Molekularbiologischer Nachweis von Viren in Lebensmitteln im

Werbung
Molekularbiologischer Nachweis von
Viren in Lebensmitteln im Erkrankungszusammenhang - und dann?
Matthias Contzen
CVUA Stuttgart, Schaflandstr. 3/2, 70736 Fellbach. [email protected]
Einleitung
Der molekularbiologische Nachweis von Viren in Lebensmitteln
ist technisch hoch anspruchsvoll. Die epidemiologische
Einordnung der erhaltenen Laborergebnisse in ein Erkrankungsgeschehen gestaltet sich jedoch ähnlich schwierig wie der
eigentliche Nachweis.
Anhand eines Beispiels aus der Routine des CVUA Stuttgart soll
im Folgenden diskutiert werden, welche Fragen beantwortet
werden müssen, um einen epidemiologisch schlüssigen und
letztendlich auch für die lebensmittelrechtliche Bewertung
verwendbaren Gesamtbefund erstellen zu können.
Ausgangslage
Am 2. Mai 2007 wurde dem örtlichen Gesundheitsamt eine
Gruppenerkrankung in einer Mutter-Kind-Klinik gemeldet.
Nachdem sich ein Kind am 21. April im Speisesaal erbrochen
hatte (Tag 1), waren bis zu diesem Zeitpunkt mindestens 6
weitere Kinder mit Symptomen wie Erbrechen und Durchfall
erkrankt. Nach einer Pause von 6 Tagen ohne weitere
Meldungen erkrankten mindestens 6 weitere Kinder (sowie 2
Eltern zu einem unbekannten Zeitpunkt nach Tag 8; Abb. 1).
Vertreter des Veterinäramtes erhoben infolge der zweiten
Erkrankungswelle am 21. Tag 74 Rückstellproben aus der KlinikKüche, die einen Großteil der Menus der Tage 9 – 16
abdeckten: Suppen, gegartes Fleisch; Gemüse und Beilagen,
Abendbrot, Desserts, u.a..
Abb. 1: Zeitlicher Verlauf des Ausbruchs
Tag 1: Kind erbricht im Speisesaal
Rotavirus-Nachweis Virus-Identität?
In einer Probe Kartoffeleintopf vom Mittagessen des 15. Tages
wurde am CVUA Stuttgart Rotavirus-RNA nachgewiesen, das
Amplifikat sequenziert. Die Stuhlproben der erkrankten Kinder
waren ursprünglich in einem Privatlabor mittels Immunoassay
analysiert worden. Nur eine Stuhlprobe konnte für die
molekularbiologische Analyse sichergestellt werden. Auch hier
wurde das Produkt der RT-nested-PCR sequenziert. Der
Abgleich zwischen Lebensmittel- und Patienten-Isolat ergab eine
100%ige Sequenzidentität (Abb. 2).
Das Lebensmittel als Vektor?
Die epidemiologische Kurve (Abb. 1) deutet für das gesamte
Erkrankungsgeschehen nicht auf eine Punktquelle (=Eintrag
über Lebensmittel) hin. Allerdings ist der Kartoffeleintopf als
Auslöser der zweiten Welle von Erkrankungen ab Tag 17 nicht
auszuschließen.
Abb. 2: Abgleich der zwei Rotavirus-Sequenzen aus Kartoffeleintopf und
Patientenmaterial. *: identische Basen;
Rotavirus A Stamm human Wa = Positiv-Kontrolle (nicht-identisch)
Andere Übertragungswege?
Der ursprüngliche Vireneintrag in die Einrichtung durch das
Erbrechen eines Kindes im Speisesaal deutet verschiedene
Möglichkeiten an.
Die Virus-Übertragung von Person zu Person sowie über
Aerosolbildung am Tag 1 ist nicht vollständig auszuschließen. Die
sechstägige Pause vor Beginn der zweiten Erkrankungswelle
lässt jedoch vermuten, dass dies nicht der einzige
Übertagungsweg gewesen ist. Auch die Kontamination von Teilen
der Kücheneinrichtungen z.B. über Putzlappen oder Wischwasser
nach
der
Reinigung
des
Speisesaals
ist
denkbar.
Umgebungstupfer aus dem Küchen-/ Speisebereich wurden
jedoch von den zuständigen Behörden nicht erhoben. Eine evtl.
weitere Verbreitung des Virus in der Klinik kann somit nicht
ausgeschlossen werden. Aufgrund der Pesonalwege wäre sogar
die Kontamination des Küchenbereichs über das medizinische
Personal der Klinik denkbar. Auch blieb die Frage, ob überhaupt
eines der erkrankten Kinder vom positiv getesteten
Kartoffeleintopf gegessen hatte, ungeklärt.
Aufgrund des vorübergehenden Mangels an medizinischem
Personal in der Klinik sowie der hohen Fluktuation unter den
Patienten stellten sich die zur Verfügung stehenden
epidemiologischen Daten lückenhaft dar. Eine eingehendere
Befragung durch die zuständigen Behörden fand nicht statt. Es
wurden keine Erkrankungen des Küchen- und sonstigen
Klinikpersonals gemeldet; Stuhlproben des Personals wurden
nicht erhoben.
FAZIT
Ein Lebensmittel wurde positiv auf Rotavirus getestet, die Identität
der Nukleotidsequenz mit einem Patientenisolat bestätigt.
Ein
epidemiologischer
Zusammenhang
mit
der
2.
Erkrankungswelle wurde als möglich erachtet, andere Ursachen/
Übertragungswege konnten jedoch in Anbetracht der Datenlage
nicht ausgeschlossen werden.
Der
kausale
Zusammenhang
zwischen
Viruskontaminiertem Lebensmittel und Personenerkrankungen kann
nur hergestellt werden wenn die beteiligten Einrichtungen
(Gesundheits-, Veterinär-, Untersuchungsamt) alle verfügbaren
Daten erheben und zusammenführen.
Literatur:
Mayr C, Strohe G, Contzen M, 2009.
Detection of rotavirus in food associated with
a gastroenteritis outbreak in a mother and child
sanatorium. Int J Food Microbiol 135: 179-182
Herunterladen