenden infizierte er sich mit Flecktyphus und verstarb am 22. Februar 1945.
Die Urne fand am 7. Juni 1945 auf dem Pallottinerfriedhof in Limburg einen
Ehrenplatz.
Seligsprechung: Auf Antrag des Bistums Limburg soll Pater Henkes selig
gesprochen werden. Der Seligsprechungsprozess ist derzeit noch nicht
abgeschlossen.
Die Texte wurden im Zusammenhang mit der Stolpersteinverlegung von
Stadtarchivarin Dr. Regina Fiebich erarbeitet. Neben Recherchen in
verschiedenen Archiven dienten als wichtige Quellen für die Erarbeitung der
Texte:
Markus Wild: Die Geschichte der jüdischen Gemeinde von Montabaur; Alfred
Gottwaldt, Diana Schulle: Die „Judendeportationen“ aus dem Deutschen Reich,
1941 – 1945; Gedenkbuch, Bundesarchiv Berlin
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