Psychologisches Institut – Klinische Psychologie Kinder/Jugendliche & Paare/Familien Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter Foliensatz 1 Dr. phil. Martina Zemp Oberassistentin Psychologisches Institut der Universität Zürich [email protected] Psychologisches Institut – Klinische Psychologie Kinder/Jugendliche & Paare/Familien Die Bedeutung der Familie für die kindliche Gesundheit Psychologisches Institut – Klinische Psychologie Kinder/Jugendliche & Paare/Familien Prävalenz von psychischen Störungen bei Kindern und Jugendlichen ~18-25% Etwa jedes 4.-5. Kind leidet unter einer behandlungsbedürftigen psychischen Störung. (e.g., Ihle & Esser, 2002; Vicente et al., 2012) Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp Psychologisches Institut – Klinische Psychologie Kinder/Jugendliche & Paare/Familien Biopsychosozialer Ansatz In biopsychosozialen Modellen wird davon ausgegangen, dass jede (Fehl-)Entwicklung bei Kindern und Jugendlichen von 1. biologischen (genetischen, neurobiologischen) 2. psychischen (kognitiven und affektiven) und 3. sozialen (familiären und kulturellen) Faktoren bestimmt wird. Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 4 Psychologisches Institut – Klinische Psychologie Kinder/Jugendliche & Paare/Familien Erst die Interaktion zwischen Genen und der Umwelt ruft eine Störung hervor. (Ein-Dor, Mikulincer, Doron & Shaver , 2010; Moffit & Caspi, 2010) Psychologisches Institut – Klinische Psychologie Kinder/Jugendliche & Paare/Familien Vulnerabilitäts-Stress-Modell Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 6 Psychologisches Institut – Klinische Psychologie Kinder/Jugendliche & Paare/Familien RISIKOFAKTOREN 1. INTERN: Anlage (= Vulnerabilität) Familie Schule 2. EXTERN Umwelt (= Stressoren) Peers Sozioökonomischer Status Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp Ökologischer Lebensraum 7 Psychologisches Institut – Klinische Psychologie Kinder/Jugendliche & Paare/Familien «Es ist unbestritten, dass der Familie als Ort der primären Pflege und Betreuung sowie als zentraler Sozialisations- und Erziehungsinstanz eine wichtige Rolle in der Gesundheit der Kinder zukommt» (Schönenberger, 2011). Psychologisches Institut – Klinische Psychologie Kinder/Jugendliche & Paare/Familien Zwei Seiten einer Medaille Familie Protektivfaktor Risikofaktor Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 9 Psychologisches Institut – Klinische Psychologie Kinder/Jugendliche & Paare/Familien Die 4 wichtigsten familiären Risikofaktoren I. Psychische Störungen der Eltern II. Unsichere Bindungserfahrungen III. Partnerschaftsstörungen IV. Dysfunktionale Erziehung Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 10 Psychologisches Institut – Klinische Psychologie Kinder/Jugendliche & Paare/Familien Psychische Störungen der Eltern Studien Geschätzte Prävalenz psychisch gestörter Eltern Meyer et al. (2000) 15-30 % Howard et al. (2001) Hearle et al. (2002) 60 % 17-25% (Mütter) (Väter) Lenz (2005) 34% 17% (Mütter) (Väter) Gurny et al. (2007) 32% 17% (Mütter) (Väter) Gärtner (1999), Sollberger (2000) Schone & Wagenblass (2002) 9-30% (in der Schweiz) 8-10% (Kinder mit Störungen mit Eltern mit Störungen) Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 11 Psychologisches Institut – Klinische Psychologie Kinder/Jugendliche & Paare/Familien Auswirkungen psychischer Erkrankungen der Eltern auf die kindliche Entwicklung Die High-Risk-Forschung zeigt, dass das eigene Risiko einer psychischen Störung (Lifetime-Risk) bei Kindern mit einem psychisch gestörten Elternteil stark erhöht ist (Downey & Coyne, 1990; Niemi et al., 2004; Rutter, 1990) Neben schweren psychiatrischen Störungen, finden sich auch vermehrt: • Schulprobleme/Konzentrationsstörungen • Geringe soziale Kompetenz • Hyperaktivität- und Aufmerksamkeitsstörungen • Angststörungen • Delinquenz und Substanzmissbrauch Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 12 Psychologisches Institut – Klinische Psychologie Kinder/Jugendliche & Paare/Familien Auswirkungen psychischer Erkrankungen der Eltern auf die kindliche Entwicklung • Das durch die elterliche psychische Störung erhöhte eigene Erkrankungsrisiko der Kinder, zeigt sich bei Kindern aller Altersstufen (Beardslee et al., 1998), jedoch besonders ausgeprägt in der frühen Kindheit und der Pubertät. • Ein Teil der Kinder zeigt in der Kindheit nur geringe oder kaum Auffälligkeiten und entwickelt erst im Erwachsenenalter psychische Störungen oder psychosoziale Probleme («sleeping effect») (Niemi et al., 2004; Seifer et al., 1996). Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 13 Psychologisches Institut – Klinische Psychologie Kinder/Jugendliche & Paare/Familien Eine psychische Störung der Eltern stellt einen Hochrisikofaktor für psychische Störungen bei den Kindern dar; das Risiko ist ca. 4x erhöht. (Downey & Coyne, 1990; Grube & Dorn, 2007; Vostanis et al., 2006) Psychologisches Institut – Klinische Psychologie Kinder/Jugendliche & Paare/Familien Wie wirken sich psychische Störungen der Eltern auf Kinder aus? 15 Psychologisches Institut – Klinische Psychologie Kinder/Jugendliche & Paare/Familien Auswirkungen psychischer Erkrankungen der Eltern auf die kindliche Entwicklung • Obgleich die genetische Disposition eine wichtige Rolle bei der Entstehung einer eigenen psychischen Störung bei den Kindern psychisch gestörter Eltern spielt, wirken sich weitere Faktoren ungünstig aus: • So vor allem die krankheitsbedingt ungünstige Eltern-KindBeziehung wirkt sich pathogen auf die Kinder aus (Downey & Coyne, 1990) • Psychisch kranke Eltern können häufig ihre Elternrollen nicht angemessen ausüben (Capaldi, Pears, Patterson & Owen, 2003) Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 16 Psychologisches Institut – Klinische Psychologie Kinder/Jugendliche & Paare/Familien Auswirkungen psychischer Erkrankungen der Eltern auf die kindliche Entwicklung • Als besonders problematisch erweisen sich störungsbezogene Traumatisierungen (Deneke, 2005). • Weiter wirken sich die mangelnde elterliche Sensitivität gegenüber kindlichen Bedürfnissen, die reduzierte Erziehungskompetenzen sowie ggf. geringe Sozial- und Problemlösekompetenz der Eltern negativ auf die Kinder aus (Goodman & Brumley, 1990). • Weiter erfährt das Kind häufige Trennungen vom psychisch kranken Elternteil durch Hospitationen und Klinikaufenthalte. • Zudem geht die Unsicherheit bezüglich Remission und eigenem Erkrankungsrisiko mit chronischer Angst, Sorge und Hilflosigkeit einher. Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 17 Psychologisches Institut – Klinische Psychologie Kinder/Jugendliche & Paare/Familien Auswirkungen psychischer Erkrankungen der Eltern auf die kindliche Entwicklung Eine psychische Erkrankung eines Elternteils erhöht zudem unspezifische Stressoren in der Familie wie (Cummings & Davies, 1994; Downey & Coyne, 1990; Mowbray et al., 2000): • Arbeitslosigkeit • chronische Gesundheitsprobleme • Alkoholmissbrauch • Armut • soziale Isolation • Partnerschaftsprobleme • familiäre Spannungen Familiäre Risikofaktoren für Störungen im Kindes- und Jugendalter. Martina Zemp 18