Erfahrungen mit der Grünen Rebzikade (Empoasca vitis) im

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Bayerische Landesanstalt für
Weinbau und Gartenbau
Erfahrungen mit der
Grünen Rebzikade (Empoasca vitis)
im fränkischen Weinbaugebiet
Veröffentlichung aus „Rebe & Wein 7 / 1999“
J.V. Herrmann, P. Eichler, K. Guedova
Sachgebiet Rebschutz und Biotechnologie
Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau
Herrnstraße 8, 97209 Veitshöchheim
Tel. 0931/9801-576 • e-mail: [email protected]
Die Grüne Rebzikade tritt seit einigen Jahren im fränkischen Weinbaugebiet
weitverbreitet in fast allen Rebflächen in Erscheinung. Auf fünf
Monitoringflächen
in
verschiedenen
Bereichen
des
fränkischen
Weinbaugebietes wird seit 1996 die Populationsdynamik der Grünen
Rebzikade und der Eiparasitoide Anagrus atomus Haliday und Stethynium
triclavatum Enock beobachtet.
Vergleichbar mit den Vorjahren, wurde im Jahre 1998 die höchste Intensität der
adulten Rebzikaden in den Rebflächen während der Einflugphase ab dem Austrieb
der Reben über einen Zeitraum von etwa vier Wochen erfaßt. Danach erreichten die
adulten Rebzikaden nur noch vergleichsweise geringe Intensitäten. Eine zweite und
eine möglicherweise dritte Generation blieben ohne Bedeutung. Vier Wochen nach
dem Einflug der Adulten erschienen die Juvenilen. Mit maximal 2 Juvenilen je
Rebblatt wurde die Schadschwelle von 3-5 Juvenilen je Rebblatt deutlich
unterschritten. Eine zweite Generation konnte nur vereinzelt und auf einem sehr
niedrigen Niveau festgestellt werden. Die Eiparasitoide traten parallel zu den
Juvenilen auf und erreichten ihr Maximum während der ersten Juvenilgeneration der
Grünen Rebzikade. Es wird vermutet, daß die Eiparasitoide wie auch die zahlreichen
anderen Antagonisten einen erheblichen, kontrollierenden Einfluß auf die
Populationsdynamik der Grünen Rebzikade ausüben. Die Beobachtung anderer
Autoren, nach der in Rebflächen mit einer botanisch vielfältigen Begrünung die
Grüne Rebzikade kaum in Erscheinung tritt, konnte bestätigt werden. Die
Schadwirkungen der Grünen Rebzikade sind in Form spezifischer Blattverfärbungen
zwar häufig zu beobachten, schwerwiegende Symptome wie Blattrandnekrosen
treten nur sehr selten auf, so daß sich aktive Bekämpfungsmaßnahmen im
fränkischen Weinbaugebiet auf die wenigen Ausnahmefälle beschränken, in denen
die Schadschwelle deutlich überschritten wird.
In früheren Jahren trat die Grüne Rebzikade (Empoasca spec
nur in
außergewöhnlich warmen und trockenen Sommermonaten und dann vornehmlich an
einzelnen, oftmals schwächeren Rebstöcken in Erscheinung. Seit etwa fünf Jahren
jedoch ist die Grüne Rebzikade weitverbreitet und in nahezu allen Rebflächen zu
finden. Es ist bemerkenswert, daß sie in den letzten Jahren außergewöhnlich früh
und in großer Zahl auftrat. Welche Gründe hierfür verantwortlich sind, ist noch völlig
unbekannt. Viele Winzer haben das massenhafte Auffliegen der Zikaden vor allem
im Frühjahr bei den Laub- und Stockarbeiten beobachtet und sind
verständlicherweise ob der möglichen Schadwirkungen und der weiteren Entwicklung
sehr besorgt.
1
I) Biologie und Ökologie
1. Lebensweise (vgl. Abb. 1)
Die Grüne Rebzikade überwintert als
begattetes
Weibchen
an
immergrünen
Gehölzen, wie z. B. Fichte, Kiefer, Eibe,
Wacholder, Brombeere u.a.. Ab dem Austrieb
der Reben fliegen die Tiere in die Rebflächen
und legen ihre Eier in die Adern, vornehmlich
wohl in die Hauptadern, der Rebblätter ab. Die
Larven schlüpfen je nach Witterung Ende Mai
bis Anfang Juli (vgl. Abb. 2). Sie sind schlank,
bis 3 mm lang und meist grünlich gefärbt. Sie
bewegen sich bei Störung seitwärts und halten
sich zumeist an der Blattunterseite auf. Anders
als bei bekannteren Insekten (z. B.
Schmetterlinge, Käfer) zeigen bereits die
Larven den gleichen Körperaufbau wie die
erwachsenen Tiere.
Abb. 1:
Lebenszyklus der Grünen Rebzikade.
Nach etwa drei Wochen ist die Entwicklung über
zwei Larven- und drei Nymphenstadien zur ausgewachsenen Zikade abgeschlossen. Der Wechsel
von einem Entwicklungsstadium zum anderen
geschieht dadurch, daß die Jungtiere regelrecht aus
ihrer alten „Haut“ schlüpfen, die dann als ein eingetrocknetes,
weißlich-silbriges,
spinnenartiges
Gebilde noch lange Zeit auf den Blättern verbleibt.
Diese sogenannten Exuvien (vgl. Abb. 3) sind ein
sicherer Hinweis auf Rebzikaden, selbst dann, wenn
die Rebzikaden das Blatt schon wieder verlassen
haben. Die Nymphen zeichnen sich durch zwei seitliche Taschen aus, in denen sich die Flügel entwickeln (vgl. Abb. 4). Die geflügelten Geschlechtstiere sind 4 bis 5 mm groß, blaßgelb bis grün (vgl.
Abb. 5), manchmal allerdings auch bräunlich
gefärbt. Sie fliegen bei Erschütterung der Reben
kurz auf, um sich in geringer Distanz wieder
niederzulassen.
2
Abb. 2:
Larve einer Grünen Rebzikade
beim Schlüpfen aus dem in der
Blattader verborgenen Ei.
Abb. 3:
Silbrig-weißer Häutungsrest
(Exuvie) eines Juvenilstadiums
einer Grünen Rebzikade.
Abb. 4: Nymphe einer Rebzikade mit stummelförmigen
Flügeltaschen
Abb. 5: Adulte Grüne
Rebzikade (Empoasca vitis)
Die Zikaden ernähren sich vom zuckerhaltigen Saft
in den Blattadern (Phloem) und besaugen deshalb
als Larven und jüngere Nymphen die kleinen
Blattadern, später die Hauptadern und sogar die
Blattstiele.
Im Hinblick auf die Biologie und die Lebensweise,
die Populationsdynamik sowie die Schadwirkungen
der Grünen Rebzikade ergeben sich noch sehr
viele Fragen.
Eine grundsätzliche Frage bezieht sich darauf,
welche von den zahlreichen bekannten EmpoascaArten tatsächlich in unseren Rebflächen auftritt und
ob nicht möglicherweise sogar mehrere EmpoascaArten in Erscheinung treten.
Die Problematik der Artenbestimmung besteht
darin, daß die Empoasca-Arten sich derart
gleichen, daß sie nur durch die Unterschiede bei
den Genitalien der Männchen differenziert werden
können. Es ist vorstellbar, daß es sich bei dem
Phänomen der „Grünen Rebzikade“ um einen
Artenkomplex der Gattung Empoasca handelt, und
in den Rebflächen nicht nur die bekannte Art
Empoasca vitis Goethe, sondern auch andere
Empoasca-Arten mit zum Teil noch unbekannten
Details ihrer Ökologie auftreten.
Diese und eine Reihe von anderen Aspekten werden zur Zeit von einigen
Arbeitsgruppen an verschiedenen Forschungs- und Untersuchungseinrichtungen
bearbeitet.
Um einen besseren Einblick in die Populationsdynamik der Grünen Rebzikade, ihre
Ökologie und ihren Einfluß auf die Reben zu gewinnen, werden in Franken seit 1996
in fünf, über das fränkische Weinbaugebiet verteilte Monitoringflächen
entsprechende Untersuchungen durchgeführt. Die in diesen Monitoringflächen
gewonnenen Ergebnisse zeigen sowohl untereinander als auch in den
verschiedenen Jahren die gleichen Tendenzen. Stellvertretend sollen hier die
repräsentativen Ergebnisse des Jahres 1998 vorgestellt werden.
3
2. Untersuchungen zur Populationsdynamik der Grünen Rebzikade
im fränkischen Weinbaugebiet
a) Methoden
In Rebschutzmonitoringflächen in den Gemarkungen Klingenberg, Veitshöchheim,
Sulzfeld, Rödelsee und Traustadt wurden mit Beginn des Austriebs der Reben ab
der 19. Woche (Anfang Mai) bis zur 45. Woche (Anfang November) jeweils zwei
gelbe Leimtafeln des Typs REBELL giallo (9cm x 14cm) in die Laubwand gehängt
und wöchentlich gewechselt. Mit diesen sogenannten Gelbtafeln kann das Auftreten
und die Intensität der adulten Grünen Rebzikade, aber auch gleichzeitig der
Eiparasitoide Anagrus atomus Haliday und Stethynium triclavatum Enock, wichtiger
natürlicher Feinde der Rebzikaden, beobachtet werden (siehe unten).
Um aber auch die juvenilen Rebzikaden auf den Rebblättern zu erfassen, wurden
beim wöchentlichen Wechsel der Leimtafeln 40 Rebblätter in der Umgebung der
Leimtafeln gesammelt und sofort in verschließbare Glasgefäße gegeben, die mit
einer Waschlösung gefüllt waren. Im Labor wurden die juvenilen Rebzikaden
entsprechend einer Methode von HILL & SCHLAMP (1984) ausgewaschen und
quantitativ erfaßt.
500
In Abbildung 6 sind die wöchentlichen
Fallenfänge in den fünf verschiedenen
Monitoringflächen dargestellt. Es ist
offensichtlich, daß die Grüne Rebzikade mit dem Austreiben der Reben
in die Rebflächen einwanderte. In allen
Monitoringflächen
wurden
die
höchsten Fallenfänge (bis über 350
adulte Rebzikaden/Falle) ab Beginn
der Vegetationsperiode über einen
Zeitraum von vier Wochen beobachtet.
Ab Mitte Juni fielen die Fallenfänge
sehr deutlich ab und blieben bis zum
Ende der Vegetationsperiode auf
einem sehr niedrigen Niveau.
Eine Generationenabfolge der adulten
Grünen Rebzikade in den Rebflächen
ist nicht eindeutig erkennbar. Die
Beobachtung von Larven des ersten
Larvalstadiums (L1) ab Mitte Juli (29.
Woche) deutet auf eine 2. Zikadengeneration in den Rebflächen hin.
300
400
20
Zikaden
Austrieb
Blüte
Zikadenlarven
Klingenberg
Parasitoide
12
200
8
100
4
0
0
500
400
Rebzikaden pro Falle
16
20
Veitshöchheim
16
300
12
200
8
100
4
0
0
500
400
20
Sulzfeld
16
300
12
200
8
100
4
0
0
500
400
20
Rödelsee
16
300
12
200
8
100
4
0
0
500
400
20
Traustadt
16
300
12
200
8
100
4
0
0
18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 44
Kalenderwoche
Abb. 6: Beobachtungen zur Populationsentwicklung der Grünen Rebzikade und der
Eiparasitoide in den fränkischen Rebschutzmonitoringflächen im Jahr 1998.
4
Zikadenlarven pro Blatt / Eiparasitoide pro Falle
b) Ergebnisse
Mit einer wöchentlichen Intensität von 50 bis knapp 100 adulten Zikaden je Falle
Ende Juli bis Anfang August erlangte diese 2. Generation jedoch praktisch keine
Bedeutung. Ob die wenigen adulten Rebzikaden im September (36. bis 40. Woche)
zu einer dritten Generation gehörten, muß völlig offen bleiben.
Auch die Entwicklung der juvenilen Rebzikaden zeigte in allen Monitoringflächen
einige bemerkenswerte Übereinstimmungen. Vier Wochen nach dem Einflug der
adulten Grünen Rebzikade erschienen an allen Standorten die ersten Zikadenlarven.
Das Maximum von 2 Juvenilen je Rebblatt wurde am Standort Veitshöchheim
erreicht und blieb damit weit unter der in den deutschen Weinbaugebieten
angenommenen Schadschwelle von 3-5 Juvenilen je Rebblatt. Auch bei den
juvenilen Zikaden ist keine eindeutige Generationenabfolge erkennbar. Ab Mitte Juli
(29. Woche) wurden an den Standorten Veitshöchheim, Sulzfeld und Traustadt
einige L1 -Larven gefunden, was auf eine zweite, wenn auch sehr schwache zweite
Generation juveniler Rebzikaden hinweist.
Aus den bisherigen Beobachtungen wird offensichtlich, daß im fränkischen
Weinbaugebiet die adulte Grüne Rebzikade ihre höchsten Dichten in den
Rebflächen während der Einflugphase zu Beginn der Vegetationsperiode erreichte.
Die von den einfliegenden Rebzikaden erzeugte erste Generation juveniler
Rebzikaden überschritt in den Monitoringflächen nur einmal, im Jahr 1997 am
Standort Veitshöchheim, die Schadschwelle. Im weiteren Verlauf der
Vegetationsperiode sank sowohl die Intensität der adulten, wie auch die der
juvenilen Grünen Rebzikaden sukzessive auf praktisch unbedeutende Werte ab.
Im Gegensatz zu REMUND & BOLLER (1995), die in der Ostschweiz eine positive
Korrelation zwischen der Anzahl der einfliegenden Grünen Rebzikaden und der
Intensität der nachfolgenden Juvenilen feststellten, konnte in unseren
Beobachtungen ein solcher Zusammenhang bislang nicht erkannt werden. So waren
die Standorte Veitshöchheim und Sulzfeld im Jahr 1998 in Bezug auf die Anzahl der
einfliegenden Rebzikaden je Falle zwar vergleichbar, im Hinblick auf die Anzahl der
Juvenilen je Rebblatt aber sehr verschieden. An den Standorten Rödelsee und
Traustadt stehen sich, genau umgekehrt, vergleichbare Anzahlen von Juvenilen je
Rebblatt aber verschieden hohe Werte für die einfliegenden Rebzikaden gegenüber.
Der Standort Klingenberg unterschied sich von den bisher betrachteten Standorten
erheblich. Es wurden hier nur wenige adulte und so gut wie keine juvenilen Grünen
Rebzikaden gefunden. Dies war möglicherweise bedingt durch die außerordentlich
gut strukturierte und botanisch vielfältige Dauerbegrünung an diesem Standort.
Diese Annahme gründet sich ebenso auf REMUND & BOLLER (1995), die in
Rebflächen mit Dauerbegrünung die Grüne Rebzikade in viel geringeren Intensitäten
fanden als in Rebflächen mit offenem Boden.
Es ist bekannt, daß Standorte mit einer botanisch vielfältigen Begrünung eine höhere
Diversität der Nützlinge aufweisen, und hierauf die beobachteten niedrigen Werte
der adulten und juvenilen Grünen Rebzikaden begründet sein dürften.
5
3. Natürliche Zikadenfeinde
Die Grüne Rebzikade hat eine Vielzahl verschiedenartiger natürlicher Feinde
(Antagonisten) wie in der Abbildung 7 überblicksmäßig dargestellt wird. Als Räuber
fungieren hauptsächlich Springspinnen, Radnetzspinnen und Raubwanzen. Schon
um die Jahrhundertwende hat man die besondere Bedeutung der Spinnen für die
Kontrolle und Bekämpfung der Grünen Rebzikade erkannt (KIRCHNER, 1902).
Räuber
Parasiten
Zikadenwespen
Spinnen
Raubwanzen
Nematoden
Florfliegen
ZIKADEN
Zwergwespen
Grabwespen
Augenfliegen
verschiedene
Käfer
Fächerflügler
Weichwanzen
und weitere Räuber und Parasiten
Abb. 7:
Die Grüne Rebzikade und ihre natürlichen Feinde (Antagonisten).
Viel unbekannter, weil unauffälliger, sind die sogenannten Parasitoide, die einen Teil
ihrer Entwicklung in den Eiern, den Larven und den Adulten der Grünen Rebzikade
„absolvieren“. Im fränkischen Weinbaugebiet trifft man relativ häufig auf zwei
Gruppen von solchen Parasitoiden, die sehr klein und unscheinbar sind und zu den
Hymenopteren, den Hautflüglern, gehören.
Die Dryinidae, die Zikadenwespen, besitzen zu
pinzettenartigen
Greiforganen
umgebildete
Vorderbeine, mit denen sie die Zikadenlarven
umfassen und mit dem Legebohrer durch die
Hinterleibsflanke ein Ei in den Wirt hineinschieben.
Die Wespenlarve lebt zunächst als Innenparasit, tritt
aber alsbald, bedeckt von den alten Häuten durch
die
Intersegmentalhaut
der juvenilen
oder
inzwischen adulten Zikaden bruchsackartig nach
Abb. 8:
außen, wobei das Vorderende im Wirt verbleibt (vgl.
Adulte Grüne Rebzikade, die
von der Larve einer ZikadenAbb. 8).
wespe parasitiert wird.
6
Die Verpuppung erfolgt außerhalb des abgestorbenen Wirtes in einem Kokon. Bei
der Untersuchung von Klopfproben aus dem Reblaub wurden während des
Sommers relativ häufig Grüne Rebzikaden gefunden, die durch Zikadenwespen
parasitiert waren.
4. Untersuchungen zur Populationsdynamik von Eiparasitoiden im
fränkischen Weinbaugebiet
Zur Gruppe der Mymaridae, den Zwergwespen,
gehören zwei Arten, Anagrus atomus Haliday
(vgl. Abb. 9) und Stethynium triclavatum Enock,
die etwa 0,5 mm groß sind, hauptsächlich in
Hecken und Gehölzen leben und dort die Eier
von verschiedenen Zikadenarten parasitieren.
Sie überwintern in den Eiern der Zikaden, die im
Eistadium an Brombeeren, Rosen u. a.
überwintern. Auf der Suche nach Zikadeneiern
Abb. 9:
verlassen die Zwergwespen während der
Die Zwergwespe Anagrus
Vegetationsperiode die angestammten Gehölze
atomus - ein Eiparasitoid der
Grünen Rebzikade.
und wandern dabei auch in die Rebflächen ein.
(Aufnahme: U. Remund)
Die Eier der Wirte werden in den Blattadern
aufgespürt und mit den eigenen Eiern belegt.
Zur Überwinterung ziehen sich die Zwergwespen wieder in die Hecken zurück.
Um das Auftreten und die Intensität von A. atomus und S. triclavatum während der
Vegetationsperiode in den Rebflächen zu beobachten, wurden die Gelbtafeln in den
Monitoringflächen, parallel zur Erfassung der adulten Rebzikaden, auch auf die
beiden Zwergwespenarten hin untersucht. Die im Jahr 1998 gewonnenen
Ergebnisse sind in der Abbildung 6 dargestellt. Im allgemeinen erschienen die
Zwergwespen in den Rebflächen mit dem Ende der Einflugphase der adulten
Rebzikaden. Die höchsten Fangzahlen wurden parallel zur ersten Generation der
juvenilen Grünen Rebzikade beobachtet.
Der dabei erreichte Maximalwert von 16 Zwergwespen je Falle am Standort
Veitshöchheim stellt, auch im Vergleich mit Literaturangaben, einen
außergewöhnlich hohen Wert dar. Sobald sich die Zahl der juvenilen Rebzikaden
verminderte oder gegen Null ging, verringerte sich auch die Zahl der Zwergwespen
auf ein entsprechend niedriges Niveau.
Die vorgestellten Nachweise der Eiparasitoide auf den Gelbtafeln sind natürlich
keine direkten Beweise für deren tatsächliche antagonistischen und damit
dezimierenden Wirkungen auf die grüne Rebzikade. Nichtsdestoweniger ist ein
Einfluß auf die Populationsdynamik der Grünen Rebzikade aber dennoch zu
vermuten, weil die Population der Grünen Rebzikade während der Vegetations7
periode nicht, wie eigentlich zu erwarten gewesen wäre, anstieg, sondern sich
vielmehr drastisch verringerte. Hierbei müssen selbstverständlich auch die in ihren
Wirkungen noch völlig unbekannten Einflußnahmen des vielfältigen Räuber/
Parasiten-Komplexes (vgl. Abb. 7) berücksichtigt werden.
II) Schadbild und Schadwirkungen
Trotz der weiten Verbreitung der Grünen Rebzikade konnten im fränkischen
Weinbaugebiet bisher nur sehr selten wirklich bedeutende, durch die Grüne
Rebzikade bedingte Schäden gefunden werden. Häufig sind hingegen auf älteren
Blättern ab Juli/August mosaikartige Flecken zu beobachten, die durch feine
Blattadern begrenzt sind und sich vom Blattrand aus auf die Blattflächen zwischen
die Hauptadern ausdehnen. Bei Weißweinsorten verfärben sich diese Flecken
fahlgrün bis gelb (vgl. Abb. 10), bei Rotweinsorten hingegen rotbraun bis rot (vgl.
Abb. 11).
Abb. 10: Zikadenschaden am Blatt einer
Weißweinsorte.
Abb. 11: Zikadenschaden am Blatt einer
Rotweinsorte.
Gelegentlich rollen sich die Blattränder
nach unten ein. Stark betroffene Blätter
dagegen rollen sich deutlich ein, sind
auffällig verformt, blasenartig aufgewölbt
und trocknen vom Blattrand her ein (vgl.
Abb. 12). Dies ist jedoch im fränkischen
Weinbaugebiet eine bislang eher seltene
Erscheinung. Je nach Rebsorte und
Entwicklungsstadium des Schadbildes
können die Symptome mit Magnesiumund Kaliummangel verwechselt werden.
Die weißen trockenen Häutungsreste der
Zikaden geben im Zweifelsfall den
entscheidenden Hinweis auf die wirkliche
Schadursache.
Abb. 12: Gravierende Zikadenschäden
an einer Weißweinsorte mit Blattverformungen und Blattrandnekrosen.
8
Gemessen an der tatsächlichen Ertrags- und Qualitätseinbuße werden die
Zikadenschäden oft überschätzt. Ab August, wenn sich die Zikadenschäden an den
Blättern in der Traubenzone am deutlichsten ausprägen, haben diese Blätter für die
Entwicklung der Trauben keine entscheidende Bedeutung mehr. Bei der Freistellung
der Traubenzone werden sie ohnehin entfernt. Bei stärkeren Zikadenbefällen, vor
allem auch an den jüngeren Blättern, sollten die Geiztriebe beim Laubschnitt nicht zu
stark zurückgesetzt werden.
Ein Zikadenbefall kann somit sehr lange toleriert werden. In Abhängigkeit von der
Rebsorte und den lokalen Bedingungen wurde ein Besatz von 3-5 juvenilen Zikaden
je Rebblatt als Schadschwelle festgelegt, eine Situation, die wie oben dargelegt, in
den fränkischen Rebflächen nur sehr selten auftritt.
III) Kontrolle und Bekämpfung
Vorweg ist daran zu erinnern, daß die Grüne Rebzikade nicht nur von den
eiparasitischen Zwergwespen, sondern von einer Vielzahl weiterer Insekten und
Spinnen attackiert wird. Um diesen Antagonisten eine Lebensgrundlage in den
Rebflächen zu schaffen, sind in den Rebflächen Begrünungen mit hoher botanischer
Diversität anzustreben.
Die aktive Bekämpfung der Grünen Rebzikade sollte nur dann erwogen werden,
wenn die Schadschwelle deutlich überschritten wird. Bei Bedarf sind einschlägige
Informationen zur Bekämpfung der Grünen Rebzikade dem „Weinbaufax Franken“
zu entnehmen bzw. bei der weinbaulichen Fachberatung einzuholen.
Literatur
HILL, G.K.; H.A. SCHLAMP: Der Einsatz der Waschmethode zur Ermittlung des
Raubmilbenbesatzes auf Rebblättern; Die Weinwissenschaft 4, 255-262 (1984)
KIRCHNER, O.; H. BOLTSHAUSER (Hrsg.): Atlas der Krankheiten und Beschädigungen
unserer landwirtschaftlichen Kulturpflanzen, VI. Serie: Krankheiten und
Beschädigungen des Weinstockes und Beerenobstes; Ulmer, Stuttgart (1902)
REMUND, U.; E. BOLLER: Untersuchungen zur Grünen Rebzikade in der Ostschweiz;
Schweiz.Z.Obst-Weinbau 8, 200-203 (1995)
9
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