10 Oktober 2015 _ 26. Jahrgang_www.BVDN.de Offizielles Organ des Berufsverbandes Deutscher Nervenärzte (BVDN), des Berufsverbandes Deutscher Neurologen (BDN) und des Berufsverbandes Deutscher Psychiater (BVDP) Gesundheitsbürokratie Umfang erkannt, Belästigung nicht gebannt GOÄ-Rechnungen Leistungsbeschreibung in Kurzform Spinale Duralfistelerkrankung Fluktuierende Rückenmarkssymptome sind typisch CME: Expositionstherapie Virtuelle Welten für die psychiatrische Anwendung BVDN BDN BVDP »Viele unserer Kollegen helfen vor Ort mit, unter zum Teil schwierigsten Bedingungen eine medizinische Grundversorgung für Flüchtlinge auf die Beine zu stellen. Ihnen allen gelten größter Respekt und Anerkennung.« Dr. med. Frank Bergmann, Aachen Vorsitzender des BVDN Jahrhundertaufgaben D ie Selbstverwaltung hat im Berliner Sommertheater ihrem Namen, zumindest auf Bundesebene, alle Ehre gemacht – jedenfalls wenn man Selbstverwaltung so versteht, sich vor allem mit sich selbst zu beschäftigen … Wir sind aktuell Zeugen eines ungeheuren Geschehens vor unserer Haustür. Not und Verzweiflung der Flüchtlinge, die teils unter Lebensgefahr nach Europa kommen, treffen uns mit Wucht und lassen manche vermeintliche Probleme auf Normalmaß schrumpfen. Hunderttausende kommen in der Hoffnung, hier sicher zu sein vor Verfolgung oder Tod und im Vertrauen auf ein besseres Leben. Politik und Verwaltung arbeiten sich daran ab, das Nötigste und wenigstens eine menschenwürdige Unterkunft und Verpflegung bereitzustellen, in der Bevölkerung werden Ängste und Sorgen vor dieser Entwicklung zunehmend von spontaner Hilfsbereitschaft und vielfältigen ehrenamtlichen Engagements abgelöst. Auch viele Kollegen helfen vor Ort mit, unter teils schwierigsten Bedingungen eine medizinische Grundversorgung auf die Beine zu stellen. Ihnen allen gelten größter Respekt und Anerkennung. Gleichwohl bedarf es nun zeitnah weitergehender Regelungen gerade auch für Organisation und Finanzierung der notwendigen medizinischen Versorgung. Die Gesundheitsministerin des Landes Nordrhein-Westfalen, Barbara Steffens, hat die Versorgung und Integration der Flüchtlinge als eine „Jahrhundertaufgabe“ bezeichnet. Damit könnte sie Recht haben. Die politischen Pläne zur Einführung der Gesundheitskarte für Flüchtlinge gehen für die Selbstverwaltung mit der Aufgabe einher, die künftige medizinische Versorgung zur organisieren und auch die vielfältigen Sprachbarrieren zu überwinden. Die zu erwartende Inanspruchnahme nicht zuletzt auch psychiatrisch-psychotherapeutischer Leistungen trifft auf ein diesbezüglich wenig vorbereitetes System. Eine weitere „Jahrhundertaufgabe“, die uns seit langem bekannt ist, betrifft die Herausforderungen der demografischen Veränderung unserer Gesellschaft. Diese Aufgabe steht ebenfalls noch weitgehend ungelöst auf der Agenda. Schon jetzt wird in vielen stationären Pflegeeinrichtungen ein erheblicher Pflegemangel beklagt, aber auch die fachärztliche neurologisch-psychiatrische Versorgung, etwa in Hinblick auf demenzielle Erkrankungen, ist unzureichend. Dies war auch eines der Ergebnisse der gemeinsamen Studie von BVDN, BDN, BVDP, DGN sowie der KBV mit dem IGES-Institut. Die demografische Entwicklung spiegelt sich zudem in unseren Fachgebieten, und so werden viele nervenärztliche Praxen NeuroTransmitter 2015; 26 (10) aktuell in die Hände von Neurologen oder Psychiatern abgegeben. Bereits bestehende Versorgungsengpässe erfahren dadurch eine weitere Pointierung, auch weil es an Nachwuchs fehlt und viele Praxen nur schlecht nachbesetzt werden können. In dieser Situation gibt es nur eine sinnvolle Lösung: Alle vorhandenen Kapazitäten bündeln und Versorgung im Team und gut vernetzt organisieren. Entsprechende Konzepte, die vielerorts „Bottomup“ entstehen, wollen wir als Ihre Berufsverbände verstärkt fördern und unterstützen. Die strukturierten Versorgungsmodelle in Neurologie und Psychiatrie, an denen wir auf Bundesebene und in den Ländern arbeiten, zielen in diese Richtung. Die Lösung allein dieser beiden skizzierten Versorgungsaufgaben erfordert eine Bündelung aller zur Verfügung stehenden Kräfte. Es ist nicht nur wenig zielführend, sondern völlig absurd, in dieser Situation dem Spektrum der Versorger für neurologische und psychische Erkrankungen ein neues Berufsbild hinzuzufügen. Gemeint ist die Idee einer Direktausbildung für Psychotherapie. Die Vorstellung eines Psychotherapiestudiums anstelle (!) eines Psychologie- oder Medizinstudiums mit Approbation, anschließender Tätigkeit auf Assistentenebene und Erwerb einer facharztähnlichen Qualifikation als Psychotherapeut hat möglicherweise einen gewissen Charme, und zwar vor allem dann, wenn man ein Gesundheitssystem am „Grünen Tisch“ völlig neu organisiert. Den bestehenden historisch gewachsenen pluralistischen Anbieterstrukturen mit qualifizierten Ärzten für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Psychotherapie, ärztlichen und psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten sowie den vielen Kollegen mit Zusatzqualifikation im Bereich Psychotherapie nun konkurrierend eine weitere Berufsgruppe an die Seite stellen zu wollen, ist völlig überflüssig und angesichts der zu bewältigenden Aufgaben nicht zuletzt auch eine unverantwortliche Ressourcenverschwendung. Die Bundesärztekammer hat derartigen Gedankenspielen eine klare Absage erteilt, dem sollten sich auch die Fachgesellschaften anschließen. Opportunismus und Taktieren im Hinblick auf mögliche Partialinteressen sind hier deplatziert. Selbstverwaltung bedeutet eben nicht Beschäftigung mit sich selbst! In diesem Sinne, Ihr 3 Inhalt 10 Oktober 2015 3 Editorial Jahrhundertaufgaben Frank Bergmann, Aachen Die Verbände informieren 8 Neuer Name mit Vertretungsanspruch Neues aus dem BVDN-Landesverband Berlin Friederike Klein, München 12Gesundheitsbürokratie In unserer täglichen Arbeit sind wir zahlreichen bürokratischen Zwängen ausgesetzt. Dass es sich dabei nicht um eine „gefühlte“ Belästigung handelt, sondern um einen erheblichen bürokratischen Aufwand, belegen aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamtes. Demnach fallen im ambulanten Bereich pro Jahr Bürokratiekosten von mehr als 4 Milliarden € an. Manches ist sicher kaum vermeidbar, aber der Bürokratie- und Formularwahnsinn wäre nur halb so schlimm, kämen nicht kontinuierlich unzählige bürokratische Nadelstiche hinzu, die aus ungestillter Wissbegierde, Ignoranz, Dummheit, Naivität oder Unbedachtheit der Krankenkassen- oder KV-Verwaltung resultieren. 12 Gesundheitspolitische Nachrichten Gesundheitsbürokratie: Umfang erkannt, Belästigung nicht gebannt KBV-Umfrage bei Versicherten: Patienten sind mit ihren Ärzten zufrieden Ärztlicher Bereitschaftsdienst: Pflicht für jeden Vertragsarzt Gunther Carl, Kitzingen Rund um den Beruf 18 GOÄ-Rechnungen: Leistungsbeschreibung in Kurzform Aus der Serie „Praxisprobleme: Sie fragen – wir antworten!“ Gunther Carl, Kitzingen 18 GOÄ: Leistungsbeschreibung in Kurzform GOÄ-Leistungsbeschreibungen können langatmig und für Patienten schwer verständlich sein. Die GOÄ erlaubt ausdrücklich, den Leistungsumfang in verkürzter Form darzustellen, wenn es durch die Abkürzung nicht zu Missverständnissen oder Sinnentstellungen kommt. Hinweis In dieser Ausgabe finden Sie auf S. 62 f. den Medizin Report aktuell „MPH-LA zur Therapie der ADHS bei Erwachsenen – Erstmals Langzeitdaten zur Sicherheit und Verträglichkeit bis zu 66 Wochen“. Wir bitten um Beachtung. Titelbild (Ausschnitt): „Drowning“ von Catherine Hiley NeuroTransmitter 2015; 26 (10) = Dieser Beitrag ist ein Titelthema. 5 Fortbildung 20 Spinale Duralfistelerkrankung Fluktuierende Rückenmarkssymptome sind typisch Christian Arning, Hamburg 27 Sterbewunsch bei der Parkinson-Krankheit Neurologische Kasuistik Peter Franz, München 33 Störungsspezifische Konzepte können berufliche Rehabilitation verbessern Integration psychisch kranker Menschen – Teil 2 Matthias Weisbrod et al., Heidelberg & Karlsbad-Langensteinbach 44 Virtuelle Welten in der Exposition Die Einsatzmöglichkeiten virtueller Realitäten (VR) für die Therapie von Angststörungen sind seit Langem bekannt. Die Effektivität der VR-Expositionstherapie bei spezifischen Phobien ist wissenschaftlich belegt und wird in den aktuellen S3-Richtlinien empfohlen, falls die Therapie der Wahl, die Exposition in vivo, nicht eingesetzt werden kann. 40 Kontinuierliche Verschlechterung durch jahrelange Überforderung Serie Neuropsychologische Fälle – Teil 2 Christiane Bernet, Plattling 44 CME Virtuelle Welten für die psychiatrische Anwendung Neue Möglichkeiten für die Expositionstherapie Philipp A. Schroeder, Andreas Mühlberger, Christian Plewnia, Tübringen und Regensburg 49 CME-Fragebogen Journal 56 PSYCHOPATHOLOGIE IN KUNST & LITERATUR Ein Fall von Nekrophilie Jacques Chessex‘ Roman „Der Vampir von Ropraz“ Wie Sie uns erreichen Verlagsredaktion: Dr. rer. nat. Gunter Freese Telefon: 089 203043-1435, Fax: 089 203043-31435 E-Mail: [email protected] Gerhard Köpf, München 60 NEUROTRANSMITTER-GALERIE Catherine Hiley Die Marginalien der Kunst Schriftleitung: Dr. med. Gunther Carl Telefon: 09321 5355, Fax: 09321 8930 E-Mail: [email protected] Angelika Otto, München Aboservice: Bei Fragen rund um Abonnement und Postbezug Telefon: 06221 345-4304; Fax: 06221 345-4229 E-Mail: [email protected] Offizielles Organ des Berufsverbandes Deutscher Nervenärzte (BVDN), des Berufsverbandes Deutscher Neurologen (BDN) und des Berufsverbandes Deutscher Psychiater (BVDP BVDN NeuroTransmitter 2015; 26 (10) BDN 19 52 64 66 71 Kleinanzeigen Pharmaforum Termine Verbandsservice Impressum/Vorschau BVDP 7 Die Verbände informieren BVDN-Landesverband Berlin Neuer Name mit Vertretungsanspruch Der Verein Berliner Nervenärzte im BVDN hat einen neuen Namen. Das Signal ist klar: Der neue BVDN-­ Landesverband Berlin vertritt Nervenärzte, Neurologen und Psychiater gleichermaßen, mit aller Kraft und gegen alle Widrigkeiten. I n diesem Jahr wurde aus dem Verein Berliner Nervenärzte, der im vorletzten Jahr sein 60-jähriges Bestehen feiern konnte, der Berufsverband Deutscher Nervenärzte – Landesverband Berlin. „Wir wollen zeigen, dass wir uns dem Bundesverband zugehörig fühlen“, betont der 1. Vorsitzende des Landesverbandes, Dr. Gerd Benesch, Arzt für Neurologie und Psychiatrie aus Berlin-Friedenau. Der aus den Querelen von vor 20 Jahren durch Abspaltung entstandene Bund niedergelassener Neurologen, Nervenärzte, Psychiater und ärztlicher Psychotherapeuten hat laut Benesch nur noch wenige, vor allem ältere Aktive, die allerdings erst vor drei Jahren eine eigene Kandidatin aufstellten. Diese bekam zwar nicht die erforderliche Stimmenzahl, das Vorgehen verhinderte aber, dass der BVDN-Landesverband einen zweiten Sitz in der Vertreterversammlung (VV) der KV Berlin erhielt. „Da war klar: Wir werden nicht mehr kleine Brötchen backen und uns von anderen das Wasser abgraben lassen“, erläuterte Benesch. „Wir erklären uns ab sofort zu dem eigentlich entscheidenden Berufsverband.“ Querelen in der KV Die Zusammenarbeit mit der KV Berlin könnte eigentlich gut laufen. „Die rote Laterne als Armenhaus des Bundesgebiets haben wir nicht nur dank der Neuordnung des einheitlichen Orientierungspunktwerts abgegeben, sondern „Wir lassen uns von anderen nicht das Wasser abgraben und erklären uns zu einem entscheidenden Berufsverband.“ auch durch die Aktivitäten des KV-Vorstands“, glaubt Benesch und betont, der KV-Vorstand habe einiges für die niedergelassenen Ärzte in Berlin erreicht. Als Beispiel nennt er das Aufdecken ­eines in seinen Augen fast schon kriminellen Vorgehens bei der Abrechnung BVDNLandesverband Berlin ©© sester1848 / Fotolia.com Verein Berliner Nervenärzte 8 e­ iniger Medizinischer Versorgungszentren von Krankenhausträgern durch den KV-Vorstand. „Da wurde eine Menge Geld für die niedergelassenen Kollegen gerettet!“ Doch der KV-Vorstand steht unter Beschuss: Er hatte im Rahmen neuer Vertragsregelungen Übergangsgelder in Anspruch genommen und den Vorstandsmitgliedern wurde unterstellt, dass sie Geld veruntreut hätten. Längst haben sie diese Gelder zurückgezahlt. „Aber da- Nach 60 Jahren Verein Berliner Nervenärzte geht eine Ära zu Ende. Der neue Verband will die Interessen von Nervenärzten, Neurologen und Psychiatern vertreten. mit war die Kuh nicht vom Eis“, so Benesch. „Es gab einen Abwahlantrag, der allerdings an der satzungsmäßigen erforderlichen Zweidrittelmehrheit gescheitert ist. Seitdem glauben einige VVMitglieder, jede Versammlung als Generalabrechnung mit dem Vorstand missbrauchen zu müssen – leider auch die VV-Vorsitzende. Ich habe mit zehn anderen Kollegen einen Brandbrief an den Gesundheitssenator geschrieben, weil unseres Erachtens die VV-Vorsitzende regelmäßig gegen die Geschäftsordnung verstößt, wonach sie Sitzungen „gerecht und unparteiisch“ zu leiten hat.“ Auch in einigen Medien gibt es eine skandalisierende Stimmungsmache gegen den KV-Vorstand, der in der Öffentlichkeitsarbeit oft etwas ungeschickt agiere, wie Benesch meint. Aber das ändere nichts an der Tatsache, dass der Vorstand in den Verhandlungen mit Krankenkassen, Spitzenverbänden der Krankenhäuser und verschiedenen politischen Ebenen gute Arbeit leiste und die Interessen der Ärzte und PsycholoNeuroTransmitter 2015; 26 (10) BVDN-Landesverband Berlin Im Hamsterrad Eine der ausdrücklichen Forderungen des Landesverbands: die Aufwertung der Gesprächsleistungen mit der EBM-Reform. ©© alexsokolov / iStock / Thinkstock gen nach Möglichkeit durchsetze. Neu gewählt wird in der KV nun sowieso erst wieder Ende 2016. „Wir müssen daher trotz aller schlechter Stimmung noch anderthalb Jahre so weiterarbeiten.“ Die Verbände informieren Dabei sind die Entscheidungen in der KV so wichtig. Nachdem im Jahr 2005 eine regelrechte Existenzkrise herrschte – „ich war auch schon fast auf dem Sprung in die Schweiz“, so Benesch, hatte sich die wirtschaftliche Situation seit 2008 deutlich stabilisiert – seit einem Jahr sinken die Fallwerte aber wieder. Der KV-Vorstand führt das laut Benesch auf eine erneute Hamsterradsi-­ ärzte aber letztlich mit ihrem Antrag getuation zurück: Es werden wieder imund Psychiatern angeboten werden mer mehr Leistungen abgerechnet und kann. „Deshalb bin ich als Nervenarztscheitert. „Da war die Enttäuschung das lässt sich bei gedeckeltem System vorstand im Moment sehr auf der Seite groß“, erinnert sich Benesch. „Ich habe nur durch das Sinken des Fallwerts aufversucht, unsere trotz allem große Solider Psychiater“, betont Benesch. fangen. „Das ist auch bei den anderen Vor einigen Jahren waren es die Neudarität durch eine Resolution zu bekunFacharztgruppen der Fall“, weiß Berologen, die mit einem Fallwert von 26 € den, die ich mit dem Vorstand für diesen nesch als Sprecher der Facharztliste in praktisch dem Niedergang geweiht waFall vorbereitet hatte.“ Darin stellt sich der Vertreterversammlung. Er vertritt ren. Benesch hatte quasi über Nacht in der BVDN-Landesverband Berlin ausdie nervenärztlichen Fachgruppen aleiner Einzelentscheidung die Neurolodrücklich solidarisch hinter die Psychigen wieder in die Nervenarztgruppe des ater und bekräftigt den Willen, alles erlerdings kämpferisch: „Ich bringe imRegelleistungsvolumens (RLV) einbedenkliche zu tun, um zu unterstützen. mer wieder zwei Argumente vor, erstens: Wir sind diejenigen, die wirklich rechnen lassen und sie so gerettet. „Ner- „Das ist zum Beispiel im Rahmen der Kranke versorgen! Wir haben in der venärzte und Neurologen sind aktuell Pauschale für die fachärztliche GrundNeuropsychiatrie keine abrechenbaren Ziffern mit Präventionsleistungen wie beispielsweise Kollegen in der Gynä-­ „Unsere Argumente: Wir sind diejenigen, die wirklich Kranke versorgen! kologie, Gastroenterologie oder PädiatUnd unsere Leistungen sind stark arztgebunden.“ rie. Und zweitens: Unsere Leistungen sind stark arztgebunden.“ Bei über 20 auf einem stabilen Niveau bei einem versorgung (PFG) zwar zum kleinen Teil Gruppen im Honorarverteilungsausschuss gibt es aber immer Gegenwind. Fallwert von etwa 50 € pro Quartal.“ schon passiert, aber das reicht nicht aus“. „Aktuell wollen wir einen Antrag auf Im Herbst 2014 wollten auch die PsyEin weiterer wichtiger Schritt ist die chiater in die gemeinsame Gruppe mit Besserstellung der Psychiater stellen: Aufwertung der Gesprächsleistungen Die Gesprächsziffer soll aus der BudgeNervenärzten und Neurologen aufgemit der EBM-Reform, eine Forderung, tierung herausgenommen werden. Aber nommen werden. Den entsprechenden die der Landesverband in seiner Resoluwir wissen, dass die Chance sehr gering Antrag wollte und konnte Benesch aber tion ausdrücklich auch noch einmal an ist, ein Votum des Ausschusses zu benicht im Alleingang entscheiden, weil den Bundesverband gerichtet hat. „Ich die Situation bei den Psychiatern nicht weiß, dass auf Bundesebene vom BVDN kommen und danach auch eines der Vertreterversammlung.“ so existenziell war wie seinerzeit bei den heftig darum gekämpft wird“, versichert Neurologen. „Wir haben mutig die KonBenesch. Mein Topf – dein Topf – unser Topf frontation zugelassen und den Antrag Alle zusammenhalten Die Situation der Psychiater in Berlin ist im Frühjahr auf einer Sondermitgliederversammlung diskutiert. Ich hatte vor- Auf Vorstandsebene sind alle Fachgrupinakzeptabel, weiß Benesch. Die Zahlen der KV zeigen, dass sie in der Positiv­ her eine Synopsis der Pro- und der Konpen und Berufsverbände (BVDN, BDN entwicklung der Honorare weit abgetra-Argumente beider Lösungen – geund BVDP) vertreten, das ist Benesch schlagen sind. Dass die Psychotherapie trennt bleiben oder gemeinsame Gruppe wichtig. 1. Stellvertreter des Vorsitzendas kompensiert, sieht Benesch nicht, im RLV – herumgeschickt.“ Nach einer den ist Dr. Walter Raffauf, Neurologe laut Benesch sehr soliden und sachlizumal die Richtlinienpsychotherapie und gleichzeitig Landessprecher im schon aus Zeit-Plausibilitätsgründen nur BDN, 2. Stellvertreter ist Matthias Stiegchen Diskussion sind die Psychiater zu einem kleinen Teil von Nervenärzten trotz der Unterstützung einiger Nervenlitz, Psychiater. Auf Bundesebene folgt NeuroTransmitter 2015; 26 (10) 9 Die Verbände informieren Demenzpatienten brauchen mehr Neurologen und Psychiater Die ambulante medizinische Versorgung von Patienten mit Demenzerkrankungen wird in den nächsten Jahrzehnten immer wichtiger. „Unterversorgung und Fehlversorgung sind für Demenzpatienten traurige Realität“, kritisierte der Vorsitzende des Berufsverbandes Deutscher Neurologen (BDN), Dr. Uwe Meier, und benennt zwei wesentliche Probleme für die Versorgung: „Zum einen ist die Bedarfsplanung für die Neurologie fehlerhaft und dadurch unrealistisch, zum anderen haben wir das Problem einer Überalterung von Neurologen, Psychiatern und Nervenärzten, was zu einem erhöhten Wiederbesetzungsbedarf in den nächsten Jahren führen wird.“ Meier ist überzeugt: „Wir werden Patienten mit Demenz und anderen altersbedingten neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen künftig nur dann gut versorgen können, wenn alle an der Versorgung Beteiligten in der Region eng und effektiv zusammenarbeiten und wenn es mehr Fachärzte für die ZNS-Fächer gibt.“ Dr. Frank Bergmann, Vorsitzender des Spitzenverbandes der ZNS-Berufsverbände (SPiZ), kritisiert den „Ärzteatlas 2015“ des Wissenschaftlichen Institutes der AOK (WIdO): „Aus reinen Verhältniszahlen zur Bedarfsplanung von 1992 rechnet der Ärzteatlas eine Überversorgung für fast alle Planungsgebiete vor.“ Dabei berücksichtige er weder die demografische Entwicklung noch die Entwicklung der Morbidität oder die zunehmende Ambulantisierung der Medizin. Bergmann weist darauf hin, dass das WIdO selbst Zahlen zur Altersstruktur der Vertragsärzte in den ZNS-Fächern vorgelegt habe, diese aber im Arztatlas 2015 geflissentlich ausblende: Laut WIdO sind 27,4 % der Nervenärzte 60 Jahre oder älter. In einigen Ländern liegt der Anteil der über 60-jährigen Nervenärzte sogar bei über 30 %. Erstaunlich hoch ist auch der Anteil praktizierender Nervenärzte über 65 Jahren (z. B. BadenWürtemberg 10,5 %; Berlin 12,6 %; Hamburg 13,6 % oder Sachsen 11,4 %). „Mir macht Sorge, dass sich die Versorgung nicht rasch genug auf diese Anforderungen einstellen kann“, so Bergmann. „Eine bessere Vernetzung der Angebote in einer Region könnte es den Fachärzten erleichtern, ihre eigentlichen Aufgaben optimal wahrzunehmen – nämlich die Differenzialdiagnose, die Therapieplanung und die Koordination verschiedener Therapieangebote“, so Bergmann. Quelle: Pressemeldung des Spitzenverbandes der ZNS-Berufsverbände (SPiZ) 10 BVDN-Landesverband Berlin außerdem der Berliner Psychiater Michael Krebs dem bisherigen BVDP-Landessprecher Dr. Norbert Mönter nach. „Wir kooperieren sehr gut“, bekräftigt Benesch. Er regt an, über die Strukturen im BDN und BVDP nachzudenken, die auf Landesebene ja bisher nur durch Sprecher auftreten. „In den nächsten zehn Jahren werden wir einfach dem BDN und dem BVDP im BVDN mehr Platz einräumen müssen“, ist er sich sicher. „Ich spreche das sehr offensiv an, gerade auch nach der Enttäuschung der Psychiater nach der Abstimmung. Es ist wichtig, die Interessen des BVDP im BVDN zu stärken, ihm als Psychiater beizutreten und ihn zu unterstützen.“ Benesch sieht den BVDN dabei nach wie vor als die Klammer und versteht sich auch selbst als Integrator aller Gruppen auftritt. Inzwischen konnte wiederholt die Evaluation mit Unterstützung der Charité den Erfolg des Projekts – Einsparungen für die Krankenkassen – aufzeigen. Die Folge: Die Anschubfinanzierung der IV-Verträge lief nicht wie andernorts aus, sondern wurde verlängert. Vorstandswahl Im Frühjahr 2016 steht die nächste Vorstandwahl im Landesverband Berlin an. Benesch lädt alle Kollegen zur Kandidatur ein. „Ich klebe nicht an meinem Stuhl“, stellt er klar. „Wenn sich jemand anbietet, würde ich den Vorsitz gerne abgeben.“ Er wünscht sich, dass sich noch mehr Kollegen berufspolitisch engagieren. Neue Mitglieder hofft der Landesverband Berlin damit zu locken, dass jeder, der ein neues Mitglied wirbt, selbst „Wenn man gut organisiert und berufspolitisch gut aufgestellt ist, und wenn alle an einem Strang ziehen, hat man auch Erfolge.“ und aller Interessen. Dass diese Interessen nicht immer übereinstimmen, ist ihm klar, er plädiert aber für eine offene Diskussion. ein Jahr beitragsbefreit ist. „Bisher sind zwei Kollegen auf diese Weise Neumitglied geworden“, sagt Benesch. Er weiß, gerade in Berlin ist es schwierig, beim Nachwuchs zu punkten: „Wir haben hier Vorzeigeprojekt VPSG/PIBB beispielsweise ein regelrechtes ÜberanGerade in der Psychiatrie hat Berlin gebot an Fortbildungen und Veranstaltungen. Da können wir als Berufsverauch einen besonderen Erfolg vorzuweisen. Dr. Norbert Mönter, vor Benesch band nicht gegen anstinken.“ Dabei 1. Vorsitzender des damaligen Vereins kann die Vernetzung im Berufsverband einiges bewegen. „Bei der Wahl zur DeBerliner Nervenärzte, gründete 2003 den Verein für Psychiatrie und seelische legiertenversammlung der ÄrztekamGesundheit (VPSG), um die bedrohte mer Berlin im letzten Herbst haben wir Versorgung von schwer psychisch Kraneinen grandiosen Sieg errungen“, freut ken sicherstellen zu können. Dass darsich Benesch. Die Mitglieder Dr. Roland aus eine funktionierende multiprofes-­ Urban und Ralph A. Drochner wurden sionelle, sektorenübergreifende Zusammit sehr hohen Stimmzahlen in die Vermenarbeit von Psychologen, Ergotherasammlung hineingewählt. Er betont: peuten, Soziotherapeuten, psychiatri- „Wenn man gut organisiert und berufspolitisch gut aufgestellt ist und wenn scher Pflege, psychosozialen Trägern, alle an einem Strang ziehen, hat man Krisendiensten, Chefärzten und Kliniken, niedergelassenen Psychiatern und auch solche Erfolge.“ Nervenärzten wurde, war laut Benesch ganz klar der Verdienst des immer gut vernetzten Mönter. Dem Verein gelang es, mit den Krankenkassen Selektivverträge der integrierten Versorgung auszuhandeln. Die Krankenkassen drängten dazu auf die Gründung einer MaAUTORIN nagementgesellschaft, die als Psychiatrie Friederike Klein, München Initiative Berlin Brandenburg (PIBB) NeuroTransmitter 2015; 26 (10) Die Verbände informieren Gesundheitspolitische Nachrichten GESUNDHEITSBÜROKRATIE Umfang erkannt, Belästigung nicht gebannt Im Auftrag des Nationalen Normenkontrollrates ermittelte das Statistische Bundesamt die Bürokratiekosten im ambulanten Bereich. Sie betragen 4,33 Milliarden € pro Jahr. Das Statistische Bundesamt ermittelte insgesamt 371 verschiedene Informationspflichten (40 vom Bundesministerium für Gesundheit [BMG], 33 von der vertragszahnärztlichen Selbstverwaltung, 298 von der vertragsärztlichen Selbstverwaltung), denen die niedergelassenen Ärzte nachkommen müssen. 95 % des Gesamtaufwandes werden von den 42 aufwändigsten und häufigsten Pflichten verursacht. Dazu zählen das Ausstellen von Rezepten, die Abrechnung ärztlicher Leistungen und Überweisungen. Errechnet wurden die Bürokratiekosten aus der Anzahl der Pflichten sowie aus Zeitbedarf und Gehalt desjenigen, der die jeweilige Bürokratiepflicht erfüllt. Hierzu wurden unter anderem Interviews mit niedergelassenen Ärzten durchgeführt. Waren bürokratische Aufgaben als Bestandteile einer medizinischen Behandlung notwendig, wurden deren Kosten vom Gesamtbetrag abgezogen. Der gesamte Zeitbedarf für alle bürokratischen Tätigkeiten im ambulanten Sektor beträgt während eines Jahres 14 Millionen Tage. Auf eine Praxis heruntergerechnet bedeutet dies einen Zeitaufwand von einer Halbtageskraft. Es werden beispielsweise pro Jahr je Praxis zirka 2.800 Überweisungen, 600 Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und 300 Heilmittelverordnungen ausgefüllt. Der Normenkontrollrat entwickelte zusammen mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) 20 Handlungsempfehlungen, um Bürokratiekosten und -zeitaufwand zu reduzieren. Zwischenzeitlich wurde sogar schon beschlossen, die AU-Bescheinigung mit einer krankenkasseneinheitlichen Krankengeldbescheinigung zusammenzufassen. Beim bisher zweistufigen Rehabilitationsantrag soll der „Antrag auf einen Antrag“ wegfallen. Vom Normenkontrollrat empfohlen wurde auch eine Überprüfung des Krankenbeförderungsformulars, des Belastungsgrenzenformulars bei chronisch Kranken und des Psychotherapie-Antragsformulars. Langfristiger Heilmittelbedarf soll möglicherweise nicht mehr genehmigungspflichtig sein. Die Genehmigungspflicht zur Nutzung von Blanko-Druckformularen soll gegebenenfalls entfallen, die Praxissoftware soll zukünftig Erläuterungen zum Ausfüllen von Vordrucken anzeigen. Die Notwendigkeit, BtM-Rezepte mit Nadeldrucker zu bedrucken, soll überprüft werden. Es wurde vorgeschlagen, Praxisbegehungen durch unterschiedliche Überwachungsbehörden besser zu koordinieren. Kommentar: Es handelt sich also nicht nur um eine „gefühlte“ Belästigung durch Bürokratie, sondern der bürokratische Aufwand ist in Maß und Zahl nachweisbar. Vermutlich lässt sich die Bearbeitung sehr häufiger Formulare wie Arznei- und Heilmittelrezepte, Überweisungen und AU-Bescheinigungen letztlich nicht wirklich vereinfachen oder verkürzen, denn sie ©© Luis Louro / Fotolia.com Pro Jahr werden je Praxis zirka 2.800 Überweisungen, 600 Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und 300 Heilmittelverordnungen ausgefüllt. 12 Dr. med. Gunther Carl, Kitzingen Stellvertretender Vorsitzender des BVDN »Es handelt sich nicht nur um eine „gefühlte“ Belästigung durch Büro­ kratie, sondern wachsenden büro­ kratischen Aufwand.« hängen direkt mit der Behandlung der Patienten zusammen. Der „Verbesserungsvorschlag“, Rezepte zukünftig elektronisch über die Versichertenkarte auszustellen, ist wahrscheinlich kontraproduktiv, denn die aus Datenschutzgründen erforderliche Sicherheitstechnik mit Patienten- und Arzt-Passwort wird den Aufwand erhöhen. Mit dem elektronischen Rezept ist dann zwar den Krankenkassen verwaltungstechnisch geholfen, die Vertragsärzte haben aber mehr Arbeit. Der gesamte übliche Bürokratie- und Formularwahnsinn wäre nur halb so schlimm, kämen nicht kontinuierlich unzählige bürokratische Nadelstiche hinzu, die aus ungestillter Wissbegierde, Ignoranz, Dummheit, Naivität oder Unbedachtheit der Kassen- oder KVVerwaltung resultieren. Besonders schlimm ist das bürokratische und systematische Verfolgen sogenannter Wirtschaftlichkeitsschäden in Bagatellfällen und die eigene Verwaltungsvereinfachung von Gesundheitsbehörden zulasten Dritter, nämlich der Vertragsärzte. Hier einige Beispiele – vielen Lesern werden sicher mühelos weitere quälende Bürokratismen einfallen: — Ein Arzneimittelrezept mit einer Verordnungsmenge, die über die größte Packung hinausgeht, beispielsweise zwei Packungen N3, muss die Anzahl der Tabletten enthalten und ein Ausrufungszeichen („Nr. 200 !“) — Jüngst wurden die Anforderungen für Praxisstempel auf Rezepten detailliert erhöht, ohne dies den Vertragsärzten zuvor mitzu- NeuroTransmitter 2015; 26 (10) Die Verbände informieren teilen. Der Name des Verordners muss nochmals separat benannt werden, auch wenn er bereits in der Bezeichnung der Gemeinschaftspraxis enthalten ist und der Vorname muss nun ausgeschrieben sein. Die Art der Berufsausübungsgemeinschaft ist zu spezifizieren (z. B. MVZ oder Gemeinschafts­ praxis). Außerdem müssen Telefonnummer, Betriebsstättennummer und lebenslange Arztnummer enthalten sein, ebenso die Berufsbezeichnung (z. B. Facharzt). — Das neue BtM-Rezeptformular trägt ab 2016 die Abreißkante links, so dass das PC-Druckformular nicht mehr mit dem normalen Arzneimittelrezept übereinstimmt. Entweder muss bei jedem BtM-Formular der Druckeranschlag manuell um 15 mm nach links verschoben werden oder man vertraut auf das Update seines EDV-Anbieters, welches den linken Druckeinzug vergrößert. Dies kann dauern, funktioniert unvollständig oder nie. Begründung der Bundesanstalt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) – man glaubt es kaum oder auch sofort: Verfahrensvereinfachung in der Behörde! — Zusätzliche medizinische Dokumentation bei Patienten in Altenheimen: das Heimpersonal besteht häufig auf der handschriftlichen ärztlichen Dokumentation der Visite und der Arzneimittelverordnung im Dokumentationssystem des Heimes. Daneben ist natürlich weiterhin die eigene Dokumentation des Arztes obligatorisch. — Arzneimittel-Kleinregresse: insbesondere Kleinkrankenkassen („XY-BKK) gefallen sich darin, Prüfanträge im Wert von beispielsweise 21,37 € bei sogenannten fiktiven Arzneimittelzulassungen zu stellen. Die AOK Gesundheitspolitische Nachrichten Bayern beantragt plötzlich offenbar systematisch die Wirtschaftlichkeitsprüfung bei der Verordnung von Depot-Neuroleptika, die jahrelang zurückliegen und damals rechtmäßig auf Sprechstundenbedarf verordnet wurden. Kollegen, die ausführlich patientenbezogen leitliniengerechte Therapie begründen, wissen, dass auch diese Tätigkeit zur Bürokratiebelastung gehört. Bürokratie als Waffe gegen Vertragsärzte, um vermeintliche Wirtschaftlichkeitsreserven zu heben. Man arbeitet mit dem Abschreckungscharakter dieser Maßnahme. Dass die Kassen damit die Motivation und die Möglichkeiten von Psychiatern und Nervenärzten untergraben, psychotische Exazerbationen und damit Krankenhausaufenthalte von complianceschwierigen Patienten zu verhindern, dürfte klar sein. Wer sich aber wegen 117,73 € nicht bürokratisch wehrt, bekommt die Regresssumme vom Honorar abgezogen – und weist demnächst stationär ins Krankenhaus ein. Merke: Bei der Wirtschaftlichkeit veranlasster Leistungen sitzt der Vertragsarzt im Einzelfall immer am längeren Hebel. — Anfrageflut mancher Krankenkassen: Nicht selten erreichen uns Krankenkassenanfragen zum Zustand eines Patienten, der noch gar nicht in unserer Behandlung steht und lediglich angemeldet ist, meist aufgrund drohender Krankengeldzahlung. Denn er war vom Hausarzt schon sechs Wochen lang AU geschrieben. Die Anfragen beschränken sich oft nicht auf die Inhalte der sogenannten For­mu­larvereinbarung, sondern fordern im Grunde ein sozialmedizinisches Kurzgutachten mit Langfristprognose KBV-UMFRAGE BEI VERSICHERTEN Patienten sind mit ihren Ärzten zufrieden Die kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hatte die Forschungsgruppe Wahlen beauftragt, gesetzlich Krankenversicherte zu befragen. An der Untersuchung nahmen 6.000 zufällig ausgewählte Bürger telefonisch teil. Das Ergebnis liest sich in etwa wie in den Jahren zuvor: 92 % der Patienten sind mit ihren Ärzten zufrieden oder sehr zufrieden. 7 % empfinden das Arztvertrauen als weniger oder überhaupt nicht gut. 93 % bezeichnen die Fachkompetenz der Ärzte als gut oder sehr gut. 14 Ein Drittel der Patienten musste nicht auf einen Arzttermin warten, 42 % empfanden die Wartezeiten als nicht zu lang. 15 % warteten bis zu drei Tage auf einen Termin, 24 % bis drei Wochen, 13 % über drei Wochen. Nur etwa die Hälfte der Patienten gingen wegen eines akuten Problems zum Arzt, etwa 60 % kamen wegen einer chronischen Erkrankung, einer Vorsorgeuntersuchung oder ­einer Impfung. Zwei Drittel der Versicherten gingen ohne Überweisung zum Facharzt. Auf einen Termin beim Facharzt warteten sowie quantitativer und qualitativer Einschätzung der Erwerbsfähigkeit. Manche Kollegen machten übrigens die Erfahrung, dass das Ignorieren solcher Anfragen eine zielführende Reaktionsweise ist. — Geplante Terminvergabestellen: Die Dame vom Terminvergabe-Callcenter wird ab 2016 wegen eines Termins für einen Patienten anrufen, der die Praxis möglicherweise schon wegen des gleichen Terminwunsches kontaktierte. Signalisiert die Praxis der Terminvergabestelle einen möglichen Termin, muss dieser mit einem zeitlichen Limit geblockt werden. Denn nur der Patient selbst kann nach erfolgter Rückmeldung der Terminvergabestelle diesen geblockten Termin tatsächlich in einem erneuten Telefonat mit der Praxis endgültig fixieren. Meldet sich der Patient jedoch nicht, muss der Termin wieder freigegeben werden, wozu eine praxisinterne neue Routine zu erstellen ist. Der Callcenter-Termin muss also bis zu vier Mal bearbeitet werden, bis er endlich fixiert oder wieder freigegeben ist. Die bisherige Erfahrung zeigt, dass solche Callcenter-Termine häufig vom Patienten nicht wahrgenommen werden und die Dringlichkeit medizinisch unbegründet war. Ob Herr Lauterbach mit den nun gesetzlich vorgeschriebenen Terminvergabestellen das populistische Ziel erreicht, dass kein einziger Privatversicherter schneller einen Facharzttermin bekommt als ein gesetzlich Krankenversicherter, wird sich zeigen. Man darf jedenfalls auf die Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitforschung gespannt sein, welche Versicherten in welchen Regionen bei welchen Fachärzten nach Terminen fragen. gc mehr Patienten – nämlich zwei Drittel – länger als drei Tage. Am schnellsten erhalten Patienten einen Termin beim Facharzt, wenn dieser vom Hausarzt direkt vermittelt wird. Dreiviertel der Befragten sagten, es gebe genügend Hausärzte in Wohnortnähe. Für Fachärzte wurde diese Aussage nur von 55 % getroffen. Nachts und am Wochenende suchen mittlerweile 41 % bei akuten Beschwerden das Krankenhaus auf, vor neun Jahren waren es nur 29 %. Die Zahlen im organisierten ärztlichen Bereitschaftsdienst sanken im gleichen Zeitraum von 25 % auf 20 %. 68 % der Versicherten wären bei preiswerteren Wahltarifen bereit, vor einem Facharztbesuch immer den Hausarzt zu kontaktieren. NeuroTransmitter 2015; 26 (10) Die Verbände informieren Gesundheitspolitische Nachrichten Dies waren 2008 noch 59 % . In der Realität sank jedoch die Bereitschaft, vor dem Facharztbesuch immer zuerst den Hausarzt zu kontaktieren von 17 % (2008) auf 12 % (2015). Dagegen sind immer weniger Patienten bereit, Kosten mit der Krankenkasse selbst (68 %) oder anteilig selbst (63 %) abzurechnen, beziehungsweise die Auswahl des Arztes der Krankenkasse zu überlassen (74 %). Kommentar: Offenbar sind jüngere und flexiblere Versicherte im Vorteil, einen Facharztter- min zu bekommen. Die Untersuchungsergebnisse zeigen insgesamt das, was wir täglich „gefühlt“ in unseren Praxen erleben. Die Patienten sind zufrieden mit dem deutschen Gesundheitssystem, insbesondere mit der ambulanten Versorgung in den freiberuflichen Praxen. Allerdings nehmen die Komfortwünsche nach Gesundheitsoptimierung und rascher, möglichst hochwertiger und spezialisierter, zugleich aber kostenfreier Behandlung zu. Dabei ist für die Versicherten die freie Arztwahl offenbar ein sehr hohes Gut.gc ÄRZTLICHER BEREITSCHAFTSDIENST Pflicht für jeden Vertragsarzt Zur Teilnahme am sogenannten organisierten vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst („Notdienst“) ist jeder Vertragsarzt grundsätzlich verpflichtet. Dies gilt jedoch selbstverständlich nicht für den Rettungsdienst oder „Blaulichtdienst“. In einzelnen sehr wenigen KVen waren seit vielen Jahren Kollegen aus manchen Fachgruppen mit wenig patientenbezogenen oder kaum akutmedizinischen Tätigkeiten prinzipiell vom Bereitschaftsdienst befreit. Dies waren beispielsweise Radiologen, Nuklearmediziner, Laborärzte, ärztliche Psychotherapeuten oder auch Psychiater. Wer jedoch teilnehmen wollte, durfte dies. In den letzten Jahren kam es nun im Rahmen des fortschreitenden Ärztemangels zu einer immer stärkeren Ausdünnung vor allem hausärztlicher Nie­der­lassungen in ländlichen Gebieten. Befreiungen vom Bereitschaftsdienst wegen Schwangerschaft, Mutterschutz und Kindererziehung nahmen zu. Aus diesen Gründen sank die Bereitschaft der KVen, Befreiungsgenehmigungen etwa aufgrund mangelnder Fortbildung im allgemeinmedizinischen oder akutärztlichen Tätigkeitsgebiet zu erteilen. Der Mangel an Bereitschaftsdienst-Ärzten wurde einfach zu gravierend, die Dienstbelastung der Notdienstärzte wuchs in etlichen ländlichen Gebieten auf ein unerträgliches Maß. Inzwischen wurden alle generellen fachgruppenbezogenen Ausnahmegenehmigungen von den KVen zurückgezogen, insbesondere in Bayern. Erneut unterlag Anfang 2015 ein Vertragsarzt vor dem Bundessozialgericht (Az.: B 6 KA 41/14). Er hatte sich darauf berufen, dass er nicht ausreichend für den Not- 16 dienst fortgebildet war. Das Bundessozialgericht stellte der KV anheim, Kollegen die Kassenzulassung zu entziehen, die sich notwendigen Fortbildungen, der Bestellung von Vertretungen oder Notdiensten verweigern. Es sei gemeinschaftliche Pflicht der Vertragsärzte, die medizinische Versorgung der Bevölkerung in sprechstundenfreien Zeiten zu gewährleisten. Kommentar: Im Rahmen einer Umfrage der Ärztezeitung (9.9.2015) ergab sich, dass zwischenzeitlich alle KVen Ärzte aller Fachgruppen zum organisierten Bereitschaftsdienst einteilen. Bisher ausgenommenen Fachgruppen wurde eine Übergangsfrist zur Fortbildung von mehreren Jahren eingeräumt. Einzelne Ausnahmegenehmigungen werden nur sehr restriktiv ausgesprochen (z. B. wegen Krankheit). Jeder Vertragsarzt könne sich vertreten lassen oder sich angemessen für diese Tätigkeit fortbilden. Bei Pflichtverletzung werden in manchen KVen Geldstrafen fällig oder das zumindest zeitlich befristete Ruhen der Kassenzulassung angeordnet. In vertragsärztlich stark überversorgten Stadtstaaten wie Berlin und Hamburg ist die Teilnahme am Notdienst weiterhin freiwillig. In etlichen KVen wurden zwischenzeitlich Pool­ arztsysteme installiert. Hier übernehmen häufig Nichtvertragsärzte vertretungsweise die Notdienste nach einem organisierten System und werden dafür entsprechend bezahlt. Diese KVorganisierten Notdienstvertretungen erfreuen sich großer Beliebtheit, beispielsweise in Westfalen-Lippe, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein. Große KVen wie Bayern und Nordrhein planen ebenfalls ein solches Poolärztesystem zur Entlastung der Vertragsärzte. gc NeuroTransmitter 2015; 26 (10) Rund um den Beruf Haben Sie in Ihrer Praxis ein wenig zu­frieden­­­stellend gelöstes oder gar ungelöstes Problem, das auch in anderen Praxen relevant sein könnte? Wir versuchen, uns kundig zu machen, und publizieren einen entsprechenden – nicht rechtsverbind­lichen – Lösungsvorschlag. Eine Haftung ist ausgeschlossen. Auf Wunsch sichern wir jedem Rat­suchenden auch Anonymität zu. Schreiben Sie mit dem Betreff „Praxisprobleme“ an: [email protected] I n den GOÄ-Rechnungen an Privat­ patienten sind die Leistungslegenden in der Regel nur in verkürzter Form wiedergegeben. Zahlreiche GOÄ-Leistungsbeschreibungen haben im originalen Wortlaut einen so langen Text, dass sie zu viel Platz auf dem Rechnungsformular einnehmen würden und die Rechnung dadurch unübersichtlich wäre. Zudem arbeiten die GOÄ-Leistungstexte häufig mit Bedingungen („mindestens“), fakultativen Kombinationen („und/ oder“) und für Laien irreführenden Relativsätzen, ganz zu schweigen von schwer verständlichen medizinischen Fachbegriffen, Kombinationsausschlüssen und Häufigkeitsbeschränkungen verschiedenster Art. Viele Patienten GOÄ-Rechnungen Leistungsbeschreibung in Kurzform GOÄ-Leistungsbeschreibungen können langatmig und für Patienten schwer verständlich sein. Die GOÄ erlaubt ausdrücklich, den Leistungsumfang in verkürzter Form darzustellen, wenn es durch die Abkürzung nicht zu Missverständnissen oder Sinnentstellungen kommt. können dann nicht verstehen, worum es eigentlich bei der einzelnen Leistung im Wesentlichen geht. Es liegt daher nahe, den Leistungsinhalt komprimiert und verständlich in der Rechnung wiederzugeben. Dies ist nicht verboten, sondern mit großem Ermessensspielraum sinnvoll. Von der GOÄ abgesegnet Die GOÄ erlaubt es sogar ausdrücklich: „Statt der vollen Leistungsbezeichnungen können auch Kurzbezeichnungen angegeben werden, wenn diese aus sich heraus verständlich sind und den Leistungsumfang umfassend beschreiben.“ Dabei muss der wesentliche Inhalt der Leistungslegende vom Patienten ver- ©© quipu / Fotolia.com Kurz und prägnant darf die Leistungsbeschreibung sein – aber kein Fachchinesisch stehbar bleiben, die Kurzform darf Missverständnisse oder Sinnentstellungen nicht fördern. Insbesondere Mindestzeiten sind anzugeben, was besonders auf unsere Fachgebiete Neurologie und Psychiatrie zutrifft, beispielsweise GOP 806: „Psychiatrisches Gespräch, mind. 20 Min.“, GOP 34: „Erörterung lebensverändernde Krankheit, mind. 20 Min.“, GOP 3: „Beratung, mind. 10 Min.“, GOP 4: „Fremdanamnese“. Weitere Beispiele für Kurzformen der Leistungslegende aus dem allgemeinen Kapitel sind GOP 1: „Beratung“, GOP 15: „Behandlungskoordination“, GOP 50: „Besuch“, GOP 60: „Konsil“, GOP 75: „ausführlicher Arztbrief“. Kapitel G – Besonderheiten im neuropsychiatrischen Fachgebiet Nicht selten gibt es Rückfragen seitens unserer Patienten, weil sie mit der medizinischen Terminologie im neuropsychiatrischen Fachgebiet Verständnisoder Akzeptanzschwierigkeiten haben. Hier wären beispielsweise folgende Kurzformen der GOÄ-Leistungslegenden denkbar: GOP 801: „Psychischer Befund“, GOP 804: „Psychisches (oder: therapeutisches) Gespräch“, GOP 812: „Psychische Akutbehandlung“, GOP 835: „Psychische Fremdanamnese“ und GOP 849: „Therapeutisches Gespräch, mind. 20 Min.“ AUTOR Dr. med. Gunther Carl, Kitzingen 18 NeuroTransmitter 2015; 26 (10) ©© Scanrai_Rosenstiel / Fotolia.com Sie fragen – wir antworten! Kleinanzeigen aus der Praxis Rund um den Beruf Inserieren Sie kostenlos im NeuroTransmitter Sie möchten gebraucht etwas günstig kaufen oder verkaufen? Sie haben eine Praxis abzugeben oder suchen eine neue Kollegin oder neuen Kollegen? Inserieren Sie kostenlos als Verbandsmitglied von BVDN, BDN und BVDP Ihre Such-, An- oder Verkaufsanzeige im NeuroTransmitter: Quer durch die Republik erhalten Sie die dafür notwendige Reichweite und Aufmerksamkeit, denn das Magazin wird monatlich an alle niedergelassenen Nervenärzte, Neu- Kaufen, Verkaufen, Verschenken Kostenlos abzugeben: Karteikartenschrank, grau, 6 Schubladen, abschließbar (80 x 137 x 60 cm). Nur an Selbstabholer. Kontakt: [email protected] (Dr. Kathrin Elze) Magnetstimulator für MEP gebraucht gesucht. Akademische Lehrpraxis an der TU Dresden Dr. Jens Kaltofen, FA Neurologie und Psych­ iatrie/Psychotherapie, Pfotenhauerstr. 55, 01307 Dresden. Kontakt: [email protected] Papierloses EEG-Gerät von Walter mit Zubehör zu verkaufen. Kontakt: [email protected] (Dr. Hilde-Suse Obermayer) Wegen Berentung biete ich ab 14.12.2015 folgende Geräte an: 1. 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Einsendeschluss für den nächsten NeuroTransmitter ist der 28. Oktober 2015! Hinweis! Die Geschäftsstelle und Redaktion übernehmen keine Haftung für die Richtigkeit der in den Anzeigen gemachten Angaben. Psychiater (m/w) für Niederlassung in Bayern gesucht. Ich suche zur Assoziation oder Anstel­ lung eine(n) oder zwei engagierte KollegenIn­ nen für meine sozialpsychiatrisch ausgerichte­ te Praxis in Dillingen/Donau im reizvollen Do­ nautal zwischen den Ballungsräumen Augs­ burg und Ulm. 0,5 Vertragsarztsitz ist neu ge­ schaffen und frei. Insgesamt 1,5 Sitze aufteil­ bar auf bis zu 3 KollegenInnen ohne jede Existenzangst. Ich stehe Ihnen gerne jederzeit für Rede und Antwort zur Verfügung. Bitte rufen Sie oder mailen Sie mich an. Kontakt: [email protected] (Albert Pröller, Praxis für Psychiatrie und Psychotherapie, Dillingen, Tel. 09071 71883 und privat 09072 920105) Weiterbildung/Fortbildung Weiterbildungsstelle zum 1.1.2016 in Nerven­ arztpraxis in Rosenheim zu vergeben. 20 Wochenstunden, ggf. in Kombination mit einer Klinik als volle Stelle möglich. Weiterbil­ dungszeit: Neurologie 6 Monate (im Einzelfall 12 Monate); Psychiatrie 12 Monate. Kontakt: [email protected] Coaching – Supervision für medizinische und soziale Berufe einzeln, in der Gruppe, im Team. Prof. Dr. med. Cordula ZehmSchmolke in Troisdorf Mobil: 0151 25240016 E-Mail: [email protected] www.coaching-supervision-rhein-sieg.de 19 Fortbildung Spinale Duralfistelerkrankung Fluktuierende Rückenmarkssymptome sind typisch Ein progredientes Transversalsyndrom bei spinaler Durafistelerkrankung wird häufig zu spät diagnostiziert. Da die Ursache dieser Rückenmarkserkrankung kausal behandelt werden kann, sollte sie in einem frühen Stadium erkannt werden, in dem alle Symptome noch reversibel sind. Typisch ist eine spinale Symptomatik, die bei Patienten im Alter von 50 bis 70 Jahren subakut beginnt und im Verlauf fluktuiert, mit Verschlechte­ rung in Orthostase. Die Diagnose erfolgt mit MRT. Hier zeigen sich regelhaft ein kongestives Rückenmarks­ ödem und meist auch erweiterte perimedulläre Venen. CH R I S T IA N A R N I N G , H A M B U R G ©© J. Schönwälder Kongestives Rückenmarksödem mit Schwellung und ­Signalanhebung am thorakolumbalen ­Übergang (T2-Wichtung). a 20 b NeuroTransmitter 2015; 26 (10) Fortbildung 20Spinale Duralfistelerkrankung Fluktuierende Rückenmarks­ symptome sind typisch 27Sterbewunsch bei der Parkinson-Krankheit Neurologische Kasuistik B ei seltenen Krankheiten wie der spinalen Kongestion infolge Durafistel besteht das Problem, dass sie zu wenig bekannt sind und deshalb erst spät diagnostiziert werden. Bei der spinalen Durafistelerkrankung beträgt die Anamnesedauer im Mittel 22,9 Monate [1]. Zum Zeitpunkt der Behandlung liegen bei den allermeisten Patienten bereits motorische Defizite vor [2]. Da die Ursache dieser schwerwiegenden Rückenmarkserkrankung kausal behandelt werden kann, sollte sie in einem frühen Stadium erkannt werden, in dem alle Symptome noch reversibel sind, möglichst vor Auftreten motorischer Störungen. Die Diagnose wird zwar letztlich mit MRT und spinaler Angiografie gestellt, diese Methoden können aber erst gezielt zum Einsatz kommen, wenn die arteriovenöse (AV)-Fistel klinisch vermutet wird. Deshalb ist es Aufgabe des Neurologen, der ja gleich nach dem Hausarzt mit den Symptomen betroffener Patienten konfrontiert ist, frühzeitig die klinische Verdachtsdiagnose zu stellen und ohne Zeitverzug die notwendige Diagnostik zu veranlassen. Fall 1 Eine 72-jährige Patientin leidet seit sechs Monaten unter Missempfindungen in beiden Beinen, besonders in Orthostase. NeuroTransmitter 2015; 26 (10) 33Störungsspezifische Konzepte können berufliche Rehabilitation verbessern Integration psychisch kranker Menschen – Teil 2 44CME Virtuelle Welten für die psychiatrische Anwendung Expositionstherapie 49 CME Fragebogen 40Neuropsychologische Fälle – Teil 2 Sie stellt sich in der Sprechstunde eines Neurologen vor, der ein Restless-LegsSyndrom diagnostiziert. Unter Behandlung mit der Wirkstoffkombination Levodopa/Benserazid kommt es zunächst auch zu einer partiellen Besserung der Symptome. Im Verlauf nehmen die Missempfindungen aber wieder zu, sind weiterhin vor allem in Orthostase vorhanden und eine Dosiserhöhung der Wirkstoffkombination Levodopa/Benserazid hilft nicht. Schließlich ereignen sich zwei Stürze: Jeweils nach längerem Stehen in der Küche, so berichtet die Patientin, hätten die Missempfindungen in den Beinen stark zugenommen, dann seien die Beine schwach geworden und sie sei gestürzt. Dabei habe sie keinen Schwindel verspürt, sie sei auch nicht bewusstlos gewesen. Nach kurzer Zeit habe sie allein wieder aufstehen können, die Kraft in den Beinen sei wieder da gewesen. Nach dem zweiten Ereignis kommt sie über die Hausärztin in die Klinik. Diagnose und Therapie Bei der Aufnahmeuntersuchung ist der neurologische Befund unauffällig, insbesondere Motorik, Sensibilität und Reflexstatus sind völlig normal. Aus der weiteren Vorgeschichte sind keine Erkrankungen an Nervensystem oder Wirbelsäule zu eruieren, auch vaskuläre Risikofakto- ren oder Vorerkrankungen liegen nicht vor. Erst auf gezieltes Befragen gibt die Patientin eine Harninkontinenz an, die seit einem halben Jahr vorhanden sei. Die Anamnese mit deutlich körperhaltungsabhängigen, nur in Orthostase vorhandenen sensiblen und motorischen Störungen, verbunden mit Harn­ inkontinenz führt zur Verdachtsdiagnose einer spinalen Durafistel. Die Magnetresonanztomografie (MRT) zeigt ein kongestives Rückenmarksödem mit Schwellung und Signalanhebung am thorakolumbalen Übergang (Abb. 1 a – c). Die spinale Angiografie weist die Fistelverbindung nach, die dann erfolgreich embolisiert wird. Nach der Embolisation treten keine Missempfindungen oder Lähmungen mehr auf, bei MRTKontrolle nach fünf Tagen ist das Rückenmarksödem bereits geringer ausgeprägt, bei einer weiteren Kontrolle nach vier Monaten ist es nicht mehr nachweisbar (Abb. 1 d), die Harninkontinenz bildet sich im Verlauf allmählich zurück. Myelopathie durch spinale Kongestion Eine arteriovenöse Kurzschlussverbindung zwischen dem duralen Ast einer Segmentarterie und der Radikularvene, meist in den unteren thorakalen oder 21 ©© J. Schönwälder Fortbildung Die spinale Duralfistelerkrankung a b c d Abb. 1: MRT bei spinaler Durafistelerkrankung (Fall 1). a – c: Kongestives Rückenmarksödem mit Schwellung und Signalanhebung am thorakolumbalen Übergang, Darstellung in T2-Wichtung (a, b) und noch besser erkennbar in der TIRM-Sequenz (c). d: Abschließende Kontrolluntersuchung vier Monate nach Embolisation: der Befund ist vollständig normalisiert (Fotos mit freundlicher Genehmigung von Dr. J. Schönwälder, Abteilung Radiologie, Asklepios Klinik Hamburg-Wandsbek). oberen lumbalen Segmenten, führt zur Druckerhöhung im subarachnoidal gelegenen Plexus venosus internus. Die genaue Ätiologie der Fistelbildung ist nicht bekannt, es wird angenommen, dass es sich um eine erworbene Läsion handelt [3]. Der erhöhte Druck im intraduralen Venenplexus wird noch verstärkt durch eine bei der spinalen Durafistelerkrankung außerdem vorhandene venöse Abflussstörung nach epidural. Verbindungen zwischen den beiden Venensystemen bestehen ja meist erst im Beckenoder Halsbereich. Die Druckerhöhung im Plexus venosus internus beeinträchtigt die venöse Drainage des Rückenmarks und verursacht einen Rückstau in das Kapillargebiet. Die Folge ist eine Stauungsmyelopathie durch vermehrte spinale Blutansammlung (Kongestion) und eine spinale Hypoxie als Folge der mikrozirkulatorischen Abfluss- und Passagestörung. Das Rückenmarksödem der Stauungsmyelopathie erstreckt sich über mehrere Segmente und ist initial zunächst reversibel, im Langzeitverlauf kommt es zur Infarzierung des Rückenmarks. Anders als bei kranialer Durafistel oder bei spinalen Angiomen entstehen keine Blutungen. 22 Leitsymptom fluktuierende Lähmung Der Abfluss aus den spinalen Venenplexus wird durch die Körperlage beeinflusst. In liegender Position verbessert sich die Drainage, in aufrechter Körperhaltung ist der Venenabfluss schlechter. Dies erklärt die Fluktuation der motorischen und sensiblen Symptome und ihre Abhängigkeit von der Körperhaltung (Fall 1), aber auch die Schwierigkeiten der klinischen Diagnostik wie im folgenden Fall. Fall 2 Ein 62-jähriger Mann wird wegen rezidivierender Beinschwäche stationär untersucht. Die neurologische Untersuchung ist vollständig unauffällig, für die geschilderten Symptome findet sich keine Erklärung. Der Verdacht auf eine psychogene Störung scheint sich zu erhärten, als der Patient nach längerem Gehen im Krankenhausgelände offenbar seine Beinschwäche demonstriert, indem er auf dem Stationsflur vor Mitpatienten und Pflegekräften stürzt. Der hinzugerufene Arzt, der den inzwischen auf das Bett gelegten Patienten untersucht, kann nichts Krankhaftes feststellen. Letztlich führt eine anfangs nicht registrierte Harninkontinenz des Patienten zur Diagnose der spinalen Erkrankung. Der Befund der spinalen MRT (zunächst als unauffällig beschrieben) wird durch einen Neuroradiologen revidiert und als verdächtig auf eine venöse Kongestion gewertet. Mittels spinaler Angiografie wird eine Durafistel nachgewiesen und embolisiert. Die Beinschwäche tritt im Verlauf nicht wieder auf, die Harninkontinenz besteht aber fort und bildet sich erst nach vielen Monaten allmählich zurück; wegen der recht ausgeprägten Blasenstörung benötigt der Patient noch über Monate eine suprapubische Harnableitung. Leitsymptom Harninkontinenz Erfahrungsgemäß berichten betroffene Patienten oft nicht spontan über die Blasenstörung. Sie sehen keinen Zusammenhang zwischen Blasenfunktion und Beinschwäche. Außerdem wird eine Blasenstörung gern ignoriert, deshalb muss gezielt danach gefragt werden. Beide beschriebenen Patienten hatten ihre ­ Harninkontinenz nicht spontan angegeben. Bei dem zweiten Fall führte schließlich erst die Störung der Blasenfunktion zur richtigen Diagnose. NeuroTransmitter 2015; 26 (10) Fortbildung Tab. 1: Klinische Symptome der spinalen Kongestion bei Durafistel Progrediente Querschnittsymptomatik —— Sensible Reiz- und Ausfallssymptome —— Motorische Defizite —— Störungen der Blasenfunktion Rückenschmerz —— Zum Teil in die Beine ausstrahlend Fluktuierende Symptomatik —— Verschlechterung in Orthostase Tab. 2: Untersuchungsbefunde bei spinaler Durafistel (nach [4]) MRT —— Kongestives Rückenmarködem (100 %) —— Erweiterte perimedulläre Venen (89 %) Liquor —— Eiweißerhöhung (77 %) —— Eventuell Pleozytose Elektrophysiologie —— Pathologische SEP (74 %) Diagnostik der Durafistelerkrankung Die Durafistelerkrankung manifestiert sich oberhalb des mittleren Lebensalters, selten früher; das männliche Geschlecht ist bevorzugt betroffen [2]. Die Zahl neu diagnostizierter Fälle wird mit fünf bis zehn pro eine Million Einwohner pro Jahr angegeben [2]. Erster diagnostischer Schritt ist die Erkennung des spinalen Syndroms. Wie bei Rückenmarkstumoren finden sich Symptome einer langsam progredienten Myelopathie, oft mit Blasenstörungen, anders als bei Tumoren fluktuieren die Symptome aber im frühen Stadium und sind häufig körperhaltungsabhängig. Betroffene Patienten leiden oft unter Rückenschmerzen oder radikulären ­ Schmerzen und Missempfindungen (Tab. 1). Da häufig ältere Menschen be­ troffen sind, muss damit gerechnet werden, dass bei der spinalen Bildgebung oder bei der Elektrophysiologie Befunde erhoben werden, die die Diagnostik in eine falsche Richtung lenken: zum Beispiel degenerative Wirbelsäulenverän- 24 Die spinale Duralfistelerkrankung derungen oder Befunde einer Neuropathie. Bei Verdacht auf eine spinale Durafistelerkrankung wird eine MRT des gesamten Rückenmarks durchgeführt. Typischerweise findet sich in T2-Wichtung eine zentrale, homogene Signalanhebung des Myelons über mehrere Wirbelkörperhöhen. Dieser Befund war in der Fallserie von Koch et al. bei allen 54 Patienten nachweisbar und war besonders häufig am thorakolumbalen Übergang lokalisiert, selten zervikal und nie in den oberen thorakalen Segmenten [4]. Die ­Signalanhebung ist meist von einer lokalen Schwellung des Myelons begleitet. Erweiterte perimedulläre Gefäße in Form flussbedingter Signalveränderungen finden sich in der Mehrzahl der Fälle, aber nicht ganz so häufig wie die zentrale Signalanhebung des Myelons. Zur vollständigen Diagnostik gehört die Anwendung aller Sequenzen einschließlich T1-Wichtung vor und nach Kontrastmittelapplikation. Die Myelografie, die früher zum Nachweis erweiterter perimedullärer Venen bei Durafistel eingesetzt wurde, ist heute nur noch bei Patienten indiziert, die keine MRT erhalten können. Die hohe Sensitivität der MRT wird nur bei Beurteilung durch einen erfahrenen Neuroradiologen erreicht. Bei Befundung der MRT durch einen Radiologen, der das Krankheitsbild nicht kennt, muss mit Fehlinterpretationen gerechnet werden, wie auch der folgende Fall zeigt. Wenn die spinale Kongestion diagnostiziert ist, hat der Neurologe seinen Auftrag erfüllt; nun muss der Neuroradiologe mit spinaler Angiografie die Ursache der Stauungsmyelopathie klären. Fall 3 Ein 65-jähriger Patient wird mit progredienter Beinschwäche stationär aufgenommen. Der neurologische Befund zeigt ein inkomplettes Transversalsyndrom mit Paraparese und gliedförmiger Sensibilitätsstörung beider Beine. Der Patient ist bei Aufnahme noch mit Hilfe gehfähig, außerdem besteht eine Blasenentleerungsstörung. Im Liquor finden sich eine Pleozytose und eine Einweißerhöhung, die spinale MRT zeigt eine intramedulläre Signalanhebung thorakolumbal über mehrere Segmente. Mit der Diagnose einer Myelitis ohne Erreger- nachweis wird der Patient mit Virostatika und Antibiotika sowie Kortison behandelt. Die klinische Symptomatik verschlechtert sich aber progredient, der Patient wird gehunfähig. Erst nach erneuter Bildgebung wird die spinale Kongestion diagnostiziert und eine Durafistelerkrankung angiografisch nachgewiesen. Der Patient profitiert aber nicht mehr von einer Intervention und bleibt gehunfähig. Differenzialdiagnose Myelitis Ein Liquorbefund mit gering oder mäßig ausgeprägter Pleozytose spricht zwar immer zuerst für eine entzündliche Erkrankung. Differenzialdiagnostisch sollte aber immer auch an eine Reizpleozytose bei nicht entzündlicher Erkrankung gedacht werden. Unglücklich war hier, dass auch mit MRT zunächst eine Myelitis diagnostiziert wurde. Die Differenzierung zwischen Stauungsmyelopathie bei duraler AV-Fistel und anderen spinalen Erkrankungen, insbesondere Querschnittmyelitis oder Stiftgliom kann auch für den Neuroradiologen anspruchsvoll und schwierig sein [2]. Der nachfolgende Fall zeigt einmal mehr die Grenzen der Bildgebung und veranschaulicht die Bedeutung der klinischen Diagnostik: erst beide gemeinsam führen zur richtigen Diagnose. Fall 4 Ein 54-jähriger Mann kommt mit progredienter Paraparese zur Aufnahme. Vor einigen Jahren war bei ihm eine Neurosarkoidose diagnostiziert worden. Der MRT-Befund lautete: Intramedulläres Ödem in Höhe Brustwirbelkörper 11 – 12 bei bekannter Neurosarkoidose (Abb. 2 a). Der Liquor wies keine Pleozytose auf, war auch sonst unauffällig, ACE im Serum war normal. Dem aufmerksamen Stationsarzt fiel eine Fluktuation der Beinparesen auf: Zeitweilig war das rechte, zu anderer Zeit das linke Bein stärker betroffen. Der Patient war mit Hilfe gehfähig und gab auf Befragen an, dass er beim Gehen heftige Missempfindungen in den Beinen verspürte, die sich im Liegen sofort besserten. Diese Angaben passten viel besser zu einer Stauungsmyelopathie als zu einer Neurosarkoidose. Die Befunde der spinalen MRT wurden erneut mit dem NeuroraNeuroTransmitter 2015; 26 (10) a Die spinale Duralfistelerkrankung b c Abb. 2: MRT und spinale Angiografie bei Patient mit kongestivem Rückenmarksödem infolge spinaler Malformation (Fall 4). a: Intramedulläres Ödem BWK 11 – 12, Darstellung in T2-Wichtung. b: Nachweis erweiter­ ter perimedullärer Venen, Darstellung in T1-Wichtung nach KM-Bolus. c: Darstellung der Malformation mit superselektiver spinaler DSA (Digitale Subtraktionsangiografie) (Fotos mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. B. Eckert, Neuroradiologie, Asklepios Klinik Hamburg-Altona) diologen besprochen, der nun doch eine Kongestion für möglich hielt. Die spinale Angiografie wies dann auch eine Gefäßmalformation nach – keine Durafistel, aber die Ursachenklärung der Kongestion obliegt dem Neuroradiologen. Der Neurologe hat mit der Feststellung der Stauungsmyelopathie seine Aufgabe erfüllt. Wie sich bei Überprüfung der früheren Diagnose Neurosarkoidose herausstellte, handelte es sich um eine Verdachtsdiagnose, die weder histologisch noch serologisch begründet war. Retrospektiv sind auch die früheren spinalen Befunde des Patienten durch die Gefäßmalformation erklärt. Diskussion Die kongestive Myelopathie infolge einer spinalen duralen AV-Fistel wird häufig zu spät diagnostiziert. Neuroradiologen sehen die Ursache vor allem in einer verzögerten klinischen Diagnosestellung [5] und in Fehleinschätzungen durch Nebendiagnosen wie Polyneuropathie oder Spinalkanalstenose – Erkrankungen, die zwar möglicherweise auch vorliegen, aber das Ausmaß der Symptome nicht erklären [2]. Eigentlich ist die Diagnose der spinalen Durafistelerkrankung gar nicht so schwierig. Wenn Neurologen das Krankheitsbild kennen, werden sie bei Patienten im Alter von 50 bis 70 Jahren mit 26 e­ iner möglichen spinalen Symptomatik immer auch an die Durafistel denken, insbesondere wenn die Symptomatik subakut beginnt und im Verlauf fluktuiert. Dabei passt eine Verschlechterung in Orthostase sehr gut zur spinalen Kongestion, allerdings findet sich eine Körperhaltungsabhängigkeit der Symptome auch bei manchen degenerativen Wirbelsäulenerkrankungen, etwa der lumbalen Spinalkanalstenose. Eventuell macht erst die Feststellung einer Blasenstörung die Erkrankung des Myelons wahrscheinlich; die Blasenstörung wird aber häufig nicht spontan angegeben, sondern muss gezielt erfragt werden. Die fluktuierende Symptomatik ist einerseits hilfreich für die Diagnose, wenn man das Krankheitsbild kennt. Sie kann die Diagnosestellung aber auch verzögern oder erschweren, wenn wegen der Diskrepanz zwischen geschilderten Symptomen und objektiven Befunden (bei der Untersuchung im Liegen) vielleicht zunächst eine psychogene Störung angenommen wird [2]. Bei der Verdachtsdiagnose Durafistelerkrankung wird eine MRT des gesamten Rückenmarks durchgeführt (alternativ eine Myelografie, wenn die MRT nicht möglich ist). Glücklicherweise liegt die Sensitivität der MRT bei oder fast bei 100 %, sodass die Durafistel mit MRT ausgeschlossen werden kann. Dabei sind ©© B. Eckert Fortbildung zwei Einschränkungen zu beachten: Die Bilder müssen von einem Radiologen oder Neuroradiologen gesehen werden, der das Krankheitsbild gut kennt. Der weniger erfahrene Radiologe kann die spinale Kongestion übersehen. Zweitens kann die Differenzierung zwischen verschiedenen Pathologien am Myelon schwierig sein. Auch dem erfahrenen Neuroradiologen ist es nicht in jedem Fall möglich, Myelitis, Stiftgliom und Stauungsmyelopathie allein nach dem MRT-Bild sicher zu unterscheiden [2]. Deshalb ist die klinische Analyse so wichtig, und dies ist Aufgabe des Neurologen. Therapie Für die Behandlung der spinalen Durafistelerkrankung gibt es grundsätzlich zwei Optionen: die endovaskuläre Embolisation und den offenen neurochirurgischen Eingriff mit Unterbindung der Fistel [1]. Betroffene Patienten sollten ­einem Zentrum zugeführt werden, das über eine ausgewiesene Expertise in einem dieser Verfahren verfügt. Auf mögliche Vor- und Nachteile der jeweiligen Therapieverfahren soll hier nicht näher eingegangen werden, denn die Behandlung liegt ausschließlich in der Hand des Neurochirurgen und des Neuroradiologen. Fazit für die Praxis Der Neurologe sollte die spinale Durafistelerkrankung kennen und bei fluktuieren­ der Rückenmarkssymptomatik frühzeitig die geeignete technische Diagnostik veran­ lassen. Die Erkrankung ist in der MRT er­ kennbar und kausal behandelbar, Diagnose und Therapie erfolgen in vielen Fällen aber leider zu spät, wenn bereits eine irreversib­ le Rückenmarksschädigung vorliegt. Literatur www.springermedizin.de/neurotransmitter AUTOR Prof. Dr. med. Christian Arning Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Praxis Neurologie und Neuro-Ultraschall Hallerstr. 76, 20146 Hamburg E-Mail: [email protected] NeuroTransmitter 2015; 26 (10) Fortbildung Literatur 1. Marcus J, Schwarz J, Singh IP, Sigounas D, Knopman J, Gobin YP, Patsalides A (2013). Spinal Dural Arteriovenous Fistulas: A Review. Curr Atheroscler Rep 15: 335. 2. Thron A, Mull M, Gilsbach J (2003). Der arteriovenöse Kurzschluss in der Dura mater des Spinalkanals. Dtsch Arztebl; 100: A 1132–1137. 3. Merland JJ, Riche MC, Schiras J (1980). Intraspinal extramedullary arteriovenous fistulae draining into medullary veins. J Neuroradiol 7: 271–320. 4. Koch C, Kucinski T, Eckert B, Röther J, Zeumer H (2003). Die spinale durale arteriovenöse Fistelerkrankung: klinische und radiologische Befunde von 54 Patienten. Rofo Fortschr Geb Rontgenstr Neuen Bildgeb Verfahr 175: 1071–1078. 5. Koch Ch (2006) Spinal dural arteriovenous fistula. Curr Opin Neurol 19: 69–75. 2 NeuroTransmitter 2015; 26 (10) Fortbildung Neurologische Kasuistik Sterbewunsch bei der Parkinson-Krankheit Anamnese Eine 77-jährige verwitwete, früher selbstständige Geschäftsfrau erkrankte vor elf Jahren an einem idiopathischen hypokinetisch rigiden Parkinson-Syndrom. Nach anfänglich gutem Ansprechen auf eine L-Dopa-Therapie war es in den letzten vier Jahren zunehmend zu motorischen Wirkungsfluktuationen gekommen. Auch durch die im Verlauf versuchte Kombinationsbehandlung von Levo-/ Carbidopa mit Entacapon, den Einsatz von Pramipexol oder von RotigotinPflaster und die zusätzliche Gabe von Amantadin konnte keine stabile motorische Funktionsfähigkeit erreicht werden. Ein Schädel-MRT (Magnetresonanztomogramm) vor zwei Jahren zeigte eine leicht über die Altersnorm hinausgehende generalisierte Atrophie und multiple Marklagerläsionen. Das EEG war normal, die extra- und transkranielle Dopplersonografie waren ohne Hinweise auf eine Makroangiopathie. Bereits zu diesem Zeitpunkt äußerte die Patientin eine zunehmende Angst vor einer möglichen Pflegebedürftigund Abhängigkeit von ihren Kindern. Sie hatte über viele Jahre nach ihrer ­eigenen Beschreibung kaum Zeit für ihre Kinder gehabt und empfand nun eine Distanz und Entfremdung, die sie nicht überwinden konnte. Auch wiederholte gemeinsame Gespräche besserten diese Empfindung nicht. Sie litt deshalb seit langem unter Einsamkeit und bot immer wieder kurzdauernde depressive Einbrüche. Sehr klar und nüchtern äußerte die, bereits durch die Erkrankung gezeichnete, früher sicher sehr energische und selbstbestimmte Patientin wiederholt den Wunsch den Zeitpunkt ihres Todes selbst bestimmen zu können. NeuroTransmitter 2015; 26 (10) Als Folge einer erhöhten Sturzneigung war es dann vor drei Jahren zu einer traumatischen Wirbelkörperfraktur LWK 1 gekommen, die mit einer Vertebroplastie von orthopädischer Seite behandelt wurde. Auch aufgrund einer bereits vorbestehenden lumbalen Spinalkanalstenose mit Spondylolisthesis LWK 4/5 leidet die Patientin seitdem an chronischen Rückenschmerzen. Elektromyografisch zeigte sich dabei nur eine leichte chronische Radikulopathie L5 und S1. Als zusätzliche Problematik wurde vor zwei Jahren bei Atembeschwerden und auffälligem Röntgen-Thoraxbefund ein rechtsseitiges Pleuramesotheliom bioptisch diagnostiziert. Im letzten Jahr nahmen die dadurch bedingten Atembeschwerden sowie Thorax- und ausstrahlende Schulterschmerzen immer mehr zu. Eine Schmerztherapie mit verschiedenen oralen nichtsteroidalen Anti­ phlogistika konnte keine anhaltende Schmerzreduktion erreichen. Zunehmende Belastung der Patientin Die alleine lebende Patientin konnte bis zu diesem Zeitpunkt mit Hilfe ihrer beiden Töchter zu Hause gut versorgt werden. Aufgrund einer zunehmenden Erschöpfung, vermehrter Sturzneigung und starken motorischen Fluktuationen sowie dem Auftreten von Halluzinationen wurde vor einem Jahr eine 24-Stunden-Pflege zu Hause eingerichtet. Die zusätzliche Diagnose und die zunehmenden Parkinson-Symptome machten der Patientin immer mehr zu schaffen. Ausführlich wurden der weitere Verlauf der Parkinson-Krankheit einschließlich der Sterbephase und mögliche palliative Behandlungsmaßnahmen mit der Patientin besprochen. Testen Sie Ihr Wissen! In dieser Rubrik stellen wir Ihnen abwechselnd einen bemerkenswerten Fall aus dem psychiatrischen oder dem neurologischen Fachgebiet vor. Hätten Sie die gleiche Diagnose gestellt, dieselbe Therapie angesetzt und einen ähnlichen Verlauf erwartet? Oder hätten Sie ganz anders entschieden? Mithilfe der Fragen und Antworten am Ende jeder Kasuistik vertiefen Sie Ihr Wissen. Die Kasuistiken der letzten Ausgaben (N = neurologisch, P = psychiatrisch): NT 2/2015 P: PTSD mit psychotischem Erleben bei Kriegsopfern NT 3/2015 N: Zunehmende zerebelläre und kognitive ­Symptome NT 4/2015 P: SREAT imitiert postpartale Psychose NT 5/2015 N: Chronisches Schmerzsyndrom bei zunehmender Varikosis NT 6/2015 P: Albträume durch PTBS oder eine Schlafstörung? NT 7 – 8/2015 N: Ist die Schilddrüse wirklich schuld? NT 9/2015 P: Auf hohem Niveau: Risiko Gedächtnissorgen Das Online-Archiv finden Sie auf den Homepages der Berufsverbände unter www.bvdn.de www.neuroscout.de www.bv-psychiater.de 27 Fortbildung Neurologische Kasuistik ©© abcmedia / Fotolia.com Zunehmende Erschöpfung, Sturzneigung, Halluzinationen und starke motorische Fluktuationen belasten viele Parkinson-Patienten mit längerer Erkrankungs­ dauer. Neuropsychologische Untersuchung Die Halluzinationen, die anfangs nur als Tiere im Zimmer oder vorbeihuschende Schatten sehr wechselhaft auftraten, nahmen innerhalb des letzten Jahres immer mehr zu. Eine neuropsychologische Untersuchung mit dem PANDA-Test (Parkinson Neuropsychiatric Dementia Assessment) zeigte zum Zeitpunkt der ersten leichten Halluzinationen einen unauffälligen kognitiven Befund, jedoch einen Hinweis auf eine depressive Störung. Eine antidepressive Therapie mit Escitalopram (20 mg/Tag) wurde eingeleitet, ohne dass sich die Stimmung oder die Halluzinationen besserten. Bei zunehmender Verschlechterung des Allgemeinzustandes, auftretenden Schlafstörungen und deutlich stärkeren motorischen Fluktuationen kam es zu Unruhezuständen mit teilweise sehr starken Halluzinationen und psychotischen Erleben, das die Patientin sehr beunruhigte und ängstigte. Wegen der bereits bestehenden Müdigkeit wurde eine neuroleptische Behandlung mit Quetiapin einschleichend begonnen und die Dosis langsam bis auf 100 mg/Tag gesteigert. Die L-Dopa-Therapie wurde wiederholt verändert, ohne dass eine längere stabile Phase erreicht werden konnte. Die Schmerzen thorakal nahmen weiter zu, sodass zusammen mit dem speziellen ambulanten Palliativdienst (SAPV) eine Intensivierung der Schmerztherapie auf Tillidin und dann auf Hydromorphon sowie die Gabe von Lorazepam erfolgte. 28 Wiederholt kam es nun zu psychotischen Episoden, bei denen die Patientin die Polizei rief und ihre Pflegekraft verschiedenster Vergehen beschuldigte. Dies führte zu einer zunehmenden Belastung für die Pflegerin und die Angehörigen, welche die Situation zeitweise als unerträglich empfanden. Sterbewunsch Nach diesen kurzen Phasen war die Patientin dann immer wieder klar und äußerte zunehmend den Wunsch endlich erlöst zu werden. Sie sähe keinen Sinn in einem weiteren Leiden und habe auch keine Hoffnung oder Erwartung gegenüber dem Leben mehr. Sie suchte wiederholt im Gespräch Unterstützung für ihr Vorgehen und wünschte sich eine professionelle Assistenz beim Suizid in ihrer vertrauten Umgebung. Sie habe keine Angst vor dem Sterben selbst, wolle nur keine Schmerzen haben und nichts mitbekommen. Hospiz Nach einem langen Gespräch mit der Patientin und mit dem palliativmedizinischen Dienst wurde die Aufnahme in ein Hospiz vereinbart, um vor einer Sedierung nochmals die Möglichkeiten einer verstärkten Schmerztherapie und verbesserter Pflegemaßnahmen auszuschöpfen. Die Patientin selbst ging dorthin mit dem festen Wunsch nach einer raschen terminalen Sedierung. Die beiden Töchter konnten den aktiven Sterbewunsch der Mutter nicht akzeptieren und lehnten diese Behandlung ab. Die Patientin organisierte selbstständig den Besuch des Geistlichen, um sich von ihm zu verabschieden. In wiederholten Gesprächen mit den Töchtern gelang es ihr dann doch, Verständnis für ihre Entscheidung zu erreichen. Der neurologische Befund bei der Einweisung war durch den reduzierten Allgemeinzustand mit Dyspnoe und rascher Erschöpfung geprägt, das Aufstehen bei deutlicher Fallneigung nur mit Hilfe möglich. Wechselnd zeigten sich Hyperkinesen. Es bestand keine Schluckstörung, jedoch eine mäßige Dysphonie und eine leichte Sialorrhö. Der Rigor war nur gering vorhanden und die Beweglichkeit in erster Linie durch die Erschöpfung reduziert. Die Muskeleigenreflexe waren bis auf den ASR normal auslösbar, Pyramidenbahnzeichen nicht vorhanden. Die Sensibilität war bis auf eine Pallhypästhesie an den Füssen mit 4/8 normal. Die Blasen- und Mastdarmfunktion waren bis auf einen imperativen Harndrang und eine Obstipation normal. Psychiatrisch bestand eine leichte Affektlabilität und eine durch die Schmerzen und die Gesamtsituation niedergeschlagene und erschöpfte Grundstimmung. Unterschiedlich ausgeprägte Halluzinationen von dem Gefühl als sei jemand durch das Zimmer gegangen bis zu szenischen Erleben bestanden kontinuierlich. Bis auf leichte Wortfindungsstörungen waren keine Hinweise auf eine deutliche Verschlechterung der Kognition erkennbar. Diagnose Palliativbehandlung in der Endphase einer Parkinson-Krankheit mit Wir­ kungsfluktuationen und zunehmenden nichtmotorischen Symptomen sowie ­einem Pleuramesotheliom vom epitheloidem Typ. Literatur www.springermedizin.de/neurotransmitter AUTOR Dr. med. Peter Franz Neurologische Gemeinschaftspraxis Tagesklinik München Nord Ingolstädter Str. 166, 80939 München E-Mail: [email protected] NeuroTransmitter 2015; 26 (10) Neurologische Kasuistik Fortbildung Fragen und Lösungen Frage 1 Welche der folgenden Störungen ist im Rahmen einer Parkinson-Erkrankung erst spät zu erwarten? a. Blasenstörung b. Hypotone Kreislaufstörung c. Gastrointestinale Störungen d. Schlafstörung e. Tagesmüdigkeit Lösung Die richtige Antwort ist 1a. Nicht motorische Störungen sind bei der Parkinson-Krankheit im Krankheitsverlauf mit bis zu 88 % sehr häufig und mindern die Lebensqualität sogar wesentlich mehr als die motorischen Einschränkungen [52]. In einer Umfrage unter 109 neu diagnostizierten Parkinson-Kranken im Vergleich mit 107 Kontrollpatienten wurden von 31 nicht motorischen Symptomen 17 in der Parkinson-Gruppe signifikant häufiger angegeben. Davon wurden Obstipation, Albträume, erhöhte Tagesmüdigkeit und eine postprandiales Völlegefühl oft schon mehr als zehn Jahre vor den ersten motorischen Symptomen (PMS) bemerkt. Ein Geschmacks- oder Geruchsverlust, vermehrtes Schwitzen, Fatigue, Schmerzen oder Stimmungsschwankungen fielen zwei bis zehn Jahre vor den PMS auf, während Gedächtnis- oder Aufmerksamkeitsstörungen, Apathie oder Anhedonie erst in den letzten zwei Jahren vor den PMS auftraten [86]. Sehr gute Daten zum Krankheitsverlauf und der Symptombelastung lieferte eine australische Langzeituntersuchung mit nur 136 Patienten, die jedoch über einen Zeitraum von 20 Jahren verfolgt wurden [37]. Dabei traten bei 87 % wiederholte Stürze, die bei über einem Drittel zu Frakturen führten, bei 81 % ein plötzliches Verharren (Freezing), in 81 % eine mäßig Dysarthrie auf. An nicht motorischen Symptomen fanden sich eine vermehrte Tagesmüdigkeit bei 70 %, eine Blaseninkontinenz bei 71 %, eine posturale Hypotension ebenso wie ein schweres Verschlucken in 48 %. Eine Demenz entwickelten 83 % der Patienten, Halluzinationen traten bei 74 % auf. Eine Blasenstörung tritt meist erst im späteren Verlauf der Erkrankung auf. Hierbei kommt es am häufigsten zu einem Verlust der zentralen Hemmung auf die Blasenzen- NeuroTransmitter 2015; 26 (10) tren im Hirnstamm [7]. Die Angaben einer Funktionsstörung liegen nach neuen Erhebungen mit validierten Fragebögen zwischen 27 – 63,9 % [19]. Ein signifikanter Zusammenhang zwischen den motorischen Störungen und dem Auftreten einer Blasenstörung lies sich nicht sichern [23]. Auch gastrointestinale Störungen sind im Verlauf ein sehr häufiges Symptom und tragen selbstständig zur Belastung der Patienten und der Pflegenden bei [19]. Dabei kommt eine besonders häufige Störung, die mit einer paradoxen Sphinkterkontraktion des Anus während der Defäkation einhergeht, sowohl in der Früh- als auch der Spätphase der Parkinson-Krankheit vor [11]. In kontrollierten Studien fanden sich eine reduzierte Stuhlfrequenz (< 3 pro Woche) in 20 – 81 %, Schwierigkeiten bei der Stuhlentleerung 57 – 67 % und eine Diarrhö in 21 %. Diese Angaben liegen signifikant höher als bei der Normalbevölkerung (Übersicht bei [53]). Eine Stuhlinkontinenz tritt bei 10 – 24 % der Parkinson-Patienten auf [19]. Eine ganz neue Richtung bekommt die Forschung über gastrointestinale Symptome und Parkinson-Krankheit durch eine neue dänische Studie, die alle Patienten untersuchte, die zwischen 1977 bis 1995 eine Vagotomie erhielten. Im Vergleich zu einer angepassten Kontrollgruppe war das Risiko an einem Parkinson zu erkranken nach einer trunkulären Vagotomie reduziert. Dieser Effekt war nicht nachweisbar, wenn lediglich eine selektive Vagotomie durchgeführt worden war [87]. Bereits eine Untersuchung im Rahmen des Honolulu-Heart-Projekts, bei der 6.790 Männer im Alter zwischen 51 bis 75 Jahren über 24 Jahre verfolgt wurden, hatte die Darmaktivität als Risikofaktor bestimmt. Unter den 69 Männern, die innerhalb von zwölf Jahren ein Parkinson-Syndrom entwickelten, war das Risiko in der Gruppe von Patienten, die weniger als einmal pro Tag Stuhlgang hatten, im Vergleich zu den mit täglichem Stuhlgang 2,7-fach und bei mehr als zwei Stuhlentleerungen am Tag sogar 4,1-fach erhöht. Dieser Effekt war auch nach Berücksichtigung des Alters, des Zigaretten- und Kaffeekonsums, der Laufaktivität, der Nahrungsaufnahme von Früchten, Ballaststoffen und Körnern sowie dem Gebrauch von Laxantien nachweisbar [16]. Aufgrund der pathologischen Krankheitsausbreitung bei der von Braak eine charakteristische Entwicklung von Lewy-Körperchen und Lewy-Neuriten beschreibt, die bereits in der präklinischen Phase Areale des Hirnstamms befallen, die für die Schlafphysiologie wesentlich sind, ist verständlich, dass Schlafstörungen bereits ein Krankheitsfrühsymptom sind [22]. So entwickeln 50 % der Parkinson-Patienten und sogar 90 % der Patienten mit einer Multisystematrophie eine REM-Schlaf-Verhaltensstörung (RBD) mit erhöhtem Muskeltonus, Ausagieren von Träumen mit komplexem, motorischem Verhalten oder Vokalisationen wie Schreien, Lachen, Murmeln, Sprechen, Weinen oder Singen [6, 56]. Der Nachweis eines verminderten präsynaptischen striatalen Dopamintransporters bei Patienten mit idiopathischer RBD und die Verlaufsbeobachtung, dass bei dieser Störung 65 % innerhalb von 20 Jahren ein Parkinson-Syndrom mit/oder ohne Demenz entwickeln, sprechen für eine frühe Manifestation einer Synukleinopathie [12, 26]. Gleichartige pathologische Veränderungen finden sich in der Frühphase der ParkinsonKrankheit auch in den peripheren sowie zentralen prä- und postganglionären Anteilen des sympathischen und parasympathischen Nervensystems [34]. Im Verlauf der Erkrankung findet sich eine orthostatische Dysregulation bei 48 % der Patienten [37]. Dabei spielen neben der Störung der sympathischen vasomotorischen Innervation, des Baro-Reflexes auch eine Verminderung der kardialen und nichtkardialen noradrenergen Innervation eine Rolle [58, 61]. Auch kann die Symptomatik bei Parkinson-Patienten nach dem Aufstehen erst sehr verzögert bemerkbar werden [45]. Frage 2 Welche der folgenden Aussagen zur Parkinson-Krankheit ist falsch? a. Patienten wollen meist erst in der Spätphase der Erkrankung über deren Verlauf informiert werden. b. Im fortgeschrittenen Stadium beeinflussen zunehmend nicht motorische Störungen die Lebensqualität der Angehörigen/Pflegenden. c. Häufigste Todesursache ist eine Pneumonie. 29 Fortbildung d. Eine Patientenverfügung erhöht die Stabilität der Einstellung zu Maßnahmen am Ende des Lebens. e. Die standardisierte Sterblichkeit (Verhältnis der beobachteten zu den erwarteten Todesfällen) liegt bei ParkinsonPatienten bei 1,5 – 2,1. Lösung Die richtige Antwort ist 2a. In einer Umfrage unter 585 Parkinson-Erkrankten, von denen 267 antworteten, wünschten sich 94 % eine frühzeitige und umfangreiche Aufklärung über den Krankheitsverlauf. Die Hälfte möchte bereits in der Frühphase der Erkrankung die Richtlinien einer Patientenver-­ fügung diskutieren [89]. Dabei waren die meisten der Ansicht, dass Arzt und Patient die Verantwortung, die Diskussion über Fragen des Krankheits- und Lebensendes zu beginnen, gemeinsam tragen, weshalb die Autoren die behandelnden Neurologen auffordern, die Gesprächsbedürfnisse des Patienten zu diesem Thema immer wieder zu erfragen. In der Endphase der Parkinson-Krankheit belasten zunehmend nicht motorische Symptome allen voran Blasen- und Mastdarmstörungen, Schmerzen, Schlafstörungen und Hypersalivation („Sabbern“) auch die Pflegenden [48, 54]. Dabei ist die psychische Belastung für die pflegenden Angehörigen eines Parkinson-Patienten sehr hoch, vergleichbar der bei einer amyotrophen Lateralsklerose oder fortgeschrittener Krebserkrankungen [9, 36, 68]. Palliativmedizinische Behandlungsstrategien und -pfade haben in den letzten Jahren auch in der Behandlung von neurologischen Erkrankungen zunehmend an Bedeutung gewonnen. Zu den häufigsten (> 80 %) Gründen für eine stationäre Palliativbehandlung in einer Untersuchung mit 81 Patienten, die an einem Parkinson-Syndrom bei Parkinson-Krankheit, Multisystematrophie oder progressiver supranukleärer Blicklähmung litten, zählten neben den motorischen Störungen, Schmerzen, Erschöpfung („Fatigue“) und Tagesschläfrigkeit [64]. Danach folgten bei 50 – 80 % der Aufnahmen Symptome wie Atemlosigkeit, Hypersalivation, Blasen- und Mastdarmfunktionsstörungen sowie Schluckstörungen. Die Frage, wie stabil die Einstellung der Patienten gegenüber Maßnahmen in der Endphase der Krankheit und am Lebensen- 30 Neurologische Kasuistik de sind, ist in den letzten Jahren wiederholt beleuchtet worden. In einer Zusammenstellung von 24 Veröffentlichungen zu diesem Thema war in 17 Studien bei über 70 % der Patienten eine zeitlich stabile Grundeinstellung zu den Maßnahmen am Ende des Lebens feststellbar. Auch eine Änderung des Gesundheitszustandes führte dabei nicht zu einer Änderung in der Einstellung zu den Behandlungsmaßnahmen in der Endphase. Eine stabile Einstellung fand sich daher auch eher bei schweren, chronischen Krankheiten als bei älteren Teilnehmern ohne ernsthafte Erkrankung [67]. Andererseits fand eine Untersuchung, die über einen Zeitraum von zwei Jahren die Einstellung einer Gruppe von 189 Patienten, die an einer fortgeschrittenen Krebserkrankung, einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung oder Herzinsuffizienz litten, wiederholt Entscheidungsszenarien zu Therapiemaßnahmen abfragte, in über einem Drittel der Patienten wechselnde Therapiewünsche. Hierbei schienen selbst vorübergehende Einflußfaktoren eine Entscheidungsänderung auszulösen [35]. Die schriftliche Fixierung einer Patientenverfügung stärkt eher eine stabile Einstellung [18, 40]. Die Besprechung der Maßnahmen am Lebensende sollte auch die Frage nach dem bevorzugten Ort des Sterbens behandeln, da in den letzten Jahren immer mehr Parkinson-Erkrankte nicht mehr zu Hause sterben, obwohl sich das die meisten wünschen [66]. So sterben in England nach einer Populationsstudie mit 125.242 ParkinsonPatienten nur 9,7 % zu Hause, während von den 27.030 Motoneuron-Erkrankten 27,1 % dort verstarben. Die meisten ParkinsonPatienten starben im Krankenhaus [65]. In einem internationalen Vergleich lag das Krankenhaus als Sterbeort in den USA mit 17 % am niedrigsten und in Südkorea mit 75 % am höchsten [83]. Die standardisierte Sterblichkeitsrate (Verhältnis der beobachteten zu den erwarteten Todesfällen in der Studiengruppe) stieg dabei im Verlauf von 0,5 nach drei Jahren, auf 2,3 zwischen fünf und zehn Jahren und lag nach 15 bis 20 Jahren bei 3,1. Damit liegt die Sterblichkeit in dieser Studiengruppe bereits in der Frühphase nach fünf Jahren über der Altersgruppe ohne Parkinson-Krankheit. In einer europäischen Langzeitstudie mit 238 Patienten, die ebenfalls über 20 Jahre verfolgt wurden, lagen die entsprechenden Werte für die standardisierte Sterblichkeit bei 0,6 nach fünf Jahren, bei 0,9 nach zehn Jahren, bei 1,2 nach 15 Jahre und mit 1,3 nach 20 bis 30 Jahren niedriger [43]. Eine jüngste Übersichtsarbeit, die 88 Studien in einer Metaanalyse einschloss, kam zu einer niedrigeren gepoolten standardisierten Sterblichkeit von 1,5 [71]. In der bisher längsten Verlaufsstudie mit einer Beobachtungszeit von 38 Jahren waren von 237 Patienten bis auf sieben alle verstorben. Hier berechnete sich die standardisierte Sterblichkeit mit 2,02 [84]. Die mittlere Erkrankungsdauer bis zum Tod lag in dieser Kohorte bei 9,1 Jahren mit einer Range von 2 bis 15 Jahren, das mittlere Sterbealter bei 74,5 Jahren [10]. In Autopsiestudien findet sich eine mittlere Krankheitsdauer von 6,9 bis 14,3 Jahren [71]. Häufigste Todesursache ist in 30 % eine Pneumonie [1, 24, 50]. In fast der Hälfte der Todesfälle war die Parkinson-Krankheit mitentscheidend für den Tod des Patienten. Wird zur Identifizierung der Todesursache nur der Totenschein herangezogen, so sind Herz-Kreislauferkrankungen dominierend [43]. Die Unzuverlässigkeit der Totenscheinangaben wurde mehrfach kritisch hinterfragt [41, 74]. So tauchte die Diagnose einer Parkinson-Krankheit in einer schwedischen Untersuchung nur in 53 % der Totenscheine als Grunderkrankung oder für den Tod mitverantwortliche Erkrankung auf [24]. Frage 3 Welche der Aussagen über Halluzinationen bei der Parkinson-Krankheit ist richtig? a. Sie finden sich bei etwa 25 % der Patienten im Verlauf. b. Sie sind häufig mit REM-Schlafstörungen verbunden. c. Visuelle Halluzinationen sind sehr viel häufiger als akustische, taktile oder somatische. d. Halluzinationen und Verhaltensstörung sind häufig der Grund für eine Heimeinweisung. e. Alle Antworten sind richtig. Lösung Die richtige Antwort ist 3e. Halluzinationen finden sich zu Beginn der ParkinsonKrankheit nur selten (unter 5 %), sind jedoch im Krankheitsverlauf ein zunehmend häufiges und sehr belastendes Symptom [57]. Nach zehn Krankheitsjahren berichtet jeder vierte Patient über optische Halluzinationen [59]. Sehr viel seltener (10 %) sind akustische, NeuroTransmitter 2015; 26 (10) Neurologische Kasuistik somatische oder taktile Halluzinationen [20]. Da viele Patienten die Halluzinationen nur bei gezielter Nachfrage angeben, finden sich in der Literatur auch in Populationsstudien mit 16 – 23 % niedrigere Prävalenzen als in prospektiven klinischen Studien mit 22 – 38 % [13, 17]. Werden auch einfache Halluzinationen, wie das Gefühl als gehe jemand im äußeren Gesichtsfeld vorbei, oder das Gefühl der Präsenz einer Person, auch wenn niemand da ist, eingeschlossen, dann steigen die Zahlen bis auf 75 % an [42]. Sie dauern meist nur Sekunden bis Minuten und weisen keine spezifische Farbgebung oder Lokalisation im Gesichtsfeld auf. Da sie meist stereotyp und wiederholt auftreten, erleben die Patienten sie meist gut distanziert und zeigen nur eine geringe emotionale Betroffenheit. Mit zunehmender kognitiver Beeinträchtigung fluktuiert dieses Verhalten und die Distanz kann ganz verloren gehen. Dann kann es auch zu einer psychotischen Dekompensation mit erschreckenden psychotischen Verkennungen kommen [8, 29]. In einer Bevölkerungsstudie in Norwegen (Stavanger-Parkinson-Projekt) wurde über einen zwölfjährigen Krankheitsverlauf bei 137 von 230 Patienten (59,5 %) eine Psychose diagnostiziert [47]. In dieser Studie, die in einer Multivarianzanalyse auch die L-Dopa-Äquivalenzdosis als einen Risikofaktor für das Auftreten einer Psychose nachwies, stieg die Wahrscheinlichkeit des Auftretens im Beobachtungszeitraum vom zwölf Jahren bei einer Erhöhung je 100 mg um 26 %. Als weiterer Risikofaktor bestätigte sich erneut eine REM-Schlafstörung, die viermal häufiger bei den psychotischen Patienten auftraten. Dabei können diese bei 20 % der Patienten auch den motorischen ParkinsonSymptomen vorausgehen [44]. Selbst wenn die Halluzinationen meist am Abend oder während der Nacht auftreten, kann es auch während des Tages, oft in Nicht-REM-Schlaf-Phasen, zu visuellen Halluzinationen kommen. Das Spektrum kann dabei von einfachen Elementarhalluzinationen zu figürlichen bis zu szenischen Halluzinationen reichen [25, 42]. Pathologische Untersuchungen belegen einen Verlust noradrenerger Neurone im Locus coeruleus, serotonerger Neurone in den dorsalen Raphekernen und besonders auch cholinerger Neurone in den pedunculopontinen Kernen des Tegmentums, die für die Entstehung der Halluzinose sowie der Schlafstörungen NeuroTransmitter 2015; 26 (10) entscheidend zu sein scheinen [21]. Neue funktionelle und strukturelle Untersuchungen mit funktionellem MRT oder PET (Positronen-Emissions-Tomografie)-CT sprechen dabei für eine Beeinträchtigung der visuellen Aufmerksamkeit als auch der aufsteigenden visuellen Verarbeitungsstrukturen [51]. So konnte Carter in einer Zusammenstellung von 18 Studien Hinweise aufzeigen, die eine aberrante Aktivität in visuellen Netzwerken als Folge eines Abbaus grauer Substanz im parietalen und okzipitalen Kortex als Ursache visuelle Halluzinationen postulieren [77]. Dieser Effekt ist dabei unabhängig vom kognitiven Leistungsbild [70]. Häufigster Grund für die Aufnahme in ein Pflegeheim sind psychiatrische Symptome wie Verwirrtheit und Halluzinationen [2, 10]. Sie können dabei oft über lange Zeit sehr stabil bleiben [4]. Frage 4 Welche der folgenden Aussagen ist falsch? a. Das Risiko für einen Suizid ist bei Parkinson-Patienten nicht erhöht. b. Über 80 % der Parkinson-Patienten leiden an einer Depression. c. Die terminale Sedierung beschleunigt den Sterbeprozess. d. Der Anteil ärztlich assistierter Suizide liegt in den Niederlanden und Belgien unter 1 % aller Todesfälle. e. Alle Antworten sind falsch. Lösung Die richtige Antwort ist 4e. Suizidalität ist wie bei allen neurodegenerativen Erkrankungen auch bei der Parkinson-Krankheit eine Ursache für einen vorzeitigen Tod des Patienten [3]. Eine Verlaufsstudie mit 102 Parkinson-Patienten über einen Zeitraum von acht Jahren fand ein 5,3-fach erhöhtes Risiko. Eine daraufhin durchgeführte Untersuchung von 128 Patienten wies bei 22,7 % Suizid- oder Todesgedanken nach [55]. In ähnlicher Höhe fanden sich in einer Studie mit 116 ambulant betreuten Parkinson-Patienten (11 %) Todes- oder (28 %) Suizidwünsche [38]. Von diesen hatten 89 % entweder eine Depression, eine Psychose oder eine Impulskontrollstörung. In beiden Studien stellte sich die Zunahme depressiver Symptome als entscheidender Risikofaktor dar. Besondere Aufmerksamkeit hat diese Problematik in der Öffentlichkeit durch die Mitteilung der Witwe des Schauspielers Robin Fortbildung Williams erlangt, wonach ihr Mann an schweren Depressionen und seit 2011 an einer beginnenden Parkinson-Krankheit gelitten habe. Williams war auch durch seine Rolle als Oliver Sachs in dem Film „Zeit des Erwachens“ bekannt geworden. Er nahm sich am 11. August 2014 das Leben [73]. Der offizielle Autopsiebefund bestätigte als Todesursache einen Selbstmord durch Erhängen. Die Hirnpathologie wurde als diffuse Lewy-Körper-Demenz diagnostiziert. Die Einstellung zu einem ärztlich-assistierten Suizid, wie von der vorgestellten Patientin gewünscht, ist sowohl in der Bevölkerung als auch in den entsprechenden professionellen medizinischen Versorgungssystemen verschiedener Länder sehr unterschiedlich. In Deutschland ist nach dem Strafrecht weder der Suizid noch die Hilfestellung hierzu grundsätzlich verboten [49]. Besonders das Thema assistierter Suizid wird im Umfeld des laufenden Gesetzgebungsverfahrens akutell auch unter Ärzten in Deutschland sehr kontrovers diskutiert (siehe hierzu [77]). Stellungnahmen Prominenter wie die von Udo Reiter oder Fritz J. Raddatz sind nur die medial bekanntesten, die der Bewegung „Mein Ende gehört mir“ angehören und der Forderung nach autonomer Entscheidung auch am Lebensende Ausdruck verleihen wollen [63]. In einem sehr lesenswerten Artikel haben Gather und Vollmann die notwendige Bedingung herausgearbeitet, die einen ärztlich assistierten Suizid ethisch bei der besonders schwierigen Situation einer Demenz rechtfertigbar machen könnten [60]. Dabei kommt neuropsychologischen Testverfahren eine zunehmend größere Bedeutung in der Beurteilung der Entscheidungskompetenz zu [62]. Dies ist auch unter der Annahme einer Punktprävalenz von zirka 40 % für eine depressive Störung bei einer Parkinson-Erkrankung wichtig [39]. Weintraub fand in einer Stichprobe von Parkinson-Patienten, dass 65 % der depressiven Patienten jedoch keine antidepressive Therapie erhielten [27]. Dies gewinnt besondere Bedeutung, da eine weltweite Metaanalyse von 3.275 Suizidfällen, die postmortal psychologisch nachbewertet wurden, in 87 % eine relevante psychiatrische Erkrankung diagnostizierte [28]. Dabei schließt eine psychiatrische Grund- oder Begleiterkrankung die Möglichkeit einer freiverantworteten Entscheidung für den eigenen Tod nicht grundsätzlich aus [81]. 31 Fortbildung Bedeutend ist in diesem Zusammenhang jedoch wie Gather und Vollmann herausstreichen, dass die Einschätzung der Entscheidungsfähigkeit eines Patienten von den Grundeinstellungen des Arztes gegenüber einem assistierten Suizid abhängig ist [80]. So zeigte eine Umfrage bei amerikanischen Gerichtspsychiatern, dass diese die Schwelle für die Entscheidungsfähigkeit höher ansetzten, wenn sie selbst Vorbehalte gegen einen assistierten Suizid hatten [14]. Die Problematik der Entscheidungsfähigkeit wurde auch bei den Ausführungen vor dem House of Lords im englischen Oberhaus vor der Neufassung eines Sterbehilfegesetzes sehr deutlich und von Price dargestellt [72]. Derzeit ist die ärztliche Unterstützung bei einer Selbsttötung in einigen US-amerikanischen Bundesstaaten, in Belgien, den Niederlanden und der Schweiz legal und wird offen praktiziert. Die neuesten Zahlen aus den Niederlanden von März 2012 bis März 2013 belegen, dass von 645 Anträgen nur 25,1 % angenommen wurden, 46,5 % wurden abgelehnt und 19,2 % starben bevor entschieden werden konnte, die übrigen zogen ihren Antrag zurück. Positiv entschieden wurde am häufigsten bei somatischen Beschwerden (32,8 %) und bei zunehmender kognitiver Störung (37,5 %). In den Niederlanden beziffern sich assistierter Suizid oder aktive Sterbehilfe bereits mit 1,7 % und 2,8 % der jährlichen Todesfälle [86]. In Belgien stieg der Anteil assistierter Suizide von 2007 bis 2013 von 1,9 % auf 4,6 %. Dabei verdoppelte sich auch der Anteil neurologischer Erkrankungen unter den Suiziden [78]. Besonders bedenkenswert ist, dass 6,7 % der Euthanasiepatienten Lebensmüdigkeit als entscheidenden Grund angaben. Ein in der Zeitschrift Newsweek berichteter Fall einer 24-jährigen „körperlich gesunden“ Frau, die seit dem 21. Lebensjahr mit einer Depression in psychiatrischen Einrichtungen behandelt wird und die das Recht auf einen assistierten Suizid in Belgien zugestanden bekam, offenbart eine Entwicklung, die mit zunehmendem öffentlichen Druck zukünftig möglicherweise nur noch schwer zu kontrollieren sein wird [82, 91]. So stieg die Zahl der Mitglieder der Schweizer non-profit Organisation „Exit“, die Schweizern bei der Vermittlung eines ärztlich assistierten Suizids hilft, allein im Jahr 2013 um 13.413 auf nunmehr über 860.00 im Jahr 2014. 32 Neurologische Kasuistik Die aus den Niederlanden und Belgien berichteten Zahlen liegen dabei deutlich über den aus Oregon (wo der assistierte Suizid ebenfalls legalisiert ist) zwischen 1998 bis 2013 veröffentlichten Zahlen, die etwa 0,2 % aller Todesfälle darstellen [79]. Die Vorstellungen von einem guten Tod differieren sowohl zwischen den Patienten und deren Angehörigen als auch unter den Ärzten. Ein tiefer Schlaf ist daher nicht für alle Patienten ein erstrebenswertes Therapieziel [15]. Auch ist der Grad der Sedierung sowie die Indikationsstellung nicht einheitlich, sondern weist deutlich länderspezifische Unterschiede auf. So unterschied sich in einer dieses Jahr veröffentlichten Vergleichsstudie im Vereinigten Königreich, Belgien und den Niederlanden die Tiefe der Sedierung entscheidend. Britische Ärzte halten ihre Patienten in einem noch erweckbaren Stadium und sahen die Sedierung eher als Nebenwirkung der Behandlung, während Ärzte in Belgien, dem Wunsch der Patienten folgend, die Notwendigkeit einer ausreichend tiefen Sedierung betonen [88]. Als Reaktion wird daher eine höhere Qualität und Klarheit der Richtlinie zur Indikation und Durchführung einer terminalen Sedierung angemahnt [75]. Denn die bisher veröffentlichten Anweisungen und Empfehlungen weisen doch deutlich unterschiedliche Qualitätsebenen auf und variieren sowohl in der Entscheidung zur terminalen Sedierung als auch hinsichtlich der medizinischen Durchführung (Medikamente, Titration, Monitoring) erheblich [74]. Dies ist sicherlich auch der Grund, warum eine aktuelle Cochrane-Analyse bei der Zusammenschau von 14 Studien mit 4.167 Erwachsenen, von denen 1.137 eine terminale Sedierung erhielten, zum Schluss kommt, dass derzeit keine ausreichende Evidenz bezüglich einer Verbesserung der Lebensqualität oder der Symptomkontrolle am Lebensende vorliegt [76]. Auch wenn in den wenigen vorliegenden Studien keine Beschleunigung des Sterbevorganges nachgewiesen wurde, so ist die Studienqualität jedoch derzeit noch zu schlecht, um hier eine endgültige sichere Aussage machen zu können [46]. Palliativmedizinische Behandlungsstrategien können hingegen auch bei neurodegenerativen Erkrankungen eine Verbesserung der Lebensqualität erreichen [90]. Abschließend sei hier noch auf eine Analyse der Vergleichszahlen aus den Ländern mit legalisierter Tötung kranker Menschen auf deren Verlangen (Euthanasie) und legalem, ärztlich assistiertem Suizid hingewiesen [69]. Sowohl Euthanasie als auch assistierter Suizid sind in Belgien und den Niederlanden seit 2002 erlaubt. In der Schweiz ist der assistierte Suizid bereits seit 1918, in Oregon seit 1997, in Montana und Washington seit 2009 und seit 2013 auch in Vermont legal durchführbar. Es zeigte sich im Verlauf der Jahre 2004 bis 2012, dass die Zahl der Euthanasiefälle in Belgien und den Niederlanden deutlich anstieg, die Zahl der assistierten Suizide im Vergleich hierzu jedoch nur gering zunahm. Dies könnte auf eine doch höhere psychische Hürde einer Selbsttötung trotz der ärztlichen Begleitung im Gegensatz zu einer allein ärztlich durchgeführten Krankentötung (Euthanasie) hinweisen. Weitere Infos auf springermedizin.de Pflaster, Pens oder Pumpen als sinnvolle Ergänzung zur oralen Therapie? Bei der Parkinson-Erkrankung treten unter dopaminerger Therapie nach einigen Jahren Wirkfluktuationen in Form kurzer Wearing-OFF-Phasen auf. Später können längere OFF-Phasen und Dyskinesien hinzukommen und nach zehn Jahren bestehen ausgeprägte Wirkschwankungen. Parenteral applizierbare Therapeutika wie Rotigotin-Pflaster, Apomorphin-Pen und -Pumpe sowie L-Dopa-Pumpen können hier eine sinnvolle Ergänzung und Fortführung der oralen medikamentösen Therapie sein 7 (5504102). Diese Artikel finden Sie, indem Sie den Titel oder die (in Klammern gesetzte) ID-Nummer in die Suche eingeben. NeuroTransmitter 2015; 26 (10) Fortbildung Literatur 1. Ebmeier KP, Calder SA, Crawford JR, et al. 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Physically healthy 24-year-old granted right to die in Belgium. Newsweek 29. Juni 2015 http://europe.newsweek.com/ healthy-24-year-old-granted-right-die-belgium-329504 3 Fortbildung Integration psychisch kranker Menschen – Teil 2 Störungsspezifische Konzepte können berufliche Rehabilitation verbessern Soziale Integration und vor allem die berufliche Eingliederung stellen für Menschen mit psychischen ­Erkrankungen zentrale Behandlungsziele dar, beides hat entscheidenden Einfluss auf den Krankheitsverlauf. In Teil 2 dieses Artikels setzen wir uns mit störungsspezifischen und störungsübergreifenden Ansätzen zur ­Verbesserung der beruflichen Integration psychisch kranker Menschen auseinander. M AT T H IA S W EI SB R O D, H EI D E L B ER G & K A R L SBA D - L A N G EN S T EI N BACH , G US TAV W I R T Z , K A R L SBA D - L A N G EN S T EI N ­ BACH , R EI N A L D FA SS, B ER L I N , K A I VO G E L E Y, KÖ L N , FR A N K S CH Ä FER , S T U T TG A R T, H EI KO K I L IA N , W I E SLO CH Z ur Therapie der beruflichen Integration psychisch kranker Menschen stellen wir in diesem Artikel zwei störungsspezifische Konzepte vor: für Menschen mit Persönlichkeitsstörungen (PS) und komplexen Traumafolgestörungen sowie ein weiteres für Menschen mit Autismus. Außerdem diskutieren wir kognitive Störungen psychischer Erkrankungen als Beispiel für einen störungsübergreifenden Rehabilitationsansatz und geben Anregungen, wie diese Ansätze zur Verbesserung der beruflichen Integration genutzt werden können. Störungsspezifische Aspekte der beruflichen Wiedereingliederung In die Behandlung psychisch kranker Menschen haben zunehmend störungsspezifische Verfahren Einzug gehalten, die wesentlich zu einem besseren Behandlungsergebnis beitragen. Maßnahmen zur beruflichen (Re-)Integration von Menschen mit psychischen Erkran- kungen sind dahingegen bislang nur wenig störungsspezifisch ausdifferenziert. Im Folgenden stellen wir zwei beispielhafte Konzepte zur störungsspezifischen beruflichen Integration vor. Berufliche (Re-)Integration Menschen mit PS und komplexen Traumafolgestörungen Mit einer Prävalenz von 9,4 % stellen PS in der deutschen Allgemeinbevölkerung ©© M. Lange, SRH Klinikum Karlsbad Die kognitive Remediation ist ein vielversprechender Ansatz für ein störungsübergreifendes Behandlungskonzept zur Verbesserung der beruflichen (Re-)Integration. NeuroTransmitter 2015; 26 (10) 33 Anzeige Fortbildung eine häufige Störung dar. Klinisch sind sie maßgeblich durch das Merkmal der Interaktionsstörung geprägt, sodass die Erkrankungen auch als Beziehungsstörungen bezeichnet werden [1]. Auch bei komplexen Folgeerkrankungen psychischer Traumatisierungen, wie sie zum Beispiel bei 35 % der Opfer sexuellen Missbrauchs vor dem 14. Lebensjahr auftreten [2], stellen Interaktionsstörungen einen zentralen Problembereich dar, sodass auch hier von Beziehungsstörungen zu sprechen ist [3]. PS sind mit erheblichen Problemen hinsichtlich der beruflichen Integration assoziiert, frühes Missbrauchserleben birgt ein erhöhtes Risiko für Einschränkungen in der Ausbildungsfähigkeit und der späteren beruflichen Tätigkeit [4, 5]. Die Diagnose „PS“ stellt in diesem Zusammenhang häufig eine „gemeinsame Endstrecke“ dar [6]. Somit ergeben sich in der klinischen Praxis und in der akuten Behandlungs- wie auch Rehabilitationsplanung bei schweren Interaktionsstörungen diverse Überschneidungen zwischen den klassifikatorisch nach ICD-10 [7] und DSM-IV-TR [8] getrennten Störungsbil- Behandlungskonzept mit dem Ziel der beruflichen Integration Das Konzept der Psychiatrie und Psychotherapie des SRH-Klinikums Karlsbad-Langensteinbach berücksichtigt sowohl „Beziehungsstörungen“ als auch kognitive Störungen und ruht auf drei Säulen. 1.Zu Beginn der Behandlung stehen eine unvoreingenommene differenzialdiagnostische Einschätzung unter Einsatz strukturierter psychometrischer und psychopathologischer Beurteilungsinstrumente sowie eine differenzierte neuropsychologische Testung. Auf der Basis dieser Einschätzungen erfolgen die individuelle Analyse und die Erarbeitung von Behandlungszielen. Erheblichen Einfluss auf die Erarbeitung der Behandlungsziele nimmt die Analyse intentionaler (keiner motivationalen) und Konfliktschemata in Anlehnung an die Konsistenztheorie von Grawe [14]. Damit wird eine möglichst hohe Kongruenz zwischen dem psychischen Befinden und den erarbeiteten Therapiezielen der Patienten angestrebt, der zentrale psychotherapeutische Wirkfaktor der Zielorientierung kann damit optimal genutzt werden. 2.Die weitere Behandlung orientiert sich durchgehend an den erarbeiteten Zielen. Das interdisziplinäre Behandlungsteam stimmt die professionsspezifischen Interventionen aufeinander ab. Insbesondere psychotherapeutische und arbeitstherapeutische Interventionen werden im Sinne einer hohen Kongruenz angepasst: Wird beispielsweise Ressourcenaktivierung als übergeordnete Strategie zu einem bestimmten Behandlungszeitraum in den Vordergrund gerückt, werden sowohl im arbeits- als auch im psychotherapeutischen Kontext ressourcenaktivierende Interventionen und Erfahrungen für den Patienten angestrebt. Werden andererseits inhaltliche und zeitliche Belastung in der Arbeitstherapie im Sinne einer Problemaktualisierung gesteigert, beinhalten kongruente psychotherapeutische Interventionen zum Beispiel Strategien zur Verbesserung der Affektregulation, der sozialen Kompetenz oder der kognitiven Leistungsfähigkeit. Dieses zentrale Behandlungselement der Kongruenz auf Interventionsebene wird durch mindestens wöchentliche interdisziplinäre Absprachen gesteuert, was aufgrund des hohen zeitlichen und personellen Aufwandes eine stationäre Behandlung erfordert. 3.Während der gesamten Behandlung und schwerpunktmäßig im letzten Behandlungsdrittel wird große Aufmerksamkeit auf den Transfer erlernter Strategien und erlebter Veränderungen in den Alltag außerhalb des Kliniksettings gelegt, sodass im Rahmen häuslicher Belastungserprobungen bereits nach den beiden ersten Behandlungswochen oder im Rahmen von Belastungserprobungen am Arbeitsplatz oder Abstimmungen mit Arbeitgebern die Ergebnisse der therapeutischen Arbeit unmittelbar in der „realen Welt“ überprüft werden. In diesem Zusammenhang geht die Beendigung der Behandlung mit der Überprüfung der Kongruenz von Behandlungszielen und Behandlungsergebnis einher und beinhaltet die konkrete Planung, welche Schritte in den Bereichen Arbeit, Wohnen und soziales Leben sowie im Hinblick auf eine weitere medizinisch-therapeutische Behandlung notwendig sind. Anträge zu weiteren Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben werden möglichst noch während der stationären Behandlung abgeschlossen. Eine Evaluation dieses Konzepts für Menschen mit Persönlichkeits- und komplexen Traumafolgestörungen wird aktuell durchgeführt. 34 NeuroTransmitter 2015; 26 (10) Berufliche Integration psychisch kranker Menschen – Teil 2 dern der PS und der komplexen Traumafolgestörungen, die eine gemeinsame Herangehensweise an beide Störungsgruppen an der Schwelle zur beruflichen Rehabilitation sinnvoll erscheinen lassen. Auch die Einführung des DSM-5 hat diese Situation nicht verändert. Eine Herausforderung stellt dabei die Abstimmung eines auf äußere Belastungsfaktoren (z. B. arbeitsbezogene Faktoren) ausgerichteten Herangehens mit störungsspezifischen Interventionen dar, die nicht nur auf eine Stabilisierung affektiver, kognitiver und Handlungstendenzen ausgerichtet sind, sondern darüber hinaus eine Veränderung im Erleben und Verhalten der Betroffenen anstreben. Eine entsprechende integrative Behandlung gelingt bei traumatisierten Menschen häufig nur im stationären Behandlungssetting [9]. Kernprobleme Behandlungsstandards und Behandlungsübergänge beinhalten zwei Kernprobleme: 1.Die diagnostische Einschätzung von PS und von komplexen Traumafolgestörungen erfolgt heterogen und oft nicht standardisiert. Zur Abgrenzung komplexer Traumafolgestörungen, die zum Teil ebenfalls Probleme in der differenzialdiagnostischen Abgrenzung bieten, stehen zwar strukturierte Instrumente zur Verfügung, diese kommen aber in der klinischen Praxis nicht regelhaft zum Einsatz [10]. Bestimmte Problembereiche wie kognitive Störungen, die sich stark auf die berufliche (Re-)Integration auswirken, werden in der diagnostischen Einschätzung dieser Störungsbilder fast gänzlich vernachlässigt. 2.Der Übergang in die Teilhabe am Arbeitsleben gelingt häufig nicht. Welchen Einfluss posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) oder PS auf den Erfolg der verschiedenen Rehabilitationsprogramme haben, ist bezogen auf PTBS bislang nur in einer Studie untersucht worden. In dieser amerikanischen Studie [11] wurden drei verschiedene Formen von Rehabilitationsprogrammen verglichen: IPS (Individual Placement and Support), „Standard Services“ und „Transitional Employment“. Bei Teilnahme am IPS NeuroTransmitter 2015; 26 (10) konnte für Patienten mit einer Kombination von schweren psychischen Erkrankungen und PTBS ein signifikant geringerer Arbeitserfolg nachgewiesen werden als bei Patienten ohne PTBS. In den beiden anderen Programmen war kein Unterschied festzustellen, was möglicherweise darauf zurückzuführen ist, dass der Arbeitserfolg in allen Gruppen sehr gering war. Eine ebenfalls amerikanische Studie hat bei Veteranen mit PTBS erstmals den Erfolg verschiedener beruflicher Rehabilitationsprogramme untersucht [12]. Veteranen im IPS-Arm waren im Vergleich zu denen in anderen Programmen signifikant länger beschäftigt und erzielten höhere Einkommen. Weitere Untersuchungen, insbesondere aus Europa, fehlen. Ein aktuelles Review ergab, dass es nur begrenztes Wissen darüber gibt, wie Menschen mit psychischen Erkrankungen erfolgreich in den ersten Arbeitsmarkt integriert werden können [13]. Für Menschen mit PS und komplexen Traumafolgestörungen ist diese Situation besonders prekär, sodass bei diesen Störungsbildern neue sektorenübergreifende Behandlungskonzepte notwendig sind. In unserer sozialpsychiatrisch ausgerichteten Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie des SRH Klinikums Karlsbad-Langensteinbach haben wir ein Behandlungskonzept mit dem Ziel der beruflichen Integration entwickelt, das sowohl „Beziehungsstörungen“ als auch kognitive Störungen berücksichtigt [14] (siehe Info-Box Behandlungskonzept mit dem Ziel der beruflichen Integration). Menschen mit Autismus Autistische Störungen zeichnen sich wesentlich durch Veränderung der Informationsverarbeitung sozialer und kommunikativer Reize aus. Intuitive, nonverbale Äußerungen werden weniger gut oder gar nicht verstanden, während regelbasierte und strukturierte Äußerungen besser bearbeitet werden können [15]. Diese sozial-kognitiven Leistungen sind natürlich nicht nur für Alltagsbegegnungen, sondern auch für das Berufsleben von zentraler Bedeutung, Fortbildung sodass es sehr oft zu Schwierigkeiten beim Erwerb und Erhalt des Arbeitsplatzes kommt [16]. Selbst sehr gut ausgebildete und überdurchschnittlich intelligente Menschen mit hochfunktionalem Autismus weisen Arbeitslosigkeitsraten von bis zu 40 % auf [17, 18], bei autistischen Personen mit intellektueller Einschränkung beträgt sie bis zu 95 % [19, 20, 21]. In der Kölner Sprechstunde fand sich eine Arbeitslosenrate von etwa 40 % bei 293 befragten Personen mit Autismus [18], bezogen auf den Bildungsstand und das Alter der betroffenen Personen dürfte das etwa einem zehnffach erhöhten Risiko zur Arbeitslosigkeit entsprechen. Bei einer Lebenszeitprävalenz für Autismus von 1 % ist konkret die Rede von insgesamt 800.000 Deutschen, die etwa zur Hälfte dem hochfunktionalen Autismus oder dem Asperger-Syndrom (im Erwachsenenalter synonym) zuzuordnen sind. Der Verlust der Produktivität durch Arbeitslosigkeit wurde bei Menschen mit Autismus in den USA auf etwa 3,2 Millionen USDollar pro betroffener Person geschätzt [22]. Hohe Raten von Arbeitslosigkeit führen zu weiterer sozialer Isolation, geringem Selbstwertgefühl, Stress und komorbiden Störungen einschließlich Depression bei bis zu 40 % der Betroffenen [23]. Dabei sind es vermutlich die sozialen Interaktionsprobleme, die zu Arbeitslosigkeit führen und weniger Schwächen in der Erfüllung der Arbeitsaufgaben selbst [24]. Die hohe Arbeitslosigkeit führt in der Folge zu geringer Lebensqualität von Menschen mit Autismus [25, 26, 27] und zu weiteren gesundheitlichen Problemen [23]. Unterstützungsprogramme für das Berufsleben Auch wenn sich einige Unternehmen gezielt der Vermittlung von Menschen mit Autismus widmen („specialisterne“, „auticon“, „Füngeling Router gGmbH“), so muss doch konstatiert werden, dass das deutsche Sozialsystem und die Sozialsysteme anderer Länder [28] bisher noch nicht adäquat darauf eingestellt sind, Menschen mit autistischen Störungen im Berufsleben zu unterstützen. Die Entwicklung strukturierter Unterstützungsprogramme wäre daher sehr wünschenswert. Sowohl national wie inter- 35 Fortbildung Berufliche Unterstützungsprogramme für Autismus Unterstützungsprogramme zur beruflichen Reintegration von Menschen mit Autismus sollten zumindest die folgenden Komponenten enthalten: 1.Ein adäquates Assessment der Menschen mit Autismus 2.Trainingsmaßnahmen während der Arbeit („coaching on the job“) 3.Trainingsmaßnahmen außerhalb des Arbeitsplatzes („coaching off the job“) einschließlich eines systematischen Kommunikations- und Interaktionstrainings 4.Schulungen der nicht autistischen Mitarbeiter, Kollegen und Vorgesetzten am Arbeitsplatz national sind nur wenige wissenschaftlich belastbare Informationen dazu verfügbar, die auch Aussagen zur Effizienz von verschiedenen Unterstützungsformaten erlauben würden [29]. In einer interessanten klinischen Studie wurden Menschen mit Autismus zwischen 18 und 21 Jahren unter anderem hinsichtlich ihrer sozialen Kommunikationsfähigkeit systematisch geschult. Das Ergebnis war eine deutlich höhere Beschäftigungsrate (87,5 %) als in der nicht betreuten Kontrollgruppe (6,25 %) [30]. Bei einer weiteren Studie, die auch strikten wissenschaftlichen Kriterien genügte, zeigte sich in der betreuten Gruppe (Unterstützung bei der Jobsuche, Betreuung der Arbeitstätigkeit, Vorbereitung der Arbeitgeber) eine Beschäftigungsquote von 63 % gegenüber 25 % in der Kontrollgruppe [31]. Nicht kontrollierte Studien zeigen hohe Beschäftigungsraten und auch Verbesserungen der kognitiven Leistungen, wenn ein Unterstützungsangebot wahrgenommen wurde [19]. Fast alle Studien fokussieren zudem auf den Altersbereich Adoleszenz und frühes Erwachsenenalter, also auf den Übergang von Schule zum Beruf, während die Personen, die bereits Berufserfahrungen haben, aber dennoch immer wieder am Arbeitsplatz scheitern, bisher wenig untersucht worden sind, sodass es entsprechend auch kaum adäquate Angebote gibt. 36 Berufliche Integration psychisch kranker Menschen – Teil 2 Professionelle und systematische Unterstützungsprogramme sind also dringend nötig (siehe Infobox Berufliche Unterstützungsprogramme für Autismus) und sollten mindestens die folgenden Komponenten enthalten: Assessment Das Assessment sollte durch eine umfassende klinische und neuropsychologische Untersuchung angereichert sein. Neben einer sorgfältigen klinischen ­Diagnosestellung [32] sollte eine neuropsychologische Testbatterie zur Anwendung kommen, die mindestens Aufmerksamkeit, Exekutivfunktionen und Intelligenz erfasst [33]. Zusätzlich sollten besondere Bedürfnisse von Menschen mit Autismus beachtet werden (z. B. besondere Empfindlichkeit verschiedener Sinnessysteme). Damit verbunden sind besondere Anforderungen an den Arbeitsplatz. Außerdem sollte auch ein Neigungsprofil erstellt werden. Auch wenn bereits Hans Asperger selbst auf Spezialinteressen hingewiesen hatte und darauf, welche besonderen Leistungen im Sinne von Ressourcen damit verbunden sein können [34], ist das Thema der Spezialinteressen bisher kaum untersucht, und wenn, dann nur bei jungen nicht aber bei älteren Erwachsenen [35]. Möglicherweise können hier auch Instrumente hilfreich sein, die nicht spezifisch für Menschen mit Autismus entwickelt worden sind wie etwa der Allgemeine Interessen-Struktur-Test (AIST [36]), der das Neigungsprofil in verschiedenen Domänen exploriert. Auch wenn Interessen und Talente im naturwissenschaftlich-technischen Bereich naheliegen [37], sind die Interessen vermutlich dennoch sehr viel breiter ausgerichtet und schließen auch sozialwissenschaftliche und kreative Arbeitsfelder mit ein. Trainingsmaßnahmen während und außerhalb der Arbeit Ein zentrales Element eines Trainingsprogramms für Menschen mit Autismus muss das Arbeitstraining sein („job coaching“), das als Einzelbegleitung sowohl am A ­ rbeitsplatz („on the job“) und auch als Gruppen- und Einzelangebot außerhalb des Arbeitsplatzes („off the job“) vorgehalten werden sollte [29, 38]. So lassen sich in Rollenspielen (z. B. Bewerbungsgespräch) und mittels Verhaltensmodifikationstechniken sehr wirkungsvolle Verbesserungen erreichen [39]. Die Beschäftigungsrate ist mit dem Unterstützungsangebot assoziiert [40]. Auf der Basis unserer eigenen Erfahrungen mit einer bedürfnisorientierten Gruppenpsychotherapie für erwachsene Menschen mit hochfunktionalem Autismus [41] erwarten wir, dass die Dauer des ­Arbeitstrainings („on the job“) mindestens zwölf Monate umfassen sollte. Dabei sollten zumindest in den ersten drei Monaten auch komplementäre Gruppenangebote („off the job“) hinzukommen, in denen dann Kommunikations- und Interaktionsfähigkeiten geschult werden können. Einzelarbeitstraining („on the job“) sollte als flankierende Maßnahme am Arbeitsplatz eingesetzt werden, um in konkreten, individuellen Situationen zu helfen. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass es auch erste Anwendungen mit neuen Medien gibt. So kann die Kommunikation über das Internet Menschen mit Autismus schulen, was auch für Arbeitsbegleitung genutzt werden könnte [42, 43]. Schulung nicht autistischer Mitarbeiter Schließlich sollte eine Maßnahme zur Instruktion der Mitarbeiter, Kollegen und Vorgesetzten („peer instruction“) entwickelt werden. Gerade Menschen mit Autismus werden wegen ihrer sozial kognitiven Defizite häufig auch in allen anderen kognitiven Domänen erheblich unterschätzt, und/oder sie gelten als merkwürdig, verschroben oder arrogant. Vermutlich verlieren Menschen mit Autismus ihre Tätigkeit häufiger aufgrund ihrer sozialen Schwierigkeiten als aufgrund ihrer Leistungsfähigkeit im konkreten Arbeitsumfeld [24]. Dieses zentral wichtige Element eines umfassenden Unterstützungsprogramms ist aber bisher weitgehend vernachlässigt worden. Derartige Schulungen sollten allgemeines Wissen über autistische Störungen sowie Besonderheiten in der Kommunikation und Interaktion umfassen. Hier wäre es besonderes wichtig zu vermitteln, dass im Umgang mit Menschen mit Autismus klare explizite NeuroTransmitter 2015; 26 (10) Berufliche Integration psychisch kranker Menschen – Teil 2 Arbeitsaufträge viel leichter umzusetzen sind als subtile nonverbale Signale. Andere Aspekte betreffen die angemessene Ansprache der Arbeitsleistung zur Vermeidung einer Unterforderung sowie die angemessene Gestaltung des Arbeitsplatzes. Ausmaß der funktionellen Wiederherstellung voraussagt [48]. Über die Prädiktoren für die berufliche Integration liegen für andere psychiatrische Erkrankungen kaum konsistente Arbeiten vor. Es erscheint uns aber plausibel anzunehmen, dass kognitive Störungen bei anderen psychischen Erkrankungen ebenfalls eine wesentliche Rolle für die berufliche (Re-)Integration spielen. Kognitive Leistungsdefizite beeinflussen den beruflichen Alltag unmittelbar: Verminderte Gedächtnisfunktionen behindern jedwedes Lernen. Bei anhaltender Beanspruchung führt die Störung der Daueraufmerksamkeit zu vermehrten Fehlern und zu rascher Erschöpfung. Die verminderte Fähigkeit, Aufmerksamkeit zu teilen, stört die alltägliche Kommunikation mit mehr als einem Gesprächspartner oder das Überwachen unterschiedlicher konkurrierender Informationsquellen. Beeinträchtigte Exekutivfunktionen behindern die Priorisierung von Zielen, die Einstellung auf ungewöhnliche und unerwartete Herausforderungen sowie die Planung und Durchführung von nicht durch Routinen vorgegebenen Handlungen. Insgesamt sind ausgeprägte kognitive Störungen daher mit den Anforderungen realistischer Arbeitsumgebungen nicht vereinbar. Kognition und berufliche Integration NeuroTransmitter 2015; 26 (10) Einfluss auf das Ergebnis von Rehabilitationsmaßnahmen Einen überzeugenden direkten Beleg für den Einfluss kognitiver Faktoren auf das Ergebnis von Rehabilitationsmaßnahmen – so wie sie in Deutschland durchgeführt werden – haben Watzke et al. vorgelegt [49]. In einer longitudinalen Studie untersuchten sie 41 Rehabilitationsteilnehmer mit Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis bei Beginn ihrer Rehabilitationsmaßnahme mit dem Wisconsin-Card-Sorting-Test [50] und teilten die Rehabilitanden anhand einer Test-Training-Test-Sequenz in drei Gruppen ein: —„high scorer“ bewältigten den Wisconsin Card Sorting Test auch ohne Training erfolgreich, —„Lerner“ bewältigten den Test zunächst nicht, profitierten aber vom Training, —„Nicht-Lerner“ profitierten vom Training nicht. Der Erfolg der Rehabilitationsmaßnahme im Hinblick auf berufliche (Re-)Integration war von den dargestellten kognitiven Maßen abhängig. Im Laufe der Rehabilitationsmaßnahme verbesserten sich die „Nicht-Lerner“ am wenigsten und konnten im Gegensatz zu den beiden anderen Gruppen die durch die Rehabilitationsmaßnahme erreichte funktionelle Besserung nach Abschluss der Maßnahme nicht aufrechterhalten. Angesichts ihrer Bedeutung für soziale Teilhabe und insbesondere berufliche (Re-) Integration sollte die Restitution kognitiver Funktionen bei der Planung von Interventionen zur beruflichen Integration daher unbedingt berücksichtigt werden. Aktuell wird die Entwicklung von Kognition verbessernden Substanzen (ko- Soziale Kognition ? ©© mod. nach [54] Die drastisch verkürzten Behandlungszeiten [44] fokussieren die stationäre psychiatrische Behandlung zunehmend auf die Verminderung der Akutsymptomatik. Das pauschalierende Entgeltsystem wird in der aktuell vorgesehenen Ausgestaltung diese Entwicklung noch forcieren. Die langfristige Entwicklung der Alltagsfunktionalität psychisch kranker Menschen hängt aber unabhängig vom Störungsbild nur gering von der Ausprägung der Akutsymptomatik ab. Entscheidend sind vielmehr kognitive Leistungsfähigkeit und soziale Fertigkeiten. So haben Tsang et al. 2010 in einer Metaanalyse von Publikationen, die zwischen 1998 und 2008 veröffentlicht worden waren, Prädiktoren für die berufliche und schulische Entwicklung von Menschen mit schizophrenen Psychosen herausgearbeitet [45]. Als stärkster Prädiktor erwies sich dabei die kognitive Leistungsfähigkeit. Weitere prädiktive Faktoren waren Bildung, Negativsymptome, soziale Unterstützung, soziale Fähigkeiten, Alter, Arbeitsanamnese und professionell durchgeführte Rehabilitation. Die Alltagsfunktionalität von Menschen mit schizophrenen Psychosen hängt demnach nicht nennenswert von der Positivsymptomatik ab, auf die die Akutbehandlung fokussiert [46]. Baune et al. fanden bei Patienten mit Depression einen vom Ausmaß der klinischen Remission unabhängigen Zusammenhang zwischen Arbeitslosigkeit und verminderter kognitiver Leistungsfähigkeit [47]. Für Menschen mit remittierten affektiven Störungen konnten Jaeger et al. belegen, dass neurokognitive Defizite auch nach Kontrolle residualer affektiver und psychotischer Symptome noch mit der gestörten Aufrechterhaltung der Lebensvollzüge assoziiert sind und die Rückbildung kognitiver Defizite in einem Intervall von sechs Monaten das Fortbildung OUTCOME Neurokognition Geteilte Aufmerksamkeit Abb. 1: Bedeutung der Neurokognition für die berufliche oder schulische Integration bei erstmalig an Schizophrenie erkrankten Personen (nach Nuechterlein et al. [54]). 37 Fortbildung gnitive Enhancer) vorangetrieben, die kognitive Funktionen direkt beeinflussen, ohne eine direkte Wirkung auf die Psychopathologie auszuüben. Unserer Auffassung nach ist die Entwicklung allerdings noch nicht so weit fortgeschritten, dass eine Behandlung in der Praxis empfohlen werden könnte [51, 52]. Wir wissen um die überragende Anpassungsfähigkeit unseres Gehirns. Vielfach konnte gezeigt werden, dass kognitive Funktionen sich auch bei psychisch kranken Menschen durch Training bessern [53]. Eine vergleichsweise gute Datenlage über die Besserung kognitiver Leistungen durch Training liegt bei Schizophrenien vor, für andere psychische Erkrankungen existieren kaum belastbare Studien. Für „auf Verhaltenstraining basierende Interventionen“, „die auf die Verbesserung kognitiver Prozesse durch Restitution und/oder Kompensation abzielen und Nachhaltigkeit und Generalisierung anstreben“ (paraphrasiert nach [53]), hat sich der Begriff „kognitive Remediation“ etabliert. Zur Wirksamkeit kognitiver Remediation liegt eine aktuelle Metaanalyse vor [53], die für fast alle untersuchten Domänen Verbesserungen mit Effektstärken zwischen 0,25 und 0,65 belegt. Dabei erreichen auch Patienten mit ausgeprägten Symptomen Trainingserfolge. Die durch Training erreichten Verbesserungen überdauern das Ende des Trainings. Eine klinisch relevante Verbesserung der Alltagsfunktionen – insbesondere der beruflichen Eingliederung – ist für unterschiedliche Trainingsprogramme direkt nachgewiesen. Neurokognitive Funktionen Nuechterlein et al. [54], die bei Schizophrenie-Ersterkrankten untersucht haben, ob neurokognitive Funktionen mit der Rückkehr in Schule oder Arbeit in Beziehung stehen, fanden Hinweise auf einen direkten Einfluss für die geteilte Aufmerksamkeit, während die übrigen kognitiven Dimensionen einen eher indirekten Einfluss (z. B. als Grundvoraussetzung für soziale Kompetenz oder soziale Anpassungsfähigkeit) zu haben scheinen (Abb. 1). Vauth et al. [55] konnten ganz in diesem Sinne zeigen, dass soziale Kognition zwar einen stärkeren Einfluss auf arbeitsbezogene Fä- 38 Berufliche Integration psychisch kranker Menschen – Teil 2 higkeiten hat als basale kognitive Fähigkeiten, soziale Kognition aber wesentlich von basalen kognitiven Fähigkeiten abhängt. Kognitive Remediation Gut belegt ist, dass kognitive Remediation, die eine strategische Ausrichtung beinhaltet, dem massierten Üben („drill and practice“) hinsichtlich der Verbesserung der Alltagsfunktionalität überlegen ist [53, 56]. Penades et al. haben herausgearbeitet, dass kognitive Remediation insbesondere in Verbindung mit einem umfassenden aktivierenden Rehabilitationsprogramm Wirksamkeit entfaltet [57]. Bowie et al. haben den Effekt von kognitivem Training und von funktionellem Fertigkeitentraining jeweils als isolierte Behandlungsverfahren mit den Effekten einer sukzessiven Behandlung (zunächst kognitives Training, dann funktionelles Fertigkeitentraining) verglichen [58]. Sie fanden, dass sich Haushalts- und Alltagsaktivitäten sowie Arbeitsfertigkeit weder unter ausschließlicher kognitiver Remediation noch durch funktionelles Fertigkeitentraining alleine besserten, aber ­erheblich bei Kombination beider Trainingsverfahren. Die berichteten Effekte überdauerten das Training und zeigten auch ökonomische Vorteile. Eine gut konzipierte und abgestimmte berufliche Rehabilitation scheint insgesamt mehr zu erreichen als die Addition der Effekte der Einzelmaßnahmen. Damit erhält die Steuerung des komplexen Ineinandergreifens von Behandlungsmodulen für die berufliche (Re-)Integration eine zentrale Bedeutung. Bei Menschen mit schizophrenen Psychosen ist der Effekt von kognitiver Remediation auf alltags- und beruflich relevante Entwicklungen verhältnismäßig gut untersucht. Bei anderen psychischen Erkrankungen ist die Datenlage weniger belastbar. Vier vorliegende Publikationen über kognitive Remediation bei Menschen mit affektiven Störungen haben übereinstimmend auch in dieser Patientengruppe positive Auswirkungen auf die Kognition gezeigt [59, 60, 61, 62]. Untersuchungen zu funktionellen Verbesserungen durch kognitive Remediation fehlen bei anderen psychischen Erkrankungen fast vollständig. Sinnvoller intermediärer Parameter Die erheblichen Fortschritte der vergangenen beiden Dekaden im Verständnis der den psychischen Erkrankungen zugrunde liegenden hirnphysiologischen Veränderungen sind bislang nur ansatzweise in der Akutbehandlung und kaum in der Rehabilitation oder der beruflichen (Re-)Integration angekommen. Zahlreiche Autoren weisen darauf hin, dass die Evidenz von psychiatrischer Rehabilitation nicht ausreichend durch Forschung abgesichert ist. Dies mag, wie Salize schreibt, auch damit zusammenhängen, dass Rehabilitation auf „komplexe Lebenszusammenhänge zielt und daher methodisch aufwändige Forschungszugänge erfordert“ [63]. Hier bieten sich zum Beispiel die Verbesserung kognitiver Leistungen oder die Bedeutung von Traumatisierung als Forschungsgegenstand an. Kognitive Leistungen können präzise erfasst werden und bieten – bei aller gebotenen Vorsicht in der Interpretation der Zusammenhänge – einen sinnvollen intermediären Parameter für den zu erwartenden Erfolg psychiatrischer Rehabilitation. Eine weitere Aufgabe stellt die Charakterisierung des Ineinandergreifens von einzelnen Wirkfaktoren und die Umsetzung dieser Erkenntnisse in praktische Rehabilitationsprogramme dar. Fazit für die Praxis — Berufliche (Re-)Integration psychisch kranker Menschen muss als integrierter Bestandteil des Gesamtbehandlungsplanes bereits in der Akutphase angelegt werden, stationäre, tagesklinische und ambulante Behandlungssettings integrieren, medizinische, berufliche und gemeindepsychiatrische Versorgung einschließen und Kostenträger bedingte Finanzierungsgrenzen überspannen. Sie sollte unabhängig von der klinischen Diagnose bei Bedrohung des Arbeitsplatzes oder der Entwicklung von Ausbildungsoder Berufsentwicklungen einsetzen und in die Frühbehandlung eingeschlossen sein, da soziale Auswirkungen psychischer Erkrankungen häufig bereits vor der klinischen Erstmanifestation und in der Frühphase psychischer Erkrankungen einsetzen. — Die Entwicklung störungsspezifischer Rehabilitationsansätze bietet einen viel- NeuroTransmitter 2015; 26 (10) Fortbildung versprechenden Ansatz zur Verbesserung der beruflichen (Re-)Integration psychisch kranker Menschen. — Für die Behandlung kognitiver Störungen ist insbesondere für schizophrene Psychosen die kognitive Remediation gut ausgearbeitet, ihr positiver Einfluss auf berufliche (Re-)Integration ist belegt. Es gibt Hinweise darauf, dass kognitive Remediation auch bei anderen psychischen Erkrankungen die berufliche (Re-)Integration unterstützt. Sie bietet daher einen vielversprechenden Ansatz für ein störungsübergreifendes Behandlungskonzept zur Verbesserung der beruflichen (Re-)Integration. — Es besteht gute Evidenz dafür, dass der Effekt von Maßnahmen zur beruflichen (Re-)Integration psychisch kranker Menschen sich durch Kombination mehr als additiv verstärkt. Die Zusammenführung der unterschiedlichen Maßnahmen in einem sinnvoll über die Sektorengrenzen aufeinander abgestimmten Gesamtplan erscheint daher vielversprechender als die Durchführung unkoordinierter Einzelinterventionen. Literatur www.springermedizin.de/neurotransmitter AUTOREN Prof. Dr. med. Matthias Weisbrod Arbeitsgruppe Neurokognition psychischer Erkrankungen, Abteilung für Allgemeine Psychiatrie,Universitätsklinikum Heidelberg und Kompetenzzentrum zur Prävention psychischer und psychosomatischer Störungen in der Arbeits- und Ausbildungswelt, gefördert durch das MWK BW und Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie, SRH Klinikum, Karlsbad-Langensteinbach, Guttmannstr. 1, 76307 Karlsbad E-Mail: [email protected] Gustav Wirtz SRH RPK Karlsbad-Langensteinbach E-Mail: [email protected] Reinald Faß Berufliches Trainingszentrum (BTZ) Berlin E-Mail: [email protected] Kai Vogeley Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsklinikum Köln E-Mail: [email protected] Frank Schäfer, Heiko Kilian Berufliches Trainingszentrum (BTZ) Rhein-Neckar E-Mail: [email protected] NeuroTransmitter 2015; 26 (10) 39 Fortbildung Literatur 1. Sachse, R., PS verstehen- Zum Umgang mit schwierigen Klienten. 2009, Bonn: Psychiatrie-Verlag. 2. 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Bei entsprechender ­Qualifikation können die neuropsychologischen GOP 30930 bis 30935 des EBM-Kapitels 30.11 abgerechnet werden. Aus den Berufsverbänden BVDN, BDN, BVDP waren maßgeblich und mit sehr großem fachlichem Engagement und zeitlichem Aufwand Dr. Christa Roth-Sackenheim und PD Dr. Paul Reuther daran beteiligt, dass der Gemein­same Bundesausschuss (G-BA) die Leistungspflicht der GKV schließlich feststellen konnte.gc Neuropsychologische Fälle – Teil 2 Kontinuierliche Verschlechterung durch jahrelange Überforderung Zur sozialen und beruflichen Wiedereingliederung für Patienten mit erworbenen Hirnleistungsstörungen ist die neuropsychologische Diagnostik und Therapie häufig entscheidend. Eine zu frühe und zu wenig ­abgesicherte berufliche Wiedereingliederung eines polytraumatisierten Verletzten mit schweren initialen neurologischen und neuropsychologischen Unfallfolgen birgt allerdings ein unkalkulierbares Risiko der Überforderung und des kognitiven Leistungsabbaus. CH R I S T IA N E B ER N E T, PL AT T L I N G Anamnese Der heute 42-jährige Herr W. verunglückte im September 2004 unverschuldet als Motorradfahrer, weil ihm ein betagter Autofahrer die Vorfahrt nahm. Der damals 31-jährige selbstständige Metzger wurde am Unfalltag in der Akutklinik erstversorgt. Er war intubiert und beatmet. Es zeigten sich als Folgen des schweren Schädelhirntraumas mit bifrontalen Hygromen und Axonschertrauma eine zentrale Halbseitenlähmung links sowie kognitive Einbußen und Verwirrtheit. Die offenen Unterarmfrakturen links und die ebenfalls offenen und stark luxierten Unterkieferfrakturen beidseits wurden verplattet. Im Bereich des linken Unterarms war in den Folgetagen eine Reoperation wegen einer persistierenden Fehlstellung der Ulna notwendig. Zusätzlich wurden eine Lungenkontusion und ein Bauchtrauma beschrieben sowie ein Querfortsatzabriss des ersten Brustwirbelkörpers und eine Orbitabodenfraktur rechts. Nach 15 Ta- 40 gen im Akutkrankenhaus wurde Herr W. noch rollstuhlpflichtig in die neurologische Frührehabilitation des nahe gelegenen Bezirkskrankenhauses verlegt. Er lernte dort ohne Hilfsmittel zu gehen. Der linke Arm konnte aber wegen der Gipsruhigstellung noch nicht wieder eingesetzt werden. Der Verwirrtheitszustand und die kognitiven Defizite bildeten sich laut Bericht des begleitenden Rehabilitationsdienstes zurück. Allerdings bestanden Hinweise auf mögliche frontale Leistungsdefizite, die noch testpsychologisch untersucht werden sollten. Krankheitsverlauf Kostenträger der Behandlungen ist die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers. Die im Anschluss an die stationäre Rehabilitation geplante tagesklinische Behandlung kam nicht zustande, da kleinere operative Eingriffe wie die Entfernung eines gebrochenen Weißheitszahnes und die Entfernung von Fadengranulomen am Tracheostoma die Aufnahme verhinderten. Herr W. selber sah sich als kognitiv wiederhergestellt und wollte weiteren Klinikaufenthalten möglichst entkommen. Er strebte mit Energie und starkem Willen in die Normalität zurück. Während der Rehabilitationsphase stand die Behandlung der verschiedenen Frakturen des Unterkiefers und des linken Armes im Vordergrund. Es kam nie zu einer neurologischen Rehabilitationsmaßnahme oder einer neuropsychologischen Untersuchung. Herr W. spürte nach eigenem Bekunden im Alltag keine kognitiven Einschränkungen. Der nach fünf Monaten im Februar 2005 begonnene Arbeitsversuch musste bereits nach 30 Minuten wieder abgebrochen werden, da die Leistungsfähigkeit des linken Armes nicht ausreichend war, um die körperlich anspruchsvolle Tätigkeit als Ausbeiner und Zerleger unter Akkordbedingungen zu verrichten. Herr W. musste in der Folgezeit lange für seine Umschulung kämpfen. Es folgten BeNeuroTransmitter 2015; 26 (10) ©© artqu / Fotolia.com Neuropsychologie Leistungsbestandteil der GKV Neuropsychologische Fälle – Teil 2 rufsfindungsmaßnahmen und eine zweieinhalbjährige, verkürzte Umschulung zum Elektroniker in einem Berufsausbildungswerk, die im Februar 2010 endete. Erst mit der intensiven konzentrativen Beanspruchung durch die komprimierte Umschulung, die auch das Absolvieren von zwei Berufsschuljahren parallel erforderte, kam es mehr und mehr zu Konzentrationsproblemen, einer Belastbarkeitsminderung nach zirka drei bis vier Stunden und ausgeprägter Müdigkeit bei großem Schlafbedürfnis. Rückblickend war Herr W. erstaunt, wie er die ganztägige Umschulung mit dem komprimierten Lernstoff überhaupt geschafft hat, aber die persönlichen Kosten waren hoch und gingen sehr zulasten seines Privat- und Familienlebens. Nach erfolgreichem Abschluss der Umschulung arbeitete er als Elektroniker vollschichtig in einem großen Krankenhaus. Weil es ihm zunehmend schlechter ging, erwirkte Herr W. auf eigene Kosten in ­einer neurologischen/neuropsychologischen Praxis in der nächsten Großstadt einen neuropsychologischen Befundbericht nach genauer testdiagnostischer Untersuchung. Dort zeigte sich „insgesamt ein beeinträchtigtes kognitives Leistungsprofil in den Bereichen Aufmerksamkeit und Konzentration sowie exekutiven Funktionen. Die Befundkonstellation entspricht in typischer Weise dem Zustand nach einem Schädel-HirnTrauma. Die erhobenen Befunde stehen mit den geklagten Beschwerden in völliger Übereinstimmung. Die reduzierten Auf- merksamkeitsleistungen führen zu einer Einschränkung der Konzentrationsfähigkeit und zu einer reduzierten kognitiven Belastbarkeit.“ Eine neuropsychologische Therapie wurde empfohlen. Im Februar 2012 stellte sich Herr W. siebeneinhalb Jahre nach dem Unfall in meiner neuropsychologischen Praxis vor. Neuropsychologische Therapie und weiterer Verlauf Im Erstkontakt berichtete Herr W. von einer ausgeprägten Belastbarkeitsminderung, die sich nach zirka drei bis vier Stunden konzentrierten Arbeitens einstelle. Er bemerke einen deutlichen Konzentrationsabfall, Schwierigkeiten bei komplexeren Problemlösesituationen und eine überwältigende Müdigkeit gekoppelt mit Druck vom Hinterkopf her aufsteigend. Tüftelige, technisch anspruchsvolle Wartungs- oder Einstellungsarbeiten müsse er nach Möglichkeit am Vormittag erledigen. Die zweite Tageshälfte arbeite er auf Sparflamme und hoffe, größeren Anforderungen aus dem Weg gehen zu können. Seinen Arbeitskollegen falle die Leistungsminderung ebenfalls auf. Schwierig seien vor allem ganztägige berufliche Schulungen durchzuhalten, er schreibe sich alles auf, da er nach wenigen Stunden nichts mehr aufnehmen könne. Der Rückweg mit dem Auto nach Feierabend sei der lähmenden Erschöpfung wegen riskant und er schlafe kurze Zeit später zu Hause ein. Seit der Umschulung 2010 mit vermehrten Lernund Konzentrationsanforderungen seien Fortbildung diese Beschwerden massiver aufgetreten und verschlimmerten sich zusehends. Herr W. „will kein Jammerer sein.“ Er ist aufgeschlossen, sachlich und sehr zuverlässig. Betrübt ist er darüber, dass ihm kaum wache Zeit für Ehefrau und die zweijährige Tochter bleibt. Er hat Angst vor weiterer Verschlechterung und Leistungsabbau. Hinweise auf eine Depression liegen nicht vor. Die eingeschränkte Aufmerksamkeitsteilung, die reduzierten Einfach-­ reaktionen („Wachheit“/Alertness) sowie die Schwierigkeiten beim Finden von komplexeren Problemlösungen entsprachen den Ausfallserscheinungen, die aufgrund einer bifrontalen Hirnverletzungen zu erwarten sind. Die vollschichtige Erwerbsfähigkeit war Anfang 2012 akut bedroht, da seit gut zwei Jahren eine Überforderungssituation bestand, die sich in kognitivem Leistungsabfall, Kopfdruck und Müdigkeit ausdrückte. Siebeneinhalb Jahre nach dem Schädigungsereignis und in einer anhaltenden Überforderungssituation war ein computergestütztes Funktionstraining aus meiner Sicht nicht indiziert. Der Therapieabschnitt der Restitution war zeitlich bereits vorbei. Die Therapieinhalte waren vielmehr kompensatorischer Natur: Verbesserung des Ressourcen- und Pausenmanagements, rechtzeitiges Vermeiden von Überforderungssituationen, Führen eines Symptomprotokolls, Erlernen von autogenem Training und Relativierung der Ansprüche an sich selbst. Herr W. zeigte sich als NeuroTransmitter 2015; 26 (10) ©© .shock / Fotolia.com Erst mit der intensiven konzentrativen Beanspruchung durch die komprimierte Umschulung und parallel zwei Berufsschuljahren, kam es zu Konzentrationsproblemen, einer Belastbarkeitsminderung nach zirka drei bis vier Stunden und ausgeprägter Müdigkeit. 41 Neuropsychologische Fälle – Teil 2 ein leistungsfreudiger Mensch, der sich stark über die Arbeit definierte und sie gerne tat. Es folgte im Mai 2012 eine erste sechswöchige neurologische Rehabilitationsmaßnahme, von der Herr W. sehr gut profitieren konnte. Mit Ärzten, Rehabilitationsdienst, Patient und Therapeuten wurde vor Ort eine Arbeitszeitverkürzung auf vier Stunden und das Einreichen ­einer Teilerwerbsminderungsrente besprochen. Außerdem eine jährliche Intervallrehabilitation und eine Fortsetzung der begonnenen neuropsychologischen Therapie. Die Umsetzung der Halbtagstätigkeit im Sommer 2012 bereitete Stress, weil damit ein anderer Arbeitsort und ein anderes Arbeitsgebiet verknüpft werden sollten. Herr W. musste erneut kämpfen und es ging ihm nach kurzer Zeit schlechter anstatt besser. Die Erschöpfungssymptomatik verschärfte sich wieder, auch weil der Kampf mit der Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers unvermindert weiterlief. Die Hoffnung, den fortschreitenden Leistungsabbau mit Entlastungsmaßnahmen stoppen zu können, bewahrheitete sich zum größten Leidwesen des Patienten und seiner Behandler nicht. Ende 2013 befand er sich erneut in stationärer Behandlung, erholte sich etwas und profitierte sehr vom Austausch mit anderen Betroffenen. Die Leistungsfähigkeit sank jedoch sukzessive weiter ab, der Schmerzmittelverbrauch stieg an. 2014 war die Belastbarkeit nun unter drei Stunden gesunken und es wurde an eine zeitlich befristete volle Erwerbsminderungsrente für zwei Jahre gedacht. Immer noch in der Hoffnung, dass es doch möglich sein müsse, eine Regenerierung des Leistungsvermögens ermöglichen zu können. Das Ergebnis dieses Rentenantrages war erstaunlich. Herr W. bekam bis zum Eintritt des regulären Rentenalters im Jahre 2040 die volle Erwerbsminderungsrente zugesprochen. Das war nicht beabsichtigt, da seine Behandler stationär und ambulant und auch er selbst die berufliche Perspektive im Alter von 41 Jahren noch nicht endgültig abgeschlossen sehen wollten. Der Unfall lag inzwischen zehn Jahre zurück. Herr W. war längere Zeit unschlüssig, ob er diese Entscheidung anfechten sollte. Aber er konnte weiterNeuroTransmitter 2015; 26 (10) hin auch ausgeruht keine längeren Strecken mit dem Auto fahren. Alle konzentrativ anspruchsvollen Tätigkeiten wie Schriftliches oder E ­ -Mail-Verkehr legte er in die frühen Morgenstunden. Nach einem einstündigen Gespräch, Familientreffen oder Imkerversammlungen war er, auch objektiv sichtbar, erschöpft. Mittags musste er sich eineinhalb Stunden hinlegen, auch wenn er vormittags „nur“ auf seine inzwischen fünfjährige Tochter aufgepasst hatte. Abends ging er gegen 20.00 Uhr ins Bett. Wenn er Freitagabends zwei Stunden bis 22.30 Uhr zum Motorradstammtisch ausging, hing er „den ganzen nächsten Tag durch“ und konnte nichts Produktives leisten. Unternehmungen mit der Familie oder Treffen mit Freunden mussten energietechnisch vorausgeplant und zeitlich begrenzt werden. Die Idee, vielleicht stundenweise in der Werkstatt eines Freundes auszuhelfen, musste er nach wenigen Wochen aufgeben. Fazit für die Praxis Was ist in der Rehabilitation von Herrn W. schiefgelaufen? Die Konzentration auf die körperlichen Unfallfolgen wie den Kieferbruch und die Einsatzfähigkeit des schwer beschädigten linken Armes zu Beginn ist nicht ungewöhnlich. In aller Regel drängen die Verletzten zunächst zu motorischer Selbstständigkeit – wollen laufen, Treppensteigen und sobald wie möglich aus dem Krankenhaus nach Hause. Frontalhirnverletzungen, vor allem rechtshemisphärische, erschweren den Betroffenen nicht selten eine realistische Selbsteinschätzung der eigenen Leistungsfähigkeit, vor allem, wenn diese im Alltag noch nicht verlangt wird. Es ist also davon auszugehen, dass Herr W. seine kognitiven Leistungsbeeinträchtigungen selbst erst innerhalb der intensiven Umschulungsmaßnahme von Mitte 2007 bis Anfang 2010 realisiert hat. Da er zuvor sehr um diese Maßnahme hatte kämpfen müssen, wollte er nicht scheitern. Nach einem schweren Schädel-Hirn-Trauma ist eine stationäre neurologische Rehabilitationsmaßnahme unerlässlich und sollte auch nicht der Einschätzung eines Verletzten überlassen werden. Sie ist die Voraussetzung für eine weitere berufliche Perspektive, gegründet auf das neuropsychologische Leistungsprofil sowie die sozial-medizini- Fortbildung sche Stellungnahme. Eine Motivation lässt sich bei den meisten Patienten einfach herstellen. Die Dauer einer derartigen Maßnahme ist abhängig von dem jeweiligen Leistungsstand des Verletzten. Berufsförderungswerke bieten standardmäßig ganztägige Umschulungen an und sollten nicht allein darüber entscheiden, ob der neurologische Patient dieser Beanspruchung gewachsen ist. Eine zu frühe und zu wenig abgesicherte berufliche Wiedereingliederung eines polytraumatisierten Verletzten mit schweren initialen neurologischen und neuropsychologischen Unfallfolgen birgt ein hohes Risiko der Überforderung und des kognitiven Leistungsabbaus. Da Herr W. zum Zeitpunkt des Unfalls noch 34 Jahre Berufstätigkeit vor sich hatte und der erste Arbeitsversuch bereits fünf Monate nach den schweren Verletzungen erfolgte, hätte er vermutlich trotz seines ausgeprägten Leistungswillens mehr Zeit und bremsende Umsicht für seine Rehabilitation benötigt. Allerdings gibt es auch keine Garantie, dass eine vorzeitige Berentung hätte vermieden werden können. Möglicherweise hätte er bei einer früher angesetzten Halbtagsbeschäftigung noch Jahre oder Jahrzehnte berufstätig sein können. Die Frage, wie ein minderbelastbarer Mensch eine ganztägige Umschulungsmaßnahme leisten soll, ist damit noch nicht gelöst. Der Kampf um die rechtlichen Ansprüche gegenüber der Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers ist auch am elften Jahrestag des Unfalls noch nicht abgeschlossen und kostet Herrn W. weiterhin unnötige Energie. Obwohl die berufliche Rehabilitation leider nicht dauerhaft erfolgreich war, ist er aber mit seiner persönlichen Situation ausgesöhnt und lebt auf einem höheren Zufriedenheitsniveau als vor drei Jahren. Literatur bei der Autorin AUTORIN Christiane Bernet Diplom-Psychologin Klinische Neuropsychologin GNP Praxis für Neuropsychologie und Psychotherapie Preysingplatz 13, 94447 Plattling E-Mail: [email protected] 43 Zertifizierte Fortbildung Expositionstherapie Virtuelle Welten für die psychiatrische Anwendung Die als virtuelle Realität (VR) bezeichneten Computertechnologien führen durch eine Immersion in drei­ dimensionale, computergenerierte Umgebungen über verschiedene Sinnesmodalitäten zu einem Präsenz­ erleben in diesen Welten. Seit Langem sind Einsatzmöglichkeiten für die Therapie von Angststörungen ­bekannt. Die Effektivität der VR-Expositionstherapie bei spezifischen Phobien ist wissenschaftlich belegt und wird in den aktuellen S3-Richtlinien empfohlen, falls die Therapie der Wahl, die Exposition in vivo, nicht eingesetzt werden kann. PH I L I PP A . S CH R O ED ER , A N D R E A S M Ü H L B ER G ER , CH R I S T IA N PL E W N IA , T Ü B I N G EN U N D R EG EN SB U R G ©© P. Schröder et al. In der virtuellen Realität kann auch die Wirkung von Interaktionen mit simulierten Büro­ kollegen getestet werden. 44 NeuroTransmitter 2015; 26 (10) Zertifizierte Fortbildung D er Grundgedanke der „Virtuellen Realität“ (VR) fasziniert seit den ersten Experimenten von Ivan Sutherland: Eine Illusion der Sinne durch technische Hilfsmittel soll alternative Welten darbieten und ein Eintauchen in computergenerierte Szenarien ermöglichen [1]. Das Potenzial dieser grundlegenden Form der Mensch-Computer-Interaktion wurde schnell von der Psychiatrie und der klinischen Psychologie erschlossen und kann klassische In-vivo-Therapiemaßnahmen sowie Imaginationsübungen ergänzen oder sogar ersetzen. Die In-vivo-Exposition beschreibt die tatsächliche und begleitete Konfrontation eines Patienten mit pathologisch verarbeiteten Situationen und Objekten, die zunächst erhöhte (Angst-)Reaktionen auslösen. Unterstützt durch begleitende Maßnahmen sinkt anschließend die Reagibilität und Patienten können einen funktionalen Umgang mit kritischen Stimuli erwerben. Unzugängliche Situationen, wie zum Beispiel hohe Gebäude oder Brücken, lassen sich mithilfe der Computersimulationen rekonstruiert betreten und ermöglichen weitere verhaltenstherapeutische Interventionen über natürliche Beschränkungen hinaus. Neue Verhaltensstrategien wie der Blick über ein Geländer lassen sich ohne Zeit- und sozialen Druck trainieren, aber auch jederzeit abändern. VR-Expositionsübungen lassen sich so im Büro des Therapeuten durchführen und Symptomverbesserungen wurden bereits vor 25 Jahren mit vergleichsweise primitiven Simulationen erzielt [2]. Der Einsatz von VR bei der Behandlung psychischer Störungen wird derzeit insbesondere bei Angsterkrankungen praktiziert. Eine sichere, graduierte und kontrollierte Exposition im extern validen Setting, Psychoedukation oder die Diagnostik kritischer Verhaltensmerkmale sind nur einige der möglichen Einsatzbereiche. Bisher waren Systeme zur Anwendung teuer und hatten vor allem ergonomische Schwächen: Die Testpersonen oder Patienten mussten schwere, kabelgebundene Displays tragen, sie wurden zusätzlich mit Bewegungs-Trackern verkabelt und sahen virtuelle Welten nur durch mäßig auflösende Displays mit einem eingeschränkten Sichtfeld. Durch die aktuellen Entwicklungstrends im Bereich der Unterhaltungsindustrie ist zu erwarten, dass auch Entwicklungen im Rahmen der psychiatrischen Forschung und Behandlung erleichtert werden. Technischer Überblick Üblicherweise wird die Immersion in eine computergenerierte Umgebung über das Tragen eines Head-Mounted Displays (HMD), Kopfhörer und verschiedene Tracking-Systeme erreicht, die Körperbewegungen in die VR übertragen. Andere Immersionsmöglichkeiten sind durch Projektionssysteme wie das „Cave Automatic Virtual Environment“ (CAVE) [3] oder NeuroTransmitter 2015; 26 (10) auch einer einzelnen Powerwall [4] möglich. Als Eingabe- und Interaktionsmöglichkeiten werden derzeit verschiedene Möglichkeiten analysiert: Neben klassischen Eingabegeräten wie Gamepads werden zunehmend natürliche Schnittstellen über Hand- und Augenbewegungen oder sogar über Gehbewegungen auf omnidirektionalen Bewegungsplattformen ermöglicht. Mit aktueller, leistungsstarker Grafik- und Rechentechnik ist eine detaillierte Darstellung von simulierten virtuellen Umgebungen möglich, die Rechenlast nimmt allerdings auch mit zunehmend komplexen Interaktionsschnittstellen drastisch zu. Eine aufwendige, realitätsgetreue (grafische) Darstellung kann die Immersion erhöhen und damit die Wahrscheinlichkeit steigern, sich in einer virtuellen Umgebung anwesend (präsent) zu fühlen. Ein hoher Detailgrad ist jedoch nicht unbedingt notwendig, damit eine VR-Intervention effektiv ist [5] oder ein Präsenzgefühl entwickelt wird; vielmehr bestehen bidirektionale Einflüsse zwischen Präsenz und emotionalen Reaktionen wie beispielsweise Angst [4]. Zukünftige Herausforderungen Fortschritte bei der Entwicklung von optischen Tracking-Systemen ermöglichen eine glaubwürdige Erfassung von Kopf, Körper und sogar Handbewegungen ohne die Bewegungsfreiheit einzuschränken. Aktuelle technische Herausforderungen bestehen weiterhin darin, eine bessere Auflösung der Displays und geringe Latenzen bei der Integration von Verhalten (insbesondere Kopfbewegungen) in die Simulation sicherzustellen, da diese als mitverantwortlich für die Simulation Sickness (Schwindel, Übelkeit, Orientierungslosigkeit nach oder während der Immersion) [6] vermutet werden. Die genaue Dokumentation dieser und weiterer möglicher Nebenwirkungen sowie Ausschlusskriterien (z. B. Epilepsie) in Abhängigkeit von den technischen Merkmalen der Systeme ist notwendig. VR-Expositionstherapie Zur erfolgreichen Bewältigung von Ängsten ist die unmittelbare Konfrontation oder Exposition erwiesenermaßen einer der erfolgversprechendsten Bausteine, worauf auch in der S3Leitlinie zur Behandlung von Angststörungen hingewiesen wird. In der 2014 aktualisierten Fassung der Leitlinie wird die VR-Expositionstherapie (VR-ET) als Mittel der Wahl empfohlen, sofern eine In-vivo-Exposition nicht möglich ist [7]. Typischerweise erfolgt die VR-ET mit einem Therapeutenkontakt auch während der Exposition. Die Vorteile der VR-ET bestehen in einer kostengünstigen, wiederholbaren und individuell anpassbaren Konfrontation von Patienten mit angstauslösenden Stimuli oder Situationen, die zudem vollständig kontrol- 45 Zertifizierte Fortbildung Expositionstherapie lierbar ist (siehe [8]). In-vivo schwer herstellbare oder zu gefährliche Situationen können in VR erzeugt werden. Damit lassen sich neue Verhaltensmuster risikofrei ausprobieren. Zudem können in diesen Situationen die Reaktionen der Patienten auf physiologischer sowie auf Verhaltensebene aufgezeichnet und analysiert werden. Obwohl Metaanalysen eine gute Effizienz der VR-ET bei Angststörungen belegen [9], wurde die Qualität der durchgeführten kontrollierten Studien bemängelt, die sich oft im Hinblick auf die benutzte Hardware, Software, Anwendung und Fragestellung unterscheiden [10]. Interventionen wie die Konfrontation mit einer virtuellen Spinne bei phobischen Patienten wirken sich auf In-vivo-Vermeidungsverhalten aus und können in ihrer Effektivität sowie in Hinblick auf Erneuerung der Angst durch multiple (virtuelle) Kontextumgebungen gesteigert werden [11] (Abb. 1). Als klassisches Einsatzszenario wird die VR-ET bei spezifischen Phobien, aber auch bei posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS), angewendet. Reiz-, aber auch Umweltexpositionen können bei Suchtstörungen ebenfalls sinnvoll sein [12, 13]. Simulation sozialer Interaktion und Stress Ein interessantes Einsatzgebiet für VR bietet die Möglichkeit, Interaktionen mit anderen Personen zu simulieren. Hierdurch können zunächst auch grundlegende Aussagen über die Beschaffenheit sozialer Komponenten getroffen werden. Die korrekte Identifikation bestimmter sozialer Handlungen war beispielsweise abhängig vom Blickwinkel des Betrachters: Identische Umarmungen, die in VR simuliert und Probanden aus verschiedenen Blickwinkeln präsentiert wurden, konnten bei einem Blickwinkel aus der Vogelperspektive schneller identifiziert werden und Begrüßungen (Hände schütteln) wurden aus der Vogel- und Verfolgerperspektive genauer erkannt [14]. Mehrere Umgebungen Eine Umgebung 200 Änderungen [cm] ©© mod. nach Shiban, Pauli, Mühlberger/Elsevier [11] 250 150 100 50 0 Prä Post Abb. 1: Auswirkung einer Virtual Reality (VR)-Exposition in einer oder mehreren Kontextumgebungen auf In-vivo-Vermeidungsver­ halten bei der Konfrontation mit einer Spinne. Patienten können sich der Spinne nach einer VR-Sitzung weiter nähern als vor der Sitzung, nach der Konfrontation in verschiedenen Umgebungen ist der Effekt stärker ausgeprägt (mod. nach Shiban, Pauli, & Mühl­ berger [11], mit freundlicher Genehmigung von Elsevier). 46 Die Interaktion mit anderen (echten oder simulierten) Menschen kann einerseits selbst angstauslösend sein (soziale Phobie), spielt aber auch bei anderen Störungsbildern eine wichtige Rolle. Dysfunktionale Beziehungen und kognitive Schemata können bei Borderline-Patienten im Vordergrund stehen, wie gesteigerte Gefühle von Zurückweisung oder Ausschluss sowie eine veränderte neuronale Aktivität bei (simulierter) sozialer Aktivität bei diesen Patienten aufzeigten [15]. Psychotische Gedanken, Halluzinationen und Verfolgungswahn, aber auch die schizophrene Negativsymptomatik (z. B. abgeflachter Affekt, Anhedonie) sind inhaltlich an soziale Interaktionen gekoppelt. Dadurch bieten sich Interventionen in VR bei dieser Patientengruppe zur Psychoedukation, Exposition, und zum Erlernen von Bewältigungsmechanismen [16] an. Diagnostisch und auch therapeutisch In einem kürzlich durchgeführten Experiment wurden die negative Selbsteinschätzung sowie paranoide Gedanken subklinischer Probanden, die paranoide Gedanken im letzten Monat vor der Versuchsteilnahme erlebten, durch eine Verringerung der Körpergröße in einer sozialen VR-Situation, gesteigert [17]. Diese Veränderung der Symptomatik durch die Manipulation im virtuellen Setting unterstreicht das soziokognitive Verständnis von Paranoia, bietet aber auch mögliche Interventionsstrategien an. Die standardisierte Begegnung mit simulierten sozialen Partnern in VR kann damit sowohl diagnostisch, aber auch therapeutisch wertvoll sein. Virtuelle Agenten als Interaktionspartner Der Mensch als soziales Wesen ist in seiner Komplexität kaum virtuell abzubilden. Zudem kann eine genaue, jedoch in Details verfehlte Rekonstruktion starke Ablehnung auslösen, wenn leichte Unstimmigkeiten bei Mimik oder Gestik auftreten (kontrovers diskutiert als Uncanny Valley Hypothese) [18, 19, 20]. Weiterhin ergeben sich Schwierigkeiten bei der umfassenden Vorhersage möglicher Interaktionen, die eine schwer zu bewältigende Informationsflut darstellen. Eine mögliche Alternative für experimentell oder instruktiv eingesetzte Szenarien kann ein reduktionistischer Ansatz darstellen, indem die Interaktionsmöglichkeiten der virtuellen Agenten eingeschränkt sind und damit ein kurzes, aber identisches Interaktionsangebot für jeden individuellen Teilnehmer einer sozialen VR-Situation besteht. In einem beispielhaften Szenario (Abb. 2) antworten computergenerierte Bürokollegen auf verbale Anfragen der Teilnehmer standardisiert neutral oder abweisend – die Interaktion ist dementsprechend maximal standardisiert durch das Verhalten der virtuellen Kollegen. Um einen Bruch im Erleben zu vermeiden, werden mögliche Testaufgaben zur Messung kognitiver Leistung unmittelbar in der gleichen virtuellen Umgebung bearbeitet, in der sich auch die virtuellen Kollegen befinden. Die Umsetzung dieser Idee erfolgte im Rahmen eines vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie geförderten Projekts (Innovationsgutschein 2012-1146-VT-02) zwischen der VTplus und dem Universitätsklinikum Tübingen. Dazu wurden eine virtuelle Umgebung mit einem Großraumbüro und einem virtuellen Arbeitsplatz neu entworfen, in welNeuroTransmitter 2015; 26 (10) Zertifizierte Fortbildung a b Abb. 2: a + b: Virtuelles Großraumbüro und simulierte Bürokollegen. Das Szenario wird im Rahmen eines Kooperationsprojekts der VTplus GmbH mit der Universitätsklinik Tübingen zum Erleben simulierter Interaktionen eingesetzt. cher virtuelle, animierte Bürokollegen an ihren Arbeitsplätzen arbeiten und mit dem Probanden interagieren können. Ein Verantwortlicher hat dabei die Kontrolle über die Ereignisse im virtuellen Büro und kann mit der eingesetzten Therapieschnittstelle (CyberSession, VTplus, Würzburg) Aufgaben oder Interaktionen per Mausklick auslösen. Die Wirkung (Valence, Natürlichkeit) der Interaktionen der virtuellen Bürokollegen wurden vor dem Einsatz evaluiert [21]. ©© P. Schröder et al. Präsenz Im Labor ist den Testpersonen natürlich zunächst bewusst, dass sie eine simulierte Situation erleben. Unweigerlich stellt sich dabei die Frage, ob die Glaubwürdigkeit einer VR-Sitzung durch das Wissen darüber beeinträchtigt wird, nur eine künstliche simulierte Welt zu sehen. Tatsächlich scheinen emotional relevante (z. B. phobische) Reize im besonderen Maße dazu geeignet zu sein, Präsenzerleben und emotionale Reaktionen auszulösen, und dabei auch zumindest kurzfristig das Wissen über die Situation zu dominieren [22, 23]. Das Konstrukt Präsenz erfasst als subjektives Maß das Erleben und Eintauchen in der VR auf verschiedenen Dimensionen [24, 25]. Neurophysiologisch sind nicht nur Areale des visuellen Erlebens (ventromediale Bereiche), sondern insbesondere auch präfrontale Strukturen invers am intensiven (präsenten) Erleben virtueller Szenarien beteiligt [26, 27]. Durch den Einsatz nicht invasiver Stimulation des dorsolateralen Präfrontalkortex konnte eine kausale Richtung bestimmt werden und eine virtuelle Achterbahnfahrt löste durch Hemmung präfrontaler Aktivität erhöhte Reaktionen des autonomen Nervensystems aus [28]. Interessanterweise steht Präsenz auch indirekt in Verbindung mit dem emotionalen Erleben in der virtuellen SituatiNeuroTransmitter 2015; 26 (10) on: Zum Beispiel können angstbezogene Hinweisreize mit hohem Arousal und in realitätsnahen Umgebungen die Präsenz steigern [22, 29]. Auch bei der Regulation emotionalen Erlebens spielen präfrontale Strukturen eine Rolle [30]. Mittels nicht invasiver Hirnstimulation konnten wir kürzlich zeigen, dass Probanden mit extern gesteigerter Aktivität im Präfrontalkortex auf eine frustrierende Aufgabe gelassener reagieren als Kontrollprobanden, deren Hirnaktivität nicht beeinflusst wurde ([31], siehe auch [32]). Diese indirekten Zusammenhänge von Emotionsverarbeitung, kognitiver Kontrolle und Präsenz in der VR werden derzeit von verschiedenen Forschergruppen untersucht und bieten interessante Erklärungsansätze. Beispielsweise ist noch unklar, ob sich diese indirekten Zusammenhänge auch auf exekutive Funktionen und kognitive Leistung auswirken, die ebenfalls präfrontale Aktivitätsmuster produzieren. Aktuelle Trends Neben dem Nachweis der Wirksamkeit sind auch ökonomische Aspekte von Relevanz, um den Zugang zu VR-Technologien und damit verbundene therapeutische Maßnahmen umzusetzen. Durch die bislang hohen Anschaffungskosten für die benötigten VR-Komponenten, im Besonderen für Head-Mounted-Displays und Tracking-Systeme, war der Einsatz dieser Methode lange Zeit nur im Rahmen von Forschungsprojekten möglich. Virtuelle Realität ist aktuell eine der größten Innovationen in der Unterhaltungsindustrie. Verdeutlich wird dies unter anderem durch Investitionen von mehr als 2,3 Milliarden US-Dollar in das US-Startup-Unternehmen „Oculus-VR“, welches die Entwicklung von 3D-Videobrillen (Head-MountedDisplay/HMD) für den Gaming-Markt revolutioniert. Begründet wurden diese Investitionssummen unter anderem mit dem 47 Zertifizierte Fortbildung Expositionstherapie Anwendungspotenzial von virtueller Realität jenseits des Gaming-Markts. Durch diesen Trend ist auch die Entwicklung von preiswerteren, für den Einsatz in der Gesundheitsversorgung geeigneten VR-Lösungen zu erwarten. Weiterhin bietet VR durch die Integration externer Szenarien im Labor weitere (grundlagenwissenschaftliche) Anwendungsmöglichkeiten. Bemerkenswert sind die Trends zur kabellosen und mobilen Immersion, sowie auch die Koppelung von VR-Technologien mit bildgebenden Verfahren. Wichtig sind auch die Durchführung kontrollierter, klinischer Studien zu unterschiedlichen Störungen mit einer möglichst langen Follow-Up-Erhebung, um das Potenzial der Methode für die einzelnen psychischen Störungen belegen zu können. Mobile Anwendungen Der Erfolg von VR-Technologien in der breiten Anwendung hängt auch von der Flexibilität ab, mit der Systeme transportiert und angewendet werden können. Es zeichnet sich allgemein der Trend ab, kabellose und transportable Systeme einzusetzen. Die Umsetzung psychiatrisch relevanter VR-Szenarien für mobile Geräte könnte die Anwendungsschwelle herabsetzen; allerdings ist auch zunächst mit Einschränkungen bezüglich der Kontrollierbarkeit solcher Systeme zu rechnen. Bildgebung Die Kopplung virtueller Umgebungen mit bildgebenden Verfahren ermöglichen grundlagenwissenschaftliche Einblicke in Situationen, die sonst im Labor nicht herzustellen sind [33]. Funktionelle Bildgebungsstudien belegen die Praktikabilität einer Erweiterung in VR und ermöglichen beispielsweise die Erforschung neuronaler Signaturen während einer Angstkonditionierung und auch -auslöschung [34] oder Aktivitätsmuster während illusorischer Wahrnehmungsphänomene [35]. Einbeziehen weiterer Daten in die VR-Simulation Die durch das VR-System erfassten und für die Simulation verwendeten Daten des Tracking-Systems und der Eingabegeräte bieten objektive Verhaltensmaße. Großes Interesse wird weiterhin der Möglichkeit gewidmet, Blick- und Augenbewegungen im HMD zu verfolgen. Diese zusätzlichen Verhaltensparameter lassen sich außerdem für erweiterte Interaktionsmöglichkeiten verwenden. So ist es möglich, Interaktionen mit der virtuellen Welt basierend auf dem Blickpunkt auszulösen. Schließlich lassen sich durch die Verarbeitung peripher- oder zentralphysiologischer Daten klassische Neurofeedback-Paradigmen in virtuelle Szenen einbetten, wodurch die Selbstregulation (dysfunktionaler) neurobiologischer Aktivität trainiert werden kann. Vor allem die extern valide Effektivität von Neurofeedback, das typischerweise zur Behandlung von ADHD, Autismus, Substanzmissbrauch, PTBS und bei Lernstörungen eingesetzt wird [36], könnte von einer solchen Kopplung profitieren. Fazit für die Praxis Eine gute Wirksamkeit der VR-Expositionstherapie bei verschiede­ nen spezifischen Phobien ist erwiesen, bei anderen Angststörungen gibt es bereits zahlreiche positive Befunde. 48 Kommende Systeme müssen eine Auswahl relevanter Szenarien anbieten und eine gute Benutzerfreundlichkeit für Therapeuten und Patienten gewährleisten. Der technische Stand ermöglicht preis­ günstige Geräte, die Anwendungsfreundlichkeit kommerziell ver­ fügbarer Software wird aktuell erhöht. Weitere Anwendungsfelder werden derzeit evaluiert. Weitere Ein­ satzgebiete beispielsweise bei der Therapie von Abhängigkeitser­ krankungen oder Schizophrenie wurden bereits untersucht. Neue experimentelle Daten und technische Fortschritte können die Technik noch deutlich relevanter für die praktische Anwendung machen. Offene Fragen bezüglich der Wirkmechanismen auf individueller Ebene sowie die Entwicklung neuer Einsatzgebiete, etwa durch die Simulation sozialer Interaktion, sind derzeit Gegenstand der For­ schung. Danksagung Wir bedanken uns herzlich bei Mathias Müller für die wissenschaftliche und technische Beratung bei der Entstehung des Artikels. Die Autoren danken Fedor Schlegel für die Hilfe beim Erstellen der Abb. 1. Literatur www.springermedizin.de/neurotransmitter AUTOREN Dipl.-Psych. Philipp A. Schroeder Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Neurophysiologie & Interventionelle Neuropsychiatrie Calwerstr. 14, 72076 Tübingen Prof. Dr. rer. soc. Andreas Mühlberger Universität Regensburg Klinische Psychologie und Psychotherapie Universitätsstr. 31, 93053 Regensburg Prof. Dr. med. Christian Plewnia Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Neurophysiologie & Interventionelle Neuropsychiatrie Calwerstr. 14, 72076 Tübingen E-Mail: [email protected] Interessenkonflikt Die Autoren erklären, dass sie sich bei der Erstellung des Beitrages von keinen wirtschaftlichen Interessen leiten ließen. A. Schroeder und C. Plewnia erklären die Kooperation mit der Firma VTplus, Würzburg. Der Verlag erklärt, dass die inhaltliche Qualität des Beitrags von zwei unabhängigen Gutachtern geprüft wurde. Werbung in dieser Zeit­ schriftenausgabe hat keinen Bezug zur CME-Fortbildung. Der Verlag garantiert, dass die CME-Fortbildung sowie die CME-Fragen frei sind von werblichen Aussagen und keinerlei Produktempfehlungen enthal­ ten. Dies gilt insbesondere für Präparate, die zur Therapie des darge­ stellten Krankheitsbildes geeignet sind. NeuroTransmitter 2015; 26 (10) springermedizin.de/eAkademie CME-Fragebogen FIN: NT1510QC gültig bis 27.10.2015 • als e.Med-Abonnent an allen Kursen der e.Akademie, • als Abonnent einer Fachzeitschrift an den Kursen der abonnierten Zeitschrift oder • als Leser dieses Magazins – zeitlich begrenzt – unter Verwendung der FIN. Bitte beachten Sie: • Die Teilnahme ist nur online unter www.springermedizin.de/eAkademie möglich. • Ausführliche Erläuterungen unter www.springermedizin.de/info-eakademie Diese CME-Fortbildungseinheit ist von der Bayerischen Landesärztekammer mit zwei Punkten in der Kategorie I zur zertifizierten Fortbildung anerkannt. Virtuelle Welten für die psychiatrische Anwendung Wie wird die VR-ET (Virtuelle RealitätExpositionstherapie) typischerweise durchgeführt? ☐☐ Mit Therapeutenkontakt nur vor der Exposition. ☐☐ Mit einem Therapeutenkontakt auch während der Exposition. ☐☐ Therapeutenkontakt erfolgt nur zur Nachbesprechung der Erfahrungen während der Exposition. ☐☐ Ohne einen Therapeuten. ☐☐ Mit Therapeutenkontakt während der ersten Exposition, danach auch ohne diesen Kontakt. Wie hoch ist die Wirksamkeit der VR-ET (Virtuelle Realität-Expositionstherapie) bei Angststörungen? ☐☐ Die Wirksamkeit ist vergleichbar mit einer In-vivo-Exposition. ☐☐ Die Wirksamkeit ist höher als die einer In-vivo-Exposition. ☐☐ Es sind keine Vergleichsstudien bekannt. ☐☐ Die Effizienz einer VR-ET ist eher gering. ☐☐ Eine VR-ET sollte nur als letzte Option durchgeführt werden. Was ist keine mögliche Nebenwirkung einer VR-ET (Virtuelle Realität-Expositionstherapie)? ☐☐ Schwindel ☐☐ Orientierungslosigkeit ☐☐ Angsterleben ☐☐ Gesichtsfeldausfall ☐☐ Übelkeit NeuroTransmitter 2015; 26 (10) Bei welcher der folgenden Störungen ist die VR-ET (Virtuelle Realität-Expositionstherapie) besonders effektiv? ☐☐ Panikstörung mit Agoraphobie ☐☐ Spezifische Phobien ☐☐ Anorexia nervosa ☐☐ Ticstörungen ☐☐ Depression Was wird unter dem Begriff „Präsenz“ verstanden? ☐☐ Die technische Abdeckung der Sinne in einer virtuellen Welt. ☐☐ Das Zurückholen von Erinnerungen in die Gegenwart. ☐☐ Die Interaktion zwischen den Patienten und dem Therapeuten. ☐☐ Das Gefühl, in eine virtuelle Welt einzutauchen. ☐☐ Bei Erleben der virtuellen Welt kann die reale Umgebung noch wahrgenommen werden. Welche Funktion erfüllen TrackingSysteme? ☐☐ Sie stellen sicher, dass ein Präsenzgefühl entwickelt wird. ☐☐ Der grafische Detailgrad der virtuellen Realität wird erhöht. ☐☐ Natürliche Bewegungen werden erfasst und in die virtuelle Realität übertragen. ☐☐ Physiologische Reaktionen werden zur Auswertung aufgezeichnet. ☐☐ Sie schränken die Bewegungsfreiheit in der virtuellen Realität ein. Welche technischen Herausforderungen bestehen derzeit beim Einsatz der virtuellen Realität? ☐☐ Eine ausreichende Auflösung der Displays und geringe Latenzen müssen erreicht werden. ☐☐ Es gibt keine sinnvoll verwendbaren Einsatzszenarien. ☐☐ Vorhandene Systeme bieten dem Therapeuten kaum Kontrolle über die virtuelle Realität. ☐☐ Es gibt kaum virtuelle Realitätkomponenten für den breiten Einsatz. ☐☐ Vorhandene Systeme lassen sich nicht mit bildgebenden Verfahren kombinieren. Was gilt für soziale Interaktionen, die in der virtuellen Realität simuliert werden? ☐☐ Virtuelle Charaktere müssen immer von einer echten Person gesteuert werden. ☐☐ Je realistischer die virtuellen Personen aussehen, umso effektiver ist die Interaktion. ☐☐ Eine simulierte soziale Aktivität hat vermutlich keine weiteren Auswirkungen. ☐☐ Eine standardisierte Interaktion mit simulierten sozialen Partnern ist möglich. ☐☐ Es sind Begegnungen, aber keine Interaktion mit virtuellen Charakteren möglich. Lässt sich eine psychotische Symptomatik durch den Einsatz von virtueller Realität (VR) verändern? 49 DOI 10.1007/s15016-015-0695-z Teilnehmen und Punkte sammeln, können Sie springermedizin.de/eAkademie ☐☐ Eine psychotische Symptomatik lässt sich je nach Szenario steigern oder reduzieren. ☐☐ Das Training in der VR hat eine positive Wirkung auf psychotische Symptomatik. ☐☐ Psychotische Patienten können kein Präsenzempfinden entwickeln. ☐☐ Eine Exposition psychotischer Patienten in der VR ruft paranoide Gedanken hervor. ☐☐ Der Einsatz von VR hat keine Auswirkung auf psychotische Symptomatik. Welche Intervention ist bei Patienten mit einer spezifischen Phobie indiziert? ☐☐ Der Patient darf mit der Angst nicht konfrontiert werden; Entspannungs­ verfahren sind angemessen. ☐☐ Behandlung mit nicht invasiven Stimulationsverfahren, dazu Anxiolytika. ☐☐ Exposition in-vivo, wenn nicht durchführbar, virtuelle Realität-Exposition mit verhaltenstherapeutischer Begleitung. ☐☐ Zunächst eine virtuelle Realität-Exposition; in-vivo-Expositionen werden nur angewendet, wenn keine Besserung eintritt. ☐☐ Eine virtuelle Realität-Exposition in einem entspannenden Szenario zur Ablenkung. Bitte beachten Sie: Diese zertifizierte Fortbildung ist zwölf Monate auf springermedizin.de/eakademie verfügbar. Dort erfahren Sie auch den genauen Teilnahme­ schluss und erhalten bei technischen und inhalt­ lichen Fragen tutorielle Unterstützung. Pro Frage ist jeweils nur eine Antwortmöglichkeit (Richtig- oder Falschaussage) zutreffend. Sowohl die Fragen als auch die zugehörigen Antwort­ optionen werden im Online-Fragebogen in ­zufälliger Reihenfolge ausgespielt, weshalb die ­Nummerierung von Fragen und Antworten im gedruckten Fragebogen unterbleibt. Prüfen Sie beim Übertragen der Lösungen aus dem Heft daher bitte die richtige Zuordnung. Top bewertet in der e.Akademie Psychiatrie Hormone, Stoffwechsel, Nervensystem: Endokrinologische Ursachen akuter ZNS-Störungen aus: Neurotransmitter 7/2015 von: L. Schaaf Zertifiziert bis: 12.8.2016 Medienformat: e.CME, e.Tutorial ufmerksamkeit, Wahrnehmung, Gedächtnis, Exekutivfunktionen: A Therapieansätze bei kognitiven Störungen aus: Neurotransmitter 5/2015 von: I. Keller Zertifiziert bis: 12.5.2016 Medienformat: e.CME, e.Tutorial Diagnostik: Häufige Laborprobleme bei psychiatrischen Patienten aus: Neurotransmitter 3/2015 von: H. S. Füeßl Zertifiziert bis: 27.2.2014 Medienformat: e.CME, e.Tutorial Diese Fortbildungskurse finden Sie, indem Sie den Titel in die Suche auf www.springermedizin.de/eAkademie eingeben. Teilnahmemöglichkeit: Exklusiv im e.Med-Paket Mit e.Med können Sie diese und alle übrigen Fortbildungskurse der e.Akademie von Springer Medizin nutzen. In der e.Akademie werden neben dem ­Medienformat e.CME (Beitrags-PDF plus CME-­ Fragebogen) zahlreiche Kurse auch als e.Tutorial angeboten. Dieses Medienformat ist speziell für die Online-Fortbildung konzipiert und didaktisch optimiert. e.Tutorials stehen ausschließlich im e.Med-Paket zur Verfügung. Weitere Informationen zum e.Med-Paket und Gratis-Testangebot unter www.springermedizin.de/eMed 50 NeuroTransmitter 2015; 26 (10) Zertifizierte Fortbildung Literatur 1. Sutherland IE (1968) A head-mounted three dimensional display. Proc December 9-11, 1968, fall Jt Comput Conf part I - AFIPS ’68 (Fall, part I) 757. 2. 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Bandelow B, Wiltink J, Alpers GW, Benecke C, Deckert J, Eckhardt-Henn A, Ehrig C, Engel E, Falkai P, Geiser F, Gerlach a. L, Harfst T, Hau S, Joraschky P, Kellner M, Köllner V, Kopp I, Langs G, Lichte T, Liebeck H, Matzat J, Reitt M, Rüddel HP, Rudolf S, Schick G, Schweiger U, Simon R, Springer A, Staats H, Ströhle A, Ströhm W, Waldherr B, Watzke B, Wedekind D, Zottl C, Zwanzger P, Beutel ME (2014) S3-Leitlinie Behandlung von Angststörungen Kurzversion. 8. Mühlberger A, Pauli P (2011) Virtuelle Realität in der Psychotherapie. PiD - Psychother im Dialog 12:143–147. 9. Opriş D, Pintea S, García-Palacios A, Botella C, Szamosközi Ş, David D (2012) Virtual reality exposure therapy in anxiety disorders: a quantitative meta-analysis. Depress Anxiety 29:85–93. 10. McCann RA, Armstrong CM, Skopp NA, Edwards-Stewart A, Smolenski DJ, June JD, Metzger-Abamukong M, Reger GM (2014) Virtual reality exposure therapy for the treatment of anxiety disorders: an evaluation of research quality. 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NeuroTransmitter 2015; 26 (10) Kurz & Knapp Parkinson-Therapie Der MAOB-Hemmer Rasagilin ist unter dem Warennamen RasagiHEXAL® ab sofort auch von Hexal erhältlich. Neben den gängigen Packungsgrößen mit 30 und 100 Stück ist RasagiHEXAL® für eine leichtere Erfolgskontrolle auch in der 2-Monatspackung mit 60 Stück erhältlich. Darüber hinaus werden umfangreiche Services therapieunterstützend für Ärzte und deren Patienten angeboten. Nach Informationen von Hexal Tablettenüberzug erleichtert das Schlucken In Deutschland hat etwa jeder Dritte ­Probleme Tabletten oder Kapseln zu schlucken. Neben Kindern und älteren Menschen, die häufig unter Mundtrockenheit leiden, sind es vor allem auch neurologische Patienten, die etwa nach Schlaganfall oder durch Demenzerkrankung unter Schluckbeschwerden leiden. Die Schluckhilfe Medcoat® überzieht ­Tabletten und Kapseln jeder Größe mit einem glatten und speichelanregenden Überzug und erleichtert somit das Schlucken. Die Schluckhilfe überdeckt zudem den oftmals bitteren Geschmack der ­Tabletten mit einem angenehmen ­Zitronengeschmack. Interessierte finden eine Video-Gebrauchsanleitung unter www.medcoat-schluckhilfe.de. Nach Informationen von Hennig Arzneimittel Praxisleitfaden Demenz Nach den Indikationen Schmerz und ­Depression steht nun der dritte Band der Praxisleitfaden-Ratgeberreihe der neuraxFoundation zum Thema Demenz zur Verfügung. Er bietet mit einfach aufbereiteten und schnell auffindbaren Inhalten einen Überblick über die Leistungsansprüche, die Demenzpatienten und ihre Angehörigen gegenüber der gesetzlichen Krankenkasse, der Pflegekasse und anderen Sozialleistungsträgern haben. Interessierte Fachkreise können den Praxisleitfaden per E-Mail bestellen: [email protected]. Für eine persönliche Beratung ist das neuraxWikiphone Dienstags und Donnerstags von 14.00 bis 17.00 Uhr unter der Nummer 0800 40 22 333 erreichbar. Nach Informationen der neuraxFoundation 52 Pharmaforum Ein neuer Mitspieler im NOAK-Orchester Die neuen direkten oralen Antikoagulantien (NOAK) haben die Antikoagulation bei Patienten mit nichtvalvulärem Vorhofflimmern oder tiefen Venenthrombosen/ Lungenembolien nicht nur einfacher, sondern auch sicherer gemacht. Mit dem Faktor-Xa-Inhibitor Edoxaban (Lixiana®) steht jetzt ein neues NOAK zur Verfügung, welches im Vergleich mit einem Vitamin-KAntagonisten bei vergleichbarer Wirksamkeit mehr Sicherheit im Hinblick auf intrazerebrale und schwere Blutungen verspricht. „Dies konnte die Substanz im Rahmen der ENGAGE-TIMI-48-Studie bei Patienten mit nichtvalvulärem Vorhofflimmern unter Beweis stellen“, sagte Professor An­ dreas Goette, Chefarzt der Kardiologischen Abteilung im St. Vincenz-Krankenhaus in Paderborn. Die jährliche Rate an Schlaganfällen und peripheren Embolien lag unter 60 mg Edoxaban einmal täglich bei 1,18 %, unter Warfarin bei 1,50 %. Doch die Rate schwerer Blutungen war unter Edoxaban um 20 % niedriger (2,75 % vs. 3,43 % pro Jahr). Bei Patienten mit einer GFR 30 – 50 ml/min oder einem Körpergewicht ≤ 60 kg oder bei einer Komedikation mit einem starken P-Glykoprotein-Inhibitor wurde Edoxaban in einer niedrigeren Dosis, nämlich 30 mg, gegeben. „Das relative Risiko für schwere Blutungen war in dieser Patientengruppe sogar größer als in der Gruppe ohne Dosisreduktion, und dies bei gleich guter Wirksamkeit“, so Goette. Ähnlich sind die Ergebnisse der HokusaiVTE-Studie bei Patienten mit tiefer Venenthrombose oder Lungenembolie, wobei die Patienten flexibel für drei bis zwölf Monate entweder mit Warfarin oder 60 mg Edoxaban behandelt wurden. Bei der Verhinderung eines symptomatischen Rezidivs erwies sich Edoxaban dem Warfarin nicht unterlegen, aber das Risiko relevanter Blutungen war signifikant um 19 % niedriger. „Bei Patienten mit Lungenembolie und rechtsventrikulärer Dysfunktion war die Rezidivrate unter Edoxaban aber um fast 50 % niedriger“, so PD Ingo Ahrens, von der Kardiologischen Universitätsklinik Freiburg i.Br. – Bad Krozingen. Dr. Peter Stiefelhagen Pressekonferenz „Zulassung für Lixiana® – ­Neues orales Antikoagulanz von Daiichi ­Sankyo“, München, 21.7.2015; Veranstalter: Daiichi Sankyo Individualisierte Arzneimitteltherapie Die individuelle genetische Ausstattung ist entscheidend für die Wirksamkeit und Sicherheit eines Medikaments. Pharmakogenetische Biomarker bieten die Mög­ lichkeit für mehr Therapiesicherheit bei Vermeidung von Risiken durch Nebenwirkungen. „Ob der einzelne Patient auf ein bestimmtes Medikament so anspricht, wie dies in Studien bei einem großen Patientenkollektiv dokumentiert wurde, und ob bei ihm Nebenwirkungen auftreten, das wird wesentlich von seiner genetischen Ausstattung bestimmt“, sagte Professor Theo Dingermann, Goethe-Universität in Frankfurt a. M. Sowohl ererbte als auch erworbene Varia­ tionen, die bei der Gabe eines Medikaments von Bedeutung sind, könnten heute mittels genetischer Biomarker erkannt werden. Antidepressiva werden über Cytochromenzyme metabolisiert, deren Aktivität individuell sehr unterschiedlich ist. Die daraus resultierende individuell variierende Pharmakokinetik erklärt, warum eine Substanz bei einem Patienten gar nicht, eine andere dagegen sehr gut wirkt. „Ursächlich dürfte ein gestörter Metabolismus über das Cytochromsystem eine wichtige Rolle spielen, wobei auch Interaktionen mit anderen Medikamenten hineinspielen“, so Professor Peter Grützmacher, Chefarzt der nephrologischen Abteilung am Agaplesion Markus Krankenhaus in Frankfurt a. M. Mit dem jetzt verfügbaren DNA-Test von STADA Diagnostik kann der Metabolisierungstyp vor Therapiebeginn erfasst werden, was die Auswahl und Durchführung einer Therapie mit Antidepressiva wesentlich vereinfacht und sicherer macht. Dr. Peter Stiefelhagen „Stellenwert, Möglichkeiten und Herausforderungen der stratifizierten ­Therapie in der ärzt­ lichen Praxis“, DGIM-Kongress, Wiesbaden, 19.4.2015. Veranstalter: STADA Arzneimittel NeuroTransmitter 2015; 26 (10) Pharmaforum MS – bestmögliche Krankheitskontrolle als Therapieziel Die Ziele in der Therapie der Multiplen Sklerose (MS) haben sich im Laufe der Zeit gewandelt. War man bis vor wenigen Jahren noch froh, eine Reduktion der Schub­ rate und der Behinderungsprogression zu erreichen, steht heutzutage eine Stabilisierung der Erkrankung im Fokus. Zwar sei es noch ein weiter Weg bis zur Verbesserung der Behinderung oder gar einer Heilung, sagte Professor Heinz Wiendl vom Universitätsklinikum Münster, aber „wir werden extrem viel anspruchsvoller was wir von einer Therapie erwarten“. Ziel sei heute eine bestmögliche Krankheitskontrolle, mit anderen Worten: Freiheit von Krankheitsaktivität, auch bezeichnet als NEDA (No Evidence of Disease Activity). Darunter verstand man bislang (NEDA-3): keine feststellbare Krankheitsaktivität bezüglich Schüben, anhaltender Behinderungsprogression und MRT-Aktivität (neue/ vergrößerte T2-Läsionen, Gd+-Läsionen). NEDA-3 erfasst damit hauptsächlich inflammatorische und fokale Krankheitsaktivität, nicht erfasst werden diffuse Prozesse wie die Hirnatrophie. Diese spielt aber eine nicht unerhebliche Rolle für den Erkrankungsverlauf, insbesondere die kognitive Performance, sagte Wiendl mit Verweis auf eine wegweisende Arbeit von Sormani et al. [Ann Neurol 2014; 75 (1): 43 – 9]. Diese hatte gezeigt, dass die kombinierte Berücksichtigung von Läsionen und Hirnatrophie die Behinderungsprogression besser vorhersagen kann als einer der beiden Parameter allein. Es mache also Sinn, die Hirnatrophie …versus Placebo bei vorbehandelten Patienten mit hoher Krankheitsaktivität* 2) OR = 1,93 p < 0,0001 25 20 15 16,7 10 5 0 IFNβ-1a i.m. (n = 383) OR = 6,35 p < 0,0001 25 27,9 Fingolimod 0,5 mg (n = 387) Anteil an Patienten, die NEDA-4Status erreichen (%) 30 Anteil an Patienten, die NEDA-4Status erreichen (%) Nach Postern Montalban P4.001, De Stefano P3.246, AAN 2015 …versus IFNβ-1a i.m.1) 20 20,5 15 10 5 3,9 0 Placebo (n = 229) Fingolimod 0,5mg (n = 218) *Definiert als 1) einer gleichen oder höheren Anzahl an Schüben im Jahr vor der Studie oder 2) ≥1 Schub im Jahr vor der Studie und ≥1 Gd+-Läsionen oder ≥9 T2-Läsionen bei Baseline Abb. 1: Potenzial von Fingolimod, NEDA-4 zu erreichen. in das NEDA-Konzept aufzunehmen (NEDA4). Als pathologisch wird einer neueren Arbeit zufolge ein Volumenverlust von mehr als 0,4 % pro Jahr angesehen [De Stefano N et al. J Neurol Neurosurg Psychiatry 2015; online first; doi:10.1136/jnnp-2014-30903]. Das Potenzial von Fingolimod (Gilenya®) für NEDA-4 verdeutliche Professor Ralf Linker vom Universitätsklinikum Erlangen anhand der Post-hoc-Analyse der Studien TRANSFORMS sowie FREDOMS und FREEDOMS II, die auf dem diesjährigen AAN-Kongress in Washington vorgestellt worden waren [Montalban X et al. P4.001; De Stefano N et al. P3.246; AAN 2015]. Demnach hatten Patienten unter 0,5 mg/d Fingolimod nach zwei Jahren im Vergleich zu Placebo eine mehr als sechsmal höhere Wahrscheinlichkeit NEDA 4 zu erreichen (Odds Ratio: 6,35, 95 %-KI: 3,02 – 13,35; p < 0,0001). Im Vergleich zu Interferon-beta 1a i. m. war die Wahrscheinlichkeit nach einem Jahr fast zweimal so hoch (Odds Ratio: 1,93; p < 0,0001). Eine aktuelle Auswertung einer großen Kohorte von Patienten aus den genannten Studien zeigt zudem, dass Fingolimod nicht nur die Hirnatrophie reduzierte, sondern sich auch positiv auf die Kognition auswirkte. Denn über einen Zeitraum von zwei Jahren konnte Fingolimod die kognitive Leistungsfähigkeit, ermittelt anhand des PASAT (Paced Auditory Serial Addition Test), signifikant günstig beeinflussen [Sormani MP et al. AAN P7.284]. Dr. Gunter Freese Pressegespräch „MS-Therapie 4U – Status quo und Ausblick nach 4 Jahren Gilenya®“ Berlin, 22.6.2015; Veranstalter: Novartis Pharma Parkinson-Begleittherapie kontrolliert motorische Symptome Mit Safinamid (Xadago®) steht ein neuer Therapieansatz zur Verfügung, der direkt auf motorische Komplikationen bei Patienten mit Morbus Parkinson zielt. Das alphaAminoamid steigert die dopaminerge Verfügbarkeit im synaptischen Spalt, indem es selektiv und reversibel die Monoaminooxidase (MAO-B) hemmt; zusätzlich reguliert es die pathologisch gesteigerte Glutamatfreisetzung durch aktivitätsabhängige Blockade der Natrium- und Kalziumkanäle. NeuroTransmitter 2015; 26 (10) Damit verbessert sich die Beweglichkeit der Patienten signifikant, wie die zulassungsrelevanten Studien 016 [Borgohain R et al., Mov Disord 2014; 29: 229 – 37], 018 [Borgohain R et al., Mov Disord 2014; 29: 1273 – 80] und SETTLE [Schapira AH et al., Poster N. 424, 17th International Congress of Parkinson’s Disease and Movement Disorders, Sydney, 2013] an über 1.200 Patienten gezeigt haben. In Studie 016 verlängerte Safinamid (50 und 100 mg) bei stabil auf Levodopa einge- stellten Patienten die tägliche On-Zeit von 9,5 Stunden zur Baseline auf 11,0 Stunden in Woche 24. Die Off-Zeit verkürzte sich von 5,2 Stunden auf 3,8 Stunden. Die Unterschiede in den On-/Off-Zeiten waren im Vergleich zu Placebo in beiden Dosierungen ab der vierten Woche signifikant. In Studie 018, der Verlängerung der Studie 016, blieb der Effekt der Therapie mit Safinamid als Zusatztherapie über insgesamt zwei Jahre erhalten. „Ein Vorteil, der bisher nicht ge- 53 Pharmaforum zeigt werden konnte“, sagte Professor Heinz Reichmann, Universitätsklinikum Dresden. In der 24-wöchigen Studie SETTLE (Safinamide Treatment as add-on to Levodopa in idiopathic Parkinson’s Disease with motor fluctuations) verlängerte Safinamid bei stabil auf L-Dopa eingestellten Patienten die On-Zeit von 9,3 auf 10,7 Stunden (Placebo von 9,1 auf 9,6 Stunden). Die gegenüber Placebo signifikante Zunahme zeigte sich bereits ab der zweiten Woche und blieb während der gesamten Studie erhalten. Darüber hinaus verbesserte die Add-onTherapie die tägliche Off-Zeit, die Motorik und die Lebensqualität der Patienten. Safinamid ist seit Mai 2015 zugelassen als Begleittherapie zu Levodopa oder Dopaminagonisten bei Parkinson-Patienten im mittleren bis späten Stadium mit Fluktua­ tionen. Das Medikament wird einmal täglich oral eingenommen. Michael Koczorek Media Tutorial „Living with Parkinson’s Disease: keep your time for widening the perspective“, 1. EAN-Kongress, Berlin, 22.6.2015; Veranstalter: Zambon Philipp Grätzel Stressbedingte Symptome wirksam behandeln. Adaptogene Effekte eines pflanzlichen Arznei­ mittels, Berlin, 6.5.2015 Veranstalter: Schaper & Brümmer ADHS bei Kindern: Verhaltenstherapie plus Pharmakotherapie – und was noch? Bei der Behandlung der ADHS ist eine multimodale Therapie gefordert. Unbestritten sind dabei die Effektstärken medikamentöser Therapien. Sie hängen jedoch von der Adhärenz ab, so Professor Michael Huss, Mainz. Die wird unter anderem beeinflusst von unzureichender oder unerwünschter Wirkung, Angst vor Stigmatisierung, Komorbiditäten und jugendlichem Oppositionsverhalten. Bei „immediate release-Präparaten“, die auch während der Unterrichtszeit genommen werden müssen, ist die Angst vor Stigmatisierung größer und die Adhärenz folglich geringer als bei 54 „extended-release-Präparaten“. So erzielten laut einer Metaanalyse [Gajria K et al. Neuropsychiatr Dis Treat 2014; 10: 1543 – 69] retardierte Stimulanzien die höchsten Adhärenzwerte. Als weiterer Bestandteil eines multimodalen Ansatzes ist die Verhaltenstherapie etabliert. Doch welche alternativen Therapien zeigen noch überzeugende Effekte? Professor Martin Holtmann, LWL-Universitätsklinik Hamm der Ruhr Universität Bochum, berichtete über aktuelle Studien und Metaanalysen zur nicht medikamentösen Therapie. Das kognitive Training zeigt nach einer Me- taanalyse [Cortese S et al. J Am Acad Child Adolesc Psychiatry 2015; 54: 164–74] zwar positive Effekte auf die Exekutivfunktionen und das Arbeitsgedächtnis, nicht aber auf die ADHS-Kernsymptome und die Schulleistungen. Auch beim Neurofeedback konnte in einer Metaanalyse kein Effekt auf die ADHS-Kernsymptomatik festgestellt werden [Holtmann M et al. Child Adolesc Psychiatr Clin N Am 2014; 23: 789–806]. Eine Verbesserung in der Aufmerksamkeit war abhängig von der Anzahl der Sitzungen. Die Ansprechrate generell scheint abhängig zu sein von der Alpha-Tätigkeit im EEG-Profil NeuroTransmitter 2015; 26 (10) Fo to lia .co m Gesamteinschätzung. „Bei diesen und einigen weiteren Messinstrumenten waren die Verbesserungen schon ab dem siebten Behandlungstag statistisch signifikant“, so Kasper. Für den Einsatz im Alltag empfahl er die phytotherapeutische Behandlung vor allem in frühen Stadien der Belastung. Diese Phasen sind gekennzeichnet durch ein Überforderungsgefühl und durch körperliche Symptome, die den manifesten Burnout ankündigen können. er / wächse (Crassulaceae). der in arktischen und subarktischen Hochgebirgslagen vorkommt. Der Rosenwurz-Spezialextrakt WS® 1375 (Vitango®) wird aus dem Wurzelstock der Pflanze gewonnen. Hauptinhaltsstoffe sind Rosavine, die als pflanzliche Adaptogene wirken: Sie unterstützen den Organismus bei der Anpassung an interne und externe Stressfaktoren, indem sie Körperfunktionen normalisieren und die Widerstandsfähigkeit gegen Stress erhöhen. In einer klinischen Studie konnte Vitango® in einer Dosierung von 2 x täglich 200 mg (morgens und mittags) Burnout-Symptome bei insgesamt 112 Patienten effektiv lindern (Kasper S et al; DGPPN 2014; Poster P-31). In der auf zwölf Wochen angelegten, offenen, einarmigen Multicenterstudie kam es zu klinisch relevanten Verbesserung fast aller Zielparameter, darunter numerische Analogskalen für subjektive Stresssymptome, Burnout-Screening Skala II sowie klinische em Daten der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK) zeigen einen erneuten Anstieg psychisch bedingter Fehltage im Jahr 2014 um 11,5 %. Ein erheblicher Teil davon dürfte auf stressbedingte Störungen zurückgehen, sagte PD Dr. Volker Busch von der Abteilung Psychosoziale Schmerz- und Stressforschung an der Universität Regensburg. Zu den Risikogruppen gehören Menschen in belastenden Berufen, aber auch Angehörige der „Sandwich-Generation“, die sowohl Kinder als auch pflegebedürftige Eltern zu versorgen haben. Pflanzliche Arzneimittel sind eine Möglichkeit, Stress zu lindern und die Stressresistenz zu erhöhen. Professor Siegfried Kasper von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Medizinischen Universität Wien berichtete über aktuelle Studienergebnisse zum Einsatz eines Rosenwurzextrakts. Der Rosenwurz (Rhodiola rosea) ist eine Pflanzenart der Familie der Dickblattge- ©© Phytotherapie für die Sandwich-Generation Pharmaforum vor Trainingsbeginn. Neurofeedback wirkt über die Aktivierung des Belohnungssystems, und dieses ist bei Kindern mit ADHS unteraktiv, erklärte Holtmann. Eine weitere Metaanalyse [Sonuga-Barke EJ et al. Am J Psychiatry 2013; 170: 275–89] prüfte die Effektstärken von unterschiedlichsten Ansätzen wie Ernährungsumstellung/Diät/Nahrungsergänzungsmittel, Homöopathie, Chiropraktik, Ergotherapie, Akupunktur, Motopädie und Elterntraining. Wenn überhaupt, so war hier nur ein geringer Effekt auf einzelne Symptome zu verzeichnen, in der Regel jedoch nicht auf die Kernsymptomatik. Einen geringen Effekt auf die ADHS-Symptomatik durch Supplementation mit freien Fettsäuren räumte Holtmann ein, kommentierte jedoch: „Bevor die Diätassistentin zum Einsatz kommt, wäre es sinnvoller, für regelmäßige gemeinsame Mahlzeiten zu sorgen. Viele Familien haben keinen Esstisch mehr!“ Beide Experten stimmten überein, dass es keine „one size fits all“-Therapie geben kann. Die Herausforderung besteht darin herauszufinden, welche Kinder und welche individuellen Zielsymptome angesprochen werden müssen. Testverfahren sollten verstärkt nicht nur zur Diagnosestellung eingesetzt werden, sondern auch um Hinweise auf Stärken und Schwächen der Kinder zu erhalten und dann entsprechend angepasste Therapie einzusetzen. Für die Pharmakotherapie im Rahmen einer multimodalen Behandlung bietet das von Medice angebotene Bausteinsystem verschiedener Dosierungen von Methylphenidat (Medikinet® und Medikinet® retard) sowie Dexamfetamin (Attentin®) vielfältige Möglichkeiten zur individuellen FeineinstelDr. Carin Szostecki lung. Lunchsymposium „Optimierte Therapiemodule“, im Rahmen des DGKJP-Kongresses 2015, München, 5.3.2015; Veranstalter: Medice MS-Therapie: Vielversprechende 5-Jahres-Daten Der monoklonale Anti-CD52-Antikörper Alemtuzumab (Lemtrada®) hat sich in Zulassungsstudien als signifikant überlegen gegenüber hochdosiertem Interferon(IFN)beta 1a erwiesen. Professor Jörg Berrou­ schot, Klinik für Neurologie und Neurologische Intensivtherapie, Klinikum Altenburger Land, stellte nun Langzeitdaten der Studien vor, die den anhaltenden Effekt der Substanz auf Schübe und Behinderung zeigen. Alemtuzumab sollte bereits früh bei aktiver MS eingesetzt werden, die Zeit der langsamen Eskalation sei vorbei, so Berrouschot. In der Verlängerung der Phase-II-Studie CAMMS223 waren nach fünf Jahren 68 % der Patienten schub- und 84 % progressionsfrei (vs. 41 % und 62 % unter IFN) (Abb. 1). 53 % verbesserten sich in der Expanded Disease Status Scale (EDSS) im Vergleich zum Ausgangswert (vs. 26 %) [Coles AJ et al., Neurology 2012; 78: 1069 – 78]. Die 4-Jahres-Daten der Zulassungsstudien CARE-MS I und II zeigten eine Reduktion der jährlichen Schubrate um 55 % und 49 % [Coles AJ et al., Poster ECTRIMS 2014, Boston, P090; Hartung HP et al., Poster ECTRIMS 2014, Boston, P043]. Nach vier Jahren lag die Rate bei 0,14 und 0,23 Schüben pro Jahr. Der Behinderungsgrad blieb bei 74 % und 66 % stabil oder verbesserte sich ge- 100 IFNβ-1a s.c. 44 µg Alemtuzumab 12 mg 84,0 Anteil der Patienten (%) Mod. nach Coles AJ et al., Neurology 2012; 78: 1069 – 78 80 68,0 62,0 60 53,2 41,0 40 25,6 20 0 Verbesserung der EDSS über 5 Jahre Progressionsfrei über 5 Jahre Schubfrei über 5 Jahre Abb 1: Verlängerung der Studie CAMMS223: Nach fünf Jahren waren unter Alemtuzumab 68 % der Patienten schubfrei, 84 % progressionsfrei und 53 % verbesserten sich in der ­Expanded Disease Status Scale (EDSS) im Vergleich zum Ausgangswert. NeuroTransmitter 2015; 26 (10) genüber Baseline. Etwa 70 % der Patienten wiesen keine MRT-Aktivität mit Hinweis auf eine akute Entzündung auf, definiert als Gd-aufnehmende Läsionen oder neue oder sich vergrößernde T2-hyperintense Läsionen. Die Hirnatrophie war nach zwei Jahren gegenüber der Vergleichsgruppe um signifikante 42 % und 24 % geringer. Dabei nahm die mediane jährliche Hirnatrophierate mit der Zeit progressiv ab, so Berrouschot. Eine Langzeitbeobachtung zu Alemtuzumab von 87 MS-Patienten, die im Median sieben Jahre erfasst (36 bis 144 Monate), zeigte, dass 33 % eine dritte, 8 % eine vierte und 1 % eine fünfte Behandlungsphase mit dem Antikörper erhielten [Tuohy O et al., J Neurol Neurosurg Psychiatry 2015; 86: 208 – 15]. Dabei blieb die Schubrate über den gesamten Zeitraum niedrig (0,16) und die mittleren EDSS-Werte blieben im Mittel unter dem Ausgangswert. Als häufigste Nebenwirkungen traten in den Studien Infusionsreaktionen, Infektionen und Schilddrüsenerkrankungen auf, die jedoch mild bis moderat ausgeprägt waren und gut behandelbar sind. Seltener sind idiopathische thrombozytopenische Purpura (ITP, etwa 1 %) und Nephropathien (0,3 %), die durch Kontrolluntersuchungen bis 48 Monate nach der letzten Infusion in der Regel frühzeitig zu erkennen und behandelbar sind. Michael Koczorek Dinner Lecture „Lemtrada® – langfristige Ziele der modernen MS-Therapie“, 1. EAN-Kongress, Berlin, 22.6.2015; Veranstalter: Genzyme 55 Journal Ein Fall von Nekrophilie Jacques Chessex‘ Roman „Der Vampir von Ropraz“ Obgleich im deutschsprachigen Raum sieben Romane des Schweizer Schriftstellers Jacques Chessex in sehr guten Übersetzungen erhältlich sind, ist dieser Autor hierzulande so gut wie unbekannt. Dabei entgeht ein geradezu unheimlich schauriger Lesegenuss, wenn Chessex beispielsweise durch kurze und aussagestarke Sätze das Klima der Angst und des Wahnsinns, der verhockten Örtlichkeiten und der schweinefleischverzehrenden Menschen schildert. ©© Lucianus / Gesina Ottner / Fotolia.com J ürg Altwegg, Schweizer Korrespondent der FAZ, schreibt über den Tod von Jacques Chessex am 9. Oktober 2009: „Ein Arzt und Vater von zwei Kindern ergriff das Wort und warf Chessex vor, er habe ihm einen Brief geschrieben, den dieser nicht beantwortet habe.“ Darin ging es um die Verhaftung von Roman Polanski. Der Arzt sagt: „Jetzt stehe ich vor Ihnen, und Sie können sich mir nicht entziehen. Mit Ihren Worten sind Sie zum Komplizen eines Verbrechers geworden.“ In Yverdon geht es an diesem Abend aber nicht um Polanski, sondern um die Bühnenfassung von Jacques Chessex’ Roman über die Beichte eines sündigen Pfarrers. Beim Erscheinen vor mehr als dreißig Jahren gab es im kantonalen Parlament einen Vorstoß mit dem Ziel, ihm den Beruf als Lehrer zu verbieten. Altwegg berichtet: „Ruhig tritt der fünfundsiebzig Jahre alte Dichter seinem 56 Kritiker entgegen, bis auf zwei Meter. Er kann mit Worten ungemein schlagfertig umgehen. „Dieser Allgemeinpraktiker verallgemeinert zu sehr“, antwortet Chessex dem Publikum. Er hat Erfahrung mit dem Volkszorn. Sein Buch über einem in seinem Heimatdorf Payerne von Nazi-Sympathisanten ermordeten jüdischen Viehhändler hat ihm Todesdrohungen eingebracht. (…) „Ich verurteile jegliche Pädophilie“, versichert Chessex dem Publikum (…). Dann will der Schriftsteller das Thema wechseln: „Pour enchaîner (…).“ – es sind seine letzten Worte. Jacques Chessex bricht zusammen. Man ruft nach dem Arzt, doch der ist nach seiner Verbalattacke geflüchtet. Voller Ehrfurcht und Würde verlassen die Besucher die öffentliche Bibliothek. Chessex bleibt allein mit seiner langjährigen Lebensgefährtin, die einst seine Schülerin war. Der Notfalldienst kommt zu spät.“ Ein Tod wie der Molières im Jahre 1673. Wer war Jacques Chessex? Als der Westschweizer Schriftsteller Jacques Chessex am 9. Oktober 2009 in der Stadtbibliothek von Yverdon-les-Bains im Alter von 75 Jahren tot zusammen brach, verlor die Romandie einen ihrer bedeutendsten Schriftsteller der Gegenwart. Der Sohn eines Altphilologen hatte eine komplizierte, konfliktreiche Kindheit und Jugend, die im Suizid des Vaters 1956 ihren traumatischen Höhepunkt fand. Nach dem Studium der Literatur- und Kunstgeschichte war Chessex in Lausanne als Gymnasiallehrer tätig und machte sich zunächst mit Lyrik und später mit Prosa im gesamten französischen Sprachraum einen Namen. Internationale Anerkennung gelang dem Schriftsteller 1973 mit seinem Roman NeuroTransmitter 2015; 26 (10) Journal 56 Psychopathologie in Kunst & Literatur „Der Vampir von Ropraz“ von Jacques Chessex In Ropraz, auf dem kleinen Dorffriedhof, war das Grab, in dem Rosa Gilliéron nicht in Frieden ruhen durfte. Mit der Schändung ihrer Leiche nimmt die wahre Geschichte des Vampirs ihren Anfang. „L‘ogre“ (dt.: „Der Kinderfresser“, 2005), ein stark autobiografisch geprägtes Werk über eine Vater-Sohn-Beziehung, für das Chessex als erster Nicht-Franzose und als bisher einziger Schweizer den bedeutendsten Literaturpreis Frankreichs, den Prix Goncourt, erhielt. Die NZZ (vom 10. Oktober 2009) würdigte in ihrem Nachruf den sinnlichen Realismus in Chessex‘ Stil, „durchsetzt mit barocken und metaphysischen Bildern“. Besondere Beachtung fand das 2008 erschienene Buch „Pardon mère“, in dem er seiner 2001 verstorbenen Mutter gedenkt und sich bei ihr entschuldigt. Für außergewöhnlich großes Aufsehen und hitzige Debatten sorgte Chessex‘ letztes Werk „Un juif pour l‘exemple“ (2009; dt.: „Ein Jude als Exempel“, 2010). Darin erzählt der Autor auf höchst eindringliche Weise den sogenannten Judenmord von Payerne, die wahre Geschichte des 1942 ermordeten jüdischen Viehhändlers Arthur Bloch und greift das immer noch tabuisierte Thema des Schweizer Antisemitismus auf exemplarische Weise auf. Chessex wohnte seit den siebziger Jahren in waadtländischen Ropraz, weshalb er auch als „Eremit von Ropraz“ bezeichnet wurde. Wenig bekannt war lange Zeit, dass er auch immer ein leidenschaftlicher Maler war. Altwegg schreibt in der FAZ: „So wurde in der Schweiz noch nie um einen Dichter getrauert, auch nicht um Dürrenmatt“ Und: „Die Waadtländer hassten und verklärten ihn. Hunderte kamen zum Begräbnis in die Lausanner Kathedrale.“ Nekrophilie Nekrophilie ist zweifellos eine bizarre Störung. Die Psychiatrie versteht darunter eine auf Leichen gerichtete Sexualpräferenz. Im ICD-10 wird sie unter „SonsNeuroTransmitter 2015; 26 (10) tigen Störungen der Sexualpräferenz“ als „Paraphilie“ klassifiziert (F65.8). Der Begriff „Nekrophilie“ ist ein Neologismus aus der „Psychopathologia Sexualis“ von Richard von Krafft-Ebing (1886). Die Liste der künstlerischen Thematisierung der Nekrophilie ist lang und reicht von der „Schwarzen (oder Schauer-) Romantik“ bis in die Gegenwart, von Howard Philipps Lovecrafts Erzählung „Die geliebten Toten“ (1924) bis zu Alfred Hitchcocks Film „Vertigo“ (1958) und Francois Truffauts „Das grüne Zimmer“ (1978). In seinem Werk „Anatomie der menschlichen Destruktivität“ (1974) versucht Erich Fromm eine Analyse der Nekrophilie und interpretiert Adolf Hitler als „klinischen Fall von Nekrophilie“. Fromm deutet Nekrophilie als eine Art „Charakterorientierung“ und sieht diese in Opposition zu den biophilen, lebensbejahenden Kräften des Menschen, die allerdings angesichts der allgemeinen Destruktivität des modernen Sozialcharakters mit der zunehmenden Tendenz zur Zerstörung zu kämpfen haben. Insofern erweise sich die Nekrophilie im Sinne Fromms als Merkmal vor allem westlicher Zivilisation. Der Vampir von Ropraz Für Altwegg liest sich die schauerliche Geschichte von Chessex in ihrer dichten Kürze, die in Frankreich eine Auflage von über 80.000 Exemplaren erreicht hat, wie ein Konzentrat früherer Romane des Schriftstellers und dessen Obsessionen: „Doch diese Geschichte eines Leichenschänders hätte sich selbst ein Jacques Chessex nicht ausdenken können – er fand den Stoff im wirklichen Leben. Im Dorf, in dem er seit drei Jahrzehnten beim Friedhof wohnt. Hier war das Grab, in dem Rosa Gilliéron nicht in Frieden 60 NeurotransmitterGalerie Die Marginalien der Kunst „Für meine Drucke benutze ich die unerwarteten, beinahe zufälligen Arbeiten, die in meinem Skizzenbuch entstehen“, sagt die Lithografin Catherine Hiley und macht neugierig. In Ihr Skizzenbuch möchten Sie schauen ... ruhen durfte. Mit der Schändung ihrer Leiche nimmt die wahre Geschichte des Vampirs ihren Anfang. Sie spielt zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts.“ Chessex besticht durch seine kurzen und aussagestarken Sätze, in denen er das Klima der Angst und des Wahnsinns, der verhockten Örtlichkeiten und der schweinefleischverzehrenden Menschen schildert. Es ist ein bewährtes Mittel der Erzählstrategie, Zeit und Ort des Geschehens, gewissermaßen das Setting, entsprechend einzuführen, um beim Leser die erwünschte Rezeptionshaltung zu erzeugen: „Ropraz im waadtländischen Haut-Jorat, 1903. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein Land der Wölfe und der Abgeschiedenheit (…), enge Dörfer mit geduckten Behausungen. Neue Ideen dringen nicht bis hierher, die Tradition lastet schwer, moderne Hygiene ist unbekannt. Geiz, Grausamkeit, Aberglaube, es ist nicht weit nach Freiburg, wo die Hexerei üppig sprießt (…). Nachts spricht man Gebete zur Geisterbeschwörung oder Teufelsaustreibung. Man ist protestantisch bis auf die Knochen, bekreuzigt sich aber, wenn die vom Nebel gezeichneten Ungeheuer auftauchen (…). In Ropraz wird nicht gelacht (…), man hat nur, was man der Erde abringt, also so gut wie nichts (…). Man begnügt sich mit Schwein und isst so viel davon, auf alle erdenklichen Arten, geräuchert, abgeschwartet, gehackt, gepökelt, dass man ihm zuletzt ähnlich sieht, rosa Gesicht, geröteter Kopf, fern der Welt, in schwarzen Talgründen und Wäldern (…). Man verbarrikadiert sich in seinem Schädel, seinem Schlaf, seinem Herzen, seinen Sinnen, man riegelt sich ein auf seinem Hof, mit bereitliegendem Gewehr, zerquälter und ausgehungerter Seele (…). Noch heute 57 Journal findet man auf Dachböden, in Schuppen Zauberbücher und Absudrezepte aus Menstruationsblut, Erbrochenem, Krötenschleim und zerstampfter Viper (…). Der Wahnsinn geht um.“ Hier also geschieht es: „Im Februar 1903 wird das Grab von Rosa Gilliéron aufgebrochen und ihr frischer Leichnam missbraucht, zerstückelt, aufgegessen. Es kommt zu zwei weiteren Fällen, die der Autor mit kruden Worten beschreibt – stilistisch steht Chessex in der Tradition von Naturalismus und Realismus. Die Kunde von den unglaublichen Ereignissen geht um die Welt. In Ropraz und Umgebung lösen sie eine Welle der Verdächtigungen aus, aber auch kollektive Erregung und gieriges Erschauern. Der tumbe Knecht Favez wird verhaftet. Dass er der Vampir ist, steht nicht zweifelsfrei fest.“ Favez wird beim Schänden von Tieren im Stall beobachtet, festgenommen und psychiatrisch untersucht. Bei dieser Gelegenheit erfährt der Leser etwas von der Biografie des sogenannten Vampirs. Bei der Festnahme ist er 21 Jahre alt, wirkt aber doppelt so alt, hat einen „seltsamen Körper, fliehende Stirn“, gilt als lasterhaft und wortkarg. Aufgewachsen ist er „in benachteiligten Verhältnissen, wo Alkohol, Inzest und Analphabetismus atavistische Plagen sind“. Mit drei Jahren wird er seiner erbärmlichen Familie weggenommen, einem Paar anvertraut, das ihn gemeinsam mehrfach sexuell schwer missbraucht und misshandelt, bis er bei einer Kaufmannsfamilie untergebracht wird. Er ist sehr kräftig, besonders gut entwickelt, wird von Wutanfällen gepackt, wird früh zum Alkoholiker, klaut, hat wenig Umgang, weicht den Mädchen aus, spricht so wenig, dass man ihn für stumm halten könnte, und er leidet unter „Abwesenheiten“. All das fließt in das Gutachten des Lausanner PsychiatrieProfessors Albert Mahaim (1867 – 1925) ein, dem Gründer der fortschrittlichen Anstalt von Cery, die einen Pavillon für Geriatrie hat und einen Musterbauernhof mit Obstgärten, Gemüseanbau, Hühnerhof, sogar Großviehzucht – alles unter Anleitung von Ärzten und Vorarbeitern. Cery „ist das Irrenhaus mit dem hohen Kamin, die Anstalt. Du heulst, du rollst dich am Boden? Nach Cery! Du verfehlst deinen Selbstmord, bist am Trübsalblasen, vertrinkst den Zahltag, kannst dich 58 Psychopathologie in Kunst & Literatur nicht mehr auffangen? Nach Cery, nach Cery, nach Cery! Das ist die Drohung, die über allen Waadtländern schwebt: die Versenkung, die Vergessenheit, in die dich die Unterschrift des Arztes, ein Polizeirapport oder die Anzeige irgendeiner Schlampe bringen kann für lange Zeit“, schreibt Chessex in seiner Erzählung „Säbel und Gewehr“ aus dem Zyklus „Leben und Sterben im Waadtland“. Der belgische Arzt Albert Mahaim wurde berühmt durch seine Schrift „Verbrechen und konstitutionelle Seelenabnormitäten. Die soziale Plage der Gleichgewichtslosen im Verhältnis zu ihrer verminderten Verantwortlichkeit“, die er zusammen mit Auguste-Henri Forel (1848 – 1931) 1902 verfasst hat. Mahaim erkennt: Favez ist nicht das Ungeheuer, für das man ihn hält. Er ist körperlich wegen einer verwachsenen Schulter nicht in der Lage, Leichen zu zerstückeln. Sein Taschenmesser ist rostig und ohne jede Blutspur. Er hat stets rotunterlaufene „Vampiraugen“, als „würde ihm das Tageslicht wehtun“, sowie ungewöhnlich lange spitze Zähne. Aber er ist gänzlich unfähig, ganz gleich welches Fleisch auseinanderzuschneiden. In seinem Kerker plagen den Gefangenen schreckliche Kindheitserinnerungen von Hunger, Schlägen, schwerem sexuellem Missbrauch: „All diese Jahre, gekreuzigt durch Gehässigkeit, Sperma, Schleim der hemmungslosen Bestien.“ Mahaim aber vermerkt: „In diesen Einöden wird das Symptom des Vampirs so lange andauern, wie diese Gesellschaft Opfer des primitiven Drecks ist: Schmutz der Körper, Promiskuität, Abgeschiedenheit, Alkohol, Inzest und Aberglaube, von denen das Land verseucht ist und die noch andere Brutstätten sexuellen Missbrauchs und gnadenlosen Grauens hervorbringen werden.“ Mit solchen Sätzen macht sich der Autor in der Schweiz nicht nur Freunde. Im Leben des Favez wird es noch eine zweite „Intervention“ geben, die rätselhaft bleiben wird und die auch der Erzähler nicht gänzlich auflöst: Eine fremde, geheimnisvolle weiße Dame besticht die Wärter und besucht den Gefangenen, umschlingt ihn, klammert sich an ihn, wirft sich auf ihn unter Stöhnen, Röcheln und Wimmern, später befriedigt sie ihn. Kaum frei, streunt Favez umher, bis er schließlich die Witwe Dubois vergewaltigt und auf frischer Tat ertappt wird. Dank des Arztes, der sich weiterhin für ihn interessiert, kommt er nicht ins Gefängnis, sondern in die neu gegründete Irrenanstalt von Lausanne.“ Chessex greift auf Erfahrungen seiner Kindheit und Jugend zurück, wechselt die Erzählperspektive zwischen Erzähler und kollektivem „Wir“: Für die Untat und deren Überhöhung greift der Autor zu einem Kunstgriff: Nach zwölf Jahren guter Führung in der Anstalt kommt Favez auf einen Bauernhof. Von dort gelingt ihm die Flucht, und er geht in die Fremdenlegion. Hier trifft er auf den Dichter und Landsmann Blaise Cendrars, der im Dienst für Frankreichs Armee bekanntlich seinen Arm verlor. Cendrars macht aus dem helvetischen Kampfgefährten seine literarische Figur „Moravagine“: „Schändung junger Frauen, Favez, Schändung von Gräbern? Kein Urteil. Legion und Krieg tilgen alles.“ Favez fällt im Ersten Weltkrieg. „Chessex verewigt ihn nicht nur in der Literatur eines anderen, er widmet ihm auch ein Denkmal. Favez‘ Sarg – das ist die zweite literarische Freiheit, die sich der Dichter herausnimmt – gewinnt 1920 bei der Auslosung des Unbekannten Soldaten. Die Ewige Flamme des Erinnerns in Paris leuchtet für den Leichenschänder aus dem Welschland: Unter dem Triumphbogen schlummert Favez, der Vampir, ‘nur mit einem Auge, denn er wartet darauf, wieder umzugehen in kommenden Nächten‘.“ Wie der Autor bei der Verwandlung seines historischen Materials verfährt, um Illusion und Fiktionsräume zu erzeugen, sie aber zugleich auch zu brechen, zeigt allein die Vorbemerkung zu seinem Roman: „Als ich im Mai 1978 nach Ropraz gezogen bin, lag das Grab von Rosa Gilliéron noch unversehrt in der Allee des Friedhofs, an dem die Straße zu meinem Haus entlangführt. Es bestand aus einer Sandsteinplatte mit einer kleinen weißen Marmorsäule, die von Rosen aus schwarz gewordenem Kupfer umrankt war und Name sowie Lebensdaten der Toten trug. Die kleine Säule war nur ein Stumpf, Sinnbild der Kürze eines tragisch, allzu früh in der Blüte reinsten Versprechens abgebrochenen Lebens. Rosas Grab wurde vor zehn JahNeuroTransmitter 2015; 26 (10) Psychopathologie in Kunst & Literatur ren bei der Neugestaltung des Friedhofs aufgelassen.“ Der Roman „Der Vampir von Ropraz“ ist der erste Teil einer Trilogie, gefolgt von „Ein Jude als Exempel“ und zuletzt „Der Schädel des Marquis de Sade“. In allen drei Werken erweist sich Jacques Chessex als Meister des Erzählens vom Leben, Sterben und Schreiben in seiner Heimat, dem Waadtland. Seine Geschichten handeln, wie Jürg Altwegg zusammenfasst, „von den gesellschaftlichen Konventionen und den unheimlichen sexuellen Sehnsüchten. Sie sind Sit- Journal tenbilder aus der Provinz und haben regelmäßig Anstoß erregt.“ Nicht umsonst hat man ihn den „Flaubert des Waadtlandes“ genannt. Er ist eine Ent⃞ deckung wert! Literatur beim Verfasser AUTOR Prof. Dr. Gerhard Köpf Ariboweg 10, 81673 München E-Mail: [email protected] Rezensionen Peter Urban-Halle schwankt in seiner Rezension in der NZZ vom 7. Oktober 2008 zwischen Zustimmung und Kritik. Einerseits erkennt er in der Schauergeschichte das packende und verwirrende Element, andererseits erscheint ihm die Geschichte zu suggestiv und zu fatalistisch. Den Perspektivwechsel interpretiert der Kritiker als etwas zu einseitiges Psychogramm einer hinterwäldlerischen Gemeinde in Aufruhr, denn am Ende trügen alle die Schuld. Im Vergleich zu E.T.A. Hoffmann schneidet Chessex deshalb ungünstig ab, weil dieser den Figuren noch eine gewisse „moralische Freiheit“ zubillige, indes bei Chessex allein die Gesellschaft als solche herhalten müsse. In der WOZ (Wochenzeitung) vom 9. Oktober 2008 ist Raphael Zehnder begeistert von diesem „großartigen Schauerroman“, der keine Lösung des Falles präsentiere. Die vom realistischen Erzählen sich allmählich abwendende phantastische Überhöhung zum Ende des Romans findet die besondere Zustimmung des Rezensenten: „Ein entflohener Krimineller, der angebliche Vampir von Ropraz, ein mutmaßlicher Perverser ist der ‚Unbekannte Soldat‘, dessen der französische Staatspräsident jeden 14. Juli mit einer Kranzniederlegung und feierlichen Erklärungen gedenkt. Unerhörte Ironie!“ Jacques Chessex habe aus den authentischen Vorkommnissen in knapper, unaufgeregter Sprache das kraftvolle Bild einer ländlichen Gegend gezeichnet, wo sich alle schon zu lange und zu gut kennen, wo jeder glaube, alles über seinen Nächsten zu wissen, jeder das Monster in sich ahne – und insgeheim erleichtert sei, nicht wirklich in die eigenen Abgründe blicken zu müssen: „Der Böse, ja, das muss der andere sein.“ Florian Jetzlsperger stellt den Roman (in Academicworld.net) in die Tradition von Mary Shelley und Bram Stokers, aber auch aufgrund der Mischung von Facts und Fiction in die des ‚non-fiktionalen Romans‘ nach Art von Truman Capote: Auf 96 Seiten bringe der Autor den Leser zum Fürchten, vermische dabei Standpunkte, Perspektiven, führe die erotische Motivation des Täters ebenso ins Feld, wie die perverse Ausübung der Begierden, beschreibe ebenso detailgenau zerschundene Körper wie die Entrüstung und umherschleichende Angst in der Bevölkerung. Fazit: „‚Der Vampir von Ropraz‘ ist ein grandios erzählter Roman (...). Die 96 Seiten verschlingen sich auf einen Sitz und hinterlassen Wirkung – wie der bluttrunkene Biss eines Vampirs.“ Katrin Schumacher sieht in ihrer Besprechung im Deutschlandradio vom 18. November 2008 „das ganze Dracula-Inventar in Umlauf gesetzt“. Darin liege das besondere Verdienst von Chessex, eben nicht den „eleganten Vampir der klassischen literarischen Phantastik bemüht“ zu haben, sondern die „Mechanismen der Massenhysterie – Gerücht, epidemische Verbreitung, mediales Lauffeuer“ vorzuführen und damit „ganz nebenbei auch ein Stück Medientheorie“. Auf diese Weise werde aus einem historischen Kriminalfall „eine Parabel auf die dunkle Seite der modernen Gesellschaft.“ Die Marginalien der Kunst „Das Zeichnen ist der Anfang all meiner Arbeit. Für meine Drucke benutze ich die unerwarteten, beinahe zufälligen Arbeiten, die in meinem Skizzenbuch entstehen. In ihrer Intention und ihrem Ursprung haben diese Zeichnungen viel gemeinsam mit den Marginalien mittelalterlicher Manuskripte, mit den Kritzeleien und Entwürfen von Künstlern und Laien, die in der Zeit ihres Entstehens als unwichtig und unseriös empfunden wurden. Die Magie liegt in diesen unbeobachteten Momenten.“ Mit diesen Worten führt uns die Lithografin Catherine Hiley auf ihrer Homepage in ihr Werk ein. Catherine Hiley, „Saving”, Litografie, 40 x 50 cm 60 NeuroTransmitter 2015; 26 (10) Catherine Hiley, „At Night, With Moths“, Lithografie mit Siebdruck, 50 x 76 cm Catherine Hiley, „Sandmanns Kinder“, Lithografie mit Siebdruck 56 x 81 cm M arginalien in mittelalterlichen Handschriften sind oft Chimären, Drachen, Mönche, kuriose Gestalten und allerlei Begebenheiten, die nichts oder nur peripher mit dem eigentlichen Inhalt der Handschrift zu tun haben und die Ecken und Ränder der Manuskripte bevölkern. Auch die Lithografie wird von Kunstschaffenden oft eher als randständige Gattung empfunden, wenn man sich doch stattdessen auf riesigen Leinwänden oder mit effektheischenden Materialien austoben kann. Eine Lithografie erfordert jedoch Besinnung auf das Wesentliche. Einer der ersten Künstler, der sich im großen Stil dieser Ausdrucksform bediente, war Honoré Daumier. Er verstand es meisterlich, das Zeitgeschehen in der konzentrierten Form von lithografischen Karikaturen wiederzugeben. Catherine Hiley ist eine englisch-kanadische Künstlerin, die in Deutschland aufgewachsen ist, in Regensburg, Berlin, London und Vancouver Kunst studiert hat und seit 2008 in Schottland als Mitglied der Edinburgh Printmakers lebt und arbeitet. Die Zeichnungen ihres Skizzenbuches, auf denen die meisten ihrer Steindrucke beruhen, sind meist schon sehr kunstfertig ausgeführt, teils aber auch skizzenhaft. Ein wenig erinnern sie an Telefonkritzeleien, wie sie der modernen Doodle-Art zugeordnet werden könnten. Ihre „Marginalien“ springen vom Kleinen zum Großen und wieder zurück, führen hinein in das Reich der Träume und Phantasie, weg vom Rationalen und klar Strukturierten. Sie gewähren tiefe Einblicke in die unverfälschte Imagination anderer Menschen, sind absolut originell und beeindrucken durch die starken Kompositionen sowie eine ­eigentümliche Konzentriertheit und klare Bildersprache. Hileys Kunst gibt Gelegenheit, innezuhalten, über uns in der Welt und die Welt um uns nachzudenken. Sie stellt Sehgewohnheiten infrage und ebenso unsere Maßstäbe. Manchmal ist die Erinnerung an ein längst vergessen geglaubtes Lied aus der Kindheit eben wichtiger als ein erfolgreiches Meeting im Job. Hiley spielt in „Sandmanns Kinder“ (The Sandman’s Children) mit Themen aus der Literatur (hier E.T.A. Hoffmann), Liedern, Märchen, der antiken Mythologie und eigenen täglichen NeuroTransmitter 2015; 26 (10) Catherine Hiley, „Drowning“, Litografie, 40 x 50 cm Eindrücken. Aus „At Night, With Moths“ blickt dem Betrachter ein junges Mädchen träumerisch entgegen. Ihre elegant ausgestreckte Hand eröffnet den Bogen von ihr zu einem kleinen Affen, der mit über ihm flatternden Motten spielt. Motten wurden in der Mythologie, ähnlich wie der Schmetterling, oft mit der Seele in eins gesetzt. Erst nach dem Puppenstadium ist der wahre Ausdruck ihrer schönen Natur zu erkennen. Der Affe lässt an die einst so wichtigen Kuscheltiere denken, die unserer Kindheit beiwohnten. Das Mädchen scheint so auf den zweiten Blick an dieses Puppenstadium unseres Lebens erinnern zu wollen. Mythos Selkie-Frauen Nach ihren Vorbildern befragt, verweist Hiley gerne auch auf die reduzierten Drucke der Inuit- und Selkie-Abbildungen. Auf den Orkney-Inseln und in Nordschottland erzählt man sich von mythischen Robbenwesen, die an Land kommen und sich in Menschen verwandeln, indem sie ihr Fell ablegen und verstecken. Selkie-Frauen sind angeblich betörend schön und oft in tragische Liebesgeschichten verwickelt. Hileys Selkie-Drucke kreisen um diese Mutationen und die Selkie-Robben als Helfer in der Not; es sind wunderschöne Arbeiten mit einem intensiven, fast hyperrealistischen Blau, die sich die physischen Gegebenheiten der Steinplatte zunutze machen und in Tiefseestruktur umwandeln. AUTORIN Dr. Angelika Otto, München Neben Lithografien fertigt Catherine Hiley auch einzigartige Künstlerbücher an, zu sehen und erstehen auf ihrer Homepage und/oder in ausgewählten Galerien: http://www.cahiley.com/shop; Gallery Ten, Stafford Street, Edinburgh; Printmakers Gallery, Union Street, Edinburgh; Lithografisches Kabinett, Eichstätt 61 Medizin Repor t aktuell MPH-LA zur Therapie der ADHS bei Erwachsenen Erstmals Langzeitdaten zur Sicherheit und Verträglichkeit bis zu 66 Wochen Vor allem für die Langzeitbehandlung erwachsener Patienten mit einer Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS) werden klinische Informationen zur Bewertung der Wirksamkeit und Sicherheit benötigt. Mit einer anhaltenden und zuverlässigen Verbesserung des Funktionsstatus im Familien-, Berufs- und Sozialleben über 66 Wochen unter der Therapie mit langwirksamem Methylphenidat Hydrochlorid (MPH-LA) ermöglicht die Extensionsstudie der Zulassungsstudie SARA neue Perspektiven für eine erfolgreiche Behandlung. MPH-LA ist die einzige Darreichungsform von Methylphenidat zur Behandlung erwachsener ADHS-Patienten mit nahrungsunabhängiger Wirkung. Die dafür vorliegenden pharmakologischen und klinischen Nachweise werden durch eine entsprechende Bewertung der Zulassungsbehörden bestätigt. ▬▬Die Behandlung der beeinträchtigen- den Symptome der ADHS sollte auch bei erwachsenen Patienten auf eine dauerhafte Verbesserung der Lebenssituation angelegt sein. Methylphenidat ist der am besten untersuchte Wirkstoff, vor allem in der Akuttherapie. Für MPH-LA liegen jetzt erstmals Langzeitdaten auch zu Sicherheits- und Nebenwirkungs-Aspekten vor, die bei diesen Patienten mit 66 Wochen deutlich über den in bisherigen MPHStudien üblichen Untersuchungszeitraum von 12–24 Wochen hinausgehen [1, 2]. Sie stellen eine wichtige Ergänzung der bestehenden Datenbasis dar und erweitern den therapeutischen Blickwinkel auf eine langfristig angelegte Behandlung mit Stimulantien. In der SARA-Hauptstudie wurden erstmals gemäß der Forderung der europäischen Zulassungsbehörde EMA zwei funktionelle und symptomatische Zielparameter als ko-primäre Endpunkte untersucht: Die Wirksamkeit im Hinblick auf die klassischen Symptome der ADHS und die Verbesserung des Funktionsniveaus nach neunwöchiger Therapie mit MPH-LA [3, 4]. In der Extensionsstudie der SARA-Zulassungsstudie (n=298) wurde die Stabilität der in der Hauptstudie gemessenen Verbesserung des Funktionsstatus in allen drei Teilbereichen (Arbeit, sozialer Bereich und Familienleben/häusliche Verantwortung) sowie die Sicherheit und Verträglichkeit bei Langzeitanwendung geprüft [1, 2, 4]. In der sechsmonatigen Extensionsphase unter MPH-LA in der Gesamtgruppe kam es unabhängig von der Vorbehandlung zu einer deutlichen Verbesserung der Kernsymptomatik (+7,2 Punkte im Gesamtscore der DSM IV ADHS Rating Scale). Die in der Extensionsstudie erstmals auf Verum eingestellten Patienten der früheren Placebogruppe zeigten erwartungsgemäß eine starke Verbesserung um etwa 13 Punkte. Aber auch diejenigen Patienten, die bereits mit MPH-LA vorbehandelt waren, verbesserten sich klinisch nochmals wei- 2,5 SDS-Verbesserung 2,0 1,8 1,6 1,5 1,4 1,0 0,5 0 Berufsleben Sozialleben Familienleben Abb. 1: Verbesserung des Funktionsstatus unter MPH-LA (n=298) in den Subscores für Familien-, Berufs- und Sozialleben (Sheehan Disability Scale (SDS)-Skala), modifiziert nach [2]) ter (DSM-IV ADHD RS-Gesamtscore: + 5 Punkte) und funktionell (SDS-Gesamtscore: + 3,7 Punkte). Die auf der Jahrestagung 2015 der American Professional Society of ADHD and Related Disorders (APSARD) vorgestellten Daten zeigen auch für die Extensionsstudie auch eine weitere Verbesserung des Funktionsstatus, gemessen mithilfe der SDS-Skala (Sheehan Disability Scale). Dies betraf sowohl den SDS-Gesamtscore als auch die Subscores für das Familien-, Berufs- und Sozialleben (Abb. 1, [2]). Konstantes Sicherheitsprofil im Langzeitverlauf Die SARA-Langzeitdaten zeigen ein vergleichbares Sicherheits- und Verträglichkeitsprofil wie bereits in Studien bei Kindern und Jugendlichen ohne unerwartete unerwünschte Ereignisse. Die Sicherheitsprofile der Haupt- und der Extensionsstudie unterscheiden sich dabei nicht – auch bei längerer Therapiedauer bleibt die gute Nutzen-Verträglichkeits-Relation erhalten. Dies zeigen neue Daten, die auf dem 5th World Congress on ADHS 2015 präsentiert wurden. Die meisten unerwünschten Ereignisse wurden als mild bis moderat eingestuft. Die Verteilung der betroffenen Organklassen differierte nicht zwischen den Studienarmen. In der Studie zeigten sich auch nach 66 Wochen keine signifikanten Signale hinsichtlich Gewicht, Labor, Vitalzeichen sowie HerzKreislauf-Funktion wie Blutdruck, Herzfrequenz oder EKG, insbesondere auch nicht beim QT-Intervall [1]. Diese Ergebnisse entbinden Arzt und Patient aber nicht von den empfohlenen Untersuchungen vor und während der Behandlung. Ist vor Therapiebeginn eine kardiale Vorerkran- Medizin Repor t aktuell kung bekannt, sollte ein Kardiologe hinzugezogen werden. Individuelle Dosistitration anstreben Die SARA-Studie macht auch die große Bedeutung einer individuellen Dosistitration deutlich. Während der SARA-Hauptstudie erhielten die Patienten in der ersten Phase (Woche 1–8) eine vorgegebene Fixdosis. In der Phase 2 und 3 der Haupt- bzw. Extensionsstudie konnten die Patienten flexibel auf die optimale Dosis eingestellt werden. Nach 66 Wochen waren die Teilnehmer relativ ausgewogen auf die drei Dosierungen – 40, 60 oder 80 mg – als jeweils optimale Dosis eingestellt. Alle drei untersuchten Dosierungen haben demnach therapeutisch ihre Berechtigung und erbrachten deutliche Wirksamkeitsnachweise [3]. Die individuelle Dosistitration sollte symptomorientiert und nicht in Abhängigkeit vom Körpergewicht erfolgen, auch um beispielsweise „Fast“ oder „Slow Metabolizer“ bestmöglich zu behandeln. Nahrungsunabhängige Wirkung Ein wesentlicher Erfolgsfaktor der Behandlung ist, dass sich die Medikation an den Lebensstil und Tagesrhythmus des Patienten anpasst und nicht umgekehrt. Gerade junge Erwachsene mit ADHS sind offen für eine aktive und manchmal unkonventionelle Gestaltung ihrer Alltagsaktivitäten. Eine Pharmakotherapie muss daher eine Galenik aufweisen, die auch unter diesen Bedingungen eine verlässliche und kontinuierliche Wirkstofffreisetzung gewährleistet. Dabei können die Ernährungsgewohnheiten das Freisetzungsverhalten der Medikation beeinflussen. MPH-LA ist die einzige Darreichungsform von Methylphenidat zur Behandlung erwachsener Patienten mit nahrungsund pH-Wert-unabhängiger Wirkung. Das bedeutet, dass die retardierte Freisetzung unabhängig davon ist, wie schnell die Magen-DarmPassage erfolgt. Die nahrungsunabhängige Wirkung ist durch pharmakologische und klinische Nachweise dokumentiert. In einer offenen CrossOver-Vergleichsstudie zur Bioäquivalenz zweier langwirksamer Darreichungsformen von Methylphenidat (MPH-LA 20 mg/bid und Vergleichspräparat) zeigten sich bei 28 gesunden, männlichen Freiwilligen deutliche phar- mit Frühstück Arzturteil (CGI-I; CGI-S) Elternurteil (FBB-ADHS, IMP)* Lehrerurteil (FBB-ADHS, IA)* Mathematik-Test ohne Frühstück 3,49 bzw. 2,74 3,56 bzw. 2,75 1,23 1,25 1,23 1,19 108,6 106,7 *validierter Test, Prof. Dopfner 2006 Abb. 2: Keine signifikanten Wirkunterschiede bei Einnahme mit oder ohne Frühstück (modifiziert nach [7, 8]) makokinetische Unterschiede im Zeit-Konzentrationsprofil. Die Studienteilnehmer hatten nur unter MPH-LA ein biphasisches pharmakokinetisches Profil sowohl nüchtern als auch nach Nahrungsaufnahme. „Dieser Unterschied kann klinisch relevant sein und ein potenzieller Vorteil zugunsten von MPH-LA darstellen“, so das Fazit der Studienautoren. MPH-LA zeigte eine gute Verträglichkeit bei Einnahme nüchtern oder mit Nahrung [5]. Eine frühere Studie von Lee et al. verglich die Bioäquivalenz von MPH-LA 40 mg, das entweder nüchtern oder zusammen mit einem fettreichen Frühstück oder mit Apfelmus eingenommen wurde. Teilnehmer waren gesunde freiwillige erwachsene Probanden. Die Einnahme mit oder ohne Nahrung zeigte keinen unterschiedlichen Einfluss auf den Gesamtbetrag (Cmax/tmax) und das Ausmaß der Wirkstoffaufnahme (AUC: 0 – ∞) [6]. Die Frühstücksgewohnheiten von jungen und erwachsenen Patienten können sich individuell erheblich unterscheiden. Diese Unterschiede sollten nicht die Wirksamkeit der Medikation beeinflussen, auch um nicht die Adhärenz der Patienten zu beeinträchtigen. Laut Fachinformation besteht für MPH-LA pharmakokinetisch kein Unterschied zwischen Kindern und Jugendlichen sowie Erwachsenen. In einer randomisierten, Untersucher-verblindeten Cross-Over-Studie mit 150 Kindern zwischen 6 und 12 Jahren konnte eine deutsche Arbeitsgruppe nachweisen, dass die klinische Wirksamkeit von MPH-LA 20 oder 40 mg bei Einnahme zusammen mit einem StandardFrühstück klinisch vergleichbar ist mit der klinischen Wirksamkeit bei Einnahme zusammen mit einem leichten Frühstück. Dies wurde belegt durch voneinander unabhängige Arzt-, Eltern- und Lehrerurteile und einen Schultest (p<0,0001) (Abb. 2, [7, 8]). Fachinformation bestätigt Befunde Die Fachinformation bestätigt diese pharmakologischen und klinischen Befunde:„Ritalin® Adult-Hartkapseln mit veränderter Wirkstofffreisetzung können zusammen mit oder ohne Nahrung eingenommen werden. Nach Verabreichung von Ritalin® Adult entweder mit einem fettreichen Frühstück oder mit Apfelmus wurden keine pharmakokinetischen Unterschiede im Vergleich zur Verabreichung im nüchternen Zustand beobachtet. Hinweise auf ein Dosis-Dumping in An- oder Abwesenheit von Nahrung liegen nicht vor [9].“ ▬ Literatur 1.▬ Huss▬M▬et▬al.,▬5th▬World▬Congress▬on▬ADHD,▬Glasgow,▬ 28.–31.▬Mai▬2015;▬Poster▬006 2.▬ Huss▬M▬et▬al.,▬APSARD▬Annual▬Meeting,▬16.–18.▬Januar▬2015;▬Poster▬13 3.▬ Huss▬M▬et▬al.,▬Clin▬Drug▬Investig▬2014,▬34:639–649 4.▬ Ginsberg▬Y▬et▬al.,▬CNS▬Drugs▬2014,▬28:951–962 5.▬ Hässler▬F▬et▬al.,▬Int▬J▬Clin▬Pharmacol▬Ther▬2008,▬46:466– 476 6.▬ Lee▬L▬et▬al.,Biopharm▬Drug▬Dispos▬2003,▬24:223–243 7.▬ Schulz▬E▬et▬al.,▬ADHD▬Atten▬Def▬Hyp▬Disord▬2010,▬ 2:133–138 8.▬ Döpfner▬M▬et▬al.,▬2006,▬Göttingen:▬Hogrefe 9.▬ Fachinformation▬Ritalin®▬Adult,▬Stand▬Februar▬2015▬ Impressum Literaturarbeit • Medizin Report aktuell Nr. 417540 in: NeuroTransmitter, Ausgabe 10/2015 • Berichterstattung: Dr. Alexander Kretzschmar, München • Redaktion: François Werner • Leitung Corporate Publishing: Ulrike Hafner (verantwortlich) • Springer Medizin, Springer-Verlag GmbH, Tiergartenstraße 17, 69121 Heidelberg • © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015 Mit freundlicher Unterstützung der Novartis Pharma GmbH, Nürnberg Die Herausgeber der Zeitschrift übernehmen keine Verantwortung für diese Rubrik. Termine Veranstaltungen BVDN/BDN/BVDP-Landesverbände 2015 Datum / Zeit / Ort jeweils in Hannover 29. + 30.10.2015 12. + 13.11.2015 – Teil 1 3. + 4.12.2015 – Teil 2 7.11.2015 in Hamburg 14.11.2015 in Frankfurt/M. 8 CMEPunkte Landesverband / Titel / Themen Anmeldung Seminare Coaching-Kompetenz für Fachärzte: Seminarziele: Optimierung der Behandlungsmaßnahmen bei psychischen Problemen im Arbeitsleben; Erlernen von Coaching-Kompetenzen, durch die Aufgabenfelder bei weiteren Institutionen wie Rententrägern, Berufsgenossenschaften und Unternehmen generiert werden können, etwa im Bereich betrieblicher Prävention. Erlernen von Methoden zur systemischen Karriere- und Strategieentwicklung weiterhin auch zur Förderung der Work-Life-Balance. Entwicklung eines eigenen Coaching-Konzeptes. Siehe auch www.BVDN.de, Coach BVDN Referentin: Dr. med. Annette Haver Seminar – Teil 4: „Das Arbeiten mit dem Inneren Team“ Seminar Coaching-Ausbildung „Coach BVDN“ – Teil 1 und 2 Cortex-Geschäftsstelle, 47829 Krefeld Tel.: 02151 4546-920 Fax: 02151 4546-925 E-Mail: [email protected] Das Asperger-Syndrom und andere AutismusSpektrum-Störungen im Erwachsenenalter/ADHS im Erwachsenenalter Referenten: Prof. Dr. L. Tebartz van Elst, Freiburg, Dr. M. Strauß, Leipzig; Sponsor: MEDICE Fortbildungsakademie der Berufsverbände BVDN – BDN – BVDP, Nadya Daoud Traubengasse 15, 97072 Würzburg Tel.: 0931 20555-16, Fax 0931 20555-11 E-Mail: [email protected] Fortbildungsveranstaltungen 2015 17.10.2015 9.30 – 15.30 Uhr Klinikum MünchenSchwabing, Hörsaal der Kinderklinik der TUM Parzivalstr. 16 18. Refresher-Seminar Farbduplexsonografie der hirnversorgenden Gefäße Leitung: Prof. Dr. Eva Bartels Prof. Dr. Eva Bartels Zentrum für neurologische Gefäßdiagnostik Weinstr. 5, 80333 München Tel.: 089 297216 Fax: 08165 909492 E-Mail: [email protected] www.neurosonologie.de 23. – 24.10.2015 in Hamburg Hörsaal Augenklinik Universitätsklinikum ­Hamburg-Eppendorf Symposium „Bildgebung und Therapie in der Psychiatrie“ Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Forschungsbereich Bildgebung Tel.: 040 7410-59520 Fax: 040 7410-59805 E-Mail: bildgebung-und-therapie[at]uke.de www.bildgebung-und-therapie.de 23./24.10.2015 – Teil 3 in Berliner Ärztekammer 13./14.11.2015 – Teil 4 in Frankfurt/M., Universität/ Campus Westend Kompetent begutachten nach dem neuen Konzept der Bundesärztekammer „Strukturierte curriculare Fortbildung Medizinische Begutachtung“ Seminarteil 3: Zustandsbegutachtung II, spezielle Begutachtungsfragen Seminarteil 4 NL: Fachspezifische Aspekte Neurologie Deutsche Gesellschaft für Neurowissenschaftliche Begutachtung e. V. (DGNB) Geschäftsstelle Gabriele Agerer Hirschstr. 18, 89278 Nersingen-Strass Tel.: 07308 923261 Fax: 07308 923262 E-Mail: [email protected] 24.10.2015 in Bonn, Friedrich-Ebert-Allee 2 II. Forum Altersmedizin Kognitive Alterung, Antikoagulation, Niereninsuffizienz, Infektionen, Diabetes, Makulaödem, Arterielle Hypertonien, Osteoporose, Schmerz, Antidementiva, Verdauung, Tumor VKG - Veranstaltungs-Konzept Gesundheit Hildegard Esser Friedentalstr. 1, 53894 Mechernich Fax: 02443 8237, E-Mail: [email protected] 13 CMEPunkte 64 NeuroTransmitter 2015; 26 (10) Termine Fortbildungsveranstaltungen 2015 5.11.2015 in München, Bayerischer Bezirketag, Ridlerstr. 75 Zentrale Fallkonferenzen der Erwachsenen AGATE Anmeldung www.amuep-agate.de Anmeldung Fortbildungspunkte der Bayerischen Landesärztekammer per E-Mail über Andrea Pielmeier unter [email protected] 5. – 6.11.2015 in Berlin, Ellington Hotel 6. Nationaler Fachkongress Telemedizin Evaluation – Qualität – Forschung Mit E-Health und Telemedizin zu einer besseren und wirtschaftlicheren Gesundheitsversorgung MCALL GmbH Marketing & Vertrieb, Akazienstr. 13, 16356 Werneuchen OT Seefeld, Zweigstelle: Rhinstr. 84, 12681 Berlin Tel.: 030 55156962, Fax: 030 55156963 E-Mail: [email protected] www.mcall-gmbh.de 6. – 7.11.2015 41. Jahrestagung der Sektion Intrakranieller Druck, Hirndurchblutung und Hydrozephalus der Deutschen Gesellschaft für Neurochirurgie Conventus Congressmanagement & Marketing GmbH, Justus G. Appelt/Claudia Ibold Carl-Pulfrich-Str. 1, 07745 Jena Tel.: 03641 3116-343 Fax: 03641 3116-243 E-Mail: [email protected] www.conventus.de 25. – 28.11.2015 CityCube Berlin, Messedamm 26 DGPPN-Kongress 2015 „Der Mensch im Mittelpunkt – Versorgung neu denken“ DGPPN Reinhardtstr. 27 B, 10117 Berlin Tel.: 030 2404 772 12 E-Mail: sekretariat[at]dgppn.de www.dgppn.de 28.11.2015 9.00 – 16.00 Uhr Charité, Universitätsmedizin Berlin, Hörsaal der Nervenklinik, Campus Mitte, Charitéplatz 1 (Campusadresse: Bonhoefferweg 3) Herbsttagung Therapie der Multiplen Sklerose Geschäftsstelle KKNMS Krankheitsbezogenes Kompetenznetz MS Klinikum rechts der Isar, TU München Tel.: 089 4140-4628 E-Mail: [email protected] 1. – 4.12.2015 in Wien/Österreich, Hofburg Congress Center 3rd European Congress of NeuroRehabilitation – ECNR 2015 Mondial Congress & Events, Mondial GmbH & Co KG Operngasse 20B, 1040 Wien, Österreich Tel.: +43 (0)1 58804 0, Fax: +43 (0)1 58804 185 E-Mail: [email protected] www.mondial-congress.com 3. – 5.12.2015 in Mainz, Rheingoldhalle 23. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin Conventus Congressmanagement & Marketing GmbH Carl-Pulfrich-Str. 1, 07745 Jena Julia Gruner, Tel.: 03641 3116-360, Fax: 03641 3116-243 E-Mail: [email protected] Jana Radoi, Tel.: 03641 3116-346, Fax: 03641 3116-243 E-Mail: [email protected] NeuroTransmitter 2015; 26 (10) 65 Verbandsservice BVDN Berufsverband Deutscher Nervenärzte www.bvdn.de Organisation/Ansprechpartner/Geschäftsstelle Neuropsychologie: Paul Reuther Neuroonkologie: Werner E. Hofmann Pharmakotherapie Neurologie: Gereon Nelles Pharmakotherapie Psychiatrie: Roland Urban Prävention Psychiatrie: Christa Roth-Sackenheim Prävention Neurologie: Paul Reuther Schlaf: Ralf Bodenschatz Schmerztherapie Neurologie: Uwe Meier, Monika Körwer Suchttherapie: Ulrich Hutschenreuter Vorstand/Beirat 1. Vorsitzender: Frank Bergmann, Aachen Stellv. Vorsitzender: Gunther Carl, Kitzingen Schriftführer: Roland Urban, Berlin Schatzmeister: Gereon Nelles, Köln Beisitzer: Christa Roth-Sackenheim, Andernach; Uwe Meier, Grevenbroich; Sabine Köhler, Jena; Gereon Nelles, Köln 1. Vorsitzende der Landesverbände Baden-Württemberg: Birgit Imdahl Bayern: Gunther Carl Berlin: Gerd Benesch Brandenburg: Holger Marschner Bremen: Ulrich Dölle Hamburg: Guntram Hinz Hessen: Rudolf Biedenkapp Mecklenburg-Vorpommern: Ramon Meißner, Frank Unger Niedersachsen: Norbert Mayer-Amberg Nordrhein: Frank Bergmann, Angelika Haus Rheinland-Pfalz: Günther Endrass Saarland: Helmut Storz Sachsen: Ulrike Bennemann Sachsen-Anhalt: Michael Schwalbe Schleswig-Holstein: Klaus Gehring Thüringen: Volker Schmiedel Westfalen: Rüdiger Saßmanshausen Ansprechpartner für Themenfelder EBM/GÖÄ: Gunther Carl, Frank Bergmann Neue Medien: Arne Hillienhof EDV, Wirtschaftliche Praxisführung: Thomas Krichenbauer Forensik und Gutachten Psychiatrie: P. Christian Vogel Gutachten Neurologie: Friedhelm Jungmann Belegarztwesen Neurologie: Joachim Elbrächter Fortbildung Assistenzpersonal: Roland Urban U.E.M.S. – Psychiatrie, EFPT: Roland Urban U.E.M.S. – Neurologie: Friedhelm Jungmann Ausschüsse Akademie für Psychiatrische und Neurologische Fortbildung: P. Christian Vogel, Gunther Carl Ambulante Neurologische Rehabilitation: Paul Reuther Ambulante Psychiatrische Reha/ Sozialpsychiatrie: Norbert Mönter Weiterbildungsordnung: Frank Bergmann, Gunther Carl, Uwe Meier, Christa Roth-Sackenheim, P. Christian Vogel Leitlinien: Frank Bergmann, Uwe Meier, Christa Roth-Sackenheim Kooperation mit Selbsthilfe- und Angehörigengruppen: Vorstand Referate Demenz: Jens Bohlken Epileptologie: Ralf Berkenfeld Neuroangiologie, Schlaganfall: Paul Reuther Neurootologie, Neuroophtalmologie: Matthias Freidel Neuroorthopädie: Bernhard Kügelgen 66 BDN Berufsverband Deutscher Neurologen www.neuroscout.de Vorstand des BDN 1. Vorsitzender: Uwe Meier, Grevenbroich 2. Vorsitzender: Christian Gerloff, Hamburg Schriftführer: Heinz Wiendl, Münster Kassenwart: Martin Delf, Hoppegarten Beisitzer: Frank Bergmann, Aachen; Elmar Busch, Moers; Peter Berlit, Essen; Heinz Herbst, Stuttgart Beirat: Andreas Engelhardt, Oldenburg; Peter Franz, München; Matthias Freidel, Kaltenkirchen; Holger Grehl, Erlangen; Heinz Herbst, Stuttgart; Fritz König, Lübeck; Frank Reinhardt, Erlangen; Claus-W. Wallesch, Magdeburg Ansprechpartner für Themenfelder IV und MVZ: Uwe Meier, Paul Reuther GOÄ/EBM: Rolf F. Hagenah, Uwe Meier, Holger Grehl Qualitätsmanagement: Uwe Meier Risikomanagement: Rolf F. Hagenah Öffentlichkeitsarbeit: Vorstand BDN DRG: Reinhard Kiefer BVDP Berufsverband Deutscher Psychiater www.bv-psychiater.de Vorstand des BVDP 1. Vorsitzende: Christa Roth-Sackenheim, Andernach Stellvertretender Vorsitzender: Christian Vogel, München Schriftführer: Sabine Köhler, Jena Schatzmeister: Oliver Biniasch, Ingolstadt Beisitzer: Uwe Bannert, Bad Segeberg; Frank Bergmann, Aachen; Greif Sander, Hannover Referate Soziotherapie: Sybille Schreckling Sucht: Greif Sander Psychotherapie/Psychoanalyse: Hans Martens Forensik: P. Christian Vogel Geschäftsstelle des BVDN D. Differt-Fritz Gut Neuhof, Am Zollhof 2 a, 47829 Krefeld Tel.: 02151 4546920, Fax: -4546925 E-Mail: [email protected] Bankverbindung: Sparkasse Duisburg IBAN DE 04350500000200229227, BIC DUISDE 33 XXX BVDN Homepage: http://www.bvdn.de Cortex GmbH s. oben Geschäftsstelle BVDN Delegierte in Kommissionen der DGN Leitlinien: Uwe Meier Versorgungsforschung: Uwe Meier Weiterbildung/Weiterbildungsermächtigung: Rolf Hagenah Anhaltszahlen/Qualitätssicherung: Fritjof Reinhardt, Paul Reuther Rehabilitation: Harald Masur CME: Friedhelm Jungmann, Paul Reuther DRG: Rolf Hagenah, Reinhard Kiefer Verbindungsglied zu anderen Gesellschaften oder Verbänden DGNR: Harald Masur; AG ANR: Paul Reuther BV-ANR: Paul Reuther; UEMS: Friedhelm Jungmann BDN-Landessprecher Baden-Württemberg: Wolfgang Freund Bayern: Karl-Otto Sigel Berlin: Walter Raffauf Brandenburg: Martin Paul Bremen: Helfried Jacobs Hamburg: Heinrich Goossens-Merkt Hessen: Thomas Briebach Mecklenburg-Vorpommern: Kathrin Hinkfoth Niedersachsen: Elisabeth Rehkopf Nordrhein: Uwe Meier Rheinland-Pfalz: Günther Endrass Saarland: Richard Rohrer Sachsen: Mario Meinig Sachsen-Anhalt: Michael Schwalbe Schleswig-Holstein: Matthias Nitschke Thüringen: Dirk Neubert Westfalen: Martin Bauersachs Übende Verfahren – Psychotherapie: Gerd Wermke Psychiatrie in Europa: Gerd Wermke Kontakt BVDN, Gutachterwesen: Frank Bergmann ADHS bei Erwachsenen: Bernhard Otto PTSD: Christa Roth-Sackenheim Migrationssensible psych. Versorgung: Greif Sander BVDP-Landessprecher Bayern: Oliver Biniasch, Christian Vogel Baden-Württemberg: Birgit Imdahl, Thomas Hug Berlin: Michael Krebs Brandenburg: Delia Peschel Bremen: N. N. Hamburg: Ute Bavendamm, Guntram Hinz Hessen: Peter Kramuschke Mecklenburg-Vorpommern: Christine Lehmann Niedersachsen: Norbert Mayer-Amberg Nordrhein: Egbert Wienforth Rheinland-Pfalz: Wolfgang Rossbach Saarland: Gerd Wermke Sachsen: Ulrike Bennemann Sachsen-Anhalt: Regina Nause Schleswig-Holstein: Uwe Bannert Thüringen: Sabine Köhler Westfalen: Rüdiger Saßmannshausen NeuroTransmitter 2015; 26 (10) Beitritt Berufsverband Deutscher Nervenärzte BVDN Verbandsservice Berufsverband Deutscher Psychiater BVDP Berufsverband Deutscher Neurologen BDN Ich will Mitglied werden! A n die Geschäftsstelle der Berufsverbände BVDN, BDN, BVDP Krefeld Am Zollhof 2a, 47829 Krefeld, Fax: 02151 45469-25/-26 ☐ H iermit erkläre ich meinen Beitritt zum Berufsverband Deutscher Nervenärzte e. V. (BVDN) (Mitgliedsbeitrag 580 €, ab 2. Gemeinschaftspraxismitglied 440 €, Arzt in Weiterbildung 90 €, Senior 60 €). iermit erkläre ich meinen Beitritt zum Berufsverband Deutscher Neurologen e. V. (BDN) ☐ H (Mitgliedsbeitrag 580 €, ab 2. Gemeinschaftspraxismitglied 440 €, Arzt in Weiterbildung 90 €, Senior 60 €). ☐ Ich wünsche die DOPPELMITGLIEDSCHAFT – BDN und BVDN – zu gleichen Beitragskonditionen. ☐ H iermit erkläre ich meinen Beitritt zum Berufsverband Deutscher Psychiater e. V. (BVDP) (Mitgliedsbeitrag 580 €, ab 2. Gemeinschaftspraxismitglied 440 €, Arzt in Weiterbildung 90 €, Senior 60 €). ☐ Ich wünsche die DOPPELMITGLIEDSCHAFT – BVDP und BVDN – zu gleichen Beitragskonditionen. ☐ Ich wünsche die DREIFACHMITGLIEDSCHAFT – BVDN, BDN und BVDP – zu gleichen Beitragskonditionen. Das erste Jahr der Mitgliedschaft ist beitragsfrei, sofern die Mitgliedschaft mindestens ein weiteres Jahr besteht. Zusatztitel oder -qualifikation (z.B. Psychotherapie, Sonografie): ______________________________________________ Tel.-Nr.____________________________ Fax _____________________________________ E-Mail/Internet: Ich bin ☐ niedergelassen ☐ in der Klinik tätig ☐ Chefarzt ☐ Facharzt ☐ Weiterbildungsassistent ☐ Neurologe ☐ Nervenarzt ☐ Psychiater ☐ in Gemeinschaftspraxis tätig mit: ________________ ☐ in MVZ tätig mit: ___________________________ Ich wünsche den kostenlosen Bezug einer der folgenden wissenschaftlichen Fachzeitschriften im Wert > 170 €/Jahr: ☐ Fortschritte Neurologie / Psychiatrie ☐ Aktuelle Neurologie ☐ Klinische Neurophysiologie, EEG-EMG ☐ Psychiatrische Praxis ☐ Die Rehabilitation ☐ Psychotherapie im Dialog ☐ PPmP – Psychotherapie, Psychosomatik, Medizinische Psychologie Es ist nur eine Auswahl pro Mitglied möglich. ☐ Balint-Journal Zum Eintritt erhalte ich die BVDN-Abrechnungskommentare (EBM, GOÄ, Gutachten, IGeL, Richtgrößen etc.). ☐ Kostenlose NERFAX-Teilnahme gewünscht ☐ Kostenloser Mailservice „Das muss man wissen ...“ gewünscht EINZUGSERMÄCHTIGUNG Hiermit ermächtige ich den BVDN/BDN/BVDP (nicht Zutreffendes ggf. streichen) widerruflich, den von mir zu entrichtenden jährlichen Mitgliedsbeitrag einzuziehen. IBAN: ________________________________________________ bei der ___________________________________________________ BIC _____________________________________ Wenn mein Konto die erforderliche Deckung nicht aufweist, besteht seitens des kontoführenden Kreditinstitutes keine Verpflichtung zur Einlösung. Einen Widerruf werde ich der Geschäftsstelle des Berufsverbandes mitteilen. Name: ___________________________________________________ Praxisstempel (inkl. KV-Zulassungs-Nr.) Adresse: __________________________________________________ Ort, Datum: _______________________________________________ Unterschrift: ______________________________________________ NeuroTransmitter 2015; 26 (10) 67 Verbandsservice ÄK- und KV-Vertreter Nervenärzte, Neurologen und Psychiater als Vertreter in den KVen und Ärztekammern (ÄK)* Name Ort Telefon Fax E-Mail-Adresse BVDN-Landesverband: Dr. J. Braun Prof. Dr. M. Faist Dr. P. Hezler-Rusch BADEN-WÜRTTEMBERG Mannheim ja KV/ÄK Oberkirch ja ÄK Konstanz ja ÄK 0621 12027-0 07802 6610 07531 18330 0621 12027-27 07802 4361 07531 18338 [email protected] [email protected] [email protected] BVDN-Landesverband: Dr. G. Carl Dr. K. Ebertseder Dr. M. Eder Dr. W. Klein Dr. Kathrin Krome Dr. H. Martens Dr. W. Schulte-Mattler BAYERN Würzburg Augsburg Regensburg Ebersberg Bamberg München Regensburg ja ja nein ja ja ja nein KV/ÄK KV ÄK ÄK ÄK ÄK ÄK 09321 24826 0821 510400 0941 3690 08092 22445 0951 201404 089 2713037 0941 944-0 09321 8930 0821 35700 0941 3691115 [email protected] [email protected] 0951 922014 08141 63560 0941 944-5802 [email protected] [email protected] BVDN-Landesverband: Dr. Gerd Benesch Dr. R. A. Drochner BERLIN Berlin Berlin ja ja KV ÄK 030 3123783 030 40632381 030 32765024 030 40632382 Dr. R. Urban Berlin ja ÄK 030 39220221 030 3923052 [email protected] [email protected] [email protected] BVDN-Landesverband: Dr. St. Alder Dr. M. Böckmann Dr. G.-J. Fischer Dr. H. Marschner BRANDENBURG Potsdam Großbeeren Teltow Blankenfelde ja ja ja ja ÄK ÄK ÄK KV 0331 7409500 033701 338880 03328 303100 03379 371878 0331 7409615 [email protected] BVDN-Landesverband: Dr. U. Dölle BREMEN Bremen ja KV/ÄK 0421 667576 0421 664866 [email protected] BVDN-Landesverband: Dr. H. Ramm Dr. A. Rensch Dr. R. Trettin HAMBURG Hamburg Hamburg Hamburg ja ja ja KV ÄK ÄK 040 245464 040 6062230 040 434818 040 60679576 [email protected] [email protected] [email protected] BVDN-Landesverband: Dr. K. Baumgarten Prof. Dr. A. Henneberg P. Laß-Tegethoff Dr. W. Wolf HESSEN Gießen Frankfurt/M. Hüttenberg Dillenburg ja ja ja ja KV ÄK ÄK KV 0641 791379 069 59795430 06441 9779722 02771 8009900 0641 791309 069 59795431 06441 9779745 [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] BVDN-Landesverband: Dr. L. Hauk-Westerhoff MECKLENBURG-VORPOMMERN Rostock ja ÄK 0381 37555222 0381 37555223 liane.hauk-westerhoff@ nervenaertze-rostock.de BVDN-Landesverband: Dr. R. Luebbe NIEDERSACHSEN Osnabrück ja KV 0541 434748 BVDN-Landesverband: Dr. F. Bergmann Dr. M. Dahm Dr. A. Haus NORDRHEIN Aachen Bonn Köln KV KV/ÄK KV/ÄK 0241 36330 0228 217862 0221 402014 0241 404972 0228 217999 0221 405769 [email protected] [email protected] [email protected] BVDN-Landesverband: Dr. M. Dapprich Dr. G. Endrass Dr. V. Figlesthaler Dr. R. Gerhard Dr. Ch. Roth-Sackenheim Dr. K. Sackenheim Dr. S. Stepahn RHEINLAND-PFALZ Bad Neuenahr ja Grünstadt ja Speyer ja Ingelheim ja Andernach ja Andernach ja Mainz ja ÄK KV ÄK ÄK ÄK KV/ÄK ÄK 02641 26097 06359 9348-0 06232 72227 06132 41166 0160 97796487 02632 96400 06131 582814 02641 26099 06359 9348-15 06232 26783 06132 41188 02632 964096 02632 964096 06131 582513 [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] BVDN-Landesverband: Dr. Th. Kajdi Dr. U. Mielke Dr. H. Storz SAARLAND Völklingen Homburg Neunkirchen KV/ÄK ÄK KV 06898 23344 06841 2114 06821 13256 06898 23344 06841 15103 06821 13265 [email protected] [email protected] [email protected] BVDN-Landesverband: Dr. M. Meinig BVDN-Landesverband: Dr. Michael Schwalbe KV 03733 672625 03733 672627 [email protected] KV 03491 442567 03491 442583 [email protected] BVDN-Landesverband: Dr. U. Bannert SACHSEN Annaberg-B. ja SACHSEN-ANHALT Lutherstadtja Wittenberg SCHLESWIG-HOLSTEIN Bad Segeberg ja KV/ÄK 04551 969661 04551 969669 [email protected] BVDN-Landesverband: Dr. Dirk Neubert Dr. K. Tinschert THÜRINGEN Arnstadt Jena ja KV KV 03628 602597 03641 57444-4 03628 582894 03641 57444-0 [email protected] [email protected] BVDN-Landesverband: Dr. V. Böttger Dr. C. Kramer Dr. K. Gorsboth Dr. A. Haver WESTFALEN Dortmund Bielefeld Warstein Gütersloh ja ja ja ja KV ÄK ÄK ÄK 0231 515030 0521 124091 02902 97410 05241 16003 0231 411100 0521 130697 02902 97413 [email protected] 68 BVDN ja ja ja nein ja ja Delegierter [email protected] [email protected] [email protected] NeuroTransmitter 2015; 26 (10) Adressen Dr. Uwe Bannert Oldesloerstr. 9, 23795 Bad Segeberg Tel.: 04551 96966-1, Fax: -96966-9 E-Mail: [email protected] Dr. Martin Bauersachs Wißtstr. 9, 44137 Dortmund Tel.: 0231 142818 E-Mail: [email protected] Dr. Gerd Benesch Bundesallee 95, 12161 Berlin Tel.: 030 3123783, Fax: -32765024 E-Mail: [email protected] Dr. Ulrike Bennemann Holzhäuser Str. 75, 04299 Leipzig Tel.: 0341 5299388, Fax: -5299390 E-Mail: [email protected] Dr. Frank Bergmann Kapuzinergraben 19, 52062 Aachen Tel.: 0241 36330, Fax: -404972 E-Mail: [email protected] Prof. Dr. Peter-Dirk Berlit Alfried-Krupp-Krankenhaus, 45131 Essen Tel.: 0201 4342-527, Fax: -4342-377 E-Mail: [email protected] Dr. Rudolf Biedenkapp Frankfurter Str. 127, 63067 Offenbach Tel.: 069 82366061, Fax: -82366063 E-Mail: [email protected] Dr. Oliver Biniasch Friedrich-Ebert-Str. 78, 85055 Ingolstadt Tel.: 0841 83772, Fax: -83762 E-Mail: [email protected] Dr. Jens Bohlken Klosterstr. 34 – 35, 13581 Berlin Tel.: 030 33290000, Fax: -33290017 E-Mail: [email protected] Dr. Thomas Briebach Ludwigstr. 15, 61169 Friedberg Tel.: 06031 3830, Fax: -3877 E-Mail: [email protected] PD Dr. Elmar W. Busch Asberger Str. 55, 47441 Moers Tel.: 02841 107-2460, Fax: 02841 107-2466 E-Mail: [email protected] Dr. Gunther Carl Friedenstr. 7, 97318 Kitzingen Tel.: 09321 5355, Fax: -8930 E-Mail: [email protected] Dr. Martin Delf Lindenallee 7, 15366 Hoppegarten/Berlin Tel.: 03342 422930, Fax: -422931 E-Mail: [email protected] Dr. Ulrich Dölle Leher Heerstr. 18, 28359 Bremen Tel.: 0421 237878, Fax: -2438796 E-Mail: [email protected] Dr. Reinhard Ehret Schloßstr. 29. 20, 12163 Berlin Tel.: 030 790885-0, Fax: -790885-99 E-Mail: [email protected] Dr. Günther Endrass Obersülzer Str. 4, 67269 Grünstadt Tel.: 06359 9348-0, Fax: -9348-15 E-Mail: [email protected] Dr. Peter Franz Ingolstädter Str. 166, 80939 München Tel.: 089 3117111, Fax: -3163364 E-Mail: [email protected] Dr. Matthias Freidel Brauerstr. 1– 3, 24568 Kaltenkirchen Tel.: 04191 8486, Fax: -89027 NeuroTransmitter 2015; 26 (10) Dr. Frank Freitag Berliner Str. 127, 14467 Potsdam Tel.: 0331 62081125, Fax: -62081126 Prof. Dr. Wolfgang Freund Waaghausstr. 9 –11, 88400 Biberach Tel: 07351 7833, Fax -7834 E-Mail: [email protected] Dr. Klaus Gehring Hanseatenplatz 1, 25524 Itzehoe Tel.:04821 2041, Fax: -2043 E-Mail: [email protected] Prof. Dr. Christian Gerloff Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Martinistr. 52, 20251 Hamburg Tel.: 040 42803-0, Fax: -42803-6878 Dr. Heinrich Goossens-Merkt Wördemanns Weg 25, 22527 Hamburg E-Mail: [email protected] Dr. Holger Grehl Fahrner Str. 133, 47053 Duisburg Tel.: 0203 508126-1, Fax: -508126-3 E-Mail: [email protected] Prof. Dr. Rolf F. Hagenah Appelhorn 12, 27356 Rotenburg Tel.: 04261 8008, Fax: -8400118 E-Mail: rhagenah@web .de Dr. Liane Hauk-Westerhoff Deutsche Med Platz 2, 18057 Rostock Tel.: 0381 37555224, Fax: -37555223 E-Mail: liane.hauk-westerhoff@ nervenaerzte-rostock.de Dr. Angelika Haus Dürener Str. 332, 50935 Köln Tel.: 0221 402014, Fax: -405769 E-Mail: [email protected] Dr. Annette Haver Strengerstr. 16 – 18, 33330 Gütersloh Tel.: 05241 16003, Fax: -24844 Dr. Dipl.-Psych. Heinz Herbst Marienstr. 7, 70178 Stuttgart, Tel.: 0711 220774-0, Fax: -220774-1 E-Mail: [email protected] Dr. Guntram Hinz Harksheider Str. 3, 22399 Hamburg Tel.: 040 60679863, Fax: -60679576 E-Mail: [email protected] Dr. Thomas Hug Bergheimer Str. 33, 69115 Heidelberg Tel.: 06221 166622 E-Mail: [email protected] Dr. Birgit Imdahl Bergstr. 5, 78628 Rottweil Tel.: 0741 43747 E-Mail: [email protected] Dr. Helfried Jacobs Bremerhavener Heerstr. 11 28717 Bremen Tel.: 0421 637080, Fax: -637578 E-Mail: [email protected] Dr. Friedhelm Jungmann Im Wildfang 13a, 66131 Saarbrücken Tel.: 06893 9875020, Fax -9875029 E-Mail: [email protected] Dr. Sabine Köhler Dornburger Str. 17a, 07743 Jena Tel.: 03641 443359 E-Mail: [email protected] Verbandsservice Dr. Thomas Krichenbauer Friedenstr. 7, 97318 Kitzingen Tel.: 09321 5355, Fax: -8930 E-Mail: [email protected] Dr. Wolfgang W. Rossbach Holzhofstr. 5, 55116, Mainz Tel.: 06131 222377, Fax: -227939 E-Mail: [email protected] Dr. Christine Lehmann Wismarsche Str. 5, 18057 Rostock Tel.: 0381 4965981, Fax -4965983 E-Mail: christine-lehmann-rostock@ t-online.de Dr. Christa Roth-Sackenheim Breite Str. 63, 56626 Andernach Tel.: 0160 97796487, Fax: -9640-96 E-Mail: [email protected] Holger Marschner Zossener Damm 33, 15827 Blankenfelde Tel.: 03379 371878, Fax: -371879 E-Mail: [email protected] Dr. Norbert Mayer-Amberg Bödekerstr. 73, 30161 Hannover Tel.: 0511 667034, Fax: -621574 E-Mail: [email protected]# Dr. Ramon Meißner Hinter der Kirche 1b, 19406 Sternberg Tel.: 03847 5356, Fax: -5385 E-Mail: [email protected] Dr. Uwe Meier Am Ziegelkamp 1 f, 41515 Grevenbroich Tel.: 02181 7054811, Fax: -7054822 E-Mail: [email protected] Christoph Meyer Darmstädter Str. 44, 64625 Bensheim Tel.: 06251 4444, Fax: -4141 E-Mail: c.meyer@therapiegemeinschaft. de Dr. Greif Sander Bödekerstr. 73, 30161 Hannover Tel.: 0511 667034, Fax: -621574 E-Mail: [email protected] Rüdiger Saßmannshausen Poststr. 30, 57319 Bad Berleburg Tel.: 02751 2785, Fax -892566 E-Mail: sassmannshausen@ bvdn-westfalen.de Babette Schmidt Straße am Park 2, 04209Leipzig Tel.: 0341 4220969, Fax -4220972 E-Mail: [email protected] Dr. Volker Schmiedel Wiesestr. 5, 07548 Gera Tel.: 0365 8820386, Fax -8820388 E-Mail: [email protected] Dr. Michael Schwalbe Annendorfer Str. 15 06886 Lutherstadt-Wittenberg Tel.: 03491 442567, Fax: -442583 E-Mail: [email protected] Dr. Norbert Mönter Tegeler Weg 4, 10589 Berlin Tel.: 030 3442071, Fax: -84109520 E-Mail: [email protected] Dr. Karl-Otto Sigel Hauptstr. 2, 82008 Unterhaching Tel.: 089 4522 436 20 Fax: -4522 436 50 E-Mail: [email protected] Prof. Dr. Gereon Nelles Werthmannstr. 1, 50935Köln Tel.: 0221 7902161, Fax: -7902474 E-Mail: [email protected] Dr. Helmut Storz Stieglitzweg 20, 66538 Neunkirchen Tel.: 06821 13256, Fax: 13265 E-Mail: [email protected] Dirk Neubert Bärwinkelstr. 33, 99310 Arnstadt Tel.: 03628 602597, Fax: 582894 E-Mail: [email protected] Dr. Roland Urban Turmstr. 76 a, 10551 Berlin Tel.: 030 3922021, Fax: -3923052 E-Mail: [email protected] Dr. Martin Paul Bergstr. 26, 15907 Lübben Tel.: 03546 2256988 E-Mail: [email protected] Dr. P. Christian Vogel Agnesstr. 14/III, 80798 München Tel.: 089 2730700, Fax: -27817306 E-Mail: [email protected] Dipl. med. Delia Peschel Fröbelstr. 1, 03130 Spremberg Tel.: 03563 52213, Fax: -52198 E-Mail: [email protected] Prof. Dr. Claus-Werner Wallesch Neurol. Klinik, Am Tannenwald 1 79215 Elzach Tel.: 07682 801870, Fax: -801866 E-Mail: [email protected] Dr. Walter Raffauf Dircksenstr. 47, 10178 Berlin Tel.: 030 2832794 Fax: -2832795 Dr. Christian Raida Urbacher Weg 31, 51149 Köln Tel.: 02203 560888, Fax: 503065 E-Mail: [email protected] Dr. Gerd Wermke Talstr. 35–37, 66424 Homburg Tel.: 06841 9328-0, Fax: -9328-17 E-Mail: [email protected] Dr. Elisabeth Rehkopf Bischofsstr. 30, 49074 Osnabrück Tel.: 0541 8003990, Fax: -80039920 E-Mail: [email protected] Dr. Dr. habil. Paul Reuther ANR Ahrweiler, Schülzchenstr. 10 53474 Bad-Neuenahr-Ahrweiler Tel.: 02641 98040, Fax: -980444 E-Mail: [email protected] Dr. Richard Rohrer Kaiserstr. 3, 66386 St. Ingbert Tel.: 06894 4051, Fax: 06894 4021 E-Mail: [email protected] 69 Verbandsservice Kooperationspartner 1. Vertragliche Kooperationspartner der Berufsverbände 2. Politische Kooperationspartner der Berufsverbände Arbeitgemeinschaft ambulante NeuroRehabilitation (AG ANR) von BVDN und BDN Sprecher: Dr. Dr. Paul Reuther Schülzchenstr. 10, 53474 Ahrweiler E-Mail: [email protected] Bundesärztekammer (BÄK) Arbeitsgemeinschaft der deutschen Ärztekammern Herbert-Lewin-Platz 1 10623 Berlin Tel.: 030 4004 560 Fax: -4004 56-388 E-Mail [email protected] www.bundesaerztekammer.de Athene Akademie Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen Geschäftsführerin: Gabriele Schuster Traubengasse 15, 97072 Würzburg Tel.: 0931 2055526, Fax: -2055525 E-Mail: [email protected] Cortex GmbH Gut Neuhof Am Zollhof 2a, 47829 Krefeld Tel.: 02151 4546920, Fax: -4546925 E-Mail: [email protected] Deutsches Institut für Qualität in der Neurologie (DIQN) Schanzenstr. 27, Schlosserei 4 51063 Köln, Tel.: 0221 955615-95 Mobil: 0173 2867914 E-Mail: [email protected] Fortbildungsakademie Traubengasse 15, 97072 Würzburg Tel.: 0931 2055516, Fax: -2055511 E-Mail: [email protected] www.akademie-psych-neuro.de Vorsitzender: Dr. Gunther Carl, Würzburg QUANUP e.V. Verband für Qualitätsentwicklung in Neurologie und Psychiatrie e.V., Gut Neuhof Am Zollhof 2a, 47829 Krefeld Tel.: 02151 4546920, Fax: -4546925 E-Mail: [email protected] E-Mail: [email protected] www.quanup.de Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) Herbert-Lewin-Platz 2 10623 Berlin Postfach 12 02 64, 10592 Berlin E-Mail: [email protected] www.kbv.de Neurologie Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) Geschäftsführung: Dr. Thomas Thiekötter Reinhardtstr. 14, 10117 Berlin www.dgn.org Fortbildungsakademie der DGN Geschäftsführung: Karin Schilling Neurologische Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf Martinistr. 52, 20246 Hamburg E-Mail: [email protected] Bundesverband Ambulante NeuroRehabilitation e. V. (BV ANR) Am Zollhof 2a, 47829 Krefeld Tel.: 02151 4546920, Fax: -4546925 E-Mail: [email protected] www.bv-anr.de Deutsche Gesellschaft für Neurologische Rehabilitation (DGNR) 1. Vorsitzender: Prof. Dr. Eberhard König Neurologische Klinik Bad Aibling Kolbermoorstr. 72 83043 Bad Aibling Tel.: 08061 903501, Fax: -9039501 E-Mail: [email protected] www.dgnr.de Bundesverband NeuroRehabilitation (BNR) Vorsitzender: Rolf Radzuweit Godeshöhe, Waldstr. 2 – 10 70 53177 Bonn-Bad Godesberg Tel.: 0228 381-226 (-227) Fax: -381-640 E-Mail: [email protected] www.bv-neuroreha.de Gesellschaft für Neuropsychologie (GNP) e. V. Geschäftsstelle Fulda Postfach 1105, 36001 Fulda Tel.: 0700 46746700 Fax: 0661 9019692 E-Mail: [email protected] www.gnp.de Deutsche Gesellschaft für Neurotraumatologie und klinische Neurorehabilitation (DGNKN) Vorsitzender: Dr. Mario Prosiegel Fachklinik Heilbrunn Wörnerweg 30 83670 Bad Heilbrunn Tel.: 08046 184116 E-Mail: [email protected] www.dgnkn.de Deutsche Gesellschaft für Neurochirurgie (DGNC) Alte Jakobstr. 77, 10179 Berlin Tel.: 030 284499 22 Fax: -284499 11 E-Mail: [email protected] www.dgnc.de Berufsverband Deutscher Neurochirurgen (BDNC) Alte Jakobstr. 77, 10179 Berlin Tel.: 030 284499 33 Fax: -284499 11 E-Mail: [email protected] www.bdnc.de Deutsche Gesellschaft für Neuroradiologie (DGNR) Straße des 17. Juni 114 10623 Berlin Tel.: 030 330997770 Fax: -916070-22 E-Mail: DGNR@Neuro radiologie.de www.neuroradiologie.de Psychiatrie Deutsche Gesellschaft für Gerontopsychiatrie und -psy­ chotherapie e. V. (DGGPP) e.V. Postfach 1366, 51675 Wiehl Tel.: 02262 797683, Fax: -9999916 E-Mail: [email protected] www.dggpp.de Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie (DGKJP) Reinhardtstr. 14, 10117 Berlin Tel.: 030 28096519, Fax: -28096579 E-Mail: geschaeftsstelle@ dgkjp.de, www.dgkjp.de Berufsverband für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie in Deutschland (BKJPP) Rhabanusstr. 3, 55188 Mainz Tel.: 06131 6938070 Fax: -6938072 E-Mail: [email protected] www.bkjpp.de Ständige Konferenz ärztlicher psychotherapeutischer Verbände (STÄKO) Brücker Mauspfad 601 51109 Köln Tel.: 0221 842523, Fax: -845442 E-Mail: [email protected] Deutsche Gesellschaft für Suchtmedizin e. V. c/o Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung (ZIS) der Universität Hamburg Martinistr. 52, 20246 Hamburg Tel. und Fax: 040 42803 5121 E-Mail: [email protected] www.dgsuchtmedizin.de/ Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention (DGS) Vorsitzender: Univ.-Doz. Dr. Elmar Etzersdorfer Furtbachkrankenhaus Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Furtbachstr. 6, 70178 Stuttgart Tel.: 0711 6465126, Fax: -6465155 E-Mail: [email protected] www.suizidprophylaxe.de Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) Reinhardtstr. 14, 10117 Berlin Tel.: 030 28096601/02 Fax: -8093816 E-Mail: [email protected] www.dgppn.de NeuroTransmitter 2015; 26 (10) Vorschau / Impressum NeuroTransmitter 2015; 26 (10) Abonnement: Die Zeitschrift erscheint 11-mal jährlich. Bestellungen nimmt der Verlag unter Tel.: 06221 345-4304, per Fax: 06221 345-4229 sowie auch über das Internet unter www.springerfachmedien-medizin.de und jede Buchhandlung entgegen. Das Abonnement gilt zunächst für ein Jahr. Es verlängert sich automatisch um jeweils ein Jahr, wenn dem Verlag nicht 30 Tage vor Ende des Bezugszeitraums die Kündigung vorliegt. Bezugspreise: Einzelheft 25 €, Jahres­abonne­ ment 209 € (für Studenten/AIP: 125,40 €) jeweils zzgl. 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Jede gewerblich hergestellte oder benutzte Fotokopie verpflichtet nach § 54 (2) UrHG zur Gebührenzahlung an die VG Wort, Abteilung Wissenschaft, Goethestr. 49, 80336 München, von der die Modalitäten zu erfragen sind. Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwilligung des Verlages strafbar. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen etc. in dieser Zeitschrift berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutzgesetzgebung als frei zu be­trachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen. Für Angaben über Dosierungsanweisungen, Anwendungsgebiete und Applikationsformen von Medikamenten, für die Empfehlungen im Expertenrat sowie für Abrechnungshinweise kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Druck: PHOENIX PRINT GmbH, Alfred-Nobel-Str. 33, 97080 Würzburg © Springer Medizin Verlag GmbH ISSN 1436-123X geprüft Facharzt-Studie 2014 ©© H. Soda et al. Offizielles Organ des Berufsverbandes Deutscher Nervenärzte e. V. (BVDN), des Berufsverbandes Deutscher Neurologen e. V. (BDN) und des ­Berufsverbandes Deutscher Psychiater (BVDP) Herausgeber: Berufsverband Deutscher Nervenärzte e. V. (BVDN), 1. Vorsitzender: Dr. med. Frank Bergmann (fb), Kapuzinergraben 19, 52062 Aachen, Tel.: 0241 36330, Fax: -404972, E-Mail: [email protected] Geschäftsstelle BVDN, BDN, BVDP: D. Differt-Fritz, Am Zollhof 2a, 47829 Krefeld, Tel.: 02151 4546920, Fax: -4546925, ­ E-Mail: [email protected] Schriftleiter: Dr. med. Gunther Carl (gc) (v. i. S. d. P.), Friedenstr. 7, 97318 Kitzingen, Tel.: 09321 5355, Fax: 09321 8930, E-Mail: [email protected] Verlag: Springer Medizin Verlag GmbH, Berlin Ladungsfähige Anschrift und Kontaktdaten: Aschauer Str. 30, 81549 München, Tel.: 089 203043-1300, Fax: -203043-1399, www.springerfachmedien-medizin.de Inhaber- und Beteiligungsverhältnisse: Die alleinige Gesellschafterin der Springer MedizinVerlag GmbH ist die Springer-Verlag GmbH mit einer Beteiligung von 100 %. Die Springer-Verlag GmbH ist eine 100 %ige Tochtergesellschaft der Springer Science+Business Media GmbH. Die alleinige Gesellschafterin der ­Springer Science+Business Media GmbH ist die Springer Science+Business Media Deutschland GmbH, die 100 % der Anteile hält. Die Springer Science+Business Media Deutschland GmbH ist eine 100 %ige Tochtergesellschaft der Springer SBM Two GmbH. Die Springer SBM Two GmbH ist eine 100 %ige Tochter der Springer SBM One GmbH. Die Springer SBM One GmbH ist eine 100 %ige Tochter der Springer SBM Zero GmbH. An der Springer SBM Zero GmbH hält die Springer Science+Business Media G.P. Acquisition S. C. A., Luxemburg, 47 % der Anteile und die GvH Vermögensverwaltungsgesellschaft XXXIII mbH 53 % der Anteile. Geschäftsführer: Joachim Krieger, Fabian Kaufmann Leitung Zeitschriften Redaktion: Markus Seidl Ressortleitung: Dr. rer. nat. Gunter Freese Redaktion: Dr. rer. nat. Gunter Freese (Leitung), Tel.: 089 203043-1435, Fax: -203043-31435, E-Mail: [email protected], Dr. rer. nat. Carin Szostecki (-1346), Dr. rer. nat. Thomas Riedel (-1327), Thomas Müller, Monika Hartkopf (Chefin vom Dienst, -1409), Bernadette Helms (Assistenz, -1368) Herstellung: Ulrike Drechsler (Leitung), Tel.: 06221 4878-662, Edda Führer (Layout) Corporate Publishing: Ulrike Hafner (Leitung), Tel.: 06221 4878-104, E-Mail: [email protected] Anzeigenverkauf: Peter Urban (Leitung), Tel.: 089 203043-1333, E-Mail: [email protected]) Zur Zeit gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 17 vom 1.10.2014. Vertrieb: Marion Horn (Leitung), Tel.: 06102 506-148 E-Mail: [email protected] Ausgabe 11/2015 November erscheint am 16. November 2015 Flight for Stroke Der systematische Einsatz von Rettungshubschraubern unterstützt im ländlichen Raum die Schlaganfallversorgung, sodass mehr Patienten mit Verdacht auf akuten Schlaganfall innerhalb des Lysezeitfensters in eine Stroke Unit gebracht und lysiert werden können. Zweite-Person-Neurowissenschaft Die Konzeption einer Zweiten-Person-­ Neurowissenschaft betont neben dem Brückenschlag zwischen Neurobiologie und sozialem Kontext auch, dass soziale ­Interaktion eine universale Bedingung von Menschsein ist und damit mehr als nur ein Kontext für Gesundheit und Erkrankung. Komplexversorgung bei Demenz Bei dem Ansatz einer klientenorientierten Komplexversorgung für Menschen mit ­Demenz ergeben sich für den Facharzt als Gatekeeper neue Chancen und Aufgaben durch Vernetzung und Kooperation. 71