Lösungsvorschläge zu den Fragen und Aufgaben - utb-Shop
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Kapitel 1 – Ethik und Moral 1 Lösungsvorschläge zu den Fragen und Aufgaben Kapitel 1 – Ethik und Moral 1. Betrachten Sie den Satz ›Wenn du einen guten Freund hast, solltest du ihm stets die Wahrheit sagen‹. In welchem Sinne ließe sich dieser Satz als moralische Regel interpretieren, in welchem als nichtmoralische? Als moralische Regel gedeutet würde der Satz besagen, dass eine unbedingte Pflicht zur Ehrlichkeit gegenüber engen Freunden besteht (etwa weil solche Menschen, aufgrund des bestehenden Vertrauensverhältnisses, eine wahrheitsgemäße Auskunft verdienen). Der Wenn-Satz würde dann allein die Situation benennen, in der diese unbedingte Forderung in Kraft tritt (trüge also den Sinn: ›Falls du einer Person freundschaftlich verbunden bist, solltest du ihr die Wahrheit sagen‹). Als nichtmoralische Regel gedeutet würde der Satz besagen, dass Ehrlichkeit gegenüber engen Freunden im eigenen Interesse liegt (etwa weil man solche Menschen immer wieder braucht, sie sich aber von einem abwenden, wenn man ihnen gegenüber nicht durchweg wahrhaftig ist). Der Wenn-Satz würde wiederum die Situation benennen, für die diese Klugheitsregel gilt, könnte aber zudem auch implizit die Bedingung enthalten, unter der jene Klugheitsregel relevant ist (also den Nebensinn tragen: ›Sofern du deine guten Freunde behalten willst, solltest du ihnen die Wahrheit sagen‹). 2. Denken Sie sich Fälle aus, in denen man von einem schweren moralischen Problem, aber nicht von einem schwierigen ethischen Problem sprechen könnte. Finden Sie umgekehrt Beispiele, in denen interessante ethische Probleme, aber keine relevanten moralischen Probleme sichtbar werden. Schwere moralische Probleme, aber keine schwierigen ethischen Probleme: Hier können alle Fälle von schlimmen Rechtsverletzungen genannt werden, an deren Verwerflichkeit kein ernsthafter Zweifel besteht. Beispiele: Töten aus Spaß, Folter zum Vergnügen, Kindesmissbrauch, Sexualverbrechen, Betrug aus Geldgier, Unterdrückung aus Machtkalkül etc. Interessante ethische Probleme, aber keine relevanten moralischen Probleme: Hier wären vertrackte Fälle moralphilosophischer Art zu nennen, die entweder kaum ernsthaft eintreten oder nicht besonders schwerwiegend sind. Beispiele: Wäre es falsch oder richtig, mittels einer Zeitreise ins 3. Jahrhundert die Vorfahren eines heutigen Massenmörders zu töten? Wäre man als 100-Millionen-Gewinner im Lotto verpflichtet, andere Menschen an dem Ertrag teilhaben zu lassen? Darf oder sollte man den Ungehorsam eines Geschwisterkinds an die Eltern verraten, wenn man weiß, dass sie die Übertretung ein wenig zu streng ahnden 2 Lösungsvorschläge zu den Fragen und Aufgaben würden? Darf oder sollte man es melden, wenn man einen unverschuldet in Not geratenen Bettler dabei ertappt, wie er einen Apfel von einem Obststand stiehlt? 3. Ein Forscherteam will das Sozialverhalten innerhalb einer religiösen Randgruppe untersuchen und dabei alle drei Ebenen der Ethik berücksichtigen. Wie könnten konkrete Forschungsfragen aussehen, die der deskriptiven Ethik, der normativen Ethik oder aber der Metaethik zugehören? Deskriptive Ethik: Welche Vorstellungen von Gehorsam sind in dieser Gruppe verbreitet? Wer ist gegenüber wem zu Gehorsam verpflichtet? Welche Lebensbereiche sind hiervon berührt? Normative Ethik: Sind diese Vorstellungen von Gehorsam vertretbar? Gibt es besondere Lebensumstände jener Gruppe, die ihre Auffassungen von Gehorsam rechtfertigen können? Lassen sie sich mit Vorstellungen in Einklang bringen, die als allgemein anerkannt gelten dürfen? Metaethik: Ist der Begriff des Gehorsams in dieser Gruppe ein unmittelbar wertender Ausdruck, so dass Ungehorsam definitorisch als falsch gilt? Oder ist es ein ursprünglich wertfreies Konzept, dessen moralische Verbindlichkeit eigens hervorgehoben wird? Soll diese moralische Verbindlichkeit auf unumstößlicher Einsicht beruhen, etwa göttlichen Ursprungs? Oder wird sie allein auf verbreitete Gebräuche zurückgeführt, aufgrund menschlicher Setzung? Existiert ein allgemeines Gebot, das Gehorsam vorschreibt? Oder werden lediglich konkrete Geschichten erzählt, in denen Ungehorsam immer wieder als sündhaft dargestellt wird?
